The Rising of the Shield Hero – Light Novel 04 - Kugane Maruyama - E-Book

The Rising of the Shield Hero – Light Novel 04 E-Book

Kugane Maruyama

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Beschreibung

Naofumi wird beschuldigt, Melty, die zweite Prinzessin, entführt zu haben. Um dieser Verschwörung zu entgehen, flüchtet er mit seinen Gefährten. Während ihrer Reise, auf der Naofumi versucht, seine Unschuld zu beweisen, treffen sie auf die Filolial-Königin Fitoria. Sie hilft ihnen aus einer brenzligen Situation heraus – ganz selbstlos scheint ihre Tat aber nicht zu sein. Warum hat sie bloß so großes Interesse an Filo?

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Inhaltsverzeichnis

Prolog: Auf der Flucht

Kapitel 1: Eine Stadt voller subhumanoider Abenteurer

Kapitel 2: Ein schicksalhaftes Wiedersehen

Kapitel 3: Tyrant Dragon Rex

Kapitel 4: Der legendäre göttliche Vogel

Kapitel 5: Filo vs. Fitoria

Kapitel 6: Die Ruhe des göttlichen Vogels

Kapitel 7: Der Kampf zwischen Schild und Lanze

Kapitel 8: Das Gericht

Kapitel 9: Das Replikat

Kapitel 10: Der Schild des Ingrimms

Kapitel 11: Die Königin

Kapitel 12: Der Moment der Abrechnung

Epilog: Freunde für immer

Kurzgeschichte: Der ängstliche Filolial

Prolog: Auf der Flucht

»Mann, ist dieser Harembetreiber hartnäckig!«, fluchte ich.

Natürlich war ich gereizt. Schließlich jagte man uns schon die ganze Zeit wegen jenes Verdachts: Angeblich hatte ich Melty einer Gehirnwäsche unterzogen und entführt.

Im Augenblick bewegten wir uns im Schutz der Bäume eine Bergstraße entlang. Und der Feind war uns auf den Fersen.

»Scheiße! Nur Ärger, seit ich in diese Welt gekommen bin!«

Sofort kamen die Erinnerungen an all das in mir hoch, was ich bisher erlebt hatte.

Mein Name ist Naofumi Iwatani.

Eigentlich lebte ich in der Gegenwartsgesellschaft, war nach landläufiger Ansicht ein Otaku1und studierte im zweiten Lehrjahr an der Universität. Ich war zwanzig Jahre alt.

Alles hatte damit begonnen, dass ich aus Langeweile in die Stadtbibliothek gegangen war. Dort stieß ich auf ein Buch: das Traktat der Waffen der vier Heiligen. Ich las darin und fand mich plötzlich in einer fremden Welt wieder, in die man mich beschworen hatte.

Aber nicht nur das: Ich war nun einer der vier Helden, von denen die Geschichte des Buches handelte – der Held des Schildes, dem jede Möglichkeit zum Angriff fehlte.

Eine fremde Welt, hurra!

So dachte ich am Anfang. Es kam mir wie ein Traum vor, und ich konnte es kaum erwarten, mich auf meine Heldenreise zu begeben. Doch es kam anders: Man stellte mir eine niederträchtige Falle, nahm mir all meine Mittel, verleumdete und schikanierte mich!

Völlig zu Unrecht wurde ich einer Vergewaltigung bezichtigt und war anschließend gezwungen, mich in dieser fremden Welt allein durchzuschlagen – obwohl ich nicht einmal angreifen konnte.

Überdies stand diese Welt wegen eines Phänomens, das man als die »Wellen« bezeichnete, kurz vor ihrem Untergang.

Sobald eine jener Wellen anbrach, wurde ich gegen meinen Willen an den Schauplatz des Geschehens teleportiert und musste kämpfen.

Lästigerweise hatte ich nur meinen legendären Schild. Jene verfluchte Waffe, die ich niemals ablegen konnte.

Warum sollte ich für Leute mein Leben aufs Spiel setzen, die mich derart hereingelegt hatten? Aber es war nicht zu ändern, denn fliehen konnte ich ohnehin nicht.

Wegen des Schildes vermochte ich keine andere Waffe zu führen. Wenn ich jedoch aus Verzweiflung damit auf meine Gegner einprügelte, verursachte ich kaum Schaden.

Immerhin konnte ich ihn, um stärker zu werden, Monster und Materialien absorbieren lassen. Dann verwandelte er sich, und ich bekam Fähigkeiten dazu.

Diese Welt funktionierte nach Gesetzmäßigkeiten, die an ein Videospiel erinnerten. Ich verfügte über etwas, das sich Statusmagie nannte: Wenn ich Monster oder anderweitige Gegner besiegte, konnte ich über diese Funktion nachverfolgen, wie mein Level stieg.

Das Wort Level rief bei mir ein Gefühl des Surrealen hervor. Immerhin war es leicht zu verstehen: Je mehr ich mich anstrengte, desto stärker wurde ich. Auf die Früchte meiner kontinuierlichen Bemühungen konnte ich mich verlassen. Da ich als Otaku viel für Manga, Games und Animes übrighatte, fiel es mir auch nicht schwer, mich an das System zu gewöhnen.

Nunmehr hatte ich schon allerhand durchgemacht und war mittlerweile Level 39.

»Wie sieht’s aus? Haben wir sie abgeschüttelt?«

»Nein, sie folgen uns weiterhin.«

»Mist!«

Der Name meines Verfolgers lautete Motoyasu Kitamura. Er war einundzwanzig Jahre alt. Dieser »Held der Lanze« war wie ich aus dem Gegenwartsjapan einer anderen Welt herbeigerufen worden.

Von allen vier Helden hatte er das hübscheste Gesicht. Ich war zwar selbst ein Mann, aber das musste ich ihm zugestehen.

Er war jedoch ein oberflächlicher Typ, der nichts außer Frauen im Kopf hatte.

Wie die beiden anderen Helden hatte auch er in seiner Heimat Erfahrungen mit einem Videospiel gemacht, das dieser fremden Welt ähnelte – er war sozusagen ein Profi. Er hatte die Regeln dieser Welt verinnerlicht und wusste, wie man effizient stärker wurde.

Dennoch hatte er mir keine Tipps gegeben und als man mir jene Falle gestellt und mich fortgejagt hatte, war er ganz vorn mit dabei gewesen.

