A Perfect Match? - Guido F. Gebauer - E-Book

A Perfect Match? E-Book

Guido F. Gebauer

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Beschreibung

Die Partnersuche im Internet boomt – noch nie gab es so viele Möglichkeiten wie heute, Singles im Internet kennenzulernen. Allerdings gibt es heute auch so viele Singles wie nie zuvor. Da kann etwas Unterstützung nicht schaden. In diesem Buch geht der Psychologe Guido F. Gebauer auf alle wichtigen Fragen zur Online-Partnersuche ein: Was wünsche ich mir eigentlich? Wie orientiere ich mich zwischen den vielen Portalen und Profilen? Wie kommuniziere ich am besten mit einem interessanten Menschen und wie gestalte ich ein Treffen? Nach dem ersten Date hören die Herausforderungen nicht auf. Dann gilt es, den Kontakt zu vertiefen, eine Beziehung aufzu­bauen und das einmal gefundene Glück langfristig zu erhalten. Leider münden selbst vielversprechende Kontakte manchmal in Ghosting, toxische Beziehungsmuster oder Betrugsversuche. Auch hiermit muss ein Umgang gefunden werden. Auf psychologischer Grundlage gibt das Buch zahlreiche Anregungen und Ratschläge, wie Leser:innen die Online-Partnersuche erfolgreich meistern können. Dabei geht es dem Autor vor allem um die Diversität und Individualität partnerschaftlicher Beziehungen. Denn wer seine eigenen Beziehungswünsche besser kennenlernt und versteht, kann diese zielgerichtet verfolgen – und die Zeit der Partnersuche nebenbei für die eigene Persönlichkeitsentwicklung nutzen.

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Guido F. Gebauer

A Perfect

Match?

Online-Partnersuche auspsychologischer Sicht

Impressum

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk inklusive aller Inhalte wurde unter größter Sorgfalt erarbeitet. Der Verlag und die AutorInnen übernehmen jedoch keine Gewähr und Haftung für die Aktualität, Korrektheit und Vollständigkeit der bereitgestellten Informationen. Für die Inhalte von den in diesem Buch abgedruckten Internetseiten sind ausschließlich die Betreiber der jeweiligen Internetseiten verantwortlich. Diese geben den Stand der Veröffentlichung zum Zeitpunkt des Abrufes wieder. Auf spätere Veränderungen hat der Verlag keinen Einfluss. Eine Haftung des Verlages ist daher ausgeschlossen.

© 2022 edigo Verlag GmbH, Köln

1. Auflage 2022

Umschlaggestaltung & Satz: Silvia Kretschmer, Düsseldorf

Autorenfoto: Thilo Nass

Druck: oeding print GmbH, Braunschweig

ISBN 978-3-949104-10-7

ISBN eBook 978-3-949104-11-4

www.edigo-verlag.de

Die Zertifizierung mit dem V-Label garantiert ein 100 % veganes Druckprodukt.

Alle Bestandteile wie Papiere, Farben, Lacke und Klebstoffe sind frei von tierischen Inhaltsstoffen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Inhalt

EINLEITUNG

ABSCHNITT 1 – VORBEREITUNG AUF DIE PARTNERSUCHE

Bin ich für eine Partnerschaft bereit?

Prüfung der eigenen Beziehungs-Bereitschaft

Wer bin ich und wen suche ich?

Übereinstimmung als Basis des Beziehungsglücks • Brainstorming für Ihre Partnersuche • Liebe: Formen, Gestaltung und Einflüsse • Trauer, Trennung und Partnersuche • Aus der Vergangenheit lernen • Die richtige Einstellung für die Online-Partnersuche

ABSCHNITT 2 – DIE GEEIGNETE PLATTFORM WÄHLEN

Dating-Apps

Singlebörsen

Partnervermittlungen

Welche Dating-Art passt zu mir?

Allgemeine Qualitätskriterien von Dating-Angeboten

Kostenpflicht als Qualitätsmerkmal • Kein Einsatz von Chatmoderatoren • Faire Gebührenmodelle • Seriosität der Plattform • Bewährt lohnt sich • Passung der Zielgruppe

Konkrete Dating-Plattform identifizieren

Mit offenen Augen durch die Offline-Welt

ABSCHNITT 3 – START DES ONLINE-DATINGS

Das eigene Profil erstellen

Die Partnersuche aktiv schalten

Effektive Strategien der Online-Partnersuche • Schutz vor Liebes-Betrug und sexuellen Übergriffen • Das erste Treffen richtig angehen

ABSCHNITT 4 – VON DER PARTNERWAHL ZUM BEZIEHUNGSERHALT

Der Weg zur Beziehung

So bleibt die Liebe bestehen

NACHWORT

ZUM AUTOR

FUSSNOTENVERZEICHNIS

LITERATURVERZEICHNIS

Einleitung

Partnerschaft und Liebe gehören zu den wichtigsten Faktoren des individuellen Beziehungsglücks. Von vielen Singles werden sie entsprechend schmerzhaft vermisst. Oft tritt sogar Torschlusspanik auf. „Werde ich noch die Liebe finden?“ Entsprechend boomt der Markt der Partnerbörsen im Internet. Aber lohnt sich die Partnersuche im Internet wirklich?

Dieses Buch zeigt in vier Abschnitten, wie Sie im Internet erfolgreich nach einem Partner suchen:

1. Vorbereitung auf die Partnersuche: In diesem Abschnitt geht es darum, die eigenen Lebensvorstellungen und Beziehungswünsche zu reflektieren. Es gilt herauszufinden, ob Sie wirklich eine Partnerschaft möchten und wenn ja, welche Art von Person und Beziehung Sie suchen. Es geht auch darum, sich selbst besser zu verstehen und weiterzuentwickeln, um möglichen Ballast abzuwerfen und zum Beispiel eine Wiederholung ungünstiger alter Beziehungsmuster zu verhindern.

2. Die richtige Plattform wählen: Dieser Abschnitt gibt Ihnen Hinweise, wie Sie die für Sie geeignete Plattform zur Partnersuche im Internet finden können. Dazu werden die Unterschiede zwischen Dating-Apps, Singlebörsen und Partnervermittlungen erklärt, und es werden Qualitätskriterien von Dating-Anbietern herausgearbeitet. Hierzu werden auch einige Mythen der Online-Partnersuche einer kritischen Analyse unterzogen, wie etwa die Annahme, dass besonders viele Partnervorschläge und Auswahlmöglichkeiten zu besonders hohen Vermittlungschancen führen würden.

