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Die alten, sicher geglaubten Arbeitsmodelle haben ausgedient: Selbst DAX-Konzerne entlassen massenhaft Mitarbeiter. Die Krise ist der Weckruf, sich als Angestellter oder Selbstständiger nicht nur auf sein Gehalt zu verlassen, sondern das eigene Einkommen selbstbestimmt in die Hand zu nehmen. Und wer sein eigenes Talent voll entfaltet, muss nie wieder Lebenszeit an andere verkaufen. Hier erfahren Leser, wie sie ihre größte Leidenschaft zum Beruf machen, indem sie neue Einkommensquellen für sich entdecken. So erlangen sie die Freiheit und Unabhängigkeit, um ohne Druck und feste Arbeitszeiten an den eigenen Zielen zu arbeiten.
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Seitenzahl: 266
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PROF. DR. OLIVER POTTMIT JAN BARGFREDE
RAUS AUS DEM STUNDENLOHN
PROF. DR. OLIVER POTTMIT JAN BARGFREDE
RAUS AUS DEM STUNDENLOHN
NIE WIEDER FÜR ANDERE ARBEITEN UND LEBENSZEIT VERKAUFEN
FBV
Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Für Fragen und Anregungen
4. Auflage 2021
© 2021 by FinanzBuch Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH,
Türkenstraße 89
D-80799 München
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Die im Buch veröffentlichten Ratschläge wurden von Verfasser und Verlag sorgfältig erarbeitet und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Ebenso ist die Haftung des Verfassers beziehungsweise des Verlages und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ausgeschlossen.
Lektorat: Renate Oettinger
Korrektorat: Caroline Kazianka
Umschlaggestaltung: Karina Braun
Umschlagabbildung: Leremy/shutterstock.com
Satz: abavo GmbH
Druck: CPI books GmbH, Leck
ISBN Print 978-3-95972-424-1
ISBN E-Book (PDF) 978-3-96092-795-2
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96092-796-9
Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter
www.finanzbuchverlag.de
Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de
Inhalt
1. Wenn Sie nicht für Ihre eigenen Ziele arbeiten, arbeiten Sie automatisch für die Ziele anderer
Eine gute Idee kann mehr wert sein als ein ganzes Leben harter Arbeit
Was sind denn die Alternativen zum Stundenlohn?
Der »unperfekte Selfmade-Job« auf der Basis Ihrer größten Leidenschaft löst das Problem
Wertbasiert statt zeitbasiert: Dann sind Sie raus aus der Stundenlohn-Falle!
Angestellte sind unglücklich, Selbstständige sind glücklich
Selfmade-Job: Ist das rechtlich überhaupt zulässig?
2. Wofür Sie der Markt wirklich bezahlt, ist nicht Ihre Arbeitszeit
Vier Wege, den eigenen Lebensunterhalt zu verdienen
Unternehmen sammeln Wissen in ihren Mitarbeitern
Der Kern Ihres Wissens ist auch ohne das Unternehmen wertvoll
Risiko und Rendite halten einander bei der Hand
Endlich selbstständig – aber wirklich selbst und ständig?
Zeitbasiert versus wertbasiert arbeiten
Die höchste Wertschöpfung erreichen Sie, wenn Sie den Wert Ihrer Arbeit herausstellen und nicht die aufgewendete Zeit
Die sechs wertbasierten Chancen des VRIO-Modells
Selbstständige, die zeitbasiert arbeiten, wählen das Schlechteste aus zwei Welten
Selbstständige und Angestellte arbeiten im System
Unternehmer arbeiten am System und entkommen der Stundenlohn-Falle
Das Gesetz des unternehmerischen Hebels
Digitale Angebote sind die besten Produkte für Ihren Selfmade-Job
Das Hamsterrad sieht nur von innen aus wie die Erfolgstreppe
Arbeitgeber und Arbeitnehmer sitzen oft nicht im selben Boot
3. Die trügerische Sicherheit des Stundenlohns
Als Angestellter haben Sie nur einen einzigen Einkommensstrom: Ihr Gehalt
Auch Solo-Selbstständige verkaufen sich über ihren Stundenlohn
Leistungen schneller zu erbringen ist der unternehmerische Ansatz
Stundenlohn schadet allen Beteiligten
4. Warum Stundenlohn-Arbeit krank macht
Burn-out ist ein Ergebnis der Stundenlohn-Arbeit
Bore-out: müde durch Unterforderung
Überlastung führt zur inneren Kündigung
Erwarten Sie nie Dankbarkeit von der Firma oder den Kunden
Geld kann Leidenschaft nur bis zu einem gewissen Grad aufwiegen
Wann ist genug eigentlich genug?
Flow macht Sie in Ihrer Arbeit glücklich und zufrieden
5. Wenn aus Ihrer größten Leidenschaft ein Business wird, merken Sie gar nicht, dass Sie arbeiten
Was Sie von der Generation Z lernen können – und was nicht
»New Work«: Neue Wege der Arbeit machen zufriedener
Was Sie von der Generation Z lernen können
Der unperfekte Selfmade-Job
»Ich geh’ halt gern im Wald spazieren« – was aus Leidenschaft entsteht, kann Basis Ihres Selfmade-Jobs sein
Das Einzige, was Ihnen vielleicht noch fehlt, ist der Mut
Zwei Formen von Selbstbewusstsein machen Sie unabhängig
Die 3-F-Regel für Ihren Selfmade-Job: Fun, Fame, Fortune
Die drei F verstärken und maximieren Ihren Erfolg
Praxisbeispiele für die Umsetzung der 3-F-Regel
Der smarteste Business-Plan der Welt
Die drei F unterliegen einer ständigen Veränderung
Zeit ist Ihre beste Unterstützung: die 10 000-Stunden-Regel
Wie lernt ein 90-Jähriger in vier Wochen Mandarin?