Es war schon fraglich, warum er nicht lieber half, die Welt zu retten, statt seine Zeit mit solchem Blödsinn zu verplempern.

Aus anderen Versionen Japans stammten Ren Amaki, der Held des Schwertes, und Itsuki Kawasumi, der Held des Bogens.

Ren war sechzehn. Er gab den coolen, schwarzhaarigen Schwertmeister.

Itsuki war siebzehn, soweit ich mich erinnerte. Er wirkte reserviert, zeigte aber großes Geschick.

Es gab kein Anzeichen, dass die beiden sich unter meinen Verfolgern befanden, wahrscheinlich weil sie gespürt hatten, dass bei den aktuellen Vorkommnissen nicht alles mit rechten Dingen zuging.

»Soll ich meinen Unsichtbarkeitszauber anwenden?«

»Das überlasse ich dir.«

Das Mädchen, das mir die Frage gestellt hatte, hieß Raphtalia.

Sie war eine Subhumanoide der Waschbärenart und hatte die Ohren und den Schwanz eines Tanuki.

Ihr Äußeres glich dem einer Achtzehnjährigen und sie war etwas kleiner als ich. Sie war körperlich gut entwickelt, und in ihrem hübschen Gesicht spiegelte sich ihre Ernsthaftigkeit wider. Ja, selbst wenn man ihr nicht wohlwollend gegenüberstand, kam man nicht umhin, sie hübsch zu finden.

Sie hatte langes, braunes Haar – leicht gewellt und glänzend. Ihre Arme und Beine waren lang und schlank: Ich dachte immer wieder, dass sie wie ein Model aussah.

Ich hatte mir Raphtalia als Sklavin gekauft. Nachdem man mich, gerade erst in diese Welt beschworen, falsch beschuldigt und ohne Gefährten und mittellos davongejagt hatte, hatte ich ein bisschen Geld angespart.

Sie war mit einem Sklavensiegel belegt, das mir praktisch die Macht verlieh, über ihr Leben und ihren Tod zu bestimmen. Wenn sie als Sklavin gegen vorher festgelegte Regeln verstieß, leuchtete das Siegel auf und verursachte ihr Qualen.

Aufgrund des Verrats hatte ich seinerzeit niemandem mehr vertrauen können. Darum hatte ich Raphtalia gekauft: Denn sie würde mich unter keinen Umständen betrügen können. Sie war also gar nicht in der Lage gewesen, mich zu belügen.

Da ich meine Gegner nicht selbst angreifen konnte, hatte sie an meiner Stelle mit einer Waffe gekämpft.

Beim Kauf war sie noch ein kleines Mädchen gewesen, vielleicht zehn Jahre alt.

Die Angehörigen der Subhumanoidenrasse zeigten jedoch ein rapides Wachstum, wenn sie hochlevelten. Daher wirkte sie nun wie eine junge Frau.

Wahrscheinlich lag hierin begründet, dass man Menschen und Subhumanoide unterschiedlich behandelte.

Unsere erste Welle des Untergangs hatten wir gerade so überstanden: durch Aufleveln und den Erwerb besserer Ausrüstung. Als jedoch Motoyasu zu Ohren gekommen war, dass ich ein Mädchen als Sklavin hielt, hatte er mich zu einem Duell Mann gegen Mann herausgefordert – obwohl ich keinerlei Angriffsmöglichkeiten hatte.

Der König Melromarcs, der uns hatte beschwören lassen, hatte mich zu diesem Duell genötigt, und ich war mit unfairen Mitteln in die Knie gezwungen worden. Raphtalia, nun befreit, hatte jedoch erklärt, dass sie an meiner Seite bleiben wolle, und daher war sie auch weiterhin als meine Sklavin mit mir unterwegs.

Allerdings stellte sie ohnehin nichts an, was das Sklavensiegel aktivieren würde, daher hatte ich ihre Beschränkungen gar nicht groß eingestellt. Wir standen demnach nur formell in einer Herr-Dienerin-Beziehung.

Ferner war dies Raphtalias Wunsch: Sie wollte als Gefährtin eines Helden die Welt retten und gegen die Wellen kämpfen. Sie hatte nämlich ihr Heimatdorf und ihre Eltern bei der ersten Welle verloren. Indem sie gegen die Wellen des Untergangs kämpfte, konnte sie dazu beitragen, das Schicksal der Welt zum Guten zu wenden.

Ein Held, berufen die Welt zu retten, und seine Sklavin, die durch eine Welle alles verloren hatte, was ihr lieb und teuer gewesen war … Wir hatten ein gemeinsames Ziel.

Anfangs hatte ich Raphtalia lediglich als eine leicht zu handhabende Sklavin angesehen, doch mittlerweile verließ ich mich vollkommen auf sie. Sie war meine rechte Hand, und ich empfand mich als ihr Ersatzvater. Ich wollte ihr nach Möglichkeit nicht zu viel zumuten, hätte sie gern an einem sicheren Ort gewusst. Ich zwang sie zu nichts, denn sie brannte von sich aus für ihre Bestimmung.

Sie war übrigens Level 40.

»Ich kümmere mich drum.«

»Sorry. Ich lass dich ständig schuften.«

»Ach was, Herr Naofumi. Dafür bin ich doch hier. Das braucht dir nicht unangenehm zu sein.«

»Na gut … Mann, die gehen mir wirklich auf den Geist.«

»Oh ja …«

Ich hatte schon wieder gejammert.

»Und was sollen Mel und ich machen?«

»Ach ja. Filo, du bleibst in deiner Menschengestalt. Wenn irgendwas ist, nimm deine Filolialform an. Und du, Mel, bist einfach still.«

»Guuut!«

»Musst du so tun, als würde ich immer nur Krach machen?«

»Na schön, na schön. Dann sicherst du eben nach hinten hin ab.«

Das erste der beiden kleinen Mädchen, die mich gerade angesprochen hatten, hieß Filo.

Es war allerdings nur dem Anschein nach eines: mit blondem Haar, blauen Augen und Flügeln auf dem Rücken.

Ihre Augen waren unschuldig, und sie wirkte naiv.

Auf der Brust trug sie eine Schleife. Ihr Kleid war schlicht, brachte jedoch ihr hübsches Antlitz und die Flügelchen hervorragend zur Geltung.

In Wahrheit war sie allerdings kein Mädchen, sondern eins jener Vogelmonster, die gern Kutschen zogen: ein Filolial … Wir nahmen an, dass sie eine sogenannte Filolial-Königin war.

