Steueranwalt International 2014/2015 -  - E-Book

Steueranwalt International 2014/2015 E-Book

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Beschreibung

Dokumentation der Tagung Steueranwalt International 2014 Der Band enthält die aktualisierten und ergänzten Vorträge, die im Rahmen der Veranstaltung Steueranwalt International 2014 vom 2. bis 3. Mai 2014 auf Mallorca gehalten wurden. Topaktuelle Themen des internationalen Steuerrechts - Grundstrukturen deutscher DBA dargestellt anhand der BMF-Verhandlungsgrundlage vom 22.8.2013 von Univ.-Prof. Dr. Bert Kaminski - Aktuelles zum internationalen Steuerrecht aus der Rechtsprechung und der Finanzverwaltung von Univ.-Prof. Dr. Bert Kaminski - Gestaltungen unter Einsatz einer ausländischen Familienstiftung Probleme des § 15 AStG von Dr. Matthias Söffing, Rechtsanwalt/Fachanwalt für Steuerrecht - Aktuelle Fragen des steuerlichen und strafrechtlichen Auskunftsverkehrs im Verhältnis zur Schweiz von Daniel Holenstein, Rechtsanwalt, dipl. Steuerexperte - Ergänzende Anmerkungen zum deutsch-schweizerischen Auskunftsverkehr (aus deutscher Sicht) von Dr. Martin Wulf, Rechtsanwalt - Neueste Entwicklungen im Europäischen Steuerrecht von Dr. Klaus von Brocke, Rechtsanwalt - SE und andere europäische Gesellschaftsformen zivilrechtliche Grundlagen von Prof. Dr. Hanns-Christian Salger, Rechtsanwalt Damit erhalten Steuerpraktiker wieder aktuelle Informationen aus dem Bereich des internationalen Steuerrechts, verbunden mit einer Darstellung der Entwicklung der Rechtsprechung.

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Steueranwalt International 2014/2015

Herausgeber:

Deutscher Anwalt VereinArbeitsgemeinschaft Steuerrecht

Bearbeiter:

Jürgen Wagner, LL.M., RechtsanwaltFachanwalt für Handels- und GesellschaftsrechtKonstanz/Zürich/Vaduz

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek | Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

epub-ISBN 978-3-415-05424-0Print-ISBN 978-3-415-05406-6

© 2014 Richard Boorberg Verlag

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

E-Book-Umsetzung: Lumina Datamatics Limited

Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG | Scharrstraße 2 | 70563 Stuttgart Stuttgart | München | Hannover | Berlin | Weimar | Dresden www.boorberg.de

Vorwort des Bearbeiters

Die Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht hat in diesem Jahr die Veranstaltung zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft Internationaler Rechtsverkehr ausgerichtet. Es ist meist eine gute Idee, „über den Tellerrand hinauszuschauen“. Nicht, daß wir uns nicht intensiv mit internationalen Sachverhalten auseinandersetzten. Prof. Kaminski hält uns jedes Jahr in bewährt gründlicher Weise auf dem Laufenden. Sich aber mit den Rom-I-III-Verordnungen oder Europäischen Gesellschaftsformen zu beschäftigen, ist jedoch etwas anderes.

Alle Mitglieder des Geschäftsführenden Ausschusses freuen sich, Sie in Berlin beim Steueranwaltstag 2014 vom 31.10.2014 bis 01.11.2014 wieder zu interessanten Vorträgen und Diskussionen begrüßen zu dürfen.

Der Steueranwalt International wird im nächsten Jahr wieder wie gewohnt auf Mallorca stattfinden, allerdings wird die Änderung der Fortbildungsordnung und die dort vorgesehene Erhöhung der Fortbildungsstunden auf 15 Stunden berücksichtigt werden. Wir werden also bereits am Donnerstag beginnen und die Referate auf Freitag und Samstag verteilen. Alles Weitere erfahren Sie wie gewohnt im steueranwaltsmagazin und auf unserer Website (die sich gerade einem Relaunch unterzieht) steuerrecht.org.

Mit den besten Wünschen

Ihr

Jürgen Wagner, LL.M.

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht Konstanz/Zürich/Vaduz

Vorwort in Zitaten

Grundstrukturen deutscher DBA – dargestellt anhand der BMF-Verhandlungsgrundlage vom 22.08.2013

Univ.-Prof. Dr. Bert Kaminski, Institut für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre an der Helmut-Schmidt-Universität – Universität der Bundeswehr Hamburg

Das OECD-Musterabkommen hat als solches keine unmittelbare rechtliche Wirkung. Es stellt eine Vorlage für die Vertragsverhandlungen zwischen den Mitgliedstaaten der OECD untereinander und grundsätzlich auch im Verhältnis zu Drittstaaten dar. Die deutschen Doppelbesteuerungsabkommen folgen in großem Umfang diesem Muster, und auch die deutsche Verhandlungsgrundlage vom 22.08.2013 lehnt sich in weiten Teilen hieran an. Gleichwohl ist für den konkreten Fall auf das jeweilige DBA (inklusive der Schlussprotokolle) abzustellen. Außerdem hat die OECD zur Ergänzung des Musterabkommens einen Kommentar verabschiedet, der fortlaufend aktualisiert wird. Weder aus dem OECD-MA noch aus den einzelnen Doppelbesteuerungsabkommen heraus kann eine Besteuerung erfolgen. Hierfür bedarf es vielmehr einer Rechtsgrundlage des nationalen Rechts, die das der Bundesrepublik Deutschland nach Abkommensrecht zugewiesene Besteuerungsrecht auch tatsächlich nutzt.

(…)

Im Folgenden werden die wesentlichen Abweichungen der deutschen Verhandlungsgrundlage vom OECD-MA sowie der Grundstrukturen vorgestellt. Schon in der Präambel zur Verhandlungsgrundlage wird hervorgehoben, dass das Ziel des Abkommens nicht nur die Vermeidung der Doppelbesteuerung, sondern auch die Verhinderung der doppelten Nichtbesteuerung sei. Damit sollen Fälle unterbunden werden, in denen weder im In- noch im Ausland eine Besteuerung erfolgt, etwa weil eine unterschiedliche Qualifikation durch die jeweiligen Staaten vorgenommen wird. Allerdings werden damit auch solche Fälle erfasst, in denen das DBA dem ausländischen Staat das Besteuerungsrecht zuweist und für Deutschland die Freistellung vorgesehen wird, aber eine Besteuerung im Ausland nicht erfolgt. Diese Fälle werden dadurch kompliziert, dass häufig eine Besteuerung zu einem unterschiedlichen Zeitpunkt erfolgt, so dass es nicht sachgerecht wäre, von einer Nichtbesteuerung auszugehen. Damit kommt eine dritte Entwicklungsstufe der Doppelbesteuerungsabkommen zum Ausdruck: Zunächst sollten DBA – was auch ihren ursprünglichen Namen erklärt – nur eine Vermeidung der Doppelbesteuerung erreichen. Die Finanzverwaltungen waren jedoch schon sehr bald zu der Überzeugung gelangt, dass ergänzend ein ausreichender Informationsaustausch durch diese Abkommen vorzusehen war. In der Folge wurden sog. große Auskunftsklauseln in den DBA vereinbart. Diese ermöglichen einen Informationsaustausch nicht nur für Zwecke der Anwendung des jeweiligen DBA, sondern zu allen steuerlichen Fragen. In der derzeitigen Phase wird sehr stark darauf abgestellt, dass die Abkommen nicht zu einer Keinmalbesteuerung führen sollen.

