Wie ihr euch nicht umbringt, wenn ihr Eltern seid - Nina Grimm - E-Book

Wie ihr euch nicht umbringt, wenn ihr Eltern seid E-Book

Nina Grimm

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Beschreibung

Die meisten kennen ihn: den Traum von Familie. Doch wenn er wahrgeworden ist, entpuppt er sich für viele Elternpaare als Albtraum. Plötzlich streitet man sich über Dinge wie eine gerechte Aufgabenverteilung, unterschiedliche Vorstellungen in Sachen Erziehung, ungleiche Bedürfnisse, wenn es um Themen wie Freiheit und Zweisamkeit, Sex und Zärtlichkeit geht. Das hat die Familienpsychologin und Paartherapeutin Nina Grimm am eigenen Leib erfahren: Sie und ihr Partner lebten zwischen der Geburt ihrer beiden gemeinsamen Kinder ein Jahr getrennt. In ihrem Buch zeigt sie die 10 größten Fehler auf, die sie und ihr Mann auf dem Weg zur Trennung hingelegt haben. Authentisch und humorvoll beschreibt sie, wie sie und ihr Mann die Kurve gekriegt haben und heute eine glückliche Liebesbeziehung führen. Untermauert mit vielen Beispielen aus ihrer Paarberatung zeigt Nina, wie wir mit psychotherapeutischen Hacks diesen Fehlern vorbeugen können. Oder wie wir sie durchbrechen, falls wir schon mittendrin stecken. Ein Begleitbuch, um die anspruchsvollen Jahre als Elternpaar zu überleben, Konflikte konstruktiv zu lösen und eine langfristig liebevolle Beziehung zu leben.

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Seitenzahl: 312

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Impressum

© eBook: 2024 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München

© Printausgabe: 2024 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München

GU ist eine eingetragene Marke der GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, www.gu.de

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, sowie Verbreitung durch Bild, Funk, Fernsehen und Internet, durch fotomechanische Wiedergabe, Tonträger und Datenverarbeitungssysteme jeder Art nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

Projektleitung: Nikola Teusianu

Lektorat: Sylvie Hinderberger

Korrektorat: Susanne Schneider

Umschlaggestaltung: Julia Arzberger Editorial Design, München

eBook-Herstellung: Maria Prochaska

ISBN 978-3-8338-9336-0

1. Auflage 2024

Bildnachweis

Coverabbildung: Nicole Tie

Illustrationen: Florian Hauer

Autorenporträt: Nicole Tie

Syndication: www.seasons.agency

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Die Gedanken, Methoden und Anregungen in diesem Buch stellen die Meinung bzw. Erfahrung der Verfasserin dar. Sie wurden von der Autorin nach bestem Wissen erstellt und mit größtmöglicher Sorgfalt geprüft. Sie bieten jedoch keinen Ersatz für persönlichen kompetenten medizinischen Rat. Jede Leserin, jeder Leser ist für das eigene Tun und Lassen auch weiterhin selbst verantwortlich. Weder Autorin noch Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den im Buch gegebenen praktischen Hinweisen resultieren, eine Haftung übernehmen.

Für Conrad.

Danke, dass du mit mir stehen geblieben bist, um mit mir gemeinsam Licht in die dunkelsten Stunden zu bringen.

Ich bin voller Vorfreude und Dankbarkeit dafür, mit dir weiterzugehen!

DIE 10 HÄUFIGSTEN FEHLER VON ELTERNPAAREN - und wo ihr im Buch Hilfe findet:

Fehler 1: Die schockierende Vorbereitungslücke

Wir sind unvorbereitet auf die wirklich wichtigen Dinge im Leben mit Kind - ab >

Fehler 2: Die eierlegende Wollmilchsau

Wir haben unrealistische oder überzogene Ansprüche an den Partner oder die Partnerin - ab >

Fehler 3: Ein Sesselpups auf die Liebe

Wir kümmern uns zu wenig um die Beziehung- ab >

Fehler 4: Fingerpointing

Wir suchen die Schuld zu oft beirn anderen - ab >

Fehler 5: Horror-Scheuklappen

Unser Bewusstseinsfilter ist auf "negativ" gepolt- ab >

Fehler 6: Kaffeesatz lesen

Wir denken, unser:e Partner:in müsste uns wortlos verstehen - und wir sie oder ihn - ab >

Fehler 7: Wasch mich, aber mach mich nicht nass

Wir glauben, der andere müsste sich erst ändern, damit sich die Beziehung verbessert - ab >

Fehler 8: Über Socken streiten

Wir arbeiten uns an Kleinigkeiten ab und übersehen das, was wichtig wäre - ab >

Fehler 9: Nicht streiten

Wir streiten zu wenig und sprechen nicht aus, was uns stört - ab >

Fehler 10: Zu wenig Sex

Wir schenken einander zu wenig Momente, in denen wir auch körperlich unsere Verbundenheit erfahren dürfen - ab >

VORWORT

Wenn ich Paare in meiner Beratung habe, frage ich oft: Wie hattet ihr euch das vorgestellt mit der Familie? Wenn wir es mit einer Segelreise vergleichen: Welche Regeln gelten auf eurem Boot?

Oft kommt als Nächstes eine vielsagende Stille. Es klingt so einfach: Wir lernen uns kennen, wir verlieben uns, wir werden ein Paar, wir werden Eltern. Aber wie das geht mit dem letzten Schritt, darauf bereitet uns niemand vor. Nina schreibt diesen Satz in ihrem Buch mit Großbuchstaben – und das zu Recht.

Die meisten Paare sind auf die Reise »Familie« gegangen, ohne sich darüber klar zu sein, was auf sie zukommt. Sie müssen sich neu finden und erfinden. Sie müssen als Team neu zusammenwachsen. »Kein Problem«, könnte man jetzt denken, »alle Beziehungen verändern sich, wir müssen uns immer wieder neu finden.« Stimmt. Aber wenn ein Kind da ist, bauen wir das Boot mitten im Sturm auf hoher See komplett um. Und ständig passiert etwas Unvorhergesehenes, man weiß nie, wann man das nächste Mal schlafen kann, etwas zu essen bekommt oder unerwartet klatschnass wird (oder erlebt, was Nina erlebt hat – es gibt auch einiges zu lachen auf >!).

