Warum bist du nicht, wie ich dich gern hätte? - Casy M. Dinsing - E-Book

Warum bist du nicht, wie ich dich gern hätte? E-Book

Casy M. Dinsing

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Beschreibung

Alltagsfallen in der Liebe umgehen

»Wieso kapiert er nicht, was ich brauche?« »Was will sie bloß von mir?«

Casy Dinsing erklärt in ihrem Ratgeber auf fachlich fundierte und lockere Weise, warum und wie Beziehungen in Schieflage geraten. Sie analysiert mal charmant, mal provokant die typischen Probleme und Streitthemen in Beziehungen, mit denen vor allem Frauen in die Coachings der psychologischen Beraterin kommen: das liebe Geld, gemeinsame Zeit oder Hobbys, deine Familie – meine Familie, und: »Woran merke ich überhaupt, dass du mich noch liebst?«.

Casy Dinsing erläutert anschaulich und mit Augenzwinkern anhand von Fallgeschichten aus dem Beziehungsalltag, wie Paare wieder zueinanderzufinden können statt noch weiter auseinanderzudriften. Tipps für gelingende Beziehungsgespräche, erprobte Coaching-Methoden und weiterführende Übungsblätter runden das Buch ab.

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Seitenzahl: 264

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Wie und warum geraten Beziehungen in Schieflage? Die Gründe dafür erklärt die psychologische Beraterin Casy M. Dinsing fachlich fundiert und auf humorvolle Art. Sie analysiert mal charmant, mal provokant typische Probleme und Streitthemen in Beziehungen: das liebe Geld, gemeinsame Zeit versus Hobbys, Eifersucht, deine Familie – meine Familie und »Woran merke ich überhaupt, dass du mich noch liebst?«.

Zahlreiche Fallgeschichten aus dem Beziehungsalltag zeigen anschaulich und mit einem Augenzwinkern, wie Paare wieder zueinanderfinden können, anstatt noch weiter auseinanderzudriften.

Mit Tipps für gelingende Beziehungsgespräche, erprobten Coaching-Methoden und weiterführenden Übungsblättern als Download-Material.

Casy M. Dinsing, M.A., ist psychologische Beraterin und Coach. Auf ihrem YouTube-Kanal Better Call Casy folgen ihr mehr als 32.000 Menschen. Die Liebe zum Denken ließ sie Philosophie studieren, das Interesse am Menschen führte zum Akademiestudium zur Psychologischen Beraterin. Weiterbildungen in Persönlichkeitspsychologie, NLP, Gesprächs- und Provokativer Therapie runden ihr Profil ab. Casy M. Dinsing lebt in Nordrhein-Westfalen und in Frankreich.

www.bettercallcasy.de

Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

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Im Buch vorkommende Personen und Einrichtungen wurden zur Wahrung des Persönlichkeitsrechts verfremdet. Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder toten Personen sowie Einrichtungen ist rein zufällig und in keiner Weise beabsichtigt.

Copyright © 2023 Kösel-Verlag, München,

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Umschlag: FAVORITBUERO, München

Umschlagmotiv: © Molibdenis-Studio / Shutterstock.com

Redaktion: Ralf Lay

Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering

ISBN 978-3-641-30487-4V002

www.koesel.de

Inhalt

Wieso dieses Buch?

Wegrennen oder wachsen?

Paar-TÜV

Ich behalte dich, obwohl ich dich nicht will

Auf wie vielen Beinen steht eine gesunde Beziehung?

Drei Fragen, die dich weiterbringen

Sprich mit mir!

Die Sprache der Frauen

Die Flut der Wörter

Reden als Rat

Das Mitteilungsbedürfnis der Frauen

Aussitzen

Anders ist sexy

Hör mir zu!

Das Gras ist lang

Indirekt direkt

Fragezeichen Frau

Komplimente

Drei Fragen, die dich weiterbringen

Stresstest Alltag

Haushaltsdebatten

Humor hilft!

Hoheitsgebiete

Der Reparaturauftrag

Arbeitsteilung

Stellvertreterstreit

Meine Ordnung, deine Unordnung

Alles Absicht?

Abgrenzung

Drei Fragen, die dich weiterbringen

Ich brauche dich!

Miss Brauch

Die gute Absicht

Klammern macht klamm

Wenn die Angst schwer im Magen liegt

Berg-und-Tal-Fahrt

Bollwerk gegen die Einsamkeit

Zweisam einsam

Blick in die Zukunft

Drei Fragen, die dich weiterbringen

Schau nur mich an!

Die Augenweide

Shift it statt lift it!

Lust auf schlechte Laune? Vergleich dich!

Der Mangelblick

Drei Fragen, die dich weiterbringen

Ich weiß, was gut für dich ist

Die Pille für den Mann

Der Kummer der Kümmerinnen

Versteckte Arbeitsteilung

Deine Zeit gehört mir

Terminamnesie

Männer zum Spielen schicken

Sturmfrei!

Drei Fragen, die dich weiterbringen

Liebe! Meine! Familie!

Wo liegen meine Wurzeln?

Ohne Abnabeln kein Anfang

Mitgift

Wer schießt auf Bambi?

