Valerie Lane - Der kleine Teeladen zum Glück / Die Chocolaterie der Träume - Manuela Inusa - E-Book
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Valerie Lane - Der kleine Teeladen zum Glück / Die Chocolaterie der Träume E-Book

Manuela Inusa

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Beschreibung

Zwei Romane in einem Band aus der Valerie Lane, der romantischsten Straße der Welt!

»Der kleine Teeladen zum Glück«

Laurie ist glücklich: Als stolze Besitzerin eines kleinen Teeladens in der romantischen Valerie Lane in Oxford, hat sie ihr Hobby zum Beruf gemacht. In Laurie’s Tea Corner verkauft sie köstliche Teesorten aus aller Welt, dort duftet es herrlich, und die Kunden fühlen sich wohl. Denn das gemütliche Lädchen strahlt genau dieselbe Harmonie und Wärme aus wie Laurie selbst. Nur das mit der Liebe wollte bisher noch nicht so richtig klappen, obwohl Laurie seit Monaten von Barry, ihrem attraktiven Teelieferanten, träumt. Das muss sich schleunigst ändern, finden Lauries beste Freundinnen, und schmieden einen Plan …

»Die Chocolaterie der Träume«

Keira liebt das, was sie tut, über alles: In ihrer kleinen Chocolaterie in der Valerie Lane stellt sie Confiserie in sorgfältiger Handarbeit her – ihre selbstgemachten Pralinen, Kekse und schokolierten Früchte sind bei Jung und Alt beliebt. Bei all den leckeren Sachen kann Keira oft selbst nicht widerstehen. Aber was macht das schon? Sie steht zu ihrer Leidenschaft und zu ihren Kurven. Doch ihr Freund Jordan, mit dem es ohnehin kriselt, sieht das leider etwas anders. Zum Glück stehen Keira ihre Freundinnen immer zur Seite – und dann gibt es noch diesen einen charmanten Kunden, der in letzter Zeit häufiger bei Keira’s Chocolates einkauft …

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Die Autorin

Manuela Inusa wurde 1981 in Hamburg geboren und wollte schon als Kind Autorin werden. Kurz vor ihrem dreißigsten Geburtstag sagte die gelernte Fremdsprachenkorrespondentin sich: »Jetzt oder nie«! Nach einigen Erfolgen im Selfpublishing erscheinen ihre aktuellen Romane bei Blanvalet und verzaubern ihre Leser. Die Autorin lebt mit ihrem Ehemann und ihren beiden Kindern in einem idyllischen Haus auf dem Land. In ihrer Freizeit liest sie am liebsten Thriller und reist gerne, vorzugsweise nach England und in die USA. Sie hat eine Vorliebe für englische Popmusik, Crime-Serien, Duftkerzen und Tee.

Der kleine Teeladen zum Glück

Laurie ist glücklich: Als stolze Besitzerin eines kleinen Teeladens in der romantischen Valerie Lane in Oxford, hat sie ihr Hobby zum Beruf gemacht. In Laurie’s Tea Corner verkauft sie köstliche Teesorten aus aller Welt, dort duftet es herrlich, und die Kunden fühlen sich wohl. Denn das gemütliche Lädchen strahlt genau dieselbe Harmonie und Wärme aus wie Laurie selbst. Nur das mit der Liebe wollte bisher noch nicht so richtig klappen, obwohl Laurie seit Monaten von Barry, ihrem attraktiven Teelieferanten, träumt. Das muss sich schleunigst ändern, finden Lauries beste Freundinnen, und schmieden einen Plan …

Die Chocolaterie der Träume

Keira liebt das, was sie tut, über alles: In ihrer kleinen Chocolaterie in der Valerie Lane stellt sie Confiserie in sorgfältiger Handarbeit her – ihre selbstgemachten Pralinen, Kekse und schokolierten Früchte sind bei Jung und Alt beliebt. Bei all den leckeren Sachen kann Keira oft selbst nicht widerstehen. Aber was macht das schon? Sie steht zu ihrer Leidenschaft und zu ihren Kurven. Doch ihr Freund Jordan, mit dem es ohnehin kriselt, sieht das leider etwas anders. Zum Glück stehen Keira ihre Freundinnen immer zur Seite – und dann gibt es noch diesen einen charmanten Kunden, der in letzter Zeit häufiger bei Keira’s Chocolates einkauft …

Von Manuela Inusa bereits erschienen

Jane Austen bleibt zum Frühstück

Auch donnerstags geschehen Wunder

Der kleine Teeladen zum Glück

Die Chocolaterie der Träume

Der zauberhafte Trödelladen

Das wunderbare Wollparadies

Der fabelhafte Geschenkeladen

Die kleine Straße der großen Herzen

MANUELA INUSA

Die Valerie-Lane-Reihe Band 1 und 2:

Der kleine Teeladen zum Glück

Die Chocolaterie der Träume

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Copyright der Originalausgaben © 2017 und 2018

by Blanvalet in der Verlagsgruppe Random House GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 München

Redaktion: Angela Kuepper

Umschlaggestaltung – und motive:

© Johannes Wiebel | punchdesign,

unter Verwendung von Motiven von Shutterstock.com

(© Mark Wolters; © Nickolay Khoroshkov; © Semiletava Hanna;

©kneiane; © Paul Rookes) und unter Verwendung von Motiven

von Shutterstock.com (© Joy Brown, © Shutterschock,

© Johan Larson, © jirawatfoto, © irisdesign, © Simon Baylis,

© Nick Starichenko, © Marbury, © M.Leheda)

Satz: KompetenzCenter, Mönchengladbach

ISBN: 978-3-641-25574-9V002

www.blanvalet.de

MANUELA INUSA

Die Valerie-Lane-Reihe Band 1

Der kleine Teeladen zum Glück

Roman

Für Kimmy – den größten Schatz auf der Welt

PROLOG

Vor mehr als einhundert Jahren lebte in Oxford, England, eine Frau mit dem Namen Valerie Bonham, bei allen nur bekannt als »die gute Valerie«. Nicht ohne Grund nannte man sie so, war sie doch einer der gütigsten und großherzigsten Menschen, die unsere Welt je gesehen hatte.

Valerie war verheiratet, hatte aber nicht das Glück gehabt, mit Kindern gesegnet zu sein, und so verhätschelte und umsorgte sie stattdessen die Menschen um sie herum.

Sie betrieb einen Gemischtwarenladen in einer kleinen Seitenstraße im Zentrum der Stadt, in dem man Lebensmittel, Haushaltswaren, Strickzeug und Kohle kaufen konnte. Doch er war mehr als das: Schon bald nach seiner Eröffnung wurde der Laden zu einem Ort der Zuflucht, an dem man nicht nur ein sicheres Plätzchen fand und ein heißes Getränk bekam, sondern immer auch ein offenes Ohr. Denn Valerie schickte keinen weg, der reden wollte, wies niemals einen Menschen ab, der sie um etwas bat, und half stattdessen, wo sie nur konnte. So saß sie Tag für Tag hinter ihrer Ladentheke und strickte warme Sachen für die Bedürftigen der Gegend, während sie einer hoffnungslosen, verzweifelten oder auch fröhlichen Seele dabei zuhörte, wie sie ihr Herz ausschüttete.

Bald wurde es zur Tradition, dass Valerie mittwochabends nach Ladenschluss ihre Türen für die Frauen der Stadt öffnete, die dankbar zu ihr kamen und sich ihr anvertrauten. Zusammen tranken sie Tee und unterhielten sich über Gott und die Welt. Diese wunderbare Tradition wird bis heute fortgeführt von einer Gruppe von Frauen, die sich Valerie Bonham zum Vorbild genommen haben. Fünf Frauen, die gegenwärtig ihre Geschäfte in derselben Straße betreiben, der Straße, die heute Valerie Lane heißt.

KAPITEL 1

»Ach, verdammt!«, schimpfte Laurie, als sie die Laufmasche in der Strumpfhose entdeckte, die sie vorhin erst aus der Packung genommen hatte. War ja klar, dass so etwas wieder einmal ihr passieren musste, ausgerechnet heute. In allerspätestens zehn Minuten würde Barry Lohan hier auftauchen, um ihr die neue Teelieferung zu bringen. Er verspätete sich nie!

»Und jetzt?«, fragte Laurie den lilafarbenen Buddha, der in dem Regal mit den Teesorten aus dem fernöstlichen Raum platziert war. Sie legte viel Wert auf die perfekte Deko – mit der richtigen Aufmachung konnte man so gut wie alles verkaufen, da war sie sich sicher.

»Okay, okay, du musst mir ja nicht antworten. Dabei dachte ich, du wärst so weise. Hm. Dann muss ich mir wohl selbst etwas einfallen lassen.«

Ein Blick auf die Uhr. Acht Minuten vor neun an einem Dienstagmorgen im Juli. Die Sonne schien, die Vögel zwitscherten, die Blumen in der Valerie Lane verströmten ihren Duft … und Laurie hatte eine Laufmasche!

