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Spare Zeit und verzichte auf lästige Recherche! In diesem Band zu Caroline Wahl, 22 Bahnen findest du alles, was du zur Vorbereitung auf Referat, Klausur, Abitur oder Matura benötigst – ohne das Werk komplett gelesen zu haben. Alle wichtigen Infos zur Interpretation sowohl kurz (Kapitelzusammenfassungen) als auch ausführlich und klar strukturiert. Inhalt: - Schnellübersicht - Autor: Leben und Werk - ausführliche Inhaltsangabe - Aufbau - Personenkonstellationen - Sachliche und sprachliche Erläuterungen - Stil und Sprache - Interpretationsansätze - 6 Abituraufgaben mit Musterlösungen NEU: exemplarische Schlüsselszenenanalysen NEU: Lernskizzen zur schnellen Wiederholung Layout: - Randspalten mit Schlüsselbegriffen - übersichtliche Schaubilder NEU: vierfarbiges Layout In Caroline Wahls Roman 22 Bahnen jongliert Tilda ihr Studium, einen Job an der Supermarktkasse und die Betreuung ihrer kleinen Schwester Ida sowie ihrer alkoholabhängigen Mutter in einer Kleinstadt, die sie hasst. Während ihre Freunde in Metropolen wie Amsterdam oder Berlin leben, bleibt sie aus Verantwortungsgefühl für Ida zurück. Als ihr eine Promotionsmöglichkeit in Berlin angeboten wird und Viktor, ein alter Bekannter, auftaucht, scheint ein Ausweg in greifbare Nähe zu rücken. Doch kurz bevor sie an eine positive Wende glaubt, eskaliert die Situation zu Hause dramatisch.
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Seitenzahl: 187
Veröffentlichungsjahr: 2025
KÖNIGS ERLÄUTERUNGEN
Band 501
Textanalyse und Interpretation zu
Caroline Wahl
22 Bahnen
Thomas Möbius
Alle erforderlichen Infos für Abitur, Matura, Klausur und Referat plus Musteraufgaben mit Lösungsansätzen
Zitierte Ausgaben:Wahl, Caroline: 22 Bahnen. 2. Auflage. Köln: DuMont Buchverlag, 2024. Zitatverweise sind mit D gekennzeichnet.Wahl, Caroline: 22 Bahnen: Lektüre mit digitalen Extras. Stuttgart: Ernst Klett Sprachen, 2025. Zitatverweise sind mit K gekennzeichnet.
Über den Autor dieser Erläuterung: Prof. Dr. phil. habil. Thomas Möbius, Studium Germanistik/ev. Theologie/Philosophie, Studienrat an einem Gymnasium in Mannheim und an der German European School in Singapur, Akademischer Oberrat an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Nach Professuren in Freiburg, Osnabrück, Greifswald und Aachen Professor für Germanistische Literaturwissenschaft und Literaturdidaktik an der Justus-Liebig-Universität in Gießen.