Scherben bringen Glück

Erwach(s)en mit achtzehn oder achtzig?

Die Schwiegerelternallergie

Hotel Mama

Papa ist der Beste

Helikopter, Rasenmäher und U-Boote

Es ist dein Job, dafür zu sorgen, dass ich glücklich bin

Drei Fragen, die dich weiterbringen

Geld und Geltung

Drei Konten für den geraden Haussegen

Stellvertreterkriege

Von den Warenwerten zu den wahren Werten

Die Wanne ist voll

Etikettenschwindel

Happy wife, happy life

Drei Fragen, die dich weiterbringen

Warum bist du nicht, wie ich dich gern hätte?

Gedankenlesen

Rette mich (nicht)!

Jeder ist viele

Drei Fragen, die dich weiterbringen

Sex und so

Sexmärchen

All in one

Erfahrung macht den Meister

Drei Fragen, die dich weiterbringen

Streitkultur: Verknallung, Verliebung, Verpuffung?

Sprich mit Casy

Online-Zusatzmaterial: Übungsblätter

Literatur

Wieso dieses Buch?

Als ich mit dem Schreiben begann, machte ich mir zuerst keine Gedanken über Frauen oder Männer als »Ansprechpartner«: Es sollte ein Buch über die Liebe werden und wie sie gelingen kann. Liebe ist eines der Hauptthemen, weshalb Menschen mich als Coach buchen. Menschen: Männer und Frauen. Also auch Ansprechpartnerinnen. Liebe ist außerdem eines der schönsten und überhaupt der schwierigsten Themen. Das schön bleiben soll, na klar. Das Schwierige werde ich auf den nächsten Seiten aufdröseln … damit die Liebe wieder leuchten kann.

In meinen Beratungen, speziell zu Beziehungsthemen, spreche ich sowohl mit Männern als auch mit Frauen, gleich, welcher Orientierung. Aufgefallen bei all diesen Gesprächen ist mir ein fundamentaler Unterschied zwischen den Geschlechtern: Frauen suchen das Gespräch mit mir, während es in der Beziehung Probleme gibt. »Was kann ich tun, damit er mich endlich versteht?« Männer suchen das Gespräch, nachdem die Beziehung beendet ist – egal, von welcher Seite. Aber dann geht es auch ihnen darum, zu verstehen, nur in dem Fall halt, wieso die Beziehung gescheitert ist. Schade, oder? Hätten sie rechtzeitig miteinander geredet, und zwar wirklich miteinander, statt einander Vorträge zu halten, wer weiß, vielleicht gäbe es die Beziehung dann noch – vielleicht sogar mit einem tieferen Verständnis füreinander.

Als Zweites ist mir aufgefallen, dass bestimmte Streitthemen scheinbar nie aus der Mode kommen. Wenn es kracht, dann wird mit Vorliebe über Geld, Kommunikation, Eifersucht, Zeit oder Familie gestritten. Ausgiebig, langatmig und leider oft auch ohne befriedigendes Ergebnis. Mit Glück gibt es nach dem Streit grandiosen Sex, um die frustrierte Sprachlosigkeit zu überbrücken. Nur leider wird die Kluft zwischen den eigentlich Liebenden – oft langsam, aber sicher – größer. Bis sie nicht mehr zu überwinden ist. Um das zu verhindern, habe ich dieses Buch geschrieben, und ich habe die Themen ausgewählt, die mir in den vielen Beratungen am häufigsten begegnen.

Woran scheitern Paare am ehesten? Was ist typisch, auch für das jeweilige Geschlecht? Geschlechteridentitäten, Rollenzuschreibungen – all das ist in unserer modernen Gesellschaft fluide. Wir müssen nicht mehr bestimmten Rollenbildern entsprechen. Wir dürfen selbst entscheiden, wie wir leben wollen. Ich finde das super. Es entspricht meinem Verständnis von Miteinander und Akzeptanz. Nur manchmal beschleicht mich das leise Gefühl, dass, so offen und frei alles auch sein mag, wir doch nicht immer so leicht aus unserer Haut oder unserem Geschlecht rauskönnen. Auch wenn es in den sozialen Medien anders aussehen mag.

Es gibt manche Verhaltensweisen oder Denkmuster, die sich eben doch stärker bei Männern oder bei Frauen beobachten lassen. Wir überspitzen das in Comedy und Satire und haben unseren Spaß daran, zum Beispiel dass Frauen deutlich mehr reden als Männer. Es gibt unzählige Witze und Anekdoten zu den Wortfluten der Frauen im Gegensatz zur Wortwüste der Männer. Im Einzelfall ist das sicherlich nicht so pauschal zu sagen oder vielleicht sogar falsch. Aber wenn wir ehrlich sind, dann lachen wir darüber, weil wir uns auch ein wenig ertappt fühlen. Wir erkennen uns in Klischees, sie sind uns vertraut.

In meinen provokativen Coachings merke ich immer wieder, dass das Verständnis für bestimmte Phänomene steigt, wenn ich sie überspitze. Dazu zählen auch Geschlechterzuschreibungen. Er ist natürlich immer so und so, und sie versteht natürlich nie, dass … Und deshalb bediene ich mich hier und da solcher Überzeichnungen, wohl wissend, dass der und die Einzelne ein wenig anders ist.