Es nützte alles nichts, sie würde raus müssen aus der Seidenstrumpfhose. Eigentlich war es sowieso viel zu warm dafür, und hätten sich bei ihr nicht diese schrecklichen Besenreiser bemerkbar gemacht, hätte sie sicher keine anziehen wollen. Aber sie war nun mal zweiunddreißig und hatte nicht mehr so eine Babypopohaut wie beispielsweise ihre Freundin Ruby, die neun Jahre jünger war und den Antiquitätenladen am Ende der Straße betrieb. Laurie sah man ihr Alter an, was ja auch gut war. Denn man sollte ruhig erkennen können, dass sie mitten im Leben stand und zufrieden mit sich war. Und mehr noch – Laurie war stolz auf ihre Jahre, in denen sie Tag für Tag etwas dazugelernt hatte, und sie war stolz auf das, was sie in ihrem Leben erreicht hatte. Sie war im Einklang mit sich, mochte ihr langes kirschrotes Haar, auch wenn es meist ein wenig widerspenstig war, und fand ihre blauen Augen schön, denn sie strahlten Liebe und Warmherzigkeit aus – das sagte man ihr immer wieder. Anders als viele ihrer Bekannten und Freundinnen mochte sie auch ihre Figur und wählte meist farbenfrohe Röcke oder Kleider, denn darin fühlte sie sich am wohlsten. Eigentlich hatte sie an sich nichts auszusetzen – nur die blöden Besenreiser brauchte keiner zu sehen. Ganz besonders ein gewisser Jemand nicht, und dieser würde schon bald den Laden betreten.

Sechs Minuten vor neun. Es war zu spät, um das »Geschlossen«-Schild an die Tür zu hängen, den Laden kurz abzuschließen und zur nächsten Drogerie zu laufen.

Eines blieb Laurie aber doch. Schnell nahm sie das Telefon zur Hand und wählte die Nummer von Susan, die auf der anderen Straßenseite ihren Strickwarenladen hatte.

»Susan’s Wool Paradise, wie kann ich Ihnen helfen?«, meldete die sich auch sofort.

»Hi, Susan, sorry, keine Zeit für lange Begrüßungen. Hast du zufällig irgendwo eine Strumpfhose bei dir herumliegen?«

Stille. Viel zu lange Stille.

»Susan?«

»Es ist Hochsommer«, war alles, was von Susan kam.

»Das ist mir klar, aber … Hast du nun eine oder nicht?«

»Nein, tut mir wirklich leid.«

»Okay, trotzdem danke. Muss auflegen. Melde mich später.« Schon hatte sie das Gespräch beendet und sah erneut auf die Uhr. Vier Minuten vor neun!

Ein Blick zum Fenster ließ sie erstarren. Oh nein, da war er schon! Warum musste dieser Mann auch immer so überpünktlich sein? Okay, eigentlich war es ja eine der Eigenschaften, die sie so an ihm mochte, aber eben nicht unbedingt heute.

Also, was tun? Laurie musste sich ganz schnell entscheiden, was das kleinere Übel war: in einer Strumpfhose mit einer Laufmasche vor ihm zu erscheinen, die stetig länger wurde, oder sich ihm mit nackten Beinen zu zeigen.

Sie kapitulierte, denn Barry hatte bereits die Tür erreicht, und es war zu spät, um jetzt noch nach hinten zu eilen und sich die Strumpfhose auszuziehen. Sie würde einfach so bleiben, wie sie war, und hoffen, dass es Barry überhaupt nicht auffiel.

Die Glocke über der Tür bimmelte, er betrat den Laden, und Lauries Herz machte einen Hüpfer, so wie jedes Mal, wenn sie ihn sah. Okay, eigentlich war es kein Hüpfer, sondern ein riesengroßer Sprung, mit dem man es gut über den Mount Everest schaffen könnte oder wenigstens über den Mont Blanc.

Durchatmen, alles ist gut,er ist auch nur ein Mensch, sagte sie sich. Auch wenn er für sie so viel mehr war, und das nun schon seit sechs Monaten, nämlich ganz genau seit dem Tag, an dem er zum ersten Mal in den Laden marschiert war und gefragt hatte, ob sie denn schon einen guten Teelieferanten hätte. Zu dem Zeitpunkt hatte sie das Geschäft bereits seit über fünf Jahren geführt und bis dato auf einen Teelieferanten verzichtet, nicht nur um Kosten zu sparen, sondern auch, weil es ihr einfach Freude bereitete, sich selbst um den Einkauf zu kümmern. Doch nur ein Blick in Barrys warme Augen und ein Lächeln von ihm, das allein ihr galt, waren nötig gewesen, um ihre Meinung zu ändern. Nein, hatte sie ihm gesagt, sie habe noch keinen. Er könne ihr gerne seine Kataloge dalassen, sie werde sich bei ihm melden.

Das hatte sie nur zwei Tage später getan, und seitdem war er ihr Teelieferant.

»Guten Tag, Laurie, wie geht es dir heute?«, fragte Barry nun und zeigte ihr dabei sein schönstes Lächeln, das sie so sehr an Jude Law erinnerte. Er stellte die beiden großen Kartons, die er hereingetragen hatte, neben der Tür ab.

»Hallo, Barry. Ich kann nicht klagen.« Sie schenkte ihm ihrerseits ein strahlendes Lächeln.

»Freut mich zu hören.«

Sie konnte nicht anders, als ihn anzustarren. Barry trug heute Shorts und ein dunkelgraues Pink-Floyd-T-Shirt, dazu lässige Nikes. Sein braunes Haar hatte seit letztem Dienstag deutlich an Länge verloren, das fiel ihr sofort auf. Oh, wie er dastand und sie anlächelte – zum Dahinschmelzen. Seine Augen – eins blau und eins grün – strahlten mindestens genauso viel Wärme aus wie sein umwerfendes Lächeln. Hach, er war einfach perfekt. Und das Beste war, dass er es offenbar nicht einmal wusste. Auf Laurie wirkte er sehr bescheiden, zurückhaltend, ja, beinahe schüchtern. Was ihn in ihren Augen nur umso attraktiver machte.

»Und wie geht es dir, Barry?«, fragte sie, als sie sich wieder ein wenig gesammelt hatte. Sie konnte ihn ja schlecht die ganze Zeit lang nur anstarren.

»Sehr gut. Ich habe gerade mein Ticket für die Internationale Teemesse in Hongkong gebucht.«

Laurie machte große Augen. »Hongkong?«

»Ja, die findet im August statt – der Traum jedes Teehändlers. Da will ich schon seit Jahren hin.«

»Na, hoffentlich verliebst du dich nicht in eine Hongkongerin«, meinte sie und fragte sich im nächsten Augenblick nicht nur, ob es das Wort »Hongkongerin« wirklich gab, sondern auch, warum um Himmels willen sie nur so etwas Schwachsinniges gesagt hatte.

Barry sah sie stirnrunzelnd an. »Warum denn nicht?«

»Ähm … na ja, weil …« Oh Shit! »Na, weil du dich dann für den Rest deines Lebens … von asiatischen Instantnudeln ernähren müsstest«, stammelte sie und haute sich gedanklich an die Stirn. Warum, warum, warum musste sie sich nur immer so absolut bescheuert benehmen, sobald dieser Mann in ihrer Nähe war?

»Nee, ich würde mir schon eine suchen, die gut kochen kann.« Er grinste.

Darauf sagte Laurie lieber nichts. Sie wäre ohnehin am liebsten im Erdboden versunken.

Warum war diese ganze Sache mit den Männern nur so kompliziert? Seit sechs Monaten nahm sie sich schon vor, Barry um ein Date zu bitten, und seit sechs Monaten fragte sie sich nach jedem seiner Besuche, warum sie so ein feiges Huhn war und einfach nicht den Mut aufbrachte, es endlich mal zu tun.

Plötzlich war eine fast unerträgliche Spannung zwischen ihnen, die Barry glücklicherweise sofort aufzulösen wusste.

»Was darf ich dir denn nächste Woche bringen?«, fragte er.

»Das Übliche. Ich habe eine Liste gemacht.« Sie reichte sie ihm mit einem erleichterten Lächeln, wobei sich ihre Hände für eine Millisekunde streiften, was bei Laurie beinahe einen Herzinfarkt auslöste.

Barry überflog die Liste. Natürlich standen neben dem Üblichen wie immer auch noch einige Besonderheiten darauf, denn Laurie verbrachte einen Großteil ihrer Freizeit damit, neue Teesorten zu recherchieren. Sie wollte immer nur das Beste für ihre Kunden, die das zu schätzen wussten. Gerade deshalb kamen sie ja auch zu ihr – eben weil sie wusste, was trendy war. Und auch, was Körper und Seele wohltat.

Genau das hatte Laurie damals gewollt: eine heimelige Ecke, in der man eben mehr fand als nur Kommerz, eine richtige Wohlfühloase, in der man für eine kleine Weile abschalten konnte. In der man die unglaublichsten Gerüche in sich aufnehmen, seinen Gaumen mit den fantastischsten und außergewöhnlichsten Geschmackskombinationen verwöhnen konnte und sich einfach willkommen fühlte. Als sie bei der Suche nach einer passenden Räumlichkeit dann auch noch auf diesen leer stehenden Eckladen gestoßen war, war es für sie sonnenklar gewesen: Sie würde ihren Teeladen Laurie’s Tea Corner nennen.

»Ich habe da noch eine Frage«, meinte sie. »Hast du diesen Tee, der gerade so angesagt ist? Ich habe erst am Wochenende in einer Zeitschrift davon gelesen. In dem Artikel stand, dass die ganzen Hollywoodstars ihn trinken, weil er Stress abbaut und für innere Entspannung sorgt.« Ihre Augen strahlten wie immer, wenn sie über neue Teesorten sprach. Richtig aufgeregt war sie.

»Meinst du den Mithi Chai? Der ist superbeliebt in Hollywood. Habe ich gehört.« Barry zwinkerte ihr zu. Er hatte in Sachen Tee noch mehr Ahnung als sie und kannte wohl jede Sorte, wie Laurie schon des Öfteren feststellen durfte. Natürlich, es war sein Beruf, er musste eine Menge über Tee wissen, um seine Kunden fachgerecht beraten zu können, aber da war noch etwas anderes: Man spürte einfach, wie leidenschaftlich er bei der Sache war. Laurie fand es so schön, dass sie diese Liebe zum Tee teilten.

