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Hans-Günter Weeß

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Beschreibung

»Dr. Hans-Günter Weeß ist eine Koryphäe aus dem Bereich der Schlafforschung.« Barbara Schöneberger, NDR Talk Show Der führende Schlafexperte Dr. Hans-Günter Weeß lüftet das Geheimnis um den guten Schlaf und verrät Tipps und Tricks, wie wir tiefenentspannt ins Reich der Träume abtauchen können. Denn Schlaf ist kein Luxus, sondern lebenswichtig. Er ist Muntermacher, Kraftquelle, Gedächtnisbooster und Depressionsschutz in einem – ganz abgesehen davon, dass er uns frisch und gesund aussehen lässt. In diesem Ratgeber erklärt Dr. Hans-Günter Weeß, was während der Schlaf-Phasen im Körper passiert, wie sich der Schlaf mit den Lebensjahren verändert und bei Mann und Frau unterscheidet. Er räumt mit landläufigen Mythen auf, beschreibt das Einmaleins des guten Schlafs und nimmt neben den Ein- und Durchschlafstörungen allerlei Tiefschlaf-Killer ins Visier: Schnarchen, unruhige Beine, Alpträume, Handys und den modernen Lebensstil. Wer schnelle und effiziente Hilfe gegen durchwachte Nächte sucht, findet Rat in Weeß' 3-Wochen-Programm für den gesunden Schlaf. Denn nur wer nachts richtig abschaltet und durchschläft, geht hellwach durchs Leben. Mit dem 3-Wochen-Programm für gesunden Schlaf! »Wie wir zu einem erholsamen Schlaf kommen, das erfahren wir vom Schlafpapst Dr. Hans-Günter Weeß.« Michael Steinbrecher, Nachtcafé

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Seitenzahl: 376

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Hans-Günter Weeß

Schlaf wirkt Wunder

Alles über das wichtigste Drittel unseres Lebens

Mit Illustrationen von Katja Spitzer

Knaur e-books

Über dieses Buch

Schlaf ist mehr als nur die kurze Pause zwischendurch. Er ist Muntermacher, Kraftquelle, Gedächtnisbooster und Depressionsschutz in einem – ganz abgesehen davon, dass er uns frisch und gesund aussehen lässt. Der führende Schlafexperte Dr. Hans-Günter Weeß lüftet das Geheimnis um den Schlaf und verrät Tipps und Tricks, wie wir tiefenentspannt ins Reich der Träume abtauchen können.

Schlaf ist kein Luxus, sondern lebenswichtig. Schlafexperte Hans-Günter Weeß erzählt von diesem verblüffend facettenreichen Naturzustand, der unsere Gesundheit fördert, das Gedächtnis stärkt und unser Aussehen pflegt. Dazu erklärt er, was während der Schlafphasen im Körper passiert, wie sich der Schlaf mit den Lebensjahren verändert und bei Mann und Frau unterscheidet. Er räumt mit landläufigen Mythen auf, beschreibt das Einmaleins des guten Schlafs und nimmt neben Ein- und Durchschlafstörungen allerlei Schlafkiller ins Visier: Schnarchen, unruhige Beine, Albträume, Handys und den modernen Lebensstil. Denn nur wer nachts richtig abschaltet und durchschläft, geht hellwach durchs Leben.

Inhaltsübersicht

WidmungVorwortTeil I  Dem Geheimnis Schlaf auf der Spur1  Schlaf ist die beste MedizinRisiken und Nebenwirkungen von SchlafmangelJungbrunnen SchlafStimmungsregler Schlaf2  Wie viel soll man schlafen?Das empfiehlt die WissenschaftSchlafen Sie genug?Kann man sich das Schlafen abgewöhnen?3  Wann soll das Sandmännchen kommen?Im Takt von hell und dunkelWie die inneren Uhren des Menschen tickenSchlaftypen: von Lerchen und EulenDie für Sie richtige ZubettgehzeitSchlaf am Tag: Heilsbringer und WachmacherTeil II  Der Schlaf unter der Lupe4  Rhythmen und Boten der NachtDer Schlafdirigent: MelatoninDas Wach- und Glückshormon SerotoninNachts den Akku wieder aufladen: AdenosinKraftwerk der Nacht: das WachstumshormonKrafttraining im Schlaf: TestosteronNächtlicher StoffwechselHeiß-kalte Nächte: die KörperkerntemperaturHerz und SchlafDas Weckhormon Kortisol5  Die Architektur des SchlafesDie Ursprünge der modernen SchlafforschungDie Schlafzyklen der NachtErholungsreise durch die Nacht: das nächtliche Reparaturprogramm6  Träume: nächtliches KopfkinoSind Träume nur Schäume?7  In den Schlafzimmern des LebensVom Schlaf des NeugeborenenDer Schlaf im Kindergarten- und GrundschulalterWenn der Schlaf erwachsen wirdDer Schlaf in der Mitte des LebensFluch und Segen des Schlafens im Alter8  Der Schlaf der GeschlechterWarum Frauen es schwerer haben mit dem SchlafenLiebe, Schlaf und Partnerschaft9  Der Schlaf im Wechsel der JahreszeitenWinterschlaf und WinterbluesFrühjahrsmüdigkeitTeil III  Der Schlaf in der 24-Stunden-non-stop- Gesellschaft10  Chronisch unausgeschlafenSo schläft DeutschlandSchlaf und ArbeitslebenMittagsschlaf: ein karrierefördernder ZustandRund um die Uhr: SchichtarbeitSchule: Lasst sie doch noch etwas liegenSchlafkiller neue Medien: wie uns Smartphones, Tablets & Co um den Schlaf bringenGefährlicher Schlaf: Sekundenschlaf im StraßenverkehrJetlagWer hat an der Uhr gedreht?Teil IV  Das 1 x 1 des Schlafens11  Mythen und Volksweisheiten zum SchlafSchlafmythen auf dem Prüfstand12  Der Tag macht die NachtDen eigenen Schlaftypus und die Leistungskurve berücksichtigenMit Belastungen richtig umgehenSport und Bewegung fördern SchlafErnährung und Schlaf13  Die richtige AbendroutineBeleuchtung am AbendEinschlafkiller FernsehschlafDer richtige SchlummertrunkDas Zubettgeh-RitualEs mit der Abendroutine nicht übertreiben14  Die perfekte NachtDie SchlafzimmergestaltungPyjama oder Adamskostüm?Die richtige SchlafpositionAlleine oder zu zweit schlafen?Alle unter eine Decke? Kontroverse FamilienbettSchlafpartner HaustierAuswärts schlafenGut einschlafenWenn man mal wach istZeit zum AufstehenTeil V  Der Schlaf im Sturm des Lebens15  SchlafstörungenAugen zu und durch: Ein- und DurchschlafstörungSägewerk im Bett: von gutem und krankhaftem SchnarchenTest: Leiden Sie an einer Schlafapnoe?Was tun bei einer Schlafapnoe?Zappelbeine: rastlos durch die NachtVon nächtlichen Monstern, Dämonen und anderen SchlafräubernSchlafwandler: ruhelose Geister der NachtGewaltschläfer: die REM-Schlaf-VerhaltensstörungNächtlicher Horrortrip: AlbträumePavor nocturnus: NachtschreckWenn der Schlaf das Erwachen lähmtLachen verboten: NarkolepsieDauerschlaf: Das Dornröschen-SyndromTeil VI  Schlafen lernen16  Das Drei-Wochen-ProgrammWoche eins: Das richtige Rezept findenWoche zwei: Das Rezept anwendenWoche drei: Das Rezept wirken lassen17  Die nächste Stufe: professionelle HilfenSchlaftherapiegruppenStationäre AngeboteSchlaflabor18  Schlafmittel: Nutzen und RisikenPrimäre und sekundäre SchlafmittelPflanzliche Schlaf- und BeruhigungsmittelAntihistaminikaMelatoninNachwortDanksagung
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Für Beate und Daniel

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Vorwort

Schlaf ist der schönste Zustand unseres Lebens! Nichts Schöneres, als sich abends in seinem Bett einzumummeln, der Welt adieu zu sagen und sich von den großen und kleinen Sorgen des Lebens zu verabschieden. Nacht für Nacht gleiten wir für viele Stunden ins Reich unserer Träume, verlieren scheinbar das Bewusstsein und die Kontrolle über uns und unsere Umwelt. Ungefähr ein Drittel unseres Lebens verbringen wir in diesem scheinbar unnützen und passiven Zustand. Tatsächlich hat Schlaf aber eine elementare biologische Funktion. Wenn wir nicht essen, trinken oder schlafen, werden wir sterben!

