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Im Jahr 2025 stammt nahezu jedes Nahrungsmittel aus einem der FoodTowers von Jesaja Luvis. Nur diesem exzentrischen, aber auch genialen jungen Mann gelingt es, Pflanzen anzubauen, die nicht toxisch kontaminiert sind. Obschon er alles hat, was man sich wünschen kann, reisst ihn ein Schicksalsschlag aus seinem gewohnten Leben und zwingt ihn, seine Tätigkeit zu hinterfragen. Er macht sich auf die Suche nach den wahren Ursachen der Umweltkatastrophe. Seine ungeheuren Erkenntnisse bringen ein sehr viel tiefer liegendes Problem zum Vorschein, dessen Lösung das Leben eines jeden Menschen auf dem Planeten von Grund auf verändern könnte.
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Seitenzahl: 353
Veröffentlichungsjahr: 2016
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M.L. Hagmann
2025 Der letzte Milliardär
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel
Erstes Kapitel: Eine beinahe verlorene Ablenkung
Neues Kapitel: Zuhause im Schloss
Neues Kapitel: Ayleens private Projekte
Neues Kapitel: Konfrontation mit Dionys
Neues Kapitel: Jesajas pränataler Besuch
Neues Kapitel: Zwischenstation auf einer Abwärtsspirale
Neues Kapitel: Eine andere Zeit
Neues Kapitel: Ein unwillkommenes Geschenk von Herzen
Neues Kapitel: Mehr als ein Gemälde
Neues Kapitel: Auf dem Weg zum FoodTower
Neues Kapitel: Eine unglaubliche Lieferung
Neues Kapitel: Das Interview
Neues Kapitel: Die Türme des Lebens
Neues Kapitel: Ein sehr, sehr zufälliges Unglück
Neues Kapitel: Das Produkt einer Piratenfirma
Neues Kapitel: Tankstellen-Bekanntschaft
Neues Kapitel: Einkauf bei den Insics
Neues Kapitel: Ankunft in St.Moritz
Neues Kapitel: Geständnis
Neues Kapitel: Verleitet durch Dionys
Neues Kapitel: Die Präsentation
Neues Kapitel: Am Ufer
Neues Kapitel: Im Wald
Neues Kapitel: Dionys und Teil-Dionys
Neues Kapitel: Auferstanden in St.Moritz
Neues Kapitel: Neuausrichtung
Neues Kapitel: Hong Kong
Neues Kapitel: Das Bastarden-Internat
Neues Kapitel: Der Zeitpunkt
Neues Kapitel: Antworten auf den Azoren
Letztes Kapitel: Quentin
Schluss?wort
Impressum neobooks
Das Jahr 2017
Ayleen Luvis hatte einen Hang zum Luxus. Ihre letzte Geschäftsreise führte sie auf die Azoren Inseln, anschliessend nach Portugal und dann wieder zurück zum Flughafen Altenrhein. Aufgrund drohender Terminkollisionen war die Reise mit einem Linienflug nicht machbar, also charterte sie kurzerhand einen Privatjet für sich alleine. Zurück in der Schweiz, brachte sie ein Chauffeur in einer Mercedes Benz S-Klasse zum Schloss Girsberg. Das Anwesen diente ihr nicht nur als Residenz, es beheimatete auch die Büros ihrer erfolgreichen Firma.
Um sich ein Bild vom Innenleben dieser vermögenden Frau zu machen, reichte nur ein Blick auf ihren luxuriösen Lebensstil auf keinen Fall aus.
Ayleen kam als mittellose Ausländerin in die Schweiz. Damals hatte Geld für sie kaum eine Bedeutung, schliesslich hatte sie eine verstörende Erfahrung, aber gleichzeitig auch so etwas wie ein Wunder miterlebt. Dieses Erlebnis zu verarbeiten, steuerte damals - vor 17 Jahren - ihr gesamtes Leben. Sie brauchte Antworten und war bereit, alles dafür zu geben.
In der Schweiz zeigte sich das Leben von seiner realistischen Seite und Ayleen bemerkte, dass Geld für ihre Suche nach Antworten unumgänglich war.
Als sie vor 13 Jahren ihren Geschäftspartner Dionys Basol traf, nutzte sie ihren Elan, um seine Vision für das Transportsystem der Zukunft, Wirklichkeit werden zu lassen. Zu zweit gründeten sie den Zeppelin-Hersteller Move. Ihr Unterfangen war lange Zeit erfolglos geblieben und zwang Ayleen deshalb, ihre ganze Energie in die Firma zu stecken. Mit den Jahren wurden ihre Anstrengungen belohnt und Ayleen entdeckte ihr Begehren nach Luxusprodukten. Da ihre Suche nach Antworten weit schleppender voranschritt als der Erfolg ihrer Firma, gab sie ihrem Begehren nach. Ihr Leben wurde in materieller Hinsicht bereichert und Ayleen freute sich, mit ihrem aktiven Tun wenigstens diese Leidenschaft stillen zu können. So war es für sie einfacher, bei den wesentlichen Fragen ihres Lebens, die Geduld zu bewahren.
Chauffeur: „Mögen Sie Ihre fabrikneue Firmenlimousine? Das Hot Stone-Massageprogramm der Rücksitze soll überaus wohltuend sein.“
Ayleen: „Ausgesprochen wohltuend. Dieses Fahrzeug war eine gute Wahl meinerseits. Doch bedauerlicherweise kann ich mein iPad nicht aufladen, obschon ich jede Menge zu tun hätte.“
Chauffeur: „Bitte entschuldigen Sie, das Ladekabel wird so bald wie möglich nachgerüstet. Ich habe bereits einen Termin mit der Werkstatt vereinbart.“
Ayleen: „Dann fahren Sie eben etwas schneller. Ich muss wieder an die Arbeit.“
Die Beschleunigung des Fahrzeugs drückte Ayleen behutsam in ihren Sitz. Amüsiert über ihre neueste Errungenschaft, liess sie ihren Blick aus dem Fenster schweifen. Die sommerliche Sonne beleuchtete die Szenerie bis ins letzte Detail. Vielleicht hatte es mit der Helligkeit des schönen Wetters zu tun, denn auf einmal nahm sie ihre Lebenssituation bewusst wahr. Ihr Leben hatte in vielerlei Hinsicht, ihre Vorstellung davon, weit übertroffen. Sie konnte sich praktisch alles leisten, was sie sich wünschte und auch die Zukunft sah vielversprechend aus. Zumindest in materieller Hinsicht, denn Move hatte zahlreiche Aufträge ergattern können.
Das erste Mal in ihrem Leben empfand sie so etwas wie Zufriedenheit. Dieser Zustand war allerdings nur von kurzer Dauer. Sie durfte sich nicht eingestehen, angekommen zu sein. Damit würde sie eine Aufgabe, eine Ablenkung verlieren. Ohne Ablenkung wusste sie nicht, ob sie ihre lebensnotwendige Geduld behalten würde, für die Suche nach den wirklich essentiellen Antworten ihres Lebens.
Der Wagen bog von der Strasse ab und fuhr nun im Schritttempo der Auffahrt zum Schloss Girsberg entlang. Der Firmensitz des Zeppelin-Herstellers Move, diente in der Vergangenheit bereits Graf Ferdinand von Zeppelin als Wohnsitz.