3. Start der Online-Partnersuche: Dieser Abschnitt zeigt Ihnen, wie Sie ein effektives Suchprofil anlegen und mit welchen kommunikativen Strategien und Mitteln Sie die Online-Partnersuche zum Erfolg bringen können. Dazu bekommen Sie Empfehlungen zur Gestaltung Ihrer Selbstschilderung, zur Auswahl von Fotos, sowie zu Schreiben von Erstnachrichten und Folgenachrichten. Zudem behandelt dieser Abschnitt auch wesentliche Grundvoraussetzungen wie Offenheit, Geduld und einen gelassenen Umgang mit Enttäuschungen. Und er zeigt Ihnen, wie Sie sich gegen mögliche Schwierigkeiten oder negative Erfahrungen bereits von Anfang an immunisieren und sich schon vorab hilfreiche Bewältigungsstrategien überlegen. Abschließend bekommen Sie einige Ratschläge, wie Sie den Übergang von der Online-Kommunikation zum ersten direkten Treffen am besten bewerkstelligen können.

4. Von der Partnerwahl zum Beziehungserhalt: In diesem Abschnitt geht es darum, wie Sie erkennen können, dass Sie die richtige Person gefunden haben und wie Sie den nachfolgenden Beziehungsaufbau gestalten können. Sie erfahren von den entscheidenden Kriterien für die Partnerwahl Anziehung, Bindungsbereitschaft, gemeinsame Lebensziele und wechselseitige Veränderungsbereitschaft. Und Sie erfahren, warum radikale Ehrlichkeit miteinander das wichtigste Prinzip für ein weiteres Kennenlernen, den Beziehungsaufbau und die Beziehungsgestaltung ist. Der Abschnitt schließt mit Hinweisen ab, wie Sie die Liebe erhalten können.

Die hier vorgeschlagenen Strategien und die gegebenen Ratschläge beruhen auf meiner langjährigen Erfahrung als Mitgründer und Psychologe bei der Kennenlernplattform Gleichklang, der Durchführung zahlreicher Umfragen unter Gleichklang-Mitgliedern und Gleichklang-Paaren, der Auseinandersetzung mit Zuschriften und Erfahrungsberichten von Mitgliedern sowie der Sichtung des psychologischen Forschungsstandes zu Partnerschaft und Online-Dating.

Mit diesem Ratgeber fasse ich meine über die Jahre gewonnenen Erkenntnisse aus diesen Quellen zusammen, um den Leser:innen ein grundlegenderes Verständnis von Liebe, Partnerschaft, Partnersuche und Beziehungsgestaltung zu vermitteln sowie um gut anwendbare Tipps zu geben, die es den Leser:innen ermöglichen sollen, ihre Online-Partnersuche zum Erfolg zu bringen.

Abschnitt 1

Vorbereitung auf die Partnersuche

Bin ich für eine Partnerschaft bereit?

Dieses Kapitel soll Ihnen eine Entscheidungsgrundlage für die Beantwortung der Frage geben, ob Sie eine partnerschaftliche Beziehung tatsächlich wollen.

Gesellschaftliche Zwänge zu partnerschaftlichen Beziehungen gibt es nicht mehr. Auch ohne Partnerschaft ist ein glückliches Leben möglich. Alternative Lebensformen als Single ohne Einsamkeit, Isolation oder gesellschaftliche Stigmatisierung sind längst zu einer realen Möglichkeit geworden. Zudem ist Partnerschaft immer ein Geben und ein Nehmen, ein Gewinn, aber auch ein Verlust.

Überlegen Sie daher gut, ob für Ihre Person, Ihre Lebenskonstellation und Ihre Lebensziele eine Partnerschaft eine Bereicherung wäre oder nicht.

Haben Sie den Mut, sich für eine Beziehung, aber auch gegen eine Beziehung zu entscheiden, wenn Sie zu der Ansicht gelangen, dass dies die bessere Lebenskonstellation für Sie ist. Lassen Sie sich nicht zum Beispiel durch normative gesellschaftliche Erwartungen, die über Ihren Freundeskreis oder Ihre Familie an Sie herangetragen werden mögen, zu einer Beziehung drängen.

Machen Sie sich klar, dass es völlig normal ist, Single zu sein, und dass eine Partnerschaft nur dann sinnvoll ist, wenn Sie sich diese wirklich wünschen.

Manchmal mag es auch der bessere Weg sein, die Entscheidung für oder gegen eine Partnerschaft noch offen zu lassen. So stehen Sie nicht unter Zeitdruck und brauchen Ihre Entscheidungen nicht zu übereilen.

Sie selbst wissen am besten, ob und wann für Sie der Zeitpunkt gekommen ist, dass Sie sich eine partnerschaftliche Beziehung wünschen und von daher mit der Partnersuche beginnen können.

Ja, für die meisten Menschen ist Partnerschaft nach wie vor einer der wichtigsten Faktoren in ihrem Leben. Aber zunehmend gibt es eben ebenfalls Menschen, die als Single glücklich sind und die sich bewusst für ein Single-Leben entscheiden.

Was an partnerschaftlicher Intimität und Sicherheit als Single verloren geht, kann an Freiheit und Unabhängigkeit gewonnen werden. Dabei können zum Beispiel innige Freundschaften wichtige soziale Funktionen von traditionellen Partnerschaften übernehmen und teilweise ersetzen.

Wenn Sie keine Partnerschaft möchten, können Sie sich stattdessen überlegen, nach einer besten Freundin oder einem besten Freund zu suchen. Auch Gemeinschaften, in denen nicht verpartnerte Personen zusammenwohnen, sind eine Alternative zur Partnerschaft. Es macht Sinn, über solche Alternativen nachzudenken, um den für Sie besten Lebensweg zu finden.

Früher ging man eine Partnerschaft nicht selten aus gesellschaftlichem Zwang ein. Oft hatten die beteiligten Personen sogar gar kein oder nur ein begrenztes Mitspracherecht bei der Partnerwahl. Die wesentlichen Entscheidungen wurden von den Eltern getroffen. Wenn man so will, hatten Eltern früher die Rolle der heutigen Online-Partnervermittlungen inne – freilich mit dem Unterschied, dass die Eltern nicht nur Partnervorschläge offerierten, sondern auch über deren Ablehnung oder Annahme entschieden. Tatsächlich gibt es solche Praktiken nach wie vor in einigen Teilen der Welt.