Vorsicht, Falle! So überwinden Sie den gefährlichen Dunning-Kruger-Effekt
6. Eine Stunde pro Tag genügt für den eigenen Selfmade-Job
Warum Sie frühe Erfolge brauchen
Unperfekt ist das neue Perfekt: der Grüne-Bananen-Ansatz
Perfektion liegt immer im Auge des Kunden
Das unperfekte Business bietet die höchste Form der Qualität
Es gibt nirgendwo perfekte Produkte!
Der Selfmade-Job-Ansatz: von der Seite in die Pyramide
Verbessern Sie Ihr Produkt um 1 Prozent pro Tag
Google Design Sprint: der schnellste Weg zum eigenen Selfmade-Job-Produkt
In fünf Tagen zu Ihrem komplett fertigen Produkt nach dem Google-Sprint-Modell
Product Market Fit: So hebt Ihr Selfmade-Job plötzlich ab
Plan B: So gehen Sie vor, wenn Ihre Selfmade-Job-Idee nicht funktioniert
Warum der erste selbst verdiente Euro Erfolg von Misserfolg trennt
Digitale Geschäftsmodelle sind risikoarm – und die Technik gibt es meist im Baukasten
Neukundengewinnung ist in der digitalen Welt automatisiert
So finden Sie die wichtigsten Technik-Systeme für Ihr Selfmade-Business mit Reverse Engineering
7. Ihr Selfmade-Job verändert Ihr Umfeld – und verbessert die Welt
Zu Beginn keine Erfolgserlebnisse? Vertrauen Sie dem Hockey-Stick-Effekt
Konsequenzen erster, zweiter und dritter Ordnung verstärken Ihren Business-Erfolg
Die 50/25/25-Regel: Was Sie mit Ihrem ersten selbst verdienten Geld tun sollten
Warum Ihr Selfmade-Job Sinn stiften sollte
Die eigene Legacy schaffen: Was wollen Sie auf dieser Welt hinterlassen?
Die Ressourcensammlung zu diesem Buch
Danksagungen
Anmerkungen
Über die Autoren
Der Chef der Firma fährt morgens mit einem nagelneuen Sportwagen vor der Firma vor. »Hey, Chef, toller Wagen!«, ruft einer der Mitarbeiter. Der Chef hält inne, geht ein paar Schritte auf den Mitarbeiter zu, schaut ihn freundlich lächelnd an und sagt: »Wissen Sie was, wenn Sie das ganze Jahr sehr fleißig und erfolgreich arbeiten, dann ... kann ich mir am Ende des Jahres noch so einen Sportwagen kaufen.«
Diese Anekdote zeigt: Wenn Sie nicht selbst für Ihre eigenen Ziele arbeiten, arbeiten Sie automatisch für die Ziele anderer - zum Beispiel die Ihres Chefs. Sie verkaufen Ihre Lebenszeit gegen einen (im Idealfall akzeptablen) Stundenlohn an andere. Dann ist Ihr Job sicher, und Sie beziehen einen soliden Monatslohn bis zum Renteneintritt.
Aber ist das wirklich so? Sichere Jobs auf Lebenszeit gibt es nicht mehr; wer sich nur von seinem Arbeitgeber abhängig macht (und damit von nur einem Einkommensstrom), hat ein Problem.
DAX-Konzerne zum Beispiel haben über Generationen hinweg Menschen versorgt. Wer einen Lufthansa-Job hatte, war gesichert bis zur Rente. Das ist heute nicht mehr so: Im Juni 2020 gibt Lufthansa bekannt, 26 000 Jobs streichen zu wollen. Auch andere Unternehmen, für Angestellte bisher sichere Felsen in wirtschaftlich stürmischen Zeiten, entlassen ihre Mitarbeiter in Massen: Die Telekom entlässt 40 000 Mitarbeiter, Volkswagen, der größte Konzern Deutschlands, 23 000.1
Und das sind nur die ganz großen DAX-Konzerne - in den weiten Teilen prekärer Branchen, so zum Beispiel im Hotel- und Gaststättengewerbe, sieht es wesentlich desaströser aus.
In Zeiten des digitalen Wandels, in dem Deutschland der Welt hinterherhinkt, und in schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen ist derjenige abgehängt, der sein eigenes und das Wohl der eigenen Familie von seinem Arbeitgeber abhängig macht. Es heißt daher auch im Beamtendeutsch für Angestellte: »Abhängige Beschäftigung« - und leider trifft es das ziemlich genau: Sie sind abhängig.
Selbst wer 20 Jahre treu und ergeben seinem Arbeitgeber Lebenszeit geopfert hat, Überstunden erbracht und auf wertvolle Freizeit verzichtet hat, steht von heute auf morgen abgeschoben und arbeitslos vor plötzlichen Problemen.
Diese Beispiele zeigen: Es ist einseitig und gefährlich, ausschließlich auf eine abhängige Beschäftigung zu setzen. Sie sind es sich selbst und Ihrer Familie schuldig, Ihre wirtschaftliche Existenz auf mehr als einem Standbein aufzubauen. Wer wirklich sicher sein möchte, muss als Ziel haben, nie wieder Lebenszeit 1 : 1 gegen Stundenlohn einzutauschen.
Erst dann sind Sie unabhängig und frei - und wenn einer von vier oder fünf Einkommensströmen versiegt, gibt es halt noch drei oder vier andere.
