Sommertage auf Capri - Roberta Gregorio - E-Book

Sommertage auf Capri E-Book

Roberta Gregorio

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Beschreibung

Ein Roman so sonnig wie ein Tag an Capris Küste und so erfrischend wie Zitroneneis! Velia hat es satt. Die Fernbeziehung, die sie ständig zwischen Neapel und Deutschland hin und her pendeln lässt und aus der langsam aber sicher die Luft raus ist. Die endlose Reihe nerviger Jobs, die sie nie halten kann, weil sie so oft im Ausland ist. Und die Tatsache, dass sie sich deswegen keine Wohnung leisten kann und wieder bei ihren Eltern wohnt. Und das mit Mitte zwanzig.  Da kommt der Anruf ihrer Tante auf Capri gerade recht. Sie braucht Hilfe während der Urlaubssaison und so stellt Velia ihre lauwarme Beziehung aufs Abstellgleis und setzt über auf die italienische Trauminsel. Dort trifft sie auf den charmanten, wenn auch etwas schüchternen Schuster Ennio, der die auf der Insel traditionellen Sandalen anfertigt und verkauft. Schon bald lässt sich die Anziehung zwischen den beiden nicht mehr leugnen und zwischen Strand, Vino und Gelato verbringen die beiden hinreißende Sommertage. Bis auf einmal Velias Ex vor der Tür steht und sie zurück will...

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Seitenzahl: 270

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Sommertage auf Capri

Die Autorin

Roberta Gregorio wurde 1976 im schönen Fürstenfeldbruck in Bayern geboren und ist dort direkt an der Amper aufgewachsen. Auch heute lebt sie mit ihrer Familie am Wasser, nur nicht mehr am Fluss, sondern am Meer, genauer in Süditalien. Gleich geblieben ist ihre große Leidenschaft für Worte, Texte und Manuskripte. Wenn sie nicht schreibt oder liest, übersetzt sie auch gerne. Braucht sie trotzdem mal eine kurze Pause, dann geht sie an den Strand und lässt die Seele baumeln, denn die Sache mit dem Dolcefarniente, die kann sie besonders gut.

Das Buch

Velia hat es satt. Die Fernbeziehung, die sie ständig zwischen Neapel und Deutschland hin und her pendeln lässt und aus der langsam aber sicher die Luft raus ist. Die endlose Reihe nerviger Jobs, die sie nie halten kann, weil sie so oft im Ausland ist. Und die Tatsache, dass sie sich deswegen keine Wohnung leisten kann und wieder bei ihren Eltern wohnt. Und das mit Mitte zwanzig. Da kommt der Anruf ihrer Tante auf Capri gerade recht. Sie braucht Hilfe während der Urlaubssaison und so stellt Velia ihre lauwarme Beziehung aufs Abstellgleis und setzt über auf die italienische Trauminsel. Dort trifft sie auf den charmanten, wenn auch etwas schüchternen Schuster Ennio, der die auf der Insel traditionellen Sandalen anfertigt und verkauft. Schon bald lässt sich die Anziehung zwischen den beiden nicht mehr leugnen und zwischen Strand, Vino und Gelato verbringen die beiden hinreißende Sommertage. Bis auf einmal Velias Ex vor der Tür steht und sie zurück will...

Roberta Gregorio

Sommertage auf Capri

Roman

Forever by Ullsteinforever.ullstein.de

Originalausgabe bei ForeverForever ist ein Verlag der Ullstein Buchverlage GmbH, BerlinMai 2019 (2)

© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2019Umschlaggestaltung:zero-media.net, MünchenTitelabbildung: © FinePic®Autorenfoto: © privatE-Book powered by pepyrus.com

ISBN 978-3-95818-413-8

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Inhalt

Die Autorin / Das Buch

Titelseite

Impressum

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Epilog

Leseprobe: Das kleine Café im Gutshaus

Empfehlungen

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Cover

Titelseite

Inhalt

Kapitel 1

»Diese Sandalen … sie sind wundervoll …«»Grazie. Wollen Sie sie anprobieren?«Sie zögert. Berührt das feine Leder. »Führen Sie denn meine Größe?«

Kapitel 1

Auf dem Rückflug nach Hause bestand Velia immer auf den Fensterplatz. Und wenn sie ihn nicht schon vorab buchen konnte, dann bat sie ganz ungeniert im Flugzeug ihre Sitznachbarn um einen Platztausch. Da konnte sie sehr erfinderisch werden. Denn sie musste einfach am Fenster sitzen. Aus unzähligen Gründen, die zusammengefasst einen ergaben: Der jedes Mal aufs Neue gewagte Anflug auf Neapel! Spektakulär, einzigartig und vielleicht sogar ein bisschen gefährlich.

Sie konnte sich nicht dran stattsehen. Wenn der Flieger sich mit einer aufregend tiefen Kurve über die Stadt senkte, geriet sie immer und immer wieder ins Schwärmen. Dann entdeckte sie den Golf mit dem Vesuv im Hintergrund, die tausend Farben, Schattierungen von Blau, Blauer, Türkis. Hell, wie Marechiaro, der famose Stadtteil. Oder schwarz. Wie mare nero, nach Lucio Battistis unvergessenem Lied. Je nach Wetter und Stimmung. Das Meer war launisch. Wie eine Diva. Oder sanft wie ein Flüstern. Das kam ganz drauf an. Auf den Mond, die Sonne, den Wind, den Vesuv. Ja, auch auf ihn.

