Oriental Basics - Sebastian Dickhaut - E-Book

Oriental Basics E-Book

Sebastian Dickhaut

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Beschreibung

Mezze, Döner und Falafel - das sind längst keine Fremdwörter mehr auf der Speisekarte. Mal schnell auf die Hand vom Stehimbiss oder stilecht serviert in edlem Ambiente - keine andere Küche ist momentan so angesagt und in aller Munde wie die orientalische. Schnell, unkompliziert, zeitgemäss - aber auch märchenhaft und geheimnisvoll sind die Genüsse aus dem Morgenland. Und wer das alles zu Hause zelebrieren will, kann es sich ganz leicht machen: Mit feinen Aromen zaubern, Couscous kochen oder Lassi mixen - Oriental Basics öffnet neue Horizonte!

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Seitenzahl: 294

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Die Feige

arab. tin; pers. angir; türk. inçir; franz. figue; engl. fig

Wo die Feige ist, da ist das Paradies. Wer weiß, vielleicht haben sich Adam und Eva von ihr statt von einem Apfel verführen lassen? Schließlich bedeckten sie sich nach ihrem verhängnisvollen Biss ja auch mit Feigenblättern. Sündig genug kann diese Frucht jedenfalls schmecken, wenn sie nicht gerade eins von diesen für den Import viel zu früh geernteten und damit mehlig-faden Exemplaren ist. In ihrer orientalischen Heimat wird die Feige wirklich sonnenreif vom Baum gepflückt, so dass unter ihrem grünen bis violetten Flaum der betörend süße Saft fast schon im Fruchtfleisch pulsiert, das weich und warm aufs erste Reinbeißen wartet. Das ist dann schon fast ein erotisches Vergnügen, weswegen die Feige im Orient das Symbol für Fruchtbarkeit und Sinnlichkeit ist wie keine andere Frucht. Süße und Aroma steigern sich noch, wenn die Feige nach dem Pflücken in der Sonne trocknet. Aber auch da liegen wieder Welten zwischen der knallharten, nur süßen Billig-Trockenfeige und der ganz leicht und weich gedörrten Smyrna-Feige. Und die ist jede Sünde wert.

Woher kommst du?

Aus dem Nahen Orient.

Der Europäer fragt beim Kennenlernen: »Was machst du denn so?« Im Orient heißt es aber: »Woher kommst du?« Seien wir also orientalisch und rätselhaft dazu: Aprikose, Estragon, Zimt und Zucker – welcher dieser Begriffe stammt aus dem Arabischen? Die Antwort: alle vier. Genauso wie Kaffee und Konditorei, Marzipan und Muskat, Sirup und Sorbet. So nah ist uns der Orient.

Schauen wir uns weiter in der Küche und ihrer Geschichte um. Das Gewürzregal – ohne die Händler Konstantinopels wäre es fast leer. Der Messerblock – ohne die Schmiede des Orients wäre er wohl blank. Das Kochbuch – ohne die Ziffern Arabiens würden wir immer noch über den Daumen peilen. Jetzt lasst uns zum Türken am Eck gehen, wo es die besten Tomaten und das frischeste Lammfleisch am Platz gibt. Und Deutschlands beliebtesten Imbissladen, den Döner-Stand. Wir sehen nun: Der Orient ist nicht nur nah, er ist längst da.

Vor allem aber ist er im Kommen. Mezze (mehr dazu ab >) lösen Sushi und Tapas ab; Feinschmecker entdecken die türkische Küche neu; Trendsetter träumen von Nordafrika, Couscous und Wasserpfeife. Und wir schwelgen mit in zauberhaften Rezepten und Geschichten aus dem Morgenland. Wir haben dabei mit Said gekocht und ihn nach der Mischung fürs Ras-el-hanout gefragt, wir haben mit Hassan gebacken und das Geheimnis des Fladenbrots entdeckt, wir haben mit Pedram Mokka getrunken und uns vom Leben in Persien erzählen lassen. Wir haben gemerkt, der Orient verbindet: das Mittelmeer mit Asien, großzügige Gastgeber und neugierige Gäste, Freunde, uns.

Um nun nicht gleich das Döner-Lied der Liebe zu singen: Auch uns ist immer noch einiges fremd geblieben. Da gibt’s dann nur eins: sich gemeinsam zum Essen zu setzen und zu fragen: »Woher kommst du?« Denn die Antwort liegt oft näher als man denkt.

Know How

Der nächste Trend heißt: Orient!

Es ist ja jetzt eine Weile her, dass wir die italienische Küche entdeckt und Pizza wie Spaghetti zu unseren Lieblingsgerichten gemacht haben. Auch unser Faible zur Asia-Küche ist dank Curry und Wok inzwischen was fürs Leben. Aber irgendwie fehlt uns jetzt noch etwas. Moment mal… was ist denn das da zwischen Mittelmeer und Asien? Ja schau, der Orient! Na klar, das wird unser nächster Trend. Ach was, Trend, ein echter Freund wird er uns, und das nicht zum ersten Mal. Schließlich war der Orient die erste Liebe fürs kulinarische Mitteleuropa. Lange bevor Amerika die Kartoffel brachte und Italien die Pizzeria, verwöhnte er uns mit Orangen aus China, Zimt aus Ceylon sowie Feigen, Kaffee und Pistazien aus dem eigenen Garten. Er führte uns ein in die wunderbare Welt des Würzens und Handelns, brachte Farbe und Weisheit in unser Leben, lehrte uns die wahre Gastfreundlichkeit und zuletzt das Döner-Essen. Und da ist noch viel mehr! Gehen wir also auf Pilgerfahrt. Los geht’s in unserem Supermarkt und dann immer die Gewürzstraße entlang gen Mokka, der Quelle unseres Kaffees. Wir kommen, Freunde.

17 Basics, die jeder kennt

Honig

Kennt jeder: vom Frühstück.