»Nein, der hieß anders.« Seit Jahren arbeitete sie mit Tee, und nun fiel ihr der blöde Name nicht ein. Was machte Barry nur mit ihr? Ihr Hirn fühlte sich an wie Matsch.

»Der Mithi Chai ist eine Mischung aus Fenchel, Anis, Süßholz, Kardamom, Apfel, Zimt, Nelken, Ingwer und schwarzem Pfeffer«, erklärte Barry.

Laurie hätte ihm ewig zuhören können, wie er Zutaten aufzählte.

»Nein, der ist es nicht. Der, den ich meine, ist keine Mischung. Es sind einfach nur Blätter … grüne Blätter. Sie sollen eine ähnliche Wirkung haben wie Ginseng.«

»Aaahhh«, machte Barry. »Jetzt weiß ich, was du meinst. Jiaogulan!«

»Ja! Das ist es!« Okay, dass einem dieses Wort entfallen konnte, war verständlich, vor allem, wenn die Hormone verrücktspielten.

»Eine unglaubliche Pflanze«, meinte er. »Hat so viele wunderbare Eigenschaften: Sie wirkt ausgleichend, herzstärkend, reguliert den Blutdruck, senkt den Cholesterinspiegel, ist stoffwechselfördernd und sogar krebshemmend.«

»Wow, ein Allheilmittel also. Dann sollte ich wohl gleich mal damit anfangen, ihn selbst zu trinken. Vielleicht werde ich dann einhundertzwanzig.«

»Das solltest du unbedingt tun.«

»Wonach schmeckt er denn? Der kann doch gar nicht so lecker sein bei all den Vorzügen.«

»Lakritzartig.«

»Da haben wir’s. Ich kann Lakritz nicht ausstehen.«

»Wir haben was gemeinsam«, sagte Barry und grinste wieder.

»Ehrlich? Die meisten Menschen, denen ich sage, dass ich kein Lakritz mag, sehen mich an, als würden sie mir am liebsten eins mit dem Rugbyschläger verpassen. So als hätte ich gesagt, ich mag keine Kätzchen.«

»Echt? Kann ich mir gar nicht vorstellen.«

»Doch, doch, es ist wirklich so. Das Gleiche passiert, wenn ich jemandem erzähle, ich mag keine Tomaten.«

»Du magst keine Tomaten?«, fragte er mit gespielt schockiertem Gesichtsausdruck. »Wo ist der Rugbyschläger?«

Laurie lachte. Das bewirkte Barry jedes Mal bei ihr – dieses Gefühl, als wäre sie wieder siebzehn.

»Darf ich also den Jiaogulan-Tee mit aufschreiben?«

»Ja, bitte. Vier Pfund. Den Chai kannst du mir auch gleich bringen. Der hört sich nämlich für mich persönlich viel besser an. Ingwer und Apfel sind eine perfekte Mischung.«

»Das sage ich auch immer.«

Sie lächelte ihn an. »Ich danke dir, Barry.«

»Wofür denn?«

Für den Besuch. Dafür, dass du mich zum Lachen gebracht hast. Dafür, dass du mein Leben seit sechs Monaten bereicherst. Dafür, dass ich jeden Dienstag etwas habe, worauf ich mich freuen kann.

»Für die Lieferung natürlich«, war alles, was sie hervorbrachte.

»Na, dafür bin ich doch da.«

»Und für das nette Gespräch«, traute sie sich zu sagen.

Als er ihr daraufhin direkt in die Augen sah, wurde ihr Kopf ganz heiß, und ihre Hände wurden schwitzig.

»Ich danke dir ebenfalls.«

Vielleicht zwanzig Sekunden lang sahen sie einander einfach nur an. Dann sagte Barry: »Schöne Sommerdeko übrigens, die du im Schaufenster hast.«

»Oh. Danke.« Sie sah zur Auslage, in der sie einige Teesorten neben hübsch verzierten Teekannen und -tassen inmitten von Seidenblumen platziert hatte, die sie drüben in Orchid’s Gift Shop gekauft hatte. Orchid führte nämlich neben allerlei Schnickschnack und Geschenken zu jedem Anlass auch die am echtesten wirkenden Kunstblumen, die Laurie je gesehen hatte. Es war ihr sehr wichtig, dass ihr Laden schon von außen einen guten Eindruck machte und nicht erst, wenn die Kunden ihn betraten. Deshalb sorgte sie alle paar Wochen für eine neue Schaufensterdeko, die stets zur Jahreszeit passte und auch zu den Teesorten, die sie aktuell besonders anpries. Zurzeit waren das fruchtige Sommerteesorten, die Orangen, Lindenblüten und verschiedene Beerenarten beinhalteten. Wie immer freute es sie, dass Barry die neue Dekoration bemerkt hatte.

»Und du hast eine hübsche neue Frisur«, sagte sie deshalb, um ihn wissen zu lassen, dass sie ebenfalls aufmerksam war.

»Das ist dir aufgefallen?«, staunte Barry.

Sie nickte nur und starrte auf ihre Füße, wobei ihr sogleich die Laufmasche ins Auge stach. Schnell sah sie auf, bevor Barry ihrem Blick noch folgte.

»Ich muss leider weiter«, sagte er nun und hörte sich fast ein wenig enttäuscht an.

»Dann bis nächsten Dienstag.« Laurie lächelte und brachte Barry zur Tür. Dort blieb sie stehen und sah ihm zu, wie er in seinen olivgrünen Lieferwagen stieg, der vor ihrem Laden in der Valerie Lane geparkt war.

Die Valerie Lane war eigentlich eher eine Gasse mit einer Reihe alter zweistöckiger Backsteingebäude, in deren unteren Etagen kleine Geschäfte untergebracht waren. Es gab genau sechs Läden, von denen einer leer stand, nachdem im Frühjahr die Eisdiele geschlossen hatte. Donna, die Besitzerin, war Ende März mit ihrer großen Liebe nach Holland ausgewandert.

Die Fassaden der Häuser waren allesamt mit Holz vertäfelt, das zu Valeries Zeiten in einem so dunklen Grün gestrichen war, dass es beinahe schon schwarz wirkte. Doch nur wenige von ihnen hatten das Grün beibehalten, die meisten hatten ihrem Laden lieber einen neuen, farbenfrohen Anstrich verpasst. Laurie’s Tea Corner erstrahlte in einem einladenden hellen Blau, das ganz ihrem Wesen entsprach.

Betrat man die Gasse von der Cornmarket Street aus, kam auf der linken Seite zuallererst Laurie’s Tea Corner, dann Keira’s Chocolates und ganz am Ende Ruby’s Antiques. Auf der anderen Seite befanden sich Susan’s Wool Paradise und Orchid’s Gift Shop, in der Mitte war der verlassene Laden. Laurie war gespannt, ob und wann ihn jemand Neues mieten und um was für ein Geschäft es sich dann wohl handeln würde. Außerdem hoffte sie, dass der Inhaber ebenfalls eine Frau sein würde, denn ein Mann passte nun einmal nicht in die Valerie Lane. Seit jeher belebten Frauen diese süße kleine Straße, schließlich war sie ja auch nach Valerie Bonham benannt worden und nicht nach irgendeinem Kerl.

Laurie sah Barry noch hinterher, nachdem er längst um die Ecke gebogen war. Ihre Beine fühlten sich ganz wackelig an. Wieder hatte sie es nicht geschafft, den wunderbarsten Mann in ganz England zu bitten, mit ihr essen zu gehen oder sich einen Film im Kino anzusehen. Sie seufzte. Ach, eigentlich war es gar nicht so schlimm, sagte sie sich dann. Heute Nacht in ihren Träumen würde er sie sicher wieder auf Händen in den Sonnenuntergang tragen, mit ihr zusammen im Meer schwimmen oder auf einem Pferd durch die Prärie reiten. Vielleicht würde sie sogar wieder den Traum haben, in dem sie und Barry vor dem Altar standen und sie ihn endlich küssen durfte, vor all ihren Freunden und der Familie, die sie schon seit einer gefühlten Ewigkeit damit nervten, dass sie schon viel zu lange Single sei.

»Bis nächste Woche, mein Liebster«, flüsterte sie ihm nach und hoffte, er würde sie endlich hören.

KAPITEL 2

Am Abend darauf trafen sich die fünf Ladenbesitzerinnen der Valerie Lane wie jeden Mittwoch in Laurie’s Tea Corner, um sich auszutauschen, sich den neuesten Klatsch und Tratsch zu erzählen und Tee miteinander zu trinken. Natürlich hielt Laurie die Türen offen für jeden, der sich dazugesellen wollte, genauso wie Valerie Bonham es damals gemacht hatte.

»Schaut mal, was ich euch Leckeres bringe«, sagte Keira, die Besitzerin der Chocolaterie nebenan, als sie als Letzte Lauries Laden betrat. Keira war neunundzwanzig und hatte ihr Geschäft bereits vor fünf Jahren in der Valerie Lane eröffnet. Sie war ein Fels in der Brandung für die anderen und versorgte sie nicht nur mit Schokolade, sondern hatte immer auch ein offenes Ohr und eine große Portion Geduld. Sie setzte sich an den Fenstertisch zu Ruby aus dem Antiquitätenladen, die mal wieder ein Outfit trug, das aus einer anderen Zeit zu stammen schien. Auch Susan aus dem Wollgeschäft und Orchid aus dem Geschenkartikelladen hatten schon einen Platz gefunden. Neben der quirligen Orchid wirkte Susan wie ein graues Mäuschen, so unscheinbar und still saß die Vierunddreißigjährige da in ihrer grauen Jeans und dem schwarzen T-Shirt. Ihr schwarzes Haar, das sie zu einem schlichten Dutt gebunden hatte, und das ungeschminkte Gesicht taten ein Übriges.