Die Situation wird mit durch politische Unsicherheiten, Wirtschaftskrisen und Klimakrise zunehmendem Druck auf uns alle nicht leichter, sondern schwerer. Und dann fällt nicht er hinten runter oder sie, sondern vor allem die Dritte im Bunde: unsere Beziehung.

Wenn wir Eltern werden – egal in welcher Konstellation –, wird es noch komplexer. Dann gibt es dich und mich und unsere Beziehung und dann noch meine Beziehung zu unserem Kind oder unseren Kindern und deine Beziehung zu unserem Kind oder unseren Kindern. Das System wird beliebig groß, denn die wechselseitigen Beziehungen rufen alles auf den Plan, was wir so an Beziehungsgepäck in unserem Seesack haben. Und oft folgt jetzt eine große Ratlosigkeit, weil wir das, was wir selbst gelernt haben, nicht wiederholen wollen, aber auch noch nicht wissen, was Neues kommen soll.

Und dann der Perfektionismus. Unsere Kinder sollen es besser haben als wir. Wir wollen die Fehler unserer Eltern vermeiden. Wollen eine andere Beziehung, eine andere Ehe. Beziehung ist für alle eine Herausforderung, aber der Stress, den Elternschaft bedeutet, steigt noch einmal durch die zusätzliche Belastung, dass wir a) viel zu viel alleine sind und b) alles besser machen wollen, ohne ausreichend Unterstützung zu haben. Es ist völlig verständlich, dass wir neue Wege gehen wollen – aber wir müssen nachsichtigerweise auch sehen, dass wir das unter extrem erschwerten Umständen tun. Vieles müssen wir erst einmal erfinden: Welche Werte geben wir weiter? Und sind wir uns darüber einig? Welche Regeln haben wir? Welche Lieder singen wir?

Eigentlich wollten wir miteinander arbeiten, Fehler gemeinsam machen, neu beginnen. Stattdessen beginnen wir, gegeneinander zu kämpfen, zu streiten, mit uns als Partner strenger zu sein, als wir es mit den Kindern je sein wollten.

Die gute Nachricht: Nina zeigt mit ihrem neuen Buch auf, wie wir aus dieser Schieflage rauskommen. Es ist voll von wunderbaren Hacks, praktischen Situationen und Momenten, die wir alle kennen. Es sagt uns, welche Fehler wir nicht machen sollten, und entlastet uns gleichzeitig, dass es nicht an uns liegt. Sie gibt uns einen Kompass, eine Karte und vor allem all die Fragen, die wir uns stellen sollten. Ein wunderbarer Leitfaden, um die Reise als Familie zu starten, neu zu starten oder fortzusetzen – Nina hat vorgemacht, wie es geht. Und das Schöne ist: alles in kleinen Häppchen, die wir gut auch im stressigen Alltag mit Kindern bewältigen können.

Lesen wir dieses Buch am besten als Arbeitsbuch – zu wissen, wie es geht, wird uns nur helfen, wenn wir es auch umsetzen. Wenn das Ziel ist, dass wir als Paar überleben, ist kein Weg zu weit.

Nicola Schmidt

EPILOG

»Ich will nicht mehr! … Ich hab keinen Bock mehr!«, sagt sie, eher aus Verzweiflung als mit der ernsthaften Absicht, sich trennen zu wollen.

»Geht mir ähnlich«, zischt er zurück, eher aus Selbstschutz als mit der Absicht, sie zurückstoßen zu wollen.

Es ist spät an einem Donnerstagabend, irgendwann zwischen 22 und 23 Uhr. Eigentlich sind beide müde. Aber seitdem die Kleine da ist, gibt es keine andere Zeit, um in Ruhe zu reden. Eigentlich haben sie sich mal wieder nichts Neues gesagt. Eigentlich wurden nur wieder alte Vorwürfe auf den Tisch und alte Dynamiken an den Tag gelegt. Eigentlich sehnt es beide schmerzhaft nach Frieden. Freude. Und Eierkuchen. Tatsächlich trennen sie aber gerade Welten. Tatsächlich fühlt sich dieser ganze alte Scheiß wie tonnenschwerer Ballast an. Tatsächlich fühlt sich eine Trennung wie die langersehnte Erlösung an.

»Ja, dann war´s das!«, schmettert sie ihm entgegen (insgeheim ein Stück weit hoffend, dass er doch noch um sie kämpft). In dem Moment – das Schreien aus dem Schlafzimmer: »Mamaaaaa!« Die Kleine ist wach.

Routiniert springt sie auf, um gleichzeitig genau diese Tatsache zu verfluchen: »Warum eigentlich immer ICH?!«, schießt ihr durch den Kopf.

Während er mit versteinerter Miene sitzen bleibt, eher leer als kühl, rumort es in ihr. Sie ist wütend. Frustriert. Resigniert. Vor allem aber fühlt sie sich einsam. Unfassbar einsam, obwohl er so nah neben ihr steht – und sie doch nicht sieht. Und sie fühlt Schuld. Gegenüber dem kleinen Mädchen in ihrem Arm, das wegen diesen bescheuerten Streitereien und der ewigen Spannung nicht mal mehr friedlich schlafen kann.

Als sie zurückkommt, sitzt er mit einem Bier in der Hand und leerem Blick an Ort und Stelle. »Natürlich!«, schießt es ihr in den Kopf, als sie ihn so sieht. Und ab geht es einen weiteren Schritt hinter ihre hohen inneren Mauern.

»Ich will, dass du ausziehst!«, faucht sie, ohne Blickkontakt aufzunehmen, während sie beginnt, die Unordnung zu beseitigen, in der er sitzt.