Alle Fallbeispiele in diesem Buch sind echt, selbstverständlich verfremdet. Ich hoffe, dass du, liebe Leserin, Impulse und Ideen für deine Beziehung und zur Lösung eurer Herausforderungen mitnehmen kannst. Und falls du noch weitere, über das Buch hinausgehende Unterstützung wünschst, findest du am Ende des Buches einen Link zu Übungsblättern als Online-Zusatzmaterial.

Ein Wort zum Gendern: Ich habe mich entschieden, mit diesem Buch vor allem Frauen anzusprechen. Deshalb wähle ich bewusst die weibliche Ansprache. Wo es nötig ist, differenziere ich die Geschlechter. Solltest du ein Mann sein: Ich freue mich sehr, dass du da bist!

Wegrennen oder wachsen?

Ich verstehe nicht, wieso er das nicht versteht.

Es liegt doch auf der Hand.

Wenn ihm unsere Beziehung so viel wert wäre wie mir, würde er …

Ich weiß nicht, was sie will.

Ich mache doch alles, was ich kann.

Muss man wirklich über alles immer reden?

Das kommt drauf an, wen man fragt. Wer unzufrieden mit einer Beziehung ist, wird vermutlich zustimmen: Ja, natürlich muss man darüber reden! Und wenn es nötig ist, fünf-, zehn-, zwanzigmal, stundenlang. Bis eben alles geklärt ist. Aber manchmal lässt sich etwas nicht klären, das ist eigentlich normal. Von einer Beziehung erwarten wir allerdings oft Übermenschliches. Die totale Harmonie. Kann eine Beziehung das überhaupt leisten? Und muss immer alles geklärt sein, was insgeheim oft bedeutet, dass du tust, was ich will …? Oder darfst du du sein und ich ich, und wir begegnen uns auf Augenhöhe?

Eine gesunde Liebesbeziehung kann unendliche Kraft entfalten. Deshalb ist auch alles möglich. Sogar dass man zusammenbleibt, obwohl einer immer reden will und der andere am liebsten gar nicht und schon gar keine POGs, problemorientierte Beziehungsgespräche, führen möchte. Und dann? Hat man es schwer miteinander. Eine konfliktreiche Beziehung lastet wie eine dunkle Wolke über dem eigenen Empfindungshorizont. Das Leben macht keine Freude mehr, alles erscheint grau, drückend, dauernd denkt man an die schwelenden Konflikte, fühlt sich vielleicht abgelehnt, ungeliebt, verunsichert. »Soll ich mich von ihm trennen? Aber was kommt danach?« Und: »Warum bist du nicht mehr so, wie du mal warst?« Je mehr man sich auf die Probleme konzentriert, desto größer werden sie – und irgendwann verdrängen sie den ersten Blick. Als es Peng machte. Als ich mich ungeplant und unerwartet verknallte.

Erinnerst du dich noch an diesen magischen Moment, als du plötzlich gespürt hast, dass er oder sie »es« sein könnte?

Üblicherweise dauert dieser verknallte Zustand nur kurz, es ist diese wunderbare magische unsichere Zeit ganz am Anfang. Der andere besetzt Herz, Hirn und Hormone und man kann nichts dagegen tun. Man weiß nur, man will möglichst viel Zeit mit dieser Person verbringen und sie besser kennenlernen, Wenn es in diesem Zeitraum nicht zur Verpuffung, sprich Desillusionierung kommt, entfaltet sich Verliebtheit. Während die Verknallung noch von Leichtigkeit und Unverbindlichkeit geprägt ist, wird es bei der Verliebtheit verbindlicher und ernster. Aus ihr kann Liebe erblühen, inklusive Dornen, ein bisschen Unkrauts und des einen oder anderen Ungeziefers. Früher sprach man vom verflixten siebten Jahr, in dem Beziehungen häufig auseinandergingen. Heute hat sich das, wie so vieles andere auch, beschleunigt. Es ist statistisch das vierte Jahr, in dem sich die Geister und Herzen scheiden. Man hat sich ein festes Bild vom Partner gemacht, das leider anders aussieht, als man sich das gewünscht hatte. »Du bist ja gar nicht so, wie ich dachte, dass du bist.« Wie soll aus so einem Resümee wahre Liebe wachsen können? Liebe wächst, wenn man aufrichtig bereit ist, zumindest zu versuchen, den anderen so wahrzunehmen und zu lassen, wie er ist. Unter dieser Voraussetzung kann aus Verliebtheit etwas Wunderschönes entstehen, nämlich echte, wahre, tiefe und erfüllende Liebe. Und dann geht man ins fünfte Jahr. Oder man zögert und zaudert: ein Tanz auf der Klippe.

In einer solchen Phase der Ratlosigkeit, die oft mit sehr hohem Leidensdruck verbunden ist, kommen die meisten Menschen zu mir, wie gesagt mehr Frauen als Männer, weshalb ich mich dafür entschieden habe, den Doppelpunkt wegzulassen und überwiegend von Klientinnen statt Klient:innen oder dergleichen zu schreiben.