Lange Zeit haben Forschung und Wissenschaft den Schlaf verschlafen. Weswegen er heute noch für viele ein geheimnisvoller Mythos ist, ein weitgehend unbekannter Teil unseres Lebens. Erst in den letzten Jahren hat die moderne Schlafforschung verstärkt neue und interessante Erkenntnisse zur Funktion und Bedeutung des Schlafens präsentiert. So manches Rätsel konnte gelöst, manches Geheimnis gelüftet werden. Vieles hatte man geahnt, aber erst jetzt mit neuen Methoden wissenschaftlich belegen können. Und von so manchem Mythos rund um den Schlaf hat man sich verabschieden müssen.

Ich möchte Sie einladen, mit mir auf eine spannende Reise durch die faszinierende Welt des Schlafes zu gehen: Schlaf ist so viel mehr, als wir gemeinhin annehmen. Er ist das wichtigste Regenerationsinstrument unseres Organismus, viele Prozesse laufen nur nachts ab, und wenn sie gestört werden, hat das auch Einfluss auf unser Verhalten am Tag. Wir alle wissen, Schlaf macht wach und ist ein Quell von Energie. Wer leistungsfähig im Beruf und Alltag sein möchte, muss schlafen. Schlaf ist ein Jungbrunnen und bedeutsam für ein langes Leben. Wer ausreichend schläft, ist widerstandsfähiger, stärkt sein Immunsystem und reduziert das Risiko für viele Krankheiten wie Depressionen, Diabetes, Bluthochdruck, Herzinfarkt oder Schlaganfall. Darüber hinaus macht uns gesunder Schlaf schlau und attraktiv.

Aber wie sieht gesunder Schlaf denn nun genau aus? Was ist die richtige Schlaf-Dosis? Kann man zu viel oder zu wenig schlafen, den verpassten Schlaf von Werktagen am Wochenende nachholen, und warum schläft beispielsweise ganz Deutschland von Sonntag auf Montag am schlechtesten? Wie sieht die optimale Tages- und Abendgestaltung und wie das perfekte Verhalten in der Nacht für einen tiefen und erholsamen Schlaf aus? Das sind Fragen, die mir im Praxisalltag immer wieder gestellt werden. Vor allem von Patienten, die sich bereits mit Schlafstörungen herumplagen, aber auch von Schlafgesunden. Tatsächlich haben wir alle es ein Stück weit in der Hand, ob wir nachts unruhig die Kissen zerwühlen und immer wieder auf die Uhr starren oder selig durchschlummern.

Deshalb möchte ich mit diesem Buch nicht nur Licht ins Dunkel der Nacht bringen, sondern Sie zu »kleinen Schlafexperten« machen. Sie werden erfahren, wie der Schlaf aufgebaut ist, welche Stadien es gibt, welche Funktionen sie haben und wie sich der Schlaf im Laufe des Lebens verändert. Warum wir träumen und warum Frauen und Männer sich nicht nur im Wachen unterscheiden, sondern auch im Schlaf und in ihren Träumen. Sie werden erfahren, warum die Erfindung der Glühbirne und mit ihr zunächst die Industrialisierung und später die neuen Medien evolutionsbiologisch unserer Natur zuwiderlaufen. Seit Anbeginn der Menschheit haben wir nachts geschlafen und waren am Tag aktiv und arbeitsam. Heute machen wir die Nacht zum Tag. Wir können rund um die Uhr arbeiten, abends im Bett die E-Mails vom Arbeitsplatz checken und nachts Videokonferenzen mit Geschäftspartnern in Übersee abhalten. Die Produktivität ist dabei nur vermeintlich höher: Schüler, Studenten, Arbeitnehmer, wir alle bezahlen einen Preis für unser Leben in der 24-Stunden-non-stop-Gesellschaft. Selbst der volkswirtschaftliche Schaden, der durch die chronisch unausgeschlafene Bevölkerung entsteht, lässt sich inzwischen beziffern.

Gleichzeitig brüstet man sich in unserer Gesellschaft damit, mit immer weniger Schlaf auszukommen. Wer nicht schläft, gilt als dynamisch, fleißig und erfolgreich. Wir schätzen den Schlaf nicht mehr. Schimpfwörter wie »Schlafmütze« oder »Schnarchnase« und Volksweisheiten wie »Morgenstund hat Gold im Mund« oder »am Abend werden die Faulen fleißig« unterstreichen dies. Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das sein Schlafprogramm mit dem Wecker beendet, bevor es abgeschlossen ist. So etwas würden wir weder mit unserer Waschmaschine tun noch mit dem Backofen, in dem der Sonntagsbraten schmurgelt.

Wie wir wieder eine neue Schlafkultur entwickeln könnten, Sie Ihren Schlaf in dieser hektischen Zeit mit ständiger Erreichbarkeit, Ruhelosigkeit, Schichtarbeit, Arbeitsverdichtung und neuen Medien schützen können, auch das beschreibe ich in diesem Buch. Für manche Menschen ist erholsamer Schlaf nur schwer erreichbar, da heißt es Nacht für Nacht: »Augen zu und durch«. Für manche kommt eine durchgeschlafene Nacht einem Lottogewinn gleich. Die Schlafforschung unterscheidet mehr als fünfzig Schlafstörungen. Die wichtigsten und häufigsten werde ich Ihnen vorstellen: Es wird um Ein- und Durchschlafstörungen gehen, das Schnarchen in seiner gutartigen und seiner krankhaften Version mit nächtlichen Atemstillständen, um Albträume, unruhige Beine, Schlafwandeln und vieles mehr. Dabei ist es mir wichtig, Ihnen nicht nur die modernen Behandlungsmethoden vorzustellen, sondern stets auch selbstwirksame Hilfsmöglichkeiten aufzuzeigen. Ich möchte Sie sozusagen zu Ihrer eigenen Schlaftablette machen. Schließlich heißt es nicht umsonst: »Schlaf ist die beste Medizin.«

Und für alle, die ihren Schlaf verbessern wollen, habe ich ein Drei-Wochen-Programm für einen besseren Schlaf entwickelt. Es beruht auf meiner jahrelangen Erfahrung in der Behandlung von Menschen mit chronischen und schweren Schlafstörungen, die an unseren ambulanten und stationären schlaftherapeutischen Behandlungen teilgenommen haben. Dabei vermitteln wir Patienten wissenschaftlich erprobte selbstwirksame Techniken, um sie Schritt für Schritt wieder zu einem erholsamen, entspannten Schlaf zu führen.

So, jetzt geht’s aber los, auf in eine spannende Reise durch die Nacht …

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Teil I  Dem Geheimnis Schlaf auf der Spur

1  Schlaf ist die beste Medizin

Wenn wir uns abends aufs Kopfkissen kuscheln und uns in Morpheus’ Arme begeben, entfliehen wir der Realität. Wir begeben uns für viele Stunden in eine Traumwelt, die wenig mit unserem Alltag gemein hat. Vielleicht erscheint uns deshalb diese nächtliche Zeit so sinnlos. Was könnten wir alles machen, müssten wir uns nicht diesem lästigen Zustand hingeben. Müssen wir wirklich? Ja, müssen wir: Sollte der Schlaf tatsächlich überflüssig und sinnlos sein, die Natur hätte ihn schon längst wieder abgeschafft!