Ayleen betrachtete den Strichcode auf dem Firmenschild, der gleichzeitig als Logo für das Move-Unternehmen diente. Dies riss sie aus ihren Gedanken und holte sie zurück in den Alltag. Sie befanden sich mit der Auslieferung der ersten Zeppeline in Verzug. Dennoch schaufelte Dionys bei einem ihrer Zulieferer in Portugal Kapazitäten frei, damit dieser dort Wasserrückgewinnungs-Systeme für eine andere Firma bauen konnte, anstatt ganz für Move zu produzieren. Sie verstand Dionys verhängnisvolle Entscheidung in keiner Weise. Darum legte sie sich die Worte zurecht, um ihn zur Rede stellen zu können. Zudem gab es da noch immer dieses Problem mit der Seilwinde, einem zentralen Bauteil für das Hochziehen eines Containers zum Zeppelin. Ihre Konstruktion versagte dabei, wie sie vor Ort auf São Miguel, der Hauptinsel der Azoren, feststellen musste.
Der Gedankenwechsel kam ihr ganz recht und sie realisierte, dass die Ablenkung durch Arbeit noch immer funktionierte - zumindest jetzt noch.
Ayleen betrachtete das Schloss am Ende der Auffahrt. Der Nordflügel war noch immer eingerüstet, die Südseite zeigte zum ersten Mal die Früchte der umfangreichen Restauration. Das spitze Dach mit einem kleinen Turm darauf krönte das sonst eher schlichte Schloss mit seinen zwei Stockwerken und einer breite von sieben Fenstern.
Der Chauffeur lenkte die Limousine um eine runde Blumenrabatte und stoppte direkt vor dem Eingang des Schlosses.
Dionys Basol erbte das heruntergekommene Anwesen vor 13 Jahren von seinem Vater. Das idyllische, historische Schloss auf dem Land, umrahmt von einem kleinen Waldstück, vermittelte Ayleen jedes Mal aufs Neue das beruhigende Gefühl einer beständigen, heilen Welt. Zum Anwesen gehörten neben dem Schloss drei weitere Häuser, die sich auf der linken Seite der Auffahrt befanden. Die grosse Scheune auf der anderen Seite der Auffahrt, nutzen Mitglieder der Geschäftsleitung als überdachte Garage.
Obschon die Anlage vornehm aussah, wirkte sie weder protzig noch einschüchternd. Trotz des überschaubaren Grundstücks gab es hier genügend Platz für mehr als 50 Mitarbeiter, die sich mit der Konstruktion und Planung der Luftschiffe beschäftigten. Bei Zulieferbetrieben in fünf verschiedenen Ländern arbeiteten hunderte weiterer Menschen an den Aufträgen von Move.
Zögerlich und etwas unbeholfen wirkend öffnete Ayleen die Autotür - es machte den Anschein als sei sie es sich gewohnt, dass jemand dies für sie erledigte, oder sie wollte einfach so wirken. Der Chauffeur, auf den sie nicht warten wollte, eilte sogleich herbei und wartete nun hilfsbereit an der Tür. Ayleen ignorierte ihn, beschäftigten sie im Moment doch eher die grellen Sonnenstrahlen, die ihre hellblauen Augen blendeten. Was zuvor die getönten Autoscheiben taten, musste nun eine grosse Sonnenbrille erledigen. In aller Ruhe nahm sie die Brille vom Kopf und setzte sie sich auf. Ganz selbstverständlich griff sie nach der Hand des Chauffeurs und stieg aus. Ein Luftzug erfasste ihre langen, blonden, hochwertig gebleichten und aufwendig zurechtgemachten Haare, während sie zur Treppe schritt. Sie trug ein dünnes, hellbraunes Sommerkleid aus sichtbar wertigem Gewebe, dazu ein Tuch um die Schultern und trotz der sommerlichen 24 Grad, Handschuhe, die bis zu ihren Oberarmen reichten. Ihre zierliche Figur liess vermuten, dass sie meist fror, daher wirkte ihre Kleidung ganz angemessen. Sie mochte erdige Farben und schlichte Formen, zudem wollte sie an Arbeitstagen stets korrekt gekleidet erscheinen. Unverkennbar blieb der Eindruck, dass sie über Stil und Geld verfügte, was durchaus auch beabsichtigt war. Sie hatte die Vierzig schon überschritten, ein Umstand, den sie hin und wieder ungeschehen machen liess - im Grossen und Ganzen sah sie weder jung noch alt aus, sondern schön und alterslos.
Ihre blasse Haut war nur unterhalb der Knie und im Gesicht zu sehen. Da die grosse Sonnenbrille ihre Augen verdeckte, wirkte sie fast etwas ausserirdisch.
Sie stieg die wenigen Stufen zur Eingangstür hoch, wo sich die beiden Türflügel wie durch Geisterhand öffneten und betrat den Empfangsbereich. Schwarzweiss-Fotos erzählten die Geschichte der Zeppeline von der Vergangenheit bis in die Gegenwart, in ihren guten und schlechten Tagen.
Handwerker erledigten letzte Arbeiten, doch schon jetzt erkannte Ayleen, dass dieses Schloss bald die ambitionierte Aufgabe widerspiegeln würde, die Move sich vorgenommen hatte: Die Versorgung der Welt durch ihr innovatives Transportmittel. Sie achtete nicht weiter auf die Handwerker, sondern ging gleich weiter zum Empfang, wo ihre Assistentin Tanja bereits auf sie wartete.
Ayleen: „Tanja, hast du meinen Sohn gesehen?“
Tanja: „Heute ist er noch nicht aufgetaucht.“
Ayleen: „Ist Dionys inzwischen endlich zurück?“
Tanja: „Herr Basol hat angekündigt, am späteren Nachmittag vorbeizuschauen. Gleich nach dem Mittagessen mit seiner Frau.“
Ayleen: „Ich will sofort mit ihm sprechen wenn er hier ankommt.“
Tanja: „Selbstverständlich.“
Ayleen: „Gut. Bitte lass mein Mittagessen auf der Terrasse servieren und komm in etwa 15 Minuten nach.“
Tanja erschien rechtzeitig auf der überdachten Terrasse. Ayleen hatte zu Ende gegessen und schaute sich gerade einen TV-Bericht auf ihrem iPad an.
