Projekt Null - Teja Bernardy - E-Book

Projekt Null E-Book

Teja Bernardy

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Beschreibung

Führt die Suche nach einer globalen Ethik zum Ziel Weltfrieden? In einer Bestandsaufnahme aktueller Gesellschaft, ihrer jeweiligen religiösen Ethikkonzepte und Weltbilder wird das allen Religionen und ihren Heiligen Schriften innewohnende Gewaltpotential offengelegt. Am Beispiel christischer Religionen, besonders des Katholizismus, treten die inhärenten Friedenshemmnisse deistischer Ethik deutlich hervor. Suche nach Alternativen führt konsequent zu einem System globaler säkularer, auf Weltfrieden gerichteten ethischen Gesamtkonzeption. Frieden ist möglich! - Teja Bernardy, Jahrgang 1945, widmet sich nach einem erfüllten Berufsleben seit 2008 ausschließlich dem Schreiben. Einen Schwerpunkt seiner publizistischen Tätigkeit bilden gesellschaftliche Um- und Zustände der Gegenwart in der Gewißheit, diese in einer demokratisch verfaßten Gesellschaft abbilden zu dürfen.

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Teja Bernardy

PROJEKT NULL

Mit null Religion zum Weltfrieden

Von Religionsethik

zu säkularer

autonomer Ethik

Engelsdorfer Verlag

Leipzig

2016

Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Copyright (2016) Engelsdorfer Verlag Leipzig Alle Rechte beim Autor

Titelfoto: Friedenstaube © artfocus

Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

www.engelsdorfer-verlag.de

INHALT

Cover

Titel

Impressum

Vorwarnung

Ex und hopp

Herr von Paradies mit Gattin

GOTT ist die Krise

Zwei auf einem Pferd bei einer Keilerei

Theo-log(e), lügt, gelogen

Wahrscheinlich gar nicht wahrscheinlich

Mit tödlicher Sicherheit

Flüssiger als flüssig

Der Geist, der stets das Gute will und doch nur Böses schafft

Willensakt Glaube

So leget nun ab alle Bosheit und Heuchelei

Träum den unmöglichen Traum

Und mit solchen Dingen verbringen wir unser Leben. Und droben auf Wolken sitzen die Unsterblichen und lachen über uns.

(William Shakespeare)

VORWARNUNG

Theologie, ernsthaft betrieben, kann durchaus ernsthafte Wissenschaft sein, wahre und wahrhaftige Aussagen zu den unterschiedlichsten Religionen treffen. Religionen, wahrhaft am Menschen orientiert, sind eine zu ernsthafte Sache, als daß sie ausgerechnet ausschließlich bekennenden, praktizierenden Theologen vorbehalten bleiben dürften. Glaube, aufrichtig praktiziert, verdient, Theologen, Historiker und Wissenschaftler berichten ernsthaft, wahrhaft und aufrichtig die Ergebnisse ihrer Forschung, machen ihre Erkenntnisse seriös und ohne religiöse Nebenabsichten publik. Erst aber wenn Theologen den ihr Wissensgebiet betreffenden wissenschaftlichen Erkenntnissen die notwendigen Konsequenzen folgen lassen, gewinnen die jeweiligen Religionen echte Glaubwürdigkeit.

Statt dessen ist zu beobachten, daß und wie einzelne Glaubensbekenntnisse im Verrat an und in ihrem Auftrag unter Verleugnung historischer Faktizität und wissenschaftlicher Erkenntnisse unter Umgehung von Logik und kritischer Vernunft ihre institutionale Glaubenssachwaltung rechtfertigen, ihre Anhänger in Zweifel stürzen, dem Zweifel überlassen, mit Anspruch auf Glaubensgehorsam zum generellen Störfaktor des Friedens innerhalb der Weltgemeinschaft avancieren, sofern sie es durch ihr Glaubensinstitut selbst nicht schon immer waren.

Berühmt berüchtigtes Beispiel für die soeben getroffene Feststellung ist das Christentum, speziell der mit aggressivem Alleinvertretungsanspruch agierende Katholizismus römischer Prägung. Angetreten als Religion der Armut und Bescheidenheit, der Güte, der Gnade, der Feindesliebe, des Friedens, durchzieht das katholische Rom seit 2000 Jahren die Blutspur weltlicher Macht und krimineller Machenschaften. Offenbar gehört zur Festigung und Stärkung einer zentralen römischen Kurie unabdingbar Irreführung hin zum katholischen Christentum. Eine der paulinischen Errungenschaften.

Im nachfolgenden Text wird der Frage nachzugehen sein, ob Irrtume, Fehler, Lügen des Christenglaubens heilbar sind, ob Verzicht auf dieselben über die von Christenheit für sich reklamierten Evangelien hinaus gangbarer Weg hin zur behaupteten originären jesuanischen Botschaft, hin zum Frieden sein kann, vorausgesetzt, eine solche persönliche Botschaft ist über bloße Annahme hinaus verifizierbar.

Wie aber mag und kann ein Chronist, hervorgegangen aus einem im Exorzismus des Taufrituals unfreiwillig empfangenen, übergestülpten katholischen Christentum, letzterem nach Erstkommunion und Firmung dennoch recht zeitig entschlüpft, entkommen und doch eingefangen, eingebettet – embedded! – in den schrillen Kanon westlicher, angeblich auf einen im Off agierenden vorgeblichen Gott gründenden Werte, wie kann ein solcher Chronist innerhalb der Vielheit der Bekenntnisse einer Weltbevölkerung von mehr als sieben Milliarden Menschen zu einer objektiven Synopsis religionsfreier, von Religion befreiter Ethik gelangen, ohne an diese Aufgabe mit seinen vorgefaßten Meinungen heranzugehen, welche seinem Wesen und den Bezirken seiner persönlichen Erfahrungen entspringen? Wird darin nicht Scheitern zum Programm, provoziert Scheiterhaufen? Ist nicht das ausgerechnet der Weg, welcher als erste Wegmarken notwendig diejenigen Postulate gesetzt bekommt, welche glaubensnotwendig sind? Was Theologen recht ist, geziemt sich nicht für einen, wie sie es nennen, Laien! Andererseits ist der Laie frei, befreit von den durch Theologen zu Gunsten eines/ihres Glaubens gesetzten Beschränkungen, frei von in Gehorsamspflicht abgesoffenem Gebrauch der Vernunft, frei von allen religionslastigen Einschränkungen kritischer Rationalität.

In den Kulturkreis des Christentums und an solches gebundene westliche Werte hineingestellt, darin vom ersten Atemzug eingebunden sein, mit ihm aufwachsen, ihm verbunden sein – müssen? –, prägt das Wesen Mensch und dessen entscheidenden Denkmuster, verwebt Phrasierung aus Kategorien der überkommenen Religion in tagesaktuelles Formulieren, ist nur schwerlich von eigenen Glaubenserfahrungen zu trennen. Noch die gewissenhaftesten Theologen finden sich nur zu oft in der Falle wieder, das eine oder andere Zitat der beigezogenen sogenannten Heiligen Schriften und Wortquellen als unecht zu verwerfen, nur um es anschließend um so inniger in ihrer Argumentation als zutreffend oder gar geoffenbartes Gotteswort zu verwerten, in Glaubensgrundsatz, in Dogma zu überführen. Auch der nachstehend niederzulegende Text wird sich solchen Mechanismen und Gewohnheitsautomatismen nicht immer völlig entziehen können, nicht mehr an Klugheit „subjektiver Objektivität“ aufzubieten haben, als ein gewisser Voltaire vor 250 Jahren.

Um so sorgfältiger wird die redaktionelle Arbeit ausfallen müssen. Aus Gründen besserer Lesbarkeit und zum leichteren Verständnis wird im fortlaufenden Text auf einen wissenschaftlichen Apparat mit Rand- und Fußnoten sowie ergänzendem Zitatenanhang verzichtet, ist es doch nach 2000 Jahren Interpretation am und im Christenglauben inzwischen Sitte bis Unsitte, den Leser mit mindestens rund 100 Standardwerken und 600 bis 800 zu zitierenden Werken zu traktieren, ihm 100 und mehr Seiten Anmerkungen und Hinweise zuzumuten. So wird hier keine wissenschaftlich theologische Abhandlung folgen, sondern gewisse Aspekte des Glaubens und ihres geglaubten Gegenteils werden lediglich ‘populärwissenschaftliche’ Revue passieren. Angesichts der ‘unglaublichen’ Glaubenszumutungen wird hingegen auf eine gewisse Polemik, welche durchaus treffen, keineswegs aber verletzen soll, nicht verzichtet. Überhaupt sollen mit gegenständlicher Schrift keinesfalls die religiösen Gefühle Glaubender verletzt werden, welcher Religion auch immer. Zum Teil trauriger Ernst ungeheuerlicher Glaubenszumutungen mag andererseits entschuldigen, daß ihnen gelegentlich Satire mit gutmütigem Augenzwinkern widerfährt. Auch mit dieser Möglichkeit muß das moderne Christentum von vorneherein und immer rechnen, wie eben die beiden anderen monotheistisch prophetischen Religionen und Religion allgemein auch.