Am Morgen gibt es auch im Land wo Milch und Honig fließen denselben aufs Brot, aber dann ist noch lange nicht Schluss: Mit dem faszinierenden Produkt von Blüte und Biene wird im Orient schon ewig gesüßt, und bis zur Entdeckung des Rohrzuckers hatte er sich als aromatisches Symbol für Reichtum und Fruchtbarkeit in Desserts, Gebäck, Salaten, Dips oder Ragouts verewigt.

Zauberhaft mit: Minze + Thymian + Frischkäse + Möhren + Mandeln + Zimt.

Öl

Kennt jeder: aus dem Supermarkt.

Der Orient und sein Öl, das ist politisch wie kulinarisch ein sensibles Thema. Einst wurde es aus Sesam hergestellt und kam in die Lampe wie in den Kochtopf. Dann tauchte die Olive auf und mit ihr das Olivenöl als Treibstoff für die Küche des Orients, welcher heute aber größtenteils von der Sonnenblume kommt. Und in Marokko von der Arganfrucht (mehr dazu auf der nächsten Seite.)

Zauberhaft mit: Feigen, Frischkäse, Petersilie (Olivenöl) + Nudeln, Reis, Couscous (Arganöl).

Käse

Kennt jeder: vom Griechen.

Milch zum Frühstück mag man auch im Orient – und zwar von Schaf oder Ziege als Frischkäse, der in der Hitze fast von selbst entsteht und besser hält als Milch. Fester wird er, wenn er noch in Salzlake liegt wie türkischer Schafkäse, eine ganz feste Konsistenz bekommt er, wenn man ihn brüht wie libanesischen Hallum.

Zauberhaft mit: Minze + Zitronenpfeffer + Walnuss + Oliven + Melone + Honig.

Schaschlik

Kennt jeder: vom Jugoslawen.

Zwischen Kaukasus und Bosporus, dort wo sich Asien und Europa wie Balkan und Orient vermengen, da ist die Heimat des mit Fleisch und Gemüse besteckten Schaschlikspießes. Wie den Joghurt hatten ihn die Turkvölker auf ihrem Weg von Asien nach Byzanz (heute Istanbul) mit im Gepäck, und heute grillt man selbst in Marokko Sis Kebap (also Fleischspieß) über der Glut – am liebsten mit Lammfleisch.

Zauberhaft als: Lamm-Schafkäse-Spieß + Brot-Tomaten-Spieß + Feigen-Oliven-Spieß.

Zimt

Kennt jeder: vom Grießbrei.

Fast könnte man meinen, er wäre süß, so eng ist er mit dem Zucker. Aber Zimt ist »das« Gewürz des Orient, das dort gerne mit Salzigem, Saurem oder Scharfem kombiniert wird – obwohl die zu Röllchen getrocknete Rinde eines Lorbeerbaums aus Celyon stammt. Aber erst die Händler des Morgenlands entdeckten Zimts Wert für die Welt. Am besten die Stangen frisch mörsern oder ganz mitgaren.

Zauberhaft mit: Himbeeressig + Olivenöl + Tomatensuppe + Möhren + Hacksteaks.

Sardinen

Kennt jeder: in der Dose.

Tunfisch im eigenen Saft und schicke Anchovies haben die gute alte Ölsardine fast verdrängt. Dabei ist es immer noch eine Delikatesse, wenn ganz junge Sardinen langsam in Olivenöl gegart werden, um sie später aus der Dose samt zarter Gräte verspeisen zu können. Sowas kommt vor allem aus Nordafrika, wo man auch die frischen »Heringe des Südens« gerne grillt, wenn sie nicht mehr als 100 Gramm wiegen.

Zauberhaft mit: Dill + Omelette + Tomate + Oliven + Rosinen + Zitrone + Orange.

Linsen

Kennt jeder: im Eintopf.

Auch im Orient gibt’s Linsen in der Suppe, mal püriert, mal im Ganzen. Und sie sind in Dips, Salaten, Ragouts, Pürees und vielem mehr zu finden. Denn sie können fast alles: Gemüse sein wie auch Ersatz für Reis oder Nudel, fürs Fleisch oder die Sauce einspringen, Gewürzen zum großen Auftritt verhelfen, ewig halten und im Vergleich zu den anderen Hülsenfrüchten besonders schnell garen – vor allem die für den Orient typischen roten Linsen.

Zauberhaft mit: Koriander + Minze + Knoblauch + Olivenöl + O-Saft + Zimt.

Minze

Kennt jeder: im Kaugummi.

Sie erfrischt und reinigt, das wissen wir Kaugummikauer und Zähneputzer genauso wie die Orientalen, die Minze gerne frisch nach dem Essen in den Mund stecken oder zuvor im süßen Tee trinken. Schmeckt der nach Kaugummi, ist Pfefferminze drin. Besser fürs Genießen sind würzige Sorten wie die orientalische Nana-Minze – ein guter Kontrast zu Scharfem und lange Gegartem. Auch getrocknete Minze gibt’s im Orient.

Zauberhaft mit: Oliven + Schafkäse + Weißkraut + Chili + Linsen + Haselnuss + Melone.

Sesam

Kennt jeder: vom Brötchen.

Mehr noch als sein schläfriger Bruder Mohn ist Sesam ein Begriff in der Küche des Orients – als Paste im Tahini, zum Anbeißen auf Fladenbrot, gemischt mit Nüssen und Gewürzen im Dukkah, schön süß in Honigriegeln und in Halwa. Üblich ist der geschälte helle Sesamsamen, am besten frisch geröstet. Daneben gibt es den bräunlichen ungeschälten und noch den öligeren schwarzen Sesam zum Bestreuen.

Zauberhaft mit: Honig + Kreuzkümmel + Pfannkuchen + Joghurt.

Aubergine

Kennt jeder: aus dem Ratatouille.