Tanja: „Dieses neue Material Quantrinium ist wirklich ein Gottesgeschenk. Hast du es mitbekommen? Letzte Woche hat die Regierung ein Gesetz verabschiedet, das die Verwendung von Quantrinium sogar in der Nahrungsmittelindustrie zulässt. Es ist also wirklich unbedenklich. Warum verwenden wir es eigentlich bei den Zeppelinen noch immer nicht?“
Ayleen: „Wir richten uns nach den Kundenwünschen. Dem Kunden sind die Vorteile von Quantrinium egal, also bauen wir die Zeppeline mit klassischen Materialen. Natürlich existieren auf Plänen bereits Bauteile, die Quantrinium enthalten. Einige Prototypen funktionieren auch schon sehr zufriedenstellend - doch bis jetzt brauchen wir es für die Serie nicht. Keine Sorge, wir sind für die Zukunft auf jeden Fall gerüstet.“
In Wahrheit verstand Ayleen selbst nicht genau, warum Move die grösste Entdeckung des Jahrtausends ignorierte. Das von der EU und den USA entwickelte Quantrinium würde ohne Zweifel in Zukunft für ihre Zeit bezeichnend sein, wie Eisen, Bronze und auch Plastik in der Vergangenheit. Kaum ein Werkstoff liess sich so vielseitig nutzen und löste gleichzeitig so viele Probleme wie Quantrinium. Dies war jetzt schon absehbar, obschon die Erforschung des jungen Elements erst in seinen Kinderschuhen steckte. Konventionelle Werkstoffe liessen sich damit strecken und mit den gewünschten Eigenschaften versehen. Mit Öl angereichert liess es sich gleichzeitig als Kraftstoff verwenden und es vollbrachte wahre Wunder in der Medizin. Ohne Zweifel entschärfte es die Ressourcenknappheit und ebnete somit den Weg in eine umweltfreundliche Zukunft.
Und nun wurde es auch noch als Nahrungsmittelzusatz zugelassen.
Kein fabrizierendes Unternehmen konnte es sich leisten, nicht in die Quantrinium-Forschung zu investieren. Die erzielten Fortschritte waren zu gewaltig, um sie der Konkurrenz zu überlassen. Nur Dionys vertrat die Ansicht, das Move darauf verzichten könne - und Ayleens Sohn. Der Einzug von Quantrinium in die Lebensmittelindustrie verunsicherte Ayleen zutiefst.
Die Welt hatte nicht auf die Move-Zeppeline gewartet, das hatte die Vergangenheit eindrücklich gezeigt. Doch dann ergab sich eine Chance. Eine Gruppe von Financiers erkannte eine bedrohliche Knappheit bei den Lebensmitteln für die wachsende Bevölkerung der Zukunft und investierte in Aquakulturen, die Algen züchteten. Für die Verteilung dieser Lebensmittel überzeugten die Move-Zeppeline und sie erhielten ihren ersten Grossauftrag. Move lebte von diesem gewaltigen Auftrag und den Folgeaufträgen. Die Fortschritte in der klassischen Nahrungsmittelindustrie, welche Quantrinium nun verwenden durfte, drohten die Algen in Zukunft überflüssig zu machen.
Ayleen trank genüsslich einen Schluck frisch zubereiteter Zitronen-Limonade und sagte darauf hin zu Tanja: „Mir ist es unheimlich, dass in Zukunft das gleiche Material in meinem Essen sein soll, wie im Tank meines Autos. Bei aller Ehrfurcht vor Quantrinium, ich kann mir nicht vorstellen, dass die Menschen die Verunreinigung ihres Essens zulassen werden.“
Tanja: „Ich glaube, dass die Regierung das bestimmt gewissenhaft geprüft hat. Nicht nur die Schweiz hat so entschieden, sondern die meisten Länder auf der ganzen Welt! Denk nur an all die Studien, die sie für ihre Entscheidung hinzugezogen haben. Oder denk an diesen renommierten Wissenschaftler, der nachweislich herausfand, dass vielfach Toxine für Krankheiten verantwortlich sind, die trotz Konservierungsmitteln noch während des Haltbarkeitsdatums bei vielen Lebensmitteln entstehen. Lebensmittel könnten in Zukunft nun mit Quantrinium angereichert werden, sodass sie zerfallen bevor die Lebensmittel gesundheitsgefährdend werden. Das ist doch grossartig!“
Ayleen: „Ach, diese Studien. Ich wette, früher ergaben die meisten Studien, dass die Erde eine Scheibe sein muss. Aber genug davon. Was ist während meiner Abwesenheit hier passiert?“
Tanja: „Nicht viel... Die Renovation schreitet gut voran, in zehn Wochen sollte alles abgeschlossen sein.“
Ayleen: „Wieso geht das noch so lange? Es sollte doch nicht mehr länger als drei Wochen dauern!“
Tanja: „In drei Wochen sind auch alle Häuser fertig, ausser die Scheune. Der Ausbau des Kellers ist schliesslich eben erst angeordnet worden.“
Ayleen: „Ich versteh nicht, wer hat das angeordnet und wozu?“
Tanja: „Ich dachte du warst das. Jemand hat die Mehrkosten von 23 Millionen Franken bewilligt. Da Herr Basol seit drei Wochen weg ist, dachte ich, du warst das.“
Ayleen sagte verärgert: „Das habe ich sicher nicht getan! Zudem ist das viel zu teuer für den Ausbau eines Kellers! Dionys treibt mich noch in den Wahnsinn!“
Ayleen stand auf, ging zum Terrassengeländer und richtete ihren Blick auf den Park und das kleine Waldstück dahinter, um sich wieder abzuregen. Sie erkannte eine gewisse Ironie darin, vor weniger als einer Stunde noch geglaubt zu haben, an dem Punkt in ihrem Leben angekommen zu sein, wo sie immer hinwollte. Ein Mittagessen reichte aus, sie das Gegenteil fürchten zu lassen.
Ihr Ärger verflog, als sie am Waldrand ihren Sohn entdeckte. Sofort zeichnete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht ab.
Besorgt und verstört starrte Tanja auf den leeren Teller. Dann sagte sie: „Es tut mir leid, ich wollte dich nicht verärgern. Ich...“
Ayleen: „Schon gut. Es ist nicht deine Schuld. Mach dir keine Gedanken.“
Tanja stand auf und ging rüber zu Ayleen. Da erkannte auch sie Ayleens Sohn.
Tanja: „Soll ich schnell etwas zu Essen holen für Jesaja?“
Ayleen: „Nein, nicht nötig. Er isst nicht zu Mittag. Er isst auch nicht unser Essen. Er ist, nun ja, etwas heikel. Aber das habe ich dir schon oft genug gesagt.“
Fürsorglich sagte Tanja: „Vielleicht würde es ihm gut tun, wenn er mit dem Team essen würde. Er ist praktisch immer alleine in der Natur und spricht mit niemandem. In seinem Alter muss er doch auch an die Zukunft denken.“
„Wenn er sich entscheidet, in unserer Welt zu leben, wird er das auch tun. Dann wird jeder seinen Namen kennen. Doch dafür braucht er weder meine noch deine Hilfe. Jetzt lass mich bitte allein.“, sagte Ayleen freundlich, jedoch sehr bestimmt, woraufhin Tanja umgehend an ihren Schreibtisch zurückkehrte.
Ayleen konnte ihren Sohn nicht mehr sehen, also stieg sie barfuss die Stufen von der Terrasse hinunter zum Park. Sie ging langsam auf das Waldstück hinter dem Schloss zu und erkannte bald Jesaja, der auf dem Bauch lag und etwas beobachtete. Er hatte sie wohl noch nicht bemerkt.
Sie stand etwa 50 Meter von Jesaja entfernt, als sie gerade seinen Namen rufen wollte, da drehte er sich plötzlich auf den Rücken und sah Ayleen an.
