Storm & Desire - Die Geheimnisse von Asgard Band 2 - S.T. Bende - E-Book

Storm & Desire - Die Geheimnisse von Asgard Band 2 E-Book

S.T. Bende

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Beschreibung

Brynn Aksel scheint eine gewöhnliche College-Studentin zu sein, doch tatsächlich ist sie eine Walküre und hat die Aufgabe, die Zukunft Asgards zu bewahren. Wenn Brynn keine Vorlesungen besucht, kämpft sie gegen Riesen und Dunkelelfen und tut alles, um sich auszuzeichnen. Gerade muss sie den Kriegsgott Tyr beschützen und bekommt dabei ausgerechnet Unterstützung von Henrik Andersson. In den attraktiven Leibwächter ist Brynn schon ewig verliebt, trotzdem will sie sich von ihm nicht von ihrer Aufgabe ablenken lassen. Doch als die beiden sich dann auch noch gemeinsam auf die Suche nach der entführten Liebesgöttin machen müssen, kommen sie sich so nah wie nie zuvor ...

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Seitenzahl: 361

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Inhalt

Cover

Titel

Eins

Zwei

Drei

Vier

Fünf

Sechs

Sieben

Acht

Neun

Zehn

Elf

Zwölf

Dreizehn

Vierzehn

Fünfzehn

Sechzehn

Siebzehn

Achtzehn

Neunzehn

Zwanzig

Einundzwanzig

Zweiundzwanzig

Henriks schwedische Pfannkuchen

Danksagungen

Nächste Folge

Impressum

S.T. Bende

Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch vonStephanie Pannen

Eins

»Halt die Klappe, Brynn«, murmelte Tyr, während er eine rauchende Backform aus dem Ofen holte. Der Gott des Krieges stand in unserer offenen Küche. Über seiner Standarduniform Jeans und Henleyshirt trug er die rosafarbene Rüschenschürze seiner Freundin. Er warf mir einen bösen Blick zu, während er den verbrannten Inhalt der Backform ins Spülbecken schüttete. Darin befand sich bereits ein Haufen ähnlich missratener Exemplare. Unsere Küche hatte sich in einen regelrechten Kuchenfriedhof verwandelt.

»Hab doch gar nichts gesagt!« Ich hob beschwichtigend die Hände.

»Musstest du auch nicht.« Tyr warf die leere Backform auf den Herd, wo sie laut klappernd gegen diese grobe Behandlung protestierte. »Dein nerviges Lachen sagt alles.«

Ich zwang mich zu einer neutralen Miene und nickte auf Tyrs Rüschenschürze. »Mich hat nur dein Backoutfit überrascht, mehr nicht.«

Tyr zog seine Ofenhandschuhe aus und warf sie nach mir. Fest. Meine Fingerspitzen brannten, als ich sie in der Luft fing.

»War das jetzt wirklich nötig?«, fragte ich.

»War es nötig, wie eine Hyäne im Kaffeerausch zu kichern?«, entgegnete Tyr mit hochgezogener Augenbraue.

Ich räusperte mich empört.

»Die Schürze gehört Mia. Ich dachte, wenn ich sie beim Backen trage, würde ich diesmal vielleicht nicht ihren förbaskat Geburtstagskuchen verbrennen lassen.«

Ich wartete schweigend, bis Tyr die große silberne Rührschüssel gespült hatte. Dann zog er eine neue Backmischung aus dem Schrank und wandte sich an mich. Sein angespanntes Gesicht war der Inbegriff der Schicksalsergebenheit. »Offenbar ist diese Schürze nicht der Grund, warum meine Freundin eine so gute Köchin ist.«

»Offensichtlich.« Ich sprang durch die Küche, um Tyr die Backmischung aus der Hand zu reißen. Er drückte sie so fest, dass ich das Gefühl hatte, sie müsse gerettet werden. »Fred lässt gleich die Packung explodieren«, sagte ich.

Tyr verstärkte den Griff auf die Backmischung mit seiner rechten Armprothese noch. Mia, Henrik und ich hatten sie als angebliches Kursprojekt gebaut, und sie hatte ihm das Leben gerettet, als ihm der mörderische Wolf Fenrir seinen richtigen Arm abgebissen hatte. Jetzt diente Fred mit der Hilfe biomechanischer Medizin, asgardischer Magie und einer kleinen Prise Feenstaub stolz als Tyrs rechter Unterarm.

Als die arme Mia entdeckt hatte, dass ihr Laborprojekt in Wahrheit die Rettung für eine asgardische Gottheit war, hatte sie uns erst mal alle für verrückt erklärt. Aber es ging nun mal oft verrückt zu, wenn man den Gott des Krieges beschützen musste.

Wenn man ihm beim Backen eines Kuchens half, war allerdings Diplomatie angebracht.

»Okay, meinetwegen. Töte die arme Backmischung.« Mein Tonfall wurde weicher, als Tyr die Schultern sinken ließ. »Hör mal, Mia ist eine tolle Köchin, weil sie es liebt. Sie kümmert sich gern um uns. Und besonders um dich. Und sie will bestimmt nicht, dass du dich an ihrem Geburtstag wegen etwas so Albernem wie einem Kuchen fertigmachst. Bestell doch einfach einen in der Bäckerei. Soll ich da anrufen?«

»Nein, Brynn. Ich backe meiner Freundin einen förbaskat Kuchen. Und wenn du mir nicht helfen willst, verschwinde aus der Küche.«

»Wir haben geteiltes Küchensorgerecht.« Ich schob mich an ihm vorbei, öffnete den Kühlschrank und holte eine Packung Eier heraus. Ich stellte sie auf den Tisch und machte den Kühlschrank wieder zu. »Als Mia angefangen hat, ihre Wochenenden hier zu verbringen, galt das auch für ihre Leibwächterin. Weißt du noch?«

Als sich Asgards Kriegsgott in Mia Ahlström, Studentin der Ingenieurswissenschaften an der Redwood State University, verliebte, wurde ich von meinem Walkürenposten gerufen, um die süßeste Sterbliche diesseits von Midgard zu beschützen. Und als es der Fenrir-Wolf auf Tyrs Leben abgesehen hatte, begannen Mia und ihre frischgebackene Leibwächterin, viel Zeit in seinem schick eingerichteten Blockhaus zu verbringen. Statt gefallene Kriegerseelen für Odin und Freya zu sammeln, wie ich es als Schlachtenwalküre getan hatte, nahm ich inzwischen an Kursen für Ingenieurswesen, Workouts und Lernsessions teil. Außerdem verbrachte ich das Wochenende nicht nur mit dem ziemlich spießigen Kriegsgott, sondern auch mit dem heißesten Leibwächter in der Geschichte aller Reiche: Henrik Andersson.

Mein unsterbliches Leben sah gerade ziemlich gut aus.

