Sleep - Nick Littlehales - E-Book

Sleep E-Book

Nick Littlehales

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Beschreibung

Performance und Fitness durch Schlafen - Vom Schlafguru der Spitzensportler

Schlaf-Coach Nick Littlehales berät internationale Spitzensportler, wie sie durch eine erprobte Schlafstrategie ihre Leistungsfähigkeit erhalten und steigern können. Jetzt teilt der Schlafguru seine Methoden mit uns allen. Auf Grundlage der Schlafforschung hat er ein Programm entwickelt, das jedem von uns in überschaubaren Schritten hilft, abzuschalten, besser zu schlafen und sich optimal zu erholen. Wir lernen, unseren Schlafzyklus zu erkennen und die besten Bedingungen für die Nachtruhe zu schaffen. Er räumt auf mit dem Mythos, dass man jede Nacht acht Stunden schlafen müsse, und zeigt den Ausweg aus zermürbenden Ein- und Durchschlafproblemen.

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Seitenzahl: 270

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Zum Buch

Effizient schlafen

80 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland schlafen laut einer Studie der Krankenkasse DAK schlecht. Dabei können die Stunden, die wir im Bett verbringen, ausschlaggebend sein für unsere Stimmung, unsere Motivation und unsere Entscheidungsfähigkeit.

Nick Littlehales, Schlaf-Coach von Weltklassesportlern und Spitzenmanagern, ist auf Leistung durch Entspannung und Regeneration spezialisiert. In diesem Buch, das international zum Bestseller wurde, macht er seine Strategien für alle zugänglich. Er räumt auf mit dem Mythos, dass man jede Nacht acht Stunden schlafen müsse und zeigt Sofort-Lösungen für zermürbende Ein- und Durchschlafprobleme.

Zum Autor

Der Brite Nick Littlehales ist Schlaf-Coach von internationalen Spitzensportlern und Sport-Teams, darunter Fußballmannschaften wie Manchester United, die Radfahrer von Team Sky, Mannschaften aus der nordamerikanischen Basketball-, Football- und Eishockey-Liga.

Daneben berät er Firmen wie General Electric und Unilever.

www.sportsleepcoach.co.uk

Nick Littlehales

SLEEP

Schlafen wie die Profis

Aus dem Englischen von Henriette Zeltner

Knaus

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.
Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.
Das Original erschien 2016 unter dem Titel »SLEEP. The Myth of 8 Hours, the Power of Naps … and the New Plan to Recharge Your Body and Mind« bei Penguin Life, London.
Copyright der Originalausgabe © 2016 Nick Littlehales Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2018 Albrecht Knaus Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München Redaktion: Antje Steinhäuser Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling ISBN 978-3-641-22125-6V004
www.knaus-verlag.de

Für meinen Vater Herbert James Littlehales

Inhalt

Einleitung

Vergeuden Sie Ihre kostbare Zeit nicht mit Schlafen

Teil 1 – Die Schlüsselindikatoren für erholsamen Schlaf

1 Der Wecker tickt

Zirkadiane Rhythmen

2 Schnell und langsam laufen

Chronotypen

3 Ein Spiel von neunzig Minuten

Nicht Stunden, sondern Zyklen schlafen

4 Warm-up und Cool-down

Gewohnheiten für vor und nach dem Schlaf

5 Auszeit!!

Nützliche Nickerchen – Aktivität und Erholung harmonisieren

6 Die richtige Schlafausstattung

Das Bett neu erfinden

7 Erholungsraum

Die Schlafumgebung

Teil 2 – R90 in der Praxis

8 Ihr Vorsprung

So nutzen Sie das R90-Programm für erholsamen Schlaf

9 Der Feind in meinem Bett

Schlafprobleme

10 Heimspiel

Sex, Partner und die moderne Familie

Ihre persönliche Bestmarke

Dank

Anmerkungen

Einleitung

Vergeuden Sie Ihre kostbare Zeit nicht mit Schlafen

Als ich die Dame hinter dem Tresen in meiner Buchhandlung fragte, wo denn die Bücher zum Thema Schlaf stünden, sah sie mich irritiert an. Dann schaute sie in ihren Computer und zeigte, nach einigem Herumsuchen, in eine Richtung, von der sie wohl schlicht hoffte, es wäre die richtige. Vier Treppen weiter oben wurde ich in einer düsteren, verstaubten Ecke fündig: eine kleine Sammlung wissenschaftlicher Titel zur Schlafforschung, dazu eine Handvoll Bücher über Träume und ihre Bedeutung, also ein New-Age-Ansatz für ein uraltes Thema.

Ich hoffe, Sie haben dieses Buch nicht in einem ähnlichen Winkel aufgestöbert.

Beim Schlaf findet gerade eine Revolution statt. Viel zu lange war er ein Aspekt unseres Lebens, den wir für selbstverständlich hielten. Historisch betrachtet haben wir dem Schlaf selbst immer weniger Bedeutung zugebilligt (jedenfalls was seine Länge angeht). Gleichzeitig gibt es immer mehr wissenschaftliche Erkenntnisse, die einen Zusammenhang zwischen schlechten Schlafgewohnheiten und einer Vielzahl körperlicher und seelischer Erkrankungen herstellen – von Diabetes über Herzkrankheiten und Übergewicht bis hin zu Angststörungen und Burn-out. Daher ist es an der Zeit, dass der Schlaf endlich die ihm gebührende Aufmerksamkeit erhält. An der Zeit, diesen entscheidenden Vorgang mentaler und körperlicher Erholung genau zu betrachten und zu überlegen, wie wir ihn verbessern können, damit wir das meiste aus unseren wachen Stunden herausholen, effektiver arbeiten, in unseren Beziehungen innerhalb der Familie und des Freundeskreises unser Bestes geben und uns einfach großartig fühlen können.