Heute können aber in vielen Ländern der Welt Menschen selbst entscheiden, ob und wie sie partnerschaftlich gebunden sein möchten. Auch dienen, anders als früher, Partnerschaft und Kinder typischerweise nicht mehr der Absicherung im Alter. Heute stehen andere soziale Netzwerke wie Seniorenresidenzen oder ambulante Pflegedienste zur Verfügung, die diese Funktion übernehmen können.

Hieraus ergibt sich ein Freiheitszuwachs, bei dem Menschen keine Familie mehr begründen müssen, um sich gegenüber Pflege und Versorgung im Alter abzusichern.

An die Stelle traditioneller Matchmaker wie der Eltern ist heute die Online-Partnersuche getreten. Sie ermöglicht es, Menschen kennenzulernen, die man ansonsten niemals auf dem eigenen Radar gehabt hätte. Hieraus ergeben sich neue Chancen und Möglichkeiten, was sich auch darin zeigt, dass immer mehr Menschen online eine Partnerschaft finden. Sichere Zahlen gibt es nicht, geschätzt wird aber, dass aktuell jede dritte neue Beziehung online entsteht.

Sinn macht eine Online-Partnersuche jedoch nur, wenn Sie sich ganz sicher sind, dass Sie eine Partnerschaft möchten. Sie sollten sich daher ganz am Anfang und vor dem Beginn der Partnersuche zunächst ernsthaft mit dieser Frage auseinandersetzen.

Partnerschaft ist eben nicht nur Glück und Romantik, sondern erfordert Veränderungsbereitschaft, Kompromiss und Arbeit. Partnerschaft ist zudem nicht nur mit positiven Gefühlen verbunden. Sie bedeutet immer auch Enttäuschung und Konflikt.

Tatsächlich kann eine glückliche Partnerschaft nicht nur einer der wichtigsten Faktoren für das Lebensglück sein, eine unglückliche Beziehung kann auch zu immensem Leid führen. Im Extremfall zeigen Morde und Selbstmorde aus Liebeskummer beziehungsweise Unglück in der Beziehung, wie stark der seelische Schmerz werden kann.

Menschen, die in und an ihrer Beziehung leiden, wären besser beraten gewesen, auf diese Partnerschaft zu verzichten oder sich rechtzeitig zu trennen. Offenbar fehlte ihnen die notwendige innere Abgrenzungsfähigkeit und es war ihnen nicht möglich, rechtzeitig aus einer destruktiven Beziehungskonstellation auszusteigen. Als Single oder mit einer anderen Partnerschaft wären sie glücklicher geworden.

Und ja, grundsätzlich weisen Menschen in Partnerschaften im Durchschnitt eine höhere seelische und körperliche Gesundheit auf als Singles. Mit einem verlässlichen Menschen an der Seite lassen sich Probleme und Lebenskrisen besser bewältigen. Hilflosigkeit und Einsamkeit treten zurück und gemeinsame Aktivitäten und Ziele bringen Sinn in den Alltag und das eigene Leben.

Aber dieses helle Bild von Partnerschaft beleuchtet eben nur eine Seite. Ein genauerer Blick zeigt, dass Partnerschaft auch unglücklich machen kann. So gelangten Pieh et al. (2020) in einer Studie zum Einfluss von Partnerschaften auf das seelische Wohlbefinden während der Covid-19-Pandemie zu folgenden Beobachtungen:

•Menschen in Beziehungen mit hoher Beziehungsqualität wiesen die beste seelische Gesundheit auf.

•Am geringsten war die seelische Gesundheit von Menschen, die sich in destruktiven Beziehungen befanden.

•Die seelische Gesundheit von Singles bewegte sich im Mittelfeld zwischen Menschen in glücklichen und in unglücklichen Beziehungen.

Die positiven Auswirkungen partnerschaftlicher Beziehungen gelten also nur unter der Voraussetzung einer zufriedenstellenden Beziehung mit guter Beziehungsqualität. Singles stehen im Durchschnitt zwar schlechter da als Menschen in glücklichen Beziehungen, aber sie sind deutlich glücklicher als Menschen, die in destruktiven Beziehungen leben.

Bitte nicht falsch verstehen: Dieser Ratgeber möchte nicht das positive Bild von Liebe und Partnerschaft in Frage stellen, das viele haben, oder Sie gar von der Partnersuche abhalten. Es geht mir aber darum, Partnerschaften realistisch zu sehen.

Es ist wichtig, nicht naiv zu sein, sondern alle Seiten zu betrachten. So können Sie die Frage, ob für Sie der Zeitpunkt für die Partnersuche gekommen ist, auf einer guten Grundlage beantworten.

PRÜFUNG DER EIGENEN BEZIEHUNGS-BEREITSCHAFT

Prüfen Sie anhand der folgenden drei Fragen, ob Sie gegenwärtig zu einer Partnerschaft bereit sind:

•Möchten Sie Ihr Leben verändern?

•Möchten Sie sich auf einen anderen Menschen wirklich einlassen?

•Wollen Sie sich binden?

Möchten Sie Ihr Leben verändern?

Ein neuer Mensch bringt Neues in den Alltag. Das Leben kann nicht einfach so fortgesetzt werden, wenn eine neue Liebe beginnt. Vieles mag bewahrt und beibehalten werden können, anderes wird aber zu verändern sein. Beziehungspartner:innen sind nicht lediglich Beiwerk.

Selbst bei hoher Passung werden doch Aspekte in Ihr Leben treten, die Veränderungen erforderlich machen. Sie werden Ihren Alltag nicht genauso fortführen können, wie Sie es derzeit als Single tun.

Nur wenn Sie zu solcher Veränderung bereit sind, mag der Zeitpunkt für eine neue Beziehung gekommen sein.

Möchten Sie sich auf einen anderen Menschen wirklich einlassen?

Die Liebe kann etwas Wunderschönes sein, aber sie verlangt auch einiges, und nicht alles, was sie an Schönem bringen kann, tritt automatisch ein.

