Zauberreise - Sonja Spitteler - E-Book

Zauberreise E-Book

Sonja Spitteler

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Beschreibung

Lange vor uns haben Tiere die Erde bevölkert. Sie sind aus dem gleichen Stoff geschaffen wie wir, und tragen ein tiefes Wissen in sich, dessen Zauberkraft Sonja Spitteler in dreizehn wunderschön illustrierten Geschichten, an uns weitergibt. Büffel, die Ihre Haut wechseln, Wale, die das ewige Lied der Weisheit singen, Rehe, die einen Pakt mit dem Wind schließen und prächtige Vögel, die Licht und Schatten in sich tragen, um an die Gesetze des Lebens zu erinnern. Es sind die Tiere, die den Blick für das Wesentliche öffnen.

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Das Buch

Alle Lebewesen sind aus demselben Stoff gemacht und in jedem einzelnen steckt die Weisheit des gesamten Universums. Mutter Erde kennt den Weg ihrer Erdenkinder und lässt sie nicht alleine. Sie schickt uns Krafttiere und Schutzgeister, die uns in schwierigen Lebenssituationen beistehen. Man muss nur sein Herz öffnen, um sie zu sehen. Dieses Buch ist eine fantastische Reise in die Welt der Schamanen. Es ist ein märchenhaftes Erlebnis voller symbolischer Bedeutung und heilsamer Erkenntnisse.

Die Autorin

Sonja Spitteler, Jahrgang 1989, geboren in der Schweiz, spricht seit ihrer Kindheit mit Naturwesen. Sie sind ihre Lehrer, Freunde und Wegbegleiter. Nach einer Buchhändlerlehre ließ sie sich zur Therapeutin ausbilden und arbeitet seit 2013 in eigener Praxis. Die tiefe Verbundenheit zur Natur hat sie zu einer Sammlung schamanischer Märchen für Erwachsene und Kinder inspiriert. Der Schamanismus ist ein zentrales Thema in Sonja Spittelers Leben. Dies ist Sonja Spittelers 3. Buch. Weitere Bücher im Reichel Verlag sind „Als der Efeu sich verliebte“ und „Himmel küsst Erde“.

Sonja Spitteler

Zauberreise

Schamanische Tiermärchen für Groß und Klein

Dank

Mein tiefster Dank gilt den Tieren. Für ihr Vertrauen und dass sie ein Teil meines Lebens sind. Dies sind ihre Geschichten und es ist mir eine große Freude und Ehre, ihre Erzählungen weiterzutragen.

Meine Eltern, Christine und Manfred, mein Bruder Simon, meine Schwester Andrea, meine Nichte Melissa und Mike – ihr macht mein Leben bunt und dafür danke ich euch von Herzen.

Danke an meine Großmutter Stella, für ihr stets offenes Ohr.

Wenn das Leben schwierig ist, finden wir immer etwas zum Lachen – danke, Johanna.

Ein ganz besonderer Dank geht an meine zwei fleißigen und gleichnamigen Leserinnen – Nicole und Nicole. Eure Inputs haben den Geschichten ihren Schwung gegeben.

Danke an Francesca, Vanessa, Roman, Jasmin und Aline für die Freundschaft.

Wopila tanka an Bettina.

Maya, Barbara und Florian – danke, dass ihr für mich da gewesen seid.

Ein großer Dank geht an Gertraud Reichel und den Reichel Verlag für die kraftvolle Umsetzung.

Danke Mutter Erde, dass du uns trägst.

Für RúmilDanke für diese unglaubliche Reise. Run free, brother.

Inhaltsverzeichnis
Umschlag
Das Buch / Die Autorin
Titel
Dank
Widmung
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Der Büffel, der als Mann ging
Das Lied der Sonne
Die Krieger der Donnerwesen
Die Geschichtenbewahrer
Die Kraft der Sprache
Die Träume der Schmetterlinge
Sternenmädchens Tanz
Wind im Wald
Vier Steine für die Fülle
Die Sänger der Ozeane
Das Geschenk des Sternenvolkes
Vom Feuer geküsst
Kinder der Erde
Impressum

„Behandle einen Stein wie eine Pflanze, eine Pflanze wie ein Tier und ein Tier wie einen Menschen.“

Indianische Weisheit

Vorwort

Es gibt viele Gründe, die mich dazu bewogen haben, diese Geschichten niederzuschreiben. Einer der wichtigsten ist die Liebe zu uns selbst, zu den Tieren und zur Natur.