Bis Mitte der Neunzigerjahre kamen wir ja ganz gut zurecht. Für die meisten waren zwei aufeinanderfolgende freie Tage (auch Wochenende genannt) selbstverständlich. Unsere Arbeit war zu Ende, sobald wir das Büro – oder welchen Arbeitsplatz auch immer – verließen. Und die Ladenöffnungszeiten waren begrenzt. Dann kam es zu einer erdbebenartigen Veränderung unseres Lebensstils. Internet und E-Mails warfen unsere Art zu kommunizieren, zu konsumieren und zu arbeiten für immer über den Haufen. Mobiltelefone, die zunächst nur zum Telefonieren und für SMS verwendet wurden, entwickelten sich bald zu diesen kleinen Quellen bläulichen Lichts, in die wir seither ständig starren. Die Vorstellung, immer erreichbar zu sein, wurde Realität, die Arbeitshaltung »24 Stunden, 7 Tage die Woche« war geboren, und wir mussten uns anpassen, um mitzuhalten. Einerseits mehr Koffein, andererseits Schlaftabletten, um runterzukommen und abzuschalten. So brannte die Kerze quasi an beiden Enden. Die traditionelle Vorstellung von acht Stunden gesundem Schlaf pro Nacht wurde zur Legende.

Die Folge sind zusätzlicher Stress und Belastung von Beziehungen und Familienleben. Aber nicht nur das: Einige Wissenschaftler bringen unseren Mangel an körperlicher und seelischer Erholung auch mit der merklichen Zunahme vieler Krankheiten in Verbindung. Es muss also etwas passieren.

Ich bin ein Schlaf-Coach für Profisportler. So ein Job wird einem nicht beim Arbeitsamt vorgeschlagen. Vor allem liegt das daran, dass ich mir diese Aufgabe quasi für mich selbst maßgeschneidert habe.

Meine Reise begann Ende der Neunzigerjahre als internationaler Vertriebs- und Marketingdirektor von Slumberland, dem größten Konzern für Matratzen und Schlafzimmermöbel in Europa. Mich interessierte, was der beste Fußballclub meines Heimatlandes für Schlaf und Erholung tat. Da musste es doch einen ganz besonderen Ansatz geben, dachte ich, und schrieb an Manchester United, um es zu erfahren. Wie sich herausstellte, tat man dort gar nichts. Die Antwort von Sir Alex Ferguson – der bald mit seinem dreifach siegreichen Team Sportgeschichte schreiben sollte – lautete, ob ich nicht vorbeikommen und mir die Sache mal ansehen wolle.

Schlaf galt damals noch nicht als ein Faktor für gute Performance. Mein Glück war, dass Sportwissenschaft jedoch bereits mehr Aufmerksamkeit erhielt und das Interesse von einem der großartigsten Trainer aller Zeiten geweckt war. Ein genauso glücklicher Zufall war, dass ich mit einem der Spieler arbeiten konnte, der ein Rückenproblem hatte. Ich nahm ein paar Veränderungen in seinem Tagesablauf und an seinen Schlafmöbeln vor. Natürlich kann man eine Rückenverletzung nicht mit einer Matratze heilen, egal, was die Hersteller einem versprechen, aber immerhin konnte ich seine Verfassung positiv beeinflussen.

Mein Verhältnis zum Club wurde immer enger. Ich lieferte sogar Ferguson selbst einige Produkte und Ratschläge, ebenso der berühmten Mannschaft von 1992: Ryan Giggs, David Beckham, Paul Scholes, Nicky Butt und den Neville-Brüdern. Diesen Ansatz »von oben nach unten«, bei dem alle vom Management und dem Trainerteam bis zu den Spielern die von mir empfohlenen Methoden und Produkte verwenden, nutze ich bis heute gern.

Damals war ich schon auf dem Sprung, Slumberland zu verlassen. Mein Engagement für den Schlaf fing an, über den bloßen Verkauf von Produkten hinauszugehen. Ich war Vorsitzender des britischen Sleep Council, einer Organisation für Verbraucher zur Verbesserung der Schlafqualität. Dort erweiterte ich meine eigenen Kenntnisse und lernte Professor Chris Idzikowski kennen, einen führenden Experten auf dem Gebiet, der bald ein geschätzter Freund und Kollege werden sollte. Inzwischen hatte die Presse meine Jobbezeichnung erfunden – sie nannte mich den »Sleep Coach« von Manchester United. »Was macht der denn?«, hieß es da. »Die Spieler abends schön zudecken?«

Tatsächlich führte ich unter anderem den weltweit ersten Schlaf- und Erholungsraum auf dem Trainingsgelände von Manchester United in Carrington ein. Inzwischen haben viele Clubs so etwas, aber wir waren die Ersten.