Aktuelles zum internationalen Steuerrecht aus der Rechtsprechung und der Finanzverwaltung

Univ.-Prof. Dr. Bert Kaminski, Institut für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre an der Helmut-Schmidt-Universität – Universität der Bundeswehr Hamburg

Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) sind völkerrechtliche Verträge, die zwischen zwei Staaten abgeschlossen werden. Die Steuerpflichtigen sind zwar die Begünstigten aus solchen Verträgen, können aber selber aus ihnen keine unmittelbaren Rechte herleiten, da sie nicht selber Vertragspartner sind. In der Gesetzgebung vieler Staaten ist die Praxis festzustellen, dass im innerstaatlichen Recht Regelungen geschaffen werden, die von den Vorgaben des DBA – in der Regel zu Lasten der Steuerpflichtigen – abweichen. Schon seit Längerem wird die Frage diskutiert, ob eine solche Vorgehensweise mit höherrangigem Recht vereinbar ist.

Nach dem Bericht des OECD-Steuerausschusses vom 02.10.1989 liegt ein Treaty Override (nur dann) vor, wenn der nationale Gesetzgeber mit Wissen und Wollen eine Bestimmung erlässt, die in klarem Widerspruch zu den vom gleichen Staat in einem DBA eingegangenen Verpflichtungen steht. Hingegen soll in den folgenden Fällen kein Treaty Override vorliegen:

– Durch eine nationale gesetzliche Regelung wird ein Urteil korrigiert, das der unbestrittenen Auslegung des DBA durch die Vertragsparteien widerspricht.

– Ein Staat ändert die Bedeutung eines Begriffs des innerstaatlichen Rechts, der auch für die Anwendung des DBA Bedeutung hat, sofern die Änderung Geist und Sinn des DBA entspricht.

– Ein Gesetz widerspricht unbewusst dem DBA.

– Ein DBA enthält Vorbehalte für eine Änderung des nationalen Rechts oder der Schaffung einer Regelung, die eine Abweichung vom DBA vorsieht.

In jüngster Zeit ist – in der Bundesrepublik Deutschland, aber auch in einer Reihe von weiteren Staaten – eine zunehmende Praxis festzustellen, dass solche Treaty Overrides im nationalen Recht vorgesehen werden.

Gestaltungen unter Einsatz einer ausländischen Familienstiftung – Probleme des § 15 AStG

Rechtsanwalt/Fachanwalt für Steuerrecht Dr. Matthias Söffing, S&P Söffing & Partner Rechtsanwälte, Düsseldorf

Das Gesetz über die Besteuerung bei Auslandsbeziehungen, besser bekannt als Außensteuergesetz (AStG), ist als Art. 1 des Gesetzes zur Wahrung der steuerlichen Gleichmäßigkeit bei Auslandsbeziehungen und zur Verbesserung der steuerlichen Wettbewerbslage bei Auslandsinvestitionen vom 8. September 19721 verkündet worden. Neben den sog. Hinzurechnungsvorschriften bei Zwischengesellschaften (§§ 7 bis 14 AStG) schuf der Gesetzgeber in Anlehnung an § 12 StAnpG die Hinzurechnungsvorschrift des § 15 AStG. Damals sah man die Bedeutung der Vorschrift insbesondere darin, die Fälle zu erfassen, in denen vor allem Ausländer als beschränkt Steuerpflichtige eine Familienstiftung im Ausland errichtet hatten und später nach Deutschland übersiedelten.2 Mit dem Zuzug sollten auch Einkommen und Vermögen der ausländischen Stiftung oder sonstigen ausländischen Vermögensmassen wie z. B. eines Trusts durch die Hinzurechnung steuerlich im Inland erfasst werden. Inzwischen kann § 15 AStG als eine der zentralen Vorschriften im Rahmen der grenzübergreifenden Nachfolgeplanung bezeichnet werden. Gezielt wird von der Gestaltungsberatung die ausländische Familienstiftung als Gestaltungsmittel eingesetzt. Tragende Gründe hierfür sind zum einen die häufig sehr flexiblen ausländischen Stiftungsgesetze und zum anderen steuerliche Vorteile sowie Gründe des Vollstreckungs- und Vermögensschutzes.

(…)

Mit dem AmtshilfeRLUmsG ist letztlich in § 15 AStG ein Systemwechsel vollzogen worden. Der Gesetzgeber ist von einer Einkommenszurechnung zu einer Einkünftezurechnung gewechselt. Hierbei handelt es sich nicht um eine redaktionelle Klarstellung. Vielmehr bezweckte der Gesetzgeber, dass die Einkünfte ohne Berücksichtigung etwaiger körperschaftsteuerlicher Befreiungstatbestände, wie etwa § 8b KStG, nach § 18 Abs. 4 AStG einheitlich und gesondert festgestellt werden. Die Wirkungsweise der Neuregelung kann man sich am besten dadurch verdeutlichen, dass man sich die Ermittlungssystematik des zu versteuernden Einkommens in § 2 EStG ansieht:

(…)

Einhergehend mit der Änderung des § 15 Abs. 1 AStG änderte der Gesetzgeber zwangsläufig auch Absatz 7. Danach werden die zurechnungspflichtigen Einkünfte der ausländischen Familienstiftung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des KStG und des EStG ermittelt. Mittels des ausdrücklichen Verweises in § 15 Abs. 7 Satz 2 AStG auf § 10 Abs. 3 AStG wird nunmehr zweifelsfrei klargestellt, dass bei der Ermittlung der Einkünfte bestimmte Steuerbefreiungen, wie eben beispielsweise § 8b Abs. 1 und Abs. 2 KStG, nicht zu berücksichtigen sind. Im Ergebnis bedeutet dies, dass die im Rahmen der Hinzurechnungsbesteuerung fiktiv zufließenden Dividenden nicht nur zu 5 %, sondern in voller Höhe in den Zurechnungsbetrag eingehen. Ein Beispielsfall mag die Wirkungsweise des neuen § 15 Abs. 7 AStG etwas verdeutlichen.

Aktuelle Fragen des steuerlichen und strafrechtlichen Auskunftsverkehrs im Verhältnis zur Schweiz

Rechtsanwalt Daniel Holenstein, dipl. Steuerexperte, FGS Zürich AG, Zürich

Erfordert die Verfolgung einer Steuerstraftat bzw. die Festsetzung von Steuern Informationen aus der Schweiz, sind die Möglichkeiten der ausländischen Behörden zur Beschaffung der sachdienlichen Informationen und Beweismittel durch die Souveränität der Schweiz begrenzt. Die ausländischen Behörden sind nicht berechtigt, die erforderlichen Informationen und Beweismittel auf dem Gebiet der Schweiz selber zu erheben.

Das schweizerische Strafrecht stellt Handlungen für einen fremden Staat, die auf schweizerischem Gebiet ohne entsprechende Bewilligung vorgenommen wurden, unter Strafe (Art. 271 StGB). Schutzobjekt dieser Bestimmung ist die Souveränität der Schweiz. Da der ausländische Staat sich die Informationen und Beweismittel auf schweizerischem Gebiet nicht selber beschaffen darf, stellt sie ihm die Schweiz unter bestimmten Voraussetzungen zur Verfügung. Benötigt der ausländische Staat Unterstützung zur Festsetzung von Steuern, steht ihm die Steueramtshilfe zur Verfügung. Zur Unterstützung der Verfolgung von (Steuer-)Straftaten dient die Strafrechtshilfe.