Voraussetzung für die Liebe ist die Bereitschaft, einen anderen Menschen kennenzulernen, mit ihm vertieft zu kommunizieren, sich auf den anderen Menschen einzustellen und immer wieder an der Beziehung zu arbeiten.

Bei Beziehung geht es nicht nur um Freude, Leidenschaft und Glück.

Es geht um Verstehen und Akzeptanz, die Person mit ihren Fehlern so zu nehmen, wie sie ist. Es geht um Fürsorglichkeit, Kompromisse, Problemlösung und Beziehungsarbeit.

Verliebtheit ist ein bisschen wie Verrücktheit. Alles löst sich auf und Sie schweben auf Wolke 7. Da mögen viel Irrationalität, Illusionen, ja sogar Besessenheit hinzukommen. Die Wichtigkeit der Person, in die man verliebt ist, steigt und die Wichtigkeit anderer Dinge sinkt.

Dies kann durchaus ein gutes Zeichen sein, wenn es auch jenseits der Euphorie eine Passung gibt und ein gemeinsamer Weg gefunden werden kann.

Aber selbst im besten Fall werden bald die Ecken und Kanten der neuen Person sichtbar werden. Probleme, Konflikte und Enttäuschungen bleiben in der Liebe nicht aus. Im besten Fall lassen sich Konflikte lösen und die positiven Erfahrungen überwiegen die negativen Erfahrungen. So bleiben Beziehungen erhalten und können sogar an Tiefe zunehmen, selbst wenn die Leidenschaft abnimmt.

Hierfür müssen Sie aber bereit sein, an Verstehen, Kompromissen und Akzeptanz zu arbeiten.

Manchmal nehmen Konflikte trotzdem destruktive Formen an und toxische Beziehungen entstehen. Hier ist es wichtig, sich rechtzeitig abzugrenzen und eine Beziehung gegebenenfalls auch zu beenden.

Nur wenn Ihnen all diese Erfordernisse und natürlich auch Möglichkeiten bewusst sind und Sie dennoch den Wunsch nach einer Beziehung bejahen, mag es für Sie sinnvoll sein, mit der Suche nach einem Partner zu beginnen.

Wollen Sie sich binden?

Partnerschaften können monogam oder nicht-monogam sein. Was das eine Paar eng sieht, sieht das andere locker und erweitert so die Erlebnismöglichkeiten. Viele Paare leben zusammen. Andere wählen das Modell der getrennten Wohnungen. Ebenso gibt es Fernbeziehungen und Wochenendbeziehungen. Manche Paare führen gar Interkontinental-Beziehungen über das Internet. Alle diese Beziehungen können glücklich werden.

Bei aller Vielgestaltigkeit gilt aber eine Grundregel für alle Beziehungsformen:

•Ganz ohne Verbindlichkeit kann eine Beziehung nicht überleben. Wer beim ersten Hindernis schon aufgibt, wird nicht langfristig zusammenbleiben. Wer bei Konflikten sofort die Segel streicht, braucht sie gar nicht erst zu hissen.

Für eine dauerhafte Beziehung sind Bindung, Verlässlichkeit, Einsatz und Fürsorge unverzichtbar. Dies unterscheidet eine Beziehung von lockeren Bekanntschaften oder unverbindlichen Erotik-Kontakten.

Bindung beinhaltet die Bereitschaft, auch schwierige Zeiten gemeinsam durchzustehen. Bei Problemen, Krisen oder Krankheiten von Beziehungspartner:innen mögen auch Hingabe und Aufopferung notwendig werden.

Nur wenn die Bereitschaft zur Bindung mit allen ihren Konsequenzen bei Ihnen vorhanden ist, ist eine partnerschaftliche Beziehung für Sie das richtige Lebensmodell.

Ihre Antworten

Gehen Sie jetzt die drei Fragen noch einmal durch und beantworten Sie sie mit „Ja“ oder „Nein“.

Sie verneinen eine oder mehrere der drei Fragen?

•Womöglich ist für Sie das Modell eines glücklichen Single-Daseins derzeit der bessere Weg.

•Lockere Bekanntschaften und unverbindlichere erotische Kontakte sind möglich und können durchaus mit einer hohen Lebenszufriedenheit einhergehen.

•An die Stelle von Partnerschaft mögen Freundschaft oder alternative Modelle von Wohnen und Gemeinschaft treten.

Bejahen Sie alle drei Fragen aus ganzem Herzen?

•Partnerschaft ist für Sie das richtige Lebensmodell und dem Beginn der Partnersuche steht nichts im Weg.

Sie verspüren eine Unsicherheit und können bei einer oder mehreren der Fragen weder „Ja“ noch „Nein“ sagen?

•Ein „Jein“ ist keine gute Basis für Partnersuche und Beziehungsbeginn. Nutzen Sie aber die folgenden Kapitel, um im Anschluss noch einmal Ihre aktuelle Beziehungsbereitschaft zu prüfen.

Wer bin ich und wen suche ich?

Im vorherigen Kapitel haben Sie für sich geklärt, ob Sie tatsächlich derzeit zu einer Beziehung bereit sind oder nicht. In diesem Kapitel sollen Sie nun angeregt werden, über sich selbst, Ihre partnerbezogenen und beziehungsbezogenen Wünsche nachzudenken und diese zu reflektieren.

Sie sollen verschiedene Möglichkeiten von Liebe und Beziehungsgestaltung entdecken, um womöglich Ihren Horizont zu erweitern und so für sich das richtige Beziehungsmodell zu finden.

Im Sinne von Realismus und Machbarkeit wird es bei der Partnerwahl auch darum gehen, das Unverzichtbare von Verhandelbarem zu trennen. Ziel ist es, für die Partnersuche Kriterien herauszuarbeiten, die zu Ihrer eigenen Person passen und realitätsgerecht sind.

Womöglich werden Sie dabei feststellen, dass verschiedene Beziehungsmodelle für Sie denkbar sind, wodurch Ihre Suchflexibilität wächst.

Sich selbst zu kennen, ist eine große Hilfe, um die Merkmale zu verstehen, auf die Sie achten sollten, während Sie einen anderen Menschen kennenlernen. Über sich selbst nachzudenken, wird Ihnen helfen, die passende Person besser finden und sich für sie entscheiden zu können.