Keine andere Stadt hieß ihre Gäste vielfältiger willkommen. Mit dem unendlich großen Hafen, den modernen Hochhäusern, den antiken palazzi. Pulsierendes Leben, wohin das Auge reichte. Bunt, einheitlich, gemischt, entschlossen.

Das alles hatte sie vermisst. Obwohl sie gar nicht lange weg gewesen war.

Sie seufzte. Wohlig und wissend zugleich.

»Schön, nicht?«, sagte ihre Sitznachbarin, die ebenso gebannt schief über Velias Schulter aus dem Fenster blickte.

»Ja …«

»Ich fahre zweimal jährlich hierher. Ischia. Die Thermen sind mein Lebenselixier. Haben Sie auch Urlaub?«

Velia schüttelte den Kopf. »Nein. Ich lebe hier.«

»Oh, Sie Glückliche!«

Velia mochte ihre Sitznachbarin plötzlich sehr. All diejenigen, die in und an Neapel mitsamt den Inseln ebenso viel Schönheit entdecken konnten wie sie, hatten von vornherein gleich tausend Punkte gewonnen. Sie verzieh der nicht mehr ganz jungen Dame neben sich augenblicklich das Schnarchen von zuvor und das aufdringliche Parfum. Sogar die fast meterhoch toupierten Haare. Sie war jetzt eine Schwester. Eine amo-Napoli-Schwester.

Das Flugzeug landete holpernd auf der Bahn, sodass eine weitere Konversation nicht möglich war. Velia fand, dass es die nun gar nicht mehr brauchte. Sie hatten sich alles gesagt, was es zu sagen gab.

Der Pilot bedankte sich über Lautsprecher bei den Fluggästen und Velia dankte stumm ihm, weil ihrer Meinung nach alle Piloten, die einen derartig tiefen Anflug nicht nur sicher, sondern auch elegant schafften, Helden waren. Da hatte sie schon ganz anderes erlebt.

Als sie aus dem Flieger stieg, empfing sie die gewohnte Wärme und der Geruch nach all dem, was sie so sehr liebte. Es fühlte sich an wie eine Mischung aus Sonne, Meer und Himmel und Velia hätte schwören können, dass sie all diese Dinge nur hier in Neapel so definiert riechen konnte.

Velia ließ sich gemeinsam mit den anderen Reisenden mit dem Bus zum Hauptgebäude transportieren und folgte routiniert den Wegweisern zur Gepäckausgabe. Sie hatte aber wie immer nur Handgepäck dabei, sodass sie bereits ein paar Minuten später vor dem Haupteingang des Flughafens stand, wo lautes Hupen, Rufen und noch lauteres Trillern eines Verkehrspolizisten sie empfing. Neapels Pulsschlag war zu spüren. Irgendwo unter Velias Fußsohlen. Und sie wusste, dass ihr Herz, nach ein paar Minuten Akklimatisierung, diesem Rhythmus folgen würde.

Sie blickte auf ihr Handy, das sie bereits wieder eingeschaltet hatte. Ihre Freundin, Piera, hatte versprochen sie abzuholen. Aber Piera war vergesslich …

Velia ging ihre Nachrichten durch. Von Piera war nichts dabei.

»Hey, Fremde!«, hörte sie aber dann und erkannte eindeutig die Stimme ihrer Freundin. Sie war unbemerkt herangefahren – oder vielmehr war ihr verrosteter FIAT Panda im ununterbrochen zäh fließenden Strom von Autos wohl untergegangen – und hielt ihr nun die Autotür auf.

Velia stieg wortlos ein, nachdem sie den Beifahrersitz von allerhand Müll befreit hatte, und schlug die Beifahrertür zu.

»Wie war der Flug?«, erkundigte sich Piera.

»Gut.« Velia begann zu entspannen. Lehnte sich etwas zurück. Spürte dabei deutlich eine Sprungfeder im Kreuz, was die Entspannung gleich wieder in die entgegengesetzte Richtung jagte.

»Sehr gesprächig. Wie immer.«

»Tut mir leid.« Sie brauchte einfach ein paar Minuten, um richtig anzukommen. Und dafür, sich nicht übermannt zu fühlen, weil sie gerade vor Stunden noch in einer ganz anderen Welt gewesen war. Sie konnte gar nicht mehr zählen, wie viele Kulturschocks sie bisher verarbeitet hatte. In beide Richtungen.

»Schon gut. Wie geht es Niklas?«

Niklas, das war ihr Freund. Niklas, das war der Grund, warum sie immerzu in einem Flieger saß. Niklas, das war der Mann, in den sie sich vor Jahren verliebt hatte. Niklas, das war derjenige, der sie andersherum fast nie in Neapel besuchte, weil er nicht vom Hof wegkonnte – so der offizielle Grund. Der eigentliche Grund war das neapolitanische Chaos, das er nicht mochte. Nein, er hasste es, um ehrlich zu sein. Dafür liebte er aber sein Vieh. Und vor allem liebte er die Ruhe auf seinem Hof in Bayern.