Frauen haben tendenziell ein größeres Interesse am Innen- und Beziehungsleben. Sie wollen verstehen, warum etwas so ist, wie es ist, während Männer tendenziell hinnehmen, was ist, ohne es groß zu hinterfragen. Sie sind mehr auf der Sachebene zu Hause als auf der Beziehungsebene. Dieses Verhalten liegt an der Evolution der Menschheit. Um ein Mammut zu erlegen, was ein Männerjob war, brauchte man nicht zu diskutieren. Sehr wohl aber, wenn man als Frau in der Gruppe Kinder beschützte und großzog. Dies erfordert viel Einfühlvermögen und Kommunikation und sollte möglichst gewaltfrei stattfinden.

Beide Kommunikationsstile haben Vor- und Nachteile. Einmal kann es die richtige Entscheidung sein, ausführlich und detailliert über ein Problem zu sprechen, ein anderes Mal kann es besser sein, einfach zu machen, statt lang und breit zu diskutieren. Es geht also um Flexibilität, um Wahlfreiheit. Oft bin ich in Beziehungsfragen als Dolmetscherin tätig, indem ich Frauen erkläre, wie Männer, und Männern, wie Frauen ticken. Nicht alle, aber viele. Ehrlich: die meisten.

Man könnte meinen, diese biologistische Sicht sei längst überholt. Wir senden ja keine Rauchzeichen mehr, sondern simsen, wir durchleuchten das Gehirn und knacken den Gencode. Im humanistischen Menschenbild beschäftigen wir uns mit Ressourcen und Potenzialen, nicht mit Mammuts. Ja, das ist richtig, aber das andere ist deswegen nicht weg. Es findet sich noch in unserem Gehirn. Unsere biologische Herkunft zu ignorieren, bringt gar nichts, es verschärft nur das Problem, da wir uns sonst gegen etwas auflehnen, was in uns angelegt ist. Gerade so, als würden wir ständig darüber diskutieren, warum wir nicht drei Arme statt nur zwei hätten, wo drei doch viel praktischer wären. Wir haben aber nicht drei, sondern zwei.

Die meisten Männer oder Frauen reagieren in gewissen Lebensbereichen unterschiedlich, aber für ihr Geschlecht tendenziell typisch. Das passt nicht gerade zu meinem Lebensgefühl und auch nicht zum Zeitgeist. Doch die Erfahrungen in meinen Coachings sprechen eine deutliche Sprache. Das gilt nicht für alle und jeden, es geht nicht darum, Geschlechter wieder festzulegen, sondern nur darum, anzuerkennen, dass es zwischen Männern und Frauen biologisch angelegte Muster gibt, die eben auch heute noch in uns wirken. Ich hätte es manchmal gern anders, aber es ist, wie es ist, und meine männlichen Persönlichkeitsaspekte geben sich damit zufrieden. Die gibt es nämlich auch noch, ebenso wie weibliche bei Männern. Und so schließen sich die Kreise … und verbinden sich – und auf einmal finden wir uns im Beziehungskarussell.

Auch wenn wir also meinen, wir wären rundum fortschrittlich, gibt es dennoch einen Teil in uns, der ein bisschen stehen geblieben ist, obwohl wir so schlau sind und reflektiert und wortgewandt und medial aufgeklärt. Dieser Teil braucht gelegentlich Anschubhilfe für die Beziehungen im 21. Jahrhundert.

Hinzu kommt, dass wir als Menschen Augentiere sind. Das heißt, unsere Wahrnehmung ist nach außen gerichtet. Deshalb vermuten wir Probleme in der Regel außerhalb, heißt: nicht in uns selbst. Wir können also nichts dafür? An uns liegt es nicht? Die anderen sind schuld? Das fühlt sich erst mal angenehmer an, doch wenn wir unseren eigenen Anteil übersehen, übersehen wir auch den Schlüssel zur Lösung. Der versteckt sich mit Vorliebe bei uns selbst. Gerade auch wenn eine Beziehung in Schräglage geraten ist. An sich zu arbeiten, bedeutet, sich mit Unsicherheit auseinanderzusetzen. Bin ich denn richtig, so wie ich bin? Eine solche Frage bereitet Unbehagen, ja, macht vielleicht sogar Angst. Deshalb ist es verlockend, auf den anderen zu schauen und zu diagnostizieren: Der hat ein Problem. Ich bin völlig in Ordnung.

Nicht selten wünschen sich meine Klientinnen, dass ich ihre Sichtweise bestätige. Doch das ist nicht mein Job. Ich führe sie – liebevoll, mit einem Augenzwinkern und viel Halt – durch den zuweilen auch schmerzhaften Prozess, an dessen Ende die Erkenntnis steht: Als Teil der Beziehung habe ich einen Teil zu den Problemen beigetragen.