»Ja, du übernachtest hier manchmal.« Tyr fuhr sich durch seine dunkelblonden Haare. Die normalerweise schon ziemlich zerzausten Strähnen sahen jetzt richtiggehend wild aus. »Aber du bist auch nutzlos in der Küche. Ich brauche jemanden, der das hier in Ordnung bringen kann. Wo ist mein Leibwächter?«

Als ob er Tyr gehört hätte, schlug in diesem Moment die Haustür zu, und Henriks Schritte ertönten im Flur. Einen Augenblick später stand der Kerl, in den ich seit dem Kindergarten verschossen war, im Eingang zur Küche. Ich machte einen kleinen Hüpfer – diese Bewegung lenkte mich normalerweise von den unvermeidlichen Schmetterlingen im Bauch ab, die ich immer bekam, wenn ich Henriks Lockenkopf, sein süßes Lächeln und seine muskulösen Arme sah. Aber sein Schmunzeln war nicht zu übersehen, als er sich mit seinem graublauen Blick in der Küche umsah.

Er grinste den Kriegsgott an, der mürrisch am Herd stand. »Gibt es Schwierigkeiten?«

Tyr knurrte so laut, dass es in der großen Küche widerhallte.

»Er versucht, einen Geburtstagskuchen für Mia zu backen.« Ich deutete zum Spülbecken, das mit verbrannten Versuchen gefüllt war. »Aber es läuft nicht so gut.«

»Hast du angeboten, ihm zu helfen?«, fragte Henrik.

»Wir wissen doch alle, dass Brynn nicht kochen kann«, erwiderte Tyr.

»Natürlich kann ich kochen!« Ich warf das nächstbeste Geschirrtuch nach Tyr. Er fing es in der Luft, bevor es ihn im schlecht gelaunten Gesicht treffen konnte.

»Sie kann kochen«, pflichtete mir Henrik bei. Er ging um die große Kücheninsel in der Mitte des Raums herum und legte mir beiläufig einen Arm um die Schultern. Irgendwo in meinem Bauch flog eine Armee verstörter Schmetterlinge los. Wenn ich nicht schon mein ganzes Leben lang Zeit gehabt hätte, mich daran zu gewöhnen, meine Gefühle zu verbergen, hätte ich wahrscheinlich aufgelacht.

»Danke.« Ich streckte Tyr die Zunge raus. »Henrik sagt, ich kann kochen.«

»Ja, kochen kannst du. Nur backen kannst du wirklich gar nicht.« Henrik zog seinen Arm weg und untersuchte den Ofen. Als er mit dem Rücken zu uns stand, grinste mich Tyr triumphierend an.

»Halt die Klappe, Tyr«, fauchte ich und schubste ihn fest.

»Tja, da haben wir dein Problem.« Henrik korrigierte eine Einstellung. »Die Temperatur stimmt nicht.«

Tyr betrachtete stirnrunzelnd die Packung mit der Backmischung. »Hier steht, der Kuchen muss bei hundertachtzig Grad backen. Und der Ofen war auf hundertachtzig Grad eingestellt.«

»Ja schon, aber du hattest auch den Grill an.« Henrik wusch sich die Hände im Spülbecken. »Das überschreibt die Temperaturkontrolle, und du grillst deinen Kuchen.« Er stellte das Wasser ab und trocknete sich die Hände. »Versuchst du es allein weiter, oder willst du Hilfe? Es macht mir nichts aus, aber wenn ich dabei sein soll, lassen wir das mit dieser lausigen Backmischung und machen den Teig selbst.«

Eine kleine Sorgenfalte erschien zwischen Tyrs Augenbrauen, während er seine Optionen abwägte. Mia würde schon bald von der Uni nach Hause kommen. Angesichts der vielen misslungenen Kuchen hatte er offensichtlich früh genug angefangen, aber jetzt lief ihm die Zeit davon. Er stieß ein langes Seufzen aus. »Ich nehme deine Hilfe an«, ergab er sich in sein Schicksal. »Aber das Dekorieren übernehme ich allein.«

»Was immer du sagst, kille.« Henrik stellte Milch, Mehl, Kakaopulver und Zucker auf den Tisch. Ganz ohne Rezept oder Abmessung gab er die Zutaten in ein Rührgerät. »Brynn, holst du mir mal die rote Lebensmittelfarbe?«

»Ähm, klar.« Ich sah mich in der Küche um und ließ meinen Blick von Schrank zu Schrank gleiten, bis er auf Tyr landete. Er grinste mich hämisch an.

»Du wolltest doch helfen«, sagte er.

Ich warf ihm einen bösen Blick zu. »Oh, als ob du wüsstest, wo sie ist, Captain Kuchenvernichter.«

»Links neben dem Herd, direkt über dem Gewürzregal«, sagte Henrik, ohne sich umzudrehen. Als er nach dem Öl griff, spannte sich unter dem dünnen Stoff seines grauen T-Shirts seine Rückenmuskulatur an. Ich seufzte. Laut.

»Äh, okay, danke.« Ich ging zum Oberschrank und wünschte, ich könnte Tyr sein dämliches Grinsen aus dem Gesicht vertreiben. Mein schmachtender Blick war ihm nicht entgangen.

Das tat es nie.

Ich reichte Henrik die Lebensmittelfarbe und stellte mich neben Tyr an den Herd. Wir hielten die Hände vor der Brust verschränkt und blieben Henrik aus dem Weg. So war es für alle Beteiligten besser.

Besonders für Mias Geburtstagskuchen.

»Können wir irgendwie helfen?«, fragte Tyr.

»Vielleicht die Backformen vorbereiten?« Henrik schaute über seine Schulter. Tyr und ich starrten ihn verständnislos an. »Die Formen mit Butter einreiben und dann mit Mehl bestäuben«, erklärte Henrik langsam, als ob er mit zwei Kleinkindern reden würde. »Denkt ihr beiden Meisterköche, dass ihr das hinbekommt?«

Es kostete mich enorme Selbstbeherrschung, um nicht die Augen zu verdrehen, während ich die Butter zur Hand nahm. »Manchmal kannst du ein richtiger Besserwisser sein, Henrik Andersson.«

»Ah, aber du liebst mich trotzdem, Brynnie.« Henrik zwinkerte mir zu und stellte das Rührgerät ab. Mein armes Herz schlug wild gegen meinen Brustkorb. Henrik zog die Schüssel heraus und sah uns erwartungsvoll an. »Wo ist meine Backform?«

Ach ja. Tyr riss mir die Butter aus der Hand und rieb eine großzügige Menge in die Backformen. Ich schnappte mir eine Handvoll Mehl und bestäubte sie. »Wie haben wir das gemacht?«

»Perfekt.« Lächelnd teilte Henrik den Teig zwischen den beiden Formen auf. Dann stellte er sie in den Ofen und überprüfte die Temperatur. »Jetzt warten wir. Wenn wir sie in den Kühlschrank stellen, sobald sie fertig sind, solltest du sie eine Stunde, nachdem Mia nach Hause gekommen ist, dekorieren können.«

»Das ist zu spät«, erwiderte Tyr stirnrunzelnd. »Ich wollte ihn ihr geben, wenn sie zur Tür hereinkommt.«

»Wir tun unser Bestes.« Henrik tätschelte Tyrs Arm. »Aber ein Kuchen muss völlig abgekühlt sein, bevor man ihn schichtet oder dekoriert. Also wäre es wahrscheinlich besser ...«

»Es ist ihr Geburtstag.« Tyr starrte ihn an.