Die gebürtige Inderin mit französischem Namen kennen wir vom Italiener und Griechen – im Orient ist sie ein Star, genannt »Kaviar des armen Mannes«. Mit ihr geht fast alles in der Küche, sie gibt Gewürzen Halt, Fleischlosem Substanz und berühmten Rezepten wie Babaganoush oder Imam Bayildi ihr Aroma. Einsalzen verhindert, dass sie zu viel Öl beim Braten aufsaugt – was bei gutem Olivenöl aber eigentlich schade ist.

Zauberhaft mit: Knoblauch + Olivenöl + Schafkäse + Hackfleisch + Kreuzkümmel.

Zitrone

Kennt jeder: von Basic cooking.

Ohne sie gibt’s kein Basic-Buch, keinen Basar und keinen Garten des Orients. Ihr Saft säuert Tabouleh oder würzt Gegrilltes, wo vor dem Import aus Asien noch Granatapfel, saure Trauben oder Sumach ran mussten. Die Entdeckungen, dass man Zitronen mit Zucker zu Konfekt kandieren und mit Salz zu einem Gewürz machen kann, sind echt orientalisch.

Zauberhaft mit: Kräutern (Zitronensaft) + Gewürzen (Zitronenschale) + Ragout (als Salzzitrone).

Joghurt

Kennt jeder: im Becher.

Joghurt? Bei uns ist das eher was für Jogger, die durch Großstadtparks zum blitzenden Kühlregal voller Probiotischem traben. Im Orient aber hat »Yog’urt« noch was von damals, als ihn asiatische Turkvölker von Konstantinopel aus unter die Morgenländer brachten. So bitzelt und säuert er gerne heftiger, was ein Mehr an Fett oft wieder abmildert. Und er kann auch von Schaf, Ziege, gar Kamel sein! Als »Ketchup des Orients« ideal für Dips, Marinaden und Labane – Joghurt abgetropft, gerollt und getrocknet.

Zauberhaft mit: Gurke + Minze + Honig + Rosenwasser.

Petersilie

Kennt jeder: aus Mutters Garten.

Dass die grünen Stängel mehr sein können als krause Zier für Schinkenplatte oder Salzkartoffel, wissen wir. Aber bis wir wie Orientalen mit Ärmen voller Blattpetersilie vom Markt kommen und Hände voll ans Tabouleh, aufs Fladenbrot oder ins Hackfleisch werfen, dauert es noch. Petersilie ist das Kraut des Orients und kann mit so gut wie allen Zutaten dieser Doppelseite kombiniert werden. Machen wir’s genau so!

Zauberhaft mit: Minze + Koriander + Knoblauch + Sumach + Zitrone + Rosinen.

Sultaninen

Kennt jeder: im Müsli.

Sie klingen schon schwer nach Orient und stehen hier für alle getrockneten Weintrauben von der kleinen festen Korinthe bis zur großen weichen Traubenrosine. Der Star ist aber die kernlose sonnengetrocknete Sultana-Traube, mit der uns vor allem die Türkei Süßes voller Saft und Kraft ohne eine Spur Schwefel gibt. Sultaninen werden gerne genascht und zum Süßen genutzt, sie würzen aber auch viele pikante Gerichte.

Zauberhaft mit: Pinienkernen + Anis + Reis + Spinat + Möhren + Lamm + Quitten.

Knoblauch

Kennt jeder: zu Spaghetti.

Er darf hier nicht fehlen, wobei die Knofi-Klassiker wie Aioli, Tzatziki, Spaghetti aglio olio eher von der anderen Seite des Mittelmeers kommen. Tatsächlich war Knoblauch in der Hochküche der Osmanen und vor allem Perser nur wirkungsvolle Nebensache, doch Bauern und Beduinen schätzen ihn bis heute als Aroma-Stärkung für Speisen und Körper – im türkischen Cacik, ein erfrischender Gurkensalat, wie im Harissa Marokkos.

Zauberhaft mit: Rührei + Couscous + Walnuss + Petersilie und Minze (für frischeren Atem zu Knoblauchgerichten gekaut).

Aprikose

Kennt jeder: vom Kuchenbacken.

Gibt es Traurigeres, als Aprikosen in Dosen zu sperren und in Sirup zu ertränken? Ja – Aprikosen zu früh zu ernten. Denn dann landen sie so fad und mehlig in unserem Korb, dass wir kaum ahnen können, wie duftig süß und sinnlich sie in den Salaten, Ragouts und Desserts des Orients locken können. Dann doch lieber getrocknete nehmen – authentisch dunkel und süß oder geschwefelt hell und süß-sauer.

Zauberhaft mit: Petersilie + Joghurt + Chili + Ziegenkäse + Lamm + Mandeln.

Pistazien

Kennt jeder: aus der Eisdiele.

Als die Eiskugel noch unter 50 Pfennig kostete, stand das geheimnisvolle Pistaziengrün fürs Abenteuer in Waffeln; und bis heute hat es was von orientalischem Luxus, auf dem Sofa die »persische Nuss« zum Tee zu knabbern. Bei geöffneter Schale (»lächelnd« genannt) ist sie richtig reif, mit rötlicher Haut darunter ist sie richtig frisch, nackt und grün ist sie richtig teuer. Und geröstet ist sie nichts für die Küche.

Zauberhaft mit: Zitronensalz + Oliven + Marzipan + Honig.

1001 Gewürze & Aromen

Nehmen wir nun eine Nase voll Zimt – und schon geht sie los, die Reise durch Zeit und Raum in die große weite Welt des Gewürzregals.

