A Lady for the Boss - Tina Keller - E-Book
SONDERANGEBOT

A Lady for the Boss E-Book

Tina Keller

0,0
3,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 2,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Attraktiv, reich, Macho, Bad Boy - Niklas ist definitiv kein Kandidat, der eine Partnervermittlung in Anspruch nehmen müsste. Doch er hat gute Gründe, genau dies zu tun. Und so wendet er sich an „Magic Match“. Liana traut ihren Augen kaum: Vor ihr steht ihr ehemaliger Chef, der ihr vor vielen Jahren das Leben dermaßen zur Hölle gemacht hat, dass sie schließlich kündigen musste. Seitdem ist aus der grauen Maus eine selbstbewusste, hübsche Frau geworden, die mit beiden Beinen fest im Leben steht. Ihre Agentur „Magic Match“ erzielt eine unglaubliche Trefferquote und hat schon aus vielen Singles glückliche Paare gemacht. Und nun soll sie für ihren ehemaligen fiesen Boss, der sie nicht einmal wieder erkennt, die Frau fürs Leben suchen! Diese Aufgabe gestaltet sich insofern als schwierig, als dass Niklas längst entschieden hat, wen er wirklich will: die einzige Frau, die nicht zur Verfügung steht - Liana selbst ....

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis

Kapitel 2 - Liana

Kapitel 3 - Liana

Kapitel 4 - Liana

Kapitel 5 - Liana

Kapitel 6 - Niklas

Kapitel 7 - Liana

Kapitel 8 - Niklas

Kapitel 9 - Niklas

Kapitel 10 - Liana

Kapitel 11 - Niklas

Kapitel 12 - Liana

Kapitel 13 - Niklas

Kapitel 14 - Liana

Kapitel 15 - Niklas

Kapitel 16 - Liana

Kapitel 17 - Niklas

Kapitel 18 - Liana

Kapitel 19 - Liana

Kapitel 20 - Niklas

Kapitel 21 - Liana

Kapitel 22 - Niklas

Kapitel 23 - Liana

Kapitel 24 - Liana

Kapitel 25 - Liana

Kapitel 26 - Niklas

Impressum

Tina Keller

A Lady for

the Boss

Liebesroman

Attraktiv, reich, Macho, Bad Boy - Niklas ist definitiv kein Kandidat, der eine Partnervermittlung in Anspruch nehmen müsste. Doch er hat gute Gründe, genau dies zu tun. Und so wendet er sich an Magic Match. Liana traut ihren Augen kaum: Vor ihr steht ihr ehemaliger Chef, der ihr vor vielen Jahren das Leben dermaßen zur Hölle gemacht hat, dass sie schließlich kündigen musste. Seitdem ist aus der grauen Maus eine selbstbewusste, hübsche Frau geworden, die mit beiden Beinen fest im Leben steht. Ihre Agentur Magic Match erzielt eine unglaubliche Trefferquote und hat schon aus vielen Singles glückliche Paare gemacht. Und nun soll sie für ihren ehemaligen fiesen Boss, der sie nicht mal wieder erkennt, die Frau fürs Leben suchen! Diese Aufgabe gestaltet sich insofern als schwierig, als dass Niklas längst entschieden hat, wen er wirklich will: die einzige Frau, die nicht zur Verfügung steht - Liana selbst ....

Kapitel 1 - Liana

„Wow, das ist ja ein heißes Eisen. Den brauchst du gar nicht erst in die Vermittlung zu geben. Den nehme ich selbst.“

Meine Mitarbeiterin Lara schnalzt mit der Zunge und kriecht fast in meinen Bildschirm.

„Niklas Nelles, 39, Inhaber der größten Hotelkette Deutschlands“, liest sie vor und gibt einen anerkennenden Laut von sich.

„Wie krass – der sieht nicht nur aus wie ein Model, sondern ist auch noch stinkreich. Wahnsinn! Das ist ja ein Sechser im Lotto. Dieses markante, männliche Gesicht! Der durchtrainierte Body! Guck dir mal seine Muskeln an! Oh Mann, ich kriege gleich einen Orgasmus.“ Lara fängt an zu sabbern.

„Der ist echt zu schön, um wahr zu sein. Bei ihm stimmt einfach alles. Eigentlich gibt es sowas doch gar nicht. Wo ist der Haken?“

„Er ist ein Arsch“, sage ich schlicht und klicke das Bild weg.

Lara lässt sich mit der Pobacke auf meinem Schreibtisch nieder und sieht mich fragend an.

„Woher willst du das wissen? Weil das zu viel des Guten wäre – heiß und reich?“

„Nein. Weil ich in den zweifelhaften Genuss gekommen bin, für ihn zu arbeiten“, eröffne ich ihr. „Ich kenne ihn höchstpersönlich. Leider. Er ist wirklich ein Arsch auf zwei attraktiven Beinen.“

Lara reißt ihre Augen weit auf.

„Du kennst ihn?“, hakt sie aufgeregt nach. „Du hast für ihn gearbeitet? Das ist ja mega spannend! Erzähl doch mal!“

„Da gibt es nicht viel zu erzählen“, entgegne ich. „Vor etlichen Jahren war ich für kurze Zeit seine Sekretärin. Er war so widerlich, dass ich nach einigen Wochen gekündigt habe.“

Lara sieht aus wie ein großes Fragezeichen.

„Was hat er denn gemacht?“, will sie wissen. „Was war so schlimm an ihm?“

Ich winke ab.

„Er war absolut unerträglich. Er hat mich den ganzen Tag herum kommandiert, ständig an mir rumgemeckert, mich angeschrien und zur Sau gemacht … Ich habe es einfach nicht mehr mit ihm ausgehalten. Er hat mich behandelt, als hätte ich den IQ eines Toastbrotes und war sowas von arrogant und eingebildet, das kannst du dir gar nicht vorstellen.“

Nur ungern denke ich an diese Zeit zurück, in der ich mit Bauchschmerzen ins Büro gegangen bin. Ich hatte jedes Mal Schweißausbrüche, wenn ich seine Schritte hörte und Panikanfälle, wenn ich ihn sah. Nachts konnte ich nicht mehr schlafen und fühlte mich tagsüber wie ein Zombie, was meine Arbeitsleistung nicht gerade verbesserte.

