Olivias rätselhafte Fälle - Die Sache mit der Plastikinsel - Lucy Hawking - E-Book

Olivias rätselhafte Fälle - Die Sache mit der Plastikinsel E-Book

Lucy Hawking

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Beschreibung

Olivia kämpft für den Schutz der Meere

Olivia und ihr bester Freund Ravi haben tolle Pläne für die Ferien! Olivias Onkel hat die beiden in sein Haus am Meer eingeladen. Für die beiden Nachwuchswissenschaftler ist das eine super Gelegenheit, das Leben und Verhalten von Meeresbewohnern zu erforschen. Doch als sie ans Meer kommen, sind sie entsetzt: Vor lauter Müll im Wasser sehen sie kaum Tiere und auf dem Ozean treibt eine riesige Plastikinsel. Eine Herausforderung für Olivia als Umweltdetektivin! Sie will unbedingt wissen, wie es zu so einer schlimmen Situation kommen konnte und was jetzt zu tun ist ...

Die spannende Kinderbuch-Reihe von Lucy Hawking, Co-Autorin von »Das Universum – Was unsere Welt zusammenhält« und »Der geheime Schlüssel zum Universum«, für neugierige Wissenschaftsdetektive ab 8 Jahren.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 189

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Lucy Hawking

Olivias

rätselhafte Fälle

Die Sache mit der Plastikinsel

Aus dem Englischen von Anne Brauner

Mit Illustrationen von Dorothea Blankenhagen

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Text © Lucy Hawking

Die Originalausgabe erschien unter dem Titel

Princess Olivia investigates: The Plastic Island

Bei Puffin Books, in der Verlagsgruppe Penguin Random House U.K.

© 2023 für die deutschsprachige Ausgabe

cbj Kinder- und Jugendbuchverlag in der

Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten

Aus dem Englischen: Anne Brauner, Köln

Lektorat: Carola Henke

Umschlag- und Innenillustrationen: Dorothea Blankenhagen

Umschlaggestaltung: Geviert GbR Grafik & Typografie

hf · Herstellung: AW

Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

ISBN 978-3-641-29962-0V001

www.cbj-verlag.de

»Die Zeit ist reif«, das Walross sprach,

»von mancherlei zu reden –

von Schuhen – Schiffen – Siegellack,

von Königen und Zibeben –

warum das Meer kocht, und ob da wohl

die Schweine manchmal schweben.«

Lewis Carroll

Olivia saß in der kleinen Wohnung inmitten wogender Luftpolsterfolie, die sich über den Fußboden und die Möbel ergossen hatte. Aus der Flut an Verpackungsmaterial ragten dreieckige Flossen hervor, als würde ein Schwarm Haie durchs Zimmer schwimmen. Olivias Mutter, die ehemalige Königin des ehemaligen Königreichs Alez, das mittlerweile eine Republik war, hämmerte auf die Computertastatur ein.

»MAMA!«, sagte Olivia. »Wenn du so auf die Tasten haust, gehen sie noch kaputt.«

»Ich hasse diese Dinger«, sagte ihre Mutter gereizt. »Wieso hören sie nicht auf mich?«

»Weil Computerbefehle«, erklärte Olivia ihr zum tausendsten Mal, »etwas anderes sind als königliche Befehle.«

Ihre Mutter verzog kurz das Gesicht, riss sich dann aber zusammen und rang sich ein Lächeln ab. »Ich weiß«, sagte sie leicht genervt. »Ich muss mich daran gewöhnen, dass ich nicht mehr Königin Paragona bin. Sondern eine Bürgerin wie alle anderen.«

Den letzten Satz zitierte sie zähneknirschend. Olivia wusste, dass ihre Mutter ihn auf einen Klebezettel geschrieben hatte, der am Badezimmerspiegel hing. Sie wiederholte ihn in Gedanken jeden Morgen beim Zähneputzen.