»Das sieht doch alles ganz harmlos aus, was wir da im Regal stehen haben: Pfeffer, na klar, und Muskatnuss für die Suppe. Dazu Curry fürs Indische, dann Zimt, ohne den der Grießbrei nichts ist. Ok, sooo toll ist das jetzt noch nicht. Wie bitte? Ob wir wissen, dass schon wegen dieser paar Sachen einige der größten Reichtümer, schlimmsten Pleiten, erstaunlichsten Entdeckungen und erbittertsten Schlachten der Welt entstanden sind? Dass es einst für 1 kg Muskatblüte eine Kuh gab, dass Amerika nur wegen des Currys entdeckt wurde, dass man früher glaubte, Zimt würde aus den Nestern von fantastischen Riesenvögeln in Arabien stammen? Zauberhaft und kaum zu glauben. Wie? Wir sollen mal eine Nase voll Zimt nehmen, die Augen schließen und dann werden wir schon sehen? Na gut. Mmmh...«

Immer der Gewürzstraße nach

Karawane um Karawane zog man einst von Mesopotamien, Babylonien oder Persien aus, um in Asien die exotischsten Gewürze einzusammeln. Anfangs ging es alleine darum, die eigenen Paläste in den Duft von Zimt aus Ceylon und Muskat aus dem heutigen Indonesien zu hüllen – zusätzlich zum Aroma von Dill, Fenchel, Kardamom, Kümmel, Safran und Thymian aus dem heimischen Garten. Doch bald reichten die berühmten Gewürzstraßen der orientalischen Händler bis ans Mittelmeer. Von dort brachten sie ihre würzige Last per Schiff nach Europa, wo sie teuer verkauft wurde. Als erstes stiegen die Araber hier richtig groß ins Geschäft ein (und deckten als Monopolisten ihre Quellen mit Schauermärchen wie dem von den Riesenvögeln), dann kamen auch die Türken dazu.

Machen wir es kurz: Ab dem 11. Jahrhundert fanden Kreuzritter und Pilger aus Europa ins Morgenland und entdeckten die wunderbare Welt des Würzens. Wieder zurück in der Heimat, wurde sie ihnen auch dort lieb und teuer. Das nutzte den Venezianern, die nun im Alleingang über ihren Hafen die Geschäfte zwischen Orient und Okzident aushandelten – und das vor allem zu ihren Gunsten. Bis dann am Ende die Osmanen die Gewürzstraße für sich sperrten, woraufhin die Portugiesen um Afrika herum direkt zu den Würzquellen Indiens und Indonesiens segelten, um sich selbst zu bedienen. Christoph Kolumbus versuchte es für Spanien westwärts, entdeckte dabei aber nur Amerika. Immerhin brachte er von dort die feurige Chilischote mit. Und kaum war die im Orient angekommen, nahm man sie auch schon mit auf ins Würzrepertoire – als schwachen Trost fürs inzwischen zur Gänze verloren gegangene Gewürzgeschäft.

Was alles würzt

Eines haben sich die Orientalen bis heute nicht nehmen lassen – die Kunst, eine Reihe von gegensätzlichen Aromen so zu verbinden, dass sie aus simplen Gerichten Festessen machen. Denn nur von einem Lamm am Spieß oder einer Tajine mit Gemüse lässt sich kein verwöhnter Franzose beeindrucken. Wenn aber Ras-el-hanout mit seinen zig verschiedenen Gewürzen, eine Hand voll Koriander oder ein paar Tropfen Rosenwasser dazukommen, dann wird’s raffiniert. Wie etwa im Königreich Marokko, dessen feine Küche dazu noch unter französischer Besatzung bereichert wurde, so dass sie heute »die« Trendküche des Orients ist. Das Beispiel zeigt auch anderes: Geschmack kommt im Orient nicht nur durch Gewürze, sondern ebenso durch viele frische Kräuter, ohne die ein Tabouleh und viele Mezze gar nichts wert wären. Und damit ist das orientalische Reich der Aromen noch nicht zu Ende erforscht: Blüten und ihre Destillate gehören genauso dazu wie Früchte, von denen Schale, Fleisch, Saft und manchmal selbst Kerne einem Gericht den Pfiff geben. Und es ist orient-typisch, dass meist ein salziges Rezept durch Früchte, etwas Süßes, Saures oder Herbes dazugewinnt.

Doch noch mal zurück zu den Gewürzen: Nimmt man sie im Ganzen, um sie kurz vor der Zubereitung zu rösten und dann abgekühlt zu mahlen, ist ihr Aroma am intensivsten. Warum sieht man dann auf jedem Bild vom Basar diese leuchtenden Kegel gemahlener Gewürze? Erstens, weil so ein Berg strahlend gelben Kurkumapulvers fotogener ist als das Ausgangsprodukt, die braune Wurzel. Zweitens, weil die Wurzel fürs Pulver oft erst kurz zuvor auf irgendeinem Hausdach in der Sonne getrocknet wurde und drittens das Pulver so schnell verbraucht wird wie bei uns das Mehl am Kuchensonntag – da bleibt dem Aroma nicht viel Zeit zum Verfliegen. Wer aber nicht täglich mit solchen Mengen kocht, der tut gut daran, kurz vor dem Kochen zu mörsern, was zu mörsern ist – und bereits gemahlene Gewürze wie Ingwer oder Kurkuma dunkel, trocken und nicht zu warm aufzubewahren. Also bitte fort mit den klaren Gläschen von der Dunstabzugshaube.

Orient-Basics:

Gewürze

Sollte man haben: Chili, Kardamom (in der Kapsel bleibt er länger frisch), Koriander, Kreuzkümmel (schmeckt völlig anders als unser Kümmel, der aber auch aus dem Orient stammt und in manchen Rezepten verwendet wird), Muskatnuss, Gewürznelken, mindestens eine Gewürzmischung wie Baharat, Ras-el-hanout oder Za’atar (>) sowie Pul Biber (türkische scharfe Trockenmischung aus Chili und Paprika, zum Würzen und Streuen), Safran, Sumach (säuerlich schmeckende rote Essigbeere, meist grob zerstoßen) und Zimt.

Kann man haben: Bockshornkleesamen (gelbe, leicht bittere Samen, die Curry und orientalische Würzmischungen prägen), Ingwer (getrocknet und gemahlen), Fenchelsamen, Kurkuma (= Gelbwurz, gibt auch Curry Farbe), Muskatblüte, Schwarzkümmel (aromatische, leicht bittere Kümmelart).