Er nickt. Sie geht.

Dieses Paar … waren wir. Conrad und ich. 2015. Wir haben es nicht gepackt. Wir haben den Karren so was von an die Wand gefahren. Ich, die Paartherapeutin, und er, in den ich einst Hals über Kopf verliebt war. Natürlich wusste ich, dass auch Zahnärztinnen Karies und Kfz-Mechanikern Motorschäden bekommen können. Dass folglich auch Paartherapeutinnen mit ihrer Beziehung scheitern können. Und dennoch war es wie eine Extraprise Salz in der Wunde – gottverdammte Scheiße noch mal – weil ich auch damals schon jedem hätte sagen können, was wir alles falsch gemacht haben. Und was wir dringend hätten tun sollen. Und es trotzdem nicht getan haben.

Wenn ich ganz ehrlich bin, hauptsächlich deswegen, weil ich keinen Bock mehr hatte. Es stimmt: Ich WOLLTE einfach nicht mehr. Ich war bockig. Vor allem aber war ich verdammt sicher hinter den meterdicken Mauern, die ich gegenüber Conrad aufgebaut hatte. Da war also jede Menge alter Bockmist auf meiner Seite, den ich an diesem Donnerstagabend 2015 schlichtweg nicht gesehen habe.

Und so trennten wir uns. Wir trennten uns, als unsere Tochter Mala knapp 15 Monate war.

Und tatsächlich war es erst mal eine Erleichterung. Tatsächlich fühlte ich mich leichter. Freier. Tatsächlich war es einfacher, meinen Haushalt zu führen, ohne sein zusätzliches Chaos. Tatsächlich genoss ich es, phasenweise ohne mein Kind zu sein, um mich wieder als Nina zu fühlen. Tatsächlich war es eine Wohltat, abends wieder auszugehen. Und wie es das Universum so wollte, lernte ich an meinem ersten (!) Single-Girl-Night-Out Franz kennen.

Es war in der Küche von der Freundin einer Freundin, wo wir uns zum Vorglühen für DIE Party des Abends trafen. Die Tür ging auf, er betrat den Raum, unsere Blicke trafen sich – und es hat ZOOMM gemacht. Er sah extrem gut aus, war tiefgründig, charmant, klug und hatte nur Augen für mich. Er war wie gemacht für diese Nacht. Und ich fühlte mich so gut wie schon viel zu lange nicht mehr.

Aus einer Nacht wurden mehrere. Wir verstanden uns gut, hatten Spaß und hammermäßigen Sex.

Nach einigen Monaten des unverbindlichen Datens wurden Franz und ich schließlich so was wie ein Paar. Er lernte Mala und Conrad kennen. Er übernachtete bei mir. Wir teilten unseren Alltag, so gut es eben ging. Und dann war da diese eine Nacht. Again – irgendwas zwischen 22 und 23 Uhr. Und ein banales Missverständnis, das zu so etwas wie zu einem ersten Streit zwischen Franz und mir hätte führen können.

Ich sehe noch heute, wie ich vor ihm stand und es mir förmlich wie Schuppen von den Augen fiel, als ich checkte: Mein Thema, nicht gesehen zu werden, wiederholt sich hier gerade eins zu eins. Auch mit diesem Mann komme ich ganz genau wieder zum selben Thema. Und das hat sehr wahrscheinlich nur verdammt wenig mit ihm zu tun. Sondern vor allem mit mir.

In dem Moment kam Mala zu uns, kreidebleich. Um sich einige Augenblicke später einmal komplett über das nicht mehr ganz so verknallte Paar zu übergeben. ALLES war voll. ALLES. Ich weiß noch, wie überfordert der arme, sexy, kinderlose Franz mit dieser Situation war. Und wie sehr ich mir gewünscht hatte, dass in diesem Moment Conrad an seiner Stelle da wäre.

Ich schickte Franz nach Hause, legte Mala und mich trocken und ging schließlich mit ihr ins Bett.

Ich kann mich noch so gut dran erinnern, wie ich dachte: »Sch*ße noch mal, Nina, wenn du dieses Thema eh für DICH angehen musst – dann doch bitte gleich mit dem Vater dieses Kindes!«

Und wie es das Schicksal wollte, trafen Conrad und ich uns einige Wochen später auf ein und derselben Silvesterparty. Und stellten fest, dass wir für 2016 ziemlich ähnliche Wünsche hatten. Ich weiß noch, wie wir uns in die Augen schauten, kurz vor Mitternacht. Ein Moment, in dem alles stillzustehen schien, der Lärm um uns dumpfer und dumpfer wurde und er mir sagte, dass er mich vermisst. Und ich ihm sagte, dass ich ihn vermisse. Um 2016 wieder als Familie aufzuwachen.

Mittlerweile sind Conrad und ich verheiratet, haben ein zweites Kind bekommen und führen gemeinsam ein erfolgreiches Familienbusiness.

Sicherlich rechnest du jetzt damit, zu lesen, dass inzwischen tatsächlich alles Friede, Freude, Eierkuchen ist. Ist es aber nicht. Wir haben nach wie vor unsere Struggles. Wir streiten uns auch immer noch. Mitunter heftig. Und Conrad muss sich nach wie vor regelmäßig von mir anhören, dass ich keinen Bock mehr habe und wir es dann eben sein lassen müssen. Genauso kriege ich auch immer noch seine kalte Schnauze ab. Aber eine Sache hat sich geändert: Wir haben gelernt, damit umzugehen! Wir wissen, wie wir uns wieder versöhnen können und – was am allerwichtigsten ist – wie wir dem Ganzen den Dramafaktor entziehen und im besten Fall sogar schon zehn Minuten später darüber lachen können.

Auf dem Weg dorthin haben wir ziemlich sicher alle Fehler gemacht, die man als Elternpaar machen kann. Und wir haben den Weg zurückgefunden.