»Was ist denn das?«, fragte Laurie und stellte einen Teller bereit, auf dem Keira die kleinen runden Köstlichkeiten aus einer der hübschen Schachteln verteilen konnte, in denen sie ihre selbst hergestellten Pralinen, Trüffeln und sonstigen Süßigkeiten verkaufte. Die weiße Schachtel mit den goldenen Verzierungen war wie sie selbst: von außen schlicht, mit ein paar kleinen, geschmackvollen Schnörkeln, innen drin jedoch steckte ganz viel Liebe.

»Eingelegte Kirschen, umhüllt von köstlicher Schokolade – Vollmilch und weiße. Probiert!«

Das ließen die Frauen sich nicht zweimal sagen. Sie alle waren immer ganz begierig darauf, Keiras neueste Kreationen zu testen.

»Wow, sind die lecker!«, sagte Orchid, die nach Ruby mit ihren fünfundzwanzig Jahren die Zweitjüngste war und auf die anderen mit ihrer fröhlichen Unbeschwertheit oft noch wie ein Teenager wirkte.

»Köstlich«, bestätigte Susan.

Auch Ruby, die nie viel sprach, nickte zustimmend.

»Ich muss sagen, ich mag die mit der weißen Schokolade sogar fast noch ein bisschen lieber«, sagte Laurie und betrachtete dabei Keira. Es kam ihr so vor, als ob ihre Freundin schon wieder ein wenig zugenommen hätte. Aber war das ein Wunder, wenn man den ganzen Tag Schokolade vor der Nase hatte? Egal, Laurie mochte sie genau so, wie sie war, denn sie war einfach wunderbar.

»Im Laden habe ich auch noch welche mit Zartbitterschokolade, aber da ich ja weiß, dass ihr die alle nicht mögt, habe ich davon keine mitgebracht.«

»Und? Verkaufen die sich gut?«, fragte Orchid.

»Unglaublich gut. Ich biete sie erst seit Montag an und habe schon Nachschub machen müssen.«

»Kannst du mir ein paar zurücklegen?«, fragte Laurie. »Ich würde sie gerne am Wochenende zum Tee reichen, als kleines Extra.« Am Wochenende kamen immer ein paar ganz liebe Stammgäste vorbei, ältere Herrschaften, denen Laurie gerne eine besondere Freude machte.

»Natürlich.« Keira nickte begeistert.

Genau so machten die Ladeninhaberinnen der Valerie Lane das. Wo sie nur konnten, unterstützten sie einander, zumal sie doch wussten, wie schwer es war, gegen die großen Geschäfte in der Cornmarket Street anzutreten. Bei Keira kauften sie allerlei Süßkram, und das immer und immer wieder. Zu Susan gingen sie, wenn ihnen nach Häkeln oder Stricken war, vor allem in der kalten Jahreszeit. Bei Orchid besorgten sie alle Arten von Präsenten. Und bei Laurie deckten sie sich mit Tee ein. Nur bei Ruby schauten sie nicht so häufig vorbei, was aber leider an den Preisen der Antiquitäten lag und nicht an ihr selbst.

Laurie sah in die Runde. »Was für einen Tee wollen wir heute trinken? Zu den Kirschen würde ein Früchtetee gut passen oder … wartet! Ich habe diesen neuen wunderbaren schwarzen Tee mit Kirscharoma. Was haltet ihr davon?«

Davon hielten alle sehr viel.

»Ich denke, wir alle vertrauen deinem Urteil, vor allem und besonders, was Tee angeht«, sagte Keira.

»Stimmt«, bestätigte Susan. »Durch dich haben wir schon so viele außergewöhnliche Sorten kennengelernt.«

Orchid knabberte an einer Schokokirsche und nickte. »Oh ja. Wahre Geschmacksexplosionen sozusagen.«

Laurie freute sich über die Komplimente. Sie wusste aber auch, dass ihre Freundinnen nicht nur wegen des Tees an jedem Mittwochabend in die Tea Corner kamen. Vielmehr freuten sie sich darauf, dass sie zusammen lachen und sich manchmal auch ausheulen konnten. Wie das eben so war. Jeder hatte sein Päckchen zu tragen, manchmal war es leicht, und man trug es mit Schwung und Gelassenheit, manchmal war es aber auch verdammt schwer, und man war froh, sich auf so besondere Freundinnen verlassen zu können, die einem beim Tragen halfen, wenn es allein nicht mehr ging.

Und so saßen die fünf auch an diesem Mittwochabend an einem der hübschen metallenen Tische, die in der Tea Corner aufgestellt waren, und tranken Tee. Vier weiße Tische gab es, und Laurie hätte gerne dazu passende Metallstühle gehabt. Aber viele ihrer Kunden waren schon ein wenig älter, und da Komfort vor Optik ging, hatte sie sich für dunkle Stühle aus Kirschholz und hübsche weiße Sitzkissen entschieden, als sie vor sechs Jahren beschlossen hatte, in dem Laden, der wohl bemerkt ein Geschäft und kein Café war, dennoch einen Ausschank anzubieten.

»Was gibt es Neues?«, fragte Laurie jetzt.

»Das Kleid ist da!«, platzte Orchid heraus und strich sich das blonde Haar zurück.

Jeder wusste sofort, von welchem Kleid die Rede war, denn Orchid sprach seit Wochen von nichts anderem als von der Hochzeit ihrer Schwester, auf der sie die Brautjungfer spielen sollte. Obwohl sie der Neuzugang unter ihnen war – sie hatte ihren Laden erst vor gut einem Jahr eröffnet –, hatte es manchmal den Anschein, als wüssten sie alle von Orchid weit mehr als von jeder anderen. Sie erzählte so oft und so viel von sich selbst, was jedoch keinesfalls bedeutete, dass Orchid selbstverliebt war und glaubte, sie wäre der Mittelpunkt der Welt. Nein, sie war einfach eine richtige Plappertasche, und genau deshalb hatten die anderen sie ja auch so lieb gewonnen. Einen derart offenen, fröhlichen Menschen musste man einfach ins Herz schließen.

»Und?«

Orchid verzog das Gesicht.

»Okay, das sagt alles«, meinte Laurie.

»Gefällt es dir nicht?«, fragte Susan.

»Ich habe ja schon bei der Anprobe gesehen, dass es knallpink ist und einen Rüschenbesatz hat, aber da sind jetzt auf einmal so unglaublich viele Rüschen dran, dass ich aussehe wie … wie … Ihr habt doch diese kleinen rosa Schwäne gesehen, die ich im Laden verkaufe, oder?«

»Die du letzten Monat im Schaufenster stehen hattest?«, wollte Keira wissen.

»Ja, genau die.«

»Du willst sagen, du siehst in dem Kleid aus wie ein rosa Schwan?«, fragte Laurie.

»Nein, ich will sagen, ich sehe darin aus, als hätte ich zehn dieser Schwäne zum Frühstück verdrückt.«

»So schlimm kann es gar nicht sein. Außerdem siehst du in allem umwerfend aus, egal, was du trägst«, sagte Ruby.

»Bist du lieb. Aber ich sag’s euch, es ist so schlimm. Eigentlich noch viel schlimmer. Kennt eine von euch vielleicht jemanden, der gegen Bezahlung bei mir einbricht und das Kleid stielt?«

Alle lachten. Es gab kaum einen Mittwochabend, an dem nicht ausgiebig gelacht wurde, dachte Laurie. Sie teilten alle denselben verrückten Humor, und nicht selten flossen dabei sogar Tränen vor lauter Lachen.

Laurie schüttelte vergnügt den Kopf. »Du spinnst, Süße. Ich wette mit dir, dass dir am Samstag das Kleid so was von egal sein wird, wenn du erst mal neben deiner Schwester stehst, die ihrem Liebsten das Jawort gibt.« Unwillkürlich musste sie wieder an den Traum denken, wo sie selbst mit Barry vor dem Traualtar stand.

»Ja, die Trauung wird bestimmt total schön werden. Und die Fotos, auf denen ich zu sehen bin, muss ich dann irgendwie vernichten.«

»Nein, die wollen wir doch sehen!«, sagte Keira und griff nach einer weiteren schokolierten Kirsche.

»Was wird es denn für Musik geben?«, fragte Susan. Sie liebte Hochzeiten, auch wenn sie immer wieder beteuerte, dass sie den Männern bereits abgeschworen hätte. Ihr Hund Terry war das einzige männliche Wesen in ihrem Leben, und so sollte es auch bleiben.

»Oh mein Gott, das ist ja überhaupt das Allercoolste! Phoebe hat einen Gospelchor engagiert.«

»Gospelmusik? Ich hätte nicht gedacht, dass deine Schwester auf Kirchenmusik steht.« Laurie hatte Phoebe ein paarmal in Orchid’s Gift Shop gesehen, und sie hatte in ihrer stylischen Löcherjeans und mit dem blauen Nagellack ziemlich lässig gewirkt.

»Tut sie auch nicht, zumindest nicht auf die üblichen Lieder wie Oh Happy Day oder Amazing Grace. Deswegen lässt sie den Chor auch ihre Lieblingssongs singen, jedenfalls alle, die zu einer Hochzeit passen: Tom Odells Grow Old with Me, James Morrisons Higher Than Here und Sam Smiths Stay With Me. Sie hat dem Chorleiter bereits die Songtexte und die Noten gegeben.« Sie grinste. »Ich glaube nicht, dass die oft so was singen müssen.«

»Ich finde, das ist eine wundervolle Idee«, sagte Ruby und lächelte. »Wenn ich einmal heirate …« Sie verstummte.