Zwei Welten, die sich – baboom – anzogen, kollidierten und gegeneinander krachten, nur um sich dann abzustoßen. In einem nie enden wollenden Zyklus.

»Es geht ihm gut. Wir haben ein Kalb zur Welt gebracht«, antwortete sie auf die Frage ihrer Freundin.

»Romantisch.«

»Ja. Irgendwie schon.«

»Wer braucht schon Kerzenschein und Champagner, wenn er ein Kalb zur Welt bringen kann?«

Velia zog die Schultern hoch. Sie brauchte wirklich nicht viel Schnickschnack. »Das Kalb heißt Velia.«

Piera lachte laut. »Du meine Güte …«

Jetzt lachte auch Velia. Und dann tauchten sie ein in Neapels verrücktes Verkehrschaos. Das war der Moment, in dem sie wirklich daheim ankam. Und Niklas mitsamt dem Kalb rückte auf einmal ganz weit weg. Weiter als jeder unerreichbare Traum.

Piera schmiss sie praktisch aus dem fahrenden Auto, als sie am palazzo angekommen waren, in dem Velia noch mit ihren Eltern lebte.

»Ruf mich an!«, rief Piera ihr zu. Dann war sie auch schon weg. Auf dem Weg zur Arbeit im Fitnessstudio. Ihre Freundin war Zumba-Lehrerin. Und sie ging voll in ihrem Beruf auf.

Velia hatte es da schon schwerer. Im Moment jobbte sie eher. Mindestens einmal im Monat flog sie für mehrere Tage zu Niklas. Das tolerierte auf Dauer kein Arbeitgeber. Aber sie brauchte das Geld für die Flüge. Und …es war einfach anstrengend.

Alles.

Sie öffnete die Haustür, fuhr mit dem Fahrstuhl in den vierten Stock, ging durch den Flur, hörte aus den Wohnungen Stimmen, das Klappern von Geschirr, Musik. Es war alles vorhanden. Bunt gemischt. Und welch ein Kontrast zur Ruhe, die bei Niklas immer herrschte. Man hörte höchstens die Kühe dort, oder das Pfeifen des Windes. Das war aber auch schon alles.

Sie steckte den Schlüssel in die Wohnungstür, als diese aber auch schon aufgerissen wurde. Von ihrer Mutter.

»Da bist du ja!«, freute sie sich und nahm sie kurz in den Arm. Sie roch nach Chlorbleiche, war ein richtiger Fan von dem Zeug und verwendete das Mittel zu jedem Zweck. Und das nicht zu knapp. »Hattest du einen guten Flug?«

»Ja, danke.«

»Und Nicola geht es gut?«

Niklas, korrigierte sie ganz automatisch, inzwischen aber stumm. Sie hatte es aufgegeben, ihre Mutter darauf hinzuweisen, wie ihr Freund richtig hieß. Und sie hatte es aufgegeben, sich gegen die immer gleichen Fragen zu wehren.

»Es geht ihm sehr gut, danke. Er sendet dir und papà viele Grüße!«

Das stimmte nicht. Er sendete nie Grüße. Aber das konnte sie ihrer Mutter so kaum sagen, oder? Sie würde es nicht verstehen, dass er einfach nicht daran dachte. Oder keinen Sinn darin sah. So genau hatte Velia das noch nicht raus. Eines aber war klar: Niklas war neapolitanische Familiendynamik suspekt. Und das zu ändern war Velias Plan. Es haperte nur noch ein bisschen an der Umsetzung. Ein bisschen sehr.

»Wann kommt er denn mal wieder nach Napoli?«

Auch diese Frage wiederholte ihre Mutter bis zum Abwinken oft. Nur gab es dazu keine Antwort. Niklas hatte nicht vor zu kommen. Und ehrlich gesagt, fragte sich Velia oft, wie es nur möglich war, dass er damals, vor drei Jahren, die Einladung seines besten Freunds akzeptiert hatte, ihn nach Italien zu begleiten, um irgendein Fußballspiel live im San Paolo Stadium anzusehen. In diesem Zusammenhang hatte sie ihn kennengelernt. Ein Blick auf den blonden, großen Schönling hatte ihr gereicht, um sich unsterblich in ihn zu verlieben. Zu der Zeit arbeitete sie an der Rezeption des Hotels, das er und sein Freund gebucht hatten. Eines hatte zum anderen geführt und seit dem Moment waren sie und Niklas ein Paar, wenn auch auf Distanz.

»Er kommt bestimmt ganz bald«, sagte sie deshalb in der Hoffnung, ihre Mutter möge es dabei belassen.

»Na schön … Kann ich dir noch irgendwie helfen? Ich muss nämlich gleich los.«

»Arbeit?«

Velias Mutter hatte immer zu tun. Mal putzte sie irgendwo, oder kaufte für jemanden ein, oder bügelte, oder passte auf Kinder auf. Nicht selten auch das meiste davon auf einmal.