In den vergangenen Jahren hat sich die Schweiz im Bereich der internationalen Zusammenarbeit – nicht ganz freiwillig – schrittweise geöffnet. Verglichen mit der Rechtslage zu Beginn des 21. Jahrhunderts kommt diese Öffnung einer Kehrtwende gleich. Aufgrund des schrittweisen Vorgehens ist die Rechtslage unübersichtlich geworden. Daher wird vorerst versucht, die wichtigsten Ziele der internationalen Zusammenarbeit in Steuerstrafsachen in einer Übersicht darzustellen.

(…)

Der am 17.07.2012 angepasste Kommentar zu Art. 26 OECD-MA enthält zwei Beispiele für zulässige Gruppenanfragen:

Staat A hat Informationen erhalten über alle Transaktionen mit ausländischen Kreditkarten, welche in einem bestimmten Jahr auf seinem Gebiet ausgeführt wurden. Er hat die Daten verarbeitet und festgestellt, dass bei gewissen Kreditkartennummern die Häufigkeit, das Muster und die Art der Nutzung vermuten lassen, dass die jeweiligen Inhaber der Kreditkarte im Staat A steuerlich ansässig sind. Staat A ist nicht in der Lage, durch Ausschöpfung seiner innerstaatlichen Ermittlungsmöglichkeit an die Namen heranzukommen, weil die relevanten Informationen nicht im Besitz oder unter der Kontrolle von Personen im Gebiet des Staates A sind. Aufgrund der Kreditkartennummern wird als Kreditkartenaussteller die Bank B im Staat B identifiziert. Im Zuge einer Untersuchung sendet Staat A ein Amtshilfeersuchen an Staat B, in welchem er um Name, Adresse und Geburtsdatum der Inhaber der im Rahmen der Untersuchung ermittelten Kreditkarten ersucht sowie um die Nennung weiterer Personen, welche eine Vollmacht über die betroffenen Kreditkarten besitzen. Staat A liefert die relevanten Kreditkartennummern und die obigen Informationen, welche die voraussichtliche Erheblichkeit der gewünschten Informationen für seine Untersuchung und im Allgemeinen für die Anwendung und den Vollzug seines Steuerrechts zeigen (Kommentar, Ziff. 8 lit. f).

Der Finanzdienstleister B wurde im Staat B gegründet. Die Steuerbehörden des Staates A haben entdeckt, dass B an Steuerpflichtige mit Wohnsitz im Staat A ein Finanzprodukt vertreibt mit der irreführenden Behauptung, das Produkt eliminiere die Einkommensteuerpflicht der auf dem Produkt angesammelten Einkünfte. Das Finanzprodukt erfordert, dass ein Konto beim Finanzdienstleister B eröffnet wird, über welches die Investition in das Produkt erfolgen soll. Obwohl die Steuerbehörde in einer Information klargestellt hat, dass das vom Produkt erwirtschaftete Einkommen zu versteuern sei, setzt Finanzdienstleister B den Absatz des Produktes fort. Staat A hat mehrere in seinem Staat Steuerpflichtige ermittelt, die in das Produkt investiert haben. Alle haben die von diesem erwirtschafteten Einkünfte nicht deklariert. Nachdem Staat A alle in seinem Inland bestehenden Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um die Informationen über diejenigen in seinem Staat Steuerpflichtigen zu erhalten, die in das Produkt investiert haben, richtet er ein Amtshilfeersuchen an Staat B. Darin ersucht er um die Bekanntgabe derjenigen im Staat A ansässigen Personen, die (i) über ein Konto bei B verfügen und (ii) in das Finanzprodukt investiert haben. Staat A liefert dem Staat B die obgenannten Informationen einschliesslich Details zum Finanzprodukt und zum Stand der Untersuchung (Kommentar, Ziff. 8 lit. h).

Ergänzende Anmerkungen zum deutsch-schweizerischen Auskunftsverkehr (aus deutscher Sicht)

Rechtsanwalt Dr. Martin Wulf, Streck Mack Schwedhelm, Berlin

Die Rechtslage hat sich wie folgt entwickelt: Die Schweiz leistete zunächst zwar Rechtshilfe auf der Grundlage des EuRhÜbk vom 02.04.1959, hatte für Fiskaldelikte aber einen Vorbehalt gemacht, so daß in einfachen Fällen der Steuerhinterziehung auf dem Gebiet der Ertragsteuern, bspw. also bei der Nicht-Erklärung von in der Schweiz entstandenen Zinseinkünften durch einen in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtigen, zunächst über lange Jahre keine Rechtshilfe geleistet wurde.

Ausgenommen waren ursprünglich nur die folgenden Konstellationen:

– Rechtshilfe zur Entlastung des Verfolgten.

– Rechtshilfe in Fiskaldelikten, soweit es sich bei der verfolgten Tat nach Schweizer Recht um einen Abgabenbetrug handeln würde (§ 14 Abs. 2 VStrR: „Wer die Verwaltung … durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt …“). Arglist im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn der Täter gefälschte oder inhaltlich unrichtige Urkunden verwendet. Ausnahmsweise können auch andere „Machenschaften“, die über das bloße Verschweigen von Einkünften hinausgehen, das Merkmal der Arglist erfüllen.

Rechtshilfe in Nicht-Steuerstrafsachen (bspw. Bestechungsdelikte) oder im Falle des Abgabenbetrugs wird unter Spezialitätsvorbehalt geleistet (Art. 67 IRG), d. h. die Erkenntnisse dürfen nicht zur Verfolgung von Steuerstraftaten verwendet werden.

Erweitert wurde die Möglichkeit der Rechtshilfe durch die sog. „Bilaterale II“ Abkommen. Gegenstand dieses Pakts ist u. a. das Betrugsbekämpfungsabkommen. Die Schweiz verpflichtet sich in diesem Abkommen zur Rechtshilfe nach den Prinzipien des Schengener Abkommens. Rechtshilfe wird also auf dieser Grundlage für die Steuerhinterziehung im Bereich der USt, Zölle und Verbrauchsteuern ab einem Verkürzungsbetrag von € 25.000,– uneingeschränkt gewährt. Die Abkommen sind seit März 2008 in Kraft.

Ergänzend kann Rechtshilfe auch geleistet werden, wenn das Steuerdelikt in einen gemeinrechtlichen Betrug umgedeutet werden kann, wie insbesondere bei der Erschleichung von Steuervergütungen. Dies betrifft vorrangig das besondere Feld der Auslieferung.

(…)

Die Schweiz und Deutschland hatten vereinbart, parallel zu den bereits unterzeichneten Änderungen des Doppelbesteuerungsabkommens Sondierungsgespräche zu einer noch weitergehenden zwischenstaatlichen Zusammenarbeit im Rahmen der Amtshilfe zu führen. Angestrebt ist eine Lösung, „die einerseits den Schutz der Privatsphäre von Bankkunden respektiert, andererseits aber auch die Durchsetzung berechtigter Steueransprüche gewährleistet“. Angestrebt wird ein System, „das in seiner Wirkung dem automatischen Informationsaustausch im Bereich der Kapitaleinkünfte gleichkäme“.