Über sich selbst nachzudenken kann Ihnen auch Dinge zeigen, die Sie bei sich selbst und in Ihrem Lebensstil verändern möchten. Verfallen Sie nicht in das Muster, alles auf morgen zu verschieben, sondern beginnen Sie mit den Veränderungen in dem Moment, in dem Sie sie als wünschenswert erkannt haben. So kann eine neue Beziehung sogleich unter einem guten Stern starten.

ÜBEREINSTIMMUNG ALS BASIS DES BEZIEHUNGSGLÜCKS

Im Volksmund heißt es „Gleich und gleich gesellt sich gerne“. Oder gilt doch „Gegensätze ziehen sich an“?

Aus psychologischer Sichtweise lässt sich diese Frage folgendermaßen beantworten:

•Gegensätze können kurzfristig belebend sein, eine Übereinstimmung in zentralen Merkmalen hält aber zusammen. Gegensätze mögen zu einer gewissen Faszination führen, Übereinstimmungen führen jedoch zu langfristigen Beziehungen.

Woran liegt dies?

Eine Beziehung ist umso glücklicher und dauerhafter, je mehr Möglichkeiten es für gemeinsame positive Erlebnisse gibt. Sicher, die Faszination eines Gegensatzes kann belebend sein. Gibt es aber keine gemeinsamen Bezugspunkte, geht jeder seinen eigenen Weg. So entstehen Unzufriedenheit oder Konflikte. Am Ende steht nicht selten das Beziehungs-Aus.

Worin sollte Übereinstimmung bestehen, um gemeinsam in einer Beziehung glücklich werden zu können?

Nicht alle Unterschiede müssen problematisch sein, zudem ist eine Beziehung ohne Unterschiede kaum vorstellbar. Wenn jedoch unüberbrückbare Gegensätze in Bereichen bestehen, die für die alltägliche Lebensführung und die Beziehung bedeutsam sind, wird keine hohe Beziehungsqualität entstehen.

Umgekehrt sind Unterschiede in weniger zentralen oder nebensächlichen Merkmalen für die Beziehungszufriedenheit nicht problematisch.

Modelle der Beziehungsgestaltung

Zentral für eine Beziehung sind sicherlich die grundlegenden Beziehungsmodelle:

•Soll eine Beziehung sexuell monogam sein?

•Wird eine konsensuelle Nicht-Monogamie1 angestrebt?

•Soll die Beziehung polyamorös2 gestaltet werden?

•Wird eine Beziehung ohne Sexualität gewollt?

Zu den Beziehungsmodellen gehört auch die Frage nach einer möglichen Familiengründung oder den Geschlechterrollenerwartungen:

•Steht für eine Person die Familiengründung mit leiblichen Kindern als zentrales Ziel im Vordergrund, wird die Beziehungszufriedenheit gering sein, wenn die andere Person eine Familiengründung ablehnt.

•Vertritt eine Person klassisch-traditionelle Geschlechterrollenerwartungen, während die andere Person für Gleichberechtigung und die Überwindung der Geschlechterrollen eintritt, werden sich ebenfalls mit erhöhter Wahrscheinlichkeit Konflikte ergeben.

Auch das Ausmaß von Gemeinsamkeit versus Eigenständigkeit, das in einer Beziehung gewünscht wird, fällt unter die Beziehungsmodelle:

•Manche Menschen vertreten symbiotische Beziehungsmodelle, bei denen Beziehungspartner:innen alle Zeit, die möglich ist, miteinander verbringen. Andere präferieren Beziehungen, in denen besonders viele Möglichkeiten für Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Beziehungspartner:innen vorgesehen sind.

•Symbiotisch orientierte Personen werden den Wunsch nach Eigenständigkeit ihrer Beziehungspartner:innen als Zurückweisung erleben. Umgekehrt mag bei stark auf Eigenständigkeit ausgerichteten Personen mit symbiotischen Beziehungspartner:innen ein Gefühl der Einengung entstehen.

Besteht Übereinstimmung in den Beziehungsmodellen, wird es einfacher sein, die Vorstellungen der Beziehungspartner:innen harmonisch umzusetzen, sodass allen Beteiligten ein Maximum an Erfüllung möglich wird.

Stimmen demgegenüber die Beziehungsmodelle nicht überein, wird eine Seite zurückstecken müssen oder es entstehen wechselseitige Unzufriedenheit und Konflikte. Fremdgehen und Eifersucht mögen weitere Folgen sein.

Zentrale Überzeugungen

Ein weiterer zentraler Bereich ist der Bereich der ethisch-moralischen Überzeugungen und der mit ihnen verbundenen Lebenspraktiken:

•Je stärker bestimmte alltagsprägende ethisch-moralische Überzeugungen vorliegen, desto mehr Spannung, Unzufriedenheit und Konflikt wird entstehen, wenn die Werthaltungen von Beziehungspartner:innen unvereinbar miteinander sind.

Ethische Überzeugungen sind bedeutsam, weil sie eng an unsere emotional-motivationalen Prozesse angebunden sind und weil sie wichtig für das Erleben von Sympathie sind. Grundsätzlich sind uns Menschen, die unsere moralischen Haltungen teilen, sympathischer als Menschen, die sich gegen unsere moralischen Prinzipien wenden. Was mit unseren ethisch-moralischen Überzeugungen übereinstimmt, wird als positiv und anziehend, was ihnen widerspricht, als negativ und abstoßend erlebt.

Moralische Überzeugungen sind tiefer in Prozesse der Sympathiebildung eingebettet als beispielsweise rein ästhetische Geschmacksurteile, wo ein Abweichen eher als vielleicht sogar unwichtig erlebt werden mag. Ob eine Person lieber Apfelsaft oder Orangensaft mag, ist letztlich für eine Beziehung unerheblich. Unterschiede brauchen hier nicht zu trennen. Die Volksweisheit „über Geschmack lässt sich nicht streiten“, macht die Relativierbarkeit von Geschmacksunterschieden gut deutlich. Für moralische Überzeugungen gilt dies jedoch nicht.

Politisch-gesellschaftliche Überzeugungen, religiöse Überzeugungen und immer mehr auch Ernährungsstile sind eng mit ethisch-moralischen Werturteilen verbunden, sodass es für eine partnerschaftliche Beziehung hilfreich ist, hier übereinzustimmen.

