Stressfreie Vorschuljahre - Doris Heueck-Mauß - E-Book

Stressfreie Vorschuljahre E-Book

Doris Heueck-Mauß

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Beschreibung

Erfolgskonzept: Entwicklungsstufen verstehen und Erziehung darauf aufbauen: Machtkämpfe, Trotz, Schüchternheit – Konflikte zwischen Eltern und Kind sind in den Vorschuljahren an der Tagesordnung. Die gute Nachricht: Erziehen kann gelernt werden. Die erfahrene Psychologin und Bestseller-Autorin Doris Heueck-Mauß zeigt Ihnen die wichtigsten Entwicklungsstufen und Verhaltensmuster sowie die Wechselwirkung zwischen Eltern und Kinderverhalten auf. So ersparen Sie sich Stress und erziehen kompetent! Absolut praxisnah, Beispiele aus dem Leben!

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DORIS HEUECK-MAUSS

Stressfreie Vorschuljahre

Trotzköpfe, Schreihälse und Angsthasen 

kompetent erziehen

Kinder verstehen lernen

Vorwort

Liebe Eltern und Großeltern, liebe Erzieherinnen und Erzieher,

Kinder großziehen ist nicht immer leicht! Der tägliche Umgang mit den Kleinen stellt uns täglich vor neue Herausforderungen, da Kinder oft ganz andere Bedürfnisse und Wünsche haben als wir Erwachsenen – was im Alltag häufig zu Konflikten führt.

Zwischen dem zweiten und sechsten Lebensjahr findet eine enorme motorische, emotionale und soziale Entwicklung statt, vom kleinen Trotzkopf zum vernünftigen Vorschulkind. Damit diese so wichtigen Jahre der sozialen Entwicklung möglichst stressfrei für Eltern und Kinder ablaufen, sollten Eltern sich ein Grundwissen über lernpsychologische Erkenntnisse aneignen – ganz so, wie ein Erstklässler sich das 1 x 1 und das ABC aneignen muss, um später rechnen und schreiben zu können.

Dieser Erziehungsratgeber hat es sich zur Aufgabe gemacht, Ihnen dieses ABC zu vermitteln. Besonders wichtig ist dabei die Erkenntnis, dass elterliches und kindliches Verhalten immer in Wechselwirkung stehen und die meisten Alltagskonflikte durchschaubar und lösbar sind, da es sich um Zielkonflikte handelt.

Typische Beispiele werden beschrieben, erklärt und anschließend Veränderungsmöglichkeiten aufgezeigt. Hilfreiche Tipps und Zusammenfassungen helfen Ihnen dabei, den Alltag mit Kindern durchschaubarer und entspannter zu meistern.

Familienleben ist und bleibt ein lebenslanger Lernprozess und ist die beste Schule für Eltern und Kinder.

Ihre

Doris Heueck-Mauß

Diplom-Psychologin

Vom Dreikäsehoch zum Schulkind

Sprechen und verstehen

Sprechen lernen beginnt schon mit der Geburt

Kaum ist das Kind auf der Welt, gibt es Geräusche von sich, und es dauert nicht lange, dann können Eltern die kindlichen Lautäußerungen unterscheiden. Sie hören, ob das Kind Hunger hat oder Langeweile, ob es müde ist oder ob es das Bedürfnis nach Hautkontakt hat und getragen werden möchte.

Auch das Baby ist „ganz Ohr“ und lauscht aufmerksam, wenn die Eltern mit ihm sprechen. Schon im Mutterleib kann es zwischen weiblichen und männlichen Stimmen unterscheiden, ja sogar unterschiedliche Sprachen kann es wahrnehmen. Alle Sinne, vor allem das Hören und der Hautsinn, sind schon voll im Einsatz. Deshalb sind dem Baby viele Stimmen, Töne und Melodien sowie Berührungen nach der Geburt bereits vertraut.