Genau darüber möchte ich gerne in diesem Buch mit dir sprechen.

Ready to ramble? Ich freu mich megamäßig auf dich und sage bis gleich, im nächsten Kapitel!

BEZIEHUNGSKRISE KIND!

Wenn wir Eltern werden, haben wir alle so gewisse Vorstellungen. Die allermeisten davon sind romantisch verzerrt: du und ich, ich und du – und eine verkörperte Liebe! Wir sehen uns innig Händchen haltend den Kinderwagen in den Sonnenuntergang schieben. Uns tief in die Augen schauen, nachdem uns der wohlige Geruch des Babyköpfchens in die Nase gestiegen ist. Voller Dankbarkeit für dieses Wunder, das durch uns in die Welt gekommen ist.

Und natürlich gehen wir davon aus, dass wir unser Leben weiterleben. Schließlich ist ein Kind keine Krankheit. Wir werden selbstverständlich einfach weiterhin all die Dinge machen, die wir heute tun, nur eben in Begleitung eines zauberhaften Engels. Am Anfang schlafen Kinder ja eh nur. Und dann, na, dann machen wir irgendwann zusammen Fahrradtouren, gehen Ski fahren, in Museen, auf Reisen – unternehmen all die Dinge, die wir jetzt auch schon gerne machen. Nur fortan eben täglich in unserer Liebe bestärkt, dank des Wunders in unserem Leben – halb ich, halb du. Ruckedigu. Aus im Nu!

Ziemlich schnell stellen wir nämlich fest, dass wir nach der Geburt erst mal gar NICHTS mehr machen können. Als Frau direkt nach der Geburt noch nicht mal mehr laufen. Dafür muss der Mann erst mal umso mehr rennen. Kalter Kaffee ist unser täglich Brot und nicht mal mehr die Grundbedürfnisse wie beispielsweise eine warme Mahlzeit sind zuverlässig gestillt. Die Nerven liegen blank, die Windelberge stapeln sich, an Schlaf mangelt es chronisch, so wie eigentlich an allem, was Spaß und uns selbst mal ausgemacht hat. Das führt dann meistens innerhalb des ersten Babyjahres ziemlich schnell zu der Erkenntnis: aus der Traum! Hin zu: Scheiße noch mal! – Nicht selten im wortwörtlichen Sinn …

Okay, fairerweise muss an der Stelle schon auch gesagt werden:

Conrad und ich hatten diese Momente. Wir hatten diese Momente der Glückseligkeit. Der Dankbarkeit. Und der Liebe. Die waren da. So etwa einmal im Quartal. Der Rest der Zeit war einfach nur sch*ßanstrengend und wir beide komplett am Limit. Und natürlich war dann da auch keine Zeit, geschweige denn Kraft für Romantik, wenn man schon seit 18 Stunden wach ist, dreimal angekotzt wurde, es noch nicht mal geschafft hat, zu duschen oder warm zu essen …

KIND DA, BEZIEHUNG AUS?

In den allermeisten frischgebackenen Familien dreht sich am Anfang (fast) alles um das Baby. So war das bei uns und auch bei vielen anderen Paaren um mich rum. Und da ich ein Mensch bin, der es immer ganz genau wissen will, entschloss ich mich, im Rahmen der Buchrecherche eine eigene Studie mit Elternpaaren durchzuführen. Um bisher gefühlte Wahrheiten zu untermauern. Und auch um Daten zu sammeln, zu denen ich in den gängigen Wissenschaftsdatenbanken schlichtweg keine guten oder aktuellen Zahlen gefunden habe. Über 1000 Elternpaare haben an meiner Studie teilgenommen und ich werde mich im Verlauf des Buches immer wieder auf deren Aussagen und die Ergebnisse beziehen.

Zurück zum Thema: 98,8 Prozent der Eltern gaben an, dass der Hauptfokus im ersten Jahr auf dem Baby lag. Bei so viel Babyfokus liegt nahe, dass die Paarbeziehung erst mal in den Hintergrund rutscht. Ebenfalls durch die Studie bestätigt wurde die Tendenz, dass sich Eltern dabei jeweils selbst aus den Augen verlieren: Sie brennen aus, sind nur noch gestresst und haben das Gefühl, sich selbst verloren zu haben. Deswegen zeigt sich nach dem anstrengenden ersten Babyjahr sehr oft die Tendenz, sich zuallererst mal wieder um sich selbst zu kümmern. Meistens lösen junge Elternpaare das, indem sie sich die Klinke in die Hand geben und das Kind in abwechselnden Schichten betreuen, damit jede:r wieder ein Stück weit ins eigene Leben zurückfinden kann.

So weit, so gut. Meistens ist es dann aber auch so, dass wir nach einer gewissen Zeit, vielleicht einem weiteren Jahr, merken: »Hupsi!« – … Da war ja noch eine Beziehung! Und irgendwie ist die zwischen Krabbelkind und »wenigstens ein bisschen Zeit für mich« komplett flöten gegangen. 32,9 Prozent der Eltern berichten, dass sich der Fokus zwischen dem zweiten und dritten Lebensjahr wieder auf die Beziehung richtet. Stolze 45,5 Prozent geben jedoch auch an, dass sich der Fokus nie mehr wieder zurück auf die Paarbeziehung ausrichtete, seitdem die Kinder da sind. Das ist fast die Hälfte! Beinahe jedes zweite Elternpaar verliert also die Paarbeziehung dauerhaft aus den Augen, sobald Kinder da sind. Das hat für viele spürbare Auswirkungen: So erhöht sich zum Beispiel das Konfliktpotenzial eines Paares mit dem Übergang zur Elternschaft um den Faktor 9.1 Auch die Scheidungsrate bei Ehepartnern mit Kindern steigt stärker als bei kinderlosen. Aktuell wird jede fünfte Ehe mit kleinen Kindern geschieden.2

Leider scheint es also ein Fakt zu sein, dass Kinder natürlich wundervoll, entzückend und herzallerliebst sind. Für die Paarbeziehung sind sie aber vor allem eins: die wahrscheinlich fetteste Krise, die wir uns jemals hätten vorstellen können. Und das Fiese ist: NIEMAND BEREITET UNS DARAUF VOR!