„Doch, das kann ich mir vorstellen“, behauptet Lara. „Diese heißen Typen sind doch meistens Arschlöcher – ganz einfach, weil sie es sein können. Die Weiber rennen ihnen trotzdem in Scharen hinterher. Im Gegenteil, es macht sie noch interessanter, wenn sie so fies sind. Bad Boys sind hoch im Kurs.“

„Also, ich kann sehr gut darauf verzichten“, erwidere ich unwirsch. „Für mich war es eine Tortur.“

„Und was will er von uns?“, erkundigt sich Lara verwundert. „Wir sind eine Partner-Vermittlungs-Agentur. Du willst mir doch wohl nicht erzählen, dass wir ihm die passende Partnerin vermitteln sollen? Der kann an jedem Finger hundert Frauen haben. Wozu braucht er da uns?“

Ich zucke mit den Achseln.

„Keine Ahnung. Ich weiß auch nicht, was das soll. Aber da mache ich ihm keine Hoffnungen. Er wird nie das passende Gegenstück finden. Mit so einem Kotzbrocken hält es keine Frau lange aus.“

„Vielleicht ist er privat ganz anders als im Büro“, mutmaßt Lara und legt den Kopf schief. „Außerdem ist er bestimmt eine Granate im Bett. Immerhin sieht er total sportlich aus. Sicher hat er genug Kondition, um hart und fest … äh … zuzupacken.“

„Ganz bestimmt.“

Ich stehe auf und schiebe Lara von meinem Schreibtisch herunter.

„Hast du die Mail von André und Svetlana gelesen? Sie haben geheiratet und erwarten ihr erstes Kind.“

„Oh, wie schön!“

Lara klatscht vor lauter Freude in die Hände.

„Es ist jedes Mal so schön, zwei Menschen zusammen zu bringen und sie glücklich zu machen“, spricht sie mir aus der Seele. „Unser Beruf ist der schönste der Welt. Selbst diesen grobschlächtigen Bauern haben wir untergekriegt. Wie hieß er noch gleich? Ach ja, Ferdinand. Ich habe gedacht, ich höre nicht recht, als er uns sagte, worauf er stand.“

„Ja, das war allerdings eine große Überraschung.“

Ich muss grinsen, als ich daran denke, wie Bauer Ferdinand verlegen und mit knallrotem Gesicht vor mir saß und nervös auf seinem Stuhl herum rutschte, als es um seine sexuellen Präferenzen ging. Natürlich muss ich auch in diesem Bereich indiskret nachfragen, denn auch da soll es schließlich passen.

Ferdinand hatte ein ganz spezielles Anliegen: Er stand auf Lack, Leder und Gummi und wollte eine Frau, die tagsüber kräftig auf dem Hof mit anpackte und sich nachts in eine Domina verwandelte. Es hat zwei Jahre gedauert, bis wir die passende Partnerin für ihn gefunden hatten: Uschi, eine bayerische Wuchtbrumme, die ihm tagsüber im Stall sagt, wo es lang geht – und nachts im Gummi-Outfit ebenfalls. Wenn man die beiden in Dirndl und Seppl-Hose vor ihrer idyllischen Berglandschaft stehen sieht, käme man niemals auf den Gedanken, dass Uschi nachts die Peitsche schwingt und Ferdinand devot vor ihr herum kriecht. Aber jedem das Seine. Wenn beide Spaß daran haben, warum nicht? Ich muss schließlich nicht dabei zusehen.

Jedenfalls ist Ferdinand überglücklich und schickt uns regelmäßig eine Postkarte von sich und seiner Liebsten. Aber er war schon eine harte Nuss. Doch auch bei ihm haben wir es geschafft.

Ich habe Magic Match vor fünf Jahren gegründet, als ich mir beim Online Dating fast die Zähne ausgebissen habe. Dauernd schrieben mir Männer, die dann spurlos verschwanden oder nur blöde Sprüche drauf hatten. Wenn ich doch mal einen von ihnen traf, hatte er wenig mit dem Typen gemeinsam, als der er sich auf dem Dating Portal darstellte. Die Männer sahen völlig anders aus und besaßen keine einzige der Charakter-Eigenschaften, die sie aufgezählt hatten.

Der „flippige Lebenskünstler“ war ein ungepflegter Hartz IV Empfänger, der „außerwöhnliche Cineast“ hing den ganzen Tag in Unterhose vorm Trash TV und der „extravagante Geschäftsmann“ war ein langweiliger Steuerberater ohne jeglichen Pepp.

Bei so viel Selbstüberschätzung gab ich auf und überlegte mir, dass den Herren vor allem eins fehlte: eine objektive Beurteilung von außen. Selbst sieht man sich offenbar völlig anders als die Umwelt.

Ich habe schon immer eine gute Menschenkenntnis besessen und kann einen Menschen nach wenigen Minuten ziemlich genau einschätzen. Wenn ich ihn dann besser kennenlerne, stelle ich fest, dass ich mit meiner Einschätzung in 99% der Fälle richtig liege.

Warum sollte ich das nicht nutzen?

Also rief ich Magic Match ins Leben und der Erfolg gab mir von Anfang an recht. Der Computer wertet die Übereinstimmungen in puncto Lebensumstände, Lebenseinstellung, Interessen, Eigenschaften, Wunschvorstellungen etc. aus, aber das letzte Wort habe ich. Ich bin nämlich der Meinung, dass es darüber hinaus noch etwas sehr Entscheidendes gibt, das man nicht berechnen kann. Es muss einfach klick machen – und das kann kein Computer der Welt berechnen. Zwei Menschen können komplett dieselben Interessen und Ansichten haben – und es funkt trotzdem nicht.

