Nice to meet you, Paris! - Alexander Oetker - E-Book

Nice to meet you, Paris! E-Book

Alexander Oetker

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Beschreibung

»Reiselektüre vom Feinsten« (Peter Kloeppel) Alexander Oetker, langjähriger Paris-Korrespondent, Frankreich-Liebhaber und Bestseller-Autor, kennt Paris wie kaum ein anderer. Paris ist für ihn das Stimmengewirr auf einem Markt im Marais, das Zelebrieren von gutem Essen in der Brasserie Lipp, die Ästhetik des Alltags der Einheimischen. Paris ist für ihn mehr als ein Ort – es ist ein Lebensgefühl. Wo man dieses am besten erleben und erspüren kann, beschreibt er in diesem sehr persönlichen Reiseführer. Inmitten der trubeligen Hauptstadt führt er zu kleinen Oasen der Ruhe, wo alte Herren Boule spielen und junge Menschen Rotwein trinken. Und er verrät, wo man tatsächlich wie Gott in Frankreich schlemmen kann.

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Seitenzahl: 206

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Impressum

© eBook: 2023 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München

© Printausgabe: 2023 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München

POLYGLOTT ist eine eingetragene Marke der GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, sowie Verbreitung durch Film, Funk, Fernsehen und Internet, durch fotomechanische Wiedergabe, Tonträger und Datenverarbeitungssysteme jeglicher Art nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags.

Leserservice:

GRÄFE UND UNZER Verlag

Grillparzerstraße 12

81675 München

www.graefe-und-unzer.de

Autor: Alexander Oetker

Redaktion und Projektmanagement: Melanie Loser

Lektorat: Rosemarie Elsner

Bildredaktion: Nora Goth

Schlusskorrektur: Ulla Thomsen

Covergestaltung: Favoritbuero Gbr

Kartografie: Gerald Konopik, Fürstenfeldbruck

eBook-Herstellung: Chiara Knell

ISBN 978-3-8464-0999-2

1. Auflage 2023

GuU 4-0999 09_2023_02

Bildnachweis

Coverabbildung: Anja Jahn; Shutterstock

Fotos: Scarlet Korge; Alexander Oetker; AWL Images: Francesco Riccardo Iacomino; David Maupilé/seasons.agency; Getty Images: Sara Fernandez, Grant Faint, Cavan Images; Huber Images: Francesco Carovillano, Matteo Carassale, Massimo Borchi; Laif: hemis/Bertrand Gardel, hemis/Patrick Escudero, hemis/Arnaud Chicurel, hemis/Carmen Barea, hemis/Bertrand Rieger, hemis/Davit Bugrat; Mauritius Images: Alamy/Steve Tulley, Alamy/Roland Nagy, Alamy/Tim Ring; seasons.agency; Shutterstock; stock.adobe.com; Westend61: Werner Dieterich

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Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung ohne Zustimmung von Gräfe und Unzer ist unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Daten und Fakten für dieses Werk wurden mit äußerster Sorgfalt recherchiert und geprüft. Wir weisen jedoch darauf hin, dass diese Angaben häufig Veränderungen unterworfen sind und inhaltliche Fehler oder Auslassungen nicht völlig auszuschließen sind. Für eventuelle Fehler oder Auslassungen können Gräfe und Unzer, die ADAC Medien und Reise GmbH sowie deren Mitarbeiter und die Autoren keinerlei Verpflichtung und Haftung übernehmen.

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Wichtiger Hinweis

Die Daten und Fakten für dieses Werk wurden mit äußerster Sorgfalt recherchiert und geprüft. Wir weisen jedoch darauf hin, dass diese Angaben häufig Veränderungen unterworfen sind und inhaltliche Fehler oder Auslassungen nicht völlig auszuschließen sind, zumal zum Zeitpunkt der Drucklegung die Auswirkungen von Covid-19 auf das Hotel- und Gastgewerbe vor Ort noch nicht vollständig abzusehen waren. Für eventuelle Fehler oder Auslassungen können Gräfe und Unzer, die ADAC Camping GmbH sowie deren Mitarbeiter und die Autoren keinerlei Verpflichtung und Haftung übernehmen. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in diesem Buch bei Personenbezeichnungen das generische Maskulinum verwendet. Es gilt gleichermaßen für alle Geschlechter.