Das nächtliche Schlummern erfüllt für unseren Körper, unsere Psyche und unser Leistungsvermögen viele wichtige Aufgaben. Längst nicht alle hat die Wissenschaft bisher entschlüsselt. Schlaf ist aktive Regeneration, die Zellen erneuern sich, und unser Gehirn arbeitet währenddessen zeitweise auf Hochtouren. Kurz: Es gibt keinen so umfassenden Erholungszustand für Körper und Geist wie den Schlaf. Von seinen vielen unterschiedlichen Aufgaben möchte ich Ihnen als Erstes erzählen. Diese lassen sich am besten erkennen, wenn wir uns deutlich machen, was alles passieren kann, wenn Sie die Medizin Schlaf falsch dosieren.

Risiken und Nebenwirkungen von Schlafmangel

Wer wach sein will, muss schlafen, das weiß eigentlich jedes Kind. Und zwar ausreichend, nur ein paar Stündchen sind für die meisten viel zu wenig. Ohne regelmäßigen und vor allem genügenden Schlaf können wir uns am Steuer nur schwer vor dem Sekundenschlaf schützen, in Sitzungen das Einnicken kaum verhindern, sind in Schule oder Studium unkonzentriert und haben Mühe, vernünftige Entscheidungen zu treffen. Zu wenig Schlaf macht uns launisch und gereizt. Viele werden unter dem Eindruck einer schlaflosen Nacht sogar unausstehlich! Schnell reißt der Geduldsfaden, und das Aggressionspotenzial erreicht Topniveau. Beim kleinsten Problem gehen wir an die Decke. Schlaflosigkeit über einen längeren Zeitraum verändert auch unsere Körperwahrnehmung: Wir spüren jedes Zipperlein überdeutlich, sind etwas wehleidig und werden schnell unleidlich.

Kurzfristig können wir den Schlafausfall gesundheitlich kompensieren, das hat uns die Evolution aus grauer Vorzeit mitgegeben. Damals musste sich der Mensch flexibel zeigen, wenn es um seinen Schlaf ging. Es gab keine beschützten Behausungen, man musste sich in der freien Prärie, hinter Büschen, auf Bäumen und in Höhlen zusammenrollen. Unsere Vorfahren konnten plötzlich von einem Unwetter überrascht werden, und überall lauerte Gefahr in Form von nächtlichen Jägern, für die unsere Ahnen ein gefundenes Fressen waren. Da konnte es schon mal vorkommen, dass auf den Schlaf verzichtet werden oder es auch mit weniger gehen musste. Diese Fähigkeit hat sich in unseren Genen verankert. Es ist dem Menschen möglich, kurzfristig mit weniger oder keinem Schlaf auszukommen, ohne dass dies zu wesentlichen Einschränkungen führt. Nur wer über einen längeren Zeitraum zu wenig Schlaf hat, muss mit gesundheitlichen und psychischen Konsequenzen rechnen.

Akuter Schlafmangel macht betrunken

Gleichwohl hat auch schon eine einzige Nacht mit weniger oder keinem Schlaf so ihre Nebenwirkungen, vor allem auf das Leistungsvermögen am nächsten Tag. Jim Horn, englischer Schlafforscher, hat das in einem wissenschaftlichen Experiment sehr anschaulich verdeutlicht. Er verglich die Wirkung von Alkohol und zu wenig Schlaf auf unser Reaktionsvermögen und konnte zeigen, dass bereits 17 Stunden Wachheit mit einem Reaktionsvermögen einhergeht, wie es 0,5 Promille Blutalkoholspiegel entspricht. Wer also morgens um 6 Uhr aufsteht, durchrackert und abends um 23 Uhr ins Auto steigt, ist im juristischen Sinne nicht mehr voll fahrtüchtig. Nach 22 Stunden quälender Wachheit hatten Horns Probanden das Reaktionsvermögen eines Betrunkenen mit 1,0 Promille Blutalkoholspiegel erreicht. 22 Stunden Wachheit heißt also, dass eigentlich nichts mehr geht: Wir sind quasi betrunken, zumindest was unsere Reaktionen angeht, und nur noch bedingt zurechnungs- und entscheidungsfähig. Wir machen Fehler, und das Unfallrisiko steigt.

Die Folgen von Schlafmangel zeigen sich zuerst bei der Bewältigung von geistigen Aufgaben. Wer körperlich arbeitet, bemerkt die Anzeichen nicht so deutlich. Körperliche Anstrengung aktiviert das Herz-Kreislauf-System und überdeckt Müdigkeit, sie macht wach. Oder sind Sie schon einmal beim Joggen eingeschlafen? Trotzdem schlummert die Müdigkeit bei körperlicher Aktivität natürlich weiter gefährlich im Hintergrund. Kommen wir dann zur Ruhe, kann sie gnadenlos zuschlagen. Wehe, das passiert an einem falschen Ort oder zur falschen Zeit. Der Sekundenschlaf kann einen in mannigfaltigen Formen ins Reich der Träume katapultieren. Und besonders gerne tut er dies in Situationen, in denen man hellwach sein muss.

Schlafmangel macht unbekümmert und risikofreudig

Inspiriert durch die langen Nachtsitzungen in Politik und Wirtschaft untersuchten wir in einem Experiment die Auswirkungen von Schlafmangel auf Entscheidungsprozesse und das Risikoverhalten. Dafür baten wir Studenten, für eine Nacht nicht zu schlafen. Um sicherzustellen, dass nicht trotzdem heimlich geschlummert wurde, verbrachten die Teilnehmer der Studie die Nacht gemeinsam. Mitgebrachte Spiele wurden gespielt, man unterhielt sich, lenkte sich ab und kontrollierte gegenseitig, dass keiner einschlief. Am Abend vor und am Morgen nach dem Schlafentzug hatten die Teilnehmer die Aufgabe, mithilfe eines Computerprogrammes virtuelle Luftballons aufzublasen. Je größer die Ballons, desto mehr virtuelles Geld gab es. Gingen sie allerdings zu viel Risiko und bliesen die Ballons bis zum Platzen auf, gab es kein Geld für die Teilnehmer.

Das Ergebnis war gleichermaßen beeindruckend wie erschreckend. Im Durchschnitt gingen die Probanden am Abend vor dem Schlafentzug deutlich vorsichtiger beim Aufblasen der Luftballons zu Werke und verdienten sich mehr Geld. Ohne Schlaf war es am Morgen eine ziemlich laute Knallerei. Mit Dollarzeichen in den Augen und Ringen darunter gingen die Probanden so viel Risiko ein, dass deutlich mehr Ballons als am Abend platzten.

Auch leichter Schlafmangel über mehrere Tage, so wie es viele von uns immer wieder mal im hektischen Alltag erleben, steigert die Risikobereitschaft. Forscher der Universität Zürich haben herausgefunden, dass viel eher Gefahren eingegangen werden, wenn der Mensch über mehrere Tage hinweg zu wenig schläft. Die Wissenschaftler hatten das Verhalten von 14 gesunden männlichen Studenten im Alter von 18 bis 28 Jahren untersucht. Schliefen diese eine Woche lang nur fünf Stunden pro Nacht, zeigten sie ein klar risikoreicheres Verhalten im Vergleich zu einer Schlafdauer von etwa acht Stunden. Besonders kritisch an den Ergebnissen: Die übermüdeten Studenten waren sich nicht bewusst, dass sie risikobereiter waren. Chronischer Schlafmangel führt also nicht nur zu Schläfrigkeit und verminderter Aufmerksamkeit. Zu wenig Schlaf macht auch unvorsichtiger, trübt die korrekte Einschätzung von Risiken und die Entscheidungsfähigkeit, ohne dass der Betroffene sich darüber im Klaren ist.