Ich habe ein fast übersinnliches Gespür dafür, welche Menschen zusammen passen könnten. Und bisher habe ich mich da auch selten geirrt. Es sei denn, die Leute spielen mir etwas vor und stellen sich als jemanden dar, der sie überhaupt nicht sind. Da bin ich dann raus, denn hellseherische Fähigkeiten habe ich nicht.

Aber normalerweise geben sich meine Klienten so, wie sie wirklich sind, denn alles andere macht keinen Sinn. Schließlich wollen sie den einen Partner finden, mit dem sie glücklich sind.

„Willst du ihn in unsere Kartei aufnehmen?“, holt Lara mich in die Gegenwart zurück. „Oder willst du ihn fragen, ob er uns verarschen will? Wenn er es ernst meint, dürftest du keine Probleme haben, eine Frau für ihn zu finden. Die Mädels würden sich doch alle überschlagen.“

Inzwischen habe ich mir Niklas‘ Mail aufgerufen und betrachte sein markantes Gesicht. Ja, er sieht unglaublich attraktiv aus, das ist mir auch damals nicht entgangen. Ein Teufel in der Gestalt eines Womanizers.

„Die Frauen würden sich überschlagen, eine Nacht mit ihm zu verbringen, aber ich bezweifele, dass sie ihr Leben mit ihm teilen wollen“, seufze ich. „Niklas Nelles ist zwar extrem sexy, aber er besitzt viele unheilvolle Charakter-Eigenschaften. Er ist herrisch, unsensibel, aufbrausend, jähzornig, ungerecht, ungeduldig … Und das ist nur das, was ich als seine Sekretärin mitgekriegt habe. Ich will gar nicht erst wissen, wie er privat ist.“

Lara verzieht ihr Gesicht und kratzt sich am Kopf. Nachdem meine Agentur so erfolgreich wurde, konnte ich die Arbeit nicht mehr allein bewältigen und habe mir vor zwei Jahren eine Assistentin gesucht. Lara entlastet mich vor allem bei den organisatorischen Arbeiten und ist eine große Hilfe für mich. Außerdem hat auch sie ein sehr gutes Gespür dafür, wer zu wem passt, so dass sie bei den Gesprächen oft dabei ist. Es macht viel Spaß, mit ihr zusammen das passende Gegenstück für einen Klienten zu suchen. Und noch mehr Spaß macht es, dieses Gegenstück dann auch zu finden. Es gibt nichts Schöneres, als live dabei zu sein, wenn zwei Menschen sich verlieben und die Suche nach dem Traumpartner endlich ein Ende hat. Und ganz nebenbei ist Lara zu einer guten Freundin geworden.

„Vielleicht ist er privat ganz anders“, mutmaßt Lara. „Du weißt doch – es gibt Männer, die toben im Büro herum und sind unausstehlich, und bei ihrer Frau sind sie total devot und tun alles, was sie sagt. Da kriegen sie den Mund gar nicht mehr auf und tragen anstandslos den Müll runter.“

„Also, das kann ich mir bei Niklas beim besten Willen nicht vorstellen.“ Ich schüttele den Kopf. „Der ist ganz bestimmt nicht devot, und den Müll trägt er mit Sicherheit nicht runter. Das ist ganz klar unter seinem Niveau. Dafür hat er Personal.“

Lara schaut mir über die Schulter und himmelt Niklas unverhohlen an. Das hat sie in den zwei Jahren noch nie bei einem Kunden getan. Es muss sie heftig erwischt haben. Aber wir hatten zugegebenerweise auch noch nie einen Klienten, der so unverschämt gut aussah wie mein ehemaliger Chef.

„Du hast recht“, sagt sie schließlich. „Er ist bestimmt total dominant und sagt einer Frau, wo es lang geht, auch im Bett. Oh, ich muss unbedingt bei dem Gespräch dabei sein, wenn du ihn nach seinen sexuellen Präferenzen fragst!“

Aufgeregt hampelt sie vor mir herum und wirft vor lauter Begeisterung fast meine Lampe vom Tisch.

„Was meinst du – ob er Details verrät? Manche sind da ja sehr ausführlich. Ich weiß noch, wie dieser biedere Vorstandsvorsitzende uns erzählte, dass er mit Wonne in seine Windeln scheißt. Mir ist alles aus dem Gesicht gefallen. Und als er dann noch sagte, er macht das mit Vorliebe bei irgendwelchen Sitzungen, wo niemand das ahnt … Mir ist richtig übel geworden. Manche Leute sind wirklich pervers – und keiner weiß es. Naja, zum Glück auch.“

„Vor allem kann ich mich noch gut an die Reaktionen der potentiellen Anwärterinnen erinnern“, stöhne ich. „Sie waren total entsetzt, dass wir so jemanden überhaupt vermitteln wollten und haben schon an unserer Seriosität gezweifelt. Aber wenn wir die Klienten aufnehmen, wissen wir ja nicht, was uns später erwartet.“

Auch hier hat es sehr lange gedauert, bis wir eine Frau fanden, die zwar nicht begeistert von dem Windel-Fetisch war, ihn aber zumindest akzeptieren konnte – „wenn es nicht zu oft passiert und ich auch normalen Sex mit dem Kerl haben kann.“ Jetzt sind die beiden schon seit zwei Jahren verheiratet und offenbar immer noch sehr happy miteinander. Mit oder ohne Windel, da haben wir jetzt nicht so genau nachgefragt. Manche Dinge möchte man gar nicht wissen.

Im Normalfall haben unsere Kunden jedoch keine ausgefallenen sexuellen Wünsche. Fragen müssen wir danach allerdings schon, und das auch im Detail, denn es sollte nicht passieren, dass ein Dom plötzlich einer Domina gegenübersteht. Das passt dann einfach nicht, obwohl es sicher lustig wäre, dabei zuzusehen.