1. Auflage 2025
978-3-8044-7107-8
© 2025 by Bange Verlag GmbH, Am Graben 2, 96142 [email protected] – www.bange-verlag.de Alle Rechte vorbehalten, darunter fällt auch eine Nutzung des Werks für Text und Data Mining im Sinne von §44b UrhG! Titelabbildung: © picture alliance / ZB | Volkmar Heinz
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1. Das Wichtigste auf einen Blick – Schnellübersicht
2. Caroline Wahl: Leben und Werk
2.1 Biografie
2.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund
Migration
Jugendkultur
Drogenkonsum
Familie
2.3 Angaben und Erläuterungen zu wesentlichen Werken
3. Textanalyse und -Interpretation
3.1 Entstehung und Quellen
3.2 Inhaltsangabe
Teil 1
Teil 2
Teil 3
3.3 Aufbau
Handlungsaufbau
Zeitstruktur
3.4 Personenkonstellation und Charakteristiken
Tilda Schmitt
Viktor Wolkow
Ida Schmitt
Marlene Höfer
Leon Höfer
Mutter Andrea Schmitt
Ivan Wolkow
3.5 Sachliche und sprachliche Erläuterungen
3.6 Stil und Sprache
Gattung/Erzählweise und -struktur
Erzählerstimme, Erzählmodus
Wortwahl, Stil und Sprache
Leitmotivstruktur/Symbole
3.7 Interpretationsansätze
3.8 Schlüsselstellenanalysen
4. Rezeptionsgeschichte
5. Materialien
Auszüge aus ausgewählten Rezensionen
Definition „Adoleszenzliteratur“
6. Prüfungsaufgaben mit Musterlösungen
Coming-of-Age-Literatur/AdoleszenzromanAufgabe 1 *
Wasser als Leitmotiv des Romans Aufgabe 2 ***
Die Romanheldin Tilda: Figurenentwicklung und Charakterisierung Aufgabe 3 **
Auseinandersetzung mit der Vergangenheit: der letzte Abend mit Ivan Aufgabe 4 *
Heldinnengeschichte und „Generation Airbag“: Gesamtbewertung in Rezensionen Aufgabe 5 *
Fiktion in Literatur: Intertextualität und Intermedialität in 22 Bahnen Aufgabe 6 ***
Lernskizzen und Schaubilder
Literatur
Zitierte Ausgaben
Biografisches
Sekundärliteratur
Interviews und Rezensionen
Damit sich die Leserinnen und Leser in diesem Band schnell zurechtfinden und das für sie Interessante gleich entdecken, hier eine kurze Übersicht.
Im zweiten Kapitel werden das Leben von Caroline Wahl und der zeitgeschichtliche Hintergrund beschrieben:
Caroline Wahl wurde 1995 in Mainz geboren. Sie studierte Germanistik/Deutsche Literaturwissenschaft in Tübingen und Berlin. Ihren ersten Roman publizierte sie im Jahre 2023. (Abschnitt 2.1)
Der Roman 22 Bahnen spielt in einer nicht näher bezeichneten Stadt, möglicherweise in der Nähe von Berlin. Die erzählte Zeit umfasst wenige Monate und ist in der aktuellen Gegenwart der 2020er-Jahre angesiedelt. Der historische Kontext ist mithin das erste Viertel der 2000er-Jahre in der Bundesrepublik Deutschland. (Abschnitt 2.2)
22 Bahnen wurde im Jahre 2023 veröffentlicht. Der Roman zählt zum Genre der Adoleszenzliteratur („Coming-of-Age-Literatur“) und setzt sich aus der Perspektive einer Ich-Erzählerin mit relevanten Fragen des Erwachsen-Werdens auseinander. Im Vordergrund steht die Auseinandersetzung mit innerfamiliären Konflikten, mit der eigenen Ausbildung sowie mit Freundschaft/Liebe. (Abschnitt 2.3 und 3.1)
Im 3. Kapitel bieten wir eine Textanalyse und -interpretation.
Der Roman wurde im Jahre 2021 geschrieben, als Wahl als Mitarbeiterin des Diogenes Verlags in Zürich angestellt war. Als literarische Vorbilder gibt die Autorin selbstbewusste Frauenfiguren in Alina Bronskys Scherbenpark, Angelika Klüssendorfs Das Mädchen oder Juli Zehs Spieltrieb an. (Abschnitt 3.1)
Tilda Schmitt, die Ich-Erzählerin, schildert ihren Alltag, der vom Studium, der Arbeit in einem Supermarkt und der familiären Situation mit einer alkoholkranken Mutter und einer etwa zehnjährigen Schwester geprägt ist. Ablenkung findet sie beim Schwimmen. Durch die sich entwickelnde Freundschaft mit Viktor Wolkow beginnt eine Auseinandersetzung mit vergangenen Ereignissen. Die Perspektive auf eine Promotionsstelle in Berlin wirft die Frage nach ihrer Verantwortung für die Familienmitglieder auf, mit der sie sich während der gesamten Romanhandlung auseinandersetzt. (Abschnitt 3.2)
Die Romanhandlung spielt in der Gegenwart in einer namentlich nicht genannten bundesdeutschen Stadt, die möglicherweise in der Nähe von Berlin liegt.