Die vier Freundinnen sahen sie an.

»Dann?«, wollte Keira wissen.

»Ach, nichts.«

Sie alle wussten, dass Ruby sich seit dem Tod ihrer Mutter um ihren zunehmend verwirrten Vater kümmern musste, mit dem sie zusammenwohnte. Sie glaubte wohl nicht daran, dass sie jemals einen Mann finden würde, der damit klarkam.

Schnell wechselte Susan das Thema, denn sie mochte keinerlei Spannungen. »Terry hat Flöhe.«

Orchid lachte. »Na, das ist ja mal ein Themenwechsel!«

»Wie hat er sich die denn eingefangen?«, fragte Keira und wich ein Stück von Susan ab.

Susan ließ Terry meist bei sich im Laden, wenn sie mittwochabends rüberkam. Der Hund blieb dann ganz brav in seiner Ecke sitzen. Manchmal brachte sie ihn aber auch mit in die Tea Corner.

»Na, wie Hunde sich Flöhe halt einfangen. Keine Sorge, ich habe ein Flohhalsband besorgt, und bei mir habe ich noch keine Bisse entdeckt.«

»Gehst du mit Patrick zusammen zur Hochzeit?«, fragte Laurie, die in Gedanken noch immer beim Thema Hochzeit war.

»Na klar, mit wem denn sonst?«

Patrick war seit zwei Jahren Orchids fester Freund. Auf die Frauen wirkte er ein bisschen mysteriös, weil er kaum etwas von sich preisgab.

»Hat Patrick eigentlich auch Geschwister?«, erkundigte sich Laurie neugierig.

Orchid schüttelte den Kopf. »Nein, er hat niemanden.«

»Ehrlich? Niemanden? Wie traurig«, sagte Ruby.

»Seine Eltern sind bei einem Verkehrsunfall gestorben, und Geschwister hat er auch keine.«

»Aber irgendwelche Verwandten wird er doch in den Staaten noch haben?« Patrick kam aus West Virginia, wenigstens das hatte Laurie einmal aus ihm herausquetschen können.

Wieder schüttelte Orchid den Kopf. »Er hat wirklich niemanden.«

»Er hat dich«, sagte Ruby.

Orchid strahlte. »Ja, das hat er. Mich in einem pinken Tüllkleid.«

Keira lachte. »Was schenkst du deiner Schwester zur Hochzeit?«, wollte sie dann wissen.

»Ich habe den beiden Musicalkarten besorgt.«

»Wie schön. Da werden sie sich sicher freuen. Wie wäre es mit Schokolade in Herzform dazu?« Schnell fügte sie hinzu: »Tut mir leid, ich wollte nicht die Verkaufstour abziehen. Ich habe nur gerade solche Schokoherzen in einer unglaublich süßen Schachtel reinbekommen.«

»Ich komme gerne morgen mal vorbei und sehe sie mir an.« Orchid lächelte und nahm noch einen Schluck Tee.

Da klopfte es an der Tür, und alle drehten sich zum Eingang um.

KAPITEL 3

Draußen stand eine ältere Dame, die sie alle gut kannten: Mrs. Witherspoon, eine zierliche Frau um die achtzig mit schlohweißen Haaren. Sie wohnte in einem winzigen Haus ganz in der Nähe und kam des Öfteren vorbei, weil sie kaum noch jemanden hatte, mit dem sie sich unterhalten konnte.

Laurie winkte sie herein.

»Hallo, Mrs. Witherspoon, wie geht es Ihnen?«, fragte sie und bot der Frau gleich ihren Platz an. Für sich selbst zog sie einen Stuhl vom Nebentisch heran.

»Guten Abend, ihr Lieben. Ach, nicht so gut, mein Mantel ist kaputt«, sagte Mrs. Witherspoon und wirkte ganz bekümmert.

»Was ist denn damit?«, fragte Laurie sogleich und begutachtete das Stück: ein leichter Sommermantel, der ganz sicher schon bessere Tage erlebt hatte.

Mrs. Witherspoon zeigte ihnen die Seitennaht, die aufgerissen war. Dabei konnte man auch deutlich die kaputte Tasche erkennen, die nur noch an einigen Fäden hing. Mehrere Knöpfe fehlten ebenfalls.

Laurie verspürte wie so oft ein unglaubliches Mitleid mit der alten Dame. Am liebsten hätte sie ihr einen Hunderter in die Hand gedrückt und ihr gesagt, sie solle sich einen neuen Mantel kaufen. Doch sie wusste, dass Mrs. Witherspoon das nicht recht gewesen wäre, denn sie war stolz und mochte kaum den Tee annehmen, den Laurie ihr nun einschenkte.

»Lassen Sie mal sehen«, sagte Susan und half Mrs. Witherspoon aus dem Mantel.

»Möchten Sie Zucker oder Milch in Ihren Tee?«, fragte Laurie.

»Was ist das denn für ein Tee?«, fragte Mrs. Witherspoon.

»Schwarzer Tee mit Kirsche.« Laurie hielt inne. »Ach, Sie vertragen ja gar kein Koffein, richtig? Wie dumm von mir. Ich mache Ihnen sofort einen anderen. Welchen hätten Sie denn gerne?«

»Kamillentee, wenn du welchen da hast, Herzchen.«

Laurie lächelte. Natürlich hatte sie Kamillentee.

»Kommt sofort«, sagte sie und ging nach hinten, um Wasser aufzukochen.

»Besuchen Sie mich morgen in meinem Laden«, hörte sie Susan zu Mrs. Witherspoon sagen. »Ich bin mir sicher, ich bekomme das wieder hin.«

»Ja, wirklich?«, fragte die alte Dame hoffnungsvoll, und Laurie konnte sie strahlen sehen, als sie um die Ecke blickte.

»Aber natürlich. Das ist ein Klacks. Übrigens fällt mir da etwas ein … Ich habe eine Wolljacke gestrickt, die der Frau, der ich sie schenken wollte, viel zu klein ist. Hätten Sie vielleicht Interesse an einer warmen Strickjacke? Sie ist weinrot, die Farbe würde Ihnen sicher ganz fabelhaft stehen.«

Laurie ging das Herz auf. Sie hätte Susan abknutschen können. Natürlich war das, was sie behauptet hatte, völliger Unsinn. Ziemlich sicher hatte sie die Wolljacke extra für Mrs. Witherspoon gestrickt. Damit sie es warm hatte, wenn der Sommer eine Pause einlegte.

Susan war ein herzensguter Mensch. Den lieben langen Tag saß sie in ihrem Laden, den Englischen Cockerspaniel zu ihren Füßen, und strickte, was das Zeug hielt: Wollpullover, Schals, Mützen, Handschuhe. Die fertigen Sachen gab sie den Obdachlosen auf der Straße oder Menschen wie Mrs. Witherspoon. Wenn die sie nicht annehmen wollten, wusste Susan nur zu gut, wie sie sie doch dazu bewegen konnte.

»Du bist ein Schatz, Susan«, sagte Mrs. Witherspoon gerührt, als Laurie ihr den Tee brachte.

»Kein Problem. Das mache ich doch gerne.«

»Probieren Sie mal die Kirschen mit Schokolade, die Keira mitgebracht hat«, meinte Laurie und hielt der alten Dame den Teller hin, auf dem nur noch wenige Kirschen übrig waren.

»Selbst gemacht«, sagte Keira stolz.

»Die sehen köstlich aus, da sage ich nicht Nein.« Mrs. Witherspoon steckte sich eine in den Mund, der sich auf der Stelle zu einem breiten Lächeln verzog. »Und so schmecken sie auch.«

»Danke schön«, erwiderte Keira strahlend. Sie freute sich immer sehr über Komplimente.

»Lasst euch bitte nicht von euren Gesprächen abhalten«, sagte Mrs. Witherspoon entschuldigend. »Verzeiht, dass ich hier so einfach hereinplatze und störe.«

Laurie schüttelte den Kopf. »So ein Unsinn! Sie sind bei uns jederzeit willkommen. Ich möchte, dass Sie das wissen.«

»Ihr seid wirklich einmalig, alle miteinander. Die gute Valerie wäre stolz auf euch.«

»Wäre sie das?«, fragte die immer bescheidene Ruby, die mehr über Valerie Bonham wusste als die anderen. Sie schien ihre gesamte Freizeit damit zu verbringen, Daten und Fakten zur guten Valerie und zur Geschichte Oxfords zu sammeln. Ruby fuhr total auf Historisches ab, schaute sich gerne Downton Abbey an und wirkte manchmal selbst wie eine Figur aus einer anderen Epoche.

»Oh ja. Ganz sicher. Worüber habt ihr denn gerade gesprochen?«

»Darüber, was wir am Wochenende vorhaben. Orchid spielt die Brautjungfer für ihre Schwester, in einem wunderhübschen pinkfarbenen Kleid«, erzählte Keira.

»Ach ja? Das würde ich gerne sehen.«

»Wenn Sie unbedingt blind werden wollen«, murmelte Orchid.

»Wie bitte?«

»Ich werde Ihnen ein Foto zeigen, okay?«

Mrs. Witherspoon lächelte zustimmend.

»Und ihr anderen? Was habt ihr so vor?«, fragte Laurie. »Ruby?«

»Ich werde auf einige Flohmärkte gehen und mich nach hübschen Raritäten umsehen«, erzählte Ruby, die die meiste Zeit über sehr still gewesen war.

»Vielleicht könntest du auch nach einem Mann für Laurie Ausschau halten? Er kann ruhig etwas verstaubt sein«, sagte Orchid lachend.