Solange die Beantwortung der Frage nach Gott Theologen überlassen bleibt, welche Gläubige, womöglich gar Priester sind, wird Gott nie die Wahrheit über sich erfahren.

EX UND HOPP

Vorausgesetzt, Gott existiert, wetten, daß Sippenhaft dann seine Erfindung ist? Sie muß es einfach sein! Mit allem Pi Pa Po: internationaler Gebrauchsmusterschutz, Urheberrecht, Patentrecht, Unrecht. Heute, nach in mehrtausendjähriger ungewisser Vergangenheit zurückliegendem Vergehen einer Frau und ihres Lebensgefährten, trifft nach Christenselbstverständnis Jahwes Sippenhaft mehr als sieben Milliarden Menschen. Aus jenen Zeiten, als Schlangen noch sprechen konnten, verkaufen Theologen als Vertreter jener drei israelitischen, monotheistischen, prophetischen Religionsauffassungen der Glaubens- und Restwelt einen angebissenen Apfel als einen aus aller Vergangenheit in alle Zukunft fortwirkenden und für alle jemals noch kommenden Menschengenerationen mit unendlicher Strafe belegten Sündenfall, Vergehen gegen einen gerechten(!) Gott. Und der Ruf der Schlangen ist sowieso für immer im Eimer!

Halt, Juden und Muslime wissen mehr von Gott, Adonai, Herr Zebaoth, Jahwe, Allah, denkt der Christ. Angeblich trauen sie diesem Gottwesen solche nachtragende Hinterhältigkeit bis in Sippenhaft nicht zu, oder sich den Glauben daran nicht. Warum aber gleich ihren Ahnen alle Menschheit aus dem Paradies vertrieben ist, wie sie sagen, seit mindestens 5777 Jahren bis heute ferngehalten wird, dazu hatten auch Juden und Muslime noch keine Gelegenheit, ihren gerechten, gütigen, gnädigen, allmächtigen, allwissenden, allgegenwärtigen Gott, Adonai, Herr Zebaoth, Jahwe, Allah zu fragen, bleiben so auch seine und ihre Antworten aus. Was Theologen der Christen ihren Gläubigen zumuten, sind nichts als Glaubenszumutungen, welche einem Gott, so er denn sei und dann auch noch gerecht, zu unrecht zugemutet werden. Was bleibt davon dem Menschen? Angst! Ist das christlich?

Bange machen gilt nicht. Bange machen ist unchristlich! Ist tatsächlich ein Körnchen Wahrheit enthalten in dem Genesis/Schöpfungsgeschichte genannten Bericht der Bibel, ist dieses merkwürdige Wesen Mensch eines, welches vernunftbegabt ist oder sein sollte. „Gottes Ebenbild“ und Angst? Vor wem oder was fürchtet sich dann der Allmächtige?

Na ja, vielleicht wäre Angst vor diesen in God we trust Atom- und Wasserstoffbomben produzierenden, chemische und biologische Waffen züchtenden Gespenstern der Gattung Homo sapiens nicht gänzlich unbegründet, nicht einmal für Gott. Im Zweifelsfalle geht Gottes Schöpfung durch seine Geschöpfe zum Teufel, nur ein anderes seiner Geschöpfe. Das hat er nun davon, von seiner Rachsucht. Nein, nicht der Teufel, Gott natürlich, obwohl er doch für Theologen so unfaßbar übernatürlich, gerecht, gnädig und barmherzig ist, daß sie es natürlich nicht fassen, nicht sagen können. Schweigen über das, was sie nicht sagen können, mögen Theologen natürlich auch nicht. Zumindest bei dem, wovon auch sie nichts verstehen, nichts wissen können, wollen sie mitreden, das letzte Wort haben, es vom Anfang wegnehmen, wo es war.

Angebissene Äpfel als Zeichen für Produkte der Informationstechnologie sind gerade en vogue. Ein einziger angebissener Apfel auf immer Menschheitsverderber, Informationsträger ewiger Verdammnis? Da ist der Wurm drin, bis ganz oben auf die Tiara! Aus dem Lapsus Adami, dem Fehler Adams, seiner zweiten Frau Eva zu liebe auch in den sauren Apfel gebissen zu haben, machen Christen das, was sogar Juden und Muslimen sauer aufstößt: peccatum originale, die Erbsünde, ewige Verdammnis, die Hölle auf Erden und darüber hinaus. Mein Gott, August, mußte das wirklich sein? War das nötig?

Allerdings ist der Gedanke einer grundsätzlich gegenüber Gott mit Sünde belasteten Menschheit ursprünglicher Glaubensinhalt israeltisch-jüdischer Religion und des Zoroastrismus. Auch wenn noch nicht entschieden ist, welcher der angebissenen Äpfel der Menschheit letztendlich mehr schadet, Apple ist schließlich Apfel, Adams Apfel hat seit nunmehr zweitausend Jahren wesentlich mehr auf dem Kerbholz, als nur eine virtuelle Sünde für alle aus dem verpfuschten Apfelmahl. Als Zeichen weltlicher Macht krönt die nun Reichsapfel beschimpfte Frucht des Sündenfalls die Tiara, Krone des Papstes, steht für all das sündige Unheil, welches Päpste anzurichten verstehen. Theologen einer sogenannten Christenheit schaffen es dann noch locker, für alle aus libidinöser Zeugung hervorgegangenen Nachfahren Adams und Evas alle von Gott geschaffene Libido samt Sexualität für sein „Seid fruchtbar und mehret euch“ als Satanswerk zu verteufeln, zu verleumden, der Erbsünde erst den richtigen Kick zu geben. Nach aller Schöpfung ein verspäteter Senkrechtstarter. Vor allem ein übler Schimpf für den Allmächtigen!

Nur Lilith, jener Reklamationsfall aus Gottes Kollektion, ist fein raus. Zu der verhängnisvollen Apfelparty hatte die Schlange sie ohne langes Winden erst gar nicht gebeten. Sie wird schon gewußt haben, warum nicht. Adam hatte seine durch Gott rechtskräftig von ihm Geschiedene nicht nur nicht eingeladen, sondern seine Ex noch während der Gewährleistungsfrist vor Ablauf der Garantie an Gott zurückgegeben, da wegen fehlenden Gehorsams nicht zum bestimmungsgemäßen Gebrauch geeignet. Ex und hopp! Und Eva? Warum hätte sie ausgerechnet ihre Rivalin, ihre Vorgängerin einladen sollen? Ein (1) Apfel zu dritt? Und wer macht hinterher den Abwasch? Ziemlich schnippisch und … klug soll sie ja auch gewesen sein, Adams Ex, Fräulein Lilith.

Frisch geschieden und unter der Prämisse ehelicher Treue für Adam, was für Eva selbstredend gar nicht erst gilt, bleiben für Fräulein Lilith sexuelle Freuden tabu, bleibt sie Fräulein, ist der Überlieferung nach offensichtlich die erste zölibatäre Frau, das erste Menschenwesen überhaupt, welches zur Asexualität mangels Partner und Gelegenheit gelöbnisfrei verurteilt, verdammt wird, einfach nicht mehr erwähnenswert, obwohl sie mit der Schlange kein Wort geredet hat, soweit sich das aus den fehlenden Bild- und Tonaufzeichnungen und zahlreichen sehr ungenügenden, nur äußerst mangelhaft abgeschriebenen schriftlichen Aufzeichnungen rekonstruieren läßt.

Fügt ein gewissenhafter Chronist die Mythen des Pentateuch mit den alten Mythen der Hebräer und Mesopotamiens zusammen, beobachtet dabei die Auffassung vom Wort Gottes in der Torah, hat für die Dame Lilith diese mehr oder weniger verordnete Lebensweise allerdings recht wundersame Folgen. Während Adam und Eva wegen ihrer Dummheit sich anziehen und aus dem Paradies ausziehen müssen, widerfährt Fräulein Lilith Verbannung wegen Klugheit und wegen ihres Freiheitsdrangs, erfährt niemand etwas über ihre Bekleidungsgewohnheiten und modischen Einfälle. Auf sehr törichte Weise, durch einen Fluch soll ihr Freiheitsdrang gebändigt werden, wird ihr alle Emanzipation ausgetrieben. Durch den meschuggenen Fluch wird sie gezwungen, immer wieder Kinder zu zeugen. Adam kommt für dieses Geschäft bekanntlich schon vorher und jetzt erst recht nicht in Frage. Männer sind Mangelware, frei nach Gottlob Frege in der Menge Null. Ohne ihm zu nahe treten zu wollen, Jahwe, sofern er Manns genug ist, hat sich also mit dem Fluch wohl selbst reingelegt. Für solche Fälle hält er sich dann ja immer noch den heiligen Geist, behaupten Theologen zumindest am Beispiel Marias. So empfangene Leibesfrucht hat aber offenbar keine besonders hohe Lebenserwartung, aber ein frühzeitiges Verfallsdatum.