»Ja. Ach, apropos Arbeit …«, ihre Mutter ging zum Telefontisch rüber und suchte die Notizen durch, »hast du in der Pizzeria die Nummer vom Festnetz angegeben?«

»Ja.« Das machte Velia manchmal. Wenn sie nicht unbedingt immer und überall erreichbar sein wollte. »Wieso?«

»Ein gewisser … Leonardo hat hier angerufen und ausgerichtet, dass sie dich am … also morgen, nicht brauchen.«

»Was? Wieso denn nicht?«

»Das hat er nicht gesagt …«

»Ach, Mist! Ich brauche das Geld.«

Ihre Mutter warf ihr einen mitleidigen Blick zu, nahm ihre Schürze ab und gab ihr einen Kuss auf die Wange. »Ruf doch mal an. Vielleicht habe ich ganz einfach nur was falsch verstanden. Wäre ja nicht das erste Mal.« Und schon war sie weg.

Velia legte ab, ging auf ihr Zimmer, warf sich aufs Bett und vermisste Niklas, spürte fast körperliche Schmerzen, wenn sie an ihn und die Geborgenheit dachte, die sie bei ihm hatte.

Sie rief ihn an.

»Hi, Schatz!«, meldete er sich.

Ihr Herz machte einen Satz. Sie liebte es, wie er das sagte. Glücklicherweise war ihr Deutsch hervorragend. Sie hatte am sprachwissenschaftlichen Gymnasium sehr gute Noten in diesem Fach gehabt. Ehrlich gesagt hätte sie zu der Zeit nie gedacht, diese Sprache mal zu brauchen, um mit ihrem Freund zu kommunizieren. Aber … so war das Leben manchmal, nicht?

»Hi. Ich bin wieder daheim. Was machst du so?«

»Das Übliche.«

Sie hörte die Kühe im Hintergrund. Also war er vermutlich im Stall.

»Wie geht es Velia?«

»Sie macht sich gut. Ist schon total fit.«

Sie seufzte.

»Was ist, Schatz?«

»Ich vermisse dich …« Sie wollte nicht kindisch sein. Und schon gar nicht nerven. Aber manchmal war es kaum auszuhalten, nicht bei ihm zu sein.

»Ich dich auch. Du weißt, es könnte anders sein. Schöner …«

Sie wusste, was er damit meinte. Er hatte ihr schon eine Million Mal vorgeschlagen, zu ihm zu ziehen. Ganz. Ohne Hin und Her.

»Ja, ich weiß …« Was war es nur, das sie immer wieder davon abhielt, diesen entscheidenden Schritt endlich zu wagen?

»Du denkst darüber nach?«

»Das werde ich.«

»Ich muss Schluss machen. Ich liebe dich.«

»Ich dich …«

Er hatte schon aufgelegt.

Velia sank ins Kissen. Entschloss sich aber dann doch dazu, die Sache mit ihrem Arbeitgeber zu klären. Der meldete sich auch sofort.

»Velia, ja, hallo … Also, hör zu … du arbeitest gut und bist bei den Gästen beliebt. Gar keine Frage. Aber du bist mir einfach zu oft weg. Um es kurz und schmerzlos zu machen: Ich habe eine neue Aushilfe gefunden. Du brauchst gar nicht mehr zu kommen.« Das war das, was sie zu hören bekam.

»Merda!«, rief sie laut, nachdem sie aufgelegt hatte. Sehr laut.

War das jetzt ein Zeichen des Schicksals? Wollte es ihr damit sagen, endlich für immer nach Deutschland auszuwandern? Um … Landwirtin zu werden? Sie und Niklas und die Kühe.

Sie schnappte nach Luft. Spürte einen Anflug von Panik.

Das war nicht das, was sie wollte. Nicht zu hundert Prozent.

Aber was war es dann? Sie wollte Niklas nicht aus ihrem Leben streichen. Aber, was tat er konkret, um ihr in dieser Situation zu helfen? Um ihr entgegenzukommen?

Nicht viel, musste sie sich eingestehen. Und das war deutlich zu wenig.

Niklas stieg aus seinen Gummistiefeln, an denen eine ganze Menge Dreck haftete, und ging barfuß ins Haus. Im kleinen Nebenhaus wohnte er schon seit Jahren, während seine Eltern mit der Großmutter noch immer im Haupthaus lebten. Ohne deren Hilfe ließe sich ihr großer Betrieb aber auch gar nicht bewirtschaften.

Er strich sich durchs Haar und merkte, dass auch an seinen Händen so etwas wie Dreck haftete. Unsichtbarer Dreck, der nicht gerade sonderlich gut roch, wie Velia wohl behauptet hätte. Und sie hätte ihn jetzt darum gebeten, die Hände zu waschen. Also tat er es. Aus einem Pflichtgefühl auf Distanz heraus. Er war kein Dreckspatz oder so. Das gar nicht. Vielmehr verhielt es sich so, dass er es nicht anders kannte. Auf einem Hof wurde man halt mal schmutzig. Wo käme er denn da hin, wenn er jedes Mal mit Seife und Wasser hantieren würde, nachdem er das Vieh berührte? Und er duschte ja zweimal am Tag. Morgens, um richtig wach zu werden, und abends, um einen Trennstrich zwischen sich und die Kühe zu ziehen.