Am Anfang aber steht die Frage: Was sind Ihre Leidenschaften und Lebensziele - und warum? Denn Ihre eigenen guten Ideen können viel mehr wert sein als ein ganzes Leben voller Stundenlohn und harter Arbeit.
Deutschland ist ziemlich arm an Rohstoffen - und ist dennoch eines der reichsten Länder der Erde.
Wie kommt das? Viel wertvoller als Rohstoffe sind die Ideen: Daher heißt unser Zeitalter eben »Wissenszeitalter« oder »Informationszeitalter«. Menschen zahlen am meisten für Wissen, Informationen und Ideen: Die wertvollsten Unternehmen der Welt sind heute Microsoft, Facebook und Google.
Und keine dieser Firmen hat riesige Fabriken, Grundstücke, Zugriff auf Rohstoffe, veredelt Stahl oder Öl oder stellt physische Produkte her: Die wertvollsten Unternehmen der Welt sind immateriell und auf der Basis reiner Ideen gegründet.
Weil aber Ideen jedem zur Verfügung stehen, hat das die Möglichkeiten, ein eigenes Business auf die Beine zu stellen, auch in Deutschland deutlich demokratisiert. Es geht heute nur darum, seine eigenen Ideen und vor allem seine Leidenschaft, die in jedem Menschen steckt, freizulegen. Es ist kein Stahlwerk mehr nötig, um den eigenen Visionen zu folgen und der eigenen gestalterischen Kraft Ausdruck zu verleihen.
Was könnten Sie tun, um auf der Basis einer guten Idee der Stundenlohn-Falle zu entkommen? Sie könnten sich mit der eigenen Idee selbstständig machen und werden damit zu Ihrem eigenen Arbeitgeber. Immerhin: Wenn Sie klein starten und zum Beispiel zu Beginn nur zehn Kunden haben und einer davon Ihnen wegbricht, bleiben Ihnen 90 Prozent Ihres Einkommens erhalten.
Diesen Weg gehen die meisten, die sich selbstständig machen - denn es liegt doch auf der Hand: Wer vorher angestellter Arzt im Krankenhaus war, lässt sich in der eigenen Praxis nieder; wer gegen Stundenlohn im festen Arbeitsverhältnis als Grafiker beschäftigt war, macht sich ebenso als »Solopreneur«, Einzel-Selbstständiger also, unabhängig. Und wer vorher Restaurantfachkraft war zum Mindestlohn oder Koch, gründet eben sein eigenes Restaurant.
Allerdings hat auch dieser klassische Weg der Selbstständigkeit seine Tücken: Meist arbeiten Selbstständige viel länger und härter als Angestellte und schaffen es kaum, sich eine gute Finanzrücklage für schlechte Zeiten aufzubauen. Wer also als Selbstständiger 60 statt 37,5 Stunden pro Woche arbeitet und am Ende des Monats nur ein bisschen mehr verdient als der Angestellte, steckt ebenso in der Stundenlohn-Falle.
Viel wesentlicher sind aber zwei zentrale Nachteile, die Sie als Selbstständiger haben:
Wenn Sie sich selbstständig machen, geben Sie die Vorteile des festen Arbeitsverhältnisses auf. Die gibt es durchaus: Planbares Einkommen, Urlaub, Arbeitslosen- und Rentenversicherung - das ist ein attraktives Pauschalpaket!
Sie brauchen für die allermeisten Gründungen Eigenkapital oder müssen sich verschulden: Ein Restaurant zu gründen kostet nun mal 100 000 Euro, und auch Freiberufler wie Innenarchitekten oder Grafiker brauchen halbwegs repräsentative Büroräume - von Mitarbeitern mal ganz zu schweigen.
Das Beste beider Welten - die der Angestellten und die der Selbstständigen - verklammert dieses Buch miteinander. Und das ist zugleich die Idee dieses Buchs: Bauen Sie sich Ihr eigenes »unperfektes Business« auf, das wir auch den »Selfmade-Job« nennen:
Das unperfekte Business ist wie eine Banane: Es kommt noch grün, unausgereift also, zum Kunden und reift dann dort. So können Sie auf kleiner Flamme testen, ob Ihre Idee tragfähig ist. Das klingt unprofessionell? Die wirklich großen Unternehmen sind genau so entstanden: Das erste Daimler-Auto blieb ständig liegen, Microsofts Windows machte sich in den Anfangszeiten zum Gespött durch regelmäßige Abstürze - und die ersten iPhone-Handykameras waren für ernsthafte Fotos viel zu pixelig. Dennoch wurden aus ihnen die erfolgreichsten Konzerne der Welt.
Das unperfekte Business verbindet Ihre größte Leidenschaft mit Geld. Dazu nehmen Sie Ihre angenehmste Freizeitbeschäftigung, zum Beispiel das Reiten, und erweitern sie um einen Nebenerwerb, zum Beispiel eine Reitschule oder Pferdetherapie für Manager.
Das unperfekte Business ist risikofern: Sie brauchen für den Start kaum Eigenkapital; im Idealfall starten Sie mit einem digitalen Business. Das könnte eine Online-Version Ihrer Reitschule sein oder eine Pferdetherapie-App.
Sie können Ihr eigenes unperfektes Business zunächst risikoavers ausprobieren, ohne Ihren fixen Job zu kündigen - zum Beispiel in der Zeit, in der Sie abends Ihre Zeit mit Netflix verbringen. Wenn es funktioniert, kann daraus etwas wirklich Großes werden. Frühestens dann ist die Zeit gekommen, das feste Arbeitsverhältnis und damit den Stundenlohn an den Nagel zu hängen.
Aber ist der Aufbau eines eigenen Business nicht sehr aufwendig, so aufwendig wie beispielsweise der Bau eines Kreuzfahrtschiffes?