Im ersten Lebensjahr lernt das Kind Worte und Begriffe, kann diese aber noch nicht aussprechen, da sich die Zungenmotorik noch entwickeln muss. Eltern-Kind-Dialoge finden über Doppellaute statt, das Baby brabbelt aber auch alleine vor sich hin, wenn es zufrieden ist. Am Ende des ersten Lebensjahres hat es schon ungefähr fünfzig Wörter abgespeichert und mit sechzehn Monaten sprechen 90 Prozent der Kleinkinder Einwortsätze und können Begriffe zuordnen. Mit zwei Jahren verständigt sich das Kleinkind mit Zweiwortsätzen: „Mama eia!“, „Papa spielen!“, „Mimi haben!“ etc.

Bis das Sprechen als psychomotorischer Vorgang erlernt ist, vergehen drei Jahre, dann werden Drei- und Mehrwortsätze gesprochen. Dabei sind Kleinkinder häufig sehr kreativ bei der Wortwahl – zum Beispiel „Popi“ für den Opa, den Vater vom Papa. Diesen Namen verwenden dann alle in der Familie. Kinder sollten in diesem „Wortfindungsalter“ zwischen zwei und drei Jahren weder korrigiert noch ausgelacht werden. Als Eltern wiederholen Sie das Wort aber richtig: „Ach, mit Mimi meinst du deine Milch!“ Gerade Großeltern neigen zur Babysprache, wenn das Kind noch so klein und niedlich ist: „Gib der Oma das Patschehändchen“ oder „Magst du namnam?“ oder „Sollen wir heia machen?“. Das ist in Ordnung, doch auch hier sollten die Begriffe danach in der Erwachsenensprache benannt werden.

Sprachverständnis

Das Sprachverständnis als kognitiver Vorgang entwickelt sich schneller als das Sprechen und setzt bereits ab dem fünften Lebensmonat ein. Das Baby erkennt seinen Namen, Mama und Papa, Gegenstände und Begriffe wie heiß, kalt, aua, ja und nein. Es kann kleinere Aufforderungen verstehen, wie „Gib mir den Teddy!“, „Nimm den Ball!“, „Wo ist der Hund?“.

Wie das Kind ab dem dritten Lebensjahr spricht, in Babysprache, im Dialekt oder grammatikalisch richtig, lernt es durch Nachahmung der Erwachsenen. Sprechen ist zwar genetisch angelegt, das Kind braucht aber Anregung, Sie müssen sich mit ihm beschäftigen. Das Kind muss Sprache hören, um sich später ausdrücken zu können. Sprechen Sie mit Ihrem Kind, lesen Sie ihm Geschichten vor. Ermutigen und bestärken Sie Ihr Kind in seinem Sprechen, so kann es sich später frei und ohne Hemmungen oder Sprachlücken artikulieren. Die Eltern sind das Sprachmodell ihrer Kinder! Das kann man gut bei den kindlichen Rollenspielen erkennen, wenn das Kind in eine Elternrolle schlüpft und Papa oder Mama in Tonfall oder Wortwahl, aber auch Mimik und Gestik genau widerspiegelt. Manche Eltern erschrecken und erkennen sich kaum wieder: „Was, so laut und im Befehlston rede ich mit meinem Kind?“

Selbstbewusste Dreijährige sind kleine Plaudertaschen und übernehmen schon Formulierungen von den Großen. Gehemmte oder entwicklungsverzögerte Kinder sind eher still, man muss ihnen jedes Wort entlocken, oft drücken sie sich nur über Gestik und Mimik aus.