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»Am liebsten würde ich mich gleich morgen aufmachen in die schönste Stadt der Welt – mit Alexander Oetker als Reiseführer, weil es mit ihm immer noch Neues zu entdecken gibt.«

Peter Kloeppel

»Im Herzen war Paris schon beim ersten Anblick meine echte Heimat – weil hier so viel zusammenkommt: die Schönheit der Bauten und der Menschen, aber auch der raue Ton der Vorstädte. Die Schnelligkeit der schwerarbeitenden Menschen, die viel Geld verdienen müssen, um sich Paris leisten zu können. Aber auch der Reichtum, der an jeder Ecke glänzt und blinkt. Die jahrhundertealte Geschichte, die sich in Brücken und Kirchen manifestiert. Aber auch die Zukunft, die hier erdacht, erschaffen und gelebt wird.

Immer habe ich gespürt: Es gibt die Magie von Paris nicht noch einmal auf der Welt – diese Stadt ist mit keiner anderen zu vergleichen. Weil sie das Herz berührt und gottlob auch den Bauch. Und weil hier stolze, liebenswerte und (lebens)hungrige Menschen leben, über die wir in diesem Buch viel erfahren werden. Also: Ab auf die Reise, suivez-moi à Paris.«

Alexander Oetker

Savoir-vivre à Paris

Ernüchterung und Einsamkeit, Zauber und Fluch, Schönheit und Terror >

Das linke Seine-Ufer

Junge Wilde, Alte Meister und eine rasante Verkehrswende >

Das rechte Seine-Ufer

Ein Nationalheiligtum, Sumpfgebiet zum Verlieben, die Wiege der Revolution >

C‘est délicieux!

Chou farci, Cassoulet, Confit de canard, Crêpes & Crème brûlée >

Wie man sich bettet …

Plüsch oder Industriechic, Romantik, Hideaway oder gar Königsklasse? >

Dörfliches Paris

Pinsel und Staffelei, Austern und Falafel, eine überirdisch schöne Basilika >

Ab für ein Jahr ins Museum

Ein rätselhaftes Lächeln, Kunst im Bunker, Mohnblumen und Seerosen >

Die seltsamen Hobbys der Pariser

Rugby & Boule, Tango im Mondlicht und der Odeur von Pferdeäpfeln >

Traumziele entlang der Seine

Monets zauberhafter Garten, Vision des Sonnenkönigs, Donald Duck & Co. >

Draussen vor der Tür

Gefährliches Pflaster, Menschen mit falscher Postleitzahl, Hoffnungsschimmer am Horizont >

Bienvenue à Paris – la capitale du monde!

Willkommen in Paris, der Hauptstadt der Welt! Die eleganten Boulevards, die prächtigen Haussmann-Fassaden, die lauschigen Caféterrassen und dann noch der in der Ferne blinkende Eiffelturm – wie könnte der Besucher nicht sofort hingerissen sein von dieser Stadt.

Mode hat es in Paris bis ins Museum gebracht, wie hier ins Musée d'Orsay.

So viel wird mit Paris verbunden: »Stadt der Kunst«, »Stadt der Mode«, »Stadt der Haute Cuisine« und vor allem die »Stadt der Liebe«.