Mir war immer klar, dass Tiere ebenso wie wir Menschen Gefühle haben. Auf ihre ganz persönliche Weise spüren sie Freude und Trauer. Viele von ihnen, wie etwa die Insekten, Reptilien oder Fische, waren lange vor uns auf der Erde. Sie tragen ein tiefes Wissen über das Leben in sich und teilen es mit jenen, die zuhören. Tiere sind nicht nur ein Teil unserer Welt, sie sind unsere Verwandten.

Wir alle sind aus demselben Stoff geschaffen; Wasser, Knochen, Haut und Zellen. In allen von uns schlägt ein Herz und fließt Blut. Naturvölker haben die Tierwelt schon immer in einem anderen Licht gesehen. Sie wissen um ihre Vergangenheit, ihre Emotionen und ihre Kräfte.

Die nachfolgenden Geschichten wurden mir von verschiedenen Tiernationen erzählt, ergänzt durch persönliche Erlebnisse gebe ich sie hier weiter. Damit Sie uns einen Einblick in ein anderes Sein der Tiere schenken und uns an die Verbundenheit erinnern, die wir mit allem Leben teilen und in unseren Herzen tragen.

Mitakuye oyasin

(für alle meine Verwandten).

Der Büffel, der als Mann ging

„Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt.“

Mahatma Gandhi

Alte Geschichten erzählen von den Kräften der Büffelnation. Wie ihre Mutter, die Erde, kennen sie Wege, sich selbst zu verändern.

Unsere Geschichte beginnt in der Zeit, in der die Menschen noch keine Pferde hatten und die Prärie unter dem Schutz der Büffelnation stand. Die Büffel gehören einer alten und starken Nation an, sie wissen Dinge, die sonst niemand weiß, und man erzählt sich, dass sie direkt aus Mutter Erdes Leib geboren sind. Zu ihren Ehren kleiden sich die eindrucksvollen Tiere in den Brauntönen der Erde. Ihre massiven Körper wirken wie vorbeiziehende Erdhügel, die Köpfe gewaltig, die Augen sanft. Wie ein tiefer Luftzug, welcher durch ein Erdloch dröhnt, klingt der Atem der Büffel. Ihr Kommen lässt die Erde beben, wie fernes Donnergrollen. Droht Gefahr, ziehen die Büffel einen schützenden Kreis um ihre Jungen, denn wie keine andere Tiernation verstehen sie die Gesetze des Lebens. Sie wissen, dass das Opfer einiger das Überleben vieler sichert und somit das Leben im Gleichgewicht hält.

Die Büffelnation kennt so viele Geschichten, wie es Grashalme in der Prärie gibt, und diese hier erzählt von einem jungen Bullen.

Am Anfang unserer Reise trug der Bulle noch keinen Namen, da er seinen Platz in der Herde noch nicht gefunden hatte. Doch der junge Büffel verspürte deswegen keine Eile, denn wie jeder seiner Artgenossen trug er das Wissen um viele Dinge bereits in seinem Herzen. Er war ein kräftiger Bursche und neben seiner stattlichen Größe auch mit reichlich Neugierde gesegnet. Die Welt außerhalb der Herde reizte ihn und mit jedem neuen Tag begann ihn die Sicherheit seiner Sippe mehr einzuengen.

Die Büffelnation kannte keine wirklichen Feinde, ihre Zahl war zu gewaltig. Also hatte sie verschiedene Abkommen mit anderen Tiernationen getroffen. Gleichwohl, dass der Büffel das mächtigste Tier der Prärie war, so hatte er ein ebensolch großes Herz für das Wohl anderer. Deshalb gab er sein Fleisch, sein Fell und seine Knochen an Schwächere. So wie er sich opferte für Wölfe und andere Raubtiere. Ebenso half er den Präriehunden und schützte sie vor Jägern, die ihre Höhlen gerne mitten unter den Büffeln bauten. Bei Regen wurden die Behausungen der Präriehunde geflutet, was wiederum den Boden aufweichte, damit neues Gras für die Büffel und andere Tiernationen gedeihen konnte. Selbst mit den Zweibeinern hatten die Büffel ein Bündnis, denn sie waren weise und erkannten, dass die Menschen ohne sie nicht überleben würden.