Die Sache sprach sich herum. Die Spieler von Manchester United in der englischen Nationalmannschaft, die sich sowieso nie mit dem Zweitbesten zufrieden gaben, sorgten dafür, dass Andy Oldknow, Manager beim Fußballverband, und Gary Lewin, der Physiotherapeut der Nationalmannschaft – und auch von Arsenal London –, auf mich zukamen. Fortan arbeitete ich für die Nationalmannschaft, ließ Matratzen und Ähnliches liefern und beriet die Spieler bezüglich ihrer Schlafgewohnheiten. Gary sah den Nutzen meiner Tätigkeit und lud mich auch zu Arsenal ein, wo gerade ein neuer Trainer namens Arsène Wenger einige der althergebrachten Herangehensweisen im Fußball auf den Kopf stellte. Sam Allardyce, damals Trainer der Bolton Wanderers und auch jemand, der sich die Erkenntnisse der Sportwissenschaft früh zunutze machte, engagierte mich ebenfalls.

Später arbeitete ich noch für den britischen Radsportverband British Cycling, wo ich Stars wie Sir Chris Hoy, Victoria Pendleton, Jason Kenny und Laura Trott beriet, sowie das Team Sky, etwa deren erfolgreiche Teilnehmer an der Tour de France. Im Rahmen von Sportdirektor Sir Dave Brailsfords Marginal-Gains-Ansatz, über lauter kleine Einzelverbesserungen verschiedener Aspekte in der Summe eine große Verbesserung zu bewirken, entwarf ich transportable Schlaf-Ausstattungen – Sleep Kits – für die Fahrer, die diese dann statt ihrer Hotelbetten benutzten. Man zog mich für die britische Olympia- und Paralympics-Mannschaft zu Rate, und zwar für die Sportarten Rudern, Segeln, Bobfahren, Gelände- und Querfeldein-Radfahren, Rugby und Cricket. Dazu kamen weitere Fußballmannschaften wie Manchester City, Southampton, Liverpool und Chelsea.

Diese Revolution in der Welt des Sports blieb nicht auf Großbritannien beschränkt. Schließlich ist Schlaf eine universelle Sache. Man lud mich zu führenden europäischen Fußballclubs wie Real Madrid ein. Dort empfahl ich, die luxuriösen Spielerapartments auf dem Trainingsgelände zu idealen Erholungsräumen für einige der weltbesten Spieler umzugestalten. Vor der Winterolympiade 2014 arbeitete ich mit der niederländischen Damenmannschaft im Bobfahren. Ich coachte Radfahrer aus Malaysia und führte Gespräche mit Teams der National Basketball Association (NBA) und der National Football League (NFL) in den USA.

All das passierte, weil ich mich als Erster mit dem Thema Schlaf im Profisport beschäftigte und weil Sir Alex Ferguson in seinen Jahrzehnten an der Spitze stets offen für neue Ideen war und mir half, das Thema weiter zu erforschen. Schon damals erklärte er mir: »Dies ist eine wahnsinnig spannende Entwicklung in der Welt des Sports, die ich von ganzem Herzen unterstütze.«

Wenn die Leute hören, was ich mache, haben viele gleich Bilder von engen Schlafkabinen und weißen Hi-Tech-Laboren im Science-Fiction-Stil vor Augen, wo schlafende Probanden mit Supercomputern verdrahtet sind. Dabei hat das mit der Realität rein gar nichts zu tun. Zwar nutze ich, wenn nötig, alle Arten moderner Technik, und ja, ich habe schon eng mit führenden Wissenschaftlern auf dem Gebiet des Schlafs wie Professor Idzikowski zusammengearbeitet. Trotzdem findet meine tägliche Arbeit weder in einem Labor noch in einer Klinik statt. Ich bin schließlich weder Arzt noch Wissenschaftler.

In den letzten Jahren wurde die Bedeutung des Schlafs für unsere Gesundheit in klinischen Studien bewiesen. Angesehene Institutionen auf der ganzen Welt – darunter die Universitäten Harvard, Stanford, Oxford und München – leisteten auf diesem Gebiet Pionierarbeit. Die Forschung belegte alles Mögliche: vom Zusammenhang zwischen Schlaf, Übergewicht und Diabetes1 bis hin zu der Erkenntnis, dass unser Gehirn während des Schlafs quasi giftige Abfälle entsorgt, was wohl einer der entscheidenden Gründe dafür sein dürfte, dass wir überhaupt schlafen.2 Schlafmangel und die damit verbundene fehlende Gelegenheit, sich dieser Toxine zu entledigen, wird mit einer Reihe neurologischer Erkrankungen, darunter auch Alzheimer, in Zusammenhang gebracht.

Der gesundheitliche Aspekt ist ungefähr wie bei Jamie Oliver und seiner Kampagne gegen Zucker der Hauptgrund, warum Regierungen und Unternehmen inzwischen die Ohren spitzen und zuhören, wenn es um Schlaf geht. Daher auch die steigende Aufmerksamkeit für die Forschung und entsprechende finanzielle Förderung. Stress und Burn-out sind nun einmal schlecht für die Wirtschaft.

Aber wie brillant die Leute in der Schlafforschung auch sein mögen– es gibt Grenzen. Weil wir so vieles über den Schlaf einfach noch nicht wissen. Oder wie Philippe Mourrain, Dozent am Stanford Center für Schlafwissenschaften und Medizin, schreibt: »Wir wissen nicht wirklich, was Schlaf überhaupt ist. Für Außenstehende mag das schockierend klingen.«

Was wir jedoch wissen und worauf sich alle Wissenschaftler einigen können, ist, dass Schlaf eine entscheidende Rolle für unser Wohlbefinden spielt. Oder noch einfacher: Wir bekommen nicht genug davon. Geschätzt schlafen wir im Durchschnitt derzeit ein bis zwei Stunden weniger als noch in den 1950er Jahren.3 Lautet die Antwort also, dass wir einfach wieder mehr schlafen sollten?