Er schüttelte den Kopf. Lächelte sogar. Weil Velia trotzdem irgendwie da war, wenn sie auch erst abgereist war. Sie war in seinen Gedanken. Immer. Das war einerseits gut. Andererseits aber gar nicht. Denn dass sie dauernd präsent war vor seinem inneren Auge, sorgte auch dafür, dass er sie dauernd vermisste. Und er wollte seine Freundin nicht immer nur vermissen. Er wollte sie vor allem bei sich haben. In seinem Bett. An seinem Tisch. Aber auch bei seinen Kühen.

Verlangte er zu viel?

Das fragte er sich oft.

Es machte ihm Angst, dass er sich in seiner Beziehung ständig Fragen stellen musste. Oft fühlte es sich nicht richtig an, dass er mit Velia zusammen war. Und das machte ihm zu schaffen. Denn er war der Meinung, dass sich bei einem Paar alles richtig anfühlen musste. Jedes noch so kleine Detail. Wie sollte man sonst dem Alltag trotzen?

Niklas trocknete sich die Hände ab, machte Musik an, setzte sich auf die Couch, nahm das Kissen und drückte es an seine Brust.

Es roch nach Velia.

Er ließ den Kopf nach hinten fallen.

Das war alles nicht gut.

Ganz ehrlich? Niemals hätte er gedacht, sich so heftig in die Italienerin zu verlieben. Ja, es war gerade ihr quirliges, vulkanisches Temperament, das er so sehr zu schätzen gelernt hatte. Dieses Brodeln. Dieses Feuer. Er wusste natürlich, dass ihre italienischen Charaktereigenschaften brutal mit seinen gut deutschen kontrastierten. Sie waren wie der Tag und die Nacht. Wie Feuer und Wasser. Der Mond und die Sonne. Genau so.

Und eigentlich passte sie nicht. Nicht in sein Leben. Nicht in seinen Hof. Er dachte mit einem Lächeln auf dem Gesicht an das erste Mal, an dem Velia bei ihm Dampfnudeln mit Vanillesoße gegessen hatte. Als Hauptgericht, wie es bei ihnen üblich war.

»Ihr fangt mit der Nachspeise an?«, hatte sie überrascht gefragt.

Damals hatte er ihre Überraschung als charmant, süß und anziehend unbeholfen empfunden.

Aber heute … heute sah er schwarz. Wie immer eigentlich, wenn Velia abreiste.

Er stand seufzend auf.

»Willkommen, du bescheuerter Velia-ist-weg-Blues!«, schimpfte er laut und begab sich in die Küche. Dort machte er den Kühlschrank auf und holte den Provola-Käse hervor, den seine Freundin mitgebracht hatte. Sie brachte ständig irgendetwas mit. Meist Essbares.

Er setzte sich an den Tisch, schnitt eine Scheibe Käse ab und aß ihn so, ohne Brot, ohne alles.

Mh, lecker!

Und vielleicht passte sie doch, seine Velia …

»Was haben Sie denn für eine Schuhgröße?«»Fünfunddreißig.«Das ist tatsächlich ein bisschen klein. Aber sie führen natürlich auch diese Nummer.»Einen Augenblick, bitte.«Er hat da ein so tolles Paar im Lager. Hellblau, wie die Augen der schönen Frau.Er muss nicht lange suchen, findet die Sandalen sofort.Er kommt zurück in den Laden.Und sie ist nicht mehr da.

Kapitel 2

Ennio legte den Hammer weg, wischte sich den Schweiß von der Stirn und begutachtete sein Werk. Das helle Leder machte sich gut. Gelb. Wie die Sonne. Er konnte es sich perfekt auf sonnengebräunter Haut vorstellen. An schönen Füßen. Aber auch an hässlichen. Denn seine Sandalen machten alle Füße schön. Das war nicht anmaßend, das war die Magie der simplen Dinge. Er stellte die typischen Sandalen von Capri her. Flach, hochwertig, von einfach bis verspielt. Wer sie letztendlich trug, das konnte er nicht beeinflussen. Er konnte nur die besten Sandalen unter Verwendung ausgesuchter Materialien herstellen. Das war seine Aufgabe.

Er führte den kleinen Eckladen in einer Gasse, die direkt von der Piazzetta ausging, in dritter Generation. Die Bildergalerie, die pittoresk an der Wand hinter seinem Arbeitsplatz hing, zeigte seinen Großvater, seinen Großonkel, seinen Vater. Famose Kundschaft. Die teuerste Sandale, die sie einmal für die Braut eines Scheichs hergestellt hatten. Viele wichtige Momente. Die Bilder zeigten auch Ennio, der hineingeboren war in dieses Geschäft. Da, Ennio, ganz klein, auf dem Schoß seines Vaters. Mit seinem Lieblingsutensil, dem Hammer. Die Bilder zeigten, wie der Laden ausgesehen hatte, ganz zu Beginn. Und seine Kunden blieben immer mit ihrem Blick dran hängen. An der Vergangenheit, an der Tradition, die einen Namen trug: Marchetti. Damals, als sein Großvater aufgehört hatte vom Fischfang zu leben, um sich ganz dem Schuhhandwerk zu widmen, hatte er einfach nur seinen Nachnamen als Firmennamen verwendet. Und so hatte Ennio das gelassen. Er war dem Trend, englische Ausdrücke zu verwenden, nicht gefolgt. Sollten sie sich doch alle Capri’s shoes, Walking on Capri und wie sie noch alle hießen nennen. Ihm machte es nichts aus, dass die meisten Läden englische Namen hatten.