Ein Kreuzfahrtschiff wird durch Megawerften, große Unternehmen also mit Tausenden von Mitarbeitern, entwickelt und gebaut und ist der Inbegriff von Perfektion und Luxus. Jahrelange Planung geht dem noch viel länger dauernden Bau voraus, bis das Schiff endlich schwimmt. Nicht zu vergessen: Der Bau eines solchen Ozeanriesen kostet Millionen von Euros. So planen und denken Großkonzerne ihre Produkte.
Ihr unperfekter Selfmade-Job ist dagegen mit dem Bau eines selbst hergestellten Freizeitkanus zu vergleichen: Ihr Mini-Boot trägt kaum mehr als eine Handvoll Passagiere und auch das eher schlecht als recht; es wirkt insgesamt lächerlich im Vergleich zum Kreuzfahrtschiff.
Scheint das Kreuzfahrtschiff Ihrem Kanu in fast allen Belangen überlegen, so hat Ihr Kanu doch einige Vorteile:
Ihr äußerst simpel konstruiertes Schiff kann innerhalb kürzester Zeit gebaut werden und seinen Stapellauf erleben: Es schwimmt sofort, ganz ohne Ingenieure! Die Schwimmfähigkeit können Sie bereits nach ein paar Tagen erproben, ebenso wie die Möglichkeit, damit ein oder zwei Passagiere oder Waren übers Meer zu transportieren. Komplizierte Berechnungen wie für die Konstruktion eines Kreuzfahrtschiffs gibt es nicht, und der Bau ist dazu risikofrei und kostet nur etwas Freizeit in den Abendstunden und ein wenig Baumaterial. Die Gesamtkosten? Nicht mehr als für ein Abendessen in einem schicken Restaurant.
Nur bei Erfolg bauen Sie Ihr Kanu dann Stück für Stück aus, machen es tragfähiger, luxuriöser und beständiger gegen die stürmische See. Und wenn es nicht schwimmt? Dann haben Sie sich solide Kenntnisse über den Bootsbau angeeignet und bauen sich eben ein neues Kanu.
Ganz ähnlich sollten Sie Ihr eigenes Selfmade-Miniatur-Business denken.
Fallbeispiel 1: vom angestellten Pressechef zum Solo-Unternehmer
Joschi Haunsperger arbeitete über 20 Jahre als angestellter Pressesprecher einer mittelständischen Klinikkette mit über 3000 Beschäftigten und bezog dort ein solides, gutes Gehalt.
Im Laufe der Zeit merkte er jedoch, dass er als angestellter Pressesprecher, wenngleich er in leitender Position tätig war, kaum eigene Entscheidungen treffen konnte, und begann, sich unfrei zu fühlen.
Und so reifte sein Entschluss, sich zunächst nebenher im Internet selbstständig zu machen und dort seine ersten Selfmade-Job-Gehversuche zu unternehmen, ohne auf den sicheren Hafen des Klinik-Jobs zu verzichten.
Aufgrund dieser Erfahrungen schuf sich Joschi Haunsperger Stück für Stück ein zweites Standbein im Internet, das ihm nicht nur Spaß machte, sondern ihm monatlich gutes Geld einbrachte.
Vor einigen Jahren war es dann so weit, und er hat seinen Traum verwirklicht: Den festen Job hat Joschi Haunsperger nach 20 Jahren Festanstellung an den Nagel gehängt, denn sein Selfmade-Job trug sich mittlerweile sehr gut.
Heute ist er Seminarveranstalter des Online-Marketing-Kongresses, kurz OMKO. Diese Live-Veranstaltung findet jährlich mit 500 Teilnehmern im außergewöhnlichen Ambiente des »Oldtimer-Hotels« in Ingolstadt statt, und rund um diese Veranstaltung hat er sich ein ganzes Produktuniversum, vieles davon digital, geschaffen.
Fallbeispiel 2: von der fest angestellten Kosmetikerin zur Unternehmerin
Dass es auch Erfolgsgeschichten im großen Maßstab gibt, zeigt das Beispiel von Huda Kattan, die einen festen Job als Kosmetikerin bei Revlon hatte. Dabei gelang es ihr, berühmte Persönlichkeiten zu ihren Kunden zu machen. Etwas später setzte sie auf den Rat ihrer Schwester hin einen Online-Kurs auf und gab dort Schminktipps sowie Tutorials.
Auf der Basis dieses »Nebenjobs« gründete Huda Kattan dann ihre eigene kleine Produktlinie und vertrieb diese zunächst nur an ihre Tutorial-Kunden.
Was dann folgte, ist eine Märchengeschichte: Ihre Produktlinie »Sephora« ist mittlerweile ein Konzern. 2019 hatte Kattan ein Vermögen von über 600 Millionen Dollar erreicht. Bei Instagram hat sie 2020 rund 47,7 Millionen Menschen mit ihrem Kanal »Huda Beauty« erreichen können.2
Selbstverständlich ist diese Erfolgsstory ein Ausnahmefall, aber sie zeigt, was aus einer kleinen Nebentätigkeit heraus entstehen kann.
Damit das unperfekte Business funktioniert, muss das Buch zunächst den Widerspruch zwischen zeit- und wertbasiertem Arbeiten auflösen; das ist ein wesentlicher Inhalt dieses Buchs.
Wer das nicht versteht, bleibt ewig in der Stundenlohn-Falle stecken, in der er Zeit 1 : 1 gegen Geld eintauscht. Hier ein Beispiel: Einen nagelneuen Golf kaufen Sie als »Komplettpaket« zum Beispiel für 28 000 Euro. Das wäre wertbasiert - wenn Sie den Wagen für diesen Preis kaufen, ist er es Ihnen wert.