Kleine Kinder wollen sich zwar wie die Großen ausdrücken, verstehen vieles jedoch noch nicht und plappern einfach nach. Vermeiden Sie als Erwachsener Ironie und Doppeldeutigkeiten. Kinder in diesem Alter nehmen noch alles wortwörtlich, sie können noch nicht hinterfragen, sie müssen erst lernen, die Bedeutung der Wörter oder das, was manchmal noch dahinter steckt, zu begreifen. Bitte auch keine Fäkalsprache oder sexistischen Ausdrücke! Kinder sprechen auch diese Worte unbefangen aus, was in der Regel nicht gut ankommt: „Opa, du bist ein Arschloch, hat der Papa gesagt.“

Auch die Gefühlswelt der Erwachsenen können Kleinkinder noch nicht erkennen. Zum Beispiel sagt die Mutter zu ihrem Kind: „Es ist zum Verrücktwerden mit dir, du bist wieder unausstehlich.“ Wiederholt der Dreijährige dies gegenüber seiner Erzieherin, schimpft sie vielleicht mit ihm und er versteht gar nicht warum. Vorsicht: Kinder haben große Ohren und Freude am Nachahmen und Nachplappern, sie können aber noch nicht abstrahieren und nicht erkennen, dass manches, was man in der Familie so dahinsagt, nicht nach außen gehört.

Zweisprachigkeit

Haben die Eltern unterschiedliche Muttersprachen, erziehen sie ihre Kinder häufig bilingual. Das kindliche Gehirn ist unglaublich aufnahmefähig, ein Kleinkind ist damit nicht überfordert, wenn jeder Elternteil konsequent in seiner Muttersprache mit ihm spricht. Babys befinden sich schon vor der Geburt in einem „Sprachbad“ und hören täglich verschiedene Sprachen, sie sind daher fähig, von Geburt an zwei- oder mehrsprachig aufzuwachsen.

Ob der Vater Englisch spricht und die Mutter Spanisch, oder ob beide Eltern nur Arabisch sprechen – wird in der Familie eine andere als die Landessprache gesprochen, ist es sehr wichtig, dass das Kind diese auf anderem Weg frühzeitig lernt, von den Nachbarskindern, in der Spielgruppe, auf dem Spielplatz, in der Kita oder später im Kindergarten. Geschieht diese Integration erst in der Grundschule, tut sich das Kind viel schwerer, die Sprache zu lernen und die Grammatik richtig anzuwenden. In der Folge fühlt es sich schnell ausgegrenzt.

Kinder, die nur mit einem Dialekt aufwachsen und keine Standardsprache sprechen können, sind ebenfalls benachteiligt, wenn sie in die Schule kommen. Hier wäre es sinnvoll, wenn sie von klein auf die Möglichkeit hätten, mit jemandem Standardsprache zu sprechen.

Eltern sollten aber keinesfalls zwanghaft eine Fremdsprache sprechen, wenn es nicht ihre Muttersprache ist. Kinder reagieren darauf eher mit Kauderwelsch. Auch einmal die Woche eine Englischstunde im Kindergarten wird nicht zum Sprechen einer Fremdsprache reichen. Eine gute Alternative sind bilinguale Kindergärten und Schulen, die es mittlerweile in den Großstädten gibt. Hier sind die Pädagogen Muttersprachler und die Kinder werden täglich in beiden Sprachen gefördert und unterrichtet.

Das Sprachvermögen des Kindes

Die Fähigkeit zu sprechen ist angeboren, wie sich das Sprachvermögen des Kindes entwickelt, ist genetisch festgelegt. Sprechen ist ein psycho-motorischer Vorgang.

Das Sprachverständnis eines Kindes wird durch den sozial-emotionalen Umgang gefördert, also über Reden und vor allem über Vorlesen.

Mit drei Jahren sollte das Kind einfache, vollständige Sätze bilden können.