Doch um Paris wirklich zu begegnen, musste ich nur morgens aus meiner Haustür treten und erleben, wie die Stadt erwacht: wie die Cafés öffnen, die Bewohner zur Arbeit eilen, die Verkäufer ihre Waren feilbieten. Paris ist eben auch eine Stadt zum Leben – ein lebendig gewordenes Museum. Paris ist eine Weltstadt und trotzdem ein Dorf. Nein, nicht eines. Sondern sehr viele kleine Quartiers, in denen die unverwechselbaren Hauptstädter leben, die sich in dieser pulsierenden Metropole eingerichtet haben – in ihrem kleinen Universum. Die stets zur gleichen boulangerie gehen, um ihr Baguette zu kaufen. Stets in denselben Weinladen und in dieselbe poissonerie, um Austern und Jakobsmuscheln für das dîner zu besorgen.

Ein ganz normales Leben also. Allerdings führen es die parisiennes et parisiens eingerahmt von 33 Millionen Touristen, die jährlich herbeiströmen, um in das unverwechselbare Flair der »Stadt der Lichter« einzutauchen. Die den Eiffelturm sehen wollen, nach seiner Eröffnung das verhassteste Bauwerk der Stadt, nun eine der berühmtesten Sehenswürdigkeiten der Welt. Die im Louvre allesamt der rätselhaft lächelnden »Mona Lisa« entgegenstreben. Die in den Tuilerien und im Jardin du Luxembourg wandeln, um sich wie »Emily in Paris« zu fühlen. Oder über den Boulevard Saint-Germain flanieren, um die Magie zu spüren, die schon Hemingway und Sartre für diese Stadt eingenommen hat.

Zwei, die sich mögen: la baguette et moi

Paris ist für mich nicht nur zweite Heimat, seit ich als Fernsehkorrespondent hier viele Jahre leben durfte, sondern mehr. Im Herzen war Paris schon beim ersten Anblick meine wahre Heimat – weil hier so viel zusammenkommt: die Schönheit der Bauten und der Menschen, aber auch der raue Ton der Vorstädte. Die Schnelligkeit der schwerarbeitenden Menschen, die viel Geld verdienen müssen, um sich Paris leisten zu können. Aber auch der Reichtum, der an jeder Ecke glänzt und blinkt. Die jahrhundertealte Geschichte, die sich in Brücken und Kirchen manifestiert. Und die Zukunft, die hier erdacht, erschaffen und gelebt wird.

Immer habe ich gespürt: Es gibt die Magie von Paris nicht noch einmal auf der Welt – diese Stadt ist mit keiner anderen zu vergleichen. Weil sie das Herz berührt und gottlob auch den Bauch. Und weil hier stolze, liebenswerte und (lebens-)hungrige Menschen leben – über die wir in diesem Buch viel erfahren werden. Also: Kommen Sie mit mir auf die Reise, suivez-moi à Paris.

Sehr herzlich, Ihr

Obwohl der Name »neue Brücke« bedeutet, ist der Pont-Neuf auf der Île de la Cité doch die älteste Steinbrücke der Stadt (16. Jh.).

Meine Lieblingsplätze in Paris

Treppauf, treppab: im Gassengewirr von Montmartre

Hygienevorschriften der Zwanzigerjahre in der Brasserie Lipp

Auf einer der 237 Stufen, die zur wunderschönen weißen Basilika Sacré-Cœur hochführen

Ein stählerner Koloss, heute bewundert, früher belächelt

Christus-Fresko in Sacré-Cœur

Reges Treiben in den Straßen der Seinestadt

Man muss kein Kind von Traurigkeit sein, um die Trauerweide an der Spitze der Île de la Cité ins Herz zu schließen.

Sinfonie in Sepia: Blick über die Dächer von Paris

Mein Paris

Paris by night: Der blinkende Eiffelturm fasziniert mich jedes Mal aufs Neue.

Savoir-vivre à Paris

Ernüchterung und Einsamkeit, Zauber und Fluch, Schönheit und Terror

Aller Anfang ist schwer!

Fünf Jahre lang lebte und arbeitete ich in Paris – und kämpfte am Anfang mit den Widrigkeiten dieser Stadt. Aber irgendwann ergreift hier jeden das Gefühl: Es ist ein Segen, in so viel Schönheit wohnen und leben zu dürfen.