Kein Autohersteller käme ernsthaft auf die Idee, auf die Rechnung zu schreiben: 12 000 Euro Lohn für Fließbandarbeiter zum Zusammenbauen, 3000 Euro Lohn für Konstruktionsingenieur, 3000 Euro Verkäuferprovision, 10 000 Euro Bauteile - macht in Summe 28 000 Euro Autokaufpreis.
Genau diesen Fehler machen Angestellte und auch Selbstständige, wenn sie an ihren Stundenlohn ein Preisetikett anheften: »40 Euro für 1 Stunde Physiotherapie« oder »90 Euro Stundenhonorar als Ehetherapeut«. Das wäre zeitbasiertes Arbeiten.
Besser wäre: »Komplettpaket Rückenschmerzfrei: 5000 Euro«. Oder: »Premium-All-Inclusive: Endlich wieder glücklich als Paar: 12 000 Euro«. Hier zahlt der Kunde nicht für die Zeit, sondern für den reinen Wert.
Menschen zahlen am Ende immer nur den Wert: Drei Stunden Physiotherapie, die von Rückenschmerzen befreien, hinterlassen schließlich einen viel zufriedeneren Kunden als 15 Stunden Therapie, die den Rückenschmerz aber nicht beseitigen. Dass Sie als Anbieter im ersten Fall drei Mal und im zweiten Fall fünf Mal mehr Zeit einbringen, ist dem Kunden ebenso egal wie die Frage, ob der Zusammenbau des Golfs im obigen Beispiel 200 Arbeitsstunden durch einen Fließbandarbeiter benötigt hat - oder ob es ein Montageroboter in nur fünf Stunden geschafft hat: Der Kunde zahlt für das fertige Ergebnis.
Diesen Fehler im System, zeit- und nicht wertbasiert abzurechnen, müssen Sie zunächst für sich beheben, denn nur dann entkommen Sie der Stundenlohn-Falle und haben zufriedene Kunden.
Dann trennen Sie Ihre Stundenarbeit vom Wert für die Kunden. Dieser Punkt ist eines der Schwerpunktthemen dieses Buchs.
Sind Angestellte in der Summe wirklich unglücklicher als Selbstständige? In Kurzform: Ja, das lässt sich tatsächlich statistisch feststellen.
Hier zunächst einige Zahlen zu Ihrer Orientierung - und übrigens auch zu Ihrer Selbsteinschätzung:
30 Prozent der Haushalte in Deutschland können maximal wenige Wochen und Monate allein mithilfe ihres vorhandenen Vermögens finanziell überbrücken, ohne staatliche Hilfen in Anspruch zu nehmen.
3
36 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland bilden keine Rücklagen und brauchen ihr Gehalt immer innerhalb eines Monats auf.
4
In dieser Gruppe gibt mehr als jeder Fünfte an, dass sich Geldsorgen auf die berufliche Leistung auswirken.
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Fast jeder Vierte litt zudem in den vergangenen zwei Jahren unter Stress, Angstzuständen oder Depressionen.
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Während im Einkommensbereich bis circa 2200 Euro die Angestellten zahlenmäßig und in Relation zu ihrer Verteilung dominieren, sind in der Einkommensklasse darüber die Selbstständigen häufiger anzutreffen. Selbstständige verdienen also im Schnitt besser als Angestellte.
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Knapp die Hälfte aller Festangestellten in Deutschland kann sich grundsätzlich vorstellen, als Freiberufler zu arbeiten.
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Freelancer sind im Schnitt glücklicher als Angestellte.
9
Die Sache ist also statistisch eindeutig: Selbstständige sind im Durchschnitt glücklicher als Angestellte. Das verwundert nach den bisherigen Ausführungen kaum. Zudem verdienen sie im Schnitt besser als Angestellte und können mehr Rücklagen schaffen. Diese beiden Faktoren bedingen sich sicherlich gegenseitig, und es ist erkennbar, dass viele Selbstständige ihr Potenzial in der Nutzung der verschiedenen Erfolgsfaktoren des unperfekten Business noch gar nicht optimiert haben - und sogar zu deutlich besseren Ergebnissen gelangen können. Auch darum geht es in diesem Buch.
Allerdings: Es wird auch deutlich, dass die Bandbreite der Gehälter bei Selbstständigen deutlich weiter gefasst werden muss; es besteht also durchaus die Gefahr, schlechter zu verdienen als im Angestelltenjob. Dennoch gilt im Schnitt: Wer ein eher geringes, aber dafür sicheres Einkommen sucht, der ist als Angestellter besser dran.
Wer aber ein höheres Einkommen, mehr Freiheit bei der Gestaltung seines Berufslebens und mehr Freude an der Arbeit sucht, der kann über die ersten Schritte in die Selbstständigkeit nachdenken: Die Prinzipien des unperfekten Business verbinden das Beste aus beiden Welten.
Dürfen Sie denn neben Ihrer Festanstellung überhaupt einen Selfmade-Job aufbauen? Und muss dem nicht Ihr Arbeitgeber zustimmen? Nein, muss er nicht.