Sie hatte nicht gewusst, dass er schon aus dieser Entfernung Notiz von ihr nehmen konnte. Er stand auf und ging mit gesenktem Haupt auf Ayleen zu. Eine nicht sichtbare, aber trotzdem präsente Schicht umgab ihn, die gross und prachtvoll um ihn herum wirkte, während sein Körper eher schlank und schmal aussah - ein Gegensatz den Ayleen immer wieder aufs Neue irritierte.
Jesaja, mit 17 Jahren ein Jugendlicher, besass noch immer klar erkennbare kindliche Merkmale. Er hatte braun schimmernde, gewellte Haare, die seine Stirn verdeckten. Im gedämpften Licht des Waldes sahen sie fast schwarz aus und umrahmten wild sein weiches Gesicht. Wenn man genau hinschaute, zeichnete sich dezent ein Lächeln auf seinem puppenhaften Gesicht ab. Mit seiner rechten Hand schien er ein Orchester zu dirigieren und sein weisses T-Shirt zeigte Dreckspuren des Waldbodens. Er umarmte Ayleen und drückte sie dabei kurz an sich, wodurch sich die Dreckspuren zum Teil auf ihr Kleid übertrugen. Dies kümmerte sie nicht, denn gleich darauf sah er ihr in die Augen und lächelte sie an, was sie alles vergessen liess und ihr erlaubte, im Moment zu leben.
Sie schaute in seine unschuldigen türkisfarbigen Augen, die dunkelblau umrandet waren. Sein Blick war starr, durchdringend und doch gütig - sie konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass er durch seine Augen mehr sah, als sie es tat.
Ayleen überreichte ihm ein Briefchen mit dem Saatgut der Azorenglockenblume, die Jesaja mit neutralem Gesichtsausdruck eindringlich begutachtete. Sie hatte ihm schon die teuersten Geschenke mitgebracht, doch immer hatte er sie liegen lassen. Inzwischen wusste sie genau, was ihn faszinierte - also brachte sie genau dieses Geschenk mit. Er kletterte mit dem Briefchen in Windeseile auf einen nahen Baum, um kurz darauf ohne das Briefchen wieder neben Ayleen zu stehen.
Früher fürchtete sie sich, dass er sich bei seinem gewagten und unkonventionellen Klettern verletzen könnte, doch bis heute war nie etwas passiert, so sah sie die Sache inzwischen etwas gelassener.
Er griff ihre Hand und ging mit ihr einige Schritte auf der Wiese, die zum Garten des Schlosses gehörte. Dabei machte er ganz kleine Schritte und führte gleichzeitig Ayleen an der Hand. Seine Schritte wirkten bedacht und sorgfältig gewählt, doch er agierte gelassen und mit einer inneren Ruhe, um die ihn Ayleen beneidete. Gelegentlich knickte Ayleen auf der unebenen Wiese leicht ein, woraufhin Jesaja sie umgehend stützte und dies, wie vorhergesehen, in die Ruhe seiner Bewegungen mit einbaute, die auf Ayleen fast wie ein Tanz wirkten.
Als sie wieder am Waldrand standen, wo sie ihre Wanderung begonnen hatten, liess Jesaja ihre Hand los. Ein Luftzug strich durch die Blätter der Bäume und Jesajas Aufmerksamkeit richtete sich auf die Natur. Ayleen wünschte sich, hören zu können was er hörte, doch Jesaja machte keine Anstalten etwas zu erklären. Für gewöhnlich sprach er sowieso nicht.
Ayleen zeigte ihre mütterliche Seite und sagte: „Komm mit, du solltest ein neues T-Shirt anziehen. Das hier ist ganz schmutzig.“
Jesaja schaute auf ihren Finger, der auf sein T-Shirt zeigte. Er folgte der aufgezeigten Linie zu seinem T-Shirt und betrachtete es kurz während er den Fleck mit seinem Finger berührte. Er reagierte, als ob es ihn nichts anginge, dann wandte er seinen Blick dem Wald zu.
Mit liebevoller Stimme sagte Ayleen: „Komm.“, und griff nach seiner Hand. Jesaja folgte ihr eben, allerdings völlig teilnahmslos.
Über die Terrasse gelangten sie direkt in die zweite Etage des Schlosses. Dionys hatte sich hier, auf einem Drittel des Stockwerks, eine kleine Wohnung eingerichtet, in der sich Ayleen ganz selbstverständlich bewegte. Sie ging sogar in die Küche und verschaffte sich einen kurzen Überblick über seine Post, während Jesaja geduldig auf sie wartete. Es ging nicht lange, da bemerkte sie den von Dionys unterzeichneten Bauvertrag, den Ausbau des Kellers betreffend. Sie warf kurz einen Blick auf die angehefteten Pläne und spürte förmlich, wie ihre Wut auf Dionys wieder hoch stieg.
Sie nahm Jesaja bei der Hand und ging mit ihm über eine Wendeltreppe ins Erdgeschoss. Das grosse Zimmer diente ursprünglich als Ballsaal, doch inzwischen durfte sich Jesaja hier ausbreiten. Dionys‘ Wohnung und Jesajas Zimmer stellten die einzigen, privat genutzten Räume des Schlosses dar; der Rest der Fläche diente ausschliesslich als Büro für die leitenden Mitarbeiter von Move.
Ayleen ging direkt weiter zum Schrank, um Jesaja ein neues Shirt herauszusuchen. Jesajas Aufmerksamkeit galt währenddessen einem Gemälde, das auf einer der zahlreichen Staffeleien stand.
Mit dem neuen T-Shirt in der Hand stiess Ayleen an eine herumliegende Gitarre. Das Scheppern liess sie zusammenzucken. Jesaja vollendete unbeeindruckt noch einen Strich auf der Leinwand und sah dann in aller Ruhe zu Ayleen hinüber.
„Du solltest die Instrumente nach dem Gebrauch wieder zurückstellen.“, sagte Ayleen und begann damit, das chaotisch wirkende Zimmer aufzuräumen. In der Zwischenzeit zog Jesaja sein T-Shirt aus und faltete es zu einem Quadrat. Der Fleck, der sich zuvor auf seiner Brust befand, bildete die obere Seite des Quadrats.
Als Ayleen sich umdrehte, war von Jesaja nichts mehr zu sehen. Sie betrachtete das gefaltete T-Shirt auf dem Tisch und bemerkte im Spiegel, dass jene Form, die der Dreck bildete, auch auf ihrem Kleid zu sehen war. Sie ging zum Fenster und sah, wie Jesaja gerade in den Teich sprang. Ihr Blick schweifte über das Anwesen und plötzlich sah sie die Wiese, auf der sie zuvor den Spaziertanz gemacht hatten. Ihre Schritte hatten die hohen Halme umgelegt und dabei ein Muster gezeichnet. Das Muster ähnelte dem Fleck auf Jesajas T-Shirt. Plötzlich erinnerte sie sich an das Problem mit der Seilwinde des Zeppelins.