Auch ich bin durch und durch romantisch verzerrt in dieses Familiending reingerasselt. Niemand hat mir beigebracht, wie Beziehung langfristig gelingen kann, auch über Krisen hinweg. Fakt ist: Wir haben Beziehung nicht gelernt! Wir verbringen durchschnittlich 20 000 Stunden in der Schule, hatten jedoch nicht eine einzige Unterrichtsstunde dazu, wie man die eigenen Bedürfnisse konstruktiv und gewaltfrei ausdrücken kann. Welche Fragen Nähe und Verbindung schaffen können. Und dass wir die Wut anderer nicht persönlich nehmen müssen. Nicht eine einzige Minute von 20 000 Stunden wurde in unserer Ausbildung darauf verwendet.

Okay, kritische Stimmen könnten jetzt sagen: Das ist ja nun auch nicht unbedingt Sinn und Zweck von Schule (wobei ich persönlich da anderer Meinung bin). Aber auch an anderen Stellen bekommen wir es ja nicht vermittelt. Die allerwenigsten aus unserer Elterngeneration hatten wirklich gute Rollenvorbilder für harmonische, glückliche Beziehungen. In den allermeisten Fällen haben wir bei unseren eigenen Eltern eher beobachtet, wie man nebeneinanderher lebt, Konflikte unter den Teppich kehrt, nur noch über Organisatorisches oder über andere Leute spricht und dass es das gefühlt größte emotionale Highlight ist, wenn an Weihnachten Kartoffelsalat und Wiener aufgetischt werden – selbst das aber auch selten ohne Reibereien. Was ich damit sagen will: Die wenigsten von uns haben gelernt, wie eine glückliche Beziehung überhaupt funktioniert – weder in der Schule noch durch gute Modelle in der eigenen Familie.

Also bleibt uns nichts anderes übrig, als es über die Trial-and-Error-Methode zu lernen. Und das kann in der Sturm-und-Drang-Phase des Lebens ja auch irgendwie Spaß machen. Das Problem ist: Wenn Kinder mit ins Spiel kommen, wird es so existenziell. Denn durch dieses Elternsein kommen wir schnell mit alten Sehnsüchten, Hoffnungen und Erwartungen in Berührung – das alles natürlich eher unbewusst –, was es besonders pikant macht.

Durch den anhaltenden Stress und den chronischen Schlafmangel fallen wir allein durch neuropsychologische Prozesse schneller in uralte Verhaltensmuster zurück. Und die zeigen sich natürlich und am allerliebsten in unseren Beziehungen. Denn genau da sind sie schließlich einst auch entstanden.

Die alten Muster führen dazu, dass wir gefühlt die Kontrolle über uns selbst verlieren. Im schlimmsten Fall können wir uns förmlich dabei zusehen, dass unser Verhalten gerade total Banane ist. Und können trotzdem nicht damit aufhören.

Das Ganze wird nicht besser dadurch, dass viele aus unserer Elterngeneration die Tendenz haben, überhöhte Ansprüche an sich selbst zu stellen, und das natürlich auch in der Erziehung geltend machen. Dieser Anspruch führt Familien häufig in eine Sackgasse. Und leider findet Google keine Wegbeschreibung zurück zu dem in der Tiefe so sehr ersehnten Familienglück

Ich kenne das Gefühl selbst sehr gut, keine f*cking Ahnung mehr zu haben, wie ich DAS Ding noch rumdrehen könnte. Einfach weil es sich durch und durch schwer und einfach nur unlösbar anfühlt. Das kann ziemlich Furcht einflößend sein. Und das kann vor allem etwas sein, das man am allerliebsten ganz weit wegschieben möchte. Weswegen die Trennung auf einmal ziemlich attraktiv erscheinen kann.

Und das ist so schade. Denn meistens sehnen wir uns alle in der Tiefe ja nach etwas sehr Ähnlichem: nämlich nach Liebe. Anerkennung, Wertschätzung. Danach, gesehen zu werden. Wirklich gemeint zu sein. Und wir können es uns gegenseitig trotzdem nicht geben. Und genau das macht das Ganze so dramatisch.

Kern der Dramaturgie ist, dass einerseits niemand von uns gelernt hat, Krisen innerhalb von Beziehungen konstruktiv und Nähe schaffend zu gestalten. Dass wir aber andererseits den Anspruch an uns und unser Gegenüber haben, es draufhaben zu müssen. Schließlich ist das doch die Definition von Liebe, oder?! Wenn man sich liebt, dann müsste das doch laufen. Oder?!

Spätestens hier wird ersichtlich, dass die allermeisten von uns dem Hollywoodmythos ausgeliefert sind: In den schillernden Märchengeschichten dieser Zeit, die wir auf großen Kinoleinwänden in 3-D bestaunen, besteht der toughste Part darin, das Gegenüber für sich zu gewinnen. Dann kommt der Augenblick der großen Liebe – und sie leben glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende. Liebe wird uns als etwas verkauft, das da ist und dableibt. Mühelos. Daher ist für viele der Moment, in dem sie beginnen müssten, an ihrer Liebe zu arbeiten, ein Zeichen des Scheiterns. Ein Beweis für das Versagen. Ein Hinweis dafür, dass ihre Liebe nicht mehr auszureichen scheint.

Aber das ist Blödsinn! Liebe ist kein Gefühl, das einfach da ist. Liebe ist eine Entscheidung. Liebe ist ein Prozess. Liebe bedeutet tägliches Investment. Einander wirklich zu lieben, ist ein Lernprozess. Eben weil die allerwenigsten von uns von den eigenen Eltern, der Kultur und schon 50-mal nicht vom Bildungssystem darauf vorbereitet wurden.