In ihrer wahren Gestalt war sie so etwas wie eine Mischung aus Strauß und Pinguin, größer als ein Mensch und ungeheuer schnell.

Ihr Federkleid war von einem Weiß, in das sich ein Hauch von Pfirsich mischte.

Ihr Naturell konnte man wohl am besten als … arglos bezeichnen? Dafür war sie ein richtiger Vielfraß, ein absoluter Kontrast zu ihrem niedlichen Anblick.

Sie war so verfressen, dass sie sogar vergammeltes Drachenfleisch verschlingen wollte.

Wir hatten im Zelt des Sklavenhändlers zueinander gefunden, als ich Raphtalias Sklavensiegel hatte erneuern lassen. In einer Ecke hatte eine Truhe mit Monstereiern gestanden. Das war eine Art Tombola gewesen, bei der man auf gut Glück ein Ei ziehen durfte.

Mittlerweile waren knapp zwei Monate vergangen, seit sie geschlüpft war.

Aus irgendeinem Grund hatte sie irgendwann gelernt, die Gestalt eines Engels anzunehmen, und nun verbrachte sie relativ viel Zeit so – zumindest wenn sie nicht gerade die Kutsche zog.

Das Ziehen der Kutsche stand für sie über allem, und eine Zeit lang hatte sie sich Gedanken gemacht, ob ich sie eigentlich wertschätzte.

Vor Kurzem hatte sie eine Freundin gefunden und gelernt, dass es noch mehr gab als fressen, schlafen und herumtollen.

Außerdem hatte Filo mir ermöglicht, in den Reisehandel einzusteigen und ein beträchtliches Sümmchen zu verdienen.

Ich war für Filo das Herrchen … Raphtalia sah sie wahrscheinlich als große Schwester an. In meinen Augen war sie … so etwas wie eine Tochter.

Wie Raphtalia war sie Level 40.

»Herr Naofumi … Deine Hand.«

»Okay.«

Raphtalias Schwanz bauschte sich, als ihre Magie sich entfaltete. Also ergriff ich ihre Hand.

»Ah, ihr haltet Händchen«, rief Filo. »Ich will aaauch!«

»Wir halten nicht Händchen! Denk doch mal über die Situation nach!«

»Immer willst du den Meister für dich allein!«

»Jetzt sei mal leise, sonst entdecken die uns noch. Hey, Mel, pass du auch ein bisschen auf Filo auf!«

»Mach ich doch schon! Filo, beherrsche dich ein bisschen!«, sagte sie gereizt.

»Menno … Weißt du was, Raphtalia? Ich schaff es noch, dass der Meister mich am liebsten hat.«

»Was du immer redest.«

»Wir müssen uns beeilen, sonst holen die uns noch ein!«

Die Letzte im Bunde war Melty.

Ihr voller Name lautete Melty Melromarc. Von der Statur her war sie Filo recht ähnlich, nur waren ihre Haare von einem hübschen, auffallenden Indigoblau und sie hatte sie zu zwei Zöpfen gebunden.

Man konnte ihr an den Augen ablesen, dass sie sich nichts gefallen ließ.

Die gotischen Kleider, die sie normalerweise anhatte, standen ihr am besten, doch momentan trug sie Bauernsachen aus grobem Stoff. Ihr Gesicht war nicht weniger hübsch als das von Raphtalia oder Filo, und ich nahm an, dass sie zu einer schönen Frau heranwachsen würde.

Ihren Charakter konnte ich nicht gut einschätzen. Sie ließ aber immer wieder irgendwelche scharfzüngigen Bemerkungen fallen. Wie gerade eben, als ich sie gebeten hatte, leise zu sein, und sie gereizt reagiert hatte.

Anfangs hatte sie noch respektvoll gesprochen, relativ normal eigentlich, doch je mehr Zeit wir zusammen verbrachten, desto angespannter wurde unser Verhältnis.

Nun, eigentlich nicht wirklich verwunderlich. Immerhin war dieses Mädchen mit dem Namen Melty die zweite Prinzessin jenes Königreichs, das mich unterdrückte. Da wir sie im Augenblick beschützten, musste sie sich notgedrungen mit uns begnügen. Allerdings waren nun auch wir ihretwegen auf der Flucht.

Das Reich Melromarc war dem Helden des Schildes nicht freundlich gesonnen. Dass er durch seine Geschäfte die Gunst der Leute gewonnen hatte, hatte einigen Personen gar nicht gefallen. Und deswegen hatten sie mir wieder einmal irgendetwas in die Schuhe geschoben, weswegen nun nach uns gesucht wurde.

Der Vorwurf: Ich sollte Melty, zweite Prinzessin Melromarcs und erste Anwärterin auf den Thron, entführt haben.

Es konnte einem der Gedanke kommen, dass ich sie vielleicht lieber einfach der Krone hätte aushändigen sollen, aber so einfach war es nicht. Weil Melty so weit oben in der Erbfolge stand, hatte es jemand auf sie abgesehen, wollte selbst an Macht gewinnen. Es war gut möglich, dass sie einem Attentat zum Opfer fiel, wenn wir sie arglos auslieferten.

Deswegen hatten wir uns schließlich verbündet.

Um unsere Unschuld zu beweisen, mussten wir sie zu ihrer Mutter, der Königin, bringen. Die war jedoch gerade nicht im Land und es stand auch kein Treffen in Aussicht.

Zu allem Überfluss hatte sich Melty auch noch mit Filo angefreundet.

Melty liebte Filolials und war daher wohl mit unserem Vielfraß auf einer Wellenlänge. Sie hatten sich auf Anhieb verstanden.

Offenbar hatte ihr die Königin aufgetragen, zwischen mir und ihrem Vater zu vermitteln – dem König, der mich in jene Falle gelockt hatte.

Letztendlich war alles Mögliche passiert, weswegen wir keinen besonders guten Draht zueinander hatten.

Unter anderem hatte es sie furchtbar wütend gemacht, dass ich sie ständig mit »Prinzessin« angeredet hatte, daher nannten wir uns nun beim Vornamen.

Auch für sie schien Raphtalia wie eine große Schwester zu sein, auf die man sich verlassen konnte.

Melty war Level 19. Seit wir gemeinsam reisten, war sie einmal aufgestiegen.

»Raphtalia, was ist das für ein Zauber, den du da wirkst?«

Mit ihr redest du höflich. Warum bist du zu mir dann immer so ruppig?