Sie griff zum Zeichnungsblock auf Jesajas Schreibtisch und skizzierte eine Lösung auf. Sie blätterte dreimal um, bis sie alle Ideen verbessert aufgezeichnet hatte. Dann, beim vierten Umblättern sah sie es. Jesaja hatte die Lösung ihres Problems bereits skizziert. Das Muster auf der Wiese und der Abdruck auf dem T-Shirt hatten eigentlich bereits alles erklärt. Ayleen brauchte einige Skizzen anzufertigen, um sich der genial einfachen Lösung von Jesaja zu nähern und erkannte erst jetzt, dass Jesaja bereits alles aufs erste Mal gelöst hatte. Und das, obwohl sie Jesaja nicht einmal vom Problem mit der Seilwinde erzählt hatte!
Wieder einmal hatte er ein konstruktives Problem für sie gelöst, und das ohne jemals auch nur die Grundschule besucht zu haben. Er hatte bereits ihre Ankunft erwartetet ohne zu wissen, wann sie zurück kommen würde. Er hatte den Boden so präpariert, dass sich eben jenes Bild auf seinem Shirt abbilden und auch auf Ayleen übertragen würde, er hatte ihre Ideen vorausgesehen und sogar die Anzahl Seiten auf dem Zeichnungsblock abgeschätzt, die sie zum skizzieren ihrer Idee brauchen würde, um ihr dann seine Lösung zu präsentieren. Es konnte kein Zufall sein. Oder doch? Eine Gänsehaut überkam sie.
Dies stellte nicht den ersten Vorfall dieser Art dar. Move würde ohne Jesaja nicht da stehen, wo die Firma jetzt stand, dennoch konnte sie sich nicht daran gewöhnen. Sie empfand diesen Jungen in so vielseitiger Hinsicht als Geschenk, das sie gelernt hatte, einfach anzunehmen.
Ayleen trat auf die erste Stufe der Treppe, die zu ihrem Büro im Dachgeschoss des Schlosses führte. Sobald ihr Fuss die Stufe berührte, bewegte sich das Holzbrett nach oben, zur nächsten Stufe. Dieser Vorgang wiederholte sich bei jeder Stufe. Auf diese Weise konnte sie mit kleinen Schritten, ohne die geringste Anstrengung die Höhendifferenz überwinden - eine Konstruktion, die ebenfalls aus Jesajas Feder stammte.
Im Dachgeschoss befand sich eine rechteckige, raumfüllende Konstruktion aus Glas, die sich beinahe über die gesamte Grundfläche erstreckte. Um die Glaskonstruktion herum blieb ein Durchgang, der gerade so breit war, das der Giebel es erlaubte, die Wände der Konstruktion senkrecht zu bauen.
Das Ziegeldach hatte man im Zuge der Renovation durch formidentische Glasscheiben ersetzt, die dank einer Folie von aussen genau wie das ursprüngliche Dach aussahen. Innen hingegen erlaubte diese Lösung soviel Licht, wie man auf Knopfdruck wünschte.
Die Glaskonstruktion beherbergte die Büros von Ayleen und Dionys. Die Aufteilung der Bürofläche erfolgte im Besitzverhältnis am Move-Unternehmen: Ayleen gehörten 40%, Dionys 60%.
Ayleen ging am Empfangstresen vorbei und Tanja folgte ihr sogleich ins Büro. Sobald sie das Büro betraten, veränderten sich die Glaswände. Waren sie zuvor durchsichtig, färbten sie sich beim Betreten in blickdichtes Grün. Zwei vordefinierte Flächen blieben durchsichtig, sie dienten als Fenster.
Die grosse Höhe des Raumes erlaubte es, drei Höhenniveaus zu nutzen. Gleich beim Eingang stand Ayleens Schreibtisch mit Besucherstühlen und einem Sofa. Daneben, etwas abgesenkt, hatte sie sich ein Badezimmer einbauen lassen, wo sie sich gegebenenfalls auch zurecht machen lassen konnte. Gleich darüber befand sich der 3D-Visualisierungsbereich, wo sie jede Konstruktion dreidimensional betrachten und beinahe anfassen konnte.
Ayleen: „Bitte mach die Türe zu.“
Ayleen setzte sich auf eine Schaukel, die von der Decke der Glaskonstruktion hing und spielte auf ihrem iPad herum. Die Scheiben der Glaskonstruktion nutzte sie als Bildschirme, welche die Inhalte aus ihrem iPad darstellten. Als Tanja bereit stand sagte Ayleen: „Die Renditen bei Quantrinium-Unternehmen sind fantastisch. So gut ging es der Wirtschaft lange nicht. Wenn erst die vollständig neu entwickelten Produkte auf den Markt kommen, dann steht uns ein goldenes Zeitalter bevor!“
„Ich weiss. Andreas von der Buchhaltung hat mir erst kürzlich von den Fortschritten erzählt. Drohnen zum Beispiel, sollen sehr vom neuen Material profitieren. Ich hoffe, ich kann etwas Geld zum investieren erübrigen.“, sagte Tanja, die erfolgreich ihre Verwirrung über Ayleens plötzliche Begeisterung für Quantrinium verbarg.
Ayleen: „Richtig interessant wird erst die steigende Nachfrage, die entsteht, weil sich Quantrinium nach einigen Jahren zersetzt und die Produkte neu gekauft werden müssen.“
Während Ayleen ihr Portfolio betrachtete, begannen ihre Augen förmlich zu glänzen.
Tanja verstand nun den Grund für Ayleens Begeisterung. Geld. Doch Ayleen machte keine Anstalten, ihr eine Gehaltserhöhung zu gewähren, oder ihr sonst irgendwie behilflich zu sein, von der momentanen Situation zu profitieren.
So sagte Tanja mit ein wenig mehr Aggression als gewöhnlich: „Gerade habe ich die Meldung bekommen, dass der Maserati noch diese Woche geliefert wird. Wie gewünscht wird er zum Haus in St.Moritz gebracht.“
Ayleen sprang nicht auf die Bemerkung an, sondern legte das iPad zur Seite und schaute Tanja mit ernster Mine an.
Ayleen: „Ist die Tür zu?“
Tanja: „Natürlich. Kann ich nun über die privaten Projekte Bericht erstatten?“
„Ja bitte, ich brenne darauf.“, sagte Ayleen eindringlich, da ihr dieses Thema weit mehr bedeutete als alle finanziellen Erfolge oder die Geschehnisse bei Move.