Nein. Das stimmte so nicht. Es machte ihm sehr viel aus, denn einen Laden in dritter Generation zu führen, das war vor allem eine Verantwortung. Ennio sah es als moralische Verpflichtung an, das Geschäft nicht nur zu führen, sondern auch weiterhin erfolgreich zu halten. Und das war alles andere als einfach, bei so viel neuer, innovativer und aggressiver Konkurrenz. Er konnte nur hoffen, dass er mit seinem ruhigen, traditionellen, aber hochwertigen Geschäftsmodell am Ende gewinnen würde. Aber es war schwierig geworden, sich auf Capri zu behaupten. Manchmal kam er sich vor wie in einem Haibecken.

»Wenn jemand die Definition von grimmig braucht, muss er nur in dein Gesicht schauen …«

Ennio blickte auf. Vor ihm stand Mariasole, die sich jetzt auf seinen Arbeitstisch lehnte und ihn amüsiert ansah.

»Und wenn jemand die Definition von nervig braucht, muss er dich nur als beste Freundin und Mitarbeiterin aussuchen.«

»Haha. Das Spiel könnten wir jetzt ewig weiterführen, oder?«

»Ja. Aber das werden wir lassen. Weil du jetzt nämlich Feierabend hast.« Er zeigte demonstrativ auf seine schwere Armbanduhr. Ein Erbstück seines Großvaters.

»Oh, verdammt. Ich muss los, oder?«

Ennio zog nur die Augenbrauen hoch.

»Du kommst aber später ins Lokal, ja?«

Er suchte fieberhaft nach einer Ausrede. »Ich muss …«

»Nein!«, unterbrach sie ihn sofort. »Fang gar nicht erst damit an. Du kommst. Basta.«

»Ach, Mariasole …«

»Nein, nein, nein, nein, nein!« Sie fuchtelte mit den Fingern vor seinem Gesicht herum. Nervig eben …

»Va bene. Ich schaue kurz vorbei«, gab er sich geschlagen.

»Und dann wird meine Stimme dich fesseln und du wirst gar nicht anders können, als bis zum Schluss zu bleiben!«, rief sie teils triumphierend, teils theatralisch aus.

Ennio stöhnte und schlug sich in gespielter Verzweiflung an die Stirn. Na ja, so gespielt war sie gar nicht, seine Verzweiflung. Er ging nicht allzu gerne fort. Nicht mehr.

»Ennio, ich brauche dich dort …«, flehte sie jetzt sehr viel leiser. Und sehr viel ehrlicher.

»Ich weiß!«, murrte er. »Und ich werde da sein. Wie immer.«

Sie machte einen kleinen Hüpfer, drückte ihm einen Kuss auf die Wange, winkte und verließ den kleinen Laden. Kam aber gleich darauf wieder rein. »Ach, Ennio, hast du dich um die Aushilfskraft für den Sommer gekümmert?«

Mariasole konnte immer nur in der Nebensaison aushelfen. Denn eigentlich war sie Sängerin. Eine ausgesprochen gute sogar. Und die Hochsaison über hatte sie abends oft Auftritte. Im Laden stehen konnte sie daher nicht auch noch, zumal sie Mutter eines kleinen Sohnes, Alfio, war.

»Ähm …«

»Noch immer nicht?«

»Ich …«

»So geht das nicht, Ennio. Ich kann dich nicht immer bemuttern. Du wirst bald fünfunddreißig!«

Das brauchte sie auch gar nicht. Er war sehr wohl imstande, sich allein um eine Aushilfskraft zu kümmern. Er hatte nur viel zu viel um die Ohren. Der Laden, sein Großonkel. Aber das brauchte Mariasole alles nicht zu wissen. Sie hatte genügend eigene Probleme. »Dio Santo, Mariasole, lass mich doch mal aussprechen: Ich habe bereits mit Franca gesprochen. Sie hat auf dem Festland eine Nichte, die infrage kommt. Okay?«

Sie sah ihn kurz an. Forschend. Gar nicht überzeugt. Dann nickte sie aber. »Sehr gut. Bis später!«

Und nun musste er sehen, wie er tatsächlich zu einer Verkäuferin kam, denn er war sich nicht sicher, ob Francas Nichte überhaupt interessiert war. Das Gespräch, das er mit seiner Haushälterin geführt hatte, war doch sehr theoretisch gewesen. Und vor allem schon Ewigkeiten her.