„Eigentlich möchte ich keine Details über Niklas‘ sexuelle Präferenzen wissen“, behaupte ich und lasse meinen Blick über seine sportliche Figur gleiten.

„Ich schon“, entgegnet Lara mit glitzernden Augen. „Je mehr Details, desto besser. Ich will hören, wie er eine Frau an den Haaren packt, sie über seinen Schreibtisch wirft, seine Hose öffnet und es ihr so richtig gut besorgt. Hart und schnell und irre lange.“

„Sag mal, was haben sie dir denn in deinen Tee getan?“, sage ich lachend und gebe Lara einen freundschaftlichen Klaps auf den Rücken. „Bist du chronisch untervögelt oder was?“

„Irgendwie schon.“ Lara verzieht das Gesicht. „Kannst du mich nicht auch an jemanden vermitteln? Ich hatte schon so lange keinen Sex mehr.“

„Ich auch nicht“, gebe ich zurück. „Aber an einen Klienten würde ich mich niemals ranschmeißen. Warum suchst du dir nicht im weltweiten Netz einen Lover? Das dürfte doch nicht schwierig sein.“

Lara verdreht ihre Augen.

„Da sind nur Idioten unterwegs“, beschwert sie sich. „Die haben alle völlig übersteigerte Anforderungen. Außerdem gefallen sie mir nicht. Sie sind verblödet oder hässlich oder beides zusammen. Am Anfang habe ich gar nicht verstanden, warum deine Partner-Vermittlungs-Agentur so einen großen Zulauf hat und so gut funktioniert. Ich habe gedacht, das Geld kann man sich sparen und selber im Internet suchen. Aber diese Suche ist total zeitaufwendig und nervenaufreibend.“

„Du kannst dir gern ein Profil erstellen und es durch den Computer jagen“, erlaube ich ihr. „Warum nicht? Wenn du jemanden findest, der zu dir passt und der dir gefällt – nur zu. Ich würde den Kandidaten allerdings von Anfang an sagen, dass du bei ‚Magic Match‘ angestellt bist und fragen, ob das in Ordnung ist. “

„Natürlich, da bin ich ehrlich. Ich möchte eine potentielle Partnerschaft nicht mit einer Lüge starten“, ist Lara ganz meiner Meinung. Dann grinst sie.

„Was?“, frage ich.

„Hast du das noch nie für dich gemacht?“, erkundigt sich Lara neugierig. „Hast du noch nie gecheckt, ob einer unserer Herren zu dir passen würde?“

Ich schüttele den Kopf.

„Nein. Mir gehört der Laden. Als Chefin darf ich mich nicht mit einem Kunden einlassen. Das verstößt gegen meine Prinzipien. Die Kunden hätten sicher ein unangenehmes Gefühl, wenn sie wüssten, dass ich sie für mich selbst durchchecke.“

„Aber das wissen sie doch nicht“, erwidert Lara munter. „Mir wäre das Latte, so lange ein heißer Kerl für mich selbst rausspringen würde. Ich dachte, ich schaffe es auch allein, aber irgendwie klappt es nicht. Warum soll ich dann meinen Arbeitsplatz nicht für mich selbst nutzen?“

„Viel Glück“, wünsche ich ihr. „Sag mir Bescheid, was dabei herauskommt.“

„Klar.“ Lara nickt eifrig. „Und das letzte Wort hast sowieso du, Chefin.“

Klar, wie immer.

Kapitel 2 - Liana

10 Jahre vorher

„Frau Seefeld, ich habe nicht unbegrenzt Zeit!“

Drohend stand mein Chef im Türrahmen und blickte mich finster an.

„Ich weiß nicht, warum das bei Ihnen so ewig lange dauert. Haben Sie Ihr Sekretärinnen-Diplom bei einer Tombola gewonnen oder illegal im Internet gekauft?“

So ein Arsch! So ein verdammter Arsch!

Hektisch versuchte ich, den Berg an Unterlagen zu sortieren, der vor mir auf dem Schreibtisch lag. Was sollte ich zu ihm sagen? Dass der Drucker streikte, der Computer dauernd abstürzte und das Telefon ununterbrochen klingelte? Es klang wie eine faule Ausrede, und dagegen war Herr Nelles allergisch.

„Einen Moment noch“, murmelte ich mit knallrotem Gesicht. „Ich habe es gleich.“

„Gleich, gleich!“, regte sich Herr Nelles auf und eine dicke Zornesfalte erschien zwischen seinen perfekt gestutzten Augenbrauen. Überhaupt war alles an ihm perfekt. Das allein reichte schon, um mich wie eine Versagerin zu fühlen, sobald ich ihn nur von Weitem sah.

„‘Gleich‘ ist zu spät. Ich brauche meine Unterlagen auf den Punkt. Denken Sie, ich habe unendlich viel Zeit, um darauf zu warten, dass meine Sekretärin endlich mal in die Puschen kommt? Sie sollen mich entlasten und nicht belasten! Mit Ihnen habe ich wirklich das große Los gezogen, nämlich eine Niete. Da kann ich auch gleich alles selbst machen, das würde wesentlich schneller gehen. Und ich müsste mich auch nicht permanent über Sie ärgern.“

Er warf mir einen vernichtenden Blick zu und verschwand in seinem Büro; nicht, ohne die Tür laut hinter sich zu schließen.

Mit Tränen in den Augen suchte ich weiter. Wo um alles in der Welt war dieser verdammte Vertrag hingekommen? Ich wusste ganz genau, dass ich ihn hier hingelegt hatte!