Eine langfristig glückliche Beziehung ist kein gottgegebenes Zufallsprodukt, das durch Luft und Liebe entsteht. Eine gute Beziehung bedeutet Arbeit! Sie ist das Ergebnis intensiver Zusammenarbeit. Und das ist nicht immer nur romantisch, schön und herzallerliebst.

Bei Conrad und mir brachte es extrem viel Entlastung in unser System, als wir gemeinsam anerkannten, dass die Tatsache, dass wir uns streiten, nicht bedeutet, dass wir uns nicht lieben. Sondern eigentlich sogar das Gegenteil: Wo Bindung ist, ist immer Reibung.

Die Tatsache, dass wir uns in die Haare kriegen, ist also eigentlich Inbegriff eines Beweises dafür, dass wir in Beziehung sind. Es hat so viel Druck genommen, gemeinsam anzuerkennen, dass wir zwar (noch) nicht wissen, wie wir eine Reibung konstruktiv lösen können, dass das aber nicht beweist, dass keine Liebe mehr da ist. Und der Fakt, dass wir beide gewillt sind, Beziehung miteinander lernen zu wollen, war der Lichtblick, der uns gemeinsam hat wieder aufstehen lassen. Und plötzlich war es wieder machbar. Plötzlich saßen wir wieder in einem Boot. Und das war bereits ein Teil unserer eigentlichen geteilten Sehnsucht.

GEMEINSAM AN KONFLIKTEN WACHSEN

Fakt ist: Ein Kind belastet die Paarbeziehung auf bisher unbekannten Dimensionen. Fakt ist auch: Die allerwenigsten von uns haben gelernt, wie wir Nähe schaffend mit Krisen innerhalb von Beziehungen umgehen können. Das führt in den allermeisten Familiensystemen erst mal zu ordentlich Rambazamba. Ihr seid damit nicht alleine!

Ein alter Paartherapeut-Witz trifft den Nagel auf den Kopf: Es gibt zwei Arten von Elternpaaren: die, bei denen alles rundläuft. Und die, die wirklich ehrlich sind.

Jedes Paar wird durch die Elternschaft mit Krisen konfrontiert. Die Häufigkeit der Konflikte sagt übrigens auch überhaupt nichts Entscheidendes über die Beziehungsqualität aus. Glückliche Paare unterscheiden sich von unglücklichen Paaren vielmehr in der Art und Weise, wie sie mit den Herausforderungen umgehen. Wenn wir es als Paar schaffen, das Scheitern zu erhellen, und die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass genau darin ein wunderschönes Potenzial liegt, kann uns nichts mehr passieren.

Im richtigen Licht betrachtet, sind Konflikte ein Liebesbeweis. Aus der richtigen Perspektive wird aus einer Krise die Chance, mehr über sich selbst und über den anderen zu erfahren. Aus dem richtigen Blickwinkel schenkt euch eure Krise die Möglichkeit, das Familienleben zu erschaffen, wonach ihr euch sehnt.

Bevor du weiterliest, lass uns kurz für eine zentrale Grundannahme dieses Buches gemeinsam stehen bleiben:

Liebe ist da, gerade weil wir im Konflikt sind.

Das eine schließt das andere nicht aus. Lass uns daher gemeinsam darauf schauen, wie wir den dunklen Stunden innerhalb der Paarbeziehung die Bedrohlichkeit entziehen können. Um gemeinsam daran zu wachsen. Und: Es ist okay, noch nicht zu wissen, wie das geht. Das hat niemand von uns wirklich gelernt. Lasst es uns daher zusprechen, auf diesem Feld gemeinsam und freudvoll zu lernen. Und lasst uns Fehler als Lernfelder willkommen heißen, statt sie als Damoklesschwert des Scheiterns über uns schweben zu lassen.

Hierfür stelle ich dir im nächsten Kapitel erst mal die zehn krassesten Fehler vor, die Conrad und ich auf unserem Weg zu unserer Trennung hingelegt haben. Im Laufe der Eltern- und Paarberatung habe ich diese Fehler übrigens auch immer wieder bei meinen Klient:innen entdeckt. Und weil Menschen am besten von Geschichten lernen, stelle ich dir zu jedem Fehler ein Paar vor, anhand dem wir dann gemeinsam den zugrunde liegenden Fehler herausarbeiten. Die Namen der Paare sind geändert, genauso übrigens wie alle anderen Namen in diesem Buch. Die Geschichten beruhen aber eins zu eins auf meinen Paarberatungen.

Falls du dich oder euch in einem dieser Fehler wiedererkennst, feiere dich dafür! Denn das ist die perfekte Grundlage für eine Veränderung. Damit du dann in deinem Familienalltag auch wirklich in die Umsetzung kommen kannst, gibt es zu jedem Fehler einen schnellen, aber effizienten Love-Hack to go.

In zweiten Teil des Buches nehme ich dich ein bisschen tiefer mit rein in die Hintergründe der zehn Fehler und stelle dir mein zugrunde liegendes familienpsychologisches Konzept vor. Danach erfährst du, wie du Konflikten vorbeugen kannst und was du tun kannst, um die Wahrscheinlichkeit auf eine konstruktive Klärung zu erhöhen. Und zum Schluss gehe ich dann noch auf die häufigsten Konfliktpunkte in Elternpaarbeziehungen ein und wie ihr sie Schritt für Schritt lösen könnt, ohne euch an die Gurgel zu gehen.