»Dann hättest du mich wahrscheinlich besser früher um Hilfe gebeten.« Henrik zuckte mit den Schultern. »Es wäre schön, wenn ihr zwei euch die nächste Stunde mal aus jeglichem Ärger heraushalten könntet. Ich muss noch einen Stabilisator an ein paar Erdungskabel anschließen.«

»Woran arbeitest du denn gerade?« Ich folgte Henrik aus der Küche.

»Ich habe seltsame Aktivitäten im Portal hinter Elsas Haus gemessen.«

»Bei allen Göttern, warum hast du nichts gesagt?« Ich blieb wie angewurzelt stehen. »Das, durch das Fenrir gekommen ist?«

»Genau das.« Henrik ging weiter, also zwang ich meine Füße, ihm zu folgen.

»Und warum sind wir jetzt nicht dort und sorgen dafür, dass nichts durchkommt?«

»Weil ich es erst heute Nachmittag gemerkt habe. Keine Sorge, ich bin bereits dran. Ich habe ein Schloss angebracht, arbeite aber noch an einer Kleinigkeit, um das Portal absolut hundesicher zu machen. Nicht dass Fenrir zurückkommen könnte, schließlich haben wir ihm seine Leine angelegt und außerdem sitzt er in einer Gefängniskammer. Es ist mehr so etwas wie eine kleine zusätzliche Sicherheitsvorkehrung – ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk für unseren kontrollsüchtigen Prinzen in der Küche.«

»Das ist wirklich kein guter Zeitpunkt, Henrik, so gern ich mich auch über Tyr lustig mache.« Ich hielt ihn am Arm fest, und er drehte sich um. Sein Bizeps lag hart in meiner Hand. »Wa... was ...« Ich stampfte mit dem Fuß auf, um mich wieder konzentrieren zu können. »Was sollen wir tun, wenn Hymir oder einer seiner Handlanger durchbricht? Wir wissen alle, dass er völlig außer sich vor Wut ist, weil wir Fenrir gefangen haben. Er ist so rachsüchtig, dass nur Odin weiß, was er plant, um es uns heimzuzahlen.« Ich umfasste Henriks Arm fester. »Und was ist mit Loki? Wir haben ziemlich lange nichts mehr von ihm gehört. Er hat seit einer Ewigkeit keinen von uns den Jotunn ausgeliefert oder einen Schatz gestohlen. Ist es nicht langsam mal wieder Zeit für einen Auftritt von ihm?«

»Das ist es ja.« Henrik kratzte sich an seinem Dreitagebart, Beweis seiner langen Stunden im Labor.

»Was meinst du?« Ich riss meinen Blick von Henriks unerhört attraktiven stoppeligen Kinn los. Die Tage, an denen er keine Zeit für eine Rasur hatte, stellten meine perfekte Selbstbeherrschung ernsthaft auf die Probe.

»Loki hat keine Probleme mehr gemacht seit ... das sind jetzt schon ein paar Jahrzehnte. Vielleicht ist inzwischen ja alles in Butter mit ihm.«

»Mias Sprüche färben auch auf dich ab, was?«, scherzte ich.

»Sie sind ziemlich einprägsam.« Henrik blieb am unteren Ende der Treppe stehen. Sein ansteckendes Lachen erfüllte den Flur. Unweigerlich musste ich lächeln. »Der Punkt ist, was auch immer er vorhat, wenn überhaupt, er lässt sich nicht in die Karten schauen. Und Hymir war seit Fenrirs Gefangennahme ebenfalls ruhig. Wenn er etwas mit den ungewöhnlichen Messwerten um das Arcata-Portal zu tun hat, tut er es hinter den Kulissen. Wir müssen einfach dafür sorgen, dass seine Leute keine bessere Technologie entwickeln als unsere.«

»Niemand hat bessere Technologie als wir. Wir sind das perfekte Team.« Die Worte hatten schon meinen Mund verlassen, als mir klar wurde, wie das klang. Glücklicherweise sorgte Henriks begriffsstutziges Y-Chromosom dafür, dass er die doppelte Bedeutung nicht mitbekam. »Ich meine, unsere Technologie ist perfekt – immer einen Schritt voraus. Weil wir so schlau sind. Ähm, ja. Hör mal, wenn du etwas brauchst, ich habe noch diese Titanlegierung von dem Reservearm übrig, den wir für den Fall gebaut haben, dass Fred unsere Erwartungen nicht erfüllt. Wenn wir das mit Älva-Staub kombinieren, den wir noch haben, können wir damit vielleicht einen automatischen Rückkehrimpuls für das Portal entwickeln.«

»Wir haben keinen Älva-Staub mehr. Der letzte Rest ist für Fred draufgegangen«, erinnerte mich Henrik.

»Ach ja.«

»Wir finden schon eine Lösung, sötnos. Ich sage Bescheid, wenn ich Hilfe brauche. Backen kannst du zwar nicht, aber du bist eine verdammt gute Ingenieurin.« Henrik zog am Ende meines geflochtenen Zopfs, und mir stockte der Atem. Es fiel mir heute wirklich schwer, mich zu beherrschen. Muspelheim musste rückläufig sein. Ganz ruhig, Brynn. Er ist einfach nur irgendein Kerl ...

Lügnerin. Henrik Andersson war noch nie einfach nur irgendein Kerl für mich gewesen. Und das würde er wahrscheinlich auch nie sein. Ich war in ihn verliebt, seit er vor etwa sechshundert Jahren meine Ehre bei einem Streit auf dem Spielplatz verteidigt hat, und meine Gefühle hatten sich seither nicht verändert. Aber das spielte keine Rolle. Asgard hatte dank eines unbestrittenen Systems an Regeln und Strukturen viele Jahrtausende überlebt. Henrik war ein erfahrener Krieger und ich eine Walküre. Und solange Odin regierte, bestand unsere oberste Priorität darin, Asgards vorderste Verteidigungslinie zu schützen – den Gott des Krieges. Und auf seinen Befehl hin beschützten wir auch Tyrs Freundin Mia. Persönliche Gefühle, ganz zu schweigen von einer Beziehung, wären ein riesiger Schwachpunkt. Und dann war da noch die Tatsache, dass mir laut dem Walkürenkodex erst dann ein Partner erlaubt war, wenn ich den Rang einer Kommandantin erreicht hatte. Außerdem war meine Rolle in Henriks Leben einfach fest in der Friendzone verankert. Ich war seine Kollegin, die Klassenkameradin seines kleinen Bruders und während wir in Arcata stationiert waren seine gelegentliche Mitbewohnerin. Weiter konnte unsere Beziehung nicht gehen.

Doch das alles half nicht gegen das ungebetene Schwirren der Schmetterlinge, das jedes Mal einsetzte, wenn er mich ansah. Ich war zwar eine unsterbliche Kriegsgöttin, aber ich war auch eine junge Frau.

Henrik ließ meinen Zopf los, drehte sich mit einem Schmunzeln um und joggte die Stufen in die obere Etage hinauf. Die Muskeln in seinem Rücken spannten sich an, und ich erlaubte mir ein leises Seufzen, während ich zusah, wie diese in Jeans gehüllte Perfektion die Treppe hinaufstieg. Als ich mich endlich von dem Punkt losreißen konnte, an dem Henrik verschwunden war, bemerkte ich, dass mich Tyr aus der Küchentür grinsend beobachtete.