Es waren eben jene Zweibeiner, welche das Interesse des jungen Bullen weckten. Für ihn waren sie seltsame Wesen mit schwachen Körpern und zwei Beinen. Er verbrachte viel Zeit damit, sie zu studieren und sich über sie zu amüsieren. Dabei gingen die Zweibeiner oftmals fälschlich in der Annahme, dass sie ihn beobachteten und nicht umgekehrt. Trotz all ihrer offensichtlichen Unzulänglichkeiten besaßen die zweibeinigen Wesen aber eine Gabe, die der Bulle immens schätzte: Es war die Fähigkeit, Kunst herzustellen. Der junge Büffel bewunderte ihre bunten Malereien, die schönen Kleider mit ihren Stickereien und er liebte ihre Musik.

Wie alle Büffel wusste er um die spezielle Verbindung zwischen seiner Nation und der ihren. Beide wachten übereinander, jede auf ihre eigene Art. Natürlich waren ihm die Wege seiner Sippe bekannt, doch es waren die Wege der Zweibeiner, die er verstehen wollte. So kam es an einem besonders heißen Sommertag, dass der junge Büffelbulle entschied, die Zweibeiner kennenzulernen.

Vater Sonne hatte die Prärie bereits einige Male begrüßt, als eines Morgens ein junger Mann auftauchte. Nur in ein wunderschönes Büffelfell gehüllt, ohne Schuhe und Besitztümer irrte er durch die Grashügel. Er konnte sich nicht erinnern, woher er kam und wer er war. Fast war es, als ob er einfach aus dem Erdboden emporgestiegen wäre.

Nach einer Weile erreichte er eines der verstreuten Lager der Menschen. Sie hießen ihn herzlich in ihrer Mitte willkommen und lehrten ihn ihre Sprache und Bräuche. Er lauschte ihren Stimmen und Geschichten, beobachtete, wie sie Kleider und Schmuck herstellten, und begann bald selbst seine eigenen Bilder mit den Farben von Mutter Erde zu erschaffen. Er begriff, dass all diese Gaben und Talente der Menschen ein Geschenk des Großen Geistes waren. Es war seine Aufgabe, diese in Ehren zu halten und von Mutter Erde zu lernen. Mit der Zeit gliederte sich der junge Mann in die Sippe ein. Sie wurde seine Familie und er war glücklich. Doch keiner wusste, welch großes Opfer er gebracht hatte, um all diese Dinge erfahren zu dürfen.

Er kannte die Sprache der Büffel, allerdings wusste er nicht warum, doch es war ihm bewusst, dass sie ihm nicht allein gehörte, denn die Büffelsprache war auch die Sprache von Mutter Erde.

So lehrte er sie seiner Sippe – so wie viele andere Dinge, die der Welt der Zweibeiner vollkommen unbekannt waren.

Die Menschen, mit denen er lebte, erfüllten sein Herz mit Freude, dennoch fühlte sich der Mann oft verlassen. Auch hatte er Mühe, das Fleisch der Büffel zu essen, und geriet oft genug auf zwei Beinen ins Straucheln. Dazu trug er stets sein Büffelfell mit sich und oftmals sah man ihn, wie er sich den Weg mit der mächtigen Herde teilte. Niemals zuvor hatte es jemanden gegeben, den die Büffel so nahe duldeten. Sie schienen ihn zu respektieren und auf seltsame Weise mit ihm verbunden zu sein. Die Alten erkannten, woher seine Stärke kommen musste, und nannten ihn Der Mann, der als Büffel ging. Sie sahen in ihm einen Mann, der wissbegierig und neugierig auf die Welt war.