Was ist dann mit der alleinerziehenden Mutter, die in der Morgendämmerung aufsteht, um ihre Kinder für die Schule fertig zu machen, dann den ganzen Tag arbeitet und am Abend nach Hause kommt, um Essen zu kochen, die Kinder zu Bett zu bringen und im Anschluss die nötigste Hausarbeit zu erledigen, bevor sie todmüde ins Bett fällt? Wie soll sie für mehr Schlaf sorgen? Oder der Assistenzarzt, der seine vorgesehenen Stunden plus Überstunden arbeitet und danach versucht, noch ein klein wenig Privatleben zu haben. Wie soll er für mehr Schlaf sorgen? Der Tag hat nun mal nicht unbegrenzt viele Stunden.

Wie kann die Schlafforschung dem Alltag solcher Menschen nützen? Was hat der Durchschnittsmensch davon, abgesehen von einer interessanten Zeitungsnotiz auf dem Weg zur Arbeit, die er bereits wieder vergessen hat, wenn er sich an seinen Schreibtisch setzt?

Athleten begeistern sich nicht besonders für die klinische Herangehensweise. Schlaf ist eine der wenigen Privatangelegenheiten, die uns noch geblieben sind. Hier haben unsere Chefs, die mit Hilfe der Mobiltelefone in unser Privatleben eingedrungen sind, keinen Einblick. Grundsätzlich möchte niemand während des Schlafs verkabelt und überwacht sein und das, was ihn oder sie des Nachts beschäftigt, mit einem Vorgesetzten, oder eben Trainer, teilen. Das wäre viel zu intim.

Mein Ansatz ist daher ein anderer. Wissenschaft und Forschung prägen meine Tätigkeit natürlich, aber ich bin praktisch veranlagt und arbeite direkt mit den Menschen, damit sie größtmögliche Erholung erleben und im entscheidenden Moment optimal performen. Ich und die Menschen, mit denen ich arbeite, sehen die enorme Verbesserung im Leben derer, die meine Methoden umsetzen: im Hinblick auf ihr Wohlbefinden, ihre Erholung und– am wichtigsten– ihre Leistung. Letzteres ist der maßgebliche klinische Test für jeden Profisportler. Und die empirischen Ergebnisse im Leistungssport sind natürlich nicht anfechtbar.

Ich rede mit diesen Performern über ihre Gewohnheiten, gebe ihnen praktische Tipps und vermittle ihnen die nötigen Fähigkeiten, um ihre Ruhephasen in wissenschaftlich anerkannten Schlafzyklen zu planen und zu nutzen. Ich designe und beschaffe die nötigen Schlafprodukte, helfe bei allem– vom Umgang mit einem Neugeborenen in der Familie bis zum Absetzen von Schlaftabletten. Ich kümmere mich um eine der Erholung dienliche Atmosphäre in den Hotelzimmern der Radfahrer auf der Tour de France sowie der Fußballer bei internationalen Turnieren und komme, wenn nötig, auch zu den Sportlern nach Hause, um mir ihre Schlafsituation anzusehen.

Sollten Sie jetzt allerdings auf Enthüllungen darüber hoffen, was auf Cristiano Ronaldos Nachttisch steht, muss ich Sie enttäuschen. Diese Sportler und Institutionen vertrauen mir. Sie gewähren mir Zugang zu einem sehr persönlichen und privaten Refugium, und den musste ich mir erst verdienen. Oder würden Sie jemanden, dem Sie nicht vertrauen, in Ihr Schlafzimmer lassen? Ich kann Ihnen jedoch alles über die Methoden und Techniken verraten, die ich in diese Refugien bringe. Und ich kann Ihnen zeigen, wie auch Sie sich die Schlafumgebung eines Spitzensportlers bereiten.

»Schön«, denken Sie jetzt vielleicht, »aber was haben die Schlafgewohnheiten irgendwelcher Top-Athleten mit mir zu tun?« Die einfache Antwort lautet: alles. Alle in diesem Buch vorgestellten Techniken und Ratschläge sind für Sie oder mich genauso gültig wie für Cristiano Ronaldo, Victoria Pendleton oder Sir Bradley Wiggins. Ich arbeite auch mit vielen Leuten, die nichts mit Sport zu tun haben. Etwa mit Firmenkunden oder Privatpersonen, die einfach besser schlafen wollen. Der einzige Unterschied zwischen Spitzensportlern und uns anderen in diesem Bereich ist schlicht deren Einsatzbereitschaft. Wenn ich einem Olympiateilnehmer sage, was er zu tun hat, um gute Voraussetzungen für seine Erholung zu schaffen, dann wird er das tun. So sind Sportler nun mal. Wenn sie einen Nutzen sehen, egal wie marginal der auch sein mag, streben sie danach, weil am Ende zusammengerechnet wird und es in ihrer Branche darum geht, besser zu performen als ihre Gegner. Uns anderen passiert es nur zu leicht, dass wir ein paar Tage lang bei einer neuen Methode bleiben, bevor der Alltag uns dazwischenkommt und wir schon bald wieder bis tief in die Nacht arbeiten oder nach ein paar Gläsern Wein zu viel auf dem Sofa einnicken.

Aber so ein Buch ist das hier nicht. Keine kurzfristige, Erfolg versprechende »Schlafdiät«. Ich werde Ihnen keinen strikten Plan vorgeben, den Sie nach einer Woche sowieso aufgeben würden. Schließlich will ich Ihr Leben nicht unnötig verkomplizieren.