Bekanntlich ist die „Regularisierung der Altvermögen“ im Rahmen eines Deutsch-Schweizer-Steuerabkommens nachfolgend an den politischen Widerständen in Deutschland gescheitert. Die Vereinbarung einer erneuten Steueramnestie in der nahen Zukunft erscheint gegenwärtig unwahrscheinlich.

Neueste Entwicklungen im Europäischen Steuerrecht

Rechtsanwalt Dr. Klaus von Brocke, EY Ernst & Young, München

Den Schwerpunkt der diesjährigen Betrachtung der Entwicklungen auf dem Gebiet des – untechnisch gesprochen – Europäischen Steuerrechts bilden die Themenkomplexe der Rückerstattung von Kapitalertragsteuer an ausländische Portfolio-Anteilseigner nach § 32 Abs. 5 KStG sowie Fragen um die Bestimmung des Begriffs der steuerlichen Beihilfe.

(…)

Um die Grundsätze des EuGH-Urteils in der Rechtssache Kommission gegen Bundesrepublik Deutschland (Rs. C-284/09) auch mit Wirkung für die Vergangenheit in nationales Recht umzusetzen, hat der Gesetzgeber mit § 32 Abs. 5 KStG n.F. eine Erstattungsregelung eingeführt. Ausländische EU/EWR-Anteilseigner sollen hierdurch die Möglichkeit auf eine Erstattung der unionsrechtswidrig einbehaltenen Kapitalertragsteuer erhalten (vgl. BT-Drucks. 17/11314, S. 3). Die Regelungen des § 32 Abs. 5 KStG n.F. gelten für Ausschüttungen, die dem Empfänger vor dem 1. März 2013 zugeflossen sind. Der § 32 Abs. 5 KStG n.F. knüpft die Erstattung aber an zahlreiche Voraussetzungen.

Problematisch ist ebenfalls, daß bisher noch keine offizielle Verlautbarung zur Handhabe des § 32 Abs. 5 KStG n.F. in Form eines BMF-Schreibens von der Finanzverwaltung veröffentlicht worden ist. Deswegen bleibt unklar, wie die Behörden die Regelungen des § 32 Abs. 5 KStG n.F. umsetzen werden und wie das Erstattungsverfahren in der Praxis genau ablaufen soll.

Im Folgenden sollen anhand einer Betrachtung des Grundfalls zentrale Probleme aufgezeigt werden, die sich bei der praktischen Anwendung der Erstattungsregelung des § 32 Abs. 5 KStG n.F. ergeben. Der Beitrag erhebt dabei keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Der praktische Umgang mit § 32 Abs. 5 KStG n.F. deckt fast täglich neue Problemfelder und Schwächen dieser Vorschrift auf.

Steueranwalt International 2014 – unter besonderer Berücksichtigung der Fragen des internationalen Rechtsverkehrs

SE und andere europäische Gesellschaftsformen – zivilrechtliche Grundlagen

Rechtsanwalt Prof. Dr. Hanns-Christian Salger, Salger Rechtsanwälte, Frankfurt

Vorbemerkung

Es wurde bereits durch zahlreiche Richtlinien auf nationales Gesellschaftsrecht von der EU (bzw. EG) Einfluß genommen und damit sozusagen „Europäisches Gesellschaftsrecht“ geschaffen – allerdings keine europäischen eigenständigen Gesellschaftsformen. Die Richtlinien kann man in zwei Gruppen aufteilen, nämlich die älteren Richtlinien, die hauptsächlich zum Zwecke der Harmonisierung erlassen wurden, und die neueren Richtlinien, die auch andere rechtspolitische Zwecke verfolgen.

(…)

Erforderlich ist ein grenzüberschreitendes Element (Grundsatz der Mehrstaatlichkeit). Die Gründer müssen aus verschiedenen Mitgliedstaaten stammen oder seit zwei Jahren eine Tochtergesellschaft/Niederlassung haben, die dem Recht eines anderen Mitgliedstaats unterliegt. Die Gründer müssen zur EU gehören (Zugehörigkeit zur Gemeinschaft). Die Gründer müssen grundsätzlich zur EU gehören, d. h. sie müssen selbst nach dem Recht eines Mitgliedstaates der EU gegründet sein und sowohl ihren satzungsmäßigen Sitz als auch den Sitz ihrer Hauptverwaltung in einem Mitgliedstaat der EU haben. Art. 2 Abs. 5 erlaubt es zwar dem nationalen Gesetzgeber vorzusehen, daß sich eine Gesellschaft, die ihre Hauptverwaltung nicht in der Gemeinschaft hat, an der Gründung einer SE beteiligen kann, sofern sie nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet wurde, ihren Sitz in diesem Mitgliedstaat hat und mit der Wirtschaft eines Mitgliedstaats in tatsächlicher und dauerhafter Verbindung steht. Deutschland hat von diesem Recht, im Gegensatz zum Vereinigten Königreich, allerdings keinen Gebrauch gemacht.

2Wassermeyer, Franz, in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, AStG, § 15 Rz. 1, Stand: 09/2009.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort des Bearbeiters

Vorwort in Zitaten

Grundstrukturen deutscher DBA – dargestellt anhand der BMF-Verhandlungsgrundlage vom 22.8.2013

Univ.-Prof. Dr. Bert Kaminski

Aktuelles zum internationalen Steuerrecht aus der Rechtsprechung und der Finanzverwaltung

Univ.-Prof. Dr. Bert Kaminski

Gestaltungen unter Einsatz einer ausländischen Familienstiftung – Probleme des § 15 AStG

Rechtsanwalt/Fachanwalt für Steuerrecht Dr. Matthias Söffing, S&P Söffing & Partner Rechtsanwälte, Düsseldorf

Aktuelle Fragen des steuerlichen und strafrechtlichen Auskunftsverkehrs im Verhältnis zur Schweiz

Rechtsanwalt Daniel Holenstein, dipl. Steuerexperte, FGS Zürich AG, Zürich

Ergänzende Anmerkungen zum deutsch-schweizerischen Auskunftsverkehr (aus deutscher Sicht)

Rechtsanwalt Dr. Martin Wulf, Streck Mack Schwedhelm, Berlin

Neueste Entwicklungen im Europäischen Steuerrecht

Rechtsanwalt Dr. Klaus von Brocke, EY Ernst & Young, München

SE und andere europäische Gesellschaftsformen – zivilrechtliche Grundlagen

Rechtsanwalt Prof. Dr. Hanns-Christian Salger, Salger Rechtsanwälte, Frankfurt

Grundstrukturen deutscher DBA – dargestellt anhand der BMF-Verhandlungsgrundlage vom 22.08.20131