Hemingway sagte: »Wenn du das Glück hattest, als junger Mensch in Paris zu leben, dann trägst du die Stadt für den Rest deines Lebens in dir.« Das Buch, in dem dieser Satz verewigt ist, heißt »Paris – Ein Fest fürs Leben« – und in der Tat: Hemingway, dieses schriftstellerische Genie, hat so recht.

Ich war 25 Jahre alt, als ich mir wünschte, in Paris zu arbeiten – und 26, als der Traum Wirklichkeit wurde. Und Paris, die Stadt und das Gefühl, das sie bei dem Besucher hinterlässt, hat mich bis heute fest in ihrem Besitz.

Ich erinnere mich noch an den Anruf meines Chefredakteurs. Ich stand unter der Dusche in meiner Berliner Wohnung, als er mir auf die Mailbox sprach, ob ich mir vorstellen könne, aus Paris zu berichten. Es würde auch nichts machen, wenn ich mich schnell entschiede. Ich musste nicht lange nachdenken. Ich sagte zu.

Vielleicht hätte ich doch besser länger nachgedacht – allerdings hat mich bis heute niemand je gefragt, ob ich denn Französisch spräche – nicht im Vorstellungsgespräch, nicht im Vertragsgespräch, einfach niemals. Offensichtlich gingen alle davon aus – nur ich hatte da so meine Zweifel – behielt die aber lieber für mich, schließlich wollte ich das Abenteuer Frankreich nicht verpassen.

Aber in der Tat: Mein Brandenburger Abitur hatte ich mit Müh und Not geschafft, auch in Französisch. Und ich glaube, dass meine damalige Lehrerin noch heute verwundert darüber ist, dass ich es in Paris geschafft habe, nicht zu verhungern. Das lag meiner Meinung nach aber auch an der Angewohnheit des damaligen Lehrplans, die Schülerinnen und Schüler beim Erlernen der Sprache derart zu nerven und zu zermürben, bis wirklich niemand mehr Lust hatte auf Französisch. Ich habe bis heute den Plusquamperfekt in Frankreich noch nicht einmal benutzt – musste ihn mir aber über ein halbes Jahr in den Kopf prügeln – statt einfach nur zu sprechen und mich in diese wunderbare Sprache zu verlieben.

Gargoyle 1: »Schon wieder einer, der eine Bleibe sucht?« Gargoyle 2: »Ich wüsste da etwas für diesen Alex, nahe Centre Pompidou: elf Quadratmeter für 1000 Euro!«

Das Abenteuer beginnt

So zog ich also in die Stadt der Liebe, zur schlimmsten vorstellbaren Zeit, der rentrée nämlich. Anfang September, wenn alle Pariser aus den Urlaubsdomizilen am Mittelmeer und am Atlantik in die Hauptstadt und an die Schreibtische zurückkehren – und dabei naturgemäß sehr schlecht gelaunt sind, sodass die Frostigkeit der Stadt wohl in keiner anderen Woche des Jahres so hoch ist wie in dieser. Da wurde dann auf den engen Gehsteigen noch einmal mehr gerempelt (und sich aber natürlich höflich entschuldigt – manchmal wird sich auch erst entschuldigt und dann gerempelt), die Kellner waren noch hochnäsiger als sonst – und ich bezog mein kleines erstes WG-Zimmer.

Chambre de bonnes (Dienstbotenzimmer): für Wohnungssuchende mit schmalem Budget oft eine erste Möglichkeit, in Paris unterzukommen

Die Wohnungssuche in Paris war durchaus anspruchsvoll. Als stolzer Mieter einer geräumigen und sehr günstigen Wohnung im Berliner Prenzlauer Berg war ich mir sicher: Das wird schon mit den vier Wänden an der Seine. Kurz gesagt: wurde es nicht.

Die Mietangebote in der Stadt sind ohnehin rar: Denn die meisten Wohnungen sind in Privatbesitz, kaum einer mietet hier, es ist einfach zu wenig Platz für zu viele Menschen, und so sind die Bewohner der Stadt mehrheitlich Eigentümer.