Gerade was Kommunikation betrifft, haben Frauen die Nase vorn, und auch in ihrer Fantasiebegabung erlebe ich sie meistens vielschichtiger als Männer. Deren Stärken liegen woanders, und zwar nicht nur im Bizeps. Frauen denken sich alles Mögliche aus, Männer können da oft nicht folgen. Wie sagte einmal ein Bekannter, als er dem Gespräch zweier Frauen zuhörte, die ganz »normal« Pingpong spielten mit Wörtern? »Nach spätestens drei Minuten überfällt mich ein Gefühl der Benommenheit, dann wird mir schwindlig, und ich schalte ab. Denn da komme ich nicht mehr mit.«

Vielleicht engagieren wir Frauen uns deshalb so stark darin, Männern auf die Sprünge zu helfen? Nein, wir verfolgen schon auch eigene Interessen damit, und die werde ich auf den folgenden Seiten beleuchten. Deshalb an dieser Stelle ein dickes Danke an all meine Klientinnen, die den Mut haben und hatten, auch unbequeme Erkenntnisse zuzulassen.

Um uns Frauen dabei zu unterstützen, etwas zum Guten zu verändern, muss ich hin und wieder die Lupe draufhalten. Bis es raucht. Dann gibt es ein reinigendes Feuer, und gut ist. Bei uns selbst können wir etwas verändern, nur bei uns selbst. Eine Binsenweisheit – und doch in ihrer Tiefe häufig nicht verstanden. Indem wir zum Kern eines Problems vorstoßen, stellen wir auch alle Überzeugungen und Meinungen infrage, die uns vielleicht durch Jahre und Jahrzehnte getragen haben. Im Coaching bringen wir sie auf den Prüfstand und kontrollieren, ob die eigene Sicht auf die Welt tatsächlich so klar ist, wie wir gern glauben wollen. Oder haben wir ein paar Filter vorgeschaltet, die es uns erschweren, die Dinge so zu sehen, wie sie sind?

Welche Brille hast du gerade auf? Merkst du überhaupt, dass du eine trägst? Welche Farbe haben die Gläser? Alles rosarot und siebter Himmel? Dann bist du vermutlich frisch verknallt … genieße jede Sekunde! Die Optik schon ein bisschen getrübt? Unsicherheiten wie Schlieren. Ist er wirklich Mr. Right? Oder sind die Gläser ziemlich trüb geworden: Liebt er mich noch? Bin ich überhaupt liebenswert? Bitte, diesmal muss es gut gehen!

Oder liest du dieses Buch mit einem Marker in der Hand, mit dem du alle Passagen markierst, die dein Partner lesen soll, damit er endlich kapiert, was er tun muss, damit ihr glücklich seid? Was glaubst du, welche Passagen er für dich markieren würde? Kannst du dich darauf einlassen, dass es auf deiner Brille trotz eifrigen Putzens den einen oder anderen blinden Fleck geben könnte, und bist du neugierig, und hast du Lust darauf, dich auf eine neue Sicht einzulassen?

Willkommen in meinem Buch! Womöglich kennst du mich bislang nur von meinem YouTube-Kanal »Better Call Casy« oder überhaupt noch nicht. Ich bin Casy, psychologischer Coach, und ich helfe Menschen, ihr Leben mutig und selbstbestimmt zu leben. Ein besonderer Fokus meiner Arbeit liegt auf Beziehungen, denn da, wo wir in Beziehung sind, entsteht das größte Glück und manchmal auch das größte Elend. Unsere Gefühle, Annahmen über uns und den anderen, unsere Prägungen, Überzeugungen und Ängste, sie alle spielen mit in unsere Beziehungen rein und können sie beflügeln oder zum Absturz bringen. Damit es nicht zu Letzterem kommt, freue ich mich sehr, dir auf den folgenden Seiten hoffentlich die eine oder andere Erkenntnis zu vermitteln oder dich daran zu erinnern, dass du die doch schon mal hattest. Das ist nämlich das Blöde an Erkenntnissen: Man vergisst sie immer mal wieder. Je nachdem, durch welche Brille wir schauen, nehmen wir unsere Umwelt wahr, und entsprechend fühlen wir uns. Alles, was wir über uns selbst glauben, hat Einfluss darauf, was wir über andere glauben.

Häufig gibt es in meinen Coachings einen Moment der Klarheit. Plötzlich begreift jemand einen tieferen Zusammenhang. Es ist fast ein bisschen wie die Liebe auf den ersten Blick. Wenn es Peng macht. Man weiß mit tiefster Überzeugung, dass er oder sie der/die Richtige, dass eine Erkenntnis sozusagen ein Volltreffer ist.

Und dann fängt eine neue Geschichte an. Eine reifere Sicht auf sich selbst führt nicht nur zu einer neuen Begegnung mit dem Partner; das ganze Leben erscheint sonniger. Beziehungen können nie gekannte Qualitäten erreichen. Manchmal erfahren sie zum ersten Mal Augenhöhe. Oder man stellt fest, dass man sich, meistens aus unbewussten Ängsten, sozusagen unter Wert verkauft hat. Eine Beziehung mit einem Menschen einging, die einem nicht guttat »beziehungsweise« nur einem Teil der Persönlichkeit. Dann verhilft die neu gewonnene Klarheit zum Mut für eine Trennung – mit einer guten Prognose für die nächste Beziehung. Denn sonst bindet man sich immer wieder an das gleiche Problem, wenn es auch jedes Mal einen anderen Namen tragen mag. Eine Klientin formulierte es einmal so: »Ob Patrick, Thomas oder Christian, im Grunde genommen war ich immer mit meiner Angst vor dem Alleinsein zusammen.«

Wenn es in Beziehungen Stress gibt, dann geht es nicht darum, wer am Ende recht hat, sondern darum, wie wir einen Weg zueinander finden, um gemeinsam weiterzugehen. Wenn einer immer gewinnen will, wird es auch immer einen Verlierer geben und keine Augenhöhe. Sie ist aber die Voraussetzung für eine langfristig glückliche Beziehung.