Berücksichtigt man diese Untersuchungen, sind die Ergebnisse langer Nachtsitzungen in Politik und Wirtschaft in einem anderen Licht zu sehen. Nach einer Umfrage des Allensbacher Institutes aus dem Jahr 2011 fühlen sich 61 Prozent der Politiker regelhaft unausgeschlafen, 57 Prozent geben an, schon einmal müdigkeitsbedingte Zugeständnisse gemacht zu haben. Trotzdem brüsten sich immerhin 31 Prozent der Spitzenpolitiker, weniger als fünf Stunden schlafen zu müssen. In diesem Kontext fällt mir ein Zitat von Sabine Christiansen, der ehemaligen Talk-Moderatorin, ein: In einer Sendung mit dem Titel »Deutschland vor dem Untergang – verschlafen wir die Zukunft?« verblüffte sie mit der Erkenntnis: »Die Deutschen schlafen zu lange. Eine Kuh beispielsweise kommt mit drei bis vier Stunden Schlaf am Tage aus. Und ich auch.« Ich musste nicht nur über die Naivität einer so intelligenten Frau hinsichtlich des menschlichen Schlafbedürfnisses schmunzeln, sondern auch wegen des vermutlich unbewusst gezogenen Vergleichs mit einer Kuh … Rainer Werner Fassbinder hielt Schlaf übrigens für gänzlich überflüssig: »Schlafen kann ich noch, wenn ich tot bin.« Sprach’s und verstarb mit 38 Jahren.

Totaler Schlafmangel kann bedrohliche Folgen haben

Aber wie lange kann man denn nun wach bleiben, ohne dass die Gesundheit leidet? Dieser Frage gehen die Forscher seit Jahrzehnten nach. Ein in der Schlafforschung viel zitiertes Experiment wurde von Randy Gardner, einem weißen College-Studenten, durchgeführt. Er stellte in den 1960er-Jahren den Weltrekord im Nicht-Schlafen auf. Gemeinsam mit einem inzwischen berühmten Schlafmediziner, William Dement, und zwei Freunden, die ihn wechselseitig wachhielten, verbrachte er 264 Stunden ohne Schlaf. Dieser Rekord wurde erst im Jahr 2007 von dem Briten Tony Wright um zwei Stunden überboten; sein Versuch wurde zwar von der BBC begleitet, aber weder medizinisch noch wissenschaftlich.

Randy Gardner, der erste Rekordhalter, wurde für dieses wissenschaftliche Experiment nicht im Labor festgehalten. Er durfte sich frei bewegen und tun und lassen, was er wollte. Er ging mit seinen Betreuern spazieren, ins Kino, Schwimmen oder am liebsten in eine Spielhalle. Während dieser elf Tage völliger Schlaflosigkeit baute er geistig und psychisch immer mehr ab. Bereits am zweiten Tag konnte er Alltagsgegenstände wie eine Tasse oder ein Buch allein mit dem Tastsinn nicht mehr gut erkennen. Am dritten Tag zeigte er Einschränkungen in der Muskelkraft, der Koordinationsfähigkeit und Stimmungsschwankungen. In den folgenden Tagen wurde er immer launischer, gereizter und unkooperativer. Am vierten Tag erzählte Randy Gardner seinen Betreuern von merkwürdigen Sinneseindrücken, Wahrnehmungsstörungen und Halluzinationen: Straßenlaternen waren von Nebel umgeben, Straßenschilder wurden zu Menschen. Er neigte episodisch zu Wahnvorstellungen und hielt sich zeitweise für einen berühmten Baseballspieler mit dunkler Hautfarbe. Tags darauf mit noch weniger Schlaf beschwerte er sich sogar über die schlechte Presse, die er als besagter Baseballspieler angeblich erhalten hatte. In den letzten Tagen des Experiments schwand seine Merkfähigkeit immer mehr, Bewegungen konnte er nicht mehr richtig kontrollieren, und sein analytisches Denkvermögen verblasste immer mehr. Sein Reaktionsvermögen war stark reduziert, und einfachste Additionsaufgaben konnte er nicht mehr lösen. Allerdings zeigte er trotz des hohen Schlafdefizits keinerlei Anzeichen von körperlichen Schädigungen.

Was denken Sie? Wie lange hat Randy Gardner nach Beendigung des Experimentes geschlafen? Hat er die versäumte Schlafzeit wieder hereingeholt? In diesem Falle müsste er ungefähr elf mal acht Stunden, also 88 Stunden am Stück geschlafen haben. Tatsächlich schlief er in der ersten Nacht nach 264 Stunden Wachheit nur ganze 14 Stunden. In der zweiten Nacht waren es zwölf Stunden, in der dritten neun und in der vierten schlief er bereits wieder so lange wie für ihn üblich: ungefähr acht Stunden.

Der Mensch kompensiert Schlafmangel nicht über die Dauer, sondern über die Qualität des Erholungsschlafes. Vor allem der für die körperliche Erholung wichtige Tiefschlaf und der für das psychische Befinden wichtige REM-Schlaf treten in Erholungsnächten viel stärker auf den Plan, so kann Schlafenszeit gespart werden (dazu später mehr).

Totaler Schlafmangel führt zu körperlichen Einschränkungen und in seiner Extremform zum Tod. Derartige Experimente verbieten sich aus verständlichen Gründen beim Menschen. Aus Tierversuchen wissen wir aber, dass Schlafmangel bei Ratten nach 13 bis maximal 21 Tagen zum Tod führen kann. Über die genaue Todesursache lässt sich aber nur spekulieren, selbst sorgfältigste Untersuchungen erbrachten keine Ergebnisse. Das Fell der Tiere zeigte Flecken, Pusteln und eitrige Veränderungen, die nicht heilten. Die Ratten verloren auch an Gewicht, obwohl sie mehr als doppelt so viel fraßen. Obduktionen lieferten auch keine Ergebnisse. Das Gehirn, die inneren Organe wie Herz, Nieren oder Leber waren unbeschädigt. Auch konnte man ausschließen, dass der Tod durch vermehrten Stress, eine Funktionsstörung der inneren Organe, des Immunsystems oder der Wärmeregulation herbeigeführt wurde. Die Wissenschaft tappt also noch im Dunkeln, was die Ursachen angeht, das Endergebnis steht allerdings zweifelsfrei fest …

Jungbrunnen Schlaf

Die gerade zitierten Studien haben eines gemein: Sie beschäftigten sich mit extremem Schlafentzug und besitzen für die Grundlagenforschung einen hohen wissenschaftlichen Wert. Das Alltagsschlafverhalten in der modernen Industriegesellschaft spiegeln sie jedoch nicht wider. Sie wissen inzwischen, dass Schlaf wach und leistungsfähig macht. Und dass bereits kurzfristiger Schlafmangel unsere Sinne trüben und unser Reaktions- und Entscheidungsvermögen einschränken kann – um nur einige von zahlreichen Nebenwirkungen zu nennen, auf die wir später noch detailliert zu sprechen kommen werden. Was aber kann guter und ausreichender Schlaf im Umkehrschluss für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden tun? Eine ganze Menge!

Schlaf verlängert das Leben

Susannah Mushatt Jones galt bis zu ihrem Tod im Jahr 2016 mit 117 Jahren als ältester Mensch der Welt. »Miss Susie«, wie sie von ihren Angehörigen genannt wurde, wuchs gemeinsam mit zehn Geschwistern im Bundesstaat Alabama auf. Zuletzt lebte sie in New York in einem Altenheim. Die Zeitung »Daily News« berichtete über ihr Geheimrezept für ein langes Leben: viel Schlaf, keine Zigaretten und kein Alkohol. Aber bei einem kross gebratenen Streifchen Bacon habe sie nie nein sagen können.

Sollen wir also, um gesund und leistungsfähig zu sein, jeden Tag so lange in den Kissen bleiben, wie es nur geht? (Um Schinkenspeck, Zigaretten und Alkohol mögen sich andere kümmern, das ist nicht mein Fachgebiet …) Eine Gesellschaft der Vielschläfer begründen, die ewig schläft und niemals stirbt?