Da aber sehr viele Menschen von außen nach Paris strömen – seien es Franzosen wegen der Arbeit oder Expats zum Studium oder zum Beruf –, ist der Mietmarkt total überhitzt. Diese Wucher-Angebote, die man aus Social-Media-Posts kennt, sind durchaus realistisch: Eine »Wohnung« mit 23 Quadratmetern, Dusche und Klo zusammen, dazu eine winzige Pantryküche, wird hier mal locker 1500 Euro kosten, in guten Lagen gerne mehr. Und natürlich kommt der Vermieter am Monatsanfang persönlich vorbei, um die Miete bar zu kassieren. Ob er sie dann versteuert? Sie können es erraten.

Noch schwieriger ist es mit Wohngemeinschaften, die in Paris einfach nicht so gängig sind wie in Deutschland. Die wenigen WGs, die es gibt, werden zumeist von sehr reichen Kids betrieben, die mit der Wohnung ihrer Eltern ordentlich Kasse machen – und dann auch noch die Regeln in den vier Wänden diktieren – das muss jetzt nicht schlimm sein, kann aber.

So landete ich also in meinem ersten WG-Zimmer, das mit elf Quadratmetern und 1000 Euro Warmmiete nun sicherlich nicht unterbezahlt war. Dafür hatte ich aber auch auf die drei Regeln bei der Wohnungssuche geachtet: Lage, Lage, Lage. Ich war untergekommen in einem historischen Viertel, nun ja, einem modernen historischen Viertel – dem Quartier de l’Horloge im Rücken des Centre Pompidou.

Zeit der Ernüchterung

Die ersten Wochen waren ein Schock. Zuerst natürlich wegen des ganz allfälligen Preisunterschieds: Hatte ich in Berlin für ein Bier beim Späti damals 1,50 Euro bezahlt, um dann mit Freunden auf irgendeiner Parkbank rumzuhängen, kostete hier jedes demi, also jedes kleine Glas Bier, mindestens fünf Euro. Und beim Ausgehen am Samstag konnte es dann schon passieren, dass ich beim Bezahlen meines Wodka-Tonic einen Zwanzig-Euro-Schein über den Tresen reichte und auf mein Wechselgeld wartete – es kam aber keines. Günstig wie beim Vietnamesen in Berlin, wo das Hauptgericht damals fünf Euro kostete, gab es in Paris nichts zu essen.

Junge Leute aßen vorm Ausgehen zu Hause – und klugerweise glühten sie genau dort auch noch vor, mit Champagner, Rotwein & Co., um dann schon gut angeheitert auf die Piste zu gehen – es ist einfach günstiger so.

Der zweite Schock war die Sprache: Damals war es tatsächlich noch so, dass die Pariser schlicht und einfach nur französisch sprachen – auch wenn sie Englisch eigentlich gut konnten. Ich möchte vorausschicken, dass sich das gottlob verändert hat, seit fünf, sechs Jahren etwa. Damals aber war es schwierig – und ich verstand, warum Politiker immer wieder darauf beharren, dass alleine die Sprache Grundlage für eine gelungene Integration ist.

Klar, fürs Arbeiten reichte es, ich konnte Interviews auf Französisch führen – und bin eben auch nicht verhungert, weil das Baguette beim Bäcker und das Essen im Restaurant keine große Hürde war.

Es war eher das Gefühl der Einsamkeit, das mich beschlich, als ich spürte, wie alle privaten Gespräche meiner Kollegen an mir vorbeirauschten.

Der Dialog über den neuen Kinofilm, die angesagte Bar, der Gossip über die neue Freundin, all das war so schnell und oftmals im Dialekt der banlieues, dass ich kein Wort verstand. Und genau diese Hürde schaffte dann das Gefühl, niemals richtig in Paris ankommen zu können.