Friedrich Meyer, Fachanwalt und Professor für Arbeitsrecht in Paderborn, erklärt: »Wenn nichts dazu im Arbeitsvertrag steht, gibt es nur zwei Einschränkungen: Ich darf nicht für die Konkurrenz arbeiten, und der Nebenjob darf keine negativen Auswirkungen auf den Hauptberuf haben.«
In manchen Arbeitsverträgen gibt es jedoch einen Passus über Nebentätigkeiten. Arbeitsrechtler Meyer führt aus: »Manchmal sogar ein Verbot, aber das ist unwirksam. Es geht den Arbeitgeber nämlich nichts an, was ich in meiner Freizeit mache.«10
Deutschland ist arm an Rohstoffen. Und die wenigen Rohstoffe, die es hierzulande gibt - jedenfalls wenn »Rohstoff« klassisch als Industrierohstoff definiert ist -, sind nicht sonderlich begehrt. Deutschland konnte mit dem Ruhrgebiet ab 1850 bis ungefähr in die 1960er-Jahre erfolgreich in der industriellen Revolution und dem folgenden Industriezeitalter mitmischen und auch nach dem Zweiten Weltkrieg mit Kohle und Stahl ein Wirtschaftswunder entfachen.
Aber diese Güter und die Wirtschaftsunternehmen, die an ihnen hängen, sind heute in keiner guten Verfassung mehr: Stahl produzieren heute andere Länder viel günstiger, und Kohle bekommt zunehmend das Image des Klimakillers.
Auffällig ist, dass Deutschland und einige andere Staaten wie Japan oder die Schweiz, die ähnlich aufgestellt sind, trotzdem sehr gute Wirtschaftskenngrößen aufweisen und zu den reichsten Ländern der Welt gehören. Das liegt daran, dass die Industrie und Rohstoffe, die auf Zügen und Lkw transportiert werden, heute immer weniger bestimmend sind für den wirtschaftlichen Erfolg. Im Zeitalter der Informationstechnologien gelten andere, flüchtigere Rohstoffe als wichtigster Grundstoff des Wachstums: Ideen.
Ideen sind schon immer zeitlos gewesen, denn auch die Industrieimperien der alten Zeit bauten nicht zuletzt auf unternehmerischen Entscheidungen, Innovationen und Verbesserungen auf. Daher ist es auch keine Renaissance der Ideen, die das Informationszeitalter antreibt, sondern eigentlich die konsequente Zuspitzung der Überzeugung, dass eine gute Idee, die umgesetzt wird, alles andere schlagen kann.
Weil aber Ideen jedem zur Verfügung stehen, hat das die Möglichkeiten, ein eigenes Business auf die Beine zu stellen, auch in Deutschland deutlich demokratisiert. Es geht heute nur darum, seine eigenen Ideen und Kreativität freizulegen. Es ist kein Stahlwerk mehr nötig, um Visionen zu folgen und der eigenen gestalterischen Kraft Ausdruck zu verleihen.
Es gibt im Wesentlichen vier Wege, für seinen Lebensunterhalt zu sorgen, die als Arbeit oder als Modelle des Gelderwerbs bezeichnet werden: Selbstständigkeit, ein Angestelltendasein, Unternehmertum sowie ein Leben als Investor.
Daneben gibt es noch andere, teilweise sogar recht attraktiv wirkende Möglichkeiten, genug Geld zur Verfügung zu haben, um das eigene Überleben zu sichern: Ein Leben als Erbe einer wohlhabenden Familie, ein Dasein als Fußballergattin mit Mode-Label im Nebenerwerb oder der kleine Selbstversorgerhof in der selbst gewählten Enklave gehören vielleicht dazu. Aber weil die vier erstgenannten den Großteil der Lebensmodelle ausmachen, betrachten wir nur diese. Und weil es einen Erfolg in einem der anderen Bereiche braucht, um Investor zu werden, lassen wir auch diesen erst einmal außen vor.
Es bleiben folglich drei Modelle übrig: Arbeiten als Angestellter, Selbstständiger und Unternehmer. Was unterscheidet diese Modelle, worin liegen die Vor- und Nachteile, und auf welchen Achsen können diese strukturell unterschieden werden?
Die erste Achse: Angestellte arbeiten in den allermeisten Fällen in irgendeiner Form zeitbasiert. Das bedeutet, dass in ihrem Arbeitsvertrag mit der Firma, bei der sie angestellt sind, ein Stundenlohn fixiert wurde. Das hat Vorteile - und ein paar Nachteile. Oft werden in einem Angestelltenverhältnis eine Arbeitszeit und eine Summe vereinbart, die am Ende des Monats auf das Konto des Angestellten überwiesen wird. Das Bruttomonatsgehalt von Verkäuferinnen und Verkäufern im Einzelhandel beträgt beispielsweise auf Basis einer 38-Stunden- Woche ohne Sonderzahlungen in Deutschland durchschnittlich 1890 Euro.11
Bei 38 Stunden pro Woche hat ein Arbeitstag 7,6 Stunden. Zudem werden im Durchschnitt 21 Arbeitstage für einen Monat gerechnet, also hier 159,6 Stunden im Monat gearbeitet. 1890 Euro brutto dividiert durch 159,6 Stunden ergibt einen Stundenlohn von 11,84 Euro.
Der mittlere Monatsverdienst dieser Verkäuferin beträgt also 1890 Euro, selbst wenn sie ihren Job überdurchschnittlich liebt oder sie sich überdurchschnittlich engagiert. Das ergibt im Jahr 22 680 Euro und bei den durchschnittlichen 42 Erwerbsjahren in Deutschland dann 952 560 Euro Lebensverdienst. Selbst wenn die Verkäuferin den Selbstversorgerhof hat und alles spart, wird sie so niemals im Leben 1 Million Euro mit Erwerbsarbeit verdienen.