Nein, besser nicht! Eine ganze Reihe von wissenschaftlichen Studien lässt vermuten, dass zu viel Schlaf genauso mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen und einer reduzierten Lebenserwartung einhergeht wie zu wenig Schlaf. Es wird sogar vermutet, dass zu langer Schlaf die Stress- und Immunresistenz beeinträchtigt und dadurch Krankheiten gefördert werden. Daniel Kripke, bekannter amerikanischer Schlafforscher, war einer der Ersten, der 2004 zeigen konnte, dass die Sterblichkeit auch bei zu langem Schlaf zunimmt.

Mit anderen Worten: Die Dosis macht das Gift. Es ist wie bei so vielem im Leben, wir sollten auf ein ausgewogenes Maß achten, weder in die eine noch in die andere Richtung über die Stränge schlagen. Wer versucht, sich so viel Schlaf zu gönnen, wie es ihm die Natur vorgibt, der lebt gesund und lange.

Schlaf macht gesund

Das sagt der Volksmund, und jeder kennt es von sich selbst: Bei einer Erkältungskrankheit steigt das Schlafbedürfnis, und wenn wir dann viel schlafen, werden wir auch rascher wieder gesund.

Sheldon Cohen, ein amerikanischer Kollege von der Universität Pittsburgh, veröffentlichte im Jahr 2009 ein Experiment zum erhöhten Erkältungsrisiko bei Schlafmangel und reduzierter Schlafqualität: Über 14 Tage hinweg sollten 153 gesunde Freiwillige ihre nächtliche Schlafmenge aufzeichnen und die Schlafqualität beurteilen. Nach zwei Wochen wurden die Probanden mit einem Rhino-Virus infiziert, für fünf Tage unter Quarantäne gestellt und beobachtet, ob eine Erkältung ausbricht. Die Ergebnisse waren sehr anschaulich: Probanden mit weniger als sieben Stunden Schlaf hatten ein nahezu dreifach höheres Risiko für »laufende« Nasen und Halsschmerzen als diejenigen, die mehr als acht Stunden in ihren Kissen schlummerten. Unter den Probanden, die weniger als fünf Stunden schliefen, wurde sogar fast jeder Zweite krank. Was die Schlafqualität angeht, war das Ergebnis ähnlich klar: Teilnehmer mit einer schlechteren Schlafqualität hatten ein über fünffach höheres Risiko als diejenigen mit guter Schlafqualität.

In einem weiteren einleuchtenden Versuch aus dem Jahr 2003 bekam eine Gruppe von freiwilligen Studenten am Morgen eine Impfung gegen Hepatitis A. Der einen Hälfte der Versuchsteilnehmer wurde darauffolgend ein normaler Schlaf erlaubt, der anderen Hälfte in der Folgenacht bis zum darauffolgenden Abend der Schlaf verboten. Vier Wochen später wurden Blutproben genommen und die Menge an schützenden Antikörpern ermittelt, die das Immunsystem als Antwort auf die Impfung gebildet hatte. Das Ergebnis war beeindruckend: Die Kontrollpersonen mit Schlaf hatten knapp doppelt so viele Antikörper gebildet wie jene, die nicht hatten schlafen dürfen.

Diese Untersuchungen – aber mit Sicherheit auch Ihre eigenen Erfahrungen – belegen: Damit unser Immunsystem wirkungsvoll und effizient arbeiten kann, benötigt es ausreichend Schlaf. Fehlende Ruhe und Schlafmangel zu Beginn einer Erkältung kann diese besonders heftig und langdauernd ausbrechen lassen. Gönnen Sie Ihrem Immunsystem also bei den ersten Anzeichen einer Infektion ausreichend Schlaf, damit es zum wirkungsvollen Gegenschlag ausholen kann.

Schlaf macht klug

Babys, Teenager, Erwachsene, Senioren – alle lernen wir im Schlaf. Das glauben Sie nicht? Nun, ich meine damit jetzt nicht die immer wieder mal propagierte Strategie, ein Wörterbuch unter das Kissen zu legen in der Erwartung, man könne schon am nächsten Tag »auswärts« parlieren. Aber im Ernst: Wir lernen deswegen im Schlaf, weil sich im Schlaf neu am Tag erworbene Informationen langfristig ins Gedächtnis einprägen. Auch neue Bewegungsabläufe und motorische Fertigkeiten wie etwa Radfahren werden im Schlaf gefestigt. Dafür müssen wir uns nicht anstrengen, nicht das Vokabelbuch unter das Kopfkissen legen oder uns während des Schlafes mit dem neu zu lernenden Wissen per Audiodatei oder CD beschallen lassen. Es reicht, wenn wir tief, fest und ausreichend lange schlafen, dann festigt sich das Wissen und Können wie von selbst.

Anschaulich wird dieser Effekt anhand eines typischen Versuches, wie ihn zwei wissenschaftliche Mitarbeiterinnen des renommierten Gedächtnisforschers Jan Born von der Universität Tübingen durchführten. Ines Wilhelm und Susanne Diekelmann ließen Studenten am Abend vor dem Schlafen Wortpaare lernen. Ein Teil der Versuchspersonen durfte schlafen, der andere musste die Nacht ohne Schlaf durchmachen. Am nächsten Tag erinnerten sich die Probanden mit Schlaf an deutlich mehr Wortpaare als ihre schlaflosen Kommilitonen.

Übrigens können auch kleine Nickerchen am Tag den Lernerfolg positiv beeinflussen. In einem Experiment durften Studenten in der Prüfungsvorbereitungsphase alle zwei Stunden für zwanzig Minuten eine Pause machen: Die einen schliefen, die anderen zerstreuten sich mit anderen Dingen, durften aber auf keinen Fall schlafen. Am Abend konnten sich die Studenten mit Schlafpausen an deutlich mehr Gelerntes erinnern als diejenigen mit Pausen ohne Schlaf. Wer nachts also durchpaukt, tut sich keinen Gefallen. Das Gehirn wird behindert, das Gelernte abzuspeichern. Wer bereits in der Lernphase seinen Lernerfolg optimieren möchte, der sollte für regelmäßige kleine Schlafpausen sorgen.

Das Gehirn des Menschen verhält sich in seiner gedächtnisbildenden Funktion während des Schlafes sehr schlau: Es werden im Schlaf nur diejenigen Dinge abgespeichert, die wir auch tatsächlich als wichtig erachten. Unwichtige Dinge werden von unserem Denkmuskel nachts ignoriert und sind damit am nächsten Tag vergessen. Ansonsten müsste unser Gehirn zu viel verwirrenden Ballast mit sich schleppen, was das Erinnerungsvermögen nur behindern würde. Irgendwann wäre die Festplatte voll, und es gäbe einen Totalabsturz.

Bei der nächtlichen Gedächtnisbildung scheint Schlaf allerdings nicht gleich Schlaf zu sein. Studien deuten darauf hin, dass der Tiefschlaf vor allem für das Abspeichern von Faktenwissen im Oberstübchen verantwortlich zeichnet, der Traumschlaf hingegen eher Bewegungsabläufe und Bewegungsmuster vertieft ins Gedächtnis eingräbt. Für die Gedächtnisbildung scheint es wichtig zu sein, dass während des Schlafes genau diejenigen Nervenzellen erneut aktiviert werden, die während des Lernens am Tage aktiv waren. So gräbt sich das neue Wissen quasi unvergesslich in die Nervenbahnen ein.

Schlafmangel und schlechter Schlaf schwächen dagegen unser Gedächtnis. Aber nicht nur das! Matthew Walker von der University of California in Berkeley konnte zeigen, dass zu wenig Schlaf auch das Wenige, was erinnert wird, noch selektiv beeinflusst. Versuchspersonen ohne vorausgehenden Schlaf konnten sich in einem Wort-Gedächtnistest nicht nur an weniger Wörter erinnern, sondern auch nur an diejenigen, die neutral und negativ besetzt waren. Positiv besetzte Wörter, die ein gutes Gefühl vermitteln, wurden vergessen. Menschen mit Schlafstörungen können sich folglich besser an negative Erlebnisse erinnern als an positive. Die Depression steht schon vor der Tür!