Univ.-Prof. Dr. Bert Kaminski2

1. Ausgangspunkt

1.1 Doppelbesteuerung und Doppelbesteuerungsabkommen

1.2 Die deutsche Verhandlungsgrundlage vom 22.08.2013

1.3 Völkerrechtliche Vorgaben

2. Auslegung von Doppelbesteuerungsabkommen

2.1 Auslegung internationaler Verträge

2.1.1 Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge

2.1.2 Entscheidungsharmonie („Common interpretation“)

2.1.3 Verweise auf das nationale Recht

2.2 Auslegungsrichtlinien, insbesondere Bedeutung des OECD-MA Kommentars

2.2.1 DBA zwischen OECD-Mitgliedstaaten

2.2.1.1 Bedeutung des Kommentars

2.2.1.2 Änderungen des OECD-Kommentars

2.2.2 DBA mit bzw. zwischen Nicht-OECD-Mitgliedstaaten

2.3 Anwendung innerstaatlichen Rechts

3. Vorgaben der deutschen Verhandlungsgrundlage

3.1 Geltungsbereich des Abkommens

3.2 Begriffsbestimmungen

3.2.1 Grundlagen

3.2.2 Person und Gesellschaft

3.2.3 Unternehmen

3.2.4 Betriebsstätte

3.3 Einkunftsarten

3.3.1 Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen

3.3.2 Unternehmensgewinne

3.3.3 Einkünfte aus Dividenden

3.3.4 Einkünfte aus Zinsen

3.3.5 Einkünfte aus Lizenzen

3.3.6 Gewinne aus der Veräußerung von Vermögen

3.3.7 Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit

3.3.8 Einkünfte aus unselbständiger Arbeit

3.3.9 Weitere Einkünfte

3.4 Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

3.4.1 Vorgaben im OECD-MA und in der VG-DBA

3.4.2 Rückfallklauseln in deutschen DBA

3.4.2.1 Überblick und Verhältnis zum nationalen Recht

3.4.2.2 Subject-to-tax-Klauseln

3.4.2.3 Remittance-base-Klausel

3.4.2.4 Switch-over-Klauseln

3.5 Besondere Bestimmungen

3.6 Fazit

1.Ausgangspunkt

1.1Doppelbesteuerung und Doppelbesteuerungsabkommen

Das deutsche Recht besteuert nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip.3 Ohne Doppelbesteuerungsabkommen würden ausländische Steuern deutsches Steueraufkommen oder umgekehrt deutsche Steuern ausländisches Aufkommen zusätzlich belasten. Es besteht daher ein ökonomisches Interesse an der Vermeidung einer doppelten Besteuerung für einen exportorientierten Staat. Nach bisherigem Verständnis verstößt eine eintretende Doppelbesteuerung nicht gegen die Forderung nach einer Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit4, obwohl damit ein grenzüberschreitender Sachverhalt steuerlich schlechter gestellt wird als ein rein inländischer. National bestehen in der Bundesrepublik Deutschland Vorschriften, die ohne Bezug auf Doppelbesteuerungsabkommen eine doppelte Besteuerung vermeiden sollen, sog. unilaterale Maßnahmen.5

Gegenwärtig gibt es in der Bundesrepublik eine Vielzahl von Doppelbesteuerungsabkommen (knapp 100 auf dem Gebiet der Einkommen- und Vermögensteuer; 6 für die Erbschaftsteuer, 11 Übereinkommen auf dem Gebiet der Luft- und Schifffahrt, etwa 29 für Rechts- und Amtshilfe und eine Vielzahl auf dem Gebiet der Kfz-Besteuerung).6 Hierbei handelt es sich um völkerrechtliche Verträge, die als bilaterale Maßnahmen das Ziel der Vermeidung oder zumindest der Minderung der Doppelbesteuerung verfolgen. Hingegen wird nicht darauf abgezielt, die jeweils für den Stpfl. günstigste Regelung zur Anwendung kommen zu lassen.

Das OECD-Musterabkommen hat als solches keine unmittelbare rechtliche Wirkung. Es stellt eine Vorlage für die Vertragsverhandlungen zwischen den Mitgliedstaaten der OECD untereinander und grundsätzlich auch im Verhältnis zu Drittstaaten dar. Die deutschen Doppelbesteuerungsabkommen folgen in großem Umfang diesem Muster und auch die deutsche Verhandlungsgrundlage vom 22.08.2013 lehnt sich in weiten Teilen hieran an. Gleichwohl ist für den konkreten Fall auf das jeweilige DBA (inklusive der Schlussprotokolle) abzustellen. Außerdem hat die OECD zur Ergänzung des Musterabkommens einen Kommentar verabschiedet, der fortlaufend aktualisiert wird.7 Weder aus dem OECD-MA noch aus den einzelnen Doppelbesteuerungsabkommen heraus kann eine Besteuerung erfolgen. Hierfür bedarf es vielmehr einer Rechtsgrundlage des nationalen Rechts, die das der Bundesrepublik Deutschland nach Abkommensrecht zugewiesene Besteuerungsrecht auch tatsächlich nutzt.

1.2Die deutsche Verhandlungsgrundlage vom 22.8.2013

In der Vergangenheit wurden von der deutschen Seite unterschiedliche Vorlagen für Verhandlungen über Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung mit anderen Staaten verwendet.8 Folglich unterscheiden sich die deutschen Regelungen in den DBA voneinander. Dies hat sowohl für die Stpfl. als auch für die FinVerw. die Anwendung der DBA wesentlich erschwert, zumal mit unterschiedlichen Formulierungen stets die Frage verbunden war und ist, ob hiermit tatsächlich abweichende Inhalte normiert wurden oder ob es sich lediglich um sprachliche Unterschiede handelt. Mit Datum vom 22.08.2013 hat das BMF nunmehr eine einheitliche Verhandlungsgrundlage für die Abkommensverhandlungen (im Folgenden: VG-DBA) veröffentlicht.9 Diese wird um ein Protokoll ergänzt, das für die Auslegung des Abkommens heranzuziehen ist und insoweit für beide Vertragspartner bindende Regelungen schafft. Dadurch soll die deutsche Verhandlungsposition gestärkt und Rechtsunsicherheit vermieden werden.10 Hierzu diente auch, dass die Verhandlungsgrundlage vor ihrer Veröffentlichung im Finanzausschuss des Deutschen Bundestags und den Ländern vorgestellt wurde. Diese Fassung ersetzt die ursprüngliche Version vom 17.04.2013. Die vergleichsweise zeitnahe Überarbeitung und Veröffentlichung einer modifizierten Fassung erklärt sich daraus, dass damit Abweichungen zwischen der deutschen und der englischsprachigen Fassung11 beseitigt werden sollten.

Beratungshinweis:

Die Verhandlungsgrundlage ist nicht als „Deutsches Musterabkommen“ zu verstehen.12 Vielmehr soll es lediglich ein Hilfsmittel für die Verhandlungen bilden. Abweichungen von der Verhandlungsgrundlage können sich z. B. auf Grund von Besonderheiten des jeweiligen nationalen Rechts ergeben.

Es bleibt abzuwarten, ob damit eine tatsächliche Angleichung der Regelungen in den deutschen DBA erreicht werden kann. Schließlich bilden diese das Ergebnis von Verhandlungen mit dem jeweiligen ausländischen Staat, so dass keineswegs sicher ist, dass sich die deutsche Auffassung durchsetzen lässt. Außerdem hat das BMF bereits angekündigt, diese Vorlage zeitnah anzupassen. Hierbei dürfte das Bestreben insbesondere darin bestehen, der Diskussion um die Zulässigkeit von nationalen Rückfallklauseln, wie sie insbesondere infolge des Vorlagebeschlusses des BFH an das BVerfG zu § 50d Abs. 8 EStG13 entstanden ist, die Grundlage zu entziehen, indem eine entsprechende Regelung im DBA vereinbart wird.