Weiterhin steht dann im Arbeitsvertrag vermutlich, welche Aufgaben der oder die Angestellte für dieses Geld in der genannten Zeit zu verrichten hat. Das ist genau der Punkt, an dem der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vorgibt, welche Ziele er zu verfolgen hat. Das bedeutet also: In der Zeit, die ein Angestellter im Betrieb verbringt, wird er bezahlt (be»lohn«t), die eigenen Ziele für 7,6 Stunden ein wenig zurückzustellen und dafür dann die Ziele der Firma oder des Chefs zu verfolgen.
Natürlich gibt es Traumjobs, in denen Angestellte auch den eigenen Zielen nachgehen können, und es gibt Angestellte, die sich die Ziele ihrer Firma zu eigen machen. Aber das ist nicht der grundsätzliche Deal und muss es ausdrücklich auch nicht sein. Angestellte können hochwertig arbeiten, ohne ihre eigenen Ziele dabei zu verfolgen. Das erfordert höchstens Disziplin: Ein angestellter Handwerker beispielsweise wird in hoher Qualität seinem Handwerk nachgehen.
Doch es ist längst nicht alles kritisch oder gar schlecht am Angestelltendasein. Einem Angestellten werden unter Umständen Überstunden vergütet oder ein 13. Monatsgehalt gezahlt, bei manchen Unternehmen sogar eine Prämie, wenn das Geschäftsjahr für die Firma besonders gut lief.
Porsche hat beispielsweise seinen Mitarbeitern im Jahr 2018 eine sogenannte »freiwillige Sonderzahlung« in Höhe von 9700 Euro brutto gezahlt, weil Porsche so gut Autos gebaut und verkauft hatte.
Zudem hat der Arbeitnehmer in Deutschland Anrecht auf eine anteilige Übernahme der Sozialbeiträge durch den Arbeitgeber, auf Urlaubstage und notwendige Arbeitsmittel, Schutzausrüstung und Überstundenausgleich. Wenn Angestellte krank werden, dann zahlt die Firma den Lohn weiter - und wenn sie das nach einer bestimmten Zeit nicht mehr tun muss, dann übernimmt sogar der Staat noch einen Teil dieser Zahlungen.
Alle nun genannten angenehmen Begleiterscheinungen sind nur ein kleiner Teil des übergeordneten Deals, dass Angestellte nur zu einem geringen Teil das betriebswirtschaftliche Risiko der Unternehmung tragen, für die sie arbeiten, was ein großer Vorteil dieser Rolle im Berufsleben ist: Eine Wirtschaftskrise etwa betrifft zuerst die Firma oder den Unternehmer, während der Arbeitnehmer tatsächlich eine Weile geschützt ist, zum Beispiel durch Kündigungsfristen oder Kurzarbeitsregelungen, bei denen der Staat einen Teil der Bezüge zahlt.
Auch wenn Porsche mal schlechter Autos verkauft, wird der Lohn der Angestellten nicht automatisch reduziert - die Prämie mag wegfallen und einige mögen um ihren Job bangen, aber sicher nicht in jeder kleinen Rezession. Gleichzeitig wird dem Angestellten das Arbeitsverhältnis als sogenannter »abhängig Angestellter« auch dadurch versüßt, dass ein Kündigungsschutz selbst dann vor der unmittelbaren wirtschaftlichen Schwierigkeit schützt, wenn der Unternehmer und seine Firma in wirtschaftliche Schieflage geraten, was jederzeit geschehen kann - verschuldet oder unverschuldet.
Der Stundenlohn und die weiteren Sicherheiten sind dabei recht fest verankert. So kann weder der Arbeitgeber einfach den Lohn reduzieren, wenn der Arbeitnehmer mal nachweislich oder gefühlt langsamer gearbeitet hat oder die Verkäufe der Firma schwächeln, noch kann der Arbeitnehmer einen Zuwachs seiner Produktivität einfach in einen höheren Stundenlohn ummünzen. Angestellte Ärzte etwa, die einen Facharzttitel führen, müssen regelmäßig Fortbildungen besuchen und dort »Punkte« sammeln, nur damit sie ihre Facharztbezeichnung weiterhin führen dürfen. Bekommen sie deshalb, auch bei steigender Expertise, mehr Gehalt von ihrem Chef? Meistens nicht.
Angestellte führen in der Summe ein relativ risikoloses Leben, von dessen Parametern viele Selbstständige träumen: ein kalkulierbares, festes Einkommen; eventuelle Schwankungen der Wirtschaftssituation des Unternehmens berühren zunächst nicht das Haushaltseinkommen der Angestellten, und auch persönliche Risiken werden im Sozialstaat mit seinen sehr arbeitnehmerfreundlichen Rechten gut abgefedert. Dafür ist die Rendite für den Arbeitnehmer in Bezug auf Lohn und die Erreichung eigener Ziele aber zumeist ziemlich gedeckelt.
Angestellte, so könnte man es zuspitzen, verkaufen ihrer Firma oder ihrem Chef ihre Lebenszeit zu einem festgelegten Kurs, der dafür auch in guten wie in schlechten Zeiten nicht erheblich an den Unternehmenserfolg gebunden ist.
Angestellte arbeiten zeitbasiert. Und sie arbeiten zugleich für die Ziele anderer. Dieser Deal ist für beide Seiten ein Geben-und-Nehmen-Geschäft und, sofern sich beide Seiten sich dabei fair behandelt fühlen, nicht im Geringsten zu beanstanden.
Viele Menschen empfinden es als Erleichterung, nach 17:00 Uhr nicht mehr an die Ziele ihrer Arbeit denken zu müssen. Sie finden dennoch Anerkennung für ihr in die Arbeit eingebrachtes Wissen. Und gleichzeitig hat dieses Verhältnis auch für die meisten Firmen große Vorteile, denn Angestellte sind in aller Regel Spezialisten in ihrem Fach. Sie haben sich lange mit einer speziellen Funktion im Unternehmen auseinandergesetzt: mit Controlling, Buchhaltung oder Produktion, als Fachverkäuferin oder Fachspezialist.