•Ein Beispiel: Personen, die aus ethischer Überzeugung kein Fleisch essen oder vegan leben, werden mit hoher Wahrscheinlichkeit Dissonanz in Beziehungen mit Menschen erleben, die sehr gerne Fleisch essen und daran auch festhalten wollen oder die gar in der Nutztierindustrie arbeiten.

Der Grund hierfür ist, dass sie das Verhalten ihrer Beziehungspartner:innen als moralisch falsch und verwerflich bewerten. Die Fleisch essenden Beziehungspartner:innen wiederum mögen grundsätzlich mit der veganen Ernährung ihrer veganen Beziehungspartner:innen keine Schwierigkeiten haben, da eine pflanzenbasierte Ernährung zwar ihren Gewohnheiten und ihrem Geschmack widersprechen mag, es sie aber nicht grundlegend stören muss, wenn ihr eigener Fleischkonsum nicht hinterfragt würde. Stören wird es sie allerdings, wenn die veganen Beziehungspartner:innen aufgrund ihrer moralischen Überzeugung den Fleischkonsum moralisch verurteilen oder auf einer Änderung bestehen, obgleich sie dies selbst nicht einsehen.

Wesentlich geringere Probleme wären demgegenüber zwischen veganen Personen und Fleischessern zu erwarten, wenn die sich vegan ernährenden Personen dies nur aus Fitnessgründen oder rein geschmacklichen Gründen tun würden. Zwar mögen sich auch hier Anpassungserfordernisse im Alltag ergeben, die aber einfacher zu bewältigen sein werden, weil es sich um keine tieferen ethischen Differenzen handelt.

Es gibt viele Möglichkeiten, Differenzen in Beziehungen zu bewältigen, wenn diese vorhanden sind. Bei ethisch-moralischen Differenzen werden sich aber, gerade wenn diese sich in der Alltagspraxis zeigen, Unzufriedenheit oder gar Konflikte nicht ganz vermeiden lassen.

Hierfür zeigten sich auch klare Hinweise in einer Umfrage des Portals vegan.eu3 unter 5 173 vegan lebenden Personen:

•Lediglich 21 % derjenigen Befragten, die aktuell oder in der Vergangenheit eine Beziehung mit einer Fleisch essenden Person hatten, bewerteten den Fleischkonsum der Beziehungspartner:innen für die Beziehung als unproblematisch. 45,6 % berichteten über Konflikte wegen des Fleischkonsums der Beziehungspartner:innen. 74,1 % gaben an, dass sie gehofft hätten oder weiterhin hofften, die Beziehungspartner:innen würden zur veganen Lebensweise wechseln.

Es ist jedoch davon auszugehen, dass es vorwiegend bei zentralen Überzeugungen schwierig sein mag, entgegengesetzte Haltungen zu vereinbaren. Bei weniger wichtigen Überzeugungen dürften Gegensätze entsprechend weniger schwerwiegend sein. Wie sehr es zu Differenzen in Überzeugungen kommen mag, hängt also von dem individuellen Wert ab, den die Beziehungspartner:innen diesen Grundüberzeugungen zuweisen.

Zentrale Überzeugungen gehen nicht nur mit emotionalkognitiven Bewertungsprozessen und einer Entwicklung von Sympathie oder Antipathie einher, sondern greifen oft auch in den Alltag ein.

Gut lässt sich dies an religiösen Überzeugungen verdeutlichen:

•Starke religiöse Überzeugungen werden oft dazu führen, an religiösen Praktiken und Ritualen teilhaben zu wollen. Ebenfalls wird meistens der Wunsch entstehen, mögliche gemeinsame Kinder nach den eigenen religiösen Prinzipien zu erziehen. Treffen nicht vereinbare religiöse Überzeugungen aufeinander, können sich hieraus Probleme ergeben.

Das Gleiche gilt für politische Überzeugungen:

•Politische Überzeugungen mögen zu aktivem politischem Engagement führen, wobei dieses einen erheblichen Teil des Alltags einnehmen kann. Stimmen die politischen Einstellungen überein, kann es hierfür leichter Akzeptanz und Einigkeit geben, als wenn die politischen Einstellungen einander zuwiderlaufen.

Haben Überzeugungen einen starken Alltagsbezug, wirken sie sich auch oft prägend auf soziale Netzwerke und Freundschaften aus. Dies wiederum hat einen Einfluss darauf, wie gut Beziehungspartner:innen in bestehende eigene soziale Netzwerke und Freundeskreise integriert werden können oder wollen.

Umgang mit Unterschieden

Übereinstimmungen sind weniger wichtig in Lebensstilen oder Gewohnheiten, die sich nicht durch tiefgreifende moralische, religiöse oder politische Überzeugungen begründen.

Beispiele hierfür wären ein gesunder Lebensstil, Sport und Fitness, Reisen, musische oder künstlerische Interessen.

Bei solchen weniger zentralen Differenzen wird es einfacher sein, sich wechselseitig abzustimmen, als bei tiefgreifenden Gegensätzen in zentralen Überzeugungen. Dennoch können sich auch hieraus Herausforderungen ergeben, und zwar besonders dann, wenn diese Differenzen den Alltag deutlich prägen, beibehalten werden und gemeinsam ausgeübt werden sollen.

Aus diesen Überlegungen folgt auch, dass zum Beispiel unterschiedliche religiöse oder spirituelle Praktiken von Fall zu Fall durchaus leichter zu bewältigen sein mögen: Wenn etwa die Überzeugung besteht, dass jeder nach eigener Fasson selig werden kann. In diesem Fall brauchen religiöse Differenzen nicht hinderlich zu sein.

Besteht allerdings das Bedürfnis, gemeinsam an Ritualen teilzunehmen oder Spiritualität auf einer emotional-geistigen Ebene gemeinsam zu erleben, wäre eine Übereinstimmung sehr hilfreich, selbst wenn grundsätzlich jedem der eigene Weg zur Seligkeit zugestanden wird.

Auch rein äußerliche Faktoren, wie der Wohnort, können sich erleichternd oder erschwerend auf Beziehungen auswirken, vor allem wenn auf keiner Seite ein Interesse daran besteht, sich regional zu flexibilisieren oder über andere Beziehungsmodelle, wie eine Fernbeziehung, nachzudenken.