Beratungshinweis:

Hiermit ist für die Stpfl. die Notwendigkeit verbunden, nicht nur die jeweiligen Einkunftsartikel genau zu studieren, sondern insbesondere auch den komplexen und durch häufige Regel-Ausnahme-Verhältnisse geprägten Methodenartikel eingehend zu prüfen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der Vielzahl von Regelungen, die zu einem Verlust der Freistellungsmethode führen können.14

Im Folgenden werden die wesentlichen Abweichungen der deutschen Verhandlungsgrundlage vom OECD-MA sowie der Grundstrukturen vorgestellt. Schon in der Präambel zur Verhandlungsgrundlage wird hervorgehoben, dass das Ziel des Abkommens nicht nur die Vermeidung der Doppelbesteuerung, sondern auch die Verhinderung der doppelten Nichtbesteuerung sei. Damit sollen Fälle unterbunden werden, in denen weder im In- noch im Ausland eine Besteuerung erfolgt, etwa weil eine unterschiedliche Qualifikation durch die jeweiligen Staaten vorgenommen wird. Allerdings werden damit auch solche Fälle erfasst, in denen das DBA dem ausländischen Staat das Besteuerungsrecht zuweist und für Deutschland die Freistellung vorgesehen wird, aber eine Besteuerung im Ausland nicht erfolgt. Diese Fälle werden dadurch kompliziert, dass häufig eine Besteuerung zu einem unterschiedlichen Zeitpunkt erfolgt, so dass es nicht sachgerecht wäre, von einer Nichtbesteuerung auszugehen. Damit kommt eine dritte Entwicklungsstufe der Doppelbesteuerungsabkommen zum Ausdruck: Zunächst sollten DBA – was auch ihren ursprünglichen Namen erklärt – nur eine Vermeidung der Doppelbesteuerung erreichen. Die FinVerw. waren jedoch schon sehr bald zu der Überzeugung gelangt, dass ergänzend ein ausreichender Informationsaustausch durch diese Abkommen vorzusehen war. In der Folge wurden sog. große Auskunftsklauseln in den DBA vereinbart. Diese ermöglichen einen Informationsaustausch nicht nur für Zwecke der Anwendung des jeweiligen DBA15, sondern zu allen steuerlichen Fragen. In der derzeitigen Phase wird sehr stark darauf abgestellt, dass die Abkommen nicht zu einer Keinmalbesteuerung führen sollen.

Beratungshinweis:

Gegenwärtig werden unter dem Schlagwort „BEPS“ (Base Erosion and Profit Shifting) Maßnahmen diskutiert, mit denen die Verlagerung von Steueraufkommen in niedrig oder gar nicht besteuernde Staaten verhindert werden soll.16 Diese Diskussion hat bisher keinen Niederschlag in der deutschen Verhandlungsgrundlage gefunden.

Eine solche Forderung wird damit begründet, dass DBA die Doppelbesteuerung vermeiden sollen. Wenn jedoch ein Staat auf eine Besteuerung verzichtet, dann bestehe keine Notwendigkeit, Maßnahmen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung durch den anderen Staat zu ergreifen.17 Hierbei darf jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Gründe für eine „Nichtbesteuerung“ unterschiedlich sein können18 und u. U. „nur“ eine abweichende Periodisierung von Einkünften erfolgt, wie die folgenden Bespiele zeigen. Ferner wird damit die grundlegende Frage aufgeworfen, inwieweit die Ausgestaltung des Steuerrechts des anderen Staats durch den anderen Vertragsstaat sanktioniert werden kann. Schließlich ist jeder Staat autonom, zu entscheiden, wie er seine steuerlichen Regelungen ausgestaltet, und dies schließt auch grundsätzlich die Möglichkeit ein, bestimmte Einkünfte nicht zu besteuern. Insoweit wäre es folgerichtiger, das DBA zu ändern. Schließlich wird sich kein Staat von einem anderen Staat vorschreiben lassen, wie er seine steuerlichen Vorschriften auszugestalten hat.

– Eine britische Gesellschaft bezieht über ihre deutsche Tochtergesellschaft Dividenden von ihrer deutschen Enkelgesellschaft. Auf Ebene der deutschen Tochtergesellschaft sind die Einkünfte nach § 8b Abs. 1 KStG steuerfrei. Gleichwohl liegen – bei wirtschaftlicher Betrachtung – nicht unbesteuerte Einkünfte vor, weil diese auf Ebene der Enkelgesellschaft einer Belastung unterlegen haben.

– Die deutsche D-AG unterhält in Österreich eine Betriebsstätte. Diese wendet die Regelungen zur österreichischen Gruppenbesteuerung an, so dass bei ihr ein Verlustausgleich erfolgen kann und damit auf originär positive Betriebsstätteneinkünfte in Österreich keine Steuern gezahlt werden müssen. Bekanntlich sind die österreichischen Regelungen zur Gruppenbesteuerung deutlich günstiger als die deutschen Organschaftsvorschriften.19

– Ein deutsches Unternehmen baut im Ausland einen Großflughafen und löst dabei eine Bau- und Montagebetriebsstätte aus. Nach dem Recht des Betriebsstättenstaates kommt es zu einer teilweisen Gewinnrealisation in Abhängigkeit vom eintretenden Baufortschritt, so dass eine laufende Besteuerung erfolgt.20 Nach deutschem Verständnis würde infolge des Realisationsprinzips erst mit Übergang der Gefahr und Lasten eine Gewinnrealisierung vorgenommen werden. Möglicherweise ist zu diesem Zeitpunkt im Ausland bereits der volle Gewinn in anderen Perioden besteuert worden.

Beratungshinweis:

Die Fälle verdeutlichen, dass mit solchen Maßnahmen die Gefahr einer Doppelbesteuerung verbunden ist. Außerdem wird das wirtschaftliche Risiko einer steuerlichen Mehrbelastung einseitig dem Steuerpflichtigen aufgebürdet: Während bei ihm das Risiko einer verbleibenden Doppelbesteuerung belassen wird, führen entsprechende Rückfallklauseln dazu, dass ihm die Chancen aus einer Keinmalbesteuerung genommen werden.

Mögliche Gründe für eine internationale Nicht- oder Minderbesteuerung können sein:

– In keinem Staat werden die Anknüpfungspunkte für die (unbeschränkte und beschränkte) Steuerpflicht erfüllt.

– Doppelbesteuerungsabkommen weisen das Besteuerungsrecht für bestimmte Einkünfte ausschließlich einem Staat zu, der jedoch keine Besteuerung dieser Einkünfte vornimmt.

– Qualifikationskonflikte: Die beteiligten Staaten nehmen eine unterschiedliche Einordnung einer Einkunfts- oder Vermögensquelle vor und gehen jeweils davon aus, dass das alleinige Besteuerungsrecht beim anderen Staat liegt.

– Beträge können in einem Staat abgezogen werden, ohne dass im anderen Staat steuerpflichtige Einkünfte erzielt werden.

1.3Völkerrechtliche Vorgaben

Ein völkerrechtliches Verbot der Doppelbesteuerung als Grundsatz des Völkergewohnheitsrechts ist nicht zu erkennen. Art. 273 AEUV (früher: Art. 239 EG-Vertrag) verpflichtet zwar die Mitgliedstaaten Verträge abzuschließen, die die Vermeidung bzw. Milderung der doppelten steuerlichen Belastung zum Ziel haben, aber gerade im Bereich der Doppelbesteuerungsabkommen zum Erbschaftsteuerrecht (sechs deutsche Abkommen) ist zu erkennen, dass diese Vorschrift eher theoretischen Charakter hat. Auch wenn es im Ertragssteuerrecht eine deutlich größere Zahl an Abkommen gibt, hat der EuGH bisher keine Pflicht zur Vermeidung der Doppelbesteuerung angenommen.