»Halt die Klappe, Tyr.« Ich schnappte mir die Schlüssel von dem Schlüsselbrett, das Mia im Eingang angebracht hatte, und riss die Haustür auf. »Wenn mich jemand braucht, ich bin im Fitnessstudio.«

»Du hast deine Yogamatte vergessen.« Tyr grinste immer noch frech.

»Du weißt genau, dass ich kein Yoga mache.« Ich warf meinem unerträglichen Freund einen bösen Blick zu. »In zehn Minuten fängt Kickboxen an, und meine Sporttasche ist im Auto. Außerdem brauche ich mal ein bisschen Abstand von all dem hier.« Ich deutete auf Tyr.

»Komm nicht zu spät zu Mias Geburtstagsessen«, warnte mich Tyr.

Mein Blick wurde weicher. »Das verpasse ich doch nicht. Sie ist auch meine Freundin, weißt du noch?«

»Sie ist für uns alle etwas Besonderes«, rief Henrik, als er wieder die Treppe herunterkam und in Richtung Werkstatt verschwand. Sekunden später kehrte er mit einem kleinen Transistor zurück. »Hab ich vergessen.«

Tyr nickte mir zu. »Viel Spaß.« Dann warf er einen wissenden Blick nach oben. »Du musst dir bestimmt eine Menge Frust wegtrainieren.«

»Halt die Klappe!« Wütend schlug ich die Haustür hinter mir zu. Ich war zwar seine Leibwächterin und eine seiner besten Freundinnen, aber wenn Tyr Fredriksen noch eine weitere Anspielung auf meine Gefühle für Henrik machte, würde ich das alte Trollgesicht umbringen müssen.

***

»Happy birthday, liebe Mia, happy birthday to you!«

Tyrs bezaubernde sterbliche Freundin grinste über beide Ohren, und das Rot auf ihren Wangen kroch bis zum Ansatz ihrer schokoladenbraunen Haare. Sie strich sich eine lose Strähne hinters Ohr und lehnte sich über den Couchtisch, um die neunzehn symmetrisch verteilten Geburtstagskerzen auszublasen. Tyr war so vorhersehbar wie herrisch, und er führte sein Leben mit der typischen Selbstbeherrschung der meisten Krieger, von seiner makellosen Haushaltsführung zu seiner perfekt organisierten Werkstatt. Ich hingegen bekam kaum meine störrischen Haare unter Kontrolle, ganz zu schweigen von der Unordnung in meinem Zimmer.

»Was hast du dir gewünscht? Mehr Zeit mit deinen Lieblingsmitbewohnern?« Henrik schlang einen Arm um meine Schultern und zog mich zurück aufs Sofa. Vorteil Nummer eins der Friendzone: Henrik scheute sich nicht vor Körperkontakt. Ich war fest davon überzeugt, dass er vergessen hatte, dass ich ein Mädchen war.

Aber solange er mich weiter berührte, war das völlig okay für mich.

»Pass bloß auf, Henrik«, warnte Heather. »Wenn ihr nicht zufällig Captain Muskelprotz hier hättet, würde Mia mehr Zeit an ihrem ›offiziellen‹ Wohnsitz verbringen – du weißt schon, da wo immer noch ihre Post landet. Ich bezweifle, dass du dich an ihren Putzplan hältst.«

Mias Wangen wurden noch röter.

»Captain Muskelprotz, was?« Tyr kratzte sich sein stoppeliges Kinn. »Daran könnte ich mich gewöhnen. Was sagst du, prinsessa? Soll ich mich von jetzt an so nennen?«

Charlotte tätschelte Mias flammend rote Wangen und wandte sich an Tyr. »Sorry wegen Heather. Sie kommt momentan nicht viel raus. Ihr Praktikum hält sie ganz schön auf Trab.«

»Wie läuft es denn in der Klinik?«, wechselte Mia schnell das Thema, während sie den Kuchen anschnitt. Heather verteilte die Stücke, und ich bemühte mich, nicht allzu offensichtlich an Henriks Brust zu schnüffeln, während ich ihr dabei zusah. Mmh. Waschmittel, Sonnenschein und Ruhe ...

»Ganz okay. Es fällt mir allerdings ein bisschen schwer, meinen Chemiekurs und das Ehrenamt unter einen Hut zu bringen. Vielleicht musst du noch mal einen Blick auf meinen Wochenplan werfen.« Heather reichte Henrik und mir Teller. Widerwillig setzte ich mich auf und beendete den herrlichen Körperkontakt.

»Mach ich gern. Alles für meine Mitbewohnerin.« Mia schnitt die letzten Kuchenstücke und machte es sich auf dem kleinen Sofa bei Tyr gemütlich. Sie reichte ihm einen Teller, bevor sie genüsslich von ihrem Stück kostete. »Mmh.« Stöhnend leckte sie das Cream Cheese Frosting von ihrer Gabel. »Meemaws Red Velvet Cake. Tyr, du hast ihn perfekt hinbekommen!«

Henrik schob sich die Brille mit dem Fensterglas die Nase hinauf. Aesir kannten keine Fehlsichtigkeit, aber er trug in Gegenwart von Sterblichen gern diese Brille. Er war der Meinung, dass ihn das unauffälliger machte. Als ob das möglich wäre. Heute trug er sie wohl wegen Charlotte und Heather.

»Eigentlich ...«, begann Henrik, verstummte jedoch, als ich ihm meinen Ellbogen fest in den Bauch rammte.

»Lass ihm das«, zischte ich.

Henrik lehnte sich nah genug heran, dass mich sein angenehmer Duft einhüllte. Frische Luft, Sonnenschein und eine Spur Zitrone. »Brynnie.« Er runzelte die Stirn. »Ich habe mir den Arsch aufgerissen, um Meemaws Rezept zu perfektionieren.«

»Und Tyr wird sich morgen auch sicher dafür bedanken«, flüsterte ich zurück und warf einen Blick auf unseren Freund, der in der einen Hand seinen Teller hielt und mit der anderen den Rücken seiner Freundin. Er wirkte regelrecht besitzergreifend.

»Meinetwegen.« Henrik seufzte.

»Wie schade, dass es deine Schwester nicht geschafft hat, Tyr.« Charlotte sah von ihrem Kuchen auf. »Ich habe mich so darauf gefreut, sie kennenzulernen.«

»Du hast Elsa immer noch nicht getroffen?« Mia schüttelte den Kopf. »Du wirst sie lieben. Ihren Freund Forse ebenfalls.«

»Sind sie immer noch nur Freunde?«, fragte ich.

Tyr zuckte mit den Schultern. »Offenbar.«

»Ja, wir haben hier einen Haufen ziemlich dickköpfiger Leute.« Mia warf mir einen vielsagenden Blick zu. Ich schnaubte. Ich konnte nicht selbst über mein Privatleben bestimmen. Zumindest noch nicht.

Wir aßen in zufriedenem Schweigen, und als der letzte Krümel Red Velvet Cake verschwunden war, zog Tyr Mia auf seinen Schoß. »Tja, mitt hjårta, sieht so aus, als würde sich dein Geburtstag dem Ende neigen. Und ich habe ein Geschenk für dich, das nicht für die Augen der anderen bestimmt ist.«

Ich vergrub mein Gesicht in Henriks Brust, um mein Grinsen zu verbergen. Neben uns lachte Heather erstickt auf.