»Und das machst du richtig gut!«, lobte Olivia sie fröhlich. »Überleg mal, wie viele coole Sachen du unternommen hast, seit du nicht mehr auf dem Thron sitzt!«

»Hmmm.« Ihre Mutter warf ihr einen skeptischen Blick zu, doch ihre Stimmung besserte sich gleich. »Es ist ganz schön, für sich selbst verantwortlich zu sein!«, sagte sie. »Früher durfte ich nie über mich bestimmen. Das ist also eindeutig ein Vorteil.«

»Und denk an deinen Tiara-Shop!«, sagte Olivia. »Royalty Rocks! Als wir noch im Palast gewohnt haben, wusstest du nicht einmal, was das Internet ist. Du bist fantastisch, Mama!«

»Vielen Dank, Olivia.« Paragona wischte sich verstohlen eine Träne aus dem Auge, während sie rot wurde. »Ich freue mich sehr, dass du das sagst.«

»Hier«, fuhr Olivia fort und kramte eine Haifischflosse aus der Luftpolsterfolie. Es war eine silberne Krone, die mit funkelnden Edelsteinen verziert war. »Die hast du eigenhändig entworfen!«

»Sie ist ganz schön geworden«, sagte Paragona schüchtern. »Stell dir vor – als Königin hatte ich nicht mal einen eigenen Bleistift!«

»Wir haben so viele Bestellungen«, sagte Olivia. »Alle in Alez wollen eine Krone. Sie sind verrückt danach!«

Paragona seufzte. Die neue Redeweise ihrer Tochter gefiel ihr nicht, aber sie wusste, dass sie nur versuchte, sich in der Welt zurechtzufinden, in der sie nun lebten. »Lächerlich, was?«, sagte sie. »Erst hatten sie es eilig, die Königsfamilie loszuwerden, und seit wir nicht mehr da sind, wollen alle so sein wie wir.«

Olivia zuckte mit den Schultern. Da sie es selbst stets abgelehnt hatte, verstand sie nicht, warum so viele Einwohnerinnen von Alez Prinzessinnen sein wollten.

Im Gegensatz zu ihren geschockten und unglücklichen Eltern war Olivia erleichtert gewesen, als man sie gezwungen hatte, den Königspalast zu verlassen und in die Stadt zu ziehen – zumal sie infolgedessen endlich zur Schule gehen durfte. Als Prinzessin hatte man es ihr verboten. Damals – zu einer Zeit, in der Olivia »sehr jung gewesen war«, wie sie es selbst beschrieb – hatte sie Detektivin werden wollen, doch sobald sie mit der Schule angefangen hatte, war sie auf eine andere, viel spannendere Idee gekommen …

»Wie viele Bestellungen sind es heute?«, fragte sie ihre Mutter.

»Keine Ahnung«, antwortete Paragona und hob verzweifelt die Hände. »Das verflixte Gerät will es mir einfach nicht verraten.«

Sie warf dem klobigen Second-Hand-Computer einen Blick zu, der Höflinge in Wackelpudding verwandelt hätte, den summenden elektronischen Apparat auf dem Tisch jedoch nicht im Geringsten beeindruckte.

Olivia sprang auf. »Ich kümmere mich um die Online-Bestellungen«, sagte sie selbstbewusst.

Seit sie in die Schule ging, hatte Olivia rasch gelernt, alles Nötige auf dem Computer zu erledigen. »Du kannst weiter auspacken.«

Paragona betrachtete das Durcheinander in ihrem Wohnzimmer. Im Palast oben auf dem Berg hatte sie über so viele Räume verfügt, dass sie einfach in ein anderes Zimmer gehen konnte, wenn irgendwo Unordnung herrschte. Die Bediensteten hätten dann aufgeräumt. Bei der Größe des Palasts hätte sie monatelang so fortfahren können, bevor sie von vorne hätte beginnen müssen.