Ennio hatte den Laden zugeschlossen. Er wollte kurz zu Abend essen, um dann später noch mal ein Stündchen oder so aufzumachen. Es liefen immer Touristen vorbei, zu jeder Uhrzeit. Und da wäre es doch schade, nicht für sie da zu sein. Zumal er es sich nicht leisten konnte, auf eventuelle Verkäufe zu verzichten. Es war ihm einfach zu wichtig, nicht an der Qualität zu sparen. Und das wiederum führte dazu, dass er auf die Verkäufe angewiesen war. Er wollte weiterhin nur die besten Materialien verwenden, die aber immer mehr kosteten, sodass die Marge immer kleiner wurde. Ein Teufelskreis, der nur durch guten Betrieb unterbrochen werden konnte.

Jetzt war er schon wieder grimmig. Da hatte Mariasole schon recht, überlegte er, als er die Stufen zur Wohnung hinaufging, die sich direkt über dem Laden befand. Ein großes Glück, wie er wusste. Die Wohnung hatte sein Großvater seinerzeit gekauft. Jetzt gehörte sie ihm. Und seinem Großonkel Salvo.

Er sperrte auf. Duft nach Gemüse suchte sich sofort einen Weg zu ihm. Ennio war hungrig. Das merkte er vielleicht erst jetzt so richtig.

»Ennio?«, rief Franca, die Haushälterin, aus der Küche.

Wer denn sonst?, war seine stumme Frage. Es war ja nicht so, dass ganz Capri ihren Hausschlüssel besaß.

»Ja-ha«, rief er daher nur.

»Was? Ist der Junge endlich da?«, hörte er zio Salvo krächzen.

»Ja. Er ist gerade reingekommen«, schrie Franca. Der Großonkel war selektiv schwerhörig – hörte also nur das, was er wollte, wann er wollte.

»Wo bleibt er denn?« Zio Salvo wurde ungeduldig. Und Ennio beeilte sich im Bad, wo er sich schnell die Hände wusch.

»Er kommt gleich«, berichtete Franca.

Ennio trocknete sich die Hände ab und ging durch den Flur direkt in die große, helle Küche.

»Der Junge ist da!«, freute sich zio Salvo und lächelte dabei so breit und freudig, dass Ennio ganz warm ums Herz wurde.

»Ich sehe es!«, antwortete Franca so deutlich wie möglich.

»Ennio, Junge, komm, komm!« Salvo wedelte mit seiner krummen Hand ganz aufgeregt und deutete ihm näherzukommen. Wie immer saß er in seinem Rollstuhl direkt am großen Fenster. Dort, wo er aufs Meer blicken konnte. »Delfine. Ich habe sie heute gesehen.«

Das bezweifelte Ennio. Dazu hätte er ein Fernglas gebraucht. »Wie viele, zio?«, fragte er trotzdem und ließ sich von Franca liebevoll den Arm tätscheln. Ein stummer Gruß. Sie hatte sich zu ihnen gestellt und blickte jetzt auch angestrengt Richtung Meer. Es dämmerte bereits. Und das Meer war glatt wie ein See.

»Drei. Vielleicht vier. Und einer hat Kapriolen geschlagen. So.« Der Großonkel zeigte angestrengt mit seinem dünnen Arm, wie der Delfin sich seiner Meinung nach bewegt hatte.

»Sicher, dass es kein Thunfisch war?«

»Ach, Junge, was redest du denn da? Meinst du, ich kann einen Delfin nicht von einem Thunfisch unterscheiden? Ich bin doch nicht so unwissend wie du! Ich habe auf dem Meer gelebt. Davon hast du keine Ahnung, non è vero?«

Zio Salvo tat nur verärgert. Das wusste Ennio. Es gehörte zum Ritual. Zu diesem irren, verrückten Ritual, das sich fast jeden Abend am großen Fenster abspielte.

»Das ist deine Schuld. Du hast mich ja nie mitgenommen aufs Meer!«

Der Alte machte ein komisches Gesicht, winkte ab. »Ist sie heute in den Laden gekommen?«

Das war normal, dass er so abrupt das Thema wechselte. Nun ja. Normal … Für den Großonkel war es normal. Und inzwischen hatte sich Ennio daran gewöhnt. Es blieb auch kaum eine Alternative.

»Wer?«

»Die Prinzessin, stupidino!«

Ach so. Es war mal wieder Prinzessin-Zeit. Das war auch so ein Thema, das zio Salvo oft und gerne beschäftigte. Er erzählte immer mal wieder von einer Prinzessin. Und damit wusste Ennio nicht viel anzufangen. Aber er spielte mit. Mit einem Schulterzucken.

»Heute nicht, nein.«

Der alte Mann schlug sich aufs Bein und schüttelte entrüstet den Kopf. So entrüstet, dass ihm beinahe der alte, abgenutzte Strohhut vom Kopf fiel, von dem er sich so gar nicht trennen wollte und der somit ein richtiger Dorn in Francas ordentlichem Haushälterinnenherz war.

»Wo sie nur bleibt …?«

»Ihr beiden! A tavola – zu Tisch!«, forderte Franca sie auf.