Einerseits kennt also zumindest der heilige Geist ihren Verbannungsort, andererseits muß Lilith die jungfräulich gezeugten ‘geistlichen’ Nachkommen immer wieder töten. Wie das mit dem Verstand des lieben Gottes ist, schlicht Jahwe genannt, weiß natürlich niemand, läßt sich nicht einmal vermuten. Von Vernunft kann da selbstverständlich absolut keine Rede sein. Der Fluch selbst und der daran gebundene Plan samt Ausführung sind zweifelsohne teuflisch, und das ist noch untertrieben. Wer, außer Jahwe, kommt nur auf solche höllischen Ideen? Na ja, wenn schon die Hölle seine Idee ist …

Jedenfalls haben seither wegen eines einzigen angebissenen Apfels nach Auffassung der Theologen der Christen alle Menschen – außer Fräulein Lilith natürlich! – den ererbten Sündenmakel an der Hinterbacke, und nur Christen mit Biß wissen, wie man den bis dahin mindestens 3777 Jahre alten Fleck wieder los wird, abwäscht. Aber das ist eine ganz andere Geschichte ohne chemische Reinigung, ohne Clementine und Ariel. Irgendwie geht sie mit dem Teufel zu, wissen Theologen der Christen und ihre dafür extra ausgebildeten Exorzisten, in medizinischen und psychologischen Wissenschaften geschult, Theologen mit Biß, quasi auf neuestem Stand der hexenbesenrein Technologie aus dem Kompetenzzentrum Rom, designed by Ratzinger.

Ob Adam und Eva das Paradies nach dem Sündenfall besenrein verlassen haben, überliefern die alten Berichte nicht. Wäre ja auch noch schöner, angesichts einer biblischen Geschichte, die zu schön ist, um wahr zu sein! Zusammenpassen will davon eigentlich nichts: Wie kleine, altkluge Kita-Besucher mit Knete hantieren, Männchen formen, so bastelt der Allmächtige einen Lehmling, bläst ihm Atem ein, und schon lebt die Figur, bekommt, der Teufel weiß woher, eine gewisse Lilith zur Frau, welche dem Adam genannten Lehmling nicht taugt, weshalb solch Weib postwendend entsorgt wird. Niemand weiß wohin. Und überhaupt: Rest- oder Sondermüll?

Ganz nebenbei hat dieser Moses mit der Genesis seinen Jahwe nicht ganz ernst genommen, ihm und der von IHM installierten Mutter Natur gewaltig ins Handwerk gepfuscht, wird doch nicht der Mann durch die Frau geboren, sondern die Frau wird aus dem Manne geschaffen. Mit dem Griffel des Moses verliert die Schöpfungsordnung jeden positiven Wert. Wer weiß schon, wie sehr Moses sich abgestrampelt für den Genesis genannten ersten Teil seines Pentateuch, die Schriftrolle dann auf Blechdose gezogen hat? Das alte Spiel vom Igel und Hasen: Pandora war schon da, hat die erste Büchse für sich reklamiert, mit dem Dosenöffner alle Laster, Untugenden, Arbeit, Krankheit, Tod aus der Enge des Blechbehältnisses befreit, auch noch den schäbigen Rest, die Hoffnung genüßlich herausgekratzt, weshalb sich der Hyperboreer Nietzsche prompt über den Betrug, über die Verlängerung der Qual lauthals beschwert. Bei wem bloß? Bei Moses, Gott, Pandora?

Für die restlichen vier Bücher des Pentateuch besteht jedenfalls, soweit solch Zeug bekannt ist, allerhand, nur keine Zeuge, Hoffnung sowieso nicht. Eingebunden in den Tanach, die hebräische Bibel der Israeliten, hoffnungslos heillose Verwirrung, Vermengung, Verschwägerung ägyptischer, fernöstlicher, arabischer, persischer, griechisch-römischer Mythologien und Philosophien, hinein- und zusammengerührt in völkische Geschichte und Sippschaftsgeschichten eines nomadisierenden, kriegerischen Arabervolkes im nahtlosen Übergang vom Menschenopfer zum Tieropfer, zum Rauchopfer, vom Polytheismus zum Monotheismus, für heillosen, hoffnungslosen Auserwähltheitsanspruch, bleibt Polygamie durchaus gängiges Programm. Zwei Mal Dauerkonserve mit längst überschrittenem Verfalldatum. Blechernes Geschepper der fünf Büchsen aber begleitet seither die Welt, ist nicht zu überhören, hält sie in Atem, nimmt ihn ihr. Zuvor aber waren Adam und Eva wegen eines Apfels aus dem Paradies vertrieben worden. Einfach nur so: ex und hopp. Ein weites Feld für Vertriebenenverbände, für Vertriebenenfunktionäre wie Erika Steinbach, 1943 in Rumia in Polen ans Licht gekommen, und Bernd Posselt, geboren 1956 in Pforzheim in der Bundesrepublik Deutschland. Noch in 5777 Jahren, gerechnet ab 8. Mai 1945, werden sie über ihre Vertreibung jammern, die für sie persönlich gar nicht stattgefunden hat. Das ist es, was Adam und Eva versäumt haben: aus ihrer Vertreibung Kapital zu schlagen, einen Beruf zu machen: Die ersten Berufsvertriebenen der Geschichte.

... unschuldig ist nur Gott

(Jakob Wassermann: „Caspar Hauser oder die Trägheit der Herzen“)

HERR VON PARADIES MIT GATTIN

Vegane Ernährung, glaubt man Gott beziehungsweise seinen Theologen und ihren historischen Berichterstattern, ist seit Menschengedenken eine wenig bekömmliche Ernährungsweise, ging doch schon die erste überhaupt dokumentierte Mahlzeit, veganes Picknick im FKK-Garten Eden, nach nur einem ersten Bissen trotz ausschließlich Rohkost gründlich in die Hose, obwohl die noch gar nicht erfunden war. Nein, nein, Montezumas Rache blieb aus. Auch wird glaubhaft versichert, es habe nicht am Reifegrad der Baumfrucht gelegen, sondern mehr an demjenigen der Konsumenten. Unzweifelhaft war jedenfalls Rache auch mit dabei, wurde doch der Schlüssel zum Paradies wieder einkassiert, endgültig. So gründlich wurde der Schrebergarten Gottes abgesperrt, zugenagelt, verbarrikadiert, der Schlüssel weggeworfen, daß seither nicht einmal Zaungäste einen Blick hinein tun konnten. Schotten dicht bis zum Jüngsten Gericht!

Ein gewisser Hieronymus Bosch hat sich zwar nicht mehr direkt an den Garten Eden erinnert, dennoch irgendwie einen Blick durchs Schlüsselloch erwischt und mit flottem Pinselstrich festgehalten, wie es jenseits des Zaunes zugeht, während der Rest der Menschheit jenseits von Eden weilt. Sieht alles eher nach einer schlecht organisierten FKK-Anlage aus. Klar doch, immer eitel Sonnenschein und keinerlei Schatten. Keine Sonnenschirme, keine mit Handtüchern extra reservierte Liegen, nicht einmal sanitäre Einrichtungen, kein Komfort, keine Unkleidekabinen, auch nicht wenigstens eins (1) von diesen transportablen Toilettenhäuschen, wie heute in jedem noch so schäbigen Flüchtlingscamp. Hygiene wird jenseits in Eden offenbar sehr klein geschrieben. Der Eisverkäufer war noch nicht da oder ist schon wieder weg. Trotz oder wegen Sonnenscheins fällt das Barbecue aus. Soweit das Auge reicht, ist nichts von all dem Zivilisationsgedöns zu sehen. Dafür den Namen Paradies? Was haben Namen mit übler Nachrede zu tun?