Charlotte verstand Tyrs Wink mit dem Zaunpfahl. »Tja, es ist wirklich schon spät. Wir sollten nach Hause.« Sie stand auf, brachte ihren Teller in die Küche und starrte Heather an, bis sie das Gleiche tat.

»Äh, okay.« Heather eilte in die Küche und zurück, dann schnappte sie sich zwei Jacken von der Garderobe. Eine warf sie Charlotte zu und steckte ihre Arme in die andere. »Mich erwartet noch meine Hausarbeit.«

»Ihr müsst doch noch nicht gehen.« Mia warf Tyr einen scharfen Blick zu, nahm sanft seine Hand von ihrem Rücken und stand auf. »Wir haben noch mehr Kuchen. Will jemand Nachschlag?«

Heather sah aus, als würde sie am liebsten Ja sagen, doch Charlotte packte sie am Arm und zerrte sie zur Haustür. Mia folgte ihnen. »Danke, aber wir sollten dich wirklich den Rest deines Geburtstags, ähm, genießen lassen. Komm schon, Heather.«

Während Heather widerwillig ihrer Mitbewohnerin nach draußen folgte, drehte sie sich noch mal mit einem schelmischen Funkeln in den Augen um. »Schön, dass du endlich strahlst, Mia.« Mit einem anzüglichen Grinsen schloss Heather die Tür hinter sich und ließ Mia mit knallroten Wangen und offenem Mund im Flur zurück. Sie blieb wie erstarrt stehen, bis die Rücklichter des Wagens der Mädchen aus der Einfahrt verschwunden waren. Nach einem langen Moment drehte sie sich um und kehrte ins Wohnzimmer zurück. Sie sah sich nervös um.

»Ja. Wir haben es alle gehört.« Henrik lachte auf, und ich schlug ihm ein Sofakissen über den Kopf. Dabei verlor er seine Brille. Er hob sie auf und legte sie auf den Couchtisch. »Was denn? Wir denken doch alle das Gleiche. Ihr wollt, dass wir verschwinden, damit ihr das Haus für euch allein habt.«

»Henrik«, kreischte Mia entsetzt.

Tyr sah aus, als würde er über den Vorschlag nachdenken.

»Nein.« Mia starrte Tyr finster an. »Nein, das wollen wir nicht.«

Tyr stand grinsend auf und ging zu Mia, zog sie in seine Arme und knabberte an ihrem tiefroten Ohr. »Du bist so süß, wenn du verlegen bist.«

»Halt die Klappe, Fredriksen«, protestierte Mia, entspannte sich aber schließlich in seiner Umarmung.

»Bevor ihr loslegt«, unterbrach ich, »müssen wir noch kurz über den Zeitgefrierer reden.«

»Jetzt?« Mia runzelte die Stirn. »Ist alles okay?«

»Ich bin mir nicht sicher.« Ich hielt inne, als Elsa und Forse die Haustür öffneten.

»Tut mir leid, dass wir zu spät sind. Alles Gute zum Geburtstag, Mia!« Elsa zog sie in eine herzliche Umarmung. Mia strahlte, während Tyr die blonden Haare seiner Schwester zerstrubbelte. Ihre waren glatt und überhaupt nicht widerspenstig. Meine mussten eine halbe Stunde geföhnt werden, und selbst dann kräuselten sie sich bei der kleinsten Spur Feuchtigkeit.

Einige Göttinnen hatten einfach Glück.

»Hei, Elsa. Forse.« Tyr streckte eine Faust aus. Forse schloss die Haustür, kam ins Wohnzimmer und stieß seine Faust in der universellen männlichen Begrüßung dagegen. »Ihr seid zu spät.«

»Sei nicht so unhöflich.« Mia boxte Tyrs Schulter und deutete auf den Couchtisch. »Wir haben noch jede Menge Kuchen übrig. Wollt ihr welchen?«

Forse fuhr sich durchs Haar, während Elsa die Hände rang.

»Was ist los?« Henrik lehnte seinen Arm auf die Rückenlehne des Sofas, während er Forses Gesicht studierte. »Es ist nie ein gutes Zeichen, wenn dein Kiefer zuckt.«

»Warte.« Elsa hob eine Hand. »Erst müssen wir Mia zum Geburtstag gratulieren. Forse?«

»Natürlich.« Forse zog ein kleines Päckchen aus seiner Hosentasche und reichte es Mia. Sie nahm es lächelnd entgegen.

»Ihr hättet mir doch nichts schenken müssen.«

»Doch, natürlich. Du gehörst jetzt zu uns. Und wir versuchen dich zu bestechen, damit du bleibst. Odin weiß, dass wir ziemlich anstrengend sein können.« Forse verschränkte die Arme und nickte in Tyrs Richtung. »Besonders dieser kille da.«

»Halt die Klappe, Justice«, knurrte Tyr. Es war unser Spitzname für den Gott der Gerechtigkeit. Forse lachte nur.

»Öffne es.« Elsa klatschte in die Hände. Grinsend riss Mia das Papier auf.

»Oh, super!«, rief Mia freudig und hielt einen Gutschein für ein Sportgeschäft hoch. »Vielen Dank! Woher wusstet ihr, dass ich neue Laufschuhe brauche?«

»Hmm, vielleicht weil du versuchst, mit meinem Bruder Schritt zu halten.« Elsa warf ihre Haare über die Schulter. »Wie viele Meilen legt ihr zwei in einer Woche noch zurück?«

Mia sah fragend zu Tyr. »Keine Ahnung. Vielleicht dreißig?«

»Wohl eher vierzig.« Tyr legte seine Hand wieder auf Mias unteren Rücken.

»Mutter Frigga.« Elsa schüttelte den Kopf. »Gönn ihr mal eine Pause, ja?«

»Ich will es so«, erklärte Mia. »Damit ich nicht wieder die hilflose Sterbliche bin, die ihr im Haus einsperren müsst, wenn uns etwas angreift.« Sie warf mir einen vorwurfsvollen Blick zu.

»Ich hab dich nirgendwo eingesperrt!«, protestierte ich.

»Nein, aber deine Chefin. Und sie ist nicht hier, also musst du als Schuldige herhalten.« Mia sah sich um. »Wo bleibt Freya eigentlich? Ich hab ihr ein Stück Kuchen mit extra viel Frosting aufgehoben.«

Ich musste schmunzeln. Mia und Freya hatten einen schwierigen Start, da Mia irrtümlich angenommen hatte, dass Freya und Tyr ein Paar wären. Doch dann mussten das Mädchen und die Göttin viel Zeit in unserem sicheren Unterschlupf verbringen. So hatten sich die beiden über ihre gemeinsamen Interessen wie Mode und Kochen angefreundet. Jetzt war Mia ebenso vernarrt in die Göttin der Liebe wie wir alle ... und das Gefühl beruhte auf Gegenseitigkeit.

»Genau darum sind wir so spät.« Elsa rieb nervös mit den Händen über ihre Leggings. »Es gibt ein klitzekleines Problem am Portal.«

Jeder Gott im Raum erstarrte. Die Sterbliche hörte einfach auf zu atmen.

»Was meinst du mit ›klitzekleinem Problem‹?« Henrik erhob sich vom Sofa und stellte sich vor mich. Ich sprang ebenfalls auf, sodass wir Seite an Seite standen.