Doch das war vorbei. An dem Tag, als in Alez die Republik ausgerufen worden war, hatte man Paragona, ihren Mann Tolemy und ihre Tochter Olivia aus dem Palast geworfen und in die Hauptstadt am Hafen geschickt, wo sie als normale Bürger ein neues Leben anfangen sollten. Jetzt wohnten sie in einer winzigen Hochhauswohnung, die inmitten eines wahren Dschungels ähnlicher Gebäude lag. Wenn sie aus dem Fenster schauten, blickten sie unmittelbar in die Wohnung gegenüber. Olivia liebte es, in den kleinen Fenster-Vierecken dem Alltag anderer Familien zuzusehen.

Aber aus ihrer Sicht bestand das Beste an ihrem neuen Zuhause darin, dass sie aus dieser Höhe einen Meeresstreifen in der Bucht erkennen konnte. Anfangs hatte Olivia gestaunt, dass das Land Alez, das sie für ein schönes Naturparadies gehalten hatte, nicht mehr wiederzuerkennen war. In der Palastbibliothek hatte sie alte Fotos und Zeichnungen der Landschaft bewundert, auf denen sprudelnde Flüsse, wunderbar stille Seen, verschneite Gebirge und ausgedehnte dunkelgrüne Wälder abgebildet waren. Doch nachdem sie den Palast auf dem Gipfel hatte verlassen müssen, begriff sie, dass die Bäume in Wirklichkeit starben oder gefällt worden waren, dass die Gewässer verschmutzt und Wasser knapp war und aufgrund der Luftverschmutzung eine graubraune Smogdecke über der Stadt lag.

Die größte Überraschung war das Wetter gewesen. Es änderte sich unentwegt. Entweder war es viel zu heiß oder zu kalt, und es regnete nicht zur richtigen Zeit, sodass alles austrocknete und einging. An anderen Tagen stürzte plötzlich ein Monsun aus Wasser vom Himmel und überflutete die Stadt! Wilde Stürme wüteten in den Tälern und im Sommer prasselten riesige Hagelkörner herab. Tosende Winde heulten in den Straßen und peitschten wie Tornados um die Hochhäuser. Gleichzeitig stieg der Meeresspiegel immer höher. Olivia hatte den Eindruck gewonnen, dass das Wetter verrücktspielte. Daraufhin hatte sie begonnen, ihre Beobachtungen in das kleine Notizbuch zu schreiben, das Onkel Cassander ihr für ihr »neues Leben« in der Schule geschenkt hatte. Als sie dann etwas über Naturwissenschaften lernte, war ihr Interesse geweckt. Olivia wollte den Dingen immer auf den Grund gehen, doch im Palast hatte sie nie eine Antwort auf ihre Fragen bekommen. Sobald sie jedoch in der Schule mehr über die einzelnen Naturwissenschaften erfuhr, war das Spannendste an ihrem neuen Leben, dass sie mithilfe beispielsweise der Biologie die Geheimnisse der Natur entschlüsseln konnte. Mit ihren neuen Freunden Helga und Ravi gründete sie eine Untersuchungskommission namens OHRE (das bedeutete Offizielle-Heimliche-Rätselermittlung), um mithilfe der Wissenschaft das Rätsel des verrücktspielenden Wetters zu lösen.

Mit einem Mal hörten Olivia und ihre Mutter, dass die Haustür aufgeschlossen wurde und ihr Vater sie mit einer kräftigen und selbstbewussten Stimme begrüßte. In seiner Zeit auf dem Thron von Alez war er ein tieftrauriger König gewesen, als hätte er, so dachte Olivia, immer schon gewusst, dass er seine Arbeit nicht gut machte. Und in den Monaten nach dem Rauswurf aus dem Palast war es noch schlimmer geworden. Ihr Vater hatte eine Weile nicht mehr mit ihnen gesprochen, den ganzen Tag im Schlafanzug dagesessen und in die Ferne gestiert. Es war ihm schon zu viel, sich eine Tasse Tee zuzubereiten.