Während ich noch darüber nachgrübelte, brachte Raphtalia ihren Zauberspruch zum Abschluss.

»Ich, als Quelle deiner Macht, befehle dir: Ergründe das Wesen der Dinge und mach uns unsichtbar! – All Hiding, Stufe eins!«

Aus Magie erschaffenes Laub regnete auf uns nieder und dann waren wir nicht mehr zu sehen.

Wir versteckten uns im Dickicht und atmeten so leise wie möglich. Gleich darauf tauchten Motoyasu und seine Leute aus der Richtung auf, aus der wir gekommen waren.

»Wo ist er hin?«

Das war Motoyasu, der Lanzenheld.

»Herr Motoyasu, hat er uns etwa abgehängt?«

Er hatte drei Gefährten an seiner Seite, alle weiblich.

Ich wusste den Namen derjenigen nicht, die ihn gerade angesprochen hatte.

»Gehen wir lieber weiter.«

»Naofumi hat doch Raphtalia bei sich. Bestimmt verstecken die sich hier irgendwo.«

Gutes Gespür! Er hatte den Nagel auf den Kopf getroffen.

Um uns zu enttarnen, bräuchte er aber einen entsprechenden Skill seiner legendären Waffe oder einen Zauber. Sonst bliebe ihm nur, was natürlich nicht ungefährlich wäre, aufs Geratewohl mit Magie um sich zu ballern.

»Oh? Da sind Fußspuren!«, rief er seinen Gefährtinnen zu. »Hier sind sie!«

Nur führten diese Spuren nicht in unsere Richtung. Ich hatte Filo aufgetragen, zu unserer Tarnung falsche Fußspuren zu hinterlassen. Und er schien darauf hereinzufallen.

»Dann sollten wir ihnen folgen. Ach … teure Melty, hat er dir einfach mit seiner gemeinen Schildmagie das Gehirn gewaschen. Aber ich werde dich retten, ganz bestimmt!«

Es war die Bitch, die Meltys Namen gesagt hatte und über meine Magie hergezogen war. Dieses Miststück von Prinzessin war damals bei jener Verleumdung die Rädelsführerin gewesen. Sie trat als die Abenteuerin Main Sufia auf, aber ihr eigentlicher Name war Malty S. Melromarc.

Sie war Meltys große Schwester.

Andere in Not zu sehen: Nichts machte sie glücklicher. Und für sich selbst wollte sie natürlich immer nur das Beste vom Besten.

Es war davon auszugehen, dass sie die Intrige, wegen der man Jagd auf uns machte, eingefädelt hatte.

In der Thronfolge stand sie hinter Melty, wohl weil sie sich regelmäßig danebenbenahm.

So hatte sie Melty während des letzten Kampfes ernsthaft attackiert, um sich ihren Platz als künftige Königin zu sichern.

Ich bezeichnete sie insgeheim immer nur als die Bitch.

Irgendwann würde ich ihr das alles heimzahlen!

»Geht ruhig schon weiter. Ich schließe gleich zu euch auf.«

Sie ließ Motoyasu und die anderen vorgehen, dann fing sie an, sich in alle Richtungen umzusehen.

»Wir können uns die Mühe auch sparen und ich fackle einfach den Wald ab.«

Sie zückte eine Flasche, öffnete sie und versprengte die enthaltene Flüssigkeit.

Das gefiel mir ganz und gar nicht. Aber wenn ich jetzt hervorsprang, um ihr Einhalt zu gebieten, dann käme nur Motoyasu angerannt. Es war wohl besser, die Füße still zu halten.

»Naofumi …«

»Schhht!«

Melty rüttelte besorgt an meiner Schulter. Offenbar hatte sie eine Ahnung, was ihre Schwester vorhatte.

»Fire, Stufe eins.«

Plötzlich schoss Feuer aus ihren Händen auf den verschütteten Inhalt der Flasche zu. Sofort züngelten Flammen empor.

Tatsächlich: Dieses Miststück setzte den ganzen Berg in Brand, nur um uns hervorzulocken.

So etwas tat eine Kronprinzessin nicht. Alles, was sie tat, war verbrecherisch. War Moral für sie ein Fremdwort?

Nachdem sie ihr Feuer verschossen hatte, lief sie Motoyasu nach.

Die Flammen griffen ungehindert um sich und die Bäume fingen der Reihe nach Feuer. Ich blickte mich um und sah, dass auch in der Richtung, aus der Motoyasu gekommen war, Rauch aufstieg.

»Herr Naofumi!«

»Melty, kannst du das Feuer mit Magie löschen?«

»Das in der näheren Umgebung ja, aber nicht, wenn es zu weit weg ist. Und bis ich da ankomme, hat es sich schon zu sehr ausgebreitet.«

Verdammt …!

Die Bitch folgte Motoyasu mit einigem Abstand und schoss dabei weitere Flammen in die Bäume.

War sie denn nie zufrieden? Wie sehr wollte sie uns noch tyrannisieren?

Wahrscheinlich wollte sie mir später auch diesen Waldbrand anhängen.

Was sollte ich tun? Hatten wir genug Zeit, das Feuer zu löschen?

»Meister, der Rauch brennt so in den Augen!«

»Da hast du recht. Verwandle dich in einen Filolial. Und dann nichts wie runter vom Berg!«

»Mhm!«

»Und was ist mit dem Feuer?«, fragte Melty.

»Es ist zwar nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, aber …Kannst du’s vielleicht regnen lassen?«

Wassermagie war ihre Stärke. Ich hoffte, dass sie den Schaden wenigstens begrenzen konnte.

»Ich kann’s versuchen, aber versprich dir nicht zu viel.«

Sie konzentrierte sich und fing an zu murmeln.

»Ich, als Quelle deiner Macht, befehle dir: Ergründe das Wesen der Dinge und lasse einen gnädigen Regen niedergehen! – Squall, Stufe zwei!«

Sogleich erschienen Wolken über uns und es begann zu regnen.

Allerdings hatte der Zauber keine besonders große Reichweite. Aber immer noch besser als nichts.