Laurie starrte sie ungläubig an, während Keira, Susan und vor allem Mrs. Witherspoon in Orchids Gelächter einstimmten.

»Hey, was soll das? Wenn du so weitermachst, werde ich das Foto von dir als pinkes Etwas ins Internet stellen!«, warnte Laurie Orchid halb scherzhaft. Ein wenig verletzt war sie nämlich schon.

»Na, stimmt doch. Du hattest seit … lass mich überlegen … seit ich dich kenne, noch kein Date, oder?«

Warum musste Orchid nur immer so direkt sein? Das war ja fast so, als hätte sie ihre Mutter vor sich. Die war genauso nervtötend.

»Nett, dass du mich dran erinnerst.«

»Sorry, falls ich da einen Nerv getroffen habe«, entschuldigte sich Orchid. »Ich finde einfach, dass du viel zu hübsch und zu nett bist, um allein zu sein.«

Und warum sagte Orchid ihr das? Susan und Ruby waren doch ebenfalls Single. Und bei der verwitweten Mrs. Witherspoon wusste sie es zwar nicht genau, nahm aber nicht an, dass sie in ihrem Alter noch eine heiße Affäre hatte.

Trotzdem konnte sie Orchid nicht wirklich böse sein, vor allem wenn sie ihr so schmeichelhafte Dinge sagte.

»Vielleicht gibt es da ja jemanden«, meinte sie, weil sie fand, dass es an der Zeit war, die anderen an ihren Gefühlen teilhaben zu lassen – und weil Barry schon den ganzen Abend in ihrem Kopf herumschwirrte.

»Wen denn?«, fragte Orchid neugierig und spitzte die Ohren.

»Ich weiß, wen!«, rief Keira und hob die Hand, als wären sie in der Schule.

»Was weißt du, was wir nicht wissen?«, fragte Susan.

Keira grinste Laurie an. Ihre Miene sprach Bände: Sie war total begierig darauf, ihre Geschichte loszuwerden.

»Nur zu. Irgendwann erfahren sie es ja doch, zum Beispiel, wenn ich das nächste Mal in seiner Nähe in Ohnmacht falle«, sagte Laurie schicksalsergeben. Sie und Keira kannten sich von allen am längsten und waren seit gut fünf Jahren befreundet. Nur Susan hatte damals auch schon ihren Laden in der Valerie Lane gehabt, doch die hatten sie erst viel später wahrgenommen, da sie mehr für sich geblieben war und sich ihnen erst mit der Zeit genähert hatte. Ruby war gerade mal achtzehn gewesen, und ihre Mutter hatte noch den Antiquitätenladen geführt. Kurze Zeit später war Ruby nach London gegangen, um zu studieren. Sie war erst nach dem plötzlichen Tod ihrer Mum zurückgekehrt, um das Geschäft zu übernehmen.

Keiras Grinsen wurde nur noch breiter, als sie jetzt dazu ansetzte, von dem peinlichen Tag zu erzählen, an den sich Laurie nur zu gut erinnerte.

»Nun rück schon raus mit der Sprache!«, forderte Orchid.

Alle, auch Mrs. Witherspoon, nein, besonders Mrs. Witherspoon, sahen Keira neugierig an.

Oje, Laurie wurde schon rot, bevor Keira überhaupt begonnen hatte.

»Ihr kennt Barry?«, wollte diese jetzt wissen.

»Wen?«, fragte Ruby, die nie irgendwen kannte.

»Der Teelieferant«, informierte sie Susan, die das genaue Gegenteil von Ruby war und immer alles um sich herum mitbekam. Für sie war das Leben ein einziger Liebesfilm, den sie mit Spannung verfolgte.

»Genau. Der Teelieferant.« Keira nickte.

»Braunes Haar, ziemlich groß, immer in irgendeinem Band-T-Shirt? Sieht ein bisschen aus wie Jude Law? Den habe ich schon ein paarmal vor deinem Laden parken sehen. Der ist echt nicht übel«, meinte Orchid.

Lauries Herz klopfte wie verrückt. Also lag sie doch richtig: Barry hatte tatsächlich Ähnlichkeit mit ihrem Lieblingsschauspieler. Wenn das sogar Orchid sagte …

»Und was ist nun mit diesem Barry? Bist du etwa verknallt in den?«, fragte die nun grinsend.

»Sozusagen«, entgegnete Laurie mit roten Wangen.

Und Keira fügte hinzu: »Ich sage nur so viel: Unsere liebe Laurie ist in Gegenwart dieses Mannes nicht ganz sie selbst.«

»Wie meinst du das?«, hakte Susan sogleich nach.

Mrs. Witherspoon rieb sich die Hände und lauschte. Wahrscheinlich war das hier für sie besser als jedes Fernsehprogramm.

»Oookay … Vor ungefähr sechs Monaten, als Barry ihr die erste Teelieferung brachte, war ich zufällig gerade bei ihr im Laden, um sie meine neu kreierten Zimtpralinen probieren zu lassen …«

»Das hast du dir gemerkt?«, fragte Laurie erstaunt.

»Pssst!«, machte Orchid. »Lass sie weitererzählen.«

»Ich merke mir alles, was mit Schokolade zu tun hat«, stellte Keira klar und fuhr fort. »Also, Barry betrat den Laden, und da errötete unsere gute Laurie auch schon. Als er ihr dann die Rechnung in die Hand drückte, dachte ich, sie würde gleich umkippen. Am liebsten hätte ich ihr mit einem der Fächer aus der Schaufensterdeko Luft zugewedelt.«

»War es so warm an dem Tag?«

»Es war ein kalter Januartag.«

»Du merkst dir aber auch echt alles.« Laurie starrte ein wenig verlegen auf ihre Beine. Heute hatte sie keine Laufmasche.

»Es war also Liebe auf den ersten Blick?«, fragte Ruby und fasste sich ans Herz.

»Wie in einer dieser Liebeskomödien«, bestätigte Keira sogleich. Sie strich sich die braune Strähne, die aus ihrem Pferdeschwanz gerutscht war, hinters Ohr und erzählte weiter. »Laurie stellte mir Bartholomew Lohan vor und …«

»Bartholomew? Haha!« Orchid prustete los. »Jetzt weiß ich auch, was du mit Komödie meintest.«

Keira grinste wieder. »Ja, genau. So heißt der Gute nämlich eigentlich. Und als er uns sagte, wir könnten ihn aber gerne Barry nennen, ließ Laurie ihn wissen: ›Ich führe eine große Auswahl an Sweet Barry.‹ Versteht ihr? Laurie hat aus Sweet-Berry-Tee gleich mal Sweet Barry gemacht.« Sie lachte. »Unsere liebe Laurie lief rot an wie eine reife Tomate, weil sie solch einen Quatsch erzählte. Barry fand es aber anscheinend lustig, denn er hat gelacht. Ob aus Höflichkeit oder weil er Lauries nervöses Geschwafel witzig fand, weiß ich allerdings nicht.«

Orchid prustete laut los. »Ich mach mir gleich in die Hose«, rief sie und schlug ein Bein übers andere.

»Freut mich, dass ich euch so belustigen kann.« Laurie versteckte ihr knallrotes Gesicht hinter einer vorgehaltenen Hand.

»Kindchen, das ist doch alles nicht so schlimm. Ganz im Gegenteil. Auch wenn ich den guten Mann nicht kenne, so sehe ich doch, wie gern du ihn hast. Du musst ihm unbedingt sagen, was du fühlst«, warf Mrs. Witherspoon ein.

Ach, wenn das doch nur so einfach wäre, dachte Laurie und griff nach der letzten Kirsche.

»Und wie mache ich das?«, wandte sie sich an die Erfahrenste von ihnen allen. Wenn ihr jemand einen Rat geben konnte, dann wohl Mrs. Witherspoon. Wenn schon die gute Valerie nicht da war …

»Nur keine Schüchternheit. Männer mögen selbstbewusste Frauen«, erklärte die alte Dame.

Oh. Hm, okay. Guter Tipp. Nur leider besaß Laurie kein bisschen von besagtem Selbstbewusstsein, das sie Barry näherbringen könnte.

»Ich bekomme jedes Mal Schnappatmung, wenn ich vor ihm stehe«, gestand sie. »Ich bringe in seiner Gegenwart kaum ein normales Wort hervor – wie soll ich ihm denn da meine Gefühle gestehen?«

»Mrs. Witherspoon hat recht. Einfach raus damit! Und wenn du dir vorher ein wenig Mut antrinken musst«, schlug Orchid vor.

»Barry taucht bei mir immer dienstags um neun Uhr morgens auf. Und da soll ich vorher schon was Starkes zu mir nehmen? Einen Scotch zum Frühstück, oder wie?«, gab Laurie zurück.

»Hmhm«, machte Orchid. »Dann müssen wir dir wohl helfen. Mission Barry! Wer hat eine Idee?«

Laurie wurde warm ums Herz. Ihre Freundinnen waren einfach fantastisch. Sie betrachtete eine nach der anderen, wie sie darüber nachgrübelten, wie man sie und Barry zusammenbringen konnte. Und auch wenn ihr ein wenig mulmig war, musste sie gestehen, sie war ganz froh darüber, dass es jetzt raus war und sie Hilfe bekam. Sonst würde das Ganze noch sechs Monate so weitergehen – oder sechs Jahre!

»Wie wäre es, wenn wir ihn mal mittwochabends in unsere Runde einladen?«, schlug Susan vor.

»Keine gute Idee. Als Hahn im Korb könnte er sich unwohl fühlen«, entgegnete Orchid.