Man bleibt unter sich

Denn natürlich machen es die Pariser einem auch nicht leicht, sich mit ihnen anzufreunden. Paris ist eine societé fermé, eine geschlossene Gesellschaft. Nicht nur aus Standesdünkel, sondern auch aus Selbstschutz, meine ich. Es kommen so viele Menschen aus aller Welt hierher, die meistens nur ein Jahr bleiben, manchmal zwei, selten für immer.

Das wissen die Pariser – und sie wissen auch, dass sie ihr Herz, selbst für eine Freundschaft, nicht an jemanden verschenken möchten, der bald wieder weg ist. So bleibt die feine Gesellschaft der Stadt unter sich, Franzosen treffen sich mit Franzosen, und das lässt eben auch die Expats unter sich bleiben. Ein Aufbrechen geht da – wenn überhaupt – nur, wenn die Sprache perfekt ist. Doch keine Sorge: Nach sieben oder acht, höchstens neun Monaten in einer fremden Sprache macht es Plopp – und dann wird aus gutem oder sehr gutem Französisch ein fließendes – so war es jedenfalls bei mir. Und spätestens dann lässt sich bei Kinodiskussionen herrlich mitmischen.

Auch sonst schloss ich die Stadt bald ins Herz. Eigentlich hatte ich vor meiner Ankunft hier große Sorgen: Ich hatte in Berlin unter einer Angststörung gelitten, über Jahre war das gegangen. An schlechten Tagen habe ich es nicht einmal zum Briefkasten geschafft. Öffentliche Verkehrsmittel waren gänzlich tabu. Es ging einfach nicht – sobald sich die Tür der U-Bahn zu schließen drohte, musste ich noch schnell rausspringen, weil die Panik von mir Besitz ergriffen hatte.

Und nun also Paris – wo alles viel hektischer, lauter und voller war. Wie sollte das denn gehen?

Kurzum: Ich bin am ersten Arbeitstag in die Métro der Linie 1 gestiegen, an der proppenvollen Station Châtelet, um bis zur Haltestelle George V zu fahren, genau unter den Champs-Élysées. Am Morgen im Pendlerstrom gibt es wohl keine vollere Linie. Und ich glaube bis heute, genau das war des Rätsels Lösung. Weil das Chaos hier so groß war, dass man sich tatsächlich fürchten konnte, weil die Métro so eng und proppenvoll war und die Menschen dicht an dicht standen, hatte meine Angst gar keine Chance, sich zu entwickeln – und ich habe mich quasi mit Paris selbst therapiert.

Im Jugendstil: Métroeingang Étienne Marcel, gestaltet von Hector Guimard

Vom Untergrund ans Licht

Trotzdem habe ich die Métro nach ein paar Monaten wieder unter der Stadt liegen lassen und bin seither nicht wieder in die verschachtelten Stationen zurückgekehrt. Das liegt aber nicht an meiner wiederaufgeflammten Angst. Sondern daran, dass ich entschieden habe, dass es doch reichlich dämlich ist, in der schönsten Stadt der Welt zu wohnen und dann ständig in den Untergrund abzutauchen, wo die Menschen so graue Pendlergesichter haben wie überall auf der Welt – nun gut, sie sind immerhin besser angezogen als anderswo.

Aber die Schönheiten in Paris befinden sich in jeder Rue, auf jedem Boulevard, auf jedem Square – und zudem ist die Stadt so klein, dass sich beinahe alle Ziele erlaufen lassen, wenn man ein wenig Zeit mitbringt. Und genau deshalb bin ich dann all die Jahre flaniert, erst von meiner Wohnung durch die Rue de Rivoli, vorbei an der Pyramide des Louvre, durch die Tuilerien und durch den Élysée-Park bis ins Büro – kann es einen schöneren Arbeitsweg geben? 25 Minuten dauerte das.