»Das entwickelt sich hier bald zu einem Flammenmeer! Raphtalia, Melty, habt ihr irgendwelche Einwände gegen eine Flucht?«

»Unglaublich! Was denkt sich meine Schwester nur?«

»Sie will dafür bestimmt mir die Schuld in die Schuhe schieben.«

Überall breitete sich Qualm aus. Wenn nur der Regen ein bisschen was bringen würde …

Mit einem Fluff kehrte Filo in ihre Filolialgestalt zurück. Wir sprangen auf und traten unseren Notrückzug an – in eine andere Richtung als die, in die Motoyasu verschwunden war. In den Wirren des Waldbrandes würden wir ihn wohl endlich abschütteln können.

1 Nerd

Kapitel 1: Eine Stadt voller subhumanoider Abenteurer

Wir waren Motoyasu los und hatten es heil vom Berg heruntergeschafft. Nun fragte ich mich, was wir als Nächstes tun sollten.

»Wir müssen nach Südwest … Aber wohin genau?«

In einem Reich südwestlich von Melromarc wollten wir uns mit der Königin treffen und sie um Hilfe wegen unserer aktuellen Schwierigkeiten bitten. Nur hatte uns jener Schatten, der uns dazu geraten hatte, leider nicht gesagt, wo genau wir sie finden würden.

Es war also ein sehr grober Plan. Wir würden im Südwesten die Landesgrenze überschreiten und darauf hoffen müssen, dass wir dann irgendwie auf sie stoßen würden.

Da fiel mir ein: Wie hatte uns Motoyasu überhaupt aufgespürt?

Ich konnte mir nur vorstellen, dass er Augenzeugenberichten gefolgt war.

Steckten Schatten der feindlichen Seite dahinter?

Die Schatten waren eine Gruppe von Geheimkundschaftern der Königin. Sie waren uns schon mehrmals zu Hilfe gekommen.

Allerdings zogen sie nicht alle an einem Strang, und es sollte auch welche geben, die uns feindselig gesonnen waren.

Im Augenblick lagen die Fraktionen miteinander im Streit: Die der Königin, die uns unterstützte, und die der Drei-Helden-Kirche, die mir die Entführung Meltys anhängen wollte und ihr nach dem Leben trachtete. Spionage war die Stärke der Schatten, daher war es wohl ein Leichtes für sie gewesen, Motoyasu meinen Aufenthaltsort mitzuteilen.

Die Schatten, auf die ich bisher getroffen war, waren uns wohlgesonnen gewesen und hatten Ninjas geähnelt. Ihre Aufgaben waren vielfältig, beispielsweise dienten sie als Aufklärer oder Doubles.

»Wir haben keine Zeit. Wir müssen uns irgendwo verkriechen und warten, bis Motoyasu und seine Leute weitergezogen sind, sonst treiben die uns noch tagelang vor sich her.«

Der Blödmann behinderte unsere Reise in den Südwesten Melromarcs beträchtlich.

Wir waren unmerklich ziemlich weit von unserem Weg abgekommen.

»Filo.«

»Jaaa?«

»Kannst du nicht irgendeinen dieser Schatten aufspüren?«

»Hm … Ist es nicht eher Raphtalias Stärke, versteckte Sachen zu finden?«

»Ach so?«

»Stimmt das, Raphtalia?«, fragte nun auch Melty.

»Ich möchte euch da nicht zu große Hoffnungen machen. Na ja, ich hab zwar manchmal so ein ungutes Gefühl … aber dafür müssten sie uns schon ziemlich nahe kommen.«

»Stimmt, manchmal kommt es einem vor, als würde man aus der Ferne beobachtet werden. Schwierig, sich zu verstecken.«

Es dürfte ein höchst schwieriges Unterfangen sein, unbemerkt an Schatten .. Aber wir hatten ja auch Schatten auf unserer Seite, die uns womöglich helfen würden, Motoyasu abzuschütteln. Außerdem … verfolgte uns Motoyasu nachts nicht.

Vielleicht hatte die Bitch im Dunkeln keine Lust zum Kämpfen. Schlafmangel war schließlich schlecht für den Teint. Blöde Brandstifterin.

Es wäre am besten, wenn wir sie ganz loswürden.

»Ah!«

Melty blickte mich an, als wäre ihr plötzlich ein Geistesblitz gekommen.

»Was?«

»In dieser Gegend lebt ein Adliger, mit dem ich bekannt bin. Vielleicht dürfen wir uns bei ihm eine Weile versteckt halten. Dann könnten wir fliehen, nachdem wir den Helden der Lanze endgültig abgeschüttelt haben. Wie wäre das?«

»Wir sollen in die Stadt? Du und ich? In letzter Zeit kann selbst Filo sich da nicht mehr blicken lassen.«

Erstens würden die Leute mich erkennen. Schließlich gab es Kristallbilder von mir. Die ähnelten den Hologrammen meiner Welt. Es gab mittlerweile in ganz Melromarc niemanden mehr, der mein Gesicht nicht kannte.

Filo würden sie ebenfalls erkennen: Vor Kurzem war nämlich aufgeflogen, dass sie sich in einen gewöhnlichen Filolial verwandeln konnte, und die Farbe ihres Gefieders allein erregte nun bereits Verdacht.

Schon aus der Ferne ließ sich erkennen, dass in dem Dorf Soldaten Melromarcs patrouillierten.

»Und dann auch noch zu einem Adligen?«, fragte ich skeptisch.

Der Adel des Reichs empfand dem Helden des Schildes gegenüber Antipathie. Von Melty und Vertretern der Drei-Helden-Kirche wusste ich, dass er als Feind Melromarcs galt. Bei den Bürgerlichen mochte ich wegen meines Reisehandels im Ansehen gestiegen sein, aber ich musste davon ausgehen, dass der Adel mich noch immer hasste.

»Ich glaube, das dürfte kein Problem sein.«

»Warum?«

»Er denkt genauso wie ein Fürst, der eng mit meiner Mutter verbündet war.«

»Wie darf ich das verstehen?«

»Er hat im Reichsinneren zwischen den Belangen der Menschen und der Subhumanoiden vermittelt.«

»Na, dann soll der doch deinen Vater und die Drei-Helden-Kirche zum Schweigen bringen.«

Wenn es hier solche Leute gab, warum stand ich dann allein mit meinem Kampf gegen jene Verleumdungen da? Wenn er ein Verbündeter der Königin war, musste er doch über die Umstände im Reich Bescheid wissen.

»Jener Fürst hat die Region Seaetto regiert, aber … Er hat während der Welle sein Leben gelassen.«

»Oje …«

Es war eine Schande, wenn gute Menschen umkamen.