Die Erzählgegenwart erstreckt sich vom Sommer bis in den Herbst eines nicht exakt bezeichneten Jahres; die erzählte Zeit reicht durch die Rückblenden über zehn Jahre zurück. (Abschnitt 3.3)
Die Hauptpersonen sind:
Tilda Schmitt
Ich-Erzählerin, ca. Mitte 20
wächst vaterlos mit ihrer jüngeren Halbschwester bei der alkoholkranken Mutter auf; Tilda kümmert sich um beide
studiert Mathematik, bekommt Angebot für eine Promotionsstelle in Berlin
verliebt sich in Viktor Wolkow
ist mit der Entscheidung konfrontiert, ob sie der familiären Verantwortung oder der Verantwortung für sich selbst Priorität einräumt
Viktor Wolkow
Bruder des verstorbenen Ivan
arbeitet als IT-Spezialist in Hamburg
kehrt in die Stadt zurück, um das Haus der verstorbenen Familie auszuräumen
lässt sich nach anfänglichem Zögern auf eine Beziehung mit Tilda ein
Ida Schmitt
Halbschwester von Tilda (dieselbe Mutter)
wechselt im Laufe des Romans von der Grundschule in die weiterführende Schule
gelingt eine zunehmend selbstbewusste Haltung gegenüber ihrer Mutter und in der Öffentlichkeit
entdeckt die Bildungspotentiale von Literatur
Neben diesen Hauptpersonen gehören weitere Personen zum Lebensumfeld Tildas. Zu nennen sind ihre alkoholkranke Mutter, der bei einem Unfall ums Leben gekommene Ivan, ihre Freundin Marlene, Marlenes Bruder Leon, mit dem Tilda eine sexuelle Beziehung pflegt, die Kommilitonen Ferdinand und Anna sowie die Bekannte Ursula, die sie im Schwimmbad trifft. (Abschnitt 3.4)
Der Roman wird durch die Perspektive einer jugendlichen Ich-Erzählerin dominiert, die sich überwiegend umgangssprachlich, zum Teil auch jugendsprachlich ausdrückt. (Abschnitt 3.6)
22 Bahnen lässt sich als typischer Coming-of-Age-Roman interpretieren, in dem es der Protagonistin zunehmend gelingt, die familiären Herausforderungen und ihre eigene Lebensplanung in Einklang zu bringen; zudem wird am Ende des Romans die Perspektive auf eine stabile Liebesbeziehung eröffnet.
Caroline Wahl
(*1995) © picture alliance/dpa | Jens Kalaene
Jahr
Ort
Ereignis
Alter
1995
Mainz
Caroline Wahl wird als drittes von vier Kindern geboren.
Altenbach
Ihre Kindheit verbringt sie im Odenwald, in der Nähe von Heidelberg.
Tübingen/Berlin
Studium der Germanistik, Medienwissenschaften und neuer Literatur
2021
Zürich
Mitarbeiterin im Diogenes Verlag Zürich; 09/21–12/21: Arbeit an 22 Bahnen
26
2022
Rostock
Mitarbeiterin in einer Kommunikationsagentur, Arbeit am Roman Windstärke 17
27
2023
Köln
Wahls Debütroman 22 Bahnen erscheint bei Dumont; fast gleichzeitig wird das Hörbuch zu 22 Bahnen veröffentlicht.