Gerade weil diese Schwierigkeiten nicht aus echten inneren Differenzen resultieren, lautet hier die Empfehlung, eine Flexibilisierung der eigenen Vorstellungen und Gewohnheiten zu erwägen, anstatt eine ansonsten womöglich tragfähige Beziehung von vornherein auszuschließen oder aufzugeben.

Übereinstimmungen zwischen Beziehungspartner:innen sind also nur bei den zentral bedeutsamen Dingen des Lebens erforderlich.

Dies veranschaulicht auch das folgende Beispiel:

•Erika tanzt für ihr Leben gerne und kann sich ein Leben ohne Tanzen nicht vorstellen. Ihr Traum ist eine Beziehung mit einem ebenso tanzwütigen Partner, mit dem sie auch gerne andere tanzende Paare kennenlernen möchte. Bernd hat noch nie gerne getanzt und kann mit dem Hobby von Erika nichts anfangen. Er teilt aber mit Susanne ihr Interesse an Natur, Wandern und Waldspaziergängen. Susanne tanzt auch sehr gerne, der Aufenthalt in der Natur ist ihr aber viel wichtiger. Demgegenüber ist Mark ein Tanzfanatiker wie Erika, aber ein ziemlicher Naturmuffel.

Wer passt zu wem?

•Erika und Mark passen zueinander, weil das Tanzen zu ihrem zentralen Lebensinhalt gehört. Ebenso passen Bernd und Susanne zueinander, weil der Aufenthalt in der Natur zentrale Bedeutsamkeit für sie hat. Zwar tanzt Susanne sehr gerne und Bernd überhaupt nicht. Dies ändert aber nichts an ihrer Passung, weil Tanzen für Susanne weitaus weniger zentral ist als Unternehmungen in der Natur.

Das Beispiel greift ein Interesse (Tanzen) heraus. Interessen und Hobbys sind manchmal sehr wichtig, aber oft kann man sie auch ändern oder sie sind, anders als im Beispielfall, meistens nicht so zentral. Beziehungen können durchaus glücklich werden, wenn die Beziehungspartner:innen ihren Hobbys getrennt nachgehen, sofern andere Aspekte sie miteinander verbinden.

Haben Sie also keine Angst vor einer Beziehung, in der sich die wechselseitigen Hobbys unterscheiden. Meistens ist dies unproblematisch und es wird im Verlauf einer Beziehung gelingen, zusätzlich gemeinsame Hobbys zu finden.

Zentraler als Interessen sind, wie schon gesagt, Werthaltungen, wie auch das nächste Beispiel noch einmal verdeutlicht:

•Sascha lebt vegan und der Schutz der Tiere vor Ausbeutung, Schmerz und Tötung liegt ihm am Herzen. Er möchte sein Leben nach diesen Grundsätzen ausrichten. Besonders gerne isst er indische Gerichte, wobei er Milch durch Sojasahne ersetzt. Rafael isst ebenfalls sehr gerne indisch, aber vor allem Fleisch. Mit der veganen Lebensweise hat er nichts am Hut und die Tötung von Tieren gehört für ihn eben dazu. Sergio kann mit indischem Essen gar nichts anfangen. Er liebt aber Tiere und isst kein Fleisch.

Wer passt zu wem?

•Als Partner sind Sascha und Rafael nicht füreinander geeignet. Die tiefgreifende Inkompatibilität der Werthaltungen kann durch die gemeinsame Begeisterung für indisches Essen nicht einmal im Ansatz ausgeglichen werden. Sascha und Sergio passen dagegen zueinander. Der unterschiedliche Geschmack spielt als oberflächliches Merkmal keine Rolle, die Haltung zu Tieren verbindet. Zwar lebt Sergio noch nicht vegan, sondern erst vegetarisch, die gemeinsame Grundeinstellung ist aber bereits vorhanden und aller Wahrscheinlichkeit nach wird er gerne zur veganen Lebensweise wechseln.

Noch einmal zusammengefasst:

Unterschiede sind für eine Beziehung an sich kein Problem. Sie brauchen nicht nach einer identischen Person zu suchen, die es ohnehin nicht gibt.

Anders ist dies jedoch bei zentralen Merkmalen. In zentralen Merkmalen, die Ihnen sehr wichtig sind und die für Ihren Lebenswandel und Ihre Zufriedenheit unverzichtbar sind, sollte eine Übereinstimmung bestehen, damit eine Beziehung glücklich wird:

•Der strikt vegane Sascha, der Tiere schützen möchte, wird mit dem begeisterten Fleischesser Raffael, für den das Töten von Tieren normal ist, nicht glücklich werden. Der Unterschied ist zentral und steht einer ausgeglichenen Beziehung daher fundamental entgegen.

•Bei Sergio und Sascha wird dagegen die gemeinsame Wertschätzung für das Leben von Tieren und der Verzicht auf Fleisch beide miteinander verbinden, während die Geschmacksdifferenzen als oberflächliche Unterschiede keine Rolle spielen werden.

Machen Sie dies zu Ihren Merkgrundsätzen:

•Unterschiede in nicht-zentralen, oberflächlichen Merkmalen stehen einer gemeinsamen Beziehung nicht im Wege.

•Bei zentralen Merkmalen, die für Ihre Lebensführung unverzichtbar sind, ist Übereinstimmung aber eine gute Voraussetzung für eine ausgeglichene Beziehung.

Für die Beantwortung der Frage „Wer bin ich und wen suche ich?“ geht es vor allem um diese zentralen Merkmale, während weniger wichtige Aspekte höchstens eine Nebenrolle spielen sollten.

Aber wird es nicht langweilig, wenn Beziehungspartner:innen einander zu ähnlich sind?

Die Angst vor Langeweile ist unbegründet. Übereinstimmung bedeutet, gemeinsam Dinge unternehmen zu können und so die Langeweile zu vertreiben. Im Übrigen bedeutet ähnlich nicht identisch. Menschen sind niemals in allen Merkmalen gleich. Es bleiben genug Unterschiedlichkeiten bestehen, die immer wieder ein gemeinsames Aushandeln der Lebensgestaltung nötig machen werden.

Machen Sie sich Ihre zentralen Werte, Überzeugungen, Beziehungsmodelle und Lebensziele bewusst, damit Sie einen Menschen suchen können, der zu Ihnen passt.