»Er soll während der Welle bis zuletzt gekämpft haben, um sein Volk zu beschützen. Schließlich war es sein Herrschaftsgebiet.«

»Ach, tatsächlich?«, meinte Raphtalia.

»Ja, er ist der ersten Welle in Melromarc zum Opfer gefallen.«

Hm? Die erste Welle also?

Ich blickte in Raphtalias Richtung. Die hatte sie doch miterlebt.

Sie nickte.

»Ja, aus der Gegend komme ich. Aber nachdem unser Lehnsherr umgekommen war und wir gerade dabei waren, unser Dorf wieder aufzubauen …«

Also stimmte es tatsächlich.

»Nachdem dieser Fürst gestorben war, wurden all jene vertrieben, die den Subhumanoiden wohlgesonnen waren. Alle Gleichgesinnten sollen auf Befehl meines Vaters strafversetzt worden sein.

Aber das war nicht das einzige Problem: Das Volk von Seaetto soll durch Aufrührer schreckliches Leid erfahren haben.«

»Die Initiative ist von Reichssoldaten ausgegangen«, berichtete Raphtalia wütend.

Melty nickte wortlos. Sie wusste wohl sehr gut, was dies bedeutete.

»Ich glaube, meine Mutter wird sie hart bestrafen, wenn sie heimkehrt. Sie hat zwar schon einen Brief geschickt, aber der hat offensichtlich wenig Wirkung gezeigt. Raphtalia, wenn diese ganze Angelegenheit geklärt ist, musst du ihr diese Soldaten beschreiben.«

»Gern.«

»Dein Vater kriegt aber auch nichts geregelt.«

»Vater …«, murmelte Melty mutlos.

Ich konnte es ihr nicht verdenken. Schließlich trachteten ihr eigener Vater und ihre große Schwester ihr nach dem Leben.

Melty zufolge wurde er ja nur manipuliert, aber ob der Drecksack tatsächlich unbeteiligt war?

Das größte Rätsel waren jedoch diese Adligen und die Königin, die Subhumanoide begünstigten, obwohl die doch in Melromarc geächtet wurden. Welche Ziele verfolgten sie wohl? Mir lagen nicht genügend Informationen vor, daher konnte ich mir auf all das keinen Reim machen. Aber wir schweiften ab. Zurück zum Thema.

»Und in dieser Gegend wohnt nun also dieser Adlige, der in enger Beziehung zu diesem Lehnsherrn stand?«

»Schon möglich. Jedenfalls hab ich ihn nicht mehr im Umfeld meines Vaters gesehen, daher nehme ich an, dass er in seinen Herrschaftsbereich zurückgeschickt wurde.«

»Das ist ja schon ein bisschen wie würfeln.«

Dem Mann schien ja ein kalter Wind entgegenzuwehen. Aber tatsächlich war mir diese Gegend nicht ganz unbekannt.

Im Laufe der Zeit hatte Filo unsere Kutsche immerhin schon durch die meisten Regionen Melromarcs gezogen. Ich war diesem Adligen, von dem Melty erzählte, sogar schon einmal begegnet.

Wenngleich nicht als Schildheld: Als der Heilige mit dem Göttervogel hatte ich ihm billigen Schmuck teuer verkauft.

Ich erinnerte mich an ihn als einen intelligent wirkenden jungen Adligen. Ein sanftmütiger Mann. Insgeheim gab ich ihm den Namen »der Sanftmütige«.

Damals hatte ich mir innerlich ins Fäustchen gelacht, aber hatte er vielleicht gewusst, dass ich der Schildheld war, und mir trotzdem etwas abgekauft?

Möglich. Er war umgänglich gewesen.

Ich hatte zudem den Eindruck gehabt, dass sich viele subhumanoide Abenteurer in der Stadt aufhielten. Raphtalia käme vielleicht hinein, ohne Verdacht zu erregen.

»Die Stadt zu betreten, bringt ein großes Risiko mit sich. Besonders für Melty und Filo.«

»Warum?«

Melty legte den Kopf schief. Filo kopierte die Bewegung.

»Du fällst auf mit deiner Haarfarbe.«

Meltys Haar war charakteristisch, dieses tiefe Blau … oder eher Indigo.

Der Ton war so selten, dass sie immer herausstechen würde, verkleidet oder nicht.

Filo, ob nun in der Filolialform, als Königin oder Mensch, würde sich ebenfalls kaum verstecken können. Drei komplett vermummte Leute würden aber erst recht auffallen.

»Dich würden sie auch erkennen, Naofumi.«

»Na ja, mag schon sein, aber …«

»Du, Meister, und wenn ihr nachts alle auf meinen Rücken steigt, und wir springen über die Stadtmauer?«

»Keine schlechte Idee, aber die Wachen würden uns sofort bemerken.«

»Raphtalia könnte ihre Magie anwenden … Aber auch dann könnten sie uns noch mit Aufspürmagie entlarven.«

»Was sollen wir tun? Es klingt ja schon so, als wäre dieser Mensch vertrauenswürdig …«

Sicher konnten wir auch einfach weiterhin fliehen, aber sich tagelang mit Motoyasu herumschlagen zu müssen, wäre schon sehr anstrengend.

Ich spürte, wie sich Erschöpfung in mir ausbreitete. Außerdem war Motoyasu ja nicht unser einziger Feind. Wir mussten auch mit kopfgeldgierigen Abenteurern oder Soldaten rechnen. Ich wollte mich endlich einmal ausruhen.

»Nun …«

Raphtalia hob die Hand.

»Was?«

»Es könnte doch auch sein, dass sie unseren Besuch bereits erwarten.«

Hm … Durchaus denkbar.

Was den Helden des Schildes anging, schien das Land ja … gespalten zu sein.

»Genau«, sagte Melty. »Und, Naofumi, vielleicht würden sich die Subhumanoiden-Abenteurer hier mit uns einlassen.«

»Warum?«

»Hast du’s schon vergessen? Aus Sicht Melromarcs, das Subhumanoide unterdrückt, ist der Held des Schildes der Feind. Wie sieht es dann wohl bei den Subhumanoiden aus?«

Ach, natürlich. Zu den Königreichen, die keine gute Beziehung zu Melromarc hatten, gehörten ja auch die der Subhumanoiden.

Die Drei-Helden-Kirche stellte hier praktisch die Staatsreligion, demnach war die Wahrscheinlichkeit hoch, dass verfeindete Länder den Schildhelden freundlich behandeln und mit ihm kooperieren würden.