Apropos Namen: Die aus dem Garten Eden Vertriebenen, das Paar Adam und Eva braucht nach der mißglückten Dinnereinladung selbstverständlich jetzt eine ladungsfähige Anschrift wegen Umzug in die beste aller Welten, zumindest also einen Familiennamen, sonst geht da, wo jetzt endlich die Post abgeht, die Post womöglich als unzustellbar zurück. Und bis die neuen Klamotten fertig sind, auf die Schneider ist heutzutage auch kein Verlaß mehr, behilft man sich mit Feigenblättern. Ja, aber der Familienname? Na ist doch simpel, einfach nur nach Herkunft, wenn sie doch schon von dort kommen, vom Paradies. Bißchen was hermachen soll er ja schon, der Name. Was sollen sonst die Nachbarn denken? Macht man aus Vom ein Von. Wirkt wirklich edler auf dem Klingelbord, auch auf den Visitenkarten und künftigen Dinnereinladungen: Herr Adam von Paradies mit Gattin Eva geben sich die Ehre … Na, ist das nichts? Und gelogen ist es auch nicht.

Ach, damals hatten Adam und Eva vom Paradies gar keine Nachbarn? Türglocken waren unüblich? Schneider gab es auch nicht? Dinnereinladungen waren nicht en vogue? Papier war noch gar nicht erfunden? Nicht einmal Stempeldruck gab’s? Nur Händedruck! Post gab es nicht, kein bißchen gelbe Bundespost? Ämter waren unbekannt? – Absolut nicht zu glauben! – Anschriften waren unüblich, weil überflüssig? Sie ist aber doch voller Wunder, die Bibel, Tanach, Torah, der Pentateuch. Und Wunder helfen aus Beweisnot. Nur weil von den hier aufgezählten Wundern Moses (noch) nichts gewußt hat, läßt sich so etwas doch nicht einfach bestreiten. Bestimmt gab es damals schon Mobiltelefone. Jedenfalls hat man bei den archäologischen Ausgrabungen keinen Kupferdraht gefunden. Also müssen Herr und Frau von Paradies sich per Handy verabredet haben.

Ja, ist ja gut, der vorletzte Absatz ist absoluter Nonsens. Der danach auch. Läßt sich leicht zugeben. Wer würde aber freiwillig zugeben, was da im Pentateuch verzapft ist, sei nicht nur auch nicht besseres Zeug, sondern noch größerer Mumpitz? All die Ungereimtheiten und Widersprüche werden doch als wahr, als Gottes Wort verkauft. Die Bibel ist das meist gedruckte, meist gekaufte Buch der Welt. DER Bestseller! Gelesen wird natürlich ganz was anderes. Theologen der judaistisch monotheistischen Religionen bemühen sich seit 5777 Jahren, das Zeug aus dem Pentateuch als dernier cri, als letzten Schrei zu verkaufen, als wahr, als glaubhaft, als göttliche Wahrheit, von der Laien sowieso nichts verstehen. Der obige unsinnige Absatz mit seinen nur 147 Wörtern und ein paar Satzzeichen in einer 12 Punkte Schrift ist doch im Vergleich zu den 905 doppelspaltigen Seiten in 8 Punke Schrift vom Ersten Buch Moses bis zum letzten Punkt von Maleachi 2.3.24 nur Fliegendreck. Dazu noch das sogenannte Neue Testament! Wenn mit 147 Wörtern schon so viel Unsinn erzählt werden kann, wieviel mehr Unsinn läßt sich dann auf 1194 doppelspaltigen Seiten in 8 Punkte Schrift der Bibel unterbringen? Damit das nicht auffällt, sind Theologen unabdingbar! Ändert es etwas daran, daß sich im Grunde niemand auf die biblischen Ungereimtheiten einen Reim machen kann, nicht einmal Gott?!

O ja, was die Menschen wollen, glauben sie zu gerne! Aber Gott? Und wollen die Menschen wirklich so intensive Märchenstunden, verpackt als Religion, Glaube, Konfession? Hätten die Erzähler nicht ein bißchen näher an der Wahrheit bleiben können, bleiben müssen? Bildliche Sprache hin, Metaphern her, eine verständlichere Sprache, ein logischeres Erzählkonzept, eine saubere Trennung zwischen Glaube und Politik, zwischen Religion und Staat, zwischen Geschichte und Geschichten, zwischen Vergangenheit und Gegenwart, welche natürlich auch schon längst wieder Geschichte ist, hätten der Bibel nicht geschadet. Heldensagen und Familiengeschichten einfach durcheinanderrühren und dann gut verquirlt an zwölf genealogische Stammbäume anketten, ist keine wirklich freie Erzählweise. Orientalische Fabulierkunst gibt ihren Senf dazu, gibt dem ganzen den Rest, bildet für Theologen aller Konfessionen Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Nur die Wahrheit erfährt der geneigte Leser nicht. Von den Theologen sowieso nicht. Also einerseits ist’s nicht das Wahre, nicht das Gelbe vom Ei, hartgekocht auch nicht vom Osterei, das Wort Gottes. Läßt sich nicht andererseits doch etwas Wahres aus alledem erfahren?

Vermutlich weiß die Welt wesentlich mehr über das Liebesleben der Ameise und deren Begattungsakt im Freien, als über dasjenige von Herrn und Frau von Paradies. Hinsichtlich eines irgendwie notwendigen und unumgänglichen Inzestes zwischen der Stammutter Eva und ihren mit Adam gezeugten, nicht immer braven Nachwuchs bleiben auch nur Vermutungen und ein ungutes Gefühl. Wo kämen wir auch sonst hin? Vor allem, wo kämen wir sonst her? Ganz zu schweigen davon, wie Adam sich dabei gefühlt haben mag. Besonders herzlich waren die Familienbande derer von Paradies wohl auch nicht, endete gar Bruderliebe mit dem ersten Brudermord. Allerdings war es bis zu den Gesetzen des Moses und „Du sollst nicht töten“ noch eine Weile hin. Unwissenheit schützt freilich vor Strafe nicht, erfuhr Kain in der besten aller Welten. So war es ja schon seinen Eltern in paradiesischen Zeiten ergangen. Freilich wußten sie, Äpfel stehlen ist verboten. Woher aber hätten sie wissen sollen, daß der Hausmeister so maßlos überreagiert? Den hatten sie bis dahin doch nur als huldvoll, gütig, gnädig gekannt. Nicht gerade der sprichwörtliche Übermensch eines Nietzsche. Mehr eine Art Übervater, Großvater. Gott Jahwe eben und in Wahrheit ein eifernder Choleriker. Soviel Aufhebens um einen einzigen Apfel? Geht’s noch? Als käme Jahwe mit einem Apfel weniger nicht über den Winter.

Um den einen Apfel geht’s doch gar nicht. Es geht ums Prinzip! Und das geht so: Das Eigentum an einer Sache steht dem Eigentümer zu. Also geht die Sache niemand anderen etwas an. Setzt sich nun ein anderer in den Besitz dessen, was ihn nichts angeht und Eigentum eines anderen ist, verstößt er damit gegen die dem Eigentum eigene Gesetzmäßigkeit, andererseits gegen die Verhaltensrichtlinien, den anderen nicht in seinem Besitz zu stören. Nimmt jemand einem Eigentümer dessen Eigentum weg, hat der Nehmende zunächst einmal den Gewinn davon, auch wenn er die Verhaltensrichtlinien und Gesetzmäßigkeiten kennt. Dem Eigentümer entsteht hingegen Schaden. Für beides muß gezahlt werden. Geld war aber noch gar nicht erfunden. Doch soweit sind wir noch nicht, kommt doch hier erst einmal Familie von Paradies ins Spiel, bis dahin noch ohne Von.

Jener Eigentümer des Garten Eden hat ihnen sein Eigentum mit allem drin, drum und dran kostenlos übertragen, bis auf den einen Apfelbaum. Damit werden Adam und Eva Eigentümer des Schrebergartens, … bis auf den einen (1) Apfelbaum. Dessen Eigentümer hatte sie zudem ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, Baum und Früchte bleiben ausschließlich sein, sind tabu. An nichts fehlt es dem jungen Paar, Adam und Eva, sieht man einmal von Einsicht und der notwendigen Bekleidung ab, die in einem FKK-Gelände so notwendig wie ein Kropf ist. Ein Paar, mit allem ausgestattet, was Herz und Gaumen begehren, mit dem guten Rat und den Mahnungen des Apfelbauern hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse wohl versehen, hätte nun auch noch gerne den Apfelbaum. Immerhin steht er ja in ihrem Garten, quasi auf ihrem Grund und Boden. Darüber hinaus geht von den reizvollen Früchten des Baumes der Reiz der Verlockung aus. Diese Farben! Die perfekten Rundungen. Welch lieblicher Duft! Tolles Aroma! Tolle Versuchung, bevor es doch wieder nur Schokolade gibt!