Ennio tätschelte die Wange seines Großonkels und schob ihn in Richtung Esstisch. Er wünschte, er könnte dem Mann den traurigen Blick nehmen, den er immer dann hatte, wenn er von dieser Prinzessin sprach. Er wünschte, er könnte ihn besser verstehen. Es machte ihm zu schaffen, dass er nichts zu seinen Delfinen, Prinzessinnen und all den anderen Geschichten sagen konnte, die dem alten Mann so wichtig waren. Er wusste nicht, wie viel davon Reste von Erinnerungen und wie viel davon ganz einfach Vorstellungen oder Figuren aus seiner Fantasie waren.

Als zio Salvo endlich bequem bei Tisch saß, nahm auch Ennio Platz und war dankbar, dass Franca ihren Weg in die Familie gefunden hatte. Nicht nur, weil sie sich vorbildlich um den Haushalt kümmerte, sondern viel mehr, weil sie für den alten Mann da war. Immer. Als wäre er mit ihr blutsverwandt. Als liebte sie ihn wirklich.

Sie schnitt ihm gerade die Auberginen klein. Und er wartete geduldig ab. Sah gar nicht so genau hin.

»Ich lade sie einfach mal ein, oder?«, fuhr zio Salvo fort.

»Die Prinzessin?« Ennio riet einfach mal und begann zu essen.

»Wen denn sonst, stupidino!«

Ja. Kleiner Dummkopf wurde Ennio von seinem Großonkel sehr oft genannt. Aber er nahm es ihm kein bisschen übel. Er fühlte sich ja selbst oft genug so. Weil er den Gedankengängen des alten Mannes in den seltensten Fällen folgen konnte.

»Gute Idee.«

»Die beste Idee seit Langem«, fand auch der Alte und schmatzte dabei laut.

»Zum Essen?«, schlug Franca vor, bevor sie ihm einen Löffel in den Mund schob. Auch sie spielte immer mit. Das war ganz einfach der leichtere Weg.

»Ja!«, rief Salvo begeistert. »Und du kochst deine Spaghetti alle vongole, ja? Die mag sie vielleicht.«

»Selbstverständlich!«

Zio Salvo lächelte. Kleckerte dabei ein bisschen, aber das war in Ordnung. Wenn er nur lächelte.

»Wieso ist kein Basilikum in den Auberginen?«, erkundigte sich der Großonkel dann ganz unvermittelt.

Franca suchte Ennios Blick. Erstaunen zeigte sich darin. Und Ennio schaute in seinen Teller. Basilikum war tatsächlich nicht dabei. Er hatte auch keinen geschmeckt.

»Ich habe keinen frischen bekommen«, erklärte sie.

»Würdest du beim nächsten Mal bitte wieder Basilikum kaufen? Ich mag den.«

»Aber natürlich!«

Das schien den alten Mann zufriedenzustellen. Denn er sagte bis zum Ende des Abendessens nichts mehr.

Ennio sah seine Gelegenheit, um Franca auf ihre Nichte anzusprechen. »Sag mal, würdest du dich mal bei deiner Nichte erkundigen, ob sie Lust hat, den Sommer über bei mir im Laden Sandalen zu verkaufen?«

Wenn sie nur halb so tüchtig war wie ihre Tante, dann musste Ennio nichts befürchten.

»Gerne! Ich rufe sie gleich morgen an. Aber ich kann dir nichts versprechen.«

Nach dem Abendessen verabschiedete sich Ennio und ging wieder runter in den Laden, wo tatsächlich ein Grüppchen am Schaufenster stand und sich interessiert die Ware ansah.

»Buonasera!«, grüßte er und sperrte auf.

Die Gruppe, die vorwiegend aus Frauen bestand, folgte ihm und füllte den eher überschaubaren Verkaufsraum. Sie sahen sich eine ganze Weile um, berieten sich, analysierten und fassten an.

»Wunderschön!«, schwärmten sie und sahen sich die Sandalen genau an. »Kann ich die anprobieren?«, fragte eine junge Blondine.

»Selbstverständlich!«

Er sah ihr dabei zu, wie sie in die Sandale schlüpfte und sich vor dem Spiegel hin und her drehte.

»Ich nehme sie!«, beschloss sie irgendwann.

Als sie an der Kasse bezahlte, reichte sie ihm einen zusammengefalteten Geldschein. Er faltete ihn auseinander und ihm fiel ein Zettel entgegen.

Eine Telefonnummer. Ein Name. Und ein »Ruf mich an«.

Er hob den Blick, aber sie war schon verschwunden.

»Doch. Du musst jetzt ins Bett, piccoletto!«, versuchte Mariasole es erneut mit der strengsten Stimme, die sie hinbekam.

Alfio, ihr vierjähriger lebhafter Sohn, sprang vom Sofa auf den Sessel und quietschte vergnügt. Als hätte sie gar nichts gesagt. Mariasoles Vater lachte und schnappte sich den Kleinen. Aber nicht etwa, um ihn zu Bett zu bringen, sondern um sich mit ihm über das abendliche Fernsehprogramm zu beraten.

Keiner beachtete sie.

Und sie fühlte sich unsichtbar. Unbedeutend. Übergangen. Wie so oft in letzter Zeit.