Doch seitdem Olivia verstanden hatte, wie wichtig es war, über Gefühle zu reden, und sich der Vertrauenslehrer der Schule eingeschaltet hatte, fühlte sich der ehemalige König Tolemy XXXII. allmählich besser. Mittlerweile ging er einmal in der Woche zur Therapie und sprach sich darüber aus, wie es sich anfühlte, nicht mehr König zu sein. Außerdem arbeitete er in einem Gemeinschafts-Gemüsegarten mit und trug dazu bei, einen königlichen Park in einen Ort zu verwandeln, wo alle Bürger eigene Lebensmittel anbauen konnten. Hin und wieder hatte er noch einen schlechten Tag, an dem er nur mit Mühe aus dem Bett kam, aber seine Entwicklung war so positiv, dass Olivia sich nur noch selten Sorgen um ihn machte.

»Seid gegrüßt, ihr guten, lieben Bürgerinnen!«

Olivias Vater stürmte herein und sah sie freudestrahlend an. Er trug seine schmutzige Gärtnerkleidung (das glatte Gegenteil seiner früheren mit Samt und Pelzen verzierten königlichen Gewänder). Olivia fand ihn so viel schöner. Doch als er das Durcheinander im Wohnzimmer wahrnahm, war sein Lächeln wie weggewischt.

»Kronen«, murmelte er verärgert. »Noch mehr Kronen. Ewig diese Kronen. Wann hört das endlich auf?«

Paragona blickte vom Auspacken auf.

»Du warst damit einverstanden«, sagte sie leise. »Du hast gesagt, es ist eine gute Idee.«

Olivia dagegen lächelte ihren Vater an. »Ist das nicht super?«, fragte sie übertrieben begeistert. »Mamas erste Lieferung ihrer selbst entworfenen Kronen und Tiaras – und alle wollen welche kaufen! Wir sind sehr stolz auf sie, stimmt doch, Papa, oder?«

Bevor er etwas erwidern konnte, liefen zwei Kinder ins Zimmer, Ravi und Helga, mit denen Olivia sich in der Schule angefreundet hatte.

»Die Haustür stand offen!«, rief Ravi mit einem breiten Lächeln. »Da sind wir einfach reingegangen. Oooh, Kronen! Ist auch eine für mich dabei?«

Helga wirkte weniger entzückt. Der Anblick bestürzte sie eher.

»So viel Plastik!«, rief sie.

Ravi griff nach einem zarten glitzernden Diadem mit kleinen funkelnden Edelsteinen und setzte es vorsichtig auf.

DAS PLASTIK-PROBLEM

Von Katsia Pabortsava

Plastik ist das meistgenutzte künstliche Material. Es ist allgegenwärtig und ein Leben ohne Plastik ist schwer vorstellbar. Sieh dir beispielsweise dieses Buch an, das du gerade liest. Die Buchstaben wurden mit Druckfarbe gedruckt, die aus Kunststoff gemacht wird. Die Seiten wurden mit Leim und Fäden gebunden, die ebenfalls aus Plastik bestehen. Schau dich um – dein Fleece-Pulli, der Teppich in deinem Zimmer, Handy, Stift, Schuhe, Geburtstagsluftballon, Glitzer – all das wurde aus verschiedenen Kunststoffarten hergestellt oder hat zumindest Plastikanteile. Der Mensch stellt Kunststoffe aus fossilen Brennstoffen – Öl und Gas – her, mit denen wir auch unsere Autos betanken und unsere Wohnungen heizen. Kunststoffe sind Polymere. Das bedeutet, sie wurden aus kleinen Molekülen hergestellt, die in einem sich wiederholenden Muster miteinander verbunden sind – wie lange Ketten mit Hunderten oder gar Tausenden Gliedern! Aufgrund dieser besonderen chemischen Zusammensetzung können Kunststoffe durch Erhitzen in jede erdenkliche Form gebracht werden. Kunststoffe können außerdem mit verschiedenen chemischen Stoffen, sogenannten Additiven, gemischt werden, um sie hart oder weich, stabil oder schwammartig, glänzend oder in vielen verschiedenen Farben herzustellen.