Und hier kommt endlich die Schlange ins Spiel, oder das, was im Islam Djihad heißt: der innere Kampf mit der Stimme der Vernunft oder doch nur der Versuchung, und das Drehen und Winden um Ja oder Nein, dieses sich Hindurchschlängeln zwischen Willen und Wissen und Tun und wider besseres Wissen. Als erstes meldet sich die Erkenntnis, fremdes Eigentum kann man nehmen. Über die Art der Ausführung zu solchem Tun büschelt sich ein Strauß von Gelegenheiten auf, von offen bis heimlich, von mit oder ohne und wenn mit, mit wieviel Gewalt. Dann noch die Frage, gleich den ganzen Baum, nur alle Früchte, oder nur mal erst einen Apfel als Versuch? Entscheidend aber bleibt, wer den Djihad, wer die Schlacht gewinnt, welche der inneren Stimmen den Ausschlag gibt. Im gegenständlichen Falle muß ein Apfel dran glauben, weil Adam und Eva die Folgen einfach nicht glauben wollen. – Ein erster Fall von fehlendem Glauben? – Nach allem Drehen und Winden reift die Erkenntnis, Äpfel kann man stehlen, macht Gelegenheit Diebe. Gegenüber der Begierde, dem Habenwollen fremden Eigentums zieht das Eigentumsprinzip den kürzeren. Gier nach Besitz, die Gier nach allem in beiderlei Sinn des Wortes bestimmt das Tun. Unzufriedenheit mit dem, was ihnen schon alles gehört, ihnen aber nicht alles gehört, raubt ihnen den Frieden ausgerechnet mit demjenigen, dem sie alles verdanken, sogar ihre Existenz und den Schlüssel zum Schrebergarten. Indem das Prinzip des Eigentums gestört, verletzt wird, erhält mit der Gier als Gewinner das Prinzip des Unfriedens Vorrang, wird zum ständigen Begleiter. Es ist das, was bis heute wirksam ist, den Frieden, den Weltfrieden verhindert. Esra Pound hat es auf die kurze Formel gebracht: Usura!

Hätten das die Verfasser der Bibel, des Pentateuch, der Genesis nicht gleich sagen können? Dafür dieses Schöpfungsgeschichtengedöns und der Umweg durch den Apfelgarten? Dafür Vertreibung aus dem Paradies und Brudermord, nur eine andere Art von Unfrieden aus Usura? Warum so wenig Erkenntnis nach dem Frevel am Baum der Erkenntnis? Eigentliche Erkenntnis ist wohl, Streben nach fremdem Besitz, nach dem, was anderen gehört, bedeutet inneren Unfrieden, Unfrieden nach innen und außen. Wichtigste Erkenntnis aber ist doch vor allem, jeder hat in sich die Möglichkeit zum Frieden, kann mit sich im inneren Kampf, im Djihad prinzipiell die Mutter aller Schlachten, kann Frieden gewinnen, und Gott Jahwe darf in Gottes Namen seine Äpfel behalten. Alle!

Für diejenigen, welche sich solcher Erkenntnis verschließen, aus welchen Gründen auch immer, hat seit Adam und Eva nichts stattgefunden, ist die falsche Entscheidung allenfalls Begleiter, Fortsetzung des Lapsus Adami, billige Kopie des peccatum originale, aber nur aus jeweils freier persönlicher Entscheidung, aus freiem Willen. Nicht ererbt! Kein Makel des Menschengeschlechtes! Der Djihad, der innere Kampf läßt sich gewinnen. Friede läßt sich gewinnen. Dazu Theologen, die Waffen segnen? Im Verrat am Auftrag haben solche Theologen ihren persönlichen Djihad schon verloren, bevor sie den Kampf mit sich selbst angenommen haben. Wahrheit, welche sich in der Bibel, in derjenigen der Israeliten wie der Christen finden läßt! Im Koran des Islam auch.

Nur so am Rande: Ist er nicht allmächtig, nicht allwissend, dieser bei Moses Jahwe genannte Gott? Hätte er es nicht wissen können, nicht wissen müssen, wie der Hase läuft, wie die Sache ausgeht? Ist bei ihm nicht alles aufgezeichnet vom Anbeginn bis in alle Ewigkeit? Einfach nur das große, schlaue Buch aufschlagen und nachlesen. Nein, nicht auf der Seite, die immer fehlt. Schon richtig hingucken unter ‘Karma’ und ‘Kismet’ oder Schicksal. Was ist nun vorbestimmt? Oder hat er sich einfach nur selbst auf den Arm genommen, dieser Jahwe? Wirklich spaßig wäre das wirklich nicht, bei dieser Geschichte mit so furchtbar tierischem Ernst.

Ausgerechnet solche Wahrheiten wollen religiöse Führer und Verführer natürlich nicht finden, spielen sich als Herren der Gewissen ihrer Gläubigen auf, reklamieren für ihre Religion den Wertekanon, den schon der sogenannte Schöpfer seinen sogenannten Geschöpfen, zwei Einzelwesen, Frau und Mann, mitgegeben hat, wie das Buch der Bücher erzählt, jenes Buch, auf welches sich Israeliten, Christen, Moslems nachdrücklich berufen. Jenes Buch, welches von Mord und Totschlag, von Völkermord nur so wimmelt. Jenes Buch, um dessentwegen sich die Gläubigen des Judentums, der Christenheit und des Islam erbärmliche, erbitterte Schlachten geliefert haben, unter Berufung auf dasselbe immer noch liefern. Alles nur, weil Rabbiner, Kleriker der Christen und des Islam den eigenen Schweinehund nicht bezwingen können, den inneren Krieg, den Djihad regelmäßig verlieren, mit der Schlange im Kopf scheitern, immer wieder den Kopf verlieren. Ach, es ist ein echtes Kreuz, und niemand weiß, ob nur mit diesem Gott Jahwe, mit seinem Bodenpersonal, oder doch nur mit seinen Gläubigen. Kann das gut gehen?

Wer bisher daraus gelernt hat, das männliche (Un)Wesen sei Eheherr und Gebieter, dem die Frau um der Sündentat Evas willen unterworfen sein soll, gehört zu den Verworfenen, welche für den Scheiterhaufen der Geschichte vorbestimmt sind. Kismet!

Libenter homines id quod volunt credunt. - Das, was die Menschen wollen, glauben sie zu gerne. -

(Gaius Julius Caesar)

GOTT IST DIE KRISE

Das Menschenbild auf Grundlage der Überlieferungen der drei judaistisch prophetisch monotheistischen Religionen gaukelt mit Wörtern vor, der Mensch sei geschaffen als Gottes Ebenbild. Solchem Gedanken folgt die kindlich naive Annahme, seiner äußeren Erscheinung nach und nach seinen Eigenschaften gleiche der Mensch GOTT, der sich wiederum nur durch Allmacht und Allwissenheit vom Menschen unterscheide. So nimmt es nicht wunder, daß entgegen wörtlicher Weisung, deren Ursprung und Offenbarung Gott, so es ihn gibt, zugeschrieben wird, Menschen diesen Gott als ein menschliches Wesen, als gütigen, milden, verklärten, bärtigen Großvater darstellen und hierin bereits einen ersten grundlegenden Fehler begehen: Alle bildliche Darstellung der Monotheisten zeigt GOTT als physische männliche Person. Zu allem Überfluß zeigt die bildliche Darstellung diesen Mann-Gott in den unterschiedlichen Kulturkreisen in spezieller Zugehörigkeit zur jeweiligen Volksgruppe, behaftet mit jeweils deren physischen Unterscheidungsmerkmalen nach Gattung.

- Grundsätzlich ließe sich solcher Darstellung Rassismus unterstellen. -

Wie kann GOTT, der Menschen nach SEINEM Bilde schuf, maskulin sein, schuf er doch nach eben gleicher Überlieferung und gleichem Bild auch das weibliche Menschenwesen. Die Frau, Schöpfungsakt aus und nach Gottes Bild!? Wie kann Gott afrikanischer, asiatischer, europäischer, südamerikanischer Gestalt, Wesen einer Ethnie sein, beruht doch die Entstehung der Arten und aller daraus abgeleiteten ‘Rassen’ auf einem einzigen Schöpfungsakt vor rund 5.777 Jahren, glaubt man dem monotheistischen Urtext der Bibel und darin und darauf gründender judaistischer Zeitrechnung. Nach Gotthold Ephraim Lessing: Die Natur weiß nichts von dem verhaßten Unterschiede, den die Menschen unter sich gesetzt haben. Wenn schon die Natur nichts davon weiß, wie soll es Gott dann wissen? Selbst Darwins Auffassung entwicklungsgeschichtlicher Entstehung der Arten führt im Kern auf einen einzigen, allen gemeinsamen Ursprung zurück. Humangenetik scheint aus DNA-Strukturen abstammungsgeschichtlich einen allen Menschen gemeinsamen Ursprung zu bestätigen, der Evolutionstheorie Darwins zuzustimmen. Sollte nicht alle Deutung der überlieferten Schrift in jenem besonderen Schöpfungszitat nicht mehr und nicht weniger transportieren, als daß jener Gott, so es IHN gibt, die Menschen nach jenem Bilde erschaffen habe, welches ER sich von ihm, den Menschen macht, nach seiner Vorstellung und Einbildung zu Mann und Frau schuf, bis in die vielgestaltige Unterscheidung innerhalb kontinentaler Lebensräume sich entwickeln läßt, Menschen IHM und untereinander sich darin und grundsätzlich in nichts gleichen?! Statt dessen diktieren Menschen GOTT das physische und psychische Bild zu, welches sie sich von IHM machen. Fraglich ist, ob zu solchem Denken die Glaubenszumutung der biblischen Schöpfungsgeschichte, wie sie in der Genesis vor uns steht, so dringend erforderlich war. Bis zu jenem Jahre Null der zu glaubenden Welterschaffung lebte nichtjüdische Restwelt ohne solchen Glauben. Nichtjüdische Restwelt kommt auch heute ohne den Mythos und den Glauben daran aus, einmal abgesehen von Christen und Moslems. Doch sind auch letztere zuerst, zuletzt und ausdrücklich unter Berufung auf das alte Testament Teil jüdischer Welt.