Lieber stelle ich Ihnen mein R90 Sleep Recovery Program, das R90-Programm für erholsamen Schlaf, vor, genau die Methode, die ich bei Elitesportlern anwende. Ich habe dieses Programm im Verlauf von knapp zwanzig Jahren entwickelt. Und zwar als professioneller Schlaf-Coach und indem ich von Ärzten, Forschern, Sportwissenschaftlern, Physiotherapeuten, Matratzen- und Bettenherstellern und sogar von meinen Kindern lernte. Meine Methoden wurden im absoluten Spitzensport getestet, wo Schlaf schlicht und einfach effektiv sein muss. Diese Athleten performen an den Grenzen des Menschenmöglichen, und ich kann Ihnen zeigen, wie auch Sie an die Grenzen des Möglichen gelangen.

Wenn Sie sich diesen Ansatz zu eigen machen, werden Sie davon durch zusätzliche mentale und physische Stärke profitieren. Sie werden lernen, Schlaf als etwas zu betrachten, das aus vielen Phasen besteht. Ich helfe Ihnen, die beste Schlafposition zu finden (und es gibt nur eine, die ich empfehle). Außerdem werden Sie sich nicht länger den Kopf darüber zerbrechen, wie viele Stunden Sie in einer Nacht schlafen, sondern sich überlegen, wie viele Zyklen Sie in einer Woche unterbringen. Im Zuge dessen lernen Sie, entspannt mit einer schlechten Nacht hin und wieder umzugehen. Die haben wir alle mal und stehen trotzdem morgens auf.

Das Buch wird Sie zum Nachdenken über Dinge in Ihrem Alltag bringen, die Sie bisher vielleicht noch nie in Betracht gezogen haben: An was für einem Tisch Sie im Büro sitzen, auf welcher Seite des Hotelbetts Sie schlafen, wenn Sie mit Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner auf Reisen sind, oder ob das Schlafzimmer in dem Haus, das Sie kaufen wollen, für diesen Zweck überhaupt geeignet ist (Letzteres sollte ein Dealbreaker sein, falls es sich nicht eignet). Ich definiere sieben Schlüsselindikatoren für erholsamen Schlaf (SIES), auf denen das R90-Programm aufgebaut ist. Zu jedem Indikator liefere ich Ihnen sieben Schritte, um Ihren Schlaf smarter zu machen. Aber selbst wenn Sie nur einen davon umsetzen, kann das Ihr Leben bereits verbessern. Nehmen Sie sich einen pro Tag vor, können Sie Ihren Schlaf innerhalb von gerade mal sieben Wochen revolutionieren.

Dabei sind keine Abstriche bei Ihrem Lebensstil nötig. Sie können immer noch diesen köstlichen Kaffee trinken, der Sie anlacht, und müssen nicht auf das zweite Glas Wein an einem lauen Sommerabend mit Freunden verzichten. Und wenn Sie mal nach neun Uhr abends ein Restaurant betreten und sich fragen, ob es vielleicht schon zu spät zum Essen ist, dann überlegen Sie noch mal: Inwiefern zu spät?

Das Leben ist zu kurz, um gute Gelegenheiten und schöne Erlebnisse zu versäumen. Deshalb möchte ich Ihnen das Selbstvertrauen geben, die richtigen Entscheidungen zu treffen und so flexibel zu sein, dass Sie sich keine Sorgen darüber machen, »rechtzeitig ins Bett zu kommen« oder »gut« zu schlafen. Indem Sie die in diesem Buch vorgestellten Maßnahmen anwenden, lernen Sie die Qualität Ihrer Ruhe und Erholung zu verbessern, anstatt sich den Kopf über deren Quantität zu zerbrechen.

Dieses Buch möchte erklären, was wir von unseren Vorfahren aus dem Paläolithikum, der Altsteinzeit, lernen können, um unseren Schlaf besser zu regulieren. Nennen Sie es ruhig eine Paläo-Schlaf-Diät. Wobei aber auch neuzeitliche Herausforderungen wie Smartphones, Laptops, Jetlag und lange Arbeitszeiten berücksichtigt werden. Die moderne Technik ist eine tolle Sache, und ich rate Ihnen bestimmt nicht, auf sie zu verzichten, nur damit Sie nachts besser schlafen können. All unsere technischen Hilfsmittel haben ihre Berechtigung, aber mit etwas mehr Bewusstsein, wirken sie sich nicht schädlich auf unser Wohlbefinden aus.

Erfahren Sie auch, wie sich Ihr Liebesleben mit ein paar nützlichen Tipps fürs Schlafzimmer deutlich verbessern lässt oder warum wir uns alle den Segen eines Nickerchens am Nachmittag gönnen sollten. Hätten Sie gedacht, dass ein Nickerchen selbst mit offenen Augen und in einem Raum voller Menschen möglich ist? Ich werde Ihnen auch zeigen, dass Sie aller Wahrscheinlichkeit nach auf der falschen Matratze schlafen. Selbst wenn – oder vielleicht gerade weil – es sich um ein sündteures »orthopädisches« Teil handelt, für das Sie quasi eine Hypothek aufnehmen mussten. Die gute Nachricht lautet, dass ich Ihnen auch zeigen kann, wie Sie diese verbessern können, ohne dass es die Welt kostet. Ich stelle Ihnen eine kinderleichte Methode vor, um die richtige Unterlage auszusuchen, damit Sie nie wieder einem Verkäufer ausgeliefert sind, der Ihnen eine »Hochleistungs-Federkern-Matratze« mit Rallyestreifen und dem entsprechenden Preisschild aufschwatzen will.