28
2024
Rostock/Kiel
22 Bahnen erhält verschiedene Auszeichnungen (vgl. Kapitel 2.3); Windstärke 17 erscheint; Arbeit am dritten Roman
29
2025
Hamburg Kiel
Publikation von Die Assistentin im Rowohlt Verlag; Caroline Wahl lebt derzeit in Kiel.[1]
30
Caroline Wahl wurde im Jahre 1995 in Mainz geboren, ihr Vater ist Chirurg, ihre Mutter Grundschullehrerin. Einige wenige Informationen über ihr Leben erhält man ausschließlich aus Interviews, Buchbesprechungen oder Podcasts[2]. Aus diesen geht hervor, dass Wahl im Altenbach aufgewachsen ist, einem kleinen Ort im Odenwald in der Nähe von Heidelberg. In einem Interview mit der ZEIT berichtet Wahl aus einer glücklichen Kindheit:
„Sie sei ein verträumtes Kind gewesen, sagt sie im Strandkorb. Ohne viele Freunde, zu wild, zu direkt. Bis heute sei das so. Sie habe gelernt, allein zu sein. Wer eng mit seiner Familie ist, braucht vielleicht keine Freunde. Wahl wuchs mit drei Geschwistern auf, die Brüder viel älter, die Schwester viel jünger. Die Mutter Lehrerin, der Vater Chirurg. Er ging morgens um fünf und kam abends gegen zehn wieder. Manchmal bettelte Wahl, mit ins Krankenhaus zu dürfen. Dann fühlte sie sich wie eine Prinzessin. Im Gegensatz zu ihren Protagonistinnen war Wahl in eine Abendbrot-Familie hineingeboren.“[3]
Nach dem Abitur studierte sie Germanistik, Medienwissenschaft und neue Literatur in Tübingen und Berlin und arbeitete für zahlreiche Verlage. Während einer Anstellung beim Diogenes-Verlag in Zürich als Assistentin des Verlegers Philipp Keel schrieb sie von September bis Dezember 2021 ihren Debütroman 22 Bahnen.
Im Jahre 2022 zog sie nach Rostock und arbeitete für eine Kommunikationsagentur[4], dort schrieb sie die Fortsetzung von 22 Bahnen, die unter dem Titel Windstärke 17 im Jahre 2024 veröffentlicht wurde. In einem Gespräch mit Peer Teuwsen vom Mai 2024 teilte sie mit, dass sie von der zweiten Hälfte des Jahres 2024 an in Kiel wohnen werde; außerdem sei die Arbeit am dritten Roman bereits weit fortgeschritten[5]: Wahls dritter Roman Die Assistentin wird Ende August 2025 veröffentlicht.
Der Erfolg ihrer beiden ersten Romane führte dazu, dass in allen überregionalen Zeitungen und Magazinen Interviews mit der Bestsellerautorin erschienen, in denen Wahl nicht nur über ihr Leben und ihr bisheriges Werk erzählte, sondern auch einen Einblick in ihr Selbstverständnis als Schriftstellerin gab. Sie gibt zu, sich selbst einem hohen Leistungsanspruch zu unterwerfen:
„Als die Auktion meines Textes war und großes Interesse bestand, dann wurde daraus schon ein Plan, einen Bestseller zu schreiben. Ich wollte schon auch bewundert werden. Aber in den Verlagen war ich ein kleines Glied. Der Wunsch hat sich dann rauskristallisiert, als sich das Buch so entwickelt hat. Ich hatte diesen Hunger immer schon. Aber er ist nicht falsch.“[6]
Wahl räumt ein: „Ich möchte immer die beste sein. Ich möchte eine der bekanntesten Autorinnen Deutschlands sein.“[7] Die Nicht-Berücksichtigung bei der Verleihung des Deutschen Buchpreises im Jahre 2024 habe sie daher enttäuscht, wie sie in einem Gespräch mit Marie-Luise Goldmann von der ZEIT mit ausdrucksstarken Worten gesteht:
„Als sie in diesem Jahr wieder nicht für den Deutschen Buchpreises nominiert war, schrieb Wahl auf Instagram: ‚bin traurig und wütend, dass ich nicht auf der Longlist stehe, auch wenn ich’s irgendwie wusste. Zu erfolgreich, meinte meine Agentin.‘ Sie sagt: ‚Das macht mir doch gar nichts aus‘, und lacht so sehr, dass sie husten muss. Sie ist ein bisschen erkältet von der Buchmesse zurückgekehrt. Wie alle, die in diesem Jahr ein Buch veröffentlichten, habe sie auf den Anruf gewartet. ‚Wer mir sagt, du machst Unterhaltungsliteratur, und die anderen Texte sind viel stärker, da denke ich nur: Fickt euch, ich schreib viel besser als ihr.‘“[8]
Im Gespräch mit Frédéric Schwilden von der Welt offenbart Wahl den Grund ihres Wunsches, eine erfolgreiche Schriftstellerin zu sein. Das mit dem Verkauf der Bücher verdiente Geld ermögliche ihr ein Leben in Freiheit und Unabhängigkeit:
„Ich will Geld haben, weil ich frei sein will. Ich glaube, ich werde immer ein recht normales Leben führen. Aber ich möchte die Möglichkeit haben, wenn ich Bock auf Sri Lanka habe, da zu sein. Das Ziel ist, die Berechtigung zu haben, jedem den Mittelfinger zu zeigen. Das bestimmende Gefühl in Deutschland ist gerade Angst. Ich arbeite aktiv dagegen an. Ich will Freiheit und Offenheit gegenüber Menschen und der Kunst.“[9]
Zusammenfassung
Caroline Wahls Roman 22 Bahnen ist zeitgeschichtlich in der Gegenwart der 2020er-Jahre in Deutschland angesiedelt. Durch die Handlung und die Personen werden Bezüge zu den Themen Migration, Jugendkultur und Drogenkonsum hergestellt.
Da der Roman in der aktuellen bundesrepublikanischen Gegenwart der 2020er-Jahre angesiedelt ist, ist der historische Kontext für Leserinnen und Leser unmittelbar nachvollziehbar. Politisch-historische Aspekte werden darüber hinaus nicht explizit angesprochen. Gleichwohl tauchen in der Erzählgegenwart relevante zeithistorische Bezüge auf, so wird über die aus Russland stammende Familie Wolkow das Thema „Migration“ angeschnitten, durch die Schilderung der Freizeitgestaltung der jungen Protagonistin werden die Themenbereiche „Jugendkultur“ und „Drogenkonsum“ berührt, angesichts der familiären Situation der Protagonistin werden auch die Veränderungen in der sozialen Infrastruktur, vor allem im Hinblick auf die Bedeutung der Familie reflektiert.
Die Zahl der Menschen, die legal oder illegal nach Deutschland einreisen und über temporäre oder dauerhafte Aufenthaltsgenehmigungen verfügen, hat seit der Jahrtausendwende zum Teil stark zugenommen, gleichzeitig verlassen viele Menschen Deutschland wieder, sodass das Netto-Bevölkerungswachstum nicht der Summe der Zuwanderung entspricht.[10]
Diese Veränderung in der Zusammensetzung der Bevölkerung lässt sich besonders gut in der Schule beobachten: Der IQB-Bildungstrend aus dem Jahre 2022 listet die Anteile von Neuntklässlern mit und ohne Migrationshintergrund auf. Bundesweit lag der Wert für Kinder ohne Migrationshintergrund bei 62,3%, dabei unterscheiden sich die Werte innerhalb der Bundesländer ganz erheblich. In Bremen beispielsweise haben 42,9% der Kinder keinen Zuwanderungshintergrund, in Sachsen-Anhalt sind es 89,4%. Aufschlussreich ist es, zwei Zeiträume im Hinblick auf die erfolgte Zuwanderung zu betrachten: So betrug der Anteil der nach Deutschland zwischen 2009 und 2022 eingewanderten Neuntklässler an der Gesamtzahl der in Deutschland lebenden Neuntklässler mit Migrationshintergrund 11,3%.[11] Die Werte, die die IQB-Studie für die Kinder in der vierten Klasse ermittelt, sind vergleichbar. Setzt sich diese Entwicklung so fort, wird der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund spätestens zum Ende der 2020er-Jahre bundesweit deutlich über 50% liegen.