Aromen

Arganöl (rares, kostbares und teures Öl aus Marokkos Arganbäumen, schmeckt nach Sesam und Haselnuss, gibt wie Trüffelöl tropfenweise volles Aroma), Blütenwasser (von Rose, Orangenbaum, Lavendel und mehr; verleiht vor allem Süßem und Drinks tröpfchenweise ihr Parfüm), Granatapfel (Kerne und Saft für Salate und Ragouts, wie man es in Persien mag), Harissa (nordafrikanische scharfe Würzpaste mit viel Chili, Rezept >), Salzzitronen (in Salz marinierte Zitronen, auch nordafrikanisch, Rezept >), Smen (geklärte salzige, manchmal auch gewürzte Butter, die im Warmen reift – manche sagen auch »ranzig wird«; gibt nordafrikanischen Gerichten Duft und Aroma).

Kräuter

Dill, Koriander (ganz wichtig in Nordafrika), Lorbeer, Minze (vor allem Nana-Minze), Petersilie und Thymian sind Standard; Basilikum (nur in Persien) Oregano, Rosmarin und Salbei werden ab und zu verwendet.

Woher kommst du...

...Rosenwasser?

Meine Familie stammt aus der Umgebung von Isfahan, so heißt es. Dort hatten die Perser schon vor drei Jahrtausenden entdeckt, wie man unseren Liebreiz in Flaschen destillieren konnte (auch wenn manche sagen, dass es die Araber erst 1000 Jahre später waren). Auf jeden Fall taten sie es um meiner großen Schwester Rosenöl willen. Bis heute lässt sie sich dadurch gewinnen, dass die ätherischen Öle durch Dampf aus den Rosenblättern gezogen werden, welcher beim Abkühlen flüssig wird. Dabei setzt sich schließlich das feine Öl ab, das heute von der Türkei und Marokko am liebsten zu den Parfumiers nach Frankreich reist. Wer zurückbleibt bin ich, und dafür liebt man mich im ganzen Orient, vermählt mich mit Honig, Kardamom oder sonnenreifen Früchten. Ich habe auch noch ein kleine Stiefschwester, Orangenblütenwasser genannt. Sie mag es durchaus auch schon mal pikant.

Brote & Getreide

Egal, wo und zu welcher Zeit wir im Orient ankommen, es erwartet uns ein Stück frisches Brot. Und auch das Getreide scheint schon immer hier gewesen zu sein.

Mag sein, dass wir Deutschen die Brotweltmeister sind, wenn es um Sortenvielfalt geht. Aber nirgends auf der Welt ist Brot so eine Selbstverständlichkeit am Tisch wie im Orient, wo es als verehrte Grundlage für alles herhält, was von Früh bis Spät aus der Küche kommt. Wie durch Zauber duftet es dabei bereits dann durch das traditionell orientalische Haus, wenn man(n) gerade erst die müden Augen zum Gebet öffnet. Der Grund für die Magie: die Frau des Hauses. Sie setzt den Teig oft am Vortag an und lässt dann am nächsten Tag bei Sonnenaufgang die Tochter die Fladen zum dörflichen Bäcker tragen. Manche Familien backen noch selbst, andere – vor allem in der Stadt – holen sich ihr Brot wie wir beim Bäcker. Nur dass sie nicht alle paar Tage gehen, sondern für jede Mahlzeit extra. Denn zwei Regeln gelten fürs Brot im orientalischen Alltag: frisch muss es sein (was es nur kurz bleibt) und zur Nacht hin sollte es alle sein. Das verlangt schon der Respekt vor der wichtigsten Gabe Gottes, die in allen Religionen des Orients Kultobjekt ist.

Göttliches Fladenbrot

Auch ohne Segen kann ein gutes orientalisches Brot zum Niederknien sein. Aus der Sicht des Morgenlandes gibt es da Hunderte von Sorten, aus der Sicht der europäischen Brotweltmeister zählt da eigentlich nur eines – das Fladenbrot aus Hefeteig. Allerdings: Bei uns weiß der, der es gerne orientalisch mag ebenso, dass Brot ziemlich unterschiedlich sein kann. Da sind auf einer Seite die akkurat runden Fladen mit weicher Kruste (kommt von der Plastiktüte drumrum) und einem Inneren wie Toastbrot. Dieses Ding soll türkische Vorfahren haben, wobei wir vermuten, dass da ein paar Generationen Euro-Bäcker dazwischen liegen. Und da ist auf der anderen Seite das Fladenbrot, wie wir es lieben: dünn und knusprig, mit goldbraunen Buckeln, die poliert sind wie edles Holz und das Aufbrechen leichter machen. Drinnen dann duftet es fein hefig und hat große Poren, die Dips und Salaten Platz bieten. Damit es so wird, schiebt man den rohen Teig in den sehr heißen Ofen direkt auf den Stein. Dort geht er unter starkem Bräunen so rasant auf, dass sich innen eine Art Tasche statt vieler feiner Poren bildet. Damit ist es perfekt fürs Speisen à la Orient. Denn dort wird Brot nicht bestrichen oder zum Sandwich geklappt, es ist Tasche für feine Füllungen, Teller für leckere Garnituren und vor allem Besteck: Profis reißen sich ein Stück ab, klemmen es mit der Rinde nach außen zwischen die Spitzen von Daumen, Zeige- und Mittelfinger und stippen damit Humus, gabeln Tabouleh oder löffeln Linsensuppe.

Die Nomaden der Wüste brauchten zum Backen noch nicht mal einen Ofen. Sie legten ihren dünnen Breifladen aus gemahlenem Getreide und Wasser auf die glutheißen Steine rund ums Lagerfeuer oder auf ein Blech, das über der Glut seinen Platz hatte. So entstand hauchdünnes Knusperbrot, ähnlich dem heutigen, aus Lagen von Yufka- oder Filo-Teig gebackenen. Als man dann entdeckte, dass der Getreidebrei nach längerem Stehen sauer und luftig wurde, war der Sauerteig geboren (angeblich in Ägypten), bis später die Römer mit der Hefe seine Ablösung brachten. Aus Indien kam der Lehm-Ofen »tandoor«, der in der Türkei zum Tandir wurde und an dessen heißen Seiten nach indischer Art nun die Brote beim Backen klebten.