In dem Fall würden die Subhumanoiden uns vielleicht zuhören.

Ja, ich meinte mich auch zu erinnern, dass die Subhumanoiden unter den Abenteurern von Anfang an recht gern bei mir gekauft hatten. Es käme auf einen Versuch an.

»Gut, dann wollen wir dort erst mal die subhumanoiden Abenteurer ansprechen.«

»Ja.«

»Wäre doch schön, wenns klappt.«

»Los geeeht’s!«

Und damit brachen wir in Richtung der nahen Stadt auf, wobei wir uns im Verborgenen hielten.

»E… Entschuldigung!«

»H… Hey!«

Wir waren nahe der Stadt, in der jener Adlige lebte, der uns vielleicht bei sich Unterschlupf gewähren würde. Ich hatte einen Subhumanoiden-Abenteurer gesehen, ihm aus meinem Versteck zugerufen und mich ihm genähert, doch …

»Ach, Mensch … Das ist schon das zehnte Mal, oder? Naofumi, was hast du denen nur getan?«

»Was weiß denn ich!«

Sobald die Subhumanoiden mich sahen, setzten sie entschuldigende Mienen auf und nahmen Reißaus.

Was hatte das zu bedeuten? War ich mittlerweile selbst bei denen als Schildteufel verschrien?

So kamen wir jedenfalls nicht weiter …

»Die scheinen uns … aber nirgendwo gemeldet zu haben, oder?«

»Hm, stimmt. Die haben zwar immer schnell das Weite gesucht, aber es ist nie ein Soldat bei uns aufgetaucht.«

Wir hatten erwartet, dass irgendwann die hier stationierten Kräfte angerannt kommen würden, aber das schien nicht zu geschehen.

Konnte es sein, dass diese Subhumanoiden, die wir ansprachen, fluchtartig einen anderen Weg einschlugen?

»Soll ich mal nachfragen?«

»Raphtalia, kann ich dir das zumuten?«

»Klar.«

»Wenn irgendwas ist, ruf unbedingt um Hilfe.«

»In Ordnung.«

»Pass gut auf dich auf, große Schwester!«

Und damit ging Raphtalia stellvertretend für mich los und sprach subhumanoide Abenteurer an.

Etwas Sorgen machte ich mir schon. Die schlichen schon alle ziemlich angespannt die Straße entlang. Es war wohl tatsächlich kein angenehmes Leben für sie, hier in Melromarc, wo sie diskriminiert wurden.

Was machten die überhaupt hier? Für die große Anzahl von ihnen musste es ja einen Grund geben.

Nachdem Raphtalia sich eine Weile unterhalten hatte, kehrte sie zurück.

»So, da bin ich wieder.«

»Wie ist es gelaufen?«

»Nun ja … Ich hab sie beiläufig gefragt, warum sie vor dir weglaufen, und sie haben geantwortet, dass man ihnen verboten hätte, direkt mit dem Helden des Schildes zu sprechen.«

»Warum das denn?«

»Das ist mir auch ein Rätsel. Ich habe vorsichtig nachgehakt, wollte keinen Verdacht erregen … Sie meinten, der Held des Schildes selbst habe das gesagt.«

Ein früherer Schildheld hatte den Subhumanoiden das eingeflüstert? Mann, wie lästig.

Hatte dann Raphtalia nur mit mir gesprochen, weil sie nicht gewusst hatte, dass ich der Held des Schildes und in Problemen, die Subhumanoide betrafen, nicht so bewandert war? Ich hatte es doch wirklich schwer, mich in dieser Welt zurechtzufinden!

»Naofumi, hast du irgendwelchen Subhumanoiden gesagt, sie sollen dir nicht zu nahe kommen?

»Nicht, dass ich wüsste.«

»Eigenartig, oder? Aber ich habe auch schon von Mutter gehört, dass der Schildheld nicht wolle, dass man sich ihm nähert, und die Subhumanoiden, die ihm vertrauen, würden sich daran halten.«

Ach so?

»Weil Meister gesagt hat, dass man ihm nicht zu nahe kommen soll?«

»Ja, oder?«

»Ich kann mich echt nicht erinnern! Ich dachte, das hätte vielleicht der Schildheld einer früheren Generation gesagt?«

»Nein, das war‘s nicht. Wurde da vielleicht etwas falsch weitergetragen?«

Das war doch bloß wieder ein Störmanöver der Drei-Helden-Kirche!

»Der Held des Schildes soll das einige Tage nach seiner Ankunft in unserer Welt gesagt haben …«

Damals hatte ich so neben mir gestanden, dass ich mich an fast nichts mehr aus der Zeit erinnerte.

Ich war felsenfest überzeugt gewesen, dass mich alle nur aufs Kreuz legen wollten, und hatte alle, die mich angesprochen hatten, harsch abgefertigt.

Sollte ich tatsächlich jemandem, der aufrichtig mein Gefährte hatte werden wollen, gesagt haben, er solle mir fernbleiben?

»Naofumi? Kann es sein, dass …«

»Und? Können wir nun in die Stadt oder nicht?«

Ich wollte lieber schnell das Thema wechseln. Ansonsten würden mir Meltys Blicke noch unerträglich.

»Ja, die Leute, mit denen ich gesprochen habe, haben einen wohlwollenden Eindruck auf mich gemacht. Sie sagen, sie finden dumm, was Melromarc macht. Und die Drei-Helden-Kirche sei am Ende.«

»Und es hat uns keiner verpfiffen oder so?«

»Die Subhumanoiden haben gesagt, selbst wenn der Schildheld in ihre Nähe käme, würden sie ihn niemals verraten.«

»Hm … Es ist zwar immer noch riskant, aber vielleicht sollten wir es drauf ankommen lassen?«

Im schlimmsten Fall wären wir mit unserer flinkfüßigen Filo im Nu über alle Berge.

Wir würden uns die Umhänge über die Köpfe werfen und ….

»Hallo?«

»Hm?«

Hatte mich da gerade jemand angesprochen, obwohl ich mich im Gebüsch versteckte?

Da sah ich auf dem Weg den zart gebauten Mann mit seiner Brille auf der Nase. Er saß auf dem Bock einer etwas edleren Kutsche, die gerade anhielt.

Ja, ich erinnerte mich an ihn. Das war der Adlige aus der Stadt … der Sanftmütige.