»Ich habe doch diese tolle Herzschokolade. Wenn du ihm davon eine Schachtel schenkst, sagt das alles, finde ich. Da brauchst du gar keine Worte«, kam es von Keira.

»Schon besser. Aber zu offensichtlich. Falls Barry nicht dasselbe fühlt, könnte das peinlich werden.« Orchid schien sich in Liebesangelegenheiten besser auszukennen als sie alle zusammen.

»Hast du keine Idee?«, fragte Keira sie.

Orchid fasste sich ans Kinn und rieb ein bisschen daran herum. »Glaubst du denn, Barry empfindet auch etwas für dich?«, fragte sie Laurie.

»Ich bin mir total unsicher. Manchmal sieht er mich so an … und wir unterhalten uns wirklich immer nett.«

»Nett? Oh Mann, das hört sich ja aufregend an … Okay, lasst mich nur machen. Ich kümmere mich schon um das schüchterne Pärchen. Ich bin gut darin, Leute zu verkuppeln«, sagte sie zu den anderen.

Oje. Was Orchid wohl vorhatte? Ganz so genau wollte Laurie da gar nicht drüber nachdenken, oder ihr würde nur wieder schwindlig werden. Vor allem, weil sie Orchid nur zu gut kannte.

»Nun guck nicht so ängstlich«, sagte Keira. »Orchid wird schon wissen, was sie tut. Wir wollen doch alle nur dein Bestes.« Sie nahm Lauries Hand und drückte sie.

»Na gut, dann lege ich mein Schicksal in eure Hände«, erwiderte Laurie und hoffte nur, dass das Ganze nicht mächtig in die Hose ging.

KAPITEL 4

Laurie trat aus dem Haus und lächelte. Heute war wirklich ein wunderschöner Tag. Erst kurz nach acht, aber die Sonne strahlte bereits und versprach Wärme, Sommer und Glück.

»Guten Morgen, Mr. Rutherford!«, rief sie ihrem Nachbarn zu, der gerade im Morgenmantel die Zeitung reinholte und freundlich zurückgrüßte.

Ihr kirschroter Pferdeschwanz wippte hin und her, während sie ein Lied summte. Sie war richtig froh, dass ihre Freundinnen jetzt Bescheid wussten, was Barry anging. Sechs Monate waren eine lange Zeit gewesen, in der sie ihre Gefühle für sich behalten hatte. Warum sie das getan hatte, wusste sie selbst nicht so genau, wahrscheinlich hatte sie darauf gewartet, dass es etwas Spannenderes zu erzählen gäbe, statt einfach nur über Barrys Existenz zu berichten. Aber da hätte sie wohl ewig warten können. Sie musste immer wieder darüber nachdenken, was Orchid gesagt hatte, und auch an deren verschwörerisches Grinsen beim Abschied. Sie hoffte, dass die »Mission Barry« sie ein Stückchen weiterbringen würde, wenn auch nur ein ganz kleines.

Sie stieg in ihren himmelblauen Beetle und fuhr zur Arbeit. In der Innenstadt waren Autos eigentlich strikt verboten. Der ganze Shoppingbereich war eine einzige Fußgängerzone, lediglich Lieferfahrzeuge durften ihn zwischen sechs Uhr abends und zehn Uhr morgens durchqueren. Da Laurie einige Kartons mit Verpackungsutensilien transportieren musste, nahm sie an diesem Morgen ausnahmsweise das Auto, um zu ihrem Laden zu kommen.

Die Valerie Lane war eine winzig kleine Straße mit Kopfsteinpflaster. Dazu war sie eine Sackgasse, denn hinter Rubys Laden kam nichts mehr außer ein paar Bäumen, darunter auch ein alter Kirschbaum, von dem es hieß, dass er noch älter als Valerie Bonham sei. Sie habe angeblich sogar Marmelade aus den Kirschen gekocht, erzählte man. Aber ob diese Geschichte wahr oder doch wieder nur eines der vielen Gerüchte war, wusste Laurie nicht.

Die Valerie Lane war eine dieser netten kleinen Straßen, die einen sofort in die gute alte Zeit versetzten, wenn man in sie einbog. So standen dort sogar noch die alten Straßenlaternen, die die Valerie Lane vor vielen, vielen Jahren erleuchtet hatten und die Laurie jedes Mal ein nostalgisches Gefühl vermittelten. Valeries lieber Mann Samuel war damals an jedem Abend herumgegangen und hatte die sechs Gaslaternen noch per Hand angezündet. Und obwohl sie heute nur noch Dekoration und längst durch richtige Straßenlampen ersetzt worden waren, hatte Laurie den Eindruck, genau zu wissen, wie es hier zur Zeit ihrer Urgroßeltern ausgesehen hatte.

Sie und ihre Freundinnen gaben ihr Bestes, um die Valerie Lane in Gedenken an Valerie Bonham erstrahlen zu lassen. Zu Halloween dekorierten sie alles mit Kürbissen und Herbstblumen, zu Weihnachten hängten sie Lichterketten auf, und jetzt im Sommer hatten sie die schweren Blumenkübel aus hellem Stein, die hier und da standen, mit leuchtenden Sommerblumen bepflanzt, um das Bild der efeuumrankten Häuserfassaden und der Blumenampeln, die über den einzelnen Läden hingen, noch abzurunden. Die lila Hortensien und orangefarbenen Lilien verströmten einen fabelhaften Duft. Laurie bemerkte, dass die Lilien schon halb verblüht waren, und machte sich eine gedankliche Notiz, dass sie Ruby bitten wollte, sie demnächst mit ihr umzupflanzen und durch andere Blumen zu ersetzen, Chrysanthemen vielleicht. Ja, im Spätsommer wollte sie alles so schön haben wie im letzten Jahr.

Spätsommer … das war noch eine ganze Weile hin. Vorher würde Barry erst mal nach Hongkong fliegen. Laurie hoffte, er würde dort nicht wirklich eine Frau kennenlernen. Oder irgendwo sonst. Allein der Gedanke daran machte sie ganz verrückt. Eigentlich wusste sie ja nicht einmal, ob Barry überhaupt Single war. Er trug jedoch keinen Ehering und hatte auch noch nie eine Frau oder Freundin erwähnt. Dass er womöglich gebunden war, wollte ihr Herz gar nicht in Betracht ziehen.

Wie konnte sie es nur hinbekommen, ihn noch vor Hongkong um eine Verabredung zu bitten?

»Huhu, Laurie!«, hörte sie jemanden rufen und drehte sich um. Es war Susan. Sie war die Einzige von ihnen, die in der Valerie Lane wohnte – direkt über ihrem Laden.

»Guten Morgen.« Laurie lächelte.

»Alles in Ordnung?«

»Ja, alles gut. Wieso?«

»Na, weil du dastehst und so verträumt vor dich hin starrst. Ich dachte, es wäre vielleicht irgendetwas … Ach, du meine Güte! Was ist denn mit deinem Auto geschehen?« Susan zeigte auf die tiefe Delle, die den Beetle zierte.

»Ach, das ist keine große Sache«, winkte Laurie ab.

Die Delle … ja, so etwas passierte, wenn man nach Feierabend nach Hause fuhr und in Gedanken ganz bei einem gewissen Mann war, weshalb man nicht richtig auf die Straße achtete und einen Müllcontainer umfuhr. Wie am vergangenen Abend. Weder die Fahrerin noch der Müllcontainer hatten sich einen ernsthaften Schaden zugezogen, einzig das arme Auto war ein wenig demoliert.

»Na, wenn du meinst.«

»Sag mal, war Mrs. Witherspoon gestern bei dir wegen ihres Mantels?«

»Ja, das war sie. Er ist so gut wie neu, und ich habe ihr die Strickjacke mitgegeben. Passt ihr wie angegossen.«

»Welch ein Zufall.« Laurie kniff ein Auge zu.

»Ja, oder?« Susan zwinkerte zurück.

»Ich habe Mrs. Witherspoon doch am Mittwochabend nach Hause gebracht. Stell dir vor, die Frau lebt ganz allein in diesem winzigen alten Haus, sie tut mir so leid.«

»Ja, ich weiß«, sagte Susan. »Terry und ich haben sie selbst schon ein paarmal nach Hause begleitet. Mir tut sie auch leid. Ich wünschte, wir könnten irgendetwas für sie tun. Wenn ich nur wüsste, was.«

»Du tust doch schon so viel für sie. Ich glaube, das bedeutet ihr eine Menge.«

»Ja, mag sein. Trotzdem, ich würde ihr gerne mal so eine richtige Freude machen. Wollen wir vielleicht mal mit ihr essen gehen?«, fragte Susan.

»Eine schöne Idee. Schlag das doch am nächsten Mittwoch mal den anderen vor. Ich bin mir sicher, die sind mit von der Partie.«

»Werde ich machen. Ich muss dann mal meinen Laden öffnen, es ist fast neun.«

»Oh, schon?« Laurie sah auf ihre Armbanduhr. Einige Minuten blieben ihr noch, aber sie musste ja auch noch den Wagen wegfahren, da das Parken in der Valerie Lane wie in den umliegenden Straßen verboten war. Sie wünschte Susan einen schönen Tag und schloss die Tea Corner auf, stellte schnell die Kartons hinein und brachte Jude weg. Jude war der Beetle, und weshalb Laurie ihren fahrbaren Untersatz so genannt hatte, konnte sich jeder denken, der Laurie kannte und wusste, dass sie sich Liebe braucht keine Ferien mindestens einhundert Mal angesehen hatte.