Damit gelingt es den Firmen, die fluiden Rohstoffe Ideen, Wissen und Engagement im Unternehmen zu binden.
Angestellte, die eine Weile in einem Job arbeiten, im Unternehmen vielleicht bereits ihre Ausbildung abgeschlossen haben und über Berufserfahrung verfügen, haben in aller Regel in ihrem Beruf sehr viel Fachkenntnisse erworben.
Wer sich nur hinreichend lange mit einer Sache beschäftigt, erreicht dort unausweichlich eine gewisse Expertise. Nicht jeder mag zur Meisterschaft in diesem Bereich gelangen, aber wenn sich Leidenschaft und längerfristige Auseinandersetzung mit einem Thema kombinieren, dann wird der, der in dieser Materie zu Hause ist, zu einem Spezialisten.
Angestellte können ihre persönliche Situation jedoch immer reflektieren: Ermöglicht die Bindung ihres Wissens an das Unternehmen, dieses Wissen gleichzeitig mit ihrer Leidenschaft und ihrer persönlichen Entwicklung so zu koppeln, dass es ihnen die Verwirklichung ihrer Ziele im beruflichen Umfeld erlaubt? Bietet ihnen also ihr Job die Bühne ihrer Leidenschaft? Wer das für sich bejahen kann, ist auch im Festangestelltenverhältnis zufrieden und glücklich.
Dabei muss im Übrigen in einem Angestelltenjob genauso wenig wie in einer Selbstständigkeit Leidenschaft eine größere Rolle spielen - viele Angestellte sind zufrieden in ihrem Beruf, ohne eine allzu große Leidenschaft empfinden zu müssen.
Neben Zeit bringen Angestellte laut Arbeitsvertrag ein mehr oder minder explizit vertraglich bestimmtes Wissen in das Angestelltenverhältnis ein. Leidenschaft steht dafür selten im Vertrag, nicht einmal im Kleingedruckten. Daher sind grundsätzlich zwei Szenarien möglich, wie sich die Leidenschaft zum Job verhält: Das erste denkbare Szenario ist, dass Angestellte ihren Job ausüben, obwohl er nicht ihrer Leidenschaft entspricht oder sogar eine Form der Selbstverwirklichung bedeuten würde. Das ist eine ernste Sache: Rechnen Sie acht Stunden Schlaf und acht Stunden Job, so haben Angestellte, die das für sich feststellen müssen, bereits zwei Drittel des Tages mit Dingen verbracht, die der Firma und dem eigenen Auskommen dienen, aber nicht der eigenen Leidenschaft eine größere Bühne bieten würden.
Die verbleibenden acht Stunden müssen dann auch mit dem verbleibenden Elan gefüllt werden, was oft eine Herausforderung darstellt. Wer das kann, beispielsweise in seinem Hobby abseits des Jobs völlig aufgeht und in diesem Hobby seine Leidenschaft auslebt, kann einen Konsens aus Job und Selbstverwirklichung finden und zufrieden sein.
Das zweite Szenario ist, dass Angestellte in ihrem Job ihr Spezialistenwissen einbringen und dabei auch noch ihrer persönlichen Leidenschaft frönen können. Ihr Wissen ist dann ebenso eine Ressource, auf die das Unternehmen gerne zurückgreift: Schließlich ist Wissen der Motor für den wirtschaftlichen Erfolg jeder Unternehmung.
Doch auch hier sollten Angestellte hinterfragen, welche Rolle sie in diesem Tauschgeschäft spielen.
Um das zu verstehen, sollten wir uns anschauen, wie ein Unternehmen in der Marktwirtschaft Geld verdient: Es kauft Rohstoffe ein - zum Beispiel grundlegende Stoffe wie Öl, Stahl oder Kunststoffgranulat oder das Spezialistenwissen der Angestellten -, und diese werden dann durch verschiedene Prozesse veredelt und mit einer aufgeschlagenen Marge wieder verkauft. »Wertschöpfungskette« heißt dieses Prinzip; entlang dieser Kette entsteht ein Gewinn für das Unternehmen. Grundsätzlich geschieht das also auch mit dem Wissen der Mitarbeiter, das zur Veredelung der Rohstoffe beiträgt.
Die Expertise mancher Mitarbeiter mag sich erst in der Zusammenarbeit im Unternehmen marktfähig zeigen - was nützt Buchhaltung, wenn es nichts zu buchen gibt -, aber grundsätzlich wird das Wissen jedes Angestellten von der Firma gewinnbringend verkauft oder mindestens in einen Prozess überführt, der den Gewinn der Firma ermöglicht oder gar wachsen lässt.
Wenn es gelingt, den Kern des eigenen Wissens aus dieser Wertschöpfungskette herauszulösen, dann gehört dieses Wissen Ihnen persönlich - und nicht länger dem Unternehmen, das Sie beschäftigt. Ihr Wissen gehört Ihnen höchstpersönlich: Wenn Ihnen Ihr Arbeitgeber kündigt, dann müssen Sie Ihren Firmenwagen und Ihren Schreibtisch zurücklassen; Ihr Wissen aber nehmen Sie mit. Wenn Ihnen im Lauf Ihres Arbeitnehmerdaseins Ihr Arbeitgeber zum Beispiel eine Fortbildung zum »Microsoft Certified Systems Engineer« (MCSE) bezahlt hat, dann bleiben Ihnen dieses Zertifikat und Ihr damit erworbenes Wissen höchstpersönlich erhalten.