Die Menschen erzählen sich, dass er einer der besten Tänzer wurde, und wenn seine Füße den Boden berührten, schien es, als würde ein Büffel tanzen. Mit seinem Atem schlug er Wölfe und sogar Bären in die Flucht und mit seiner tiefen Stimme lockte er die scheuen Präriehunde an. Er lachte gerne und kannte die außergewöhnlichsten Geschichten.

Es war an einem besonders heißen Sommertag, lange nachdem er Der Mann, der als Büffel ging geworden ist, als er plötzlich aus dem Dorf verschwand. Nur seine Kleidung wurde im Grasland gefunden, aber da war kein Büffelfell.

Als die Zweibeiner seine Besitztümer fanden, entdeckten sie einen einzelnen Büffel, der auf einem Hügel in der Nähe stand und sie beobachtete. Sie konnten sich nicht erklären, was genau geschehen war, doch sie wussten, dass Der Mann, der als Büffel ging seiner wahren Natur gefolgt war. Traurig, aber auch glücklich für ihn, machten sich die Zweibeiner zurück auf den Weg ins Dorf.

Der Büffel sah ihnen nach, bis sie seinem Blick entschwunden waren. Dann drehte er sich langsam um und ging mit kräftigen Schritten zurück zu seiner ursprünglichen Familie.

Es wird erzählt, dass Der Mann, der als Büffel ging keine Kinder hatte. Aber wenn du ganz genau hinsiehst, entdeckst du ihn in der Standhaftigkeit eines Menschen. Du fühlst ihn im Tanz und du hörst ihn, wenn deine Füße den Boden berühren. Du kannst ihn in Bildern von beiden seiner Sippen antreffen – Büffel und Mensch. Du erkennst ihn in den selbstlosen Opfern, die jemand zum Wohle der Sippe macht. Und du kannst ihn in der Liebe beobachten, die jemand für alles, was lebt, empfindet, denn er hat den Zweibeinern den Weg der Büffel gelehrt.

Viele Menschen mögen es vergessen haben, aber die Büffel sind heilige Tiere, die einen aus ihren Reihen geschickt haben, der seine Haut gewechselt hat, um das Bündnis zwischen Mensch und Tier zu stärken. Die Büffelnation erinnert sich an die Geschichte dieses Gestaltenwandlers so wie an einen Grashalm in der schier endlosen Prärie. Und sie ehrt ihn mit seinem wahren Namen – Der Büffel, der als Mann ging.

Das Lied der Sonne

„Nichts Süßeres gibt es, als der Sonne Licht zu schauen.“

Euripides

Vorsichtig spähte der kleine Spirit in den runden Raum. Ein sanftes Licht schimmerte im Inneren des runden Raumes und brachte seinen Wagemut kurz ins Wanken. Unschlüssig blieb er stehen und wanderte in Gedanken den langen Gang entlang. Dort, irgendwo zwischen den Welten, saß Großvater Sonne und träumte. Eigentlich hatte der Spirit sich nie etwas anderes gewünscht, als Großvater Sonne zu dienen. Unzählige Mühen hatte er auf sich genommen und trotzdem jedes Mal, wenn er vor Großvater Sonne stand, hielt dieser ihn mit den Worten „Hab Geduld, deine Zeit wird kommen“ hin.

Unmengen solcher Ausflüchte hatte der junge Spirit hingenommen, bis zu jenem Tag, als Großvater Sonne seinen Bruder zu sich gerufen hatte. Ausgerechnet ihn hatte er damit beauftragt, sich gemeinsam mit einigen anderen um die Lieder des Lebens zu kümmern. Es gab leise und laute, junge und alte Lieder, manche von ihnen veränderten sich beständig, andere blieben bestehen wie seit Beginn. Für jedes einzelne Wesen hatte die Urmutter ein Lied komponiert.

Kurzum es war eine Ehre, über die Lebenslieder zu wachen – und nur allzu gerne hätte der kleine Spirit diese Aufgabe übernommen. So empfand er es als eine Schmach, dass der Großvater ihn ausgeschlossen hatte. Das konnte er nicht einfach auf sich sitzen lassen – und so beschloss er, den großen Sonnenvater dafür zur Rechenschaft zu ziehen.