Warum verschwand immer alles? Warum versagten mir die Geräte ihren Dienst? Es kam immer alles zusammen, und ich musste mich dauernd rechtfertigen, ohne dass es das Geringste genützt hätte. Herr Nelles verlangte einwandfreie Arbeit, und es war ihm egal, wie ich diese zustande brachte. Aber wie sollte ich ihm innerhalb von wenigen Minuten ein Dokument ausdrucken, wenn der Computer abstürzte und der Drucker streikte?

„Hey, Lilly, ich habe mir mal kurz deinen Vertrag genommen.“ Meine Kollegin Mila stand plötzlich im Türrahmen und wedelte mir mit ein paar Blättern Papier zu.

„Mein Boss arbeitet auch an dem Vertrag und konnte ihn nicht finden. Da habe ich ihn mir kurz von dir ausgeliehen.“

„Was hast du getan?“, schrie ich unbeherrscht los. „Bist du verrückt geworden? Weißt du eigentlich, dass Herr Nelles mich total zur Sau gemacht hat, weil er diesen verdammten Vertrag sucht und mir unterstellt, ich hätte ihn verschlampt? Du kannst ihn doch nicht einfach wegnehmen, ohne mir Bescheid zu sagen! Warum hast du nicht wenigstens einen Zettel hingelegt?“

„Habe ich doch“, erwiderte Mila achselzuckend und lächelte mich unschuldig an. „Hast du ihn nicht gefunden? Ich habe ihn ganz oben auf den Stapel gelegt. Ach, da ist er ja.“

Sie bückte sich und hob einen gelben Klebezettel vom Boden auf. Das Fenster war geöffnet, und der Wind musste ihn dorthin geweht haben. Oh Mann, ehrlich! Warum musste ich immer so ein verdammtes Pech haben? Wieso konnte nie etwas glatt gehen?

In meinen vorherigen Jobs waren immer alle mit mir zufrieden gewesen, aber hier lief einfach alles schief.

Gestern hatten zwanzig Konferenzteilnehmer auf ihre verdammten Kopien gewartet, und der Kopierer hatte einen Papierstau nach dem nächsten fabriziert. Herr Nelles hatte mir fast den Kopf abgerissen. Am liebsten wäre ich aus dem Fenster gesprungen, so verzweifelt war ich gewesen. Ich war mir vorgekommen wie der letzte Vollidiot. Und heute fühlte ich mich wie der allerletzte Vollidiot. Mein Selbstbewusstsein nahm mit jedem Tag ab und es war nur eine Frage der Zeit, bis ich gar keins mehr haben würde. Ich war ja jetzt schon ein nervliches Wrack.

„Nun reg dich mal nicht so auf“, sagte Mila herablassend. „Du machst immer aus einer Mücke einen Elefanten. Mit allem bist du überfordert und immer bist du überlastet. Dabei solltest du dich glücklich schätzen, für so einen heißen Typen wie Niklas arbeiten zu dürfen. Jede hier in der Firma träumt davon. Du hast dieses Glück und weißt es gar nicht zu schätzen. Stattdessen jammerst du nur herum. Du hast so einen tollen Chef wie Niklas gar nicht verdient.“

Ich starrte meine Kollegin fassungslos an. Das meinte sie doch jetzt nicht im Ernst, oder? Es war kein Glück, dass ich für diesen Sklaventreiber arbeitete, sondern das Vorzimmer zur Hölle. Mila hatte wirklich überhaupt keine Ahnung. Und dass Niklas Nelles fantastisch aussah, machte ihn nicht automatisch zu einem netten Chef. Eher im Gegenteil. Er glaubte anscheinend, es sei Gnade genug, dass er umwerfend aussah und er müsse sich seiner Sekretärin gegenüber nicht auch noch freundlich verhalten. Sie durfte ihn schließlich umsonst ansehen und bewundern. Das reichte doch wohl, oder?

In diesem Moment kam der Teufel höchstpersönlich aus seinem Büro geschossen und blitzte mich wütend an. Ich sprang wie von der Tarantel gestochen auf, schnappte mir den Vertrag und lief auf ihn zu.

„Hier sind die Unterlagen“, rief ich mit überschnappender Stimme und hielt ihm mit zitternden Fingern den Vertrag entgegen.

„Es war nicht meine Schuld, dass ich sie nicht finden konnte. Frau Langer hatte sie sich ausgeliehen. Sie hatte mir zwar einen Zettel geschrieben, aber der ist wohl auf den Boden …“

Herr Nelles verzog unwillig sein Gesicht und gab mir ein Handzeichen, dass ich die Klappe halten sollte.

„Es interessiert mich nicht, warum Sie mal wieder unfähig waren, die Unterlagen zu finden“, schnauzte er mich an. „Und es ist ein ganz mieser Zug, die Schuld auf Kolleginnen zu schieben. Stehen Sie wenigstens dazu, dass Sie Ihren Job überhaupt nicht im Griff haben. Es ist mir egal, warum Sie was nicht finden können. Frau Langer hat Ihnen etwas weggenommen? Dann gehen Sie doch in die Ecke und heulen eine Runde! Sie kommen mir vor wie ein kleines Kind, das auf dem Spielplatz steht und anfängt zu plärren, weil ihm jemand seine Schaufel weggenommen hat. Aber wir sind hier nicht im Kindergarten, obwohl es mir manchmal so vorkommt. Jetzt geben Sie mir endlich diese verdammten Unterlagen.“

Unwillig riss er mir den Vertrag aus der Hand, blitzte mich wütend an und rauschte türenknallend davon.

Mir schossen Tränen in die Augen und ich blickte Mila hilfesuchend an.

„Ich soll mich glücklich schätzen, für diesen Feldwebel zu arbeiten?“, jammerte ich. „Findest du das immer noch – jetzt, wo du gesehen hast, wie er mit mir umspringt?“

Mila verschränkte ihre Arme vor der Brust und verzog keine Miene. Sie schien nicht die Spur Mitleid mit mir zu haben.