Von Couscous bis Reis

Orientalen verehren Brot – weil es direkt von Gott kommt und weil es von ihrem eigenen Boden stammt. Denn der Weizen und seine urige Schwester, die Gerste, haben ihren Ursprung im Arabischen, wo umherziehende Beduinen und Berber die Körner ernteten, trockneten und eine Reihe von Halbfertigprodukten daraus machten – von Bulgur bis Couscous. So richtig in Schwung kam der orientalische Entdeckergeist aber erst, als die Wüstenwanderer Äcker anlegten und Getreide systematisch pflanzten – bald wussten sie dann, welche Sorte für welches Produkt die beste ist. Auch hier sollen wieder die Ägypter ihre hübsche Nase vorne gehabt haben.

Während die Hirse aus Afrika bis heute nur eine Nebenrolle in der orientalischen Küche spielt, ist der Reis aus Asien hier eine feste Größe. Es waren die Perser, die wieder mal mit einem Produkt aus Indien den restlichen Orient beglückten. Ihre Reis-Gerichte voller Nüsse, Früchte, Gewürze und Gemüse stehen bis heute für die persische Hochküche, Araber wie Osmanen verbreiteten sie bis nach Ägypten und weiter. Pilaws wie Tchelo werden mit Langkornreis zubereitet und sollten am Ende so locker und duftig wie indischer Basmati sein. Rundkornreis wird für Süßes wie Reispudding oder Füllungen wie bei den Weinblättern verwendet.

Orient-Basics:

Brot & Teig

Pide und Pitta (türk.), Khubz (arab.), eish shami (ägypt.), Kesrah (marok.): Fladenbrot aus Hefeteig, das rund oder oval und oft mit Samen oder Gewürzen bestreut ist; innen luftig, bei kleinem Brot auch »hohl« gebacken zum Füllen.

Semit und Simit (türk.): Teigringe aus Hefeteig, die mit Sesam bestreut sind.

Mazzen: ungesäuertes Brot der Juden, das flach und knusprig bäckt. Sein Ursprung liegt in der Flucht aus Ägypten ins gelobte Land, bei der die Israeliten den Sauerteig nicht mehr zubereiten konnten.

Fatta: arabisches Gericht, bei dem (altbackenes) in Brühe eingeweichtes Brot die Grundlage für vielerlei Zutaten ist.

Fattoush: arabischer Brotsalat (ähnlich dem Tabouleh) mit Tomaten, Kräutern und Zitrone, beliebt im Libanon und in Syrien.

Filo bzw. Fila (arab.), Yufka (türk.): dünner Teig (ähnlich dem Strudelteig), der mehrlagig für Brote und Gebäck verwendet wird. Gibt’s beim Türken oder Griechen im Kühlregal oder in der Tiefkühltruhe.

Getreide

Bulgur: Weizenkörner, die vorgegart, getrocknet und zu grobem hell- bis dunkelbraunem Granulat gerieben werden. Wird eingeweicht für Salat (Tabouleh) oder Hacksteaks (Kibbeh) verwendet.

Grieß: fein bis grob, nicht pudrig gemahlener Weizen, der für Gebäck und Süßspeisen (Grießkuchen, Halwa) hergenommen wird. Kishk bzw. Tarhana ist fester Brei aus Grieß und Joghurt, der getrocknet, gerieben und dann zum Binden von Suppen verwendet wird – eine Art orientalische Mehlschwitze.

Woher kommst du...

...Couscous?

Ich komme aus dem Maghreb, wie die Araber zum »Land, in dem die Sonne untergeht« sagen – von ihnen im Osten gesehen ist meine Heimat Nordafrika, ihr Abendland. Sie gaben auch den Nomaden dort den Namen »Berber«, die sich selbst lieber »freie Menschen« nennen. Und als solche brauchten sie stets Proviant, um nicht von Äckern oder Bäckern abhängig zu sein.

Daher erfanden sie mich, Couscous. Dazu werden traditionell Grieß und Mehl des Hartweizens mit Wasser vermischt und in aller Ruhe zwischen den Händen zu Körnchen gerollt und schließlich getrocknet. Ich kann dabei grob, mittel-grob oder fein werden. Bin ich letzteres, mag man mich besonders gern. Nach der Tradition werde ich in einer Couscousière gedämpft, bei der ein Sieb auf einem Topf mit Ragout oder nur einem Sud darin sitzt, was aber Zeit und Mühe kostet. Daher habe ich noch einen fixen Bruder, den vorgedämpften Instant-Couscous zum Schnellgaren. Aber glaubt mir, der Duftigere bin ich.

Gemüse & Hülsenfrüchte

Jetzt wird’s erst frisch, dann ein wenig trocken – alles, was beim Türken vor der Tür und im Tütenregal zu haben ist.

Ein wahrer Dschungel ist er, der Türkenladen am Eck, voller Geheimnisse und Dinge, die man im Leben nicht gesehen hat. Eins aber wird man dort niemals erleben – dass das Gemüse drinnen liegt, weil draußen die Straße ist. Auto, Auspuff, Abgase? Was ist das schon gegen eine am Laden entlang brandende Welle violett glänzender Auberginen und Spinat im satten Grün, durchsprenkelt von Paprikaschoten in allen Ampelfarben und leuchtend roten Tomaten? Ein Anblick, der einem das Herz aufgehen lässt wie das Fladenbrot im wohlgeheizten Ofen. Und ist das nicht gesund? Ja sicher, diese Welle spült mir auch Kunden hinein ins Geschäft, was für mich so gut ist wie für sie – dann sind sie wenigstens weg von der Straße.