»Was ist passiert?«, fragte ich.

»Wir sind uns nicht ganz sicher.« Forses Stirn kräuselte sich sorgenvoll. »Seit etwa einer Stunde sprüht es Funken. Das Portal gibt winzige elektrische Ladungen genau nach Süden ab, die verschwinden, bevor sie den Boden erreichen. Wir wissen nicht, was die Energie absorbiert. Wir wären früher gekommen, aber wir wollten die Party nicht ruinieren.«

»Sie verschwinden?« Henrik runzelte ebenso sehr die Stirn wie Forse. »Das darf nicht sein. Wenn das Portal aktiviert wird, sollte die Energie zu Boden sinken und geerdet werden. Zumindest war es beim letzten Mal so.«

»Ich weiß. Ich würde es auch nicht glauben, wenn ich es nicht mit eigenen Augen gesehen hätte.« Forse wirkte nervös.

Ich tippte Henrik auf die muskulöse Schulter. Bei Odins Raben, wie viel stemmte er inzwischen? »Ähm, könnte dein Blocker dafür verantwortlich sein?«

»Hm? Ach ja, richtig!« Henrik wandte sich erklärend an die anderen. »Ich habe den Prototyp eines neuen Blockers installiert, der für zusätzlichen Schutz sorgen sollte.« Er sah zu Tyr. »Vielleicht hat der Regen einen Kurzschluss verursacht?«

»Aber es regnet noch gar nicht«, erwiderte Elsa. »Der Wetterbericht hat erst für morgen Regen angekündigt. Bist du sicher, dass es daran liegt?«

»Nein.« Henrik überlegte. »Ich sollte mir das besser mal ansehen.«

Plötzlich sprang die Haustür auf und schleuderte Forse beiseite. Er konnte sich fangen und schirmte Elsa mit seinem Körper ab. Tyr, Henrik und ich setzten uns in Bewegung. Ich warf mich vor Mia und drängte sie zurück ins Wohnzimmer, während Henrik den Waffenschrank öffnete und Tyr ein Schwert zuwarf. Der Kriegsgott fing es aus der Luft und nahm eine Kampfposition ein, während Henrik die Armbrust, die er ausgewählt hatte, auf den Eindringling richtete.

Oh skit. Nicht schon wieder.

Zwei

»Ihr werdet Waffen brauchen. Aber nicht für mich.« Die Göttin der Liebe stürmte in den Flur. Ihr erdbeerblonder Pferdeschwanz zuckte hin und her. »Es ist ein neues Portal neben dem ursprünglichen aufgetaucht, und da ist etwas auf der anderen Seite. Wir müssen uns beeilen.«

»Brynn. Folge dem Protokoll«, rief Tyr.

»Verstanden. Mia, nach oben. Sofort.« Ich packte sie am Handgelenk und zog sie von der Tür weg.

Sie stemmte sich dagegen. »Ihr schließt mich nicht wieder ein. Ihr wisst genau, dass ich besser schießen kann als ihr alle zusammen.«

»Das ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, Süße.« Tyr legte die Hände auf ihre Schultern und schaute ihr tief in die Augen. Ihre starre Körperhaltung entspannte sich unter seiner Berührung ein wenig. »Ich habe keinen Zweifel daran, dass du eines Tages an meiner Seite kämpfen wirst, aber heute ist nicht dieser Tag.«

Damit gab er Mia einen Kuss auf die Stirn und nickte mir zu. Ich zog sie die Stufen hinauf, während Henrik Forse und Freya Waffen zuwarf. »Verteilt euch. Brynn, Elsa, wenn wir in zehn Minuten nicht zurück sind, bittet den Big Boy um Verstärkung.«

»Odin informieren, alles klar. Elsa schickt den Vogel. Henrik, nimm deinen Kopfhörer mit. Wir bleiben in Verbindung.« Ich beobachtete, wie sich Henrik einen Nano-Molekular-Partikelbeschleuniger in die Hosentasche steckte. Er sah aus wie eine gewöhnliche Waffe, aber unsere innovativen – und leicht unorthodoxen – Gehirne hatten die Technologie optimiert, um den perfekten Sprengsatz zu schaffen.

Wir waren ein so gutes Team.

»Ist erledigt.« Henrik schnappte sich einen weiteren kleinen Gegenstand aus dem Waffenschrank und steckte ihn ein.

Sei vorsichtig, formte ich lautlos mit den Lippen.

Du auch, formte er lautlos zurück. Er nickte, folgte Tyr, Freya und Forse hinaus und schloss die Tür hinter sich.

Elsa verriegelte die Tür und folgte mir die Treppe hinauf. »Lass uns in die Männerhöhle gehen«, schlug sie vor. »Da bekomme ich einen Feed.«

»Was für einen Feed?«, fragte Mia. Ein Geräusch von draußen brachte mich dazu, sie weiterzuschieben. »Hör auf, mich zu schubsen, Brynn!«

»Tut mir leid«, sagte ich, auch wenn das gelogen war. »Du kennst das Protokoll.«

Mia wiederholte Tyrs Regeln, während ich mit ihr durch den oberen Flur eilte. »Im Falle eines Angriffs ist die Sterbliche im Panikraum zu sichern. Oder, wie wir ihn in Gesellschaft Uneingeweihter nennen, die Männerhöhle.«

»Aesir glauben an Effizienz.« Ich zuckte mit den Schultern. »Es gibt keinen Grund, warum ein Raum nicht mehrere Funktionen haben sollte.«

»Stimmt«, pflichtete mir Elsa bei, während sie uns in das technisch gut bestückte Geheimversteck der Hütte folgte. »Aber würde es euch umbringen, ihn vielleicht mal ein bisschen nett einzurichten? Ich verstehe ja, dass die Jungs Platz für ihre Überwachungsanlage brauchen und da drüben das Brynnrik-Minilabor aufgebaut ist.« Sie deutete auf einen chaotischen Arbeitsplatz, während ich über den Spitznamen für das Technik-orientierte Gehirn schnaubte, das sich Henrik und ich angeblich teilten. »Der Rest des Hauses ist so schick. Aber das hier ist einfach ... ziemlich spartanisch. Dabei ist es so ein großer Raum. Ihr könntet Gemälde an die leere Wand hängen oder vielleicht ein paar Vorhänge ...«

Sie hatte nicht ganz unrecht. Von einem Dekorationsstandpunkt aus wirkte unser Technikparadies wirklich ziemlich trostlos, doch funktionell war es ein Kunstwerk. Wir hatten eine Wand zwischen zwei Schlafzimmern eingerissen und so einen Bereich für Überwachungsausrüstung, Bildschirme, Apparaturen, ein Sofa und eine Spielekonsole geschaffen, sodass der restliche Platz für Arbeitstische voller Reagenzgläser, Bunsenbrenner, Lötkolben, Robotikausrüstung und allem möglichen Schnickschnack blieb, den wir für unsere gelegentlich sehr spezielle Technik brauchten. Alle größeren Werkzeuge befanden sich in unserem Garagenlabor.