Tanja: „Wie gewünscht habe ich die Sprachdatenbank um Ge‘ez, also Altäthiopisch, erweitern lassen. Du solltest nun darauf zugreifen können. Die Kontaktdaten sind ebenfalls hinterlegt, falls eine Fachexpertenmeinung bei der Übersetzung nötig wäre, doch die Programmierung sollte dies überflüssig machen. Die Kosten konnte ich über Move abrechnen.“
Ayleen: „Damit kommen wir hoffentlich einen Schritt weiter. Ich danke dir. Wie sieht es mit unserem Forschungsteam aus? Ist es aus Rumänien zurückgekehrt?“
Tanja: „Das sind sie. Leider hat sich der Bericht über die Erscheinung einer Heiligen als Fälschung herausgestellt. Ausserdem können wir die Kosten nicht über die Filiale in der Slowakei abrechnen, denn es ist rechtlich unmöglich, wie man mir sagte. Ausgerechnet in Rumänien haben wir keine Niederlassung. Kann ich für die Bezahlung dein privates Konto verwenden?“
Ayleen: „Das ist eine grosse Enttäuschung, alles hatte so echt gewirkt. Aber natürlich, dann zahle ich es eben privat. Arbeitet das Forschungsteam schon am nächsten Fall?“
Tanja: „Ja, sie sind nun in Ägypten und melden sich wieder. Dieser Physikprofessor kommt nächste Woche nach Europa. Über ihn solltest du an die Liste der ehemaligen Staatsangestellten kommen, die zuviel gesehen haben - das sagen zumindest die bisherigen Quellen. Die neu angekommenen Daten-CDs habe ich dir zum Studium in den Visualisierungsbereich gelegt.“
Ayleen war zufrieden und schickte Tanja wieder weg. Sie dachte kurz daran, die neuen Daten-CDs zu sichten, um herauszufinden, ob ähnliche Phänomene aufgetreten waren wie bei ihr damals - entschied sich dann aber dagegen. Dionys würde ihr gewiss den Kopf abreissen, da sie sich gegen seinen Willen auf den Azoren aufgehalten hatte. Da wollte sie wenigstens den Nutzen ihrer Reise unterstreichen und entschied, die Seilwinde zu überarbeiten.
Sie mochte die Welt gerade nicht besonders, daher zog sie sich in ihre schwebende Wolke zurück. Die wolkenförmige Höhle in der Ecke des Raumes liess sich bis an die Decke hochziehen. An diesem Ort arbeitete sie am liebsten.
Ayleen wollte gerade ihre Konstruktion im Visualisierungsbereich testen, als Tanja sie telefonisch über die Ankunft von Dionys informierte. Ayleen öffnete die Schiebetür im Visualisierungsbereich, die zum abgeschotteten Besprechungszimmer auf dem Dach der Glaskonstruktion führte, doch Dionys war nicht dort. Sie ging weiter zum angrenzenden Büro von Dionys. Auch ihm standen Teiletagen auf mehreren Ebenen zur Verfügung. Dem Erholungsbereich folgte versetzt und etwas tiefer sein Visualisierungsbereich und ganz unten lag sein Arbeitsplatz. In der Mitte des Raumes hatte er sich einen Pool einbauen lassen, der unter dem Visualisierungsbereichs wie eine Grotte aussah und über eine Wasserbar verfügte.
Dionys stand ausserhalb der Glaskonstruktion auf dem äusseren Durchgang, welcher als Galerie den Blick auf seine darunterliegende Wohnung freigab.
Der Körper von Dionys Basol erlebte seit kurzem sein 38. Lebensjahr. Dass er drei Jahre jünger war als Ayleen erkannte niemand. Er hatte kleine, dunkle und etwas zurückversetzte Augen, die sich schwer betrachten liessen. Trotzdem sah sein Gesicht von alleine freundlich aus, auch wenn er nicht die Kraft aufbringen wollte, zu lächeln. Seine kurzen schwarzen Haare und seine Bräune passten gut zu seiner Freizeitkleidung. Durch seine spassliebende Erscheinung rechnete er damit, unterschätzt zu werden, um dann umso vehementer zu überraschen. Doch seine kraftvolle Erscheinung ermöglichte es ihm auch, Autorität unabhängig von Kleidung auszudrücken - wovon er Gebrauch machte als er Ayleen zur Rede stellte und sagte: „Warum bist du gegen meinen Willen auf die Azoren geflogen?“
Er kam ihr mit dem Angriff zuvor, was sie noch wütender machte. Unbedacht wurde sie persönlich und sagte mit lauter Stimme: „Was blieb mir für eine Wahl? Du musstest ja mit deiner Ehefrau und den unumgänglichen Kindern verreisen und lässt hier alles zurück, wie es dir gerade passt!“
Er schämte sich jedes Mal, wenn sie seine Familie ansprach, da er ihren Schmerz mitfühlte. Er schaute zu Boden, denn er wollte nicht, das sie ihn ansehen konnte. Er hatte seine Emotionen immer unter Kontrolle, ausser bei Ayleen.
Langsam und ruhig sagte Dionys: „Ich dachte du verstehst inzwischen, warum ich dich um etwas bitte. Es geht immer um dein Wohl und um das Wohl der Firma.“
Ayleen bereute ihren persönlichen Angriff. Sie ging auf ihn zu, umarmte ihn und begrüsste ihn erst einmal.
Ayleen: „Das verstehe ich ja. Doch ich musste gehen. Ich konnte nicht auf dich warten. Für die Lösung der Probleme, bei diesem vorletzten Praxistest wäre sonst nicht genug Zeit geblieben. Der Liefertermin war in Gefahr.“
Dionys: „Gut. Sind denn Probleme aufgetaucht?“
Ayleen: „Ja, wir müssen die Seilwinde abändern. Komm ich zeige es dir.“
Im Visualisierungsbereich konzentrierten sie sich sogleich auf die verbesserte Konstruktion und das Ideenfeuerwerk der beiden brachte eine noch bessere Lösung zu Tage, mit der sie vollends zufrieden sein konnten.
Ayleen: „In Portugal habe ich einen unserer Zulieferer besucht. Möchtest du mir erklären, warum sie dort nun auch andere Aufträge annehmen dürfen? 20% der Mitarbeiter produzieren ab nächster Woche Wasserrückgewinnungs-Systeme für eine andere Firma.“
Dionys: „Ich kümmere mich darum. Konzentriere du dich nur weiter auf deinen Arbeitsbereich.“
Seine Ruhe färbte auf sie ab, und ihre Wut über seinen fahrlässigen Umgang mit dem Liefertermin verflog allmählich.
Ayleen: „Und was ist mit dem Ausbau des Kellers? Brauchen wir Wandverkleidungen aus purem Gold oder warum ist das derart teuer? Vergiss nicht, es ist nicht nur dein Geld, das du ausgibst!“
Dionys: „Wir beide hatten unseren Anteil daran, dass Move heute ist was es ist. Und ich denke, wir können damit zufrieden sein. Also lass mich meine Arbeit tun. Auch dieses Investment wird uns weiterhelfen. Und im schlimmsten Fall gehen wir pleite, leben vom Sozialamt und besaufen uns täglich mit Billigwein vom Discounter! Egal.“
Er lächelte verstohlen. Ayleen setzt sich auf seinen Schreibtisch und musste das Lachen ebenso unterdrücken. Sie sagte: „Ich warne dich...“
Ayleen war nicht mehr wütend und verstand nicht wirklich, wie es dazu kam.
Dionys: „Nun lass mich bitte alleine, ich muss mich um einige Dinge kümmern.“
Ayleen fragte verdächtigend: „Und was genau sind das für Dinge?“
Dionys: „Ich kümmere mich um meine Angelegenheiten und du dich um deine. Es ist nicht notwendig, das wir über alles sprechen. Die Hauptsache ist, dass es das Unternehmen weiter bringt, was es tut. Oder frage ich dich über deine privaten Projekte aus, welche die Firma finanziert?“
Ayleen erwiderte nichts darauf, sondern wandte sich von ihm ab und stolzierte aus seinem Büro.
Dionys rief sogleich Noel, seinen Assistenten, zu sich in den Visualisierungsbereich.