Der Tag verlief wie jeder andere. Kunden kamen und gingen. Die vier Tische waren die meiste Zeit des Tages besetzt. Laurie kochte Tee und servierte dazu Gebäck, bereitete neue Teemischungen zu und dekorierte ein wenig um. Ach, sie liebte ihren kleinen Laden einfach. Sie liebte das große, einladende Schaufenster, die Regalreihe voller Teedosen und -tütchen, welche die ganze linke Seite des Raumes einnahm, den alten Ladentisch aus dunklem Holz, die hübsche Kommode, die gleich neben dem Fenster stand und ihre besten und exklusivsten Teesorten besonders gut zur Geltung brachte, und den alten Lagerraum, in dem es so wundervoll duftete, dass man die Gerüche einfach nur einsaugen und für immer in seiner Nase behalten wollte.

Eigentlich gab es in Lauries Leben nicht sehr viel mehr als den Teeladen. Sie stand an sieben Tagen in der Woche hinterm Tresen, eine Aushilfe hätte sie sich zwar eventuell leisten können, aber sie wollte überhaupt niemand anders im Laden stehen haben. Denn er war ihr Baby, ihr Ein und Alles.

Als sie ihren Eltern nach dem Studium und einigen Jahren Arbeit in einer bekannten PR-Agentur gesagt hatte, sie wolle ein Teegeschäft eröffnen, hatten die sie angesehen, als hätte sie den Verstand verloren. Bis heute begriffen sie nicht, wie viel ihr die Selbstständigkeit bedeutete, wie sehr sie es liebte, ihr eigenes Ding aufzuziehen, Entscheidungen allein zu treffen, ihr eigener Boss zu sein. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass das, womit sie ihren Lebensunterhalt verdiente, Tee war.

Ohne die Hilfe ihrer Eltern hätte sie es dennoch nicht geschafft. Wenn ihr Dad ihr nicht zum Studienabschluss die Doppelhaushälfte gekauft hätte und sie auf diese Weise eine Menge Grundkosten sparen würde, hätte sie es weitaus schwerer. Denn die Miete für den Laden in der beliebtesten Einkaufsgegend Oxfords hätte sie sich ansonsten sicher nicht leisten können – oder sie hätte auf so gut wie alles verzichten und ständig sparen müssen.

Heute hatte sie sich selbst eine Kanne Ingwer-Zitrone-Minze-Tee zubereitet und füllte sich gerade zum zweiten Mal nach. Ihre dunkelblaue Lieblingstasse hatte leider einen Sprung, aber das machte nichts, solange sie noch nicht auseinanderbrach. Eines Tages würde sie trotzdem Ausschau nach einer neuen halten müssen. Die Gäste bekamen natürlich das gute Geschirr, das mit dem Goldrand, aus dem der Tee immer noch ein bisschen erlesener schmeckte.

Mr. Monroe, ein Mann von Mitte fünfzig mit Ziegenbart, der schon eine ganze Weile an einem der Fenstertische saß und das gemütliche Treiben in der Valerie Lane beobachtete, lobte sie für den Granatapfeltee, den Barry ihr am Dienstag gebracht hatte. Er war frisch aus Marokko eingetroffen und versprühte einen unwiderstehlichen fruchtigen Duft. Laurie freute sich jedes Mal, wenn sie Komplimente bezüglich ihrer guten Auswahl bekam, und gab ihrem Gast deshalb noch ein paar extra Kekse, und zwar mit einem herzlichen Lächeln. Sie mochte Mr. Monroe. Er lebte in der Wohnung über Orchid’s Gift Shop und war aus der Valerie Lane überhaupt nicht mehr wegzudenken. Genauso wie ihre Freundinnen, die alten Gaslaternen oder das hübsche metallene Schild mit der Aufschrift »Laurie’s Tea Corner«, das an einem geschwungenen eisernen Bogen über ihrer Ladentür hing und heute so still stand, als wäre es in der Luft festgeklebt.

Unentschlossen stand Laurie eine Stunde später vor der alten, weiß gestrichenen Holzkommode, die ihr als Auslage diente. Die Schubladen standen offen und beinhalteten die Gewürztees; die Oberfläche war ein guter Platz, um neue Sorten zu präsentieren. Doch die alte Deko gefiel ihr auf einmal nicht mehr. Sie bestand lediglich aus einem hölzernen Elefanten und ein paar falschen Seerosenblüten. Laurie wollte etwas Neues. Ihr kam die Idee, eine Schatztruhe aufzustellen, in der sie die neuen Sorten platzieren konnte. Sie dekorierte gerne passend zu ihren neuesten Errungenschaften, um diese besonders in Szene zu setzen. Zu den indischen Gewürztees und den marokkanischen Früchtetees würden vielleicht ein Fernrohr, Goldmünzen oder eine Schatzkarte passen. Irgendetwas, das den Kunden zeigte, wie besonders, ja, wie wertvoll diese Tees waren.

Gleich nach Ladenschluss ging Laurie rüber zu Ruby und strich dem alten gusseisernen Charles Dickens, der auf der Bank vor Ruby’s Antiques saß, über den Kopf. Sie warf einen Blick durch die gläserne Tür, auf der in weißen Buchstaben die Öffnungszeiten standen. Zum Glück war Ruby noch da. Sie saß hinter dem Ladentisch und las in einem Buch. Es sah so aus, als hätte sie nicht einmal bemerkt, dass es bereits sechs Uhr war.

Als Laurie klopfte, sah Ruby auf, lächelte und winkte sie herein. Sie trug eines ihrer Zwanzigerjahre-Kleider; es war beige und eher formlos, hatte diese typischen Fransen und ging bis knapp übers Knie. Dazu hatte sie einen silbernen Reif im Haar.

»Du hast noch geöffnet?«

»Wieso auch nicht? Ist es etwa schon …« Sie sah auf die alte Kuckucksuhr, die an der Wand hing. »Oje, ich habe wohl schon wieder den halben Nachmittag verlesen.«

Laurie wunderte sich. War es denn so still im Laden gewesen, dass das hatte passieren können? Wenn sie genauer darüber nachdachte, fiel ihr auf, dass sie in letzter Zeit nur selten einen Kunden bei Ruby gesehen hatte. Auch wenn es ihr unangenehm war, musste sie ihre Freundin unbedingt bald mal darauf ansprechen. Sie hoffte sehr, dass Ruby nicht pleiteging. Der Antiquitätenladen war bereits seit Generationen in ihrer Familie, außerdem waren dies die Räume von Valerie Bonhams Gemischtwarenladen – nicht auszudenken, was mit ihnen passieren würde, wenn Ruby gehen müsste. Am Ende eröffnete hier noch ein Tattooladen, oder schlimmer noch, womöglich würde man alles restaurieren, und der Laden würde seinen ganzen Charme verlieren. Den Geruch, der an vergangene Zeiten erinnerte. Die alten Dielen, die so schön knarrten, wenn man auf sie trat … Laurie liebte diesen Ort, er schenkte ihr Geborgenheit, und er brachte ihnen allen die gute Valerie ein wenig näher.

»Ich wollte dich etwas fragen«, sagte Laurie und sah Ruby dabei zu, wie sie ihr Buch zur Seite legte, aufstand und die Tür abschloss. Dann drehte sie das »Geöffnet«-Schild um und wandte sich wieder ihr zu.

»Was gibt’s?«

»Du sagtest doch, dass du am Wochenende vorhast, auf einige Flohmärkte zu gehen, oder?«

Ruby nickte.

»Würdest du mich mitnehmen?«

Ruby schien zu überlegen. »Ja klar«, sagte sie dann. »Wir müssen aber schon früh los.«

Das war Laurie bewusst. Natürlich mussten sie um Punkt neun ihre Läden öffnen, zumindest am Samstag. Sonntags machten sie erst um elf auf. Aber der frühe Vogel bekam die fettesten Würmer, oder wie hieß es noch gleich? Zumindest dachte sich Laurie, dass sie, je früher sie die Märkte aufsuchten, umso bessere Schnäppchen ergattern könnten.

»Das ist kein Problem. Nenn mir einfach eine Uhrzeit.«

»Sonntag um sieben?«

»Okay.«

»Ich würde mal sagen, der Flohmarkt in Cowley ist eher nichts für dich, da gibt es hauptsächlich Antikes, Sammlerzeugs, Briefmarken und so. Der wäre auch am Samstag. Am Sonntag aber findet ein richtig toller in Park Town statt, den mag ich sehr. Da bekommt man echt alles. Wonach suchst du denn eigentlich?«

»Das weiß ich selbst noch nicht so genau. Auf jeden Fall etwas zum Dekorieren für den Laden.«

»Hm, na gut. Soll ich dich am Sonntag um Viertel vor sieben abholen?«

»Abgemacht!«

Laurie freute sich richtig darauf. Hoffentlich würde sie finden, was ihr vorschwebte. Und vielleicht ergab sich dann ja auch die Gelegenheit, Ruby auf die fehlende Kundschaft anzusprechen …

KAPITEL 5

Zwei Tage später stand Ruby morgens um Punkt Viertel vor sieben vor Lauries Doppelhaushälfte. Laurie nahm noch schnell die beiden Porzellanbecher mit Deckel zur Hand – und blieb vor der Beifahrertür stehen. Aufmachen ging nicht.

Ruby lächelte und stieß ihr die Tür auf. »Was bringst du denn da an? Warte, es ist Tee, oder? Was für eine dumme Frage aber auch.« Sie nahm den Becher entgegen, den Laurie ihr reichte.

»Ja. Chai Latte, ich hoffe, darauf hast du Lust?«

»Ich habe zu Hause nur schnell einen Rest alte Cola getrunken, Chai Latte klingt also wundervoll.« Ruby nahm einen Schluck und machte »Mmmm«.

Laurie lächelte zufrieden, und sie fuhren los.