Bis ich dann in eine wunderschöne und ebenso überteuerte Wohngemeinschaft nahe der Place de Clichy zog, auf den Boulevard de Batignolles. Hier kostete das Zimmer auch ’nen Tausender, hatte aber über 20 Quadratmeter, Holzdielen und einen altehrwürdigen Marmorkamin, der naturgemäß nicht mehr funktionierte – aber ich konnte sehr dekorativ Fotos darauf abstellen.

Von da an spazierte ich zur Arbeit über den Boulevard de Batignolles, durchquerte daraufhin den Parc Monceau mit seinem Teich und den Statuen und Säulen aus Marmor, sah den philippinischen Nannys der reichen Familien beim Spielen mit den Kleinen zu und kam nicht umhin, mich immer wieder zu wundern, wie viel Reichtum in dieser Stadt steckte.

Erleuchtet von den gelben Laternen, kein Stau und keine Luftverschmutzung, Paris ist nachts wirklich wunderschön.

Zwei Seiten einer Medaille

Reichtum auf der einen Seite. Armut auf der anderen. Gefühlt deutlich härtere Armut als in deutschen Metropolen. Das wurde mir immer wieder klar, wenn ich nach einem Dinner mit Adrian, meinem besten Freund und damals Korrespondent des Schweizer Fernsehens, SRF, aus irgendeinem schicken Restaurant im Zentrum aufbrach, um nach Hause zu laufen. Das war immer der perfekte Moment, satt und leicht angeheitert noch eine halbe oder eine Dreiviertelstunde durch das nächtliche Paris zu laufen.

La Peña: Salsa, Mojitos und Latinoflair

Oft waren wir zum Tanzen noch im La Peña gewesen, einem herrlichen Salsa-Schuppen in Saint-Germain, so ein richtiges Kellerlokal mit lauter Musik, tanzenden Kubanern und sehr kleinen Mojito-Gläsern, von denen aber zwei reichten, um am nächsten Tag noch etwas davon zu haben. Und vorher hatten wir eben eines der vielen schönen Restaurants im Viertel frequentiert, mit entrée, plat et dessert. Eine Flasche Wein oder zwei, sehr gut gelebt eben. Um sich dann auf den Weg zu machen – mit dabei: das schlechte Gewissen. Hatten wir doch eben 200 oder vielleicht 250 Euro bezahlt, eine gigantische Summe für jene, die nun auf meinem Weg lagen. Und zwar nicht nur sprichwörtlich. Ein Stück hinter der Place de la Concorde gen Norden begann ein Spießrutenlauf. Fast alle 30 Meter lag dort jemand, auf den Métroschächten, aus denen die warme Luft nach oben dringt, Matratzen, Schlafsäcke, aus denen Beine schauten, manche hatten aus Supermarktkartons richtige Lager gebaut, in denen sie hausten. Und das war so im Sommer und im Winter, oft sieht man in Paris viele Obdachlose mit Erfrierungswunden oder ohne Gliedmaßen. Es sind schlimme Schicksale, die nichts mit jener Clochard-Romantik zu tun haben, für die Paris angeblich berühmt ist. Es gibt Zehntausende Obdachlose, die Tag für Tag, Nacht für Nacht auf der Straße leben. Virginie Despentes schreibt darüber in ihrer Roman-Trilogie »Das Leben des Vernon Subutex« sehr detailliert und realitätsnah. Wie erschreckend das ist, wird einem erst klar, wenn man einmal nachts durchs reiche Opéra-Viertel läuft und sieht, dass hier vor manchem Haus mehr Menschen liegen, als drinnen wohnen.

Das gilt auch für die Bettlerinnen und Bettler, die auf den Champs-Élysées ihr Glück versuchen, das meist aus einem oder zwei Euro besteht. Beinahe jedes zweite Haus in der Stadt hat einen eigenen Bettler, der vor der Tür sitzt, auch bei mir in Batignolles war das so. Eine nette Frau mit Kopftuch, irgendwo vom Balkan, sie kam am Morgen, woher auch immer, und dann saß sie da, bei Regen, Sonne, Schnee und Kälte – und bettelte. Ich gab ihr immer etwas, jeden Tag, hier in Paris sorgt man füreinander, bei aller Härte der Stadt, dafür segnete sie mich immer. Irgendwann erzählte sie mir auch von ihrem Leben, von Krieg und Flucht und ihren Kindern – ihr Leben hatte nichts zu tun mit meinem, so gar nicht –, und trotzdem fühlte ich eine Nähe und achte seitdem noch mehr auf jene, denen die Sonnenseite des Lebens stets verborgen blieb.