Schlaf schützt vor Alterskrankheiten

Aktuell leiden in Deutschland ungefähr 1,5 Millionen Menschen an Demenz, der größere Teil davon am Typ Alzheimer. Jedes Jahr erkranken weitere 300000 Menschen. Neue Forschungen belegen: Der Schlaf könnte ein zentraler Player bei der Entstehung von Alterskrankheiten sein.

Unser Gehirn ist ein zentrales Organ: Es macht zwar nur etwa zwei Prozent unseres Körpergewichts aus, doch unsere Gehirnzellen verbrauchen ungefähr 25 Prozent aller Körperenergie. Das ist eine reife Leistung. Wo so viel gearbeitet wird, entsteht auch Müll. Deswegen produziert unser Oberstübchen über den Tag hinweg zahlreiche Abfallstoffe. Aber wie werden diese entsorgt? Die Müllabfuhr kommt sozusagen im Schlaf. Seit wenigen Jahren wissen wir, dass unser Gehirn während des Schlafes Proteine und andere Abfallstoffe beseitigt. Dazu zählt auch das Beta-Amyloid-Protein, das sich bei Alzheimer in den Zellzwischenräumen zu vermutlich toxisch wirkenden Klumpen, sogenannten Plaques, zusammenlagert und das Gehirn in seiner Funktion beeinträchtigt.

Gesunder Schlaf bringt also »den Müll raus« und entgiftet das Gehirn. Der sogenannte interstitielle Raum zwischen den Gehirnzellen weitet sich im Schlaf und wird über einen verstärkten Flüssigkeitsaustausch zu einem Entsorgungssystem für Abfallstoffe und giftige Stoffwechselprodukte, die so aus dem Gehirn geleitet werden. Nach dem Motto »alles muss raus« werden auch die demenzverdächtigen Amyloid-Plaques weggespült, die während des Wachens im Zellzwischenraum als Abfallprodukte entstehen und abgelagert werden. Allerdings scheint dieses Reinigungssystem nur im Tiefschlaf auf Hochtouren zu arbeiten, bei gestörtem Schlaf funktioniert der Amyloid-Abbau nicht. Will heißen: Wer nachts zu wenig oder schlecht schläft, hat ein höheres Risiko, an Alzheimer-Demenz zu erkranken. Erfolgreich altern geht also mit gutem Schlaf einher.

Schlaf macht schlank

Ein guter Freund hatte sich zum Abnehmen ein strenges Diätprogramm auferlegt. Abends quälten ihn oft starke Hungergefühle. Um den Versuchungen nicht zu erliegen, ging er häufig früher als gewohnt zu Bett – weil er wusste, der Schlaf erlöst ihn von dem quälenden Hunger. Wie das?

Verantwortlich für den Verlust des Hungergefühls während des Schlafes ist das Wechselspiel zwischen Ghrelin und Leptin. Ghrelin ist ein Stoffwechselhormon, das erst 1999 entdeckt wurde. Es wird von der Magenschleimhaut freigesetzt und entfaltet seine Wirkung unter anderem im Gehirn, wo es auch über die Produktion von Wachstumshormonen mitentscheidet. Es beeinflusst erstaunlicherweise viele Prozesse in unserem Körper: Das Ernährungsverhalten, die Stimmung und den Schlaf. Ghrelin verführt zum Essen, da es diejenigen Gehirnregionen beeinflusst, die den Appetit auslösen. Darüber hinaus verzögert es die Fettverbrennung. Es ist also ein guter Kandidat, um das Gewicht zu steigern.

Gott sei Dank gibt es aber den Schlaf und das Leptin. Leptin ist der Gegenspieler des Ghrelins. Es wird während des Schlafes maximal ausgeschüttet und unterdrückt den Appetit. Leptin ist ein Proteohormon, das Sättigungsgefühle hervorruft und Energie aus den Speichern, so zum Beispiel den Fettdepots gewinnt. Das funktioniert bei Schlanken gut, bei Übergewichtigen hingegen nur, wenn diese begleitend auch Sport treiben. So legen es neueste Studien an Ratten von Forschern der Universität von Florida nahe.

Dank Leptin ist es dem Menschen überhaupt möglich, zusammenhängend über sechs bis acht Stunden zu schlafen. Ohne dieses Proteohormon würde er wie tagsüber alle vier bis fünf Stunden Hunger bekommen, an Durchschlafen wäre nicht zu denken. Hungergefühle würden uns aus dem Bett an den Kühlschrank treiben, in alten Zeiten hätten wir nachts gar zum Jagen aufbrechen müssen. Die Natur hat das Leptin also quasi entwickelt, um uns den benötigten Schlaf ohne Essensunterbrechung zu ermöglichen. Clever gemacht!

Dass die Schlafdauer mit über den Bauchumfang entscheidet, konnte inzwischen in vielen Untersuchungen belegt werden: In einer amerikanischen Studie wurden mehr als 6000 Teilnehmer zu ihren Schlafgewohnheiten befragt. Wer in der Nacht weniger als vier Stunden schlief, hatte ein um 73 Prozent größeres Risiko, dick zu werden. Fünf Stunden durchschnittlicher Schlaf steigerten das Risiko für Übergewicht um 50 Prozent. Bei einem Schlafpensum von sechs Stunden betrug das Übergewichtsrisiko immerhin noch 23 Prozent. Personen mit sieben bis neun Stunden Schlaf zeigten dagegen kein erhöhtes Risiko für Übergewicht. Wollen Sie also abnehmen, sorgen Sie für ausreichend Schlaf. Und sollte Sie abends vor dem Fernseher Heißhunger überkommen, bedenken Sie, dass sowohl der Griff zur Schokolade oder den Chips satt machen kann, aber auch der Gang ins Schlafzimmer.

Schlaf macht schön

Wieder eine Nacht mit wenig Schlaf, wieder kein Auge zugetan. Die Haare stehen zu Berge, die Augenlider hängen schlaff herunter, und dunkle Schatten unter den Augen zeugen von der nächtlichen Schlaflosigkeit. Wer sich nach einer Nacht mit wenig, schlechtem oder gar keinem Schlaf morgens im Spiegel betrachtet, der wird im wahrsten Sinne des Wortes die Spuren des nächtlichen Ringens um den Schlaf sehen. Ein paar weitere Nächte ohne Schlaf lassen den Teint verblassen, fördern Falten, und die Schatten unter den Augen werden immer dunkler. Der schwarze Lidstrich wird überflüssig.

Müde und unausgeschlafene Menschen sind weniger attraktiv und werden als weniger gesund bewertet. Das belegt ein Versuch aus Schweden. Dort knipsten Forscher von 25 ausgeschlafenen Versuchspersonen am Morgen nach dem Aufstehen Fotos. Anschließend sollten sich die Freiwilligen im Dienste der Wissenschaft die nächste Nacht um die Ohren hauen: nur vier Stunden Schlaf waren erlaubt. Nach der verkürzten Nacht gab es ein weiteres morgendliches Fotoshooting. Die Bilder beider Shootings (ausgeschlafene und unausgeschlafene Testpersonen) wurden 122 Personen, die nichts mit dem Versuch zu tun hatten, vorgelegt. Sie sollten die Abgebildeten nach Attraktivität, Gesundheit, Schläfrigkeit und Vertrauenswürdigkeit bewerten. Die Ergebnisse waren eindeutig: Müde und unausgeschlafene Personen wurden als weniger attraktiv und sympathisch bewertet. Darüber hinaus wurden die müden Gesichter als weniger gesund eingestuft. Einzig die Vertrauenswürdigkeit litt nicht unter dem Schlafmangel, hier gab es keinen Unterschied zwischen müden und ausgeschlafenen Gesichtern.