Sprache im Kindergartenalter

Zwischen dem vierten und fünften Lebensjahr meistern gesunde und geförderte Kinder ihre Muttersprache sowohl in der Wortwahl als auch in grammatikalisch richtigen Sätzen. Dabei spielt die Bildung der Eltern eine große Rolle, aber auch die pädagogische Einrichtung und der Umgang mit den Medien. Leider verbringen schon viel zu viele Vierjährige täglich eine Stunde oder mehr vor dem Fernseher oder vor Spielkonsolen für kleine Kinder. Kinder sind davon fasziniert, und gestressten Eltern freuen sich, wenn die Kinder „beschäftigt“ sind. Doch dabei kommen das soziale Miteinander und der Austausch oft zu kurz. Ganz davon abgesehen sollten Kinder bis vier Jahre insgesamt maximal eine Stunde pro Woche fernsehen. Ausgesuchte Sendungen für Kleinkinder wie „Die Sendung mit der Maus“ oder „Sesamstraße“ sind in Ordnung, aber auch diese sollte ein Erwachsener mit dem Kind schauen, damit die kindlichen Fragen beantwortet werden können. Als Regel kann gelten, dass Vier- bis Sechsjährige nicht länger als 30 Minuten am Tag vor dem Bildschirm sitzen sollten.

Stammeln oder Stottern kommt bei Vorschulkindern öfter vor, da sie schneller denken, als sie sprechen können. Fällt Ihnen das bei Ihrem Kind auf, dann lachen Sie es nicht aus und korrigieren es bitte nicht ständig. Das würde es nur verunsichern. Besser ist der Satz: „Lass dir Zeit, sag es einfach noch mal.“ Sollte das Stammeln, Stottern oder Lispeln aber nach ein paar Wochen nicht aufhören, dann sprechen Sie mit dem Kinderarzt darüber, gehen zu einem Logopäden oder Kinderpsychologen. Hinter diesen Sprachauffälligkeiten können motorische, genetische, aber auch seelische Ursachen stecken. Sprache spiegelt die Beziehung – jedes vierte Kind um das sechste Lebensjahr, das sprachauffällig ist, hat psychische Probleme. Da hilft dann keine Logopädie mehr, sondern eine Kinder- und Familientherapie ist notwendig.

Sie machen es dem Kind vor
Sprechen Sie viel mit Ihrem Kind und hören Sie ihm zu!Schauen Sie zusammen Bilderbücher an.Während der Hausarbeit oder bei längeren Autofahrten können Sie singen und Wortspiele machen.Sprechen Sie in ganzen Sätzen, in Ich- und Du-Form mit Ihrem Kind.

Laufen, rennen, sich ausprobieren

So wie das Sprechen, ist auch die motorische Entwicklung genetisch festgelegt. Etwa zwischen dem zehnten und dem elften Monat macht das Kleinkind die ersten freien Schritte, dann geht es schnell: Kaum hat es sein Gleichgewicht gefunden, rennt es den Eltern auch schon davon! Das Kleinkind hat große Freude am Klettern, Springen, Toben und greift sich alles, was es erreichen kann. Es sollte sich jetzt viel frei bewegen dürfen, denn das schult den Gleichgewichtsinn. Nicht jeder Spielplatz ist dafür geeignet. Besuchen Sie die Spielplätze in Ihrer Umgebung und schauen Sie sich die Spielgeräte an, beobachten Sie, wie Ihr Kind dort spielt. Sie werden sicher Ihren Favoriten finden. Ansonsten bietet die Natur dem kleinen Forscher viele Möglichkeiten. Im Wald, im Park oder am Fluss können auch die Eltern wieder das Kind in sich entdecken, wenn sie Steine in das Wasser werfen, auf Baumstämmen balancieren oder den Ball kicken.

Schon bevor sie zwei Jahre sind, können Kinder Dreirad fahren lernen. Mit etwa zwei Jahren schaffen sie es, auf dem Tretroller zu stehen und sich abzustoßen, ab zweieinhalb können sie anfangen, mit dem Laufrad zu fahren. So sind sie bereits im Kleinkindalter ziemlich mobil. Später balancieren sie geschickt das Rad, je nach Geschicklichkeit ab vier Jahren oder auch später. Wie auch immer sich Ihr Kind fortbewegt – Sie sollten ein wenig Geduld aufbringen, damit es Zeit, Raum und Möglichkeiten bekommt, um seinen Bewegungsdrang auszuleben und seine Geschicklichkeit in seinem Tempo zu trainieren. Sie tun Ihrem Kind keinen Gefallen, wenn Sie es für jede noch so kurze Strecke in das Auto, auf den Fahrradkindersitz oder in den Fahrradanhänger setzen.