Dionys: „Ich will sofort Ayleens Reise rekonstruieren.“
Noel: „Gut, ich bereite es gleich vor.“
Mit grösster Besorgnis sagte Dionys: „Nein, jetzt und hier. Ich helfe mit. Das hat oberste Priorität.“
Sofort erschien an der Wand eine Landkarte. Ein roter Punkt bewegte sich darauf. Fortlaufend kamen Daten hinzu, sowohl visuelle, als auch akustische. Die Daten stammten von Handys und Computern, aber auch von öffentlichen Überwachungskameras und aus Blickwinkeln, die nicht erklärbar waren. Der rote Punkt war Ayleens Handy, dem sie während der ganzen Reise im Schnelldurchlauf folgten. Jede Begegnung die sie machte, verfolgten die beiden Männer detailliert und Dionys befahl manchmal, eine Person zu markieren.
Nach dem Ende der Reise, folgten sie den Handys der sechs markierten Personen bis zur Gegenwart.
Dionys zeigte auf eine Frau und sagte: „Folge ihr weiter. Ich will wissen was sie tut.“
Noel: „Natürlich.“
Dionys sagte besorgt: „Du schläfst nur wenn diese Frau da schläft. Du darfst keine Sekunde verpassen! Sie dürfen nie herausfinden wer Ayleen ist.“
Noel ging und liess Dionys in Ruhe einige Anrufe tätigen.
Als der Buchhalter Andreas, Dionys Büro betrat, lief gerade ein Bericht über eine Demonstration im Fernsehen. Die Demonstrationen richtete sich gegen den weltweiten Aufkauf von Wasserquellen durch private Konzerne.
„Unsere Freunde und unsere Feinde schreiten voran, also dürfen wir nicht zurückbleiben.“, sagte Dionys zur Begrüssung und fuhr fort: „Wie kommst du mit der Übernahme voran?“
Andreas: „Die Kredite stehen, die Verträge warten nur noch auf wenige Unterschriften. Das Tiefkühlimperium ist schon bald deins, wenn du das wirklich wünschst.“
Dionys: „Auch die Expansionskredite für die Tiefkühlfirma stehen?“
Andreas: „Ja, heute gewährt worden. Es ist mir immer noch ein Rätsel wie du das hinbekommen hast, in Anbetracht dessen, dass du kaum Sicherheiten besitzt. Willst du wirklich ein solches Risiko eingehen? Move ist selber noch nicht stabil. Du könntest alles verlieren.“
Dionys: „Es gibt keinen anderen Weg. Schau bitte, dass Ayleen nichts von diesem Investment erfährt.“
Andreas: „Klar. Doch Ayleen ist nicht das Problem. Die Steuerverwaltung ist das viel grössere Problem. Wenn jemand herausfindet, was hier alles getrieben wird, gehst du ins Gefängnis! Mach dir lieber deswegen Sorgen!“
Dionys sagte abfällig: „Ich bin wirklich kein sorgloser Mensch, doch die Steuerverwaltung oder eine andere Regierungsbehörde interessieren mich nun wirklich nicht.“
Andreas: „Das wird sich gewiss ändern, wenn du so weiter machst. Nimm diese Sache hier: Wie um alles in der Welt soll ich den Ausbau des Kellers rechtfertigen? 23 Millionen die nichts mit dem Kerngeschäft zu tun haben, bei einem Unternehmen, das steuertechnisch noch immer Verlust schreibt. Wofür brauchen wir diese Kühlaggregate eigentlich?“
Inzwischen fragte sich Andreas, warum er diesen Job überhaupt angenommen hatte.
Dionys: „Ich zahle dir ein Vermögen, damit du dir deinen Kopf wegen solcher Details zerbrichst. Ich würde jetzt spontan sagen, dass die Aggregate für die Kühlung der Move-Server bestimmt sind.“
Dionys Aufmerksamkeit war inzwischen auf den Bildschirm seines Computers abgewandert.
Andreas: „Aber klar doch. Die sind zwar erst vor drei Monaten ersetzt worden, doch das fällt bestimmt nicht auf.“
Noel stürmte aufgeregt herein, sodass Dionys sich gezwungen sah, den Buchhalter weg zu schicken. Sobald sie ungestört waren, berichtete Noel: „Die markierte Frau sass in einem Kaffeehaus auf São Miguel und tippte eine Mail in ihr Handy, als jemand aus heiterem Himmel eine Waffe auf sie richtete und abdrückte.“
Dionys fragte ungeduldig: „Hat sie die Mail abgeschickt? Was stand darin?“
Noel: „Ich weiss nicht, ich war zu abgelenkt. Aber ich kann nachschauen.“
Dionys kam es wie eine Ewigkeit vor, bis Noel sich endlich Zugang zum Mobiltelefon der markierten Frau verschafft hatte.
Dionys las die Nachricht so schnell es nur ging: „Ich frage mich, wer neben Dionys über die Befugnis verfügt, stellvertretend für das Move-Unternehmen zu sprechen, Entscheidungen zu treffen und Einrichtungen zu besuchen, die der Geheimhaltung unterstehen. Bitte versichern Sie mir, dass diese Frau Namens Ayleen Luvis einer ausreichenden Überprüfung unterzogen wurde, denn mir ist sie nicht bekannt. Dieser Umstand bereitet mir grosse Sorgen.“
Dionys: „Hat sie die Nachricht abgeschickt?“
Noel prüfte es nach und sagte: „Nein, der Text endet hier weil sie nicht weiter geschrieben hat. Die Nachricht ist definitiv nicht verschickt worden.“
Dionys stand noch immer unter Strom und sagte: „Wo befindet sich das Handy in diesem Moment?“
Noel: „Es befindet sich am Tatort. Der Bildschirm ist im Ruhezustand. Die Polizei hat es noch nicht angefasst.“
Dionys: „Sofort alles auf dem Handy löschen! Nichts darf rekonstruierbar sein.“
Noel leitete den Vorgang umgehend ein.
Noel: „Du scheinst nicht weiter schockiert zu sein, über die Tatsache, das gerade ein Mensch getötet wurde.“
Dionys: „Das interessiert mich nicht. Diese Nachricht ist genau das, was ich unbedingt verhindern wollte. Nur dem gilt meine derzeitige Sorge. Ist das Handy endlich gelöscht?“
Noel sagte schockiert: „Oh nein! Der Löschvorgang ist unterbrochen worden.“
Dionys: „Was ist da los? Wiederhole es und zeig mir die Liveaufnahme der Handykamera auf meinen Bildschirm!“
Auf dem Video liess sich ein Defekt erkennen. Das Glas vor der Kameralinse musste zerbrochen sein. Das Handy fiel kürzlich zu Boden, wie die Bewegungssensoren meldeten. Genau auf den Senden-Knopf.
Dionys schrie: „Ist es gesendet worden?“
Noel: „Teile sind weg, ich versuche sie zu löschen. Sei still.“
Dionys drehte vor Sorge fast durch und es gab nichts was er tun konnte, ausser den Mund zu halten und Noel arbeiten zu lassen.