Wo GOTT nicht und nie dem Bild entspricht, welches Menschen sich von ihm machen, glauben, es sich von IHM machen zu können, ist Gott die Krise … des im Judenglauben verwurzelten, monotheistisch gläubigen Menschen! Über diese Krise hinaus hat Gott viele Namen.

Unter jeweiligem Gottesnamen ist eine jeweilige Gruppe von Menschen mit Religion beschäftigt, ohne daß sie diese Religion im eigentlichen Sinne willentlich gewählt hätten, ohne aber auch zu wissen, ob ER sie für sie erwählt hat. Nur eine andere Form der Krise unter dem Signet einer jeden Religion und des IHM von ihr zugemessenen Gottesnamen nebst Eigenschaften. Glaube und Unglaube unterscheiden sich, wie schon Al-Hadsch anmerkt, im Hinblick auf den Namen; aber im Hinblick auf die Wirklichkeit gibt es keinen Unterschied zwischen ihnen. Entsprechend sind Judentum, Islam, Christentum und andere Religionen nur verschiedene Beinamen und unterschiedliche Benennungen; das damit Bezweckte aber ändert sich nicht, ist nicht verschieden.

Absolute Unfähigkeit des Menschen, GOTT zu denken, nicht zuletzt dokumentiert in aller bildlichen Darstellung bis hin zum Gekreuzigten, nimmt zugleich dem Menschen die Beziehungsmöglichkeit zu einem persönlichen und/oder ideellen, zu einem erfahrbaren Gott. An Wahrnehmung mit Sinnen, Erfahrung, Begegnung, Emotion und bedingt metaphysische, nicht verifizierbare Erscheinung gebundene geistige Welt des Menschen vermag die Barriere zu einem abstrakten Gottwesen weder rational noch emotional noch spirituell zu überwinden. Über allerlei phantastische Glaubensvorstellung versucht der Mensch die emphatische Idee eines Gottes zu erhalten, zu unterhalten. In scheinbar dialektischer Auseinandersetzung wird mit den Gesetzen der Logik unternommen, Geglaubtes als Seiendes zu identifizieren, zu verifizieren, ein Paradoxon jeder Glaubenslogik. Auf diesem Wege verselbständigt sich Sinngehalt des Wortes, wird über Logik gestellt, führt zum immer wieder erneuten und erneuerten Zirkelschluß. Erst Phantasie des Menschen gebiert GOTT in einer gedanklichen, in einer körperlichen, anthropomorphen, in darstellbarer Form. Damit ist jede als gültig angenommene bildlich/figürliche Darstellung Gottes Phantasiegeburt, Trugbild, Goetze, rein virtueller Gegenstand einer nicht erfahrbaren, unsichtbaren, nicht verifizierbaren Personalisierung. Aus Darstellungsunmöglichkeit heraus folgt Beziehungsunmöglichkeit. Unmöglichkeit persönlicher Begegnung drängt das erdachte Bild Gottes trotz und gegen Glauben zurück, bleibt dem Gläubigen mithin jede Form Gottes verborgen, bleibt Erkenntnis versagt. Folgt Glaube Gott konsequent im Darstellungsverbot für GOTT, verliert die abstrakte Vorstellung jede Visualisierungsvariante. Indem Gott so mit keinem der menschlichen Sinne wahrnehmbar, auch nicht kraft Phantasie gestaltbar wird, bleibt ER unvorstellbar. Wo es dem Menschen an Vorstellungskraft über Gott gebricht, wird GOTT undenkbar, ist Schweigen Gebot; und doch setzt Glaube explizit solche Denkbarkeit voraus, liefert Denken dem Mystischen aus. Zu dem einen GOTT und/oder jeden anderen Gottheiten fehlt es damit an jeder mit Sinnen wahrnehmbaren, visualisierbaren oder vorstellbaren Personalisierung, auch jeder ideellen Vorstellbarkeit, virtuellen Personalisierung. Selbst Glaube steht in Frage.

Glaubenslehre der alttestamentarisch judaistischen Monotheisten, auch und besonders der Christen, versucht, die Krise auszublenden, das Dilemma zu überwinden in vielfacher Hilfskonstruktion von Gottesbeweisen in Anlehnung und Benutzung dialektischer Argumentationstechniken, welche nach infinitem Regreß im Dogma oder im Zirkelschluß enden. Selbst hier aber besteht für die Theorien zu Existenz, Aufgabe und Funktion Gottes und seiner Stellung zum Menschen innerhalb der Glaubensgemeinschaften und ihrer jeweiligen Glaubenslehre untereinander nicht nur keine grundsätzliche Übereinstimmung, sondern in vielerlei Hinsicht absoluter Dissens. – Ließen sich diese Unstimmigkeiten nicht als überzeugender empirischer Beweis für die Unmöglichkeit anführen, GOTT zu denken?! – GOTT bleibt so jedenfalls die Krise vor allem des glaubenden Menschen, des Gläubigen, der nicht weiß, was er IHM an Gestalt, Eigenschaften, Fähigkeiten und Erscheinung zuordnen könnte, voraussetzen darf, ergo nicht wissen kann, was ihm in Bezug auf GOTT zukommt und von IHM zukommen könnte, ihn sich nur selbst erfinden kann, stets neu erfinden muß, der Gott von heute nicht der von gestern, nicht der von morgen ist. Ausweglosigkeit des Gedankens, manifestiert durch die an seinem Ende erkannte Aporie, erfährt ihre nur scheinbare Auflösung gleich dem gordischen Knoten in Glaubenssätzen, deren konsequente Weiterführung in erneuter Aporie, über Erkenntnisunfähigkeit hinaus in eine Handlungsunfähigkeit endende Ungewißheit überführt. Aus solcher Ungewißheit nähren sich Angstpotentiale, generieren einen Circulus vitiosus immer neuer aporetischer Diskurse, deren scheinbare Überwindung Dogmata gebiert, eigentlich der Diskurs jedoch nur an beliebig gewählter Stelle beendet, willkürlich abgebrochen wird.

Umgang des Menschen mit solcherlei Art Ungewißheit trägt nicht zur Überwindung der Krise bei, sondern verschärft sie, gerinnt zu kristallinen Angstgefügen. Suche nach GOTT, dem unbekannten, undenkbaren Wesen, verleitet den besonders diesbezüglich assoziativ denkenden Menschen einerseits zu einer intellektuellen Grenzziehung hier GOTT, da Mensch, sucht im Anlegen immer neuer Parallelen zur definierten Grenze sich seinem GOTT anzunähern, die Grenze in Richtung Gott zu verschieben, was zwangsläufig aus der Annäherungsunmöglichkeit zur Umkehr führt, wird doch nun GOTT dem Menschen und seinem Denken durch den Suchenden angenähert. Ein als universell gedachter Gott wird darin zu einer persönlichen, individuellen, auf das Einzelindividuum gerichteten Gottheit. So vom Menschen erdachter Gott vermag scheinbar den Sucher mit der Begegnungsunmöglichkeit zu versöhnen, insbesondere durch Vertröstung auf Begegnen jenseits biologischer, irdischer, physischer, materieller Existenz, vermag jedoch die Krise real nicht aufzuheben, verliert GOTT zugleich seine allumfassende Allgemeinverbindlichkeit, wird zum persönlichen Götzen. Unversehens wird der Mensch zum Maß aller Dinge irdischen Seins, zur fleischgewordenen Existenz jener Homo Mensura vom Menschen als Krone der Schöpfung. Letztendlich verschärft sich darin die Krise, steigert sie zur Hinwendung an das Götzenbild, nicht allein mit allerlei kultischen Verehrungsritualen, sondern mit animalischer Emphase bis in eine hündische Ergebenheit und Hingabe an den Götzen. In psychischer Übersteigerung gelangt der Glaubende unter Umständen so zu einem als ‘wirklich’ wahrgenommenen, nur scheinbar transzendenten Gotteserlebnis, aus persönlicher Gedankenwelt projiziertes Trugbild. Unüberwindbare Grenzlinie zwischen dem Denkbaren und dem Undenkbaren, letzteres Gott, verkehrt Glaubensabsicht in ihr Gegenteil, indem der Versuch der Grenzüberschreitung zur Annäherung an Gott in Mißachtung der Grenzlinie Gott lästert. Was als devoter Annäherungsversuch beginnt, endet als unredliche, arrogante, dreist plumpe Anbiederung, erklärt Trug für Wirklichkeit.