Anregungen gibt es aber auch täglich in der Wohnung. Lassen Sie sich von Ihrem Kind dabei helfen, den Staubsauger zu ziehen, Wäsche in die Maschine zu füllen und unter das Sofa zu kriechen, um einen Gegenstand rauszuholen. Es kann auch mutig auf einen festen Stuhl steigen, um den Becher aus dem Schrank zu holen, auf der Matratze hopsen und die Treppe runterspringen. Seien Sie ein Vorbild, indem Sie kurze Wege zu Fuß zurücklegen und Treppen steigen statt den Aufzug zu nehmen. Lassen Sie Ihr Kind mit anderen toben und rangeln – ein dicker Teppich fängt Stürze auf und schont die Nerven der Nachbarn.

Natürlich wird das Kind mal fallen und sich stoßen, sich ärgern, wenn es ungeschickt war. Reagieren Sie bitte gelassen, trauen Sie Ihrem Kind etwas zu – nur über Missgeschicke lernt es sich selbst einzuschätzen und seine Grenzen zu erkennen, ohne mutlos zu werden. Überbehütete Kinder von ängstlichen Müttern können mit fünf Jahren oft noch nicht mal den Einbeinstand, trauen sich wenig zu, geben schnell auf und wollen immer beschäftigt werden. Häufig stehen sie am Rand und werden somit in einer Kindergruppe schnell zum Außenseiter. Kinder, die immer gebremst werden, können aber auch aggressiv werden und der nicht ausgelebte Bewegungsdrang äußert sich in Schreien und Zerstören.

Für Kinder mit ausgeprägtem Bewegungsdrang, aber auch für Kinder, die eher bewegungsarm sind, sind Turngruppen eine gute Sache. Es gibt viele Angebote, ob Kinderturnen, Ballsportgruppen oder Kinderschwimmen. Hier lernen Drei- bis Sechsjährige, sich in einer Gruppe einzuordnen, sie entwickeln Teamgeist und sie werden über Spiel und Spaß motiviert und gefördert. Zurückstecken, mal verlieren, mal gewinnen – diese Erfahrungen sind wichtig für die Frustrationstoleranz und für das Selbstvertrauen eines Kindes und damit die beste Vorbereitung für den Kindergarten und die Schule. Mannschaftsspiele und Temposportarten eignen sich ab dem fünften Lebensjahr.

Feinmotorik

Die Auge-Hand-Koordination, also die Feinmotorik, wird zwischen dem dritten und fünften Lebensjahr immer ausgereifter. Am besten erkennt man es an den „Männchen- Zeichnungen“ des Kindes. Mit drei Jahren zeichnet es einen großen Kopf mit zwei Strichen als Beine, mit vier Jahren alle Gliedmaßen als Striche und mit fünf Jahren wird der Körper ausgeformt und detailliert dargestellt. Das Weltbild des Kindes ist noch sehr egozentrisch, deshalb malt es das, was es weiß und was es beeindruckt, und nicht das, was es sieht. Eine realistische Abbildung der Umwelt erfolgt erst im Grundschulalter, wenn das Kind durch seine kognitive Reifung lernt zu abstrahieren.

Die erweiterte Feinmotorik und die Geschicklichkeit in beiden Händen befähigt das Kind, sich selbstständig anzuziehen, Schnürsenkel zu binden, zu basteln und zu schneiden. Auch hier sollte das Kind viele Möglichkeiten zum Ausprobieren bekommen, das fördert die spätere Ausdauer für das Lernen in der Schule, die Konzentration und Kreativität. Wenn Ihr Kind in die Schule kommt, sollte es sich selbstständig anziehen und seine Schuhe binden können, auch sollte es seine Schultasche selbst packen. Wenn Sie all dies Ihrem Kind immer abnehmen, fördern Sie Ungeschicklichkeit, Unselbstständigkeit und Abhängigkeit.