Eine Idee nach der anderen formte sich in der Vorstellung des Spirits, nur um dann wieder verworfen zu werden. Dann, eines Tages, wusste er, was zu tun war. Er würde dem Großvater etwas nehmen, was ihm wichtig war.

Wie alle wusste er um den runden Raum im Zentrum von Großvaters Kugel. Dort, gut geborgen, lebten seine ältesten Kinder, die Lieder des Lebens. Nicht einmal die ältesten Spirits konnten sich an eine Zeit ohne sie erinnern und selbst Großvater Sonne war sich manchmal nicht sicher, ob er nun wirklich älter war. Deshalb wachte er wie kein anderer über sie, denn es hätte ihn unendlich traurig gemacht, wenn er eines seiner geliebten Kinder verlieren würde. Der kleine Spirit musste nur auf den passenden Moment warten und seinem Plan folgen.

Von Zeit zu Zeit brauchte auch der Sonnenvater etwas Ruhe und fiel dazu in eine Art Traum. Er entspannte sich und ließ seinen Blick hinaus in die Endlosigkeit des Universums streifen, lauschte dem Lied des Lebens, beobachtete die tanzenden Sterne und wachte dann gestärkt wieder auf. In diesen seltenen Ruhephasen hielt das ganze Sonnenreich den Atem an. Denn sobald sich die Sonne verfinsterte, wurde jedem bewusst, wie vergänglich das Leben doch war.

Als Großvater Sonne einen dieser kleinen Kurzurlaube genoss, nutzte der kleine Spirit den Moment. Er eilte den Gang ins Zentrum hinab. Dort musste er schnell handeln und griff entschlossen nach der goldenen Tasche, welche seit Anbeginn der Zeit im Raum der Lieder hing. Es war eine besondere Tasche. Mächtige Symbole zierten sie und verliehen ihr die Kraft, Dinge, die sich in ihr befanden, festzuhalten.

Ein besonders kleiner und schwächlich wirkender Funke stach ihm ins Auge. Kurzerhand griff sich der kleine Spirit den Funken und steckte ihn in die Tasche.

Noch beim Davonlaufen verknotete er die Tasche und hielt den Funken sicher darin gefangen. Zugleich brach hinter ihm das Chaos aus. Immer lauter hörte er die ängstlichen Rufe der anderen Lieder.

Der kleine Spirit wusste, dass er nicht bleiben konnte und in die Weiten des Universums fliehen musste. Er war nun ein Dieb und musste sich irgendwo am Rande des Sonnenreichs verstecken.

So rannte er durch das endlose Universum, vorbei an der ersten Tochter des Großvaters. Als die zweite Tochter in Sicht kam, begannen seine Kräfte zu schwinden. Er wurde langsamer, die Flucht strengte ihn mehr an als gedacht. Und da der kleine Funken hartnäckig daran arbeitete, sich aus seinem Gefängnis zu befreien, hatte er Mühe, die Tasche zu halten.

Um ihn herum funkelten zahllose Sterne, andere Töchter und Sonnen, alle geborgen im Leib der Urmutter. Langsam näherte er sich der dritten und jüngsten Tochter, die sich einen Platz nah bei ihrem Sonnenvater ausgesucht hatte.

Wage glaubte der kleine Dieb sich zu erinnern, wie Großvater Sonne von ihrer strahlenden Schönheit geschwärmt hatte. Doch für solche Banalitäten hatte der Dieb jetzt keine Zeit. Seine Beine wurden immer schwerer und bald schon humpelte er. Je weiter er sich vom Großvater entfernte, umso unbehaglicher wurde es ihm. Zweifel begannen an ihm zu nagen, aber nun gab es kein Zurück mehr.

Ohne es zu bemerken, war er gegen den Schutzschild der dritten Tochter geprallt, und dabei entglitt ihm die Tasche. Fassungslos konnte er nur noch zusehen, wie diese durch den Schild fiel. Er wollte hinterher, doch einem Dieb verwehrte die Grenze den Zugang. Die Tasche fiel immer weiter, sie durchbrach die Wolkendecke und entschwand seiner Sicht.

Entsetzen lähmte den Dieb, als ihm bewusst wurde, was soeben passiert war.