Aus evolutionsbiologischer Perspektive waren die Ergebnisse zu erwarten: Gesundheit steht für Attraktivität – mit einem gesunden Partner lassen sich die eigenen Gene mit hoher Wahrscheinlichkeit effizienter vermehren, sagt uns unser archaisches Ich. Unser Alltags-Ich sagt uns: Hm, es ist, wie es ist, im Zweifelsfall kaschiert ein wenig Make-up die Spuren. Dabei könnten wir uns diese Ausgaben sparen, würden wir ausreichend schlafen.

Stimmungsregler Schlaf

Wenn wir tief, fest und ausreichend schlafen, gehen wir gutgelaunt durch den Tag. Schlafmangel hingegen macht launisch, gereizt und nervös. Aber hätten Sie es gewusst? Auch zu viel schlafen kann uns auf die Stimmung schlagen und aus dem emotionalen Gleichgewicht reißen. Schlaf kann beides, Stimmungskiller und Stimmungsaufheller sein.

Für viele Menschen entscheidet die Nacht über den Tag, ist der Schlaf ein wichtiger Stimmungsbarometer. Der Zusammenhang ist jedoch anders, als Sie vermuten mögen: Kurzfristig macht zu viel Schlaf schlechte Laune und weniger davon führt zum Hochgefühl. So zumindest für zwei Drittel von uns, die in ihrem psychischen Befinden sensibel auf die Variation der Schlafmenge reagieren. Das restliche Drittel zeigt sich stimmungstechnisch vom Schlaf unbeeindruckt. Anhand von zwei einfachen Alltagsbeispielen, die besagte zwei Drittel von Ihnen selbst schon erfahren haben dürften, möchte ich Ihnen den Zusammenhang zwischen Stimmung und Schlaf veranschaulichen:

Die stimmungssensiblen zwei Drittel wissen vermutlich, wie man sich fühlt, wenn man sonntags einmal besonders lange geschlafen hat. Vielleicht sind sie um acht Uhr aufgewacht, haben sich aber entschieden, sich dem Tag noch eine Weile zu verweigern und weiterzuschlafen. Um 10 Uhr haben sie noch immer keine Lust zum Aufstehen, drehen sich genüsslich wieder um und kehren zurück ins Reich der Träume. Schließlich packt sie um 12 Uhr dann das schlechte Gewissen, und sie kriechen aus ihrem warmen Nest. Sie haben viel mehr als üblich geschlafen, vielleicht sogar zwölf Stunden oder mehr. Bei so viel Schlaf müssten sie vor Energie sprühen. Doch das Gegenteil ist der Fall: Sie fühlen sich matt, lustlos und kommen nur schwer in die Gänge. Die Stimmung ist im Keller und tendenziell gereizt. Eigentlich wollten sie noch etwas im Haushalt erledigen, Freunde besuchen oder etwas Schönes unternehmen. Aber alles erscheint zu viel, wie ein riesiger, nicht zu bewältigender Berg. Sie hadern mit sich und der Welt. Das liegt daran, dass sie durch die lange Schlafzeit zu viel eines bestimmten Schlafstadiums abbekommen haben. In zu hoher Dosis sorgt der sogenannte REM-Schlaf (dazu später mehr) für eine »Mini-Depression«: Lust- und Freudlosigkeit, Antriebsmangel, Gereiztheit und gedrückte Stimmung sind einige der Symptome.

Stellen wir uns nun das umgekehrte Beispiel vor, eine Nacht ohne Schlaf: Um den reinen Effekt des Schlafmangels zu vergegenwärtigen, sollte es keine Party-Nacht sein, in der Sie durchgefeiert und Alkohol getrunken haben. Nehmen wir also vielleicht eine nächtliche Fahrt in den Urlaub oder eine Nachtschicht im Job. Nach so einer durchwachten Nacht fühlt man sich am Tag bekanntermaßen körperlich müde und schlapp. Aber wie ist die Stimmung? Besagte zwei Drittel können berichten, dass sie eher gut als schlecht ist. Sie fühlen sich überraschend leicht und beschwingt, manche beschreiben ihre Stimmung sogar als leicht euphorisch. Durch den Schlafmangel, präziser gesagt, den REM-Schlafmangel, erfahren sie eine Stimmungsaufhellung, die sich bis zum leicht euphorischen Pol bewegen kann; sie werden »hypoman«, wie es der Fachmann bezeichnet.

Diesen positiven Stimmungseffekt des REM-Schlafmangels macht man sich in der akuten Behandlung von Menschen mit Depressionen in der Psychiatrie zu Nutze. Wenn diese sich in der akuten Phase befinden, ist die Stressbelastung durch die depressiven Gedanken und die Grübelneigung sehr, sehr hoch. Die depressive Stimmung kann regelrecht Schmerzen verursachen. Bis antidepressive Medikamente wirken und psychotherapeutische Behandlungen eine Linderung verschaffen, wird häufig zur kurzfristigen Entlastung der Patienten der therapeutische Schlafentzug eingesetzt. Die vorübergehende Stimmungsverbesserung könnte neben dem Fehlen des REM-Schlafes auch mit einer Veränderung des Gehirnstoffwechsels zusammenhängen. Infolge der nächtlichen Wachphase könnte weniger depressionsförderndes Melatonin produziert werden und gleichzeitig mehr Serotonin, ein Wach- und Glückshormon, gebildet werden.

Auch hier ist es allerdings so, dass der positive Einfluss des fehlenden Schlafes nur bei zwei Dritteln der Patienten mit Depressionen zum Tragen kommt. Wir sprechen in diesem Falle von »Therapie-Respondern«. Hinzu kommt, dass der stimmungsaufhellende Effekt leider nur von kurzer Dauer ist. Sobald die Patienten wieder schlafen, kehrt die Depression zurück. Trotzdem sind sie für die vorübergehende Befreiung von der depressiven Stimmungsfessel dankbar.

Warum uns Sorgen nachts größer erscheinen

Nachts einsam wach zu sein ist für viele ein Albtraum. Obwohl unser Partner oder unsere Partnerin direkt neben uns liegt, zum Greifen nahe, ist diese nahestehende Person weit entfernt in einer anderen (Traum-)Welt. Während in Ihrem Kopf das Gedankenkarussell kreist und Sie einfach nicht in den Schlaf finden. Oder mitten in der Nacht aufwachen und nicht mehr zur Ruhe kommen. Während Sie so daliegen, vielleicht neidisch sind ob des gleichmäßigen Schnorchelns aus der anderen Betthälfte, geht Ihnen der eine oder andere Gedanke durch den Kopf, bis sich Ihre Aufmerksamkeit schließlich auf einen belastenden Gedanken fixiert. Was Sie auch tun, Sie bekommen den Gedanken nicht mehr aus dem Kopf. Sie kreisen und kreisen um das Problem. Wie Sie die Dinge auch drehen und wenden, es findet sich keine Lösung. Ihre Stimmung verschlechtert sich, Hoffnungslosigkeit macht sich breit, selbst ein kleines Problem wird mit einem Mal zur Katastrophe. Sie sind wach! Was Sie auch tun, an Schlaf ist nicht mehr zu denken.

Auch wenn Sie meinen Rat im ersten Moment unsensibel finden mögen – in solchen Situationen heißt es einfach: Augen zu und durch. Das hilft tatsächlich! Denn bei Helligkeit besehen, ist vieles wieder besser, und daran ist jetzt nicht eine alte Volksweise schuld, sondern schlicht die Biologie. Nachts mangelt es uns nämlich am Glückshormon Serotonin, und darüber hinaus stehen wir ganz im Banne des Grübelhormons Melatonin. Melatonin führt uns neben seiner müde machenden Wirkung direkt in die Trübsal.