»Ihr seid doch Prinzessin Melty und der Held des Schildes, nicht wahr?«

»J… Ja.«

»In der Tat.«

»An so einem Ort kann man sich nicht vernünftig unterhalten. Dürfte ich Euch auf mein Anwesen einladen?«

Der Richtung nach zu urteilen, aus der er angefahren gekommen war, war er vielleicht sogar hier, um uns abzuholen. Wie überaus zuvorkommend!

»Wenn das ein Trick ist, uns an die anderen Helden auszuliefern, gibt’s Ärger!«

»Naofumi, also wirklich …«

»Und zwar von meinem Gefolge und dieser wilden Prinzessin hier.«

»Was sagst du da?!« Melty starrte mich unverwandt an. »Du bist doch wohl hier der Barbar!«

»Quatsch nicht! Einen größeren Intellektuellen findest du nicht unter den Helden.«

»Ich möchte mich noch einmal herzlich für jenes Schmuckstück bedanken. Das Material ist zwar eher schlicht, das findet man überall, doch das Design des Helden ist für mich von hohem Wert. Es mag ein Fünffaches des Marktwerts gewesen sein, aber ich finde, ich habe damit einen vortrefflichen Einkauf getätigt!«

Meltys Blicke taten mir richtig weh.

»Es tut mir aufrichtig leid«, sagte Raphtalia beschämt.

»Gehen wir erst mal mit, Naofumi. Wir reden später darüber, was du angestellt hast.«

»Warum sollte ich mit dir so ein Gespräch führen?«

»Damit das gleiche Problem nicht später erneut auftritt. Vielleicht bist du ja selbst schuld daran, dass man dich den Schildteufel schimpft!«

»Ich höre nichts als Heldengeschichten über mich.«

»Du bist wohl auch noch stolz auf deine Gaunereien!«

Pah, dass ich meine Feinde hinters Licht führte, kostete mich nun wirklich keinen Schlaf.

Gewitztheit sah für den Feind im Allgemeinen eben wie Niedertracht aus.

»Hör mal, wenn wir hier solchen Krach machen, kommt am Ende noch der Lanzenheld!«

Uff … Da hatte sie nicht unrecht. Widerstrebend stiegen wir zu dem Adligen in die Kutsche.

Während der Fahrt blickte ich aus dem Fenster. Es waren noch gar nicht so viele Tage vergangen, aber ich verspürte beim Anblick der Dörfer bereits eine gewisse Nostalgie. Obwohl die Straßen schon alle ziemlich provinziell aussahen.

Es waren in der Stadt tatsächlich eine Menge Subhumanoide unterwegs. Viele Abenteurer.

Dann fuhren wir auf das Anwesen. Wir stiegen aus und betraten die Residenz.

»Wenn ich so unhöflich sein dürfte …«

Melty verneigte sich, dann schritt sie ins Haus hinein.

In einer förmlichen Umgebung konnte sie offenbar höflich sein. Allerdings sprach sie ja auch mit den anderen Helden hochachtungsvoll.

Nur mir gegenüber zeigte sie ein mieses Betragen. Abermals fragte ich mich, was es damit auf sich haben mochte. Andererseits hatte ich mir ja bisher auch keine sonderliche Mühe gegeben, einen guten Eindruck bei ihr zu hinterlassen.

»Es muss schrecklich gewesen sein, so verfolgt zu werden. Ihr solltet Euch eine Weile hier erholen.«

Der Sanftmütige ließ uns Essen in den Speisesaal bringen, in den er uns geführt hatte.

Filo zeigte keine besonders guten Manieren, aber er lächelte nur, schien es amüsant zu finden.

»Und nun hat es Euch also am Ende Eurer Flucht in mein Herrschaftsgebiet verschlagen?«

»Genau. Wir hatten uns überlegt, dass wir uns eine Weile versteckt halten sollten, um Motoyasu … den Helden der Lanze abzuschütteln.«

»Ich würde Euch gern etwas fragen: Berichten zufolge sollt Ihr Euch die Flucht ermöglicht haben, indem Ihr die Berge in der Nähe in Brand gesetzt habt; doch was ist wirklich vorgefallen?«

Dieses Miststück! Obwohl sie es selbst gewesen war, hatte sie es wie erwartet mir zugeschoben.

Melty sah zerknirscht aus.

»Deine Schwester hat ja die Ruhe weg. Genau damit hab ich gerechnet.«

»Dass sie so weit gehen würde …«

»Also hat es sich tatsächlich anders zugetragen?«

»Jupp, ich bin hier nicht der Übeltäter. Das war die Prinzessin, eine der Gefährtinnen des Lanzenhelden. Wir hatten uns versteckt und wollten warten, bis sie verschwunden sind, da hat sie einfach alles abgefackelt.«

Der Sanftmütige stieß einen tiefen Seufzer aus. Sicher konnte er nicht fassen, wie barbarisch sie war.

»Ich verstehe. Ich freue mich, wenn ich Euch beistehen kann, aber … Gibt es vielleicht noch etwas?«

»Wir wüssten gern, wie wir die Königin finden. Wir versuchen ja, Motoyasu zu entwischen, aber das zieht sich jetzt schon Tage. Wir verlieren zu viel Zeit …«

Der Sanftmütige dachte eine Weile nach. Dann nickte er.

»Ja, nun verstehe ich Eure Situation. Ich will gern auf jede erdenkliche Weise helfen. Jedoch … muss ich auch meine eigene Lage bedenken, daher weiß ich nicht, wie viel ich tatsächlich für Euch tun kann.«

»Wir erwarten nicht viel. Wir sind für alles dankbar.«

Ich wusste noch nicht, ob er mein Vertrauen verdiente, und hatte ohnehin nicht vor, mich allzu lange bei ihm aufzuhalten.

»Wir würden gern eine Weile Rast machen. Und anschließend würde ich gern herauskriegen, was die anderen Helden treiben …«

Motoyasu war nicht unser einziger Feind. Ich hatte keine Ahnung, wann Ren und Itsuki einen Vorstoß wagen würden. Es würde uns eine Riesenhilfe sein, wenn der Sanftmütige das für uns in Erfahrung bringen konnte.

Natürlich bestand eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass auch er von den Schatten der Drei-Helden-Kirche beobachtet wurde. Daher wollte ich aufbrechen, sobald ich alle nötigen Informationen und unseren Proviant beisammenhatte.

Außerdem mussten wir noch über die Reichsgrenze … Auf dem sichersten Weg, der sich finden ließ.