Bei der U8 oder bei der Schuleintrittsuntersuchung fällt den Kinderärzten immer häufiger eine „motorische Ungeschicklichkeit“ auf (grobmotorisch und feinmotorisch), die keine hirnorganische Ursache hat. Vergleichsweise viele Kinder weisen bereits Haltungsschäden auf und sind zu dick. Das liegt nicht in der Natur des Kindes, sondern entsteht durch Bewegungsmangel und zu viel ungesunde Ernährung. Häufig kommen diese Kinder aus Elternhäusern, in denen wenig auf gesunde Ernährung geachtet wird. Darüber hinaus sind die Kinder zu oft sich selbst überlassen, den ganzen Tag läuft der Fernseher oder der PC und aus Langeweile essen sie Chips und Süßigkeiten.

Bewegung fördert die geistige Entwicklung

Lernen durch Bewegung und Ausprobieren fördert die Geschicklichkeit und die Entwicklung des Gleichgewichtsinnes. Es stärkt das Selbstvertrauen und das Kind entwickelt eine gesunde Frustrationstoleranz.

Hat das Kind zu wenig Möglichkeiten, sich zu entfalten, gilt der Spruch: „Was Hänschen nicht lernt …“ Denn frühe Vernetzungen im Gehirn können nicht mehr gelöscht, zelluläre Veränderungen nicht mehr rückgängig gemacht werden.

Denken und wahrnehmen

Zwischen drei und vier Jahren beginnt das Kind, sich für die Zusammenhänge verschiedener Ereignisse und Dinge zu interessieren. Das Kind wird Sie jetzt Löcher in den Bauch fragen: Warum ist das so? Es erwartet aber keine wissenschaftliche Erklärung, sondern eine, die in sein Weltbild und sein Verstehen passt. Fragt es zum Beispiel: „Warum regnet es?“, lautet eine passende Antwort: „Es regnet, damit die Blumen, die Tiere und die Menschen Wasser haben.“

Zwischen drei und sechs Jahren ist der Wissensdrang des Kindes enorm, und da es noch nicht lesen kann, braucht es Erwachsene, die mit viel Geduld antworten, Bücher vorlesen, Wissensspiele anbieten und mit dem Kind ins Museum gehen oder einen Film anschauen. Kinder öffnen uns Erwachsenen wieder die Augen. Für uns ist alles so selbstverständlich, doch wenn wir uns in die Wahrnehmungswelt eines Kindes hineinversetzen, hilft uns dies, einen neuen Blick auf die Dinge zu bekommen und die Denkweise des Kindes besser zu verstehen. Dies vermeidet auch Missverständnisse. Einfühlungsvermögen, Mitgefühl, Achtsamkeit gegenüber den Mitmenschen und der Natur – all das entwickelt sich beim Kind zwischen dem vierten und sechsten Lebensjahr. Dafür braucht es aber Vorbilder, Menschen, die ihre Augen und Herzen offen halten und bereit sind, das Kind zu leiten.

Für das Vorschulkind bekommen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft Bedeutung. Es wird Fragen stellen über das Leben, über Krankheiten und den Tod. Und es hat das Recht auf kindgerechte Antworten. Es spürt, wenn Erwachsene mit seinen Fragen überfordert sind oder ungeduldig werden. „Das ist noch nichts für dich, dafür bist du noch zu klein“, bekommen die Kinder dann zu hören. Solche Antworten verunsichern ein Kind und es fühlt sich nicht ernst genommen. Nehmen Sie sich die Zeit, um mit Ihrem Kind über seine Fragen zu sprechen. Wenn Sie nicht wissen, was Sie sagen sollten, nehmen Sie Bücher zur Hilfe, die sich kindgerecht mit Themen wie Krankheit und Tod beschäftigen.