Blickt man abschließend auf die Einwanderungsgeschichte der im Jahre 2023 in Deutschland lebenden Menschen, so kristallisieren sich Herkunftsländer heraus, aus denen jeweils über eine Millionen Menschen eingewandert sind: Kasachstan (1,3 Mio.), Polen (1,9 Mio.), Rumänien (1,07 Mio.), Russische Föderation (1,3 Mio.), Syrien (1,2 Mio.), Türkei (2,5 Mio.), Ukraine (1,02 Mio.).[12]
Die Entwicklung im Bereich der Immigration ist Gegenstand des politischen Diskurses, gerade auch im schulischen Bereich stellt der wachsende Anteil von Kindern, die Deutsch nicht als Erstsprache haben, eine didaktische und pädagogische Herausforderung dar.
Der Roman gibt einen Einblick in die aktuelle Jugendkultur der 2020er-Jahre, sodass es sinnvoll ist, auf empirische Daten zurückzugreifen, die die Einstellungen und Lebensgewohnheiten dieser Personengruppe erhellen. Die Shell-Jugendstudie, die seit 1953 im Vierjahresrhythmus erscheint, gilt als Referenzerhebung für wissenschaftliche Aussagen im Hinblick auf Einstellungen, Gewohnheiten und Werte von Kindern und Jugendlichen im Alter von 12–25 Jahren in Deutschland.
Blickt man auf die abgefragten Lebensziele und Werte, wie sie die aktuelle Studie des Jahres 2024[13] erhoben hat, so sieht man, dass die befragte Stichprobe mit „gute Freunde“ (96%), „vertrauensvolle Partnerschaft“ (94%) und „gutes Familienleben“ (92%) recht eindeutig soziale Werte präferiert. Auch die individuelle Leistungsbereitschaft („Fleiß“: 82%) wird hoch bewertet, ein gesunder Lebensstil (85%) und Sicherheit (87%) gehören ebenfalls dazu. Demgegenüber werden traditionelle Werte wie der religiöse Glaube (35%) oder der Stolz auf die deutsche Geschichte (32%) nur von vergleichsweise wenigen Jugendlichen genannt. Im Vergleich zu der Befragung im Jahre 2002 zeigt sich, dass der Prozentsatz stabil ist, der einen expliziten Kinderwunsch artikuliert (68%); etwa die Hälfte der befragten Jugendlichen bevorzugt das Familienmodell „Mann als Allein- oder Hauptversorger“.
Ein wichtiger Bestandteil der Jugendkultur ist die Frage danach, wie Jugendliche ihre Freizeit verbringen und welche Mediennutzungspräferenz sie zeigen. Auskunft darüber geben u. a. die seit 1998 vom Forschungsverbund Südwest durchgeführten Mediennutzungsstudien JIM-Studie 2022. Jugend–Information–Medien. Basisuntersuchung zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger und KIM-Studie 2022. Kindheit–Internet–Medien. Basisuntersuchung zum Medienumgang 6- bis 13-Jähriger. Nach Auskunft der JIM-Studie 2022 geben 72% der Befragten an, dass sie sich in ihrer Freizeit am liebsten mit „Freunden/Leuten treffen“, mit zunehmendem Alter steigt der Prozentsatz der Jugendlichen, die mindestens einmal im Monat eine Party besuchen; 59% treiben Sport, 32% nehmen an familiären Veranstaltungen teil.[14]
Blickt man auf die Mediennutzungspräferenz, so stellt man fest, dass fast alle Jugendlichen (97%) heute über ein eigenes Handy oder Smartphone verfügen. Über die Hälfte der Befragten gibt außerdem an, dass sie ein eigenes Fernsehgerät besitzen. Rund drei Viertel der Jugendlichen nutzt außerdem einen eigenen Computer oder ein eigenes Laptop.[15] Die Medien-Verfügbarkeit deutet darauf hin, welche Medien tatsächlich am häufigsten Verwendung finden: So nutzen 96% der Jugendlichen das Smartphone, rund 50% das Tablet täglich oder mehrmals in der Woche. Die mediengestützte Freizeitbeschäftigung – einmal bzw. mehrmals in der Woche – umfasst vor allem das Internet (94%), das Musik-Hören (89%), das Fernsehen (78%), das Ansehen von Videos im Internet (76%); sehr selten werden Beschäftigungen genannt, die mit dem Lesen zu tun haben: Bücher (32%), E-Books (11%), Tageszeitung, gedruckt (14%), Tageszeitung, online (13%), Zeitschriften, gedruckt (13%), Zeitschriften, online (11%).[16]