Das R90-Programm für erholsamen Schlaf macht sich teilweise den Marginal-Gains-Ansatz der Summierung geringfügiger Verbesserungen nach Sir Dave Brailsford zunutze. In seinem Radsportteam war mein Einsatz als Schlafexperte nur einer von vielen Aspekten. Ein anderer war etwa, den Sportlern zu zeigen, wie man sich richtig die Hände wäscht, um möglichst nicht an einem Virus zu erkranken. Die einzelne Verbesserung, die sich Brailsford davon versprach, selbst wenn diese nur ein Prozent betrug, würde sich am Ende mit den anderen summieren und die Performance beachtlich verbessern.

Beim R90-Programm ziehen wir alles als möglichen Einfluss auf unseren Schlaf in Betracht – vom Aufwachen am Morgen bis zu dem Moment, wenn wir die Augen wieder zumachen. Anstatt unsere Aufmerksamkeit also allein aufs Zubettgehen am Abend zu richten, rechnen wir unsere kleinen Erfolge zusammen, die wir durch Umsetzung der Schlüsselindikatoren für erholsamen Schlaf erzielt haben.

Positive Resultate stellen sich womöglich nicht über Nacht ein – selbst wenn wir einmal besonders gut geschlafen haben –, geben Sie sich Zeit. Das Team Sky brauchte auch ein paar Jahre, um die Tour de France zu gewinnen. Wobei sich besserer Schlaf mit dem R90-Programm natürlich schneller einstellt. So ist es nicht ungewöhnlich, wenn ich, wenige Monate nachdem ich mit jemandem gearbeitet habe, einen Anruf erhalten und höre: »Sie haben mein Leben verändert.«

Sie können Ihres ebenfalls verändern. Lassen Sie uns damit beginnen, dass Sie die Zeit, in der Sie schlafen, klug nutzen. Wie die Athleten, mit denen ich arbeite, sollten auch Sie das absolute Maximum an körperlicher und mentaler Erholung herausholen. Vielleicht kommen Sie sogar dahinter, dass Sie tatsächlich weniger Schlaf brauchen. Definitiv wird sich Ihre Stimmung ebenso verbessern wie auch Ihre Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz und zu Hause. Sie werden zudem lernen zu erkennen, wann es Zeit ist, einen Gang zurückzuschalten, eine Pause einzulegen und für ein paar Minuten abzuschalten. »Ach, dafür habe ich doch keine Zeit«, meinen Sie jetzt vielleicht. Überlegen Sie mal, es gibt eine Menge kleiner Tricks und Techniken, um die nötige Zeit zu finden, indem Sie es schaffen, mehr in weniger Zeit zu erledigen.

Sollten Sie auf der Suche nach einem Buch sein, dass Ihnen erklärt, wie Sie Ihren Pyjama anziehen und es sich mit einer Tasse Kakao im Bett gemütlich machen, dann sind Sie hier leider falsch. Aber ich zeige Ihnen gern den Weg in die anfangs erwähnte staubige Ecke meiner Buchhandlung. Noch lieber zeige ich Ihnen jedoch, wie Sie smarter schlafen und den Schlaf als natürliches Mittel für eine bessere geistige und körperliche Performance nutzen. Verschwenden wir keine Zeit mehr mit nutzlosem Schlaf!

Teil 1

Die Schlüsselindikatoren für erholsamen Schlaf

1

Der Wecker tickt

Zirkadiane Rhythmen

Sie wachen auf, weil Ihr Wecker oder Ihr Handy klingelt, und strecken die Hand aus, um den Alarm auszuschalten. Weil Sie nun schon dabei sind, werfen Sie gleich noch einen Blick auf die Nachrichten, die Sie über Nacht erhalten haben – von Ihrem Feed für Politik, Sport und Unterhaltung, Ihren Social-Media-Apps, und dann sind da noch all die beruflichen und privaten E-Mails oder Textnachrichten. Ihr Mund ist trocken, in Ihrem Kopf wirbeln schon die vormittäglichen Verpflichtungen herum, durch einen Spalt zwischen den Vorhängen fällt Licht herein und das Stand-by-Lämpchen des Fernsehers am Fußende Ihres Bettes strahlt sie unverwandt an, wie um Sie daran zu erinnern, wie Ihr gestriger Abend zu Ende ging.

Willkommen in Ihrem neuen Tag. Haben Sie gut geschlafen? Wissen Sie überhaupt, wie man gut schläft?

Der Durchschnittsdeutsche schläft pro Nacht etwa sieben Stunden; mehr als ein Drittel aller Deutschen liegt darunter.1 Laut der TK-Schlafstudie 2017 kommt ein Viertel nicht einmal auf sechs Stunden die Nacht.2 Im Rest der Welt sieht es ähnlich aus. So schlafen etwa in den USA mehr als 20Prozent der Bevölkerung alltags weniger als sechs Stunden, in Großbritannien und Japan sind es nicht viel mehr. Die Statistik zeigt, dass in diesen Ländern, wie auch in Kanada, die meisten Menschen an den Wochenenden Schlaf »nachholen«. Das Arbeitsleben begrenzt die zum Schlafen verfügbare Zeit. Ungefähr die Hälfte aller Deutschen gibt an, von Stress oder Sorgen wach gehalten zu werden.3 Und wenn man sich die Zeitpläne vieler Leute ansieht, lassen sich die Gründe dafür leicht erkennen.