„Vor allem finde ich, dass du total unkollegial bist“, sagte sie vorwurfsvoll. „Musstest du unbedingt die Schuld auf mich schieben? Was soll er denn jetzt von mir denken? Dass ich hier einfach reinkomme und dir die Unterlagen klaue? Ehrlich, wenn du zu blöd bist, den Zettel zu finden, den ich dir hingelegt hatte, kann ich dir auch nicht helfen. Was soll ich denn noch machen? Soll ich dir einen Brief per Einschreiben schicken oder was? Mach doch mal deine Augen auf! Und Niklas denkt jetzt, ich würde mich unkollegial verhalten. Das werde ich dir nie verzeihen.“

Ich starrte sie an und fragte mich, ob ich unter Realitätsverlust litt. Wer hatte denn die Arschkarte gezogen? Wer wurde ständig von seinem Boss angeschnauzt – sie oder ich?

„Was er von dir denken soll?“, zischte ich. „Er denkt überhaupt nichts von dir. Aber was er über mich denkt, hast du ja gerade gehört. Ich habe jeden Tag eine Scheiß-Angst, dass er mich rausschmeißt. Weißt du eigentlich, dass ich kaum noch schlafe? Weißt du, dass ich jeden Tag mit Bauchschmerzen ins Büro gehe? Und dann kommst du, nimmst mir die Unterlagen weg und greifst mich an, weil du denkst, er hätte jetzt eine schlechte Meinung von dir. Da fehlen mir echt die Worte.“

Mila blickte mich eine Weile spöttisch an, zog dann ihre sorgfältig gezupften Augenbrauen in die Höhe und schüttelte den Kopf.

„Weißt du was?“, sagte sie langsam. „Ich glaube, du bist komplett überfordert mit diesem Job. Du kannst einfach nicht für so einen erfolgreichen Mann wie Niklas arbeiten. Er braucht eine Assistentin, die ihm den Rücken freihält. Eine Assistentin, die taff und selbstbewusst ist und alles im Griff hat. Das hast und bist du alles nicht. Du solltest dir einen anderen Job suchen; vielleicht in einem Schreibbüro, wo du nicht selbstständig denken musst, sondern nur stumpf etwas abtippst. Das selbständige Arbeiten ist einfach nicht dein Ding. Du wärst besser irgendwo aufgehoben, wo man dir einen Packen Arbeit hinlegt, den du abarbeiten kannst. Aber alles organisieren und kontrollieren und zwanzig Dinge auf einmal machen – nein, das kannst du nicht. Dafür bist du nicht die Richtige.“

Ich schluckte meine Tränen hinunter und fragte mich, wo ich hier eigentlich gelandet war. Nicht nur, dass mein Chef mich fertig machte; nein, meine Kolleginnen taten es ebenso. Ich wusste nicht, warum sie mich nicht mochten, aber sie taten alles, um mir das Leben schwer zu machen. Mila hatte recht: Ich war hier fehl am Platz.

Vielleicht lag es daran, dass ich nicht zu ihnen passte. Meine Kolleginnen waren allesamt sehr auf ihr Äußeres bedacht, liefen in den modernsten Klamotten herum, gaben ein Heidengeld für Mode, Kosmetik und Beauty Eingriffe aus und definierten sich sehr über ihr Aussehen. Mir hingegen war mein Aussehen nicht besonders wichtig – und so lief ich auch herum. Ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, dass das meinem Chef ein Dorn im Auge war. Ich war mir sicher, er hätte viel lieber eins der geschminkten und aufgebrezelten Püppchen gehabt, von denen hier so viele herumliefen.

Sein Vater, Norbert Nelles, hatte mich vor drei Jahren eingestellt, sich aber inzwischen fast zur Ruhe gesetzt. Er tauchte nur noch sporadisch in der Firma auf. Niklas hatte mich sozusagen übernehmen müssen. Dass ihm das nicht gepasst hatte, war offensichtlich gewesen. Er hatte mich von Anfang an spüren lassen, dass er überhaupt keine Lust hatte, mit mir zusammen zu arbeiten. Dadurch war ich so verunsichert geworden, dass ich tatsächlich Fehler gemacht hatte, die mir sonst nie passiert waren – ein Teufelskreis, der sich immer schneller drehte. Dabei hatte sein Vater mich immer in den höchsten Tönen gelobt und mein Job

hatte mir richtig Spaß gemacht. Mit Niklas war das allerdings komplett vorbei.

In meiner alten Abteilung hatte ich mich viel wohler gefühlt und war mit allen Leuten bestens ausgekommen. Aber Niklas musste natürlich im größten und schönsten Büro residieren und so hatte ich mit ihm in den obersten Stock umziehen müssen – weit weg von meinen ehemaligen Kollegen.

Ich kam mir vor wie in einem Horror-Film.

In diesem Moment erschien der Hauptdarsteller des Horror-Films wieder auf der Bildfläche. Er kniff seine Augen zusammen und warf mir einen bösen Blick zu.

„Ich sage das nicht gern, aber Frau Langer hat recht“, giftete er. „Sie sind völlig überfordert. Der Job ist nichts für Sie. Ich verstehe nicht, wie mein Vater es so lange mit Ihnen ausgehalten hat. Ich kann Ihnen jetzt schon sagen, dass ich es nicht so lange mit Ihnen aushalten werde. Wenn Sie nicht von sich aus kündigen, werde ich es tun. Ich habe keine Lust, mich weiterhin mit Ihnen herumzuärgern. Gehen Sie mir einfach aus den Augen.“

Er blickte mich so kalt und hasserfüllt an, dass mir ganz anders wurde. Mit weichen Knien schlich ich wie ein geprügelter Hund aus dem Büro. Auf dem Flur blieb ich stehen und lehnte mich gegen die Wand, weil sich plötzlich alles um mich herum drehte. Ich hielt diesen Zustand nicht mehr aus. Wahrscheinlich war es wirklich das Beste, wenn ich kündigte. Ich war nur noch ein Wrack und ein Schatten meiner selbst, seit ich für diesen Arsch arbeitete. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Ich konnte irgendwo anders neu anfangen und vielleicht würde irgendwann sogar mein Selbstwertgefühl zurückkehren.