»Meinetwegen kannst du Tyr gern deine Renovierungspläne schicken.« Ich schloss die Tür, sobald wir drei sicher im Raum waren, und schob einen großen Riegel vor. Dann tippte ich einen Code in ein in die Wand eingelassenes Nummernfeld. Schwarze Rollläden fuhren über die kugelsicheren Fenster. Die Legierung war feuerfest, bombenresistent und sicher gegen jegliche Magie, die Henrik und ich während der Betatests dagegen geschleudert hatten. Erst kürzlich hatten wir das ganze Haus mit diesem Material isoliert, damit während eines Angriffs nichts hindurchkommen konnte. Nicht mal ein mörderischer Riesenwolf.

Tyr wollte mit Mia kein Risiko eingehen.

»Warte mal.« Mia ging zu einem der geschwärzten Fenster. »Wie sollen wir so sehen, was passiert?«

»Das wird uns ein kleines Vögelchen verraten. Elsa?« Ich ging zu einem Flatscreen-Monitor und schaltete ihn ein. Elsa schloss die Augen und streckte ihre Hände aus, eine Richtung Fenster, die andere auf den Bildschirm. Nach einem Moment erwachte dieser flackernd zum Leben und zeigte ein gestochen scharfes Bild der anderen.

»Das machst du? Du ... bist eine menschliche Videokamera? Wie ist das überhaupt möglich?« Mias Stimme war schrill genug, um mich nach den Fenstern sehen zu lassen. Gut, dass Henrik darauf bestanden hatte, sie zu verstärken, denn Mia hatte eine Stimmgewalt, die einen Berserker neidisch machen könnte.

»Genau genommen bin ich eine göttliche Videokamera.« Elsa klang absolut ruhig, selbst unter diesen Umständen. »Ich manipuliere telekinetisch ein draußen platziertes Aufnahmegerät und übertrage den Feed auf eine Überwachungsstation – in diesem Fall die Männerhöhle.«

»Heißt das, ihr habt überall im Wald Kameras versteckt, für den Fall, dass ihr mal jemanden ausspionieren wollt?« Mias Tonfall war immer noch genauso schrill wie zuvor.

»Tyr sind Sicherheitsmaßnahmen sehr wichtig.« Elsa nickte. »Aber für den Fall, dass wir keine mobile Einheit vor Ort hätten, könnte ich auch eine aus dem Schrank unten holen und sie per Bifröst zu jeder Position innerhalb der neun Reiche schicken.«

»Unglaublich«, murmelte Mia.

»Kannst du das rausschwenken, damit wir nach Gegnern suchen können?«, bat ich unsere hauseigene Drohne. Elsa neigte ihre Hand. Jetzt zeigte der Bildschirm Henrik, Tyr, Freya und Forse aus der Vogelperspektive, wie sie sich durch die Bäume neben Elsas Hütte bewegten, etwa fünfzig Meter von uns entfernt. Sie bogen nach links ab und in einen dichten Hain von Mammutbäumen. Nordkalifornische Redwoods waren wunderschön, aber ziemlich störend, wenn es um Überwachung ging. Außer natürlich, man war selbst derjenige, der Deckung suchte.

»Ich muss das Bild kontrollieren.« Elsa öffnete die Augen. Sie hielt eine Hand auf das Fenster gerichtet, die andere auf den Flatscreen. Während sie sprach, bewegte sich die Aufnahme auf dem Bildschirm nach unten – sie musste die Kamera unter die Baumkronen geschickt haben. »Solltest du etwas Verdächtiges entdecken, sag mir Bescheid, und ich leite den Vogel um.«

»Wird gemacht.« Ich tippte etwas in mein Handy und drückte auf Absenden. Auf dem Bildschirm erschien Henrik, der sein Handy aus der Tasche zog. Er las meine Nachricht, nickte und steckte sich den Kopfhörer in sein linkes Ohr.

»Was hast du ihm geschrieben?« Mia schaute zwischen mir und dem Bildschirm hin und her.

»Nur dass wir ihn im Blick haben. Und dass ich ihn informieren werde, wenn wir etwas Ungewöhnliches sehen«, erklärte ich.

Mia ließ sich in den breiten Ledersessel fallen. Ihr Haar umrahmte ihr Gesicht mit der für sie typischen Perfektion, aber um ihre Augen waren winzige Fältchen zu sehen. Der Stress, den Großteil ihrer Freizeit mit dem Gott des Krieges und zwei Leibwächtern zu verbringen, musste sie ja irgendwann einholen.

»Geht es dir gut?«, fragte ich.

»Tipptopp.« Sie schloss die Augen. »Geht es hier jemals ruhiger zu?«

»Wir hatten ein paar ruhige Wochen. Es war toll, dass dein Bruder uns zu Thanksgiving besucht hat – vor allem, als er Tyr diese Standpauke gehalten hat. ›Wenn du meiner kleinen Schwester jemals wehtust, werde ich dich zerstören.‹ Ich wünschte, ich hätte ein Video davon.« Ich starrte auf den Bildschirm. »Henrik, am nördlichen Rand dieser Baumgruppe, etwa hundert Meter von Elsas Hütte entfernt ... da ist irgendwas.«

Henrik nickte kurz, dann sagte er etwas zu Tyr, Forse und Freya.

»Ich kann ihn nicht hören.« Ich schüttelte mein Handy und schaltete den Lautsprecher ein und aus. »Warum kann ich ihn nicht hören?«

»Keine Ahnung.« Elsa krümmte ihre Finger. »So besser?«

»Jetzt wo du es erwähnst, sollte der Ton auch über die Lautsprecher am Bildschirm kommen.« Ich stellte den Flatscreen lauter ein. Henrik sprach mit Tyr, der nickte. Aber das Einzige, was ich hören konnte, waren Mias angespannte Atemzüge und Elsas leises Summen, mit dem sie ihre Fähigkeiten zu stärken versuchte.

»Immer noch nichts?«, fragte Elsa nach einem Moment.

»Gar nichts. Es ist wirklich seltsam.« Ich beobachtete, wie Freya und Forse plötzlich losrannten und im dunkelsten Teil des Waldes verschwanden.

»Dort können meine Kräfte nichts sehen«, stöhnte Elsa. »Die Bäume stehen zu dicht. Warum sind sie nicht in die andere Richtung gelaufen?«

»Was ist passiert? Haben sie was gesehen?« Mia lehnte sich auf dem Sessel vor.

»Ich weiß es nicht!« Ich schlug mit der Faust auf den Tisch. »Ich kann nichts hören.«

Elsa und ich erstarrten gleichzeitig. Jemand hatte unsere Augen und Ohren nutzlos gemacht. Oh, skit. Skit, skit, skit, skit. Skit.

»Henrik!« Diesmal schrie ich regelrecht in mein Handy. »Schnapp dir Tyr und verfolge Freya und Forse. Dann verschwindet sofort. Das ist ein Hinterhalt!«

Henrik schaute nach links und rechts. Dabei bewegten sich die ganze Zeit seine Lippen. Ich versuchte, die Worte zu entschlüsseln, aber ich wusste, dass Henrik meine Nachricht weitergab, als Tyr seine Waffe zog und hinter unseren Freunden herlief.

»Was passiert?« Mia klang einigermaßen ruhig, dennoch verknotete sie ihre Finger vor Besorgnis.

Was immer du auch tust, sorge dafür, dass Mia ruhig bleibt. Ich konnte Tyrs wütende Anweisungen praktisch hören. In Anbetracht der Situation war das ein schwieriges Unterfangen.