Ein Spitzenspieler aus dem Cricket nimmt vielleicht an einem Tag noch an einem internationalen Finale in Indien teil und ist am nächsten wieder zu Hause, um einen Vortrag von mir für seine Mannschaft zum Thema Schlaf zu hören. Dabei fragt er sich vermutlich, wann er selbst wieder welchen kriegt, weil er die kommenden Monate ständig unterwegs sein wird– zu Testspielen, Turnieren, Ligaspielen–, und zwar rund um den Globus. Das schafft man mit der richtigen Einstellung natürlich eine Zeit lang. Weltumsegler kommen in drei Monaten auf See mit dreißig Minuten alle zwölf Stunden aus. Wir sind einfach unfassbar anpassungsfähige Geschöpfe mit unglaublichen Kraftreserven. Aber wenn man das zu lange betreibt, macht es sich früher oder später bemerkbar. Die Verbände in Sportarten wie Cricket oder Rugby fangen inzwischen an, mich zu Rate zu ziehen, damit ich die Spieler schule und ihnen helfe, mit ihren Terminplänen zurechtzukommen. Denn immer mehr dieser Athleten haben mit Depressionen, Beziehungsproblemen und Burn-out zu kämpfen.

Das gibt es natürlich nicht nur im Sport. Solche Verhaltensmuster findet man überall in der Gesellschaft. Wir alle haben Schwierigkeiten, den Anforderungen unseres Berufs- und Privatlebens gerecht zu werden. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass ich fünf Jahre zu lange an einem Job festgehalten habe. Ich arbeitete oft bis weit in die Abende, mit tagtäglichem Stress und viel Reisetätigkeit, was eine Menge Zeit fern von zu Hause bedeutete. Allerdings waren das Reisen in der Business Class mit schicken Abendessen, Gin Tonics und Kaffee, um fit zu bleiben. Damals dachte ich, ich käme damit zurecht und ich könnte es durch verschiedene Maßnahmen ausgleichen. In Wahrheit zahlte ich einen sehr hohen Preis dafür, zu Lasten meines Familienlebens.

Wie viel ich zu der Zeit schlief? Wie viel kriegt die englische Cricket-Mannschaft? Oder ein Teenager, der bis tief in die Nacht am Computer spielt? Wie viele Stunden schlafen Sie derzeit? Und spielt das überhaupt eine Rolle?

Die Menge ist in diesem Stadium unwichtig. Wichtig ist dagegen ein natürlicher Prozess, der uns seit Anbeginn der Menschheit begleitet und den viele Aspekte des modernen Lebens uns nehmen. Künstliches Licht, technische Errungenschaften, Schichtdienst, Schlaftabletten, Reisen, der Blick aufs Smartphone, sobald wir aufwachen, lange Arbeitszeiten– sogar das ohne Frühstück aus dem Haus Stürmen, um rechtzeitig am Arbeitsplatz zu sein. All das entfremdet uns diesem natürlichen Prozess, und genau da fangen unsere Probleme mit Ruhe und Erholung an.

Vom Netz

Lassen Sie uns damit anfangen, für eine Weile vom Netz zu gehen. Wirklich zurück zur Natur. Wir lassen unseren ganzen Besitz – Armbanduhren, Computer, Telefone – zurück und begeben uns auf eine bislang unbewohnte Insel, wo wir wie unsere Vorfahren von dem leben, was wir der Erde abringen können. Wir jagen und fischen und schlafen unter den Sternen. Kein Grund zur Sorge, Bear Grylls.

Auf unserer einsamen Insel kampieren wir auf einer herrlichen, leicht abschüssigen Wiese. Wenn die Sonne untergeht und es kälter wird, machen wir ein Feuer. Wir werden noch eine Weile ohne Tageslicht wach bleiben, weil wir essen wollen. Wir kochen und verzehren, was wir heute erbeutet haben, dann lehnen wir uns satt zurück, plaudern leise noch ein Weilchen und betrachten den gelblichen Schein des Feuers. Irgendwann werden die Stimmen weniger, und wir schauen noch ein bisschen in die Sterne, bevor wir uns nacheinander zur Seite drehen, unter unsere Decken kuscheln und einschlummern.

Irgendwann am Morgen kommt die Sonne über den Horizont. Die Vögel fangen schon vorher an zu zwitschern. Und mit der aufgehenden Sonne wird es wärmer. Selbst wenn es richtig kalt ist, steigt die Temperatur um ein, zwei Grad, außerdem wird alles heller. Egal ob wir mit dem Kopf unter der Decke geschlafen haben oder nicht, irgendwann weckt uns das Licht. Unser erstes Bedürfnis dürfte das Leeren unserer Blase sein. Dann möchten wir wahrscheinlich etwas Wasser trinken und frühstücken. Anschließend ist es Zeit für eine Darmentleerung, bevor wir zum täglichen Fischfang oder zur Jagd aufbrechen – alles bei Tageslicht. Nichts in Eile, alles zu seiner natürlichen Zeit.

Wenn die Sonne später wieder zu sinken beginnt, sitzen wir erneut auf unserer Wiese. Die Temperatur fällt, und es wird dunkel, sodass wir ein Feuer anzünden müssen – und genau das tun wir. So sähe die Rückkehr zu unserer Natur aus, wenn wir im Einklang mit unseren zirkadianen Rhythmen arbeiten wollten.