Plastik wurde erfunden, um uns das Leben zu erleichtern. Es ist stärker, leichter, haltbarer und widerstandsfähiger als viele Naturstoffe und noch dazu preiswerter in der Herstellung und für jeden überall verfügbar. Kunststoffe werden häufig anstelle teurerer Naturmaterialen wie Baumwolle, Holz, Glas und Metall benutzt. Wenn man anstelle von Holz zu Plastik greift, werden weniger Bäume gefällt. Indem Kunststoffe die Baumwolle in unserer Kleidung ersetzen, wird das Süßwasser gespart, das für ihren Anbau gebraucht würde. Plastikflaschen sind leichter als Glasflaschen und zerbrechen nicht, wenn wir sie fallen lassen. In den rund hundert Jahren, seit es Plastik gibt, hat es sich zum wahren Superhelden entwickelt. Dem Plastik verdanken wir wasserdichte Kleidung, die uns bei Regenwetter warm und trocken hält. Unter Frischhaltefolie bleiben unsere Lebensmittel tagelang frisch. Unsere Autos sind mittlerweile leichter und brauchen weniger Benzin, weil viele Bestandteile aus Plastik statt aus Metall sind. Außerdem heilt Plastik und schützt gegen bösartige Krankheiten und Viren – beispielsweise enthalten Pflaster und Schutzmasken Kunststoffe.

Doch fast alle magischen Eigenschaften von Kunststoffen sind gleichzeitig ihr Fluch. Da Plastik natürlichen Materialien überlegen sein soll, zersetzt es sich nicht so schnell wie Holz oder Metall. Sobald Kunststoffe hergestellt und benutzt werden, verbleiben sie also viel länger in der Umwelt. Wissenschaftler vermuten, dass gewisse Kunststoffe erst nach Hunderten oder gar Tausenden von Jahren vollständig abgebaut werden. Außerdem bestehen Kunststoffe aus verschiedenen Chemikalien, die in die Umwelt gelangen, wenn sie kaputtgehen. Einige davon können für lebendige Organismen giftig und schädlich sein.

»Steht es mir?«, fragte er in die Runde.

»Stammen die Juwelen aus einer nachhaltigen Quelle?«, fragte Helga vorwurfsvoll und wandte sich direkt an Paragona. »Der Abbau kann der Umwelt und der einheimischen Bevölkerung großen Schaden zufügen.«

Helgas Mütter hatten ihr von klein auf beigebracht, sich lautstark für alles einzusetzen, das ihr am Herzen lag. Und das tat sie auch – bei jeder Gelegenheit.

Bei ihrer ersten Begegnung war Paragona erstaunt gewesen, dass die Freundin ihrer Tochter glaubte, sie sei ihr ebenbürtig. Doch seit sie dieses willensstarke kluge Mädchen näher kennengelernt hatte, unterhielt sie sich gern mit ihr. Nach all den Jahren des Schmeichelns und der Untertanen fand sie es erfrischend, dass Helga rundheraus ihre Meinung sagte. Jedenfalls bis zu einem bestimmten Punkt.

»Das sind keine echten Edelsteine, Helga«, erklärte Paragona. »Sie sind aus Alternativmaterialien.«

»Noch mehr Plastik, heißt das«, sagte Helga und stocherte mit dem Schuh in der Folienmasse.

»Aber ich finde Plastik ganz wunderbar«, protestierte Paragona. »Damit kann ich meine Kronen für alle erschwinglich produzieren! Das ist demokratisch – ich dachte, das wüsstest du zu schätzen.«

Olivia seufzte. Obwohl sie den Verdacht hegte, dass ihre Mutter und Helga Spaß an den Streitgesprächen hatten, fühlte sie sich dabei sehr unbehaglich.