Theologie setzt zur Gewinnung der Erkenntnis über Gott auf Schrift, in der das von Gott geoffenbarte Wort festgehalten sei. Theosophie setzt zum gleichen Zweck auf spirituelle, Offenbarung genannte Erfahrung. Die von Theologen verwendete Schrift, so Theologen davon ausgehen, sie sei von Gott geoffenbart, dokumentiert spirituelle Erfahrung des Menschen. Von Theosophen dokumentierte spirituelle Erfahrung des Menschen, so sie davon ausgehen, sie sei Offenbarung Gottes, wird verschriftet. Eines steht für das andere. Keine der beiden Herangehensweisen steht für empirische Verifizierung, erst recht nicht für Falsifizierung. Unerheblich ist, ob aus spiritueller Erfahrung gewonnene Erkenntnisse des Menschen geoffenbart, die in Offenbarung gewonnenen Erkenntnisse verschriftet sind, ist Schrift als solche doch allgemeinverständlicher Ausdruck des Denkens in Begriffen und Umsetzung der Begrifflichkeiten in rekapitulierbare visuelle Zeichen. Weder Offenbarung noch nach ihr gefertigte Schrift lassen sich aus dem Metaphysischen herauslösen, über das Wesen und Wesentliche des Mensche erheben. Was Theologie nach rückwärts aus Schrift aufzuhellen versucht, beleuchtet Theosophie nach vorwärts gerichtet, hält es schriftlich fest. Schriftlichem Niederlegen der Gedanken geht stoffbedingtes Denken, vorrational unbewußte Auseinandersetzung voran. Theologie und Theosophie wagen sich somit über kosmologische Dimension hinaus, setzen gedachte Anderwelten voraus, deren virtuelle Existenz denkbar, deren Realität undenkbar ist, deren materiell physische Existenz unbeweisbar bleibt, die Beweisbarkeit an und in Unendlichkeit des Raumes scheitert. Aus sich heraus sind die Stuben virtueller Welten mit Nachahmung angefüllt, gelingt es doch dem Menschen nicht, originäre Realität, Wirklichkeit im Denken und Handeln zu verlassen, bleibt alle virtuelle Vorstellung an Existenz und Denken der Wesenheit Mensch gebunden, bleibt anthropozentrisches Unterfangen. Unausweichliche Reproduktion des Menschlichen in allem Virtuellen führt in erkenntnistheoretische Aporie, welche durch Offenbarung nicht auflösbar wird, indem das Geoffenbarte in Menschendenken gefaßtes Wort und erst dann von Menschen verschriftet ist, die Schranken menschlichen Geistes darin nicht aufgehoben werden. Beschränktheit des menschlichen Geistes macht theologische und/oder theosophische Erkenntnis menschenabhängig, notwendig damit frei vom eigentlichen Göttlichen, generiert eigentlichen Atheismus. Spirituelle Hinwendung gegen und zu Gott wider besseres Wissen beziehungsweise in Hinnahme von Unwissenheit wird so möglich, offenbart zugleich Fehlbarkeit der Vernunft. Reflektion der Hinwendungserfahrung gewährt jedoch nicht Offenbarung Gottes, sondern Spiegelbild des in Hinwendung Widerfahrenen, pure Human-Reflektion. Weder Theologie noch Theosophie gelingt daher der Beweis, von ihnen als geoffenbarte Schrift erachtete Texte seien Werk Gottes. Ketzerisch ließe sich annehmen, die Begriffe Theologie und Theosophie seien austauschbare Etikette, wenn nicht gar Etikettenschwindel, Bemäntelung der Krise. Notwendig entbehren Theologie und Theosophie mithin echter Wissenschaftlichkeit und … GOTT.

Innerhalb einer Gemeinschaft von Suchenden, in einer Gemeinde von Gläubigen wirft das die Frage nach dem ‘richtigen’ Glauben für jeden einzelnen und für die Gemeinschaft auf. In Mystizismus kaschierte Gotteslästerung, die Ausblendung ihrer Wahrnehmung zwingt zur Definition des rechten Glaubens, zu Minimierung und Relativierung angemaßter Grenzverletzung. Jeder Gläubige wähnt sich rechtgläubig, beansprucht Besitz des rechten, des richtigen Glaubens, die Gemeinschaft auch. Jeder wähnt den anderen im Irrglauben, der so auch dessen jeweilige Gemeinde trifft. Was bleibt, ist die Gewißheit, keiner hat den richtigen, niemand hat den rechten Glauben. GOTT bleibt die Krise des Menschen.

Überhöhung erfährt die Krise in Institutionalisierung des Glaubens und der Forderung nach seinem Bekenntnis einschließlich des Bekenntnisses zur Institution und in seiner militanten Missionsabsicht. In Aufhebung des freien Willens verlangt Glaubensinstitut mit dem Anspruch unbedingten Gehorsams unbedingte Anerkenntnis der Unsterblichkeit der Seele, Dasein/Existenz Gottes und weiterer Dogmata. Mit dem Anerkenntniszwang und daran gebundener Bekenntnisverpflichtung verliert Wille Freiheit, wird Religion Kernelement antinomer Unfreiheit, verlangt Gehorsam, Unterwerfung, verleugnet Vernunft.

Ungeachtet solch kritischer Konstellation führt der nicht endende Versuch der Annäherung an GOTT zu einer Endlosschleife ritualisierter Kommunikationsversuche, für die sich durch Überlieferung und Fortschreibung liturgische Abfolgen einstellen, welche in einer institutionalisierten Kirche aufgehen, innerhalb derselben weiterentwickelt und bis in Feiertagskalender, Liturgie, Anbetungs- und Gebetsrituale verwaltet werden. Kirche erfährt daraus das Bewußtsein, sie sei erster, einziger und unabdingbarer Verwalter des Zugangs zu GOTT, begreift die Erkenntnisse der Gemeinde als Auftrag, solche Erkenntnis zu verbreiten, zu verkünden, ignoriert das nach Glaubensauffassung von Gott geschaffene Wesen, verneint damit die Glaubensgrundlage. Katholische Kirche zieht aus solchem Vorgang die irrige Schlußfolgerung, sie sei einzig zulässiger Weg zum Christengott, verkennt, sie ist hervorgegangen aus der freiwilligen Verbindung einzelner, gleichgesinnter Individuen untereinander. Kirche ist Folge, nicht Ursache, nicht Urheber des Glaubens. Kirche ist verwaltende Institution. Kirche ist Glaubensstillstand.