Mit anderen Worten: Wir verfallen nachts in die Depression, und es ist gut, dass wir diese in aller Regel verschlafen. Wehe aber, wir wachen auf und lassen unsere Gedanken um die großen und kleinen Sorgen des Alltags kreisen. Rasch machen wir in diesem körperlichen Zustand aus einer Mücke einen Elefanten. Am nächsten Morgen, bei Tageslicht betrachtet und unter dem erneuten Einfluss von Serotonin (Melatonin hat sich als lichtscheuer Geselle mit dem ersten Sonnenstrahl schon längst vom Acker gemacht), sieht die Welt tatsächlich wieder ganz anders aus. Und wir fragen uns, warum um Himmels willen wir uns nachts so einen Kopf gemacht haben …

Chronischer Schlafmangel und Schlafstörungen erhöhen das Risiko für psychische Störungen

Während kurzfristiger Schlafentzug stimmungsaufhellend wie ein gutes Antidepressivum wirkt, sieht die Sache ganz anders aus, wenn wir chronisch zu wenig Schlaf bekommen. Schon die alten Griechen wussten, dass der Patient mit Melancholie nur schwer in den Schlaf findet. Heute nennen wir die Melancholie Depression. Bis in die jüngere Vergangenheit haben Wissenschaftler den Zusammenhang zwischen psychischen Störungen und Schlafstörungen sehr einseitig interpretiert. Die psychische Störung galt in aller Regel als Ursache der Schlafstörung. Derzeit findet allerdings ein Umdenken statt. Die Medizin geht inzwischen davon aus, dass eine Beziehung in beide Richtungen besteht.

Dieter Riemann, ein renommierter Psychologe und Schlafforscher von der Universität Freiburg, beschäftigt sich mit seinem Team seit vielen Jahren mit diesem Zusammenhang. In einer vor wenigen Jahren veröffentlichten Studie, für die er zwanzig weltweite Studien auswertete, konnte er zeigen, dass chronische und unbehandelte Schlafstörungen (Insomnien) mit einem doppelt so hohen Risiko für Depressionen einhergehen, als es bei Schlafgesunden der Fall ist. Ebenso konnte gezeigt werden, dass chronische Schlafstörungen das Risiko für Angst-und Essstörungen sowie Suchterkrankungen erhöhen können. Angelika Schlarb, eine Bielefelder Kollegin, konnte darüber hinaus nachweisen, dass unbehandelte Schlafstörungen bei Kindern und Jugendlichen das Risiko für depressive Störungen, Angststörungen und Selbstmordhandlungen im Erwachsenenalter erhöhen.

Aber wie sind die Zusammenhänge zu sehen? Bereits nach einer einzigen durchwachten Nacht ist unser Gedächtnis beeinträchtigt. Außerdem zeigte sich in einem bereits erwähnten Experiment, dass sich Probanden unter Schlafentzug vor allem positive Dinge des Lebens weniger gut merken. Wenn Schlafmangel und Schlafstörungen also dazu beitragen, dass Menschen negative Erlebnisse stärker erinnern, wäre dies ein Erklärungsansatz für die gehäufte Entwicklung von Depressionen und Angsterkrankungen. Auch der REM-Schlaf muss in diesem Zusammenhang berücksichtigt werden. In diesem Schlafstadium werden vor allem emotionale Informationen verarbeitet und im Gedächtnis abgespeichert. Menschen mit Schlafstörungen haben vermehrt kurze Unterbrechungen im REM-Schlaf, die im Sekundenbereich liegen und dem Schläfer nicht bewusst sind. Möglicherweise beeinflusst der gestörte REM-Schlaf die emotionale Informationsverarbeitung negativ und begünstigt so die Entwicklung psychischer Störungen.

Die Forschung steht noch am Anfang, was manche Zusammenhänge angeht, aber schon jetzt scheint klar, dass eine Schlafstörung nicht nur die Folge, sondern auch die Ursache einer Depression oder Angststörung sein kann. Diese Wechselwirkung sollte Sie, liebe Leser, sensibilisieren, den Schlaf und seine Störungen nicht zu bagatellisieren. Eine frühzeitige Erkennung und Behandlung von Schlafstörungen wirkt in diesem Sinne gesundheitsfördernd und präventiv.

2  Wie viel soll man schlafen?

Nun haben wir schon jede Menge über die heilsame Wirkung des Schlafes erfahren und über die Nebenwirkungen von Schlafmangel, höchste Zeit also, dass wir uns mit der Frage aller Fragen beschäftigen: Wie viel Schlaf sollte es denn sein?

Wenn es nach Napoleon ginge, wären wir wohl alle etwas verrückt: »Vier Stunden schläft der Mann, fünf Stunden die Frau und sechs Stunden der Idiot«, soll er gesagt haben. Hätte Napoleon tatsächlich recht, bin ich sehr gerne ein Idiot! Wobei durchaus bezweifelt werden darf, dass ihm tatsächlich vier Stunden Schlaf ausreichten. Denn es heißt, er habe insgeheim häufig einen Mittagsschlaf gehalten und sei im Sattel oft eingenickt. Böse Zungen könnten gar behaupten, dass Napoleon bei ausreichend Schlaf die Schlacht von Waterloo nicht verloren hätte.

Wie dem auch sei, der große Franzose befindet sich in bester Gesellschaft. Auch Thomas Edison, Erfinder der Glühlampe und Inhaber von weiteren tausend Patenten, mochte den Schlaf nicht. Er brüstete sich, ebenfalls nur vier bis fünf Stunden Schlaf zu benötigen. Mit der Erfindung der Glühbirne habe er die Menschheit auch vor zu viel kostspieliger Zeitverschwendung durch Schlaf bewahren wollen. Allerdings, so berichteten zumindest enge Mitarbeiter, habe man ihn tagsüber immer wieder heimlich schlafend in der Werkstatt angetroffen. Und noch ein Beispiel aus heutigen Zeiten: Donald Trump prahlt in seinem Buch »Think like a Billionaire«, er verdanke seine Umtriebigkeit der Tatsache, nicht mehr als vier Stunden Schlaf pro Nacht zu benötigen.

Aber es geht auch mit viel Schlaf! Albert Einstein, Inbegriff des Genies, schlief bis zu zwölf Stunden und hat es trotzdem zum Nobelpreisträger gebracht. Alexander der Große wurde zum Welteroberer, obwohl er sehr gerne und ausdauernd im Bett lag. Goethe verbrachte bis zu zehn Stunden in »seinem süßen Schlaf«, den er »als reines Glück« empfand. Und Ludwig XIV., Frankreichs Sonnenkönig, empfing seine Untertanen in einem seiner mehr als 400 Betten. Das morgendliche öffentliche »Lever du Roi«, der Empfang durch seine noch im Bett befindliche Majestät, war das wichtigste gesellschaftliche Ereignis des Tages. Kardinal Richelieu war ebenfalls »bettverliebt« und verreiste sogar in selbigem. Selbst Stadtmauern sollen aufgebrochen worden sein, um ihn in seiner Bettstatt liegend an den Ort seines Wirkens zu bringen. Auch Stars von heute wissen den Schlaf zu schätzen: Jennifer Lopez besteht auf acht und Heidi Klum auf mindestens sieben Stunden. Schließlich mache Schlaf schön, so wird sie zitiert. Aber wie viel darf es denn jetzt tatsächlich sein?

Das empfiehlt die Wissenschaft

Die Frage, wie viel Schlaf der Mensch benötigt, beschäftigt die Wissenschaft schon seit Jahrzehnten. Viele Studien haben bereits einen Blick in deutsche Schlafzimmer geworfen, um herauszufinden, wie viel Zeit der durchschnittliche Deutsche dort schlafend verbringt. Nach einer repräsentativen Studie des Robert-Koch-Instituts aus dem Jahr 2013 schliefen 81,6 Prozent der Befragten zwischen sechs und acht Stunden, 12,3 Prozent weniger als sechs Stunden und 6,1 Prozent mehr als acht Stunden. Allen Studien ist gemein, dass der Durchschnittsdeutsche um die sieben Stunden schläft. Aber ist das genug?