Haben Sie Rhythmus?

Eine der ersten Fragen, die ich jedem Menschen, egal ob Spitzenfußballer oder Börsenmanager mit Schlafproblemen, stelle, lautet: »Kennen Sie die zirkadianen Rhythmen?«

Ein zirkadianer Rhythmus ist ein vierundzwanzigstündiger Kreislauf, den unsere innere Uhr steuert. Diese Uhr, die quasi in unserem Gehirn verankert ist, reguliert unsere körpereigenen Systeme wie Schlaf- und Ernährungsgewohnheiten, Hormonproduktion, Temperatur, Aufmerksamkeit, Stimmung und Verdauung in einem vierundzwanzigstündigen Prozess, der auf die Erdumdrehung abgestimmt ist. Gestellt wird die körpereigene Uhr durch Einflüsse von außen, vor allem das Tageslicht, aber auch durch Temperatur und Essenszeiten.

Es ist von entscheidender Bedeutung zu verstehen, dass diese Rhythmen in uns verwurzelt sind und zu dem Material gehören, aus dem wir alle gemacht sind. Sie sind das Ergebnis von Millionen Jahren Evolution. Wir können daher diese Rhythmen ebenso wenig ablegen, wie wir einem Hund das Bellen abzugewöhnen oder einen Löwen zum Vegetarismus zu bekehren imstande sind. Jedes Tier hat natürlich seine eigene innere Uhr und eigene zirkadiane Rhythmen, genau wie jedes andere Lebewesen und jede Pflanze auf der Erde. Diese Rhythmen funktionieren sogar ohne Stimulation von außen. Selbst wenn Umstände wie eine nukleare Apokalypse uns zwingen würden, in unterirdischen Höhlen ohne Tageslicht zu leben, würden sie in uns weiter existieren.

Ein typischer zirkadianer Rhythmus, der wiedergibt, was unser Körper zu verschiedenen Zeiten eines Tages natürlicherweise tun will, sieht so aus wie in der Grafik.

Wenn wir also auf unserer einsamen Insel nach Sonnenuntergang ums Feuer sitzen, beginnt die Ausschüttung von Melatonin. Dieses Hormon reguliert unseren Schlaf und wird in der Zirbeldrüse erzeugt, die wiederum auf Licht reagiert. Sobald es lange genug dunkel ist, produzieren wir Melatonin, um uns auf den Schlaf einzustellen.

Aber die innere Uhr ist nicht das einzige Regulativ für unseren Schlaf. Wenn wir uns den zirkadianen Rhythmus als Schlaftrieb vorstellen, dann ist der homöostatische Schlafdruck sozusagen unser Schlafbedürfnis. Dieses intuitive Verlangen entwickelt sich von dem Moment an, in dem wir aufwachen, und wird umso stärker, je länger wir wach sind. Manchmal können unsere zirkadianen Rhythmen es jedoch verdrängen, wenn wir unseren »toten Punkt« überwinden. Aus demselben Grund können Schichtarbeiter oder Nachtschwärmer oft tagsüber nicht schlafen, obwohl sie die ganze Nacht über wach waren. Dann kämpfen wir nämlich gegen das zirkadiane Bedürfnis unseres Körpers, bei Tageslicht wach zu sein.

Halten wir uns an einen »normalen« Rhythmus und stehen morgens auf, dann ist unser Verlangen nach Schlaf nachts am größten und fällt mit unserem zirkadianen Bedürfnis zusammen, woraus das ideale Schlaffenster entsteht. Nachts erreichen wir die effektivste Schlafphase gegen 2 oder 3 Uhr (diese Phase spiegelt sich zwölf Stunden später im Nachmittagstief). Kurz danach erreicht unsere Körpertemperatur ihren Tiefpunkt, bevor die Sonne aufgeht und alles wieder von vorn beginnt. Die Ausschüttung von Melatonin endet wie auf Knopfdruck, weil wir uns aus der Dunkelheit ins Licht bewegen. Tageslicht löst in unserem Körper die Produktion von Serotonin aus. Dieser stimmungsaufhellende Neurotransmitter wird wiederum für die Erzeugung von Melatonin gebraucht.

Immer dem Licht nach

Licht ist der wichtigste Faktor, um unsere innere Uhr zu stellen, und es gibt nichts Besseres als Tageslicht am Morgen. Auf unserer imaginären Insel, wo wir unter freiem Himmel schlafen, bekommen wir unseren Anteil, sobald wir aufwachen. In der Realität verbringen allerdings viele von uns ihre Zeit in geschlossenen Räumen – zu Hause, in öffentlichen Verkehrsmitteln und am Arbeitsplatz. Dabei übertrifft selbst an bewölkten Tagen die natürliche Helligkeit künstliche Beleuchtung um ein Vielfaches. Öffnen Sie deshalb die Vorhänge oder Jalousien, sobald Sie wach sind, frühstücken Sie und machen Sie sich bei Tageslicht fertig, bevor Sie hinaus ins Freie gehen.

Besonders sensibilisiert sind wir für sogenanntes blaues Licht. Dieses hatte einen ziemlich schlechten Ruf, da es hauptsächlich von elektronischen Geräten wie Computern und Smartphones abgegeben wird. Aber auch das Tageslicht enthält viel blaues Licht, was tagsüber durchaus gut ist. Denn es beeinflusst die innere Uhr, dämpft die Produktion von Melatonin und steigert Aufmerksamkeit und Leistungsfähigkeit.4