Im günstigsten Fall flüchtet sich der Gottessucher aus der Krise in den von Dritten angebotenen Glauben, will diesen als Kontaktanzeige, als Angebot an Gott verstanden wissen: Schau her, hier ist ein Mensch, der DICH sucht, der mit DIR in Verbindung treten möchte. Kirche wird hier zum Medium, zum Organ, in welchem die Kontaktanzeige öffentlich wird. Der Inserent bedient sich der Verwaltungsfunktion, nutzt das Medium Kirche als Mittler zur scheinbaren Herstellung des Kontaktes, eines direkten oder initiierten Kontaktes zu GOTT. Den kann das Medium weder herstellen, noch ersetzen, nicht den Kontakt, erst recht nicht GOTT. Kirche kann nicht einmal die Kommunikation zwischen Mensch und GOTT ersetzen, überführt die Vielzahl der Kontaktanfragen in gemeinsam vorgetragene Formulierung, läßt Individuum in liturgischer Ritualität münden, dekretiert Form, bis Form Inhalt ersetzt, zu Formalismus erstarrt. Allenfalls könnte Kirche über reine Administration hinaus für das Gespräch vermittelnd helfen, Aufgehobenheit in der Gemeinde, der Gemeinde Raum, Tempel, Kirchengebäude, Gebetshaus zur Anrufung Gottes anbieten; auch hier nicht aus sich heraus, sondern kraft der von der Gemeinde erbrachten materiellen Leistungen und des von ihr verliehenen Amtes. Der Versammlungsraum der Gläubigen, versehen mit der Bezeichnung Gotteshaus, erhält diese Bezeichnung durch Versehen der Gläubigen. In Erwartung, ein Gasthaus nach dem ‘Geschmack’ Gottes errichtet zu haben, wollen Gläubige annehmen, Gott sei der Wirt, lassen sich vom Kellner, vom sogenannten Priester abspeisen, zahlen Kirchenbesucher die Zeche und bekommen den Wirt nicht zu Gesicht, außer im Spiegel, in welchen gläubige Gäste gelegentlich und keineswegs uneitel blicken, darin nur Physis, das Menschliche gespiegelt finden, Gott im Gotteshaus nur des Menschen Gusto findet. Streift nicht der Herbergsvater, einem guten Gastwirt gleich, durch den Speisesaal, sich seinen Gästen zu zeigen, sie zu begrüßen, sich ihrer Zufriedenheit und ihres Wohlwollens zu versichern? Das Personal legt Beschwerdebücher für die Gäste aus, und nicht einmal die Kirchenangestellten nehmen sich unmittelbar der verzeichneten Beschwerden an. Gleich einem von Legislative verhängten Kontaktsperregebot wacht Kirche eifernd darüber, jeden persönlichen Kontakt zur höchsten Instanz zu verhindern, gestaltet verwalteten Instanzenweg. Ehe ein Kontakt zwischen Suchendem und GOTT nicht hergestellt ist, bleibt Gott die Krise des Menschen, damit der Kirche sowieso, verfügt diese doch ausschließlich über Verbindungen abwärts in die Gemeinde, nicht über solche aufwärts zu Gott.

GOTT bleibt Krise auch der Kirche, weil sie einerseits nur aus der Gemeinschaft der Glaubenden hervorgegangene Institution, andererseits nicht selbst Suchender und letztlich nicht Sachwalter Gottes ist, sondern ausdrücklich und ausschließlich Interessen des Menschen formuliert und wahrnimmt, Gemeinschaft der Gläubigen darstellt. Wie könnte Kirche wohl die Interessen GOTTES wahrnehmen? Weder Liturgie, noch Exegese, weder Regularien noch Katechese bringen das Institut Kirche näher oder nur auf den Weg zu GOTT. Christliche Kirche zieht zudem aus der hierarchischen scheinbaren Ordnung des dienstverpflichteten Zwölfergremiums der Apostel selbst noch nach 2000 Jahren konstituierten Beherrschungsanspruch gegenüber der Gemeinde, obwohl mit dem für kurzfristig angenommenen Weltende und Jüngsten Gericht die Institution nicht für ein Überdauern über die Apostelgeneration hinaus konstituiert ist. Nicht aber Herrschaft war und ist ihr Auftrag, sondern Dienst und Verkündung. Nicht Einsetzung als Oberhäupter und Kontrollorgan über die Gemeinschaft der Gläubigen ist Wesen des apostolischen Auftrages, so er angenommen werden darf, sondern Mitteilung der Botschaft. Boten sind Diener, Knechte ihres Herrn, nicht Herrscher über sein Volk. In Inquisition und Ohrenbeichte unter Vorgabe eines ubiquitären, allwissenden Gottes raubt Kirche Privatsphäre, verliert der Glaubende durch Kirche das Recht auf Unverletzlichkeit der Persönlichkeit, setzt Kirch gegen die angeblich frohe Botschaft Angstpotentiale, gleicht darin vollständig dem Faschismus.

Khalil Gibran, Dichter und Literat, Libanese arabischer Herkunft, kosmopolitischer Pendler zwischen westlicher Wertegesellschaft europäisch-angloamerikanischen Anspruchs und arabischer Gesellschaft, zugleich gläubiger Christ, glaubt zu wissen und schreibt: Und Gott ist das Gewissen der vernünftigen Welt. Eine gewaltige, eine gewagte These angesichts einer vergleichsweise gewissenlosen, von vorgeblichen Glaubenswissern dominierten Welt gewissenloser Gesellschaften im besinnungslosen Strudel der Unvernunft.

Wo Sprachphilosophie à la Bertrand Russel/Ludwig Wittgenstein das Buchstäbliche des Wortes über den Inhalt, Sinn über Wahrheit stellt, sich von Philosophie und ihrem Wesen abwendet, bedeutet Hinwendung zu Glaubensinhalten weder Freundschaft zum Wissen, noch Liebe zur Wahrheit, schon gar nicht Wahrheitsliebe.

Sprache als Ausdrucksmittel auch des Denkens beschreibt im Idiom des Deutschen gegenüber der zu Unrecht gelobten angelsächsischen Sprachkargheit bis in die Herkunft der Wörter hinein eine logisch nachvollziehbare Gedankenkette in knapper Reflektion. Entsprechend umfaßt das Wort Gewissen den Gedanken, etwas vor dem Tun ge-wußt zu haben und zu wissen. Sprachgebrauch hat diesem Begriff eine Wertigkeit dahingehend beigegeben, daß Handlungen im Einklang mit dem Gewußten, also wissenskonformes Handeln Regelmaß sind, ein Maß, welches bei Beachtung der Regel nicht erwähnenswert scheint, immer dann aber Bedeutung erlangt, handelt ein vernunftbegabtes Wesen wissentlich, ‘bewußt’ gegen sein Wissen und/oder dessen Maß, gegen Gewußtes.

Gewissen setzt damit dreierlei voraus: ‘unfehlbare’ Vernunft, Erkenntnis, Wissen. Erst aus mit den Mitteln der Vernunft erkennend gewonnenem ‘richtigen’ Wissen unter im Erkennen Ausschluß des dem Wissen Widersprechenden folgt freie willentliche Entscheidung zum Handeln für oder gegen Gewußtes, was Be-wußtsein, Vergegenwärtigung des Wissens für die betreffende Handlung voraussetzt. Zweifellos aber läßt sich nicht und nie der Vernunftirrtum ausschließen.

Wäre nun Gott das Gewissen der vernünftigen Welt, setzte dies vernünftiges Handeln aller vernunftbegabten Wesen – Gott eingeschlossen – ebenso voraus, wie eine vollkommene Welt. Andernfalls, also dort, wo Welt nach den Maßstäben der Vernunft unvollkommen zu sein scheint, hätte Gott gegen Vernunft, gegen Gewußtes, gegen ein wie auch immer geartetes Wissen gehandelt. Solches behaupten zu wollen, setzt besonders den Gläubigen zwangsläufig dem Vorwurf der Blasphemie aus, stellte er doch seinen ‘unfehlbar’ geglaubten Gott auf eine Stufe mit dem fehlbaren Menschen. Nicht zuletzt gelangt der Glaubende damit an die Frage der Theodizee, bleibt ohne Antwort, erlebt ein Mal mehr GOTT als Krise.

Die beste aller Welten, so sie als kosmologisches Ganzes, der Blaue Planet Erde als Teil im Kosmos gesehen wird, ist schon deshalb DIE beste aller Welten, weil es zu ihr keine alternative, keine denkbare Anderwelt gibt, sie nicht nur einzigartige, sondern einzige Welt ist. Über Unendlichkeit des Raumes hinaus sich getrennte Welten vorstellen, sie in Himmel und Hölle einteilen zu wollen, abgesehen davon, daß in solcher separierenden Vorstellung dem unendlichen Raum zweierlei Begrenzung widerfährt, mag als Pons asino, als Eselsbrücke der bildhaften Vorstellungswelt kindlichen Glaubens hinnehmbar sein, widerspricht zugleich Vernunft, Erkenntnis und Wissen. Alleine schon deswegen müßte besonders der Gläubige ein fortwährend schlechtes Gewissen haben, glaubt er doch wider besseres Wissen.

Heftig ließe sich darüber streiten, ob die Benutzung der Eselsbrücke nur Eseln gestattet ist, Eseln mit dauerhaft schlechtem Gewissen. Fehlt dem Gläubigen andererseits das ständige schlechte Gewissen über und wegen Glauben, bedeutet dies im Umkehrschluß, er müsse unwissend, wenn nicht gar dumm sein, Glaube gründe, könne nur in Unwissenheit gründen. - Gut möglich, das katholische Rom weiß das, verfügt über speziell diese Erkenntnis, und ihm bleibt zur Selbstrechtfertigung und zur Selbstrettung, quasi als Autoimmunreaktion keine andere Möglichkeit, als Aufklärung und Wissenschaft vehement abzulehnen. Vieles spricht dafür, genau das tue Rom! Jene Versuche eines Joseph Ratzinger oder Hans Küng, Wissenschaft heute mit der Bibel von vorgestern in Kongruenz bringen zu wollen, können darüber nicht hinwegtäuschen. -