»Ehrlich gesagt«, konterte Helga, »wäre es tatsächlich besser, wenn du echte Steine verwenden würdest – vorausgesetzt, sie wurden auf eine saubere und sichere Weise gefördert.«

»Ich habe keine mehr.« Paragona übte sich weiterhin in Geduld. »Die königlichen Juwelen im Palast gehören jetzt der Regierung.«

»Olivia hat mir erzählt, dass Piraten euch einen kostbaren Königsschatz gestohlen und irgendwo versteckt haben«, mischte Ravi sich hoffnungsvoll ein. »Wär doch toll, wenn der wieder auftauchen würde!«

»Das sind Märchen, Ravi!«, erwiderte Tolemy. »Diese Geschichten darfst du nicht ernst nehmen. Als mein Bruder und ich klein waren, haben wir gerne Abenteuer ausgeheckt, ›um den verlorenen Familienschatz zurückzuerobern‹. Wir glaubten, wir hätten das Versteck auf einer alten Piratenkarte in der Palastbibliothek gefunden.«

Die Worte »alte Piratenkarte« weckten Olivias Aufmerksamkeit, denn sie war davon überzeugt, jeden Millimeter in der Bibliothek zu kennen.

»Wo ist diese Karte geblieben?«, fragte sie. »Ich habe sie noch nie gesehen.«

»Wahrscheinlich haben wir sie verloren«, meinte ihr Vater sorglos. »Aber das spielt keine Rolle – den Schatz gibt es nicht.«

»Bist du sicher?«, fragte Ravi enttäuscht.

»Ha, na klar«, gluckste Tolemy. »Hätte es ihn gegeben, hätte meine Familie das Wasser aus dem Meer abgelassen, bis sie ihn gefunden hätte.«

»Ich wünschte, es gäbe ihn wirklich«, murrte Ravi.

»Ich auch!«, sagte Tolemy im Brustton der Überzeugung. »Stellt euch vor, wie viel Gutes wir damit tun könnten!«

Paragonas Miene hellte sich sichtlich auf, bis er hinzufügte: »Wir könnten den Schatz verkaufen und mit dem Geld zahlreiche Projekte in Alez finanzieren, um Menschen in Not zu helfen.«

Paragona zog die Mundwinkel runter. Sie hatte sich offenbar bereits eine eigene neue Krone vorgestellt, verziert mit den alten Kostbarkeiten von Alez. Dann schüttelte sie sich und setzte ein Lächeln auf.

Olivia schwankte. Die alte Schatzkarte hatte ihre Neugier geweckt, aber da ihr Vater ausnahmsweise nicht so erschöpft, sondern geradezu fröhlich klang, waren weitere Fragen zum Thema Palast vielleicht nicht angebracht. Es war ohnehin schon zu befürchten, dass die herumliegenden Kronen im Wohnzimmer ihn an die schlechten Tage als König erinnerten und traurig machten. Olivia kramte weiter in den Paketen, in denen die Schmuckstücke geliefert worden waren.

»Seht mal!« Sie hielt ein Etikett hoch. »Hier steht, dass der gesamte Kunststoff in der Verpackung recycelbar ist! Das ist doch gut, oder?«

Olivia hatte in der Schule bereits gelernt, wie wichtig es war, Plastik zu recyceln. Alle waren sich einig, wie bedeutsam das war. Wo lag also das Problem?

»Recycelbar ist nicht das Gleiche wie recycelt«, betonte Helga. »Recycelbar bedeutet lediglich, dass man es recyceln kann, aber nicht, ob das auch passiert. Und prüft jemand, ob Kunststoffe recycelt werden oder nicht? Was ist, wenn sie einfach nur verbrannt werden – wie in diesen Fabriken, die wir aufgespürt haben? Oder vergraben? Und was geschieht mit dem Plastik, das man nicht recyceln kann?«

Einen Augenblick lang waren alle wie gelähmt. Die erste Ermittlung der OHRE hatte sie in die Verbotene Zone von Alez geführt. Dieses Gebiet war früher ein großer Urwald gewesen. Doch als Olivia, Helga, Ravi und Olivias vertrauenswürdiger Onkel Cassander dorthin vorgedrungen waren, hatten sie erkennen müssen, dass die Bäume gefällt und durch umweltverschmutzende Fabriken ersetzt worden waren, die dunklen Rauch in den Himmel ausstießen. Sie begriffen, dass dies auch eine Ursache war, warum sich das Wetter in Alez verändert hatte – ohne die Bäume landete sämtliches Kohlendioxid in der Luft und verursachte Temperaturschwankungen, die wiederum Einfluss auf das Wetter nahmen. Den Ermittlungen der OHRE war es zu verdanken, dass Jeremy Pont, der Präsident von Alez, zurücktreten musste. Er war über die Fabriken und den Schaden für die Umwelt genau informiert gewesen.