Vertragspartner der DBA sind nur die vertragschließenden Staaten. Folglich können auch nur sie Ansprüche hieraus herleiten. Der Abschluss von DBA und ihr Wirksamwerden erfolgt nach den etablierten Regelungen des Völkerrechts. Hier kann auf das „Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge“ vom 23.05.196921 verwiesen werden. Dieses kodifiziert zum großen Teil das diesbezügliche Völkergewohnheitsrecht. Der Zeitpunkt der materiellen Wirkung des Abkommens ist zumeist in diesem selbst geregelt, sog. Anwendungsbeginn. Nach der nationalen Umsetzung gemäß Art. 59 GG steht das Abkommen im Rang eines nationalen Gesetzes.

Die Schritte bis zum Abschluss eines DBA lassen sich vor dem Hintergrund der Art. 9 ff. WÜRV wie folgt zusammenfassen:

– Ausgangspunkt bilden die Vertragsverhandlungen zwischen den beteiligten Staaten. Hierfür werden von den jeweils völkerrechtlich Zuständigen22 in den einzelnen Staaten i. d. R. Fachbeamte beauftragt, die damit autorisiert werden, entsprechende steuerliche Vereinbarungen für „ihren“ Staat auszuhandeln.

– Die Beauftragten beider Staaten führen die Verhandlungen zur Vorbereitung des Abkommens. Dabei erfolgt i. d. R. eine Verständigung auf nur eine Verhandlungssprache. Der Text des Abkommens wird um die dazugehörigen Briefwechsel und Protokolle ergänzt.

– Nach Abschluss dieser Verhandlungen erfolgt die Paraphierung des Abkommenstextes, der Protokolle und der Notenwechsel. Danach werden die Dokumente in die jeweiligen Landessprachen übersetzt und die unterschiedlichen Fassungen aufeinander abgestimmt. Anschließend verständigen sich die Unterhändler darüber, dass die Fassungen in beiden Landessprachen als verbindlich anzusehen sind.

– Ein ausgehandelter Entwurf benötigt gem. Art. 59 Abs. 2 Satz 2 GG die Zustimmung des Bundestages und gem. Art. 105 Abs. 3 GG die Zustimmung des Bundesrates. Hierfür legt die Bundesregierung den Entwurf eines Zustimmungsgesetzes zu dem DBA einschließlich der Protokolle und des Briefwechsels vor. Sofern eine Zustimmung durch beide Kammern erfolgt, wird das Zustimmungsgesetz gem. Art. 82 GG vom Bundespräsidenten ausgefertigt und im BGBl. verkündet. Damit unterliegt das Zustimmungsgesetz zum DBA den gleichen formalgesetzlichen Anforderungen wie andere Bundesgesetze. Es macht den Inhalt des völkerrechtlichen Vertrages zu innerstaatlichem Recht unter der Voraussetzung, dass der völkerrechtliche Vertrag später in Kraft tritt.

– Die Erklärung über die Ratifikation obliegt gem. Art. 59 Abs. 1 GG der Zuständigkeit des Bundespräsidenten. In dieser Erklärung bestätigen die Staaten, dass sie den in der betreffenden Urkunde wiedergegebenen Inhalt einhalten wollen und sich völkerrechtlich daran gebunden sehen.

2.Auslegung von Doppelbesteuerungsabkommen

2.1Auslegung internationaler Verträge

Nach wohl ganz herrschender Meinung sind auch völkerrechtliche Verträge der Auslegung zugänglich.23 Fraglich sind die Auslegungsmethoden, die zur Anwendung kommen sollen. Hier treffen die kontinentaleuropäischen und die angelsächsischen Sichtweisen aufeinander. Während insbesondere in England auf den reinen Wortlaut abgestellt wird, orientieren sich die anderen Rechtsschulen auch am Zweck der Regelungen. Da es sich um völkerrechtliche Abkommen handelt, muss ein Mittelweg gefunden werden.

2.1.1Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge

Es kann auf das Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge24 zurückgegriffen werden. Dieses regelt in seinen Art. 31 ff. einige Grundprinzipien der Auslegung völkerrechtlicher Verträge, diese werden mittlerweile als Völkergewohnheitsrecht angesehen25 und bei Streitigkeiten herangezogen. Nach Art. 31 WÜRV ist in erster Linie auf den Wortlaut abzustellen. Mit Wortlaut ist allerdings nicht derjenige der einzelnen Vorschrift gemeint, sondern der gesamte Vertragswortlaut.

Der Wortlaut selbst ist auf Basis seiner gewöhnlichen Bedeutung zu verstehen. Ergänzend ist der Wortlaut eines Begriffs jedoch in dem Zusammenhang zu verstehen, in welchem er verwendet wird.26 Nach Art. 31 Abs. 3 WÜRV ist unter Zusammenhang auch jede spätere Übereinkunft, jede spätere Übung und jeder zwischen den Vertragsstaaten angewandte Völkerrechtssatz zu verstehen. Art. 31 Abs. 1 WÜRV führt jedoch auch aus, dass eine Bestimmung „im Lichte ihres Zieles und Zweckes“ auszulegen ist. Das WÜRV folgt damit stärker dem kontinentaleuropäischen Ansatz, jedoch stehen die Auslegungsmethoden des WÜRV gleichberechtigt nebeneinander.

Abschließend stellt das WÜRV die gesamte Auslegung unter das Gebot von Treu und Glauben, um Winkelzüge und Spitzfindigkeiten zu verhindern. In internationalen Verträgen spielt die Vertragssprache eine große Rolle. Zumeist werden die Vertragstexte in beiden Sprachen zu den „authentischen Sprachen“ erklärt. Nach Art. 33 WÜRV ist damit der Text in beiden Sprachen maßgebend. Wenn ein Bedeutungsunterschied aufgrund der unterschiedlichen Sprachfassungen auftritt, ist nach Art. 33 Abs. 4 WÜRV diejenige Bedeutung zugrunde zu legen, die unter Berücksichtigung von Ziel und Zweck des Vertrages die Wortlaute am besten miteinander in Einklang bringt.

2.1.2Entscheidungsharmonie („Common interpretation“)

Internationale Verträge sollen Rechtssicherheit zwischen den Staaten herstellen. Dazu kommt es jedoch nur, wenn die beiden Staaten und ihre jeweiligen Institutionen die Verträge einheitlich interpretieren und anwenden. Es hat sich deshalb der Grundsatz der Entscheidungsharmonie herausgebildet. Dies bedeutet, dass bei der Auslegung eines Vertrages von einem nationalen Gericht auch die Sichtweise und Interpretation der Regelung durch den anderen Vertragsstaat bzw. dessen Institutionen berücksichtigt werden sollte. Die Gerichte folgen diesem Grundsatz, indem sie sich ausführlich mit den Ansichten in dem anderen Vertragsstaat auseinandersetzen (US Supreme Court: „We must also consult our sister signatories.“27). In der praktischen Umsetzung ist die Zumutbarkeit und Machbarkeit zu beachten, zumal häufig das Wissen über die Auslegung im anderen Staat begrenzt ist.