Dann sagte Noel endlich: „Das Handy ist gelöscht. Bis auf einen Baustein konnte ich das Mail vollständig löschen.“
Dionys: „Also erreicht doch ein Teil der Mail seinen Empfänger?“
Noel: „Ziemlich sicher kommt es als Spam an, wenn überhaupt. Und es enthält nur Bruchstücke der Nachricht, die zunächst aufwendig entschlüsselt werden müssten. Das wird ganz sicher niemand machen.“
Dionys: „Diese Empfängeradresse ist nicht gerade leicht herauszufinden. Wenn sie eine Mail kriegen, werden sie keinen Aufwand scheuen, herauszufinden was darin steht. Was steht in der entschlüsselten Nachricht?“
Noel: „VI MOV AY und jede Menge wertlos gewordene Sonderzeichen.“
Dionys schrie, riss seinen Monitor vom Tisch und warf diesen in den Pool.
Dionys: „VI ist ein Teil von Luvis, MOV ist Move und AY steht für Ayleen. Das ist der verfluchte Kern der Nachricht!“
Tief besorgt fügte Dionys an: „Sie werden das Handy untersuchen und feststellen, dass jemand es merkwürdigerweise gelöscht hat. Was wenn sie die Nachricht entschlüsseln können?“
Noel: „Das Handy ist leer, alle Aufzeichnungen sind gelöscht, niemand wird nachvollziehen können wo diese Frau sich aufgehalten hat oder mit wem sie gesprochen hat. Beruhige dich, niemand wird die Nachricht je lesen oder entziffern können.“
Dionys: „Hast du genau überprüft, dass sie mit niemandem über Ayleen gesprochen hat?“
Noel: „Das hat sie ganz sicher nicht. Sie traf sich mit einer Freundin, die ihr von einer Kollegin berichtete, die sie als herablassend bezeichnete. Darauf hin muss ihr Ayleen wieder in den Sinn gekommen sein und sie begann mit dem Schreiben der Nachricht. Glaube mir, es ist alles wieder in Ordnung.“
Beim verlassen des Büros fügte Noel an: „Und der neue Bildschirm ist schon bestellt.“
Das Pächterhaus, direkt neben dem Schloss gelegen, diente Ayleen als Wohnhaus. Die Decken des Hauses bestanden aus fast schwarzem Holz, das handgemalte Blumen zierten. Jedes Zimmer besass einen eigenen, prachtvollen Kamin. Ansonsten sah alles modern aus, dennoch besass das Haus die richtige Grösse und Atmosphäre, um bei der entsprechenden Stimmung unwahrscheinlich heimelig zu wirken.
Ayleen hatte sich am späten Abend in ihrem Himmelbett verkrochen und las gerade ein Buch, als aus heiterem Himmel plötzlich Jesaja in ihrem Schlafzimmer stand.
Ayleen: „Du hast mich erschreckt! Was willst du hier, mitten in der Nacht?“
Sie stand auf und wollte ihren Sohn zurück in sein Zimmer bringen, da erschrak sie erneut als sie seine Stimme hörte. Für gewöhnlich sprach Jesaja nicht, doch heute tat er es. Die griechische Sprache und seine Stimme versetzten sie in Aufregung.
Jesaja: „Komm, wir müssen gehen.“
Sie hatte keine Ahnung warum er griechisch sprechen konnte. Seit sie, noch vor Jesajas Geburt, Griechenland verlassen hatte, sprach sie kein Wort mehr in dieser Sprache. Obschon es ihre Muttersprache war, verbannte sie die Sprache mit der Erinnerung an ihre Vergangenheit aus ihren Gedanken und sogar aus ihren Träumen. Jetzt war alles wieder da. Doch Jesaja liess ihr keine Zeit zum grübeln. Er hatte schon etwas zum Anziehen für Ayleen rausgesucht und drängte auf ihre Abreise - genau wie beim letzten Mal und dem Mal davor.
Jesaja griff sich Ayleens Hand und liess sie nicht los, bis sie in der grossen Scheune, vor Ayleens Auto standen. Als Ayleen den Motor ihres Mercedes SL startete, zeigte das Navigationsgerät bereits eine Zieladresse an. Jesaja musste die Zieleingabe vorab von ihrem Handy aus gemacht haben - vermutlich bei all ihren Autos, schliesslich wusste er nicht, welches sie wählen würde.
Während der Autofahrt genoss sie ein alt bekanntes Gefühl, auf das sie die meiste Zeit über verzichten musste. Sie fühlte sich im Einklang mit einer höheren Macht, behilflich bei der Ausführung und Erfüllung einer wichtigen Aufgabe, vielleicht sogar eines Schicksals. Während dieser Fahrt zweifelte sie keinen Moment daran, problemlos ein Imperium errichten zu können - so intensiv nahm sie dieses Gefühl wahr. Sie war sich sicher, dass Jesaja gleich fühlte, obschon sie diesen Umstand nicht prüfen konnte. Obwohl er während der Fahrt nicht mehr redete, fühlte sie eine Kommunikation, die auf mentalen Ebene stattfand und die sie euphorisch stimmte.
Ein heruntergekommenes Mehrfamilienhaus in einer ärmlichen Gegend von St.Gallen betitelte das Navigationsgerät als Ziel ihrer Reise. Jesaja stieg aus und wartete bis Ayleen neben ihm stand, um wieder nach ihrer Hand zu greifen. Die beiden gingen zum Eingang und betraten das Haus. Auch von innen wirkte es baufällig.
Am Ende des Flurs öffnete Jesaja ein Fenster und stieg hinaus. Ayleen, voller Sorge, folgte ihm auf dem schmalen Sims zu einem Fenster. Die Vorhänge verhinderten einen Blick ins Innere des Zimmers, doch das störte Jesaja nicht. Er schloss seine Augen und murmelte leise einige Worte, die sie nicht verstand. Dann ergriff sie ein Gefühl grösster Ekstase. Jesaja lächelte und sie vernahm ein verständliches Wort, auch wenn sie nicht glaubte, es durch ihre Ohren aufzunehmen: „Daniel“.
Ayleen verstand zwar nicht, was gerade vorgefallen war, doch Jesaja griff nach ihrer Hand und wollte gehen.
Die beiden standen bereits wieder im Treppenhaus, als Ayleen seine Hand los liess und umkehrte. Jesaja protestierte nicht dagegen, sondern blieb ruhig an seinem Platz stehen, sodass Ayleen kurz darauf die Klingel der Wohnung betätigte, vor deren Fenster sie gerade gestanden hatten.
Eine sehr junge Frau mit einem Baby im Arm öffnete die Tür und sagte: „Was wollen Sie?“
Ayleen betrachtete die Frau genau und kam zum Schluss, dass sie wohl kürzlich Drogen konsumiert haben musste. Ayleen konnte sich Zeit lassen um sich etwas zu überlegen, da die Frau mit ihrem Baby und ihrer Verfassung zu kämpfen hatte. Ein kleiner, aber doch markanter Leberfleck oberhalb ihres rechten Mundwinkels kam ihr bekannt vor. Ayleen hatte sie schon einmal gesehen.
„Sei ruhig Mila.“, sagte die Frau immer wieder, während sie das Baby in ihren Armen wiegte. Dann schaute sie zu Ayleen und fragte: „Was ist nun, was wollen Sie hier?“