»Deine Mama ist die neue Präsidentin«, meldete sich Ravi schließlich zu Wort. »Frag sie doch.«

Damit zauberte er ein Lächeln auf Helgas Lippen, die augenblicklich besser gelaunt war. Olivia wünschte, sie könnte so charmant sein wie Ravi und sich bei allen beliebt machen. Ihr Vertrauenslehrer hatte ihr versichert, sie müsse nicht versuchen, so zu sein wie andere, sondern sollte die Dinge auf ihre eigene Weise angehen. Die ihr zufolge darin bestand, in Problemfällen zu ermitteln, die Gründe und Ursachen zu untersuchen und Lösungen anzubieten.

PLASTIKMÜLL

Von Katsia Pabortsava

Plastik bewirkt viel Gutes und das wertvolle und nützliche Material gilt als selbstverständlich. Daher leben wir in Bezug auf Kunststoffe in einer »Wegwerfgesellschaft«. Es ist praktischer, einen neuen Gegenstand aus Plastik zu kaufen, als Vorhandenes zu behalten oder erneut zu benutzen. Darum werden Kunststoffartikel wie Einkaufstüten, Lebensmittelbehälter, Besteck und Flaschen zum einmaligen Gebrauch hergestellt – sie müssen nicht gespült werden, man kann sie einfach wegwerfen! Heutzutage werfen wir Menschen jedes Jahr 400 Millionen Tonnen Plastik weg, davon mehr als die Hälfte Verpackungen und Einwegkunststoffe. Wenn du zum Beispiel ein neues Spielzeug auspackst, wandert die Plastikverpackung zum Schutz vor Transportschäden direkt in den Abfalleimer.

Kein Wunder, dass wir jedes Jahr einen gigantischen Müllberg aus Plastikabfall hinterlassen. Und er ist wahrhaftig riesig – der Müll wiegt so viel wie 24 Millionen Doppeldeckerbusse und würde eine Fläche in der Größe Frankreichs einnehmen. Stell dir ein ganzes Land voller Abfall vor!

Einige Kunststoffartikel wie zum Beispiel durchsichtige Trinkflaschen können recycelt werden. Das bedeutet, sie werden eingeschmolzen und zu anderen nutzbaren Plastikteilen weiterverarbeitet. Doch nur ein Zehntel aller Plastikteile kann recycelt werden. Nicht wiederverwertbare Kunststoffabfälle werden normalerweise zu einer Mülldeponie gebracht – das ist ein Loch in der Erde, in dem Müll vergraben wird. Doch große Mengen an Plastikabfall werden nicht ordnungsgemäß entsorgt. Dieser Müll stammt aus überquellenden Abfalleimern, unachtsamem Wegwerfen und illegaler Entsorgung an Land und im Meer. Dadurch landet das Plastik schließlich dort, wo es nicht hingehört – am Straßenrand, an Stränden, in Seen und in Flüssen, wo die Strömung es ins Meer spült.

Doch Kunststoffe gelangen auch auf andere Weise in die Umwelt, zum Beispiel unbemerkt durch verschiedenste Alltagsaktivitäten. Das Schmutzwasser, das nach dem Geschirrspülen und Wäschewaschen in den Abfluss fließt, enthält Plastik: Das können winzige Partikel des Spülschwamms aus Polyurethan-Kunststoff oder Fasern von Kleidungsstücken aus Nylon oder Polyester wie Fleecejacken, Hemden und Strumpfhosen sein. Diese Plastikteilchen bezeichnet man als Mikroplastik. Sie können klein wie Sandkörner oder sogar noch kleiner sein. Mikroplastik kann man mit bloßem Auge nicht erkennen, höchstens mithilfe eines Mikroskops oder einer sehr starken Lupe.