Manche Menschen haben diese Wertschätzung noch nie erlebt, in der beide Partner ihre Wünsche und Bedürfnisse ernst nehmen und deshalb bereit sind, eigene Ansichten und Positionen zugunsten eines guten Miteinanders infrage zu stellen. Muss man »sich selbst aufgeben« in einer Beziehung? Nein, die Schnittmenge suchen! Aus dieser Strategie besteht das gemeinsame Glück, und es währt deutlich länger, als wenn man versucht, den anderen so zu verbiegen und zu formen, dass er in das Bild passt, das man sich gemacht hat. 

Ich glaube, es gibt nichts Schöneres als echte tiefe Liebe. Sie ist wie eine gemeinsame Reise, ein Sich-Finden, -Verlieren und -Wiederfinden, ein Miteinander-Ringen und Sich-ineinander-Verweben. Und das weiß ich nicht nur aus meiner Arbeit, sondern auch weil ich seit mehr als zwanzig Jahren denselben Mann an meiner Seite habe und mit ihm durch alle Phasen von Verstehen, Nichtverstehen, von Lieben, »Das kann doch gar nicht sein, wie der ist« und all diesen Aufs und Abs gegangen bin und ihn nicht missen möchte.

Paar-TÜV

Die oft zitierte Liebe auf den ersten Blick ist genau genommen nur ein Auftakt, denn bis eine Liebe sich festigen kann, damit sie dauerhaft gute Chancen hat, durchläuft sie verschiedene Phasen. Manche davon sind mit viel Sehnsucht verbunden, besonders wenn sie vorbei sind, wie diese wunderbaren ersten Tage und Nächte mit den »Schmetterlingen im Bauch«. Doch die ziehen irgendwann weiter.

Was geschieht, wenn der rosa Lack abfällt, wenn sich zunehmend grauer Alltag einschleicht oder man Eigenschaften aneinander entdeckt, die man gar nicht so toll findet? Waren die eigentlich schon immer da, oder konnte man die wegen der rosaroten Brille nicht sehen?

Liebe macht blind. Ja, es ist eine Kunst, beim Zusammenprall mit der Realität nicht in Versuchung zu geraten, den anderen so lange verbiegen zu wollen, bis es passt. Oder gar von einer Fernbedienung zu träumen, mit der man ihn programmieren kann. Sich stattdessen gemeinsam auf den Weg zu machen, gemeinsam herauszufinden: Wie können wir uns gegenseitig bereichern, statt uns zu behindern? Und dafür die richtigen Worte zu finden, damit sich keiner gekränkt fühlt und dichtmacht. Und bitte nicht zu glauben, dass man als Paar versagt, wenn diese Schwierigkeiten auftreten. Sie sind normal! 24/7 happy ist eine Marketinglüge.

Nach den ersten Phasen der Verknallung und Verliebung kommt es in jeder Beziehung zu Zeiten der Irritation. Wie sollte es auch anders sein, wenn zwei Lebensmodelle mit unterschiedlichen Überzeugungen aufeinandertreffen? Nicht umsonst heißt es: Drum prüfe, wer sich ewig bindet. Ein bestandener Paar-TÜV hält wie der technische nicht bis in alle Ewigkeit. Lebendige Beziehungen bleiben dynamisch, durchqueren in Intervallen immer wieder Täler, um dann erneut Gipfel zu besteigen. Seit’ an Seit’ durch die Jahre und Jahrzehnte. So wird die Liebe zu einer Geschichte, einer Liebesgeschichte, die zwei Leben prägt.

Früher hatten Paare sehr wenige Möglichkeiten, über den Tellerrand ihrer eigenen Beziehung hinauszuschauen. Heute gibt es Angebote zuhauf, einer Beziehung in Schräglage wieder ins Lot zu verhelfen. Manche Klientinnen wünschen sich vor allem den Honeymoon zurück. Doch viel wichtiger für eine gesunde Beziehung ist es, seine eigenen Bedürfnisse und die des Partners zu kennen. Und dann verwebt man sich noch ein Stück mehr ineinander und geht weiter, und die nächste Irritation taucht auf, weil wir uns weiterentwickeln – als Individuen und als Paar. Sehr häufig werden diese Entwicklungen jedoch ignoriert, und dann stellt man eines Tages erschrocken fest: »Wir haben uns auseinandergelebt.« Diesen Satz habe ich schon oft gehört. Er bedeutet aber noch lange nicht, dass eine Trennung ins Haus steht.

Wie können wir unsere Liebe trotz mancher Irritationen leben, die durch vielleicht große Persönlichkeitsunterschiede entstehen? Um dann vielleicht eines Tages festzustellen, wie viel Reichtum gerade in diesen Unterschieden steckt, weil sie uns eine andere Sicht auf das Leben und Entfaltungspotenziale im Sinne von »Durch dich lerne ich mich von ganz neuen Seiten kennen« ermöglichen. Das ist etwas anderes als kleben bleiben.