Ich möchte diese Stelle des Buches auch noch nutzen, um mit dir über den Umgang mit dem Gendern während unserer gemeinsamen Zeit hier zu sprechen: Ich bin der Überzeugung, dass Sprache wirkt, und dankbar für die steigende Sensibilisierung für die Relevanz von Gleichwertigkeit der Geschlechter. Allerdings stellte sich im Schreibprozess heraus, dass der Lesefluss an vielen Stellen dieses Buches extrem beeinflusst ist, wenn alle möglichen Geschlechterkonstellationen berücksichtigen werden. Da mir Gendern aber generell am Herzen liegt, habe ich mich Nina-alike für eine punkige Variante entschieden: Meine Form des Genderns wird also sein, dass ich mal von ihr, mal von ihm, mal von ihr und ihr, mal von ihm und ihm und mal von Partner:innen schreiben werde.

Ich freue mich mega auf dich und sage »bis gleich im Hauptteil des Buches«.

Zehn Fehler, mit denen ihr eure Beziehung garantiert in den Sand setzt –und was ihr dagegen tun könnt

FEHLER 1: DIE SCHOCKIERENDE VORBEREITUNGSLÜCKE

Anne und Thomas

Anne (34, Grundschullehrerin) und Thomas (37, Unternehmensberater) sind seit fünf Jahren ein Paar und haben ein absolutes Wunschkind. Zum Zeitpunkt unserer Zusammenarbeit ist ihre Tochter 18 Monate alt.

Kaum den positiven Schwangerschaftstest in den Händen, haben Anne und Thomas begonnen, Vorbereitungen zu treffen: Sie haben das perfekte Beistellbettchen rausgesucht und die Vor- und Nachteile von Stoffwindeln im Vergleich zu Einwegwindeln abgewogen. Thomas hat eine Excel-Tabelle für den perfekten Kinderwagen angelegt und Anne war um den richtigen Wolle-Seide-Anteil für die Erstausstattung bemüht – wärmend, aber nicht zu kratzig, schließlich erwarteten sie ein Winterbaby. Gefühlt waren die beiden die gesamte Schwangerschaft im Doing-Mode und mit tausend Dingen beschäftigt: Vaterschaftsanerkennung, Geburtsvorbereitung, Wochenbettsuppe einkochen, Elterngeld und Elternzeit beantragen. Weil Thomas besser verdient, entschieden sie gemeinsam, dass Anne die Elternzeit komplett übernehmen und drei Jahre mit der Kleinen zu Hause bleiben würde.

Gefühlt waren sie perfekt vorbereitet, alles war set up. Doch als ihre Tochter dann auf der Welt war und Thomas nach einer Woche wieder Vollzeit arbeitete, inklusive der branchenüblichen Überstunden, musste Anne feststellen: Wir sind überhaupt nicht vorbereitet! Der Alltag mit Baby führte bei ihr zu einem Mash-up aus Über- und Unterforderung. Sie war frustriert, weil sie gefühlt 24/7 am Machen und Tun war, aber trotzdem nie zu ihrer Zufriedenstellung »fertig« wurde. Ständig gab es etwas zu erledigen. Nie hatte sie Feierabend. Schon nach ein paar Monaten vermisste sie ihren Job und beneidete Thomas, der in ihren Augen im Vergleich zu ihr einen entspannten Tag hatte. Wenn Thomas nach dem Arbeiten noch Sport machen wollte, wurde sie wütend, dass er sich das jetzt auch noch so selbstverständlich rausnahm, obwohl er in ihren Augen im Vergleich zu ihr doch schon einen total entspannten Tag hatte. Das wiederum verärgerte ihn, der in seinen Augen doch alles tat, um ihr eine sorglose und schöne Elternzeit zu ermöglichen. So begann sich Missgunst in ihre Beziehung einzuschleichen. Keiner gönnte dem anderen mehr so richtig Zeit für sich und jeder war der Meinung, mehr zu leisten als der andere. Anne beklagte sich über Thomas’ zunehmende Distanz und über seine mangelnde Unterstützung mit dem Baby. Thomas war genervt, weil seine Frau gefühlt ständig unzufrieden war, egal, wie sehr er sich bemühte. Im Grunde genommen wünschten sie sich beide mehr Wertschätzung für ihren Beitrag in das Familiensystem und mehr Zeit für sich selbst.

DER KNACKPUNKT: FALSCHE VORSTELLUNGEN

Wenn ein Paar schwanger wird, ist es damit beschäftigt, sich um tausend Dinge zu kümmern. Das Fiese ist, dass Erstausstattungslisten und Co. den Eindruck vermitteln: Wenn das alles abgehakt ist, sind wir gut vorbereitet. Die Wahrheit ist aber, dass wir uns zum einen auf ganz viel überhaupt gar nicht vorbereiten können. Elternschaft entzieht sich unserer Kontrolle. Wir wissen nicht, was für eine Persönlichkeit unser Kind haben wird und ob es sich beispielsweise überhaupt in den perfekt recherchierten Kinderwagen ablegen lässt. Überhaupt könnenwir uns die allermeisten Dinge, die mit Elternschaft zu tun haben, im Voraus gar nicht vorstellen, beispielsweise die komplett neue Beziehung zu Fäkalien.

Zum anderen kommt dazu, dass auf allen Checklisten eine verheerende Lücke existiert: die eine Sache, auf die wir uns als Eltern wirklich und garantiert vorbereiten können:

Wir werden zu wenig Schlaf haben.Wir werden am Limit sein.Unsere Autonomie geht erst mal flöten.Wir werden zu wenig Zeit haben, sowohl für uns selbst als auch für uns als Paar.

Das Einzige, was wir wirklich planen können, ist, dass uns Elternschaft an den Rand unserer Kapazitäten bringt – und darüber hinaus. Nur bereiten sich die allerwenigsten genau darauf vor.