2.1.3Verweise auf das nationale Recht

Oftmals verweisen Bestimmungen der DBA auf das jeweilige nationale Recht eines der Vertragsstaaten (z. B. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 OECD-MA für den Begriff des unbeweglichen Vermögens). In diesen Fällen wird eine Entscheidungsdisharmonie in Kauf genommen, wenn die jeweiligen nationalen Rechtsordnungen unterschiedliche Definitionen beinhalten. Bei den innerstaatlichen Auslegungen handelt es sich im Wesentlichen um die Aspekte, die bereits von Larenz entwickelt worden sind.28 Hierfür kommen in Betracht:

– die grammatikalische Auslegung (Sprachgebrauch, übliche Rechtssprache),

– die teleologische Auslegung (Sinn und Zweck des Gesetzes, um daraus Sinn und besonderen Zweck der Einzelvorschrift zu erkennen),

– die systematische Methode (Stellung der Vorschrift im Gesetz und Stellung des Gesetzes in der Rechtsordnung),

– die historische Methode (Entstehung des Gesetzes und historischer Hintergrund).

Von dieser Auslegung sind die Fälle zu trennen, in denen das DBA keine eigene Begriffsdefinition enthält, aber eine dem Art. 3 Abs. 2 OECD-MA entsprechende Verweisungsnorm auf das nationale Recht beinhaltet. Dieser Verweis steht jedoch unter dem Vorbehalt, dass eine Begriffsbestimmung nicht bereits autonom aus dem Abkommen erfolgen kann. Die Reichweite dieser Regelung ist im Detail umstritten.29

Bei der Bearbeitung internationaler Steuersachverhalte ist das Zusammenwirken von nationalem und Abkommensrecht zu berücksichtigen. Hierbei hat sich in der Praxis noch keine einheitliche Reihenfolge der Prüfung von nationalem und Abkommensrecht herausgebildet. Im Ergebnis sollte darauf abgestellt werden, welcher Rechtskreis am einfachsten geprüft werden kann, so dass z. B. bei einem offensichtlich nach Abkommensrecht ohnehin nicht verbleibenden Besteuerungsrecht das Bestehen eines solchen nach nationalem Recht gar nicht geprüft werden muss.

2.2Auslegungsrichtlinien, insbesondere Bedeutung des OECD-MA Kommentars

Gibt das Abkommen selbst Begriffsdefinitionen vor, sind diese heranzuziehen. Zusätzlich hat jede Interpretation Vorrang, welche nach Vertragsschluss bei nachträglichen Konsultationen zwischen den Vertragsparteien gefunden wird, sog. Auslegungsvereinbarungen. Art. 25 Abs. 3 OECD-MA stellt hierfür das sog. Konsultationsverfahren zur Verfügung.

Eine Form der Auslegung ist auch die nachträgliche Bekräftigung einer bestimmten Vereinbarung, das heißt ihres „richtigen“ Wortlauts. Solche Bekräftigungen können Vertragsänderungen recht nahe kommen. Bei entsprechender Übung der Parteien können diese sogar stillschweigend getroffen werden, wobei sie als Vertragsänderung auch der Zustimmung der zuständigen Verfassungsorgane, insbesondere des Bundestages, bedürfen.

2.2.1DBA zwischen OECD-Mitgliedstaaten

2.2.1.1Bedeutung des Kommentars

In der Praxis ist festzustellen, dass die Abkommen zumeist die Texte des OECD-Musterabkommens und dessen Begriffsdefinitionen in Art. 3 übernehmen. Wie die Ausführungen unter 3. ab S. 30 zeigen werden, gilt dies auch für die deutsche Verhandlungsgrundlage.

Der Einfluss des OECD-Musterabkommens geht jedoch noch weiter. Neben dem OECD-MA existiert der „amtliche“ Kommentar (OECD-Komm.). Seine Bedeutung lässt sich daran ablesen, dass viele Länder in den einzelnen Kommentierungen explizite Vorbehalte aufführen lassen, obwohl die OECD-Kommentierung eigentlich nur die (unverbindlichen) Rechtsansichten der zur OECD entsandten Ländervertreter wiedergeben.30 Die OECD selbst vertritt jedoch die Ansicht, dass dem Kommentar bindende Wirkung zukommt, wenn und soweit die Vertragsparteien Teile des OECD-MA in ihre völkerrechtliche Vereinbarung übernehmen. Eine rechtliche Grundlage für diese Ansicht ist jedoch unsicher und wird teilweise bestritten. Faktisch kommt dem MA-Komm. jedoch eine große Wirkung zu.

Der OECD-Kommentar wird teilweise als „authentische Interpretation“ des OECD-MA mit Wirkung für alle OECD-Mitgliedstaaten angesehen. Es kann wohl folgende Sichtweise zu Grunde gelegt werden:

– Wird der Text des OECD-MA von den Vertragsparteien unverändert übernommen, so ist von einer Inbezugnahme des OECD-Kommentars auszugehen.

– Wurde der Text nicht wortwörtlich übernommen, aber eine sinngemäße Formulierung gewählt bzw. wurde der Text wörtlich übernommen, legen jedoch andere Vertragsbestandteile eine abweichende Interpretation nahe, so besteht eine starke Vermutung, dass die Auslegung dennoch im Sinne des OECD-Kommentars zu erfolgen hat.

– Erst wenn beide möglichen Formen der Abweichung zusammenkommen, spricht eine Vermutung gegen die Interpretation nach dem OECD-Kommentar.

2.2.1.2Änderungen des OECD-Kommentars

Auslegungsfragen können sich stellen, wenn der OECD-Kommentar nach Abschluss des Abkommens geändert wird. Soweit die Vertragsparteien (teilweise) den Wortlaut des OECD-MA übernehmen, so geschieht dies zumeist vor dem Hintergrund des zu diesem Zeitpunkt geltenden Kommentars. Zu späteren Änderungen haben die Vertragsparteien sich nicht erklärt. Soweit eine Veränderung einer Kommentarstelle lediglich als eine Klarstellung interpretiert werden kann, kann festgestellt werden, dass diese späteren Änderungen der Auslegung in die Vergangenheit reichen können, sog. „soft retroactive effect“. In allen anderen Fällen ist von keiner Rückwirkung auf früher abgeschlossene DBA auszugehen.

Ein genereller dynamischer Verweis ist abzulehnen. Dies würde implizieren, dass die Vertragsstaaten künftige Änderungen in der OECD-Auffassung antizipiert hätten. Da diese jedoch zum Zeitpunkt des Abschlusses des DBA noch nicht bekannt und z. T. noch nicht einmal geplant waren, ist dies ausgeschlossen. Außerdem darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Vertragsstaaten von der ihnen gegebenen Möglichkeit, einen dynamischen Verweis in das jeweilige DBA aufzunehmen, keinen Gebrauch gemacht haben.

2.2.2DBA mit bzw. zwischen Nicht-OECD-Mitgliedstaaten

Bei der Interpretation von Abkommen zwischen oder mit Nicht-OECD-Mitgliedern kann ein Rückgriff auf den OECD-Kommentar nicht von vorneherein überzeugen. Es kann aber sein, dass die verwendeten Textpassagen des Abkommens eine gewisse Nähe zu den Formulierungen des Muster-DBA aufweisen. Wenn dann im nächsten Schritt der Zusammenhang keine abweichende Bedeutung nahelegt, kann eine Interpretation über die Musterkommentierung in Betracht kommen. In solchen Fällen kann aber nur die Qualität des OECD-Kommentars überzeugen. Eine Verbindlichkeit aufgrund Mitgliedschaft in der OECD kommt nicht in Frage.