Die Beschäftigung mit dem gedruckten Wort – Ida „entdeckt“ im Roman bekanntlich das Lesen für sich – wird sowohl in der KIM-Studie als auch in der JIM-Studie gesondert abgefragt: Von den 12- bis 19-Jährigen gaben 2022 immerhin noch 32% an, dass sie täglich oder mehrmals in der Woche zum Buch greifen, zehn Jahre zuvor waren es noch 42%[17]. Im Jahr 1998, dem Jahr der erstmaligen Datenerhebung im Rahmen der JIM-Studie waren es 38%[18] – der Prozentsatz ist somit über mehr als 25 Jahre recht stabil, diese Stabilität gilt auch für den entsprechenden Wert in der Altersgruppe der 6- bis 12-Jährigen, der bei rund 50% liegt.[19]Mit zunehmendem Alter sinkt somit die Zahl der regelmäßigen Leserinnen und Leser.
Die schwindende Relevanz von Tageszeitungen in der jugendlichen Mediennutzung zeigt diese Entwicklung: Gaben 1998 noch 59% der Jugendlichen an, regelmäßig Zeitung zu lesen, so sind es im Jahre 2022 – wie oben erwähnt – gerade noch 14%; der Grund dafür dürfte darin liegen, dass sich Jugendliche heute bevorzugt über das Internet bzw. über soziale Medien informieren.[20]
Der Konsum legaler und illegaler Drogen wird in 22 Bahnen immer wieder beschrieben. Als Suchtmittel werden im Roman Cannabis, Amphetamine und vor allem Alkohol genannt. Welche Informationen lassen sich zum Drogenkonsum in Deutschland in den 2020er-Jahren finden? Der Drogenbeauftragte der Bundesregierung stellt unter Verweis auf Zahlen aus dem Epidemiologischen Suchtsurvey des Jahres 2018 eine hohe gesellschaftliche Relevanz des Suchtmittelkonsums in Deutschland fest:
„In Deutschland raucht etwa jeder vierte erwachsene Mensch. 1,6 Millionen sind alkoholabhängig. 600.000 haben einen problematischen Konsum von Cannabis oder anderen Drogen. 1,8 Millionen sind medikamentenabhängig. Und 1,3 Millionen Menschen spielen pathologisch Glücksspiele, weitere 3 Millionen spielen riskant.“[21]
Mit den Daten der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung lässt sich ein genaueres Bild des Drogenkonsums v. a. unter Jugendlichen zeichnen: Für das Jahr 2019 lässt sich sagen, dass rund 10% der 12- bis 17-jährigen Jugendlichen angeben, schon einmal Cannabis konsumiert zu haben. Andere Drogen wie Ecstasy, Amphetamin, psychoaktive Pflanzen, Schnüffelstoffe, Kokain, LSD sind mit Werten unter 1% vertreten. Unter den 18- bis 25-jährigen jungen Erwachsenen finden sich weitaus höhere Angaben: Mit 46,4% gehört Cannabis in dieser Altersgruppe zu den am häufigsten konsumierten Drogen, gefolgt von Ecstasy, Amphetamin, psychoaktiven Pflanzen, Kokain und LSD mit Werten im mittleren einstelligen Bereich.[22] Betrachtet man die Entwicklung des Cannabis-Konsums von 1979 bis 2023, so stellt man fest, dass sich der Anteil für beide Alterskohorten zum Teil deutlich erhöht hat.[23]