Schneeflocken verwandeln die Tuilerien in eine filigrane Fantasielandschaft.

Schnee in Paris: Zauber und Fluch

Apropos Schnee: Es gibt das Klischee, es würde nie schneien in Paris. Sagten mir zumindest alle, die schon länger da wohnten. Seitdem ich dann dort wohnte, schneite es immer. Also mindestens einmal im Jahr. Da versank die Stadt in dichten Flocken – und wurde auf einmal ganz still. Das ist dann jedes Mal so wunderschön, dass ich es kaum in Worte fassen kann: die Tuilerien unter einer weißen Schneedecke, sogar die Statuen tragen dann Hauben aus Schnee. Die breiten Boulevards wie lange Schlittschuhbahnen. Und alle Menschen bewegten sich vorsichtig, andächtig, jeder sprach ganz leise, weil die Stimmung beinahe heilig war.

Bis auf eine Missstimmung: Denn fast niemand in Frankreich – bis auf ein paar Alpenbewohner – hat Winterreifen. Und niemand hat Erfahrung mit Schnee. So bricht das ohnehin angespannte Verkehrssystem bei der ersten Schneeflocke zuverlässig zusammen. Busse stehen quer, Lkw blockieren Kreisverkehre, nur noch die Fahrräder des Vélib-Systems bewegen sich, nun ja, mehr schlecht als recht. Einmal mussten wir für eine Reportage über Gänsestopfleber dringend zum Bahnhof – aber der Taxifahrer kapitulierte schon irgendwo hinter der Kirche Madeleine. »Ich habe keine Winterreifen«, murmelte er. »Und alles ist zugestaut.«

Mir war klar, dass wir den Zug verpassen würden, wenn wir das Verkehrsmittel wechseln mussten. Also wies ich dem Fahrer den möglichen Weg durch eine Lücke, die ich als deutscher Schneeexperte ausgemacht hatte. Doch er war ängstlich und fürchtete um seinen verbeulten Prius. Also stieg ich aus und begann, den Verkehr zu regeln. Wies einen Bus hier entlang, schob mit Hilfe ein anderes Taxi an, damit es im Schnee anfahren konnte, winkte drei Autos herbei, die sich gegenseitig blockierten, bis wir endlich weiterfahren konnten. Es war ein bisschen peinlich, es war vor allem sehr deutsch, aber es war wirkungsvoll. Wir erreichten den Zug – und der fuhr pünktlich los. Das nämlich klappt in Frankreich immer, ob bei minus 30 oder plus 40 Grad.

Also, kurzum: Es war hinreißend, dieses Leben und Arbeiten in Paris. Weil sich hier Kunst und Kultur und Genuss und Schönheit – nicht nur der Stadt, sondern auch ihrer Menschen – so wunderbar die Waage halten. Klar, nicht mehr jedes Klischee stimmt heute, wo die Welt auch in Paris schneller geworden ist. Natürlich gibt es auch hier die Unsitte, dass der Salat in der Mittagspause schnell am Schreibtisch aus einer Plastikverpackung gemampft wird. Aber immer noch gibt es mehr Pariser, und zwar quer durch alle Schichten, die sich zum déjeuner im resto treffen. Es gibt dann preisgünstigere Menüs, oder wie im hervorragenden Comptoir de l’Arc, in dem wir uns immer auf der belebten Avenue Marceau trafen, auch reduzierte Einzelgerichte, die hier von ausgesprochen attraktiven Kellnerinnen und Kellnern serviert werden.