Die Hände voller Gemüse

Eines wird man beim Gemüsetürken stets erleben: dass die Leute hinausgehen mit Kisten in den Händen und mit Plastiktüten an jedem Arm, die reich gefüllt sind mit frischem buntem Gemüse, dass hier gar keine Zeit hat, alt und grau zu werden. Gemüse ist wichtig in der Küche des Orients, und gutes Gemüse ganz besonders. Was man bei uns beim Türken am Eck bekommt, zumindest im Vergleich zu den meisten Grünabteilungen in den Supermärkten. Und oft ist es auch noch billiger als dort. Allerdings: Auch unser normaler Gemüsemann hat ganz schön feines Gemüse fürs orientalische Kochen. Und auch er versteht eine Menge davon – und wir verstehen ihn in jedem Fall. Nicht selten kauft er beim selben Großhändler wie unser Türke ein und manchmal verkauft er seine Sachen trotzdem nicht teurer. Wenn es aber besonders orientalisch – also sonnig und intensiv – schmecken soll, dann lohnt es sich erstens auf die Saison zu achten (Paprika im Winter schmecken nun mal nach nichts) und zweitens auch mal zum Bauern nebenan oder wenigstens zum Bio-Laden zu gehen. Aber nur, wenn es dort so frisch wie beim Türken zugeht!

Die bunte Welt der Hülsenfrüchte

Nun gibt es einen Ort, an dem ist unser Türke (oder Libanese, Marokkaner, Perser) einfach unschlagbar: das Regal mit den Trockenwaren. Rot, gelb, orange, grün, schwarz, weiß, gesprenkelt oder gepunktet leuchtet uns da in allen Formen etwas entgegen, das lange als fad, hausbacken und damit uninteressant galt – die Hülsenfrüchte. Beim Kochen stehen sie irgendwo zwischen Getreide und Gemüse, dazu liefern sie dem Körper vieles, was ihm Fleisch auch bringt: wertvolles Eiweiß, Eisen, B-Vitamine. Deswegen sind getrocknete Linsen, Bohnen, Erbsen und Kichererbsen seit Jahrtausenden wichtige Basics für die Völker Afrikas, Arabiens und des übrigen Orients. Wie Getreide konnten die Nomaden sie auf ihren Zügen sammeln und für den weiteren Weg trocknen, was meistens noch in der Hülse geschieht. Und dann konnten sie daraus Gerichte kochen, die ihnen Fleisch, Gemüse, Sattmacher und Sauce in einem waren. Auch wenn am Ende eine Suppe auf den Teppich kam wie die arabische Ramadan-Suppe mit Kichererbsen oder ein Brei aus Bohnen wie Foul, der in Ägypten Frühstück, Snack und Nationalgericht gleichermaßen ist.

Dazu kommt, dass Hülsenfrüchte die herrlichsten Aromen tragen können. So ziemlich alle Gewürze des Orients bekommen durch sie Substanz, die dann mit Händen voller gehackter Kräuter ihre Frische erhält. Salzig, scharf, sauer, selbst fruchtig oder süß – alles ist drin in einem Gericht mit Hülsenfrüchten. Eine Zimtstange, ein Lorbeerblatt, Chili, Knoblauch, Zitronenschale oder ein paar Kardamomkapseln können sie völlig verwandeln. Verschandeln können sie aber Salz und Säure, wenn sie von Anfang an mitköcheln, denn das lässt Hülsenfrüchte hart bleiben. Die Grundregeln fürs Garen von Hülsenfrüchten: Je dicker und je älter sie sind, desto länger brauchen sie. Das fängt schon beim Einweichen an. Dazu werden die Trockenwaren mit etwa doppelt so viel kaltem Wasser bedeckt und quellen dann über Nacht (die meisten Bohnen) bis zu einen ganzen Tag lang (Kichererbsen). Wer nicht rechtzeitig eingeweicht hat, kocht Bohnen oder Kichererbsen 3 Minuten in klarem Wasser, dann brauchen sie die Hälfte oder sogar weniger Zeit zum Einweichen. Sie verändern dann aber auch Geschmack und Biss.

Weniger klare Angaben lassen sich zur Kochzeit machen. Linsen garen kürzer (rote keine halbe Stunde, grüne keine ganze) als Bohnen, bei denen es jedoch auf die Sorte ankommt, und Kichererbsen brauchen meist am längsten. Dabei ist es wichtiger als man denkt, wie »frisch« diese Hülsenfrüchte sind. Im Orient bekommt man im Basar die Ernte vom selben Jahr, doch bis die bei uns landet, ist schon einige Zeit vergangen. Produkte, die kurz vor Ende ihrer Haltbarkeit stehen oder sogar schon darüber hinaus sind, müssen oft viel länger als geplant garen, was sie nicht besser macht. Also schon beim Einkaufen darauf achten, nicht zu viel für alle Fälle bunkern und Linse, Bohne, Erbse und Kichererbse nach dem Öffnen dicht, dunkel und kühl aufbewahren.

Orient-Basics:

Hülsenfrüchte

Linsen: rote sowie gelbe (beide geschält und halbiert) sind am typischsten, müssen nicht eingeweicht werden und garen rasch (unter 30 Minuten); braune, grüne oder Tellerlinsen gibt es von Kaviar- bis Smarties-Größe und können eingeweicht werden, was sie auf jeden Fall zarter und gleichmäßiger kochen (maximal 1 Stunde) lässt.

Bohnen: Dicke Bohnen (auch Sau-, Puff-, Acker- oder Fava-Bohnen genannt) waren bis zur Entdeckung Amerikas und seiner bunten Bohnenwelt die einzigen Bohnen in Afrika und Europa. Im Sommer auch frisch zu haben, dann kochen sie je nach Alter 15–30 Minuten – zuvor aus der Schote gelöst, zum Schluss gehäutet. Aus Amerika stammen Augenbohnen (hell mit schwarzem Augenfleck) und Borlotti-Bohnen (hell und dunkel gesprenkelt, frisch rot gsprenkelt) – diese garen wie die getrocknete dicke Bohne mindestens 1 1/2 Stunden.