Das Suchtmittel „Alkohol“ spielt in 22 Bahnen aufgrund der Suchterkrankung der Mutter eine zentrale Rolle. Alkohol ist das Suchtmittel mit der weitesten Verbreitung in Deutschland. Als „regelmäßig“ gilt ein Konsum von Alkohol, der mindestens einmal in der Woche geschieht und sich mindestens über die letzten 12 Monate erstreckt hat, rund 29% der 18- bis 25-jährigen Erwachsenen geben einen regelmäßigen Konsum an.[24] Betrachtet man die Daten zur Prävalenz des Alkoholkonsums in den letzten 20 Jahren, so kann man feststellen, dass sowohl der Prozentsatz der 12- bis 17-Jährigen als auch der Prozentsatz der 18- bis 25-Jährigen, die angeben, in den letzten 30 Tagen Alkohol getrunken zu haben, signifikant gesunken ist.[25] Die gesellschaftliche Akzeptanz von Alkohol ist ein Faktor für die weite Verbreitung unter Jugendlichen, die relativ einfache Verfügbarkeit ab 18 Jahren dürfte mit ein Grund dafür sein, weshalb viele Menschen mit einer Suchtkrankheit den Alkohol als Suchtmittel wählen. Die Zahl der Alkoholabhängigen in Deutschland lässt sich nicht exakt bestimmen: Das klinische Wörterbuch „Pschyrembel“ geht in seiner Auflage aus dem Jahr 2014 von rund 2 Millionen Menschen aus[26], das Datenportal des Bundesdrogenbeauftragten spricht von etwa 1,6 Millionen.[27] Der vom Krebsforschungszentrum in Heidelberg herausgegebene „Alkoholatlas Deutschland 2022“ gibt an, dass rund 5% der 18- bis 59-jährigen Männer und rund 2% der 18- bis 59-jährigen Frauen alkoholabhängig sind, das entspricht einer absoluten Zahl von rund 1,5 Millionen Menschen.[28]
Nach der Jahrtausendwende haben sich Zusammensetzung und Funktion der sozialen Einheit „Familie“ verändert, dabei wurde eine Entwicklung fortgesetzt, die schon im letzten Drittel des vergangenen Jahrhunderts eingesetzt hatte. Die Zahl der Familien[29] hat zwischen dem Jahr 2000 und dem Jahr 2023 um rund 900.000 abgenommen, immer mehr Eltern sind nicht verheiratet, auch die Zahl der Alleinerziehenden hat deutlich zugenommen. Dabei ist die durchschnittliche Zahl Familienmitglieder mit rund 3,4 Personen über die Jahre recht konstant geblieben.
Zusammenfassung
Caroline Wahl hat mit 22 Bahnen, Windstärke 17 und Die Assistentin bisher drei Romane veröffentlicht. Für ihren Debütroman 22 Bahnen erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen.
Werkübersicht
Erscheinungsjahr
Titel
2023
22 Bahnen
2024
Windstärke 17
2025
Die Assistentin
Preise und Auszeichnungen
Jahr der Auszeichung
Auszeichnung
2023
Ulla-Hahn-Autorenpreis
2023
Grimmelshausen-Förderpreis
2023
Buchpreis Familienroman der Stiftung Ravensburger Verlag
2023
Lieblingsbuch der Unabhängigen
2023
BR Publikumspreis des Bayerischen Literaturpreises
2024
Lieblingsbuch des Deutschschweizer Buchhandels
2024
#BookTok Bestseller des Jahres
Caroline Wahls Debütroman 22 Bahnen erschien im Jahr 2023 und dreht sich um die Hauptfigur Tilda. Zu den weiteren Details siehe die vorliegende Erläuterung.
Der Roman Windstärke 17 wurde 2024 veröffentlicht und spielt rund zehn Jahre nach den Ereignissen von 22 Bahnen. Die Protagonistin des Romans ist diesmal Tildas kleine Schwester Ida, die sich mit der Aufarbeitung ihrer Vergangenheit beschäftigt. Tilda lebt mittlerweile in Hamburg, ist mit Viktor verheiratet und Mutter von zwei Kindern. Zwei Monate vor dem Einsetzen der Romanhandlung hat sich Tildas und Idas Mutter das Leben genommen.