»Mia, unsere oberste Priorität lautet, dafür zu sorgen, dass du in Sicherheit bist. Was auch immer passiert, du verlässt diesen Raum nicht, außer ich sage es dir. Verstanden?« Ich sprang auf, um die Schlösser an der Tür und den Fenstern zu überprüfen. Ich hatte den übernatürlichen Schutz um das Haus bereits aktiviert, aber er war nur darauf programmiert, Dinge draußen zu halten. Wir konnten jederzeit gehen – wir mussten schließlich in der Lage sein, den Bifröst zu rufen und zu fliehen, wenn es unbedingt nötig war.

»Elsa, das gilt auch für dich. Bleib hier drin, es sei denn, ich sage etwas anderes. Das Reich kann es sich nicht leisten, unsere Hohe Heilerin und Übergangsvereinigerin zu verlieren.«

»Das Reich kann sich nicht leisten, irgendeine von uns zu verlieren«, korrigierte Elsa mit geschlossenen Augen.

»Brynn, was ist los?«, fragte Mia erneut. »Und wie kann ich helfen?«

»Ich weiß nicht, was los ist«, sagte ich ehrlich. Elsas Kamera senkte sich auf den Boden und folgte Tyr und Henrik, während sie durch die Redwoods rannten. Das dichte Blattwerk behinderte die Sicht erheblich, und wir verloren sie kurz aus den Augen.

»Elsa!«, rief ich. »Finde sie!«

»Tut mir leid.« Sie schüttelte den Kopf. »Es fällt mir wirklich schwer, ihren Bewegungen zu folgen.«

»Ich weiß, aber du musst es versuchen. Kannst du Freya oder Forse überhaupt irgendwo sehen?«, fragte ich.

»Nein.« Elsa verzog konzentriert ihr Gesicht. Winzige Schweißperlen erschienen auf ihrer Stirn, als Henriks Rücken auf dem Bildschirm erschien. »Ich hab ihn.«

Henrik bewegte sich langsam, sodass sein Rücken an dem von Tyr lag. Sie drehten sich in einem schnellen Kreis, und ich wusste aus Erfahrung, dass sie die Umgebung nach der unmittelbarsten Bedrohung absuchten. Mein Blick erfasste jeden Zentimeter des Bildschirms, und ich gab Henrik meine Einschätzung durch.

»Ich kann Freya und Forse aus diesem Blickwinkel nicht sehen, aber fünf Meter südlich von eurem Standort sind auf zwölf Uhr Fußspuren zu sehen, die von ihnen stammen könnten.« Ich blinzelte. »Frauengröße siebenunddreißig einhalb, Männergröße ... sechsundvierzig? Verdammt, Elsa. Dein Mann hat echt große Füße.« Ich stupste Elsa mit dem Ellbogen an, und ihre Wangen färbten sich rosa.

»Er ist nicht mein Mann«, erwiderte sie. »Mach einfach deinen Job, Brynn.«

»Schwenk mal raus«, konterte ich. Henrik und Tyr schrumpften, während das Bild mehr vom Wald zeigte. »Die Spuren gehen sechs Meter nach Süden, dann wenden sie sich nach Westen und ... Bodenteam! Runter!«

Henrik ließ sich auf den Boden fallen und zog Tyr mit sich. Etwas Dunkles sauste über den Bildschirm, überflog unsere Freunde und zeichnete den Weg der Fußspuren nach.

»Was war das?«, stieß Mia hervor.

»Folgt dem Ding! Es ist hinter Freya und Forse her. Elsa, geh so weit raus, wie du kannst, ohne die Sicht zu beeinträchtigen.« Der Vogel musste unter dem Blätterdach bleiben, sonst würden die Bäume alles verdecken, aber der jetzige Blickwinkel reichte nicht aus, um zu sehen, wohin das Ding geflogen war. Und ich konnte Freya und Forse immer noch nicht sehen. Der Bildschirm begann zu flackern. Ich konnte kaum noch etwas erkennen.

»Brynn.« Elsa klang angespannt. »Irgendwas versucht mich zu blockieren. Ich weiß nicht, wie lange ich die Verbindung noch halten kann.«

»Bleib einfach bei Henrik. Er bewegt sich.«

Elsa nickte. Sie runzelte die Stirn und presste die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen. Das Bild wurde wieder deutlicher. Jetzt sahen wir, wie Henrik und Tyr durch den Wald rannten. Das dunkle Ding stürzte sich wieder auf sie. Henrik lud seine Armbrust und legte an. Zwei Pfeile schossen nach Norden, aber die Jungs blieben in Bewegung, anstatt nachzusehen, ob er getroffen hatte. Das große schwarze Ding tauchte wieder ab, und diesmal schwang Tyr sein Breitschwert. Die Waffe war so groß, dass sie eigentlich völlig unpraktisch sein müsste, aber Tyr war ein halber Riese, und er hielt sie, als wäre sie nichts als ein einfacher Übungsdolch. Die Jungs rannten weiter, während der Schatten immer wieder angriff. Abwechselnd versuchten sie, ihn zu Fall zu bringen, aber nichts funktionierte.

»Henrik, kannst du mich hören?«, sprach ich in mein Handy. Sein Hinterkopf nickte. »Gut. Wir haben immer noch keinen Ton von euch, aber was auch immer dieses Ding ist, es kreist zurück. Es sieht so aus, als würde es über euch eine Acht fliegen. Ich nehme an, es will nicht, dass ihr dort ankommt, wo ihr hinwollt, was wohl auch bedeutet, dass ihr in die richtige Richtung lauft. Ich werde Elsa den Vogel vorausfliegen lassen, um zu sehen, ob wir Freya und Forse finden können.«

Der Schatten tauchte hinab. Diesmal kam er so nah an Tyr heran, dass er mit dessen Schwert in Berührung kam. Eine dicke schwarze Flüssigkeit spritzte gegen den Bildschirm und sickerte in einem langsamen Rinnsal nach unten.

»Kannst du das wegmachen?«, fragte ich Elsa.

»Nein«, antwortete sie. »Aber sie können es.«

»Henrik, wisch die Linse der Kamera ab«, befahl ich. »Auf sieben Uhr, zwei Schritte hinter euch. Tyr hat den Angreifer erwischt, und der hat daraufhin einen schwarzen Schleim ausgestoßen, der jetzt den Vogel bedeckt.«

Henrik griff hinter sich und wischte das Objektiv frei. Er hielt die Kamera an sein Gesicht und zwinkerte entwaffnend hinein, dann zielte er mit seiner Armbrust und schoss auf den Angreifer, gerade als dieser sich wieder auf Tyr stürzen wollte. Seine Waffe berührte ihn und hinterließ eine Spur von schwarzem Schleim auf dem Boden. Der Schatten erzitterte und verschwand. Henrik eilte an Tyrs Seite und stupste ihn in die Richtung der Fußspuren.

»Elsa, schick es voraus«, befahl ich.

Sie nickte, und die Bilder auf dem Bildschirm flogen vorbei. Rötliche Stämme von Mammutbäumen, dichter grüner Farn, weitere Bäume und dann ...

Mir blieb der Atem im Hals stecken. Nein. Nicht schon wieder.