Die Kunststoffteilchen sind winzig UND schwer zu entdecken. Da sie nicht einmal von den feinsten Sieben in Klärwerken aufgefangen werden, gelangen sie mit dem Abwasser in Flüsse und Meere. Aber wusstest du, dass Autofahren auch Mikroplastik erzeugt? Die Reifen bestehen aus Gummi und vielen verschiedenen Kunststoffen. Beim Fahren sondern die Reifen kleine Partikel, also Mikroplastik ab. Winde und Regenwasserströme tragen die Kunststoffteilchen in die Flüsse und Meere. Da Millionen von Fahrzeugen in Betrieb sind, fällt sehr viel Reifenabrieb an. Zurzeit wird die genaue Menge ebenso erforscht wie die Frage, wohin die Partikel gelangen.

»Ich glaube, die OHRE sollte sich damit beschäftigen«, sagte Olivia. »Wir sollten Untersuchungen zum Plastik anstellen.«

Plötzlich hörten sie, wie schwere Schritte auf die Haustür zukamen, und dann klingelte es.

»Ich gehe!«, rief Tolemy. Niemand schenkte ihm Beachtung.

»Ich gehe dann mal zur Tür, ja?«, wiederholte er beharrlich seine Absicht, die jedoch immer noch niemanden interessierte.

»Ich mache die Tür auf!«, dröhnte Tolemy. Paragona schüttelte den Kopf. Sie wusste, dass es für ihren Mann noch immer neu war, normale Dinge, wie jemandem die Tür zu öffnen, zu erledigen, doch sie wünschte, er würde es nicht so aufblasen.

»Wir könnten wirklich ermitteln«, sagte Ravi, nahm das Diadem ab und holte eine größere Tiara aus dem Haufen auf dem Fußboden, »aber wir machen doch Sommerurlaub! Wie sollen wir beides gleichzeitig schaffen?«

Helga schmollte. »Könnte ich doch bloß mitkommen«, sagte sie und setzte sich auf die aufgehäufte Luftpolsterfolie. Ihre Freunde verließen Alez City ohne sie und fuhren zu Olivias Onkel Cassander, der auf einer Insel lebte.

»Das wünschen wir uns auch«, sagte Olivia freundschaftlich.

Sie wollte einen traurigen Blick aufsetzen, weil Helga nicht mitkommen konnte, aber in Wirklichkeit war sie so gespannt auf die Ferien bei Onkel Cassander auf der Schildkröteninsel, dass sie am liebsten durch die Wohnung gehüpft wäre. Sie stellte sich vor, wie sie im warmen blauen Meer schwamm, umgeben von flitzenden silbernen Fischen, und vielleicht sogar Delfine entdeckte, die in den Wellen tauchten. Außerdem hoffte sie, dass sie diesmal passend kamen, um zuschauen zu können, wie die winzigen Schildkröten am Strand schlüpften und auf ihren winzigen Flossen zum Meer watschelten.

»Wir haben wirklich versucht, deine Mütter zu überreden«, sagte Ravi und setzte die neue Tiara auf. »Aber sie haben nicht nachgegeben. Steht mir diese Krone besser? Was meinst du, Paragona?«

Paragona musterte ihn kurz und schüttelte dann den Kopf. »Sie sitzt nicht richtig, Ravi.« Nachdem sie in verschiedenen Paketen gewühlt hatte, sagte sie: »Probier die mal.« Sie reichte ihm eine schöne silberne Krone mit blaugrünen Edelsteinen im Stirnreif. »Warte, ich setze sie dir ordentlich auf.«

»Ich will mit euch auf die Schildkröteninsel zu den Kätzchen«, sagte Helga unglücklich. »Und nicht als Jugendleiterin ins Schachcamp der Regierung fahren.«