„Jetzt haben wir es bald geschafft“, hörte ich Milas Stimme, die plötzlich samtweich war.

„Sie wird endlich gehen und ich werde ihren Posten übernehmen. Es ist gar nicht so schwer, sie völlig kirre zu machen. Du bist ziemlich gut darin, Frauen um den Verstand zu bringen, weißt du das?“ Sie lachte.

„Ich freue mich schon darauf, wenn du meine Assistentin bist“, vernahm ich Herrn Nelles‘ Stimme, die ganz anders klang als üblicherweise. Viel netter, viel sanfter, viel freundlicher. Zu mir hatte er noch nie in dieser Tonlage gesprochen.

„Dann kann ich dich jederzeit und überall ficken. Oder du kriechst auf allen Vieren unter den Schreibtisch und bläst mir einen.“

Die beiden fingen an zu lachen, während ich erstarrte.

Wie bitte? Die beiden hatten ein Verhältnis und wollten mich loswerden, damit sie es jederzeit miteinander treiben konnten? Das war der Hintergrund? Ich konnte es nicht fassen!

Warum tauschten sie mich nicht einfach aus? Herr Nelles hätte ohne weiteres anordnen können, dass Mila ab sofort seine Sekretärin war. Er war schließlich der Boss, er konnte alles bestimmen.

Warum mussten sie so fies sein und mich aus der Firma mobben? Wie konnte sich ein Vorgesetzter nur so gemein verhalten? Das sprach ihm jegliche Führungskompetenzen ab.

„Das werde ich nur zu gern tun“, säuselte Mila. „Jederzeit, wann immer du willst. Hach, das wird herrlich. Wir können uns den Büroalltag mit erotischen Spielchen vertreiben. Wie sehr ich mich darauf freue! Gut, dass Liana so hässlich ist, dass du nicht auf dumme Gedanken kommst.“

Herr Nelles lachte dreckig.

„Keine Sorge, die würde ich nicht mal mit der Kneifzange anfassen. Sie ist dick und unattraktiv und überhaupt nicht mein Fall. Da würde ich echt keinen hochkriegen. Bei dir hingegen … Da steht er schon, wenn ich nur an dich denke.“

Die beiden lachten wieder und dann war es eine Weile still. Ich wollte gar nicht wissen, was da jetzt passierte.

Benommen ging ich den Flur entlang und rettete mich auf die Toilette. Mir schwirrte der Kopf und ich konnte meine Tränen nicht länger zurückhalten.

Ich war also dick und unattraktiv und mein Boss hatte sich sogar schon Gedanken darüber gemacht, ob er bei mir einen Ständer kriegen würde oder nicht. Das musste ich erst mal sacken lassen.

Ich hob den Kopf und sah mich im Spiegel an. Ein blasses, müdes Geschöpf blickte mir entgegen und schien alles Leid der Welt auf seinen Schultern zu tragen.

In welchen Albtraum war ich geraten und wie kam ich da wieder raus? Es gab nur einen einzigen Ausweg: Ich musste kündigen. Sofort.

Ich schluchzte auf. Mein Leben war ein einziges Desaster, nicht nur beruflich. Es war ein Jahr her, seit ich einen Mann geheiratet hatte, von dem ich geglaubt hatte, er sei meine große Liebe. Leider hatte er sich als mein größtes Unglück entpuppt. Vor einigen Wochen hatte ich herausgefunden, dass er mich von Anfang an belogen und betrogen hatte. Wir waren fünf Jahre zusammen gewesen, und genauso lange hatte er Affären zu anderen Frauen gehabt. Und ich war so blöd gewesen und hatte es nicht mitgekriegt. Allerdings war ich auch nicht davon ausgegangen, von meinem Partner quasi vom ersten Tag an hintergangen zu werden. Das hatte meine Vorstellungskraft bei weitem überstiegen.

Also hatte ich die Scheidung eingereicht und befürchtete nun, dass ich für Alex Unterhalt würde zahlen müssen. Dann wäre mein Chaos perfekt. Und jetzt würde ich auch noch meinen Job verlieren. Ich war völlig am Ende und ohne jede Aussicht, was meine Zukunft anging. Ich war am Tiefpunkt meines Lebens angelangt.

Kapitel 3 - Liana

Nachdenklich sitze ich an meinem Schreibtisch und lasse die vergangenen Jahre Revue passieren. Der Tiefpunkt meines Lebens war gleichzeitig der Wendepunkt. Ich krempelte mein Leben komplett um und bin heute so glücklich und zufrieden wie niemals zuvor.

Ich ließ mich scheiden und schaffte es, dass ich für Alex keinen Unterhalt zahlen musste. Außerdem nahm ich meinen Mädchennamen wieder an, weil mich nichts mehr an Alex erinnern sollte. Dieses Kapitel meines Lebens war zum Glück abgeschlossen.

Als nächstes kümmerte ich mich um mein Äußeres, begann mit Sport und einer strengen Diät, speckte 30 Kilo ab, tauschte meine dicke Brille gegen Kontaktlinsen und gönnte mir eine Farb- und Stilberatung. Ich wurde innerlich und äußerlich ein ganz neuer Mensch.

Ein Jahr lang ging ich nicht arbeiten, bis ich wieder genug Selbstvertrauen hatte, um mir einen neuen Job zu suchen, den ich bei einem Architektur-Büro fand. Die Architekten waren unglaublich nett und zuvorkommend, und allmählich gewann ich mein Selbstwertgefühl zurück, das Niklas Nelles so erbarmungslos zerstört hatte. Je länger ich dort arbeitete, desto besser ging es mir. Stück für Stück kehrte mein Leben zurück – und es war weitaus besser als das, das ich vor dem Zusammenbruch geführt hatte.