Ich behalte dich, obwohl ich dich nicht will

Dieses Paradox begegnet mir in vielen Gesprächen mit Frauen. Männer merken das vielleicht gar nicht, ja, sie sind zuweilen ein bisschen »hartfühlig«, was aber gar nicht so schlecht ist. Da können wir von ihnen lernen – wie auch sie von uns. Die heutige Männergeneration ist nicht mehr zu vergleichen mit den harten Kerlen vergangener Jahrzehnte. Sie wollen verstehen, was zwischen ihnen und der Frau passiert. Und das braucht halt Übung.

Doch zurück zu den »Behalterinnen« von Männern, die sie eigentlich nicht mehr wollen. Sie verlieben sich in einen Mann, den sie total attraktiv finden, weil er »so anders ist«. Nach kurzer Zeit setzen sie alles daran, ihn ihrer vertrauten Welt einzuverleiben. Dabei wissen sie oft ganz genau, dass das nicht funktionieren wird. Bei seinen Vorgängern hat es auch nicht geklappt. Ja, sie haben sich vielleicht sogar geschworen, so etwas nie mehr zu tun: keinen Mann zum Projekt zu erklären, das es zu optimieren gilt. Und dann passiert es doch wieder.

Warum ist das so? Warum versuchen sie immer wieder, den Mann auf ihre eigenen Bedürfnisse umzuprogrammieren? Es wäre doch viel interessanter, die Programme kennenzulernen, die ein neuer Mensch in unser Leben bringt.

Doch die betreffenden Frauen haben noch nicht erkannt, dass ihre Probleme nicht an den Männern liegen, sondern an ihren Auswahlkriterien. Solange sie diese nicht verändern, werden sie immer wieder zum falschen Mann greifen und sich dann wundern, wieso es nicht funktioniert. Sind wir uns unserer inneren Programmierung nicht bewusst, dann folgen wir ihr immer wieder und bekommen dadurch auch immer wieder dieselben Schwierigkeiten. Wenn wir also unsere Beziehungsprobleme lösen wollen, die immer wieder auftreten, müssen wir etwas wirklich Neues wagen, nämlich nicht mehr versuchen, den anderen umzuprogrammieren, sondern uns selbst. Nicht den Mann oder die Frau wechseln, sondern unser Verhalten variieren – was aber nicht bedeutet, sich jetzt komplett an den anderen anzupassen, sondern sich bewusst für das eigene Wachstum zu entscheiden, Veränderungen zu wagen und sich darauf einzulassen, was dann passiert. Das wirklich Eigene zu entdecken und aus diesem Standing heraus den anderen zu suchen.

Es ist ein bisschen so, wie wenn man eine tolle Klamotte an einer anderen Frau sieht und sich das Teil ebenfalls kauft. Doch es sieht nicht so gut aus wie an der anderen Frau. Jede ist anders. Jeder steht ein anderes Kleidungsstück, ein anderer Mann. Die Herausforderung lautet: Finde, was zu dir passt, nicht, was du glaubst, das passen sollte, oder was gerade angesagt ist. Kann ja sein, dass andere treue Buchhalter langweilig finden. Aber wenn das der Typ Mann ist, bei dem du dich wohl und geborgen fühlst, dessen Zuverlässigkeit du schätzt und mit dem du prima Kreuzworträtsel machen kannst und sehr viel Spaß hast, dann ist das doch … fünf Buchstaben: am Anfang ein »s«, in der Mitte ein »p«!

Auf wie vielen Beinen steht eine gesunde Beziehung?

Ich erinnere mich an eine Frau, die sehr enttäuscht war, weil ihr Freund sich stets bedeckt hielt, wenn sie ihn um Rat bei Entscheidungen fragte. Egal, ob es um ein neues Sofa in ihrer Wohnung ging oder ob sie den Job wechseln sollte. »Ich bin ihm gleichgültig«, interpretierte sie. Eines Tages sagte sie ihm das auch. Doch er »zog sich aus der Affäre«, wie sie es interpretierte, indem er sie darauf verwies, dass das neue Sofa doch ihr gefallen müsse, nicht ihm.

»Aber was ist, wenn wir mal zusammenziehen, dann ist es doch auch sein Sofa. Also will er nicht mit mir zusammenwohnen …« Wir Frauen sind megamegamega beim Interpretieren, da kommt kein Durchschnittsmann hinterher, so schnell, wie wir wissen, was läuft!

Weil er ihr beim Jobwechsel keinen konkreten Ratschlag gab, sondern sie nach den Vor- und Nachteilen des bisherigen und eventuell neuen Jobs fragte, fühlte sie sich allein gelassen. »Einmal, wenn ich ihn brauche! Einmal, wenn ich ihn um Rat frage!«

»Ein Rat ist keine Entscheidung«, sagte ich, denn es war ja sehr deutlich geworden, dass sie Angst davor hatte, sich falsch zu entscheiden. Sie wünschte sich, dass ihr Freund ihr Entscheidungen abnahm. Was er wiederum nicht wollte, was nachvollziehbar ist; denn wenn sich seine Wahl als die falsche herausstellen würde, trüge er die Verantwortung, wäre er »schuld«.