Gemüse

Damit kocht man schon immer (weil es aus dem Orient, vom Mittelmeer oder aus Indien stammt): Auberginen, Artischocken, grüne Bohnen, Salatgurken, Karotten und andere Rüben, Weißkohl, Mangold, Okraschoten (fleischige Samen einer Hibiskusart, die an Zucchini oder Bohnen erinnern), Spinat, Zwiebeln aller Art.

Damit kocht man erst seit einigen hundert Jahren (weil es aus Amerika kommt): Kürbis, Mais, Paprikaschoten (vor allem die spitzen), Tomaten, Zucchini.

Woher kommst du...

...Kichererbse?

Einst kam ich über Indien in den Nahen Osten, wo mich die Ägypter kultivierten und die Heerscharen des Orients bis nach Spanien exportierten. Meine Schoten werden getrocknet und gedroschen, um an mich heranzukommen. Dann werde ich eingeweicht, zu Eintopf oder Hummus verkocht, zur Knabberei geröstet oder zu Mehl gemahlen. Mein Name? Den soll ich wegen meines Grinsens bekommen haben, das sich manchen unter meiner Spitze zeigt. Andere sagen, es ist die holprige Übersetzung meines französischen Titels »pois ciches« Nun denn, inshallah.

Nüsse & Früchte

Türkischer Honig oder türkische Früchte? Pinie oder Dattelpalme? Pistazie oder Granatapfel? Womit fangen wir an?

Den Trick mit dem frischen Gemüse hatten wir ja schon im Kapitel zuvor: Draußen vor dem Schaufenster laden uns Artischocke und Aubergine herzlich nach drinnen ein, wo wir dann noch ein paar Kichererbsen mit in die Tüte packen und zu Hause nun einfach orientalisch essen müssen. Weil das als erstes immer »Knabbern« heißt und es am Ende immer Obst gibt, machen wir das hier genauso und damit andersrum als beim Gemüse: Erst die Kerne, dann die Früchte – erst was Trockenes, dann das Frische.

Am Anfang was zu Knabbern

Es ist guter Brauch im Orient, zur Tasse Tee ein paar Pistazien, eine Hand voll geröstete Sonnenblumenkerne oder sogar ein paar gesalzene grüne Mandeln zu naschen, die allesamt die Magensäfte anregen und dazu noch ordentlich Eiweiß und gutes Fett geben, was bei der oft fleischlosen Küche im Morgenland überhaupt nicht schadet. Auch deswegen stecken Nüsse, Kerne und Samen in den süßen Zubereitungen des Orients wie dem Baklava und in pikanten Rezepten wie dem Tarator, einer Art weißem Pesto mit – je nach Region verschiedenen – Nüssen oder Kernen drin.

Ihnen allen bekommt es, wenn sie in der trockenen Pfanne oder auf dem Ofenblech geröstet werden, wodurch sich bei Haselnüssen und Mandeln die dunkelbraunen und etwas bitteren Häutchen leichter lösen. Noch besser geht das bei Mandeln, wenn die Kerne 4–5 Minuten in Wasser kochen, dann abgeschreckt und anschließend abgerubbelt werden. Nun noch 10–15 Minuten im 100 Grad heißen Ofen trocknen, fertig. Auch wenn es ein bisschen Arbeit macht, ist es besser, für Orient-Rezepte ganze Kerne zu nehmen und die dann entsprechend zu hacken oder zu mahlen. Für Plätzchen und Kuchen mögen vorgemahlene Haselnüsse und Mandelplättchen in Ordnung sein, aber spätestens im Dip oder Salat zeigt sich, wie wenig Aroma sie haben. Auch die Frische ist wichtig: In der Schale oder küchenfertig abgepackt in Tüte und Dose können die meisten Nüsse, Kerne und Samen zwar bis zu 1 Jahr bzw. bis zum Ende des Haltbarkeitsdatums überleben, wirklich gut sind sie aber nur im ersten halben Jahr, die etwas fetteren Pinienkerne sogar nur für 1–2 Monate. Einmal geöffnet können Nüsse und Kerne schon nach ein paar Tagen ihren Geschmack ändern, besonders wenn sie zerkleinert werden. Dann am besten in eine luftdichte Dose und in den Kühlschrank damit. Und: Nicht zu viel kaufen und alles verarbeiten was man hat.

Zum Schluss die stolze Frucht

Bei den Früchten sollte niemand sparen, der beim Essen ein Orientale sein will. Berge von Orangen, Hände voller Feigen oder eine gewaltige Wassermelone zeigen nicht nur Reichtum in der Wüste, sie erleichtern einem auch noch das Nachtischmachen. Ein Stück reifes Obst ist der stolze Abschluss eines orientalischen Mahls, vielleicht noch veredelt durch ein paar Tropfen Rosenwasser, einen Spritzer Zitronensaft oder etwas Honig. Oft kommt sogar schon eher was mit Obst auf den Teller. In der Küche des Morgenlands wird nämlich gerne Fruchtiges – also Süßes, Saures, Saftiges – mit Pikantem – also Scharfem und Salzigem – kombiniert. So werden in Persien Granatapfelkerne über Reis gestreut und in der Türkei wird Schafkäse mit Feigen serviert. Und so wie diese beiden Früchte für die persische und osmanische Küche stehen, so ist die Dattel ein Symbol für die arabische und eigentlich für die gesamte Orient-Küche. Mehr dazu ganz rechts.

Eine der schönsten kulinarischen Entdeckungen aus dem Morgenland sind die in der Mittagssonne gedörrten Trockenfrüchte, die einst den Nomaden in der tiefsten Wüste süße Stärkung gaben. Heute kann man getrocknete Datteln, Feigen, Aprikosen oder Trauben auch in vielen Kochtöpfen und Tajines des Orients finden. Bei uns stecken sie eher im Müsli oder Studentenfutter. Es kommt am Ende eben alles wieder zusammen – die Nuss mit der Frucht und der Orient mit dem Okzident.

Orient-Basics:

Nüsse & Kerne

Haselnüsse