Aber es war noch nicht gut genug. Als ich drei Jahre bei den Architekten gearbeitet hatte, spürte ich, dass es erneut Zeit für eine Veränderung war. Der Job erfüllte mich nicht mehr. Auf die Dauer langweilte es mich, die ausführende Kraft zu sein und das zu tun, was andere von mir verlangten. Ich wollte selbständig sein, mein eigenes Ding machen, etwas Neues erschaffen. Ich wusste bloß noch nicht, was.

In dieser Zeit sah ich mich verstärkt im Internet nach einem Mann um, erlebte aber nur Enttäuschungen. Ich war müde von der Suche und überlegte eines Abends, wie toll es wäre, wenn mir jemand diese Arbeit abnehmen würde.

Plötzlich setzte ich mich kerzengerade im Bett auf.

Natürlich, das war es! Ich selbst würde diejenige sein, die sich auf die Suche begab – und zwar für andere. Man hatte mir schon von jeher eine ausgezeichnete Menschenkenntnis bescheinigt und im Laufe der Jahre hatte die sich noch verfeinert. Genau das würde mir Spaß machen: mit Menschen reden, sie analysieren und herausfinden, was und wen sie wollten und wer zu ihnen passen könnte.

Das war mein maßgeschneiderter Job! Und da es nicht mich selbst betraf, würde ich auch nicht frustriert sein, wenn sich die Suche schwierig oder langwierig gestaltete. Mit der nötigen emotionalen Distanz war das kein Problem.

Ich überlegte und plante, recherchierte und machte mir Notizen – und ein Jahr später ging Magic Match an den Start.

Und bis heute habe ich diese Entscheidung keine einzige Minute lang bereut.

Letztlich war der Tiefpunkt nötig, damit ich ein neues Leben beginnen konnte. Früher war ich eine unscheinbare, graue Maus, die wenig Selbstbewusstsein hatte und im Büro für ihren Chef herumsprang.

Jetzt bin ich eine attraktive, selbstsichere Frau, die beruflich das tut, was ihr Spaß macht und die Zügel in der Hand hält. Mein

Leben ist ein vollkommen anderes, und es ist ein weitaus besseres Leben. Ich habe mir meinen neuen Beruf selbst kreiert, und er entspricht genau meinen Neigungen und Fähigkeiten.

Nur der passende Mann hat sich noch nicht dazu gesellt, aber auch da bin ich optimistisch, dass sich das in absehbarer Zeit ändert. Tatsächlich machen mir einige meiner männlichen Kunden eindeutige Avancen, aber da bin ich stur. Ich möchte Beruf und Privatleben nicht miteinander vermischen und habe mir fest vorgenommen, niemals etwas mit einem Kunden anzufangen. Das verstößt gegen mein Berufsethos und ich lasse mich da auf nichts ein.

Durch die Kontaktaufnahme von Niklas Nelles werde ich für eine Weile in mein altes Leben zurück katapultiert und erlebe die Demütigungen dieser Zeit noch einmal. Umso mehr weiß ich mein jetziges Leben zu schätzen. Ich möchte nie mehr dahin zurück, wo ich einmal war.

Niklas Nelles …. Er hat mir beruflich die schlimmsten Stunden meines Lebens bereitet. Nie werde ich sein zynisches und höhnisches Lächeln vergessen, als ich gekündigt habe. Ich gab auf und das gefiel ihm. Er hatte gewonnen.

Ob er mich überhaupt erkennen würde? Ich klicke auf meinem Laptop ein Foto aus der damaligen Zeit an und vergleiche es mit einem aktuellen Bild. Es ist ein Unterschied wie Tag und Nacht. Damals war ich unscheinbar, dick, ungeschminkt, trug eine Brille und einen strengen Zopf. Jetzt weiß ich meine Vorzüge zu betonen und trage meine langen Haare offen. Natürlich kann ich mit 30 Kilo weniger ganz andere Klamotten anziehen und mich figurbetonter kleiden. Auch mit dem Make up kann ich jetzt ganz anders umgehen und mich vorteilhaft schminken.

Nein, ich glaube nicht, dass Niklas mich erkennen würde. Dazu war ich viel zu bedeutungslos für ihn. Er hat mich damals kaum angesehen. Er hat immer nur den aufgetakelten, hübschen, schlanken Kolleginnen aus anderen Abteilungen nachgestarrt. Wahrscheinlich hatte er nicht nur mit Mila ein Verhältnis, sondern mit der ganzen Abteilung. Dieser Ruf eilte ihm nämlich voraus. Umso erstaunter bin ich, dass er jetzt auf der Suche nach einer festen Beziehung ist. Eigentlich kann ich mir das gar nicht vorstellen. Andererseits sind zehn Jahre eine lange Zeit. Vielleicht hat er sich innerlich verändert.

Im Übrigen trug ich damals Alex‘ Nachnamen Seefeld, so dass er mich an meinem Namen schon mal nicht erkennen kann. Und ob er überhaupt wusste, wie ich mit Vornamen hieß, wage ich zu bezweifeln.

Äußerlich hat sich Niklas nur wenig verändert, wenn das Foto aktuell ist. Er sah damals unglaublich attraktiv aus, und er tut es heute noch. Er hatte eine ganz besondere, erotische Ausstrahlung; eine Aura, die den ganzen Raum erfüllte, sobald er ihn betrat. Obwohl er so ein Mistkerl war und ich sehr unter ihm gelitten habe, konnte ich verstehen, dass ihm fast die gesamte weibliche Belegschaft verfallen war. Aber die musste auch nicht für ihn arbeiten.

Irgendetwas sträubt sich in mir, ihn in unsere Kartei aufzunehmen und für ihn eine Partnerin zu suchen.

---ENDE DER LESEPROBE---