Meine Klientin wollte ein Sicherheitsnetz, und das überforderte ihren Freund. Nachdem das offengelegt war, ging es darum, wie sie selbst für sich sorgen konnte. Ihren eigenen Bewertungen zu vertrauen und, darauf basierend, die dann in diesem Moment für sie richtige Wahl zu treffen, die sie selbstverständlich mit ihrem Freund besprechen konnte. Aber nicht, damit er für sie eine Entscheidung träfe. Sollten sich ihre Entscheidungen langfristig als falsch herausstellen: Shit happens …

Auf einmal fiel ihr ein Bild dazu ein, das die Wende für sie brachte. »Es ist ja so, als wäre ich in meinem eigenen Leben nur eine Beifahrerin«, sinnierte sie. »Ich überlasse das Steuer für mein Leben sozusagen meinem Freund. Er kann hinfahren, wohin er will, er hat das Lenkrad in der Hand, er kann beschleunigen oder bremsen. Er kann auch an einen Ort fahren, wohin ich gar nicht will.« Sie zögerte. »Aber dafür kann ich ja dann nichts. Auf dem Beifahrersitz habe ich ja keine Verantwortung.«

»Ja, das kann schon recht bequem sein«, stimmte ich zu.

»Und ich bin auch nie schuld«, erkannte sie nachdenklich. »Weil ich mich ja nicht entschieden habe. Mitgehangen, mitgefangen.« Sie atmete tief durch »Besser wäre es, ich hätte das Steuer meines Lebens selbst in der Hand. Dann wäre er nicht ›schuld‹, und ich glaube, dann ginge es ihm auch besser. Und noch besser wäre es, wenn wir gar nicht in einem Auto säßen, sondern wenn ich auf meinen eigenen beiden Beinen stehen und gehen würde. Ich brauche niemanden, der mich fährt oder der mich begleitet, wenn ich fahre. Das wäre ja wie betreutes Fahren, betreutes Leben.«

Ja! So kann man das auch sehen. Volltreffer!

Welche Motive leiten dein Handeln?

Was will ich mit meinem Verhalten bei meinem Gegenüber für mich erreichen?Ist es aus meinem Verhalten ersichtlich, was ich eigentlich möchte, oder könnte es zu Missverständnissen führen?Warum ist es mir so wichtig, dass mein Partner mir »folgt«?Besteht eine Möglichkeit, dass ich mir das, was ich gern von meinem Partner möchte, woanders hole?Ist mein Partner überhaupt dazu in der Lage, mir das zu geben, wovon ich glaube, dass es mir zusteht?Wie komme ich auf die Idee, dass mir genau das von ihm zusteht?

In Beziehungen verlernen Menschen oft Fähigkeiten, was eigentlich paradox ist, denn eins und eins sollte zwei ergeben, nicht null. Und zwei und zwei vier statt zwei oder drei. Aber auf einmal können sie nicht mehr allein gehen. Gerade so, als fehle ihnen ein Bein. Sie leihen sich dann eins beim Partner, was allerdings keinen sicheren Stand ermöglicht, geschweige denn einen sicheren Gang. Geliehene Beine sind eher Krücken. Seltsam, dass so viele Menschen sie bevorzugen, vor allem Frauen. Zumindest kommt es mir so vor. Und wenn ich dann nachhake, wie das denn in ihrer eigenen Familie so war mit dem eigenen Weg auf eigenen Beinen, sprich der Selbstständigkeit der Frau, dann merken wir oft im Gespräch, dass unsere Selbstbestimmung noch längst nicht so gefestigt ist, wie wir als moderne Frauen vielleicht glauben mögen.

Da fällt mir ein Satz meiner Oma ein: »Kind, heirate einen Postbeamten, dann bist du versorgt.« Wörtlich hat sie das so zu mir gesagt, da war ich elf oder zwölf. Sie selbst war mit einem Postbeamten verheiratet gewesen, hatte den Krieg in Berlin erlebt, und in der Nachkriegszeit hatte sein Einkommen ihrer beider Überleben gesichert. Diese Sehnsucht nach Sicherheit hat sie auf meine Mutter übertragen. Die war allerdings schon ein bisschen weiter in ihrer Entwicklung und sagte zu mir, als ich nach der Schule überlegte, was ich studiere, dass ich auf jeden Fall etwas auf Lehramt studieren solle, denn wenn ich Beamtin wäre – statt einen zu heiraten –, dann wäre ich sicher versorgt.

Ich habe mich auch von dieser Vorstellung freigeschwommen, aber es hat ein bisschen gedauert. Es war mir immer klar, dass ich auf gar keinen Fall Lehrerin oder Beamtin werden wollte. Aber ein ziemlich starkes Bedürfnis nach Sicherheit hatten die beiden mir schon »eingepflanzt«, und das stand meinen eigentlichen Sehnsüchten eine ganze Zeit lang im Weg. Erst als es mir gelang, dieses Bedürfnis ein gutes Stück – nicht gänzlich – loszulassen, kam ich in den Flow meines Lebens.