Das führt bei den meisten Elternpaaren dazu, dass sie unbewusst in alte Rollenklischees reinschlittern, so wie bei Anne und Thomas: Sie übernimmt alles, was mit den Kindern zu tun hat, er das Brotverdienen und das Auto. Das kann absolut funktionieren. Für viele Paare verbirgt sich aber hier ein großes Konfliktpotenzial. Tatsächlich ergeben sich in heterosexuellen Partnerschaften der Großteil der Konflikte immer noch aus der Aufgabenverteilung im alltäglichen geteilten Leben (Haushalt, Verantwortlichkeit für die Kinder). Bei homosexuellen Paaren ist das nicht der Fall! John M. Gottman, führender amerikanischer Professor für Psychologie, der durch seine Forschung zur Ehestabilität weltweit bekannt wurde, erklärt das damit, dass gleichgeschlechtliche Paare Aufgaben des geteilten Lebens nach Kompetenzen verteilen. Folglich sprechen sie also auch mehr darüber, wer was übernehmen kann und möchte – und was nicht. So streiten sich homosexuelle Paare durchschnittlich tatsächlich signifikant weniger um die Dinge des alltäglichen Lebens als heterosexuelle Paare.3 Hier führen die ewigen Streitereien rund um Haushalt und Kinderversorgung dann häufig zu Missgunst, Neid, gegenseitigen Abrechnungen und Vorhaltungen: »Ich hab den ganzen Tag gearbeitet.« – »Ja und ich etwa nicht, oder was?«

Jede:r müht sich ab und blickt neidisch auf das grünere Gras auf der anderen Seite, anstatt sich gegenseitig zu unterstützen. Und das ist Gift für jede Beziehung.

So erleben nicht wenige Paare tatsächlich einen Schock: dass dieses kleine Baby natürlich wundervoll und herzallerliebst ist – dass es uns als Mensch und als Paar aber auch ganz schön tief in die Scheiße reiten kann. Wie können wir uns also auf diesen unvorhersehbaren Ozean aus Stress vorbereiten? Was ist denn am Ende wirklich wichtig? Diese Lücke sollten wir als Paar auf jeder Checkliste unbedingt ergänzen.

Die einzige sinnvolle Vorbereitung

Um als Paar über diesen unberechenbaren Ozean von Stress und Unvorhersehbarem zu schippern, ohne uns dabei an die Gurgel zu gehen, brauchen wir Leitsterne, die uns selbst in den dunkelsten Stunden Halt und Orientierung schenken. Für Conrad und für mich war ein klares Wertesystem dieses Netz an Sicherheit, dass uns wieder gemeinsam auf Kurs gebracht hat.

Meines Erachtens ist das eine der wichtigsten Vorbereitungen für Eltern. Lass uns daher schauen, wie so ein Wertesystem auch Anne und Thomas aus der Misere geholfen hat:

Ein erster wichtiger Schritt war, festzuhalten, wo die beiden stehen:

Anne:»Ich bin total frustriert, erschöpft und hab keinen Bock mehr, nur Mama zu sein.«

Thomas:»Ich arbeite den ganzen Tag und kann weder meinem alten noch meinem neuen Leben wirklich gerecht werden.«

Und wo beide gerne hinmöchten:

Anne:»Ich will selbstbestimmt mein Leben leben.«

Thomas:»Ich will für meine Familie da sein.«

Das ist übrigens immer eine gute Idee: sich als Paar zunächst eine solide Ausgangsgrundlage zu erschaffen – an Wissen, wo beide jeweils stehen, egal, vor welcher Veränderung ihr gerade steht, ob ihr frisch schwanger seid oder die Geburt des ersten Enkelkindes erwartet.

Als Nächstes habe ich Anne und Thomas gefragt, welche drei bis maximal fünf Werte es braucht, damit sie ihre Ziele gemeinsam erreichen können. Folgendes haben sie für sich festgehalten: Wertschätzung, Transparenz, Respekt.

Auf der Grundlage dieser Werte konnten sich Anne und Thomas konstruktiv der Frage stellen, wie sie mit ihrer Unzufriedenheit umgehen möchten. Beispielsweise war es für beide extrem wichtig, festzuhalten, sich gegenseitig für das wertzuschätzen, was sie aktuell für das Familiensystem leisten. Indem Thomas begann, Anne mehr wertzuschätzen für das, was sie leistete, fühlte sie sich selbst auch wieder wirksamer. Und indem Anne anerkannte, was Thomas für das Familiensystem mit einbrachte, wurde es auch ihm wieder leichter möglich, Anne bei den alltäglichen Dingen zu unterstützen. Denn er hatte nicht mehr das Gefühl, dass sie mit dem, was er tat, ständig und ausschließlich unzufrieden war.

Durch den Wert der Transparenz war es beiden möglich, die Karten auf den Tisch zu legen: So konnte sich Anne mit ihrem Frust über das Vollzeit-Mama-Sein und mit der Sehnsucht nach ihrer Arbeit zeigen. Der Wert von Respekt gab ihr die Sicherheit, von Thomas dafür nicht verurteilt zu werden.

Die beiden entschieden sich schließlich dafür, ihre Tochter mit zwei Jahren zu einer Tagesmutter zu bringen, damit Anne wieder in Teilzeit ihren Job aufnehmen konnte.

Ein klares Wertesystem ist die perfekte Grundlage für eine konstruktive Konfliktklärung und zielführende Lösungsfindung. Wir können uns gegenseitig immer wieder fragen: Handeln wir hier gerade im Sinne unserer zentralen Leitsterne? So können wir konstruktiv Kritik äußern, ohne einander anzugreifen. Entscheidungen hinterfragen, ohne einander zu bedrohen. Leitsterne schenken euch Sicherheit, Halt und Orientierung.

Es ist nie zu spät

Vielleicht denkst du dir an der Stelle: »Na toll! Das haben wir ja voll verkackt! Unser Kind kommt jetzt bald in die Schule und wir haben uns über nichts von all dem unterhalten. Zeit lässt sich ja nicht zurückdrehen, also können wir hier wohl nichts mehr machen …?«

Doch! Natürlich! Dieser Punkt bleibt und wird immer dann relevant, wenn ihr als Paar eine neue Ausgangsgrundlage von Informationen habt oder ein neuer Lebensabschnitt, eine neue Herausforderung oder eine Veränderung am Status quo ansteht.