Übertreiben Sie es aber nicht und suchen Sie keine Kopie von sich selbst, die es nicht gibt. Setzen Sie bei der Partnersuche Anforderungen, setzen Sie diese Anforderungen aber nicht zu hoch, sondern konzentrieren Sie sich auf das Wesentliche.

BRAINSTORMING FÜR IHRE PARTNERSUCHE

Brainstorming ist ein Prozess, bei dem Sie frei assoziativ verschiedene Gedanken zulassen und sammeln, ohne sie dabei sofort zu bewerten. Oft sind wir nämlich schon im Vorhinein festgelegt und übersehen daher die vielen Alternativen, die sich uns im Leben bieten. Brainstorming kann uns dabei helfen, diese verdrängten Alternativen sichtbar zu machen.

Um zu wissen, welche Art von Beziehungsgestaltung Sie suchen, ist es zunächst einmal notwendig, Klarheit darüber zu gewinnen, wer Sie selbst sind und was Ihnen wichtig ist. Im Anschluss können Sie auf dieser Basis darüber nachdenken, welche Person Sie suchen und welche Art von Beziehung Sie führen möchten.

Es gibt keine Selbstverständlichkeiten und es macht daher Sinn, sich mit diesen Fragen zu beschäftigen.

Brainstorming: Was ist Ihnen wichtig im Leben?

Schreiben Sie in Stichpunkten alles auf, was Ihnen wichtig ist. Betrachten Sie Ihr gesamtes Leben und machen Sie keine Abstriche. Aber schreiben Sie nur auf, was wirklich zentral ist.

Ihre Stichpunkte sollten also alles umfassen, was Sie als bedeutsam erleben, von Religion, Musik, Sport, Ernährung und Gesundheit bis hin zu Sexualität, Arbeit und Beruf, Finanzen, Wohnsituation und Lebensziele. Alles, was Ihnen nicht oder weniger wichtig ist, können Sie auslassen.

Lassen Sie Ihre Stichworte jetzt einfach liegen, wir werden später auf sie zurückkommen.

Brainstorming: Wie stellen Sie sich die zu Ihnen passende Person vor?

Lassen Sie Ihren Gedanken erneut freien Lauf. Ihre Stichpunkte können alles umfassen, was Sie gerne bei Beziehungspartner:innen sehen möchten: Alter, Aussehen, Einkommen und Beruf, Wohnort, Persönlichkeit, Sexualität, Religion, politische Überzeugungen, Humor, Hobbys, Ernährung, Beziehungsmodell, Kommunikation und Lebensziele.

Nutzen Sie gegebenenfalls nicht nur „und“, sondern auch „oder“, falls Sie sich verschiedene Alternativen vorstellen können.

Lassen Sie Ihre Stichworte erneut liegen, bis wir später noch einmal auf sie zurückkommen werden.

Brainstorming: Was ist Ihr Beziehungsmodell?

Viele wünschen sich eine traditionelle Zweierbeziehung mit sexueller Treue. Andere träumen von einer offenen Beziehung oder einer polyamorösen Liebe, die erotische und liebesbezogene Erlebnisse mit mehreren Personen erlaubt.

Viele Liebende leben zusammen in einer Wohnung oder einem Haus. Andere entscheiden sich für getrennte Wohnungen am gleichen Ort. Manche Liebende führen Fernbeziehungen, die sogar die Grenzen der Kontinente überschreiten.

Viele Paare haben einen Kinderwunsch, andere möchten kinderlos glücklich werden oder der Kinderwunsch ist beispielsweise aus Altersgründen nicht mehr aktuell. Adoptivkinder oder Pflegekinder sind eine weitere Möglichkeit.

Eine Reihe von Personen verbringen in Beziehungen einen großen oder sogar den größten Teil ihres Alltags zusammen. Manche arbeiten sogar zusammen. Andere legen Wert auf Freiräume und unternehmen vieles getrennt und nur manches zusammen.

Oft legen Paare Wert auf Konstanz, bauen beispielsweise ihr eigenes Haus, in dem sie jahrzehntelang leben und welches sie womöglich an ihre Kinder vererben. Andere setzen auf Abenteuer, Veränderungen, wandern in ferne Länder aus.

Für manche sind Sexualität und Erotik zentral, andere wünschen sich umgekehrt eine platonische oder asexuelle Beziehung.

Viele Menschen wollen mit ihren Beziehungen gesellschaftlich integriert und anerkannt sein. Hierzu mag die Heirat ein wichtiger Schritt sein. Andere wollen aussteigen und gesellschaftliche Begrenzungen hinter sich lassen.

Diese Vorrede sollte Ihnen Denkanstöße für Ihr Brainstorming geben. Denn oft sind unsere Beziehungsmodelle sehr eingefahren und traditionell, ohne dass wir über sie weiter nachdenken.

Schreiben Sie jetzt in Stichworten alles auf zum Thema „So soll meine Beziehung sein!“.

Lassen Sie die Stichpunkte erneut zunächst ruhen, bis wir auf sie zurückkommen.

LIEBE: FORMEN, GESTALTUNG UND EINFLÜSSE

Häufig glauben Menschen, schnell zu wissen, wer sie sind, wie eine andere Person sein sollte und wie sie sich eine Beziehung vorstellen.

Wir denken oft wenig darüber nach, dass es verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten von Leben und Beziehung gibt.

Täten wir es, würden sicherlich manche zu dem Schluss gelangen, dass sie zu schnell ein Standard-Modell voraussetzten, obgleich sie mit einem alternativen Modell genauso glücklich oder gar glücklicher geworden wären.

Viele unserer Überzeugungen, wie eine Beziehung gelebt werden sollte, haben kein festes Fundament. Sie beruhen oft auf ungeprüften Grundannahmen, der Übernahme gesellschaftlicher Normen oder einem Mangel an Fantasie, Selbstreflexion und Offenheit. Auch Ängste und Hemmungen können Ursache für vorschnelle Festlegungen und den Ausschluss alternativer Möglichkeiten sein.

Über den Horizont hinauszudenken, kann uns vor vorschnellen Festlegungen und selbstauferlegten Fesseln schützen.

Deshalb geht es jetzt darum, Ihr Brainstorming noch einmal zu reflektieren, zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren.

Bitte lesen Sie die folgenden ausführlichen Informationen und Anregungen aufmerksam durch, um für den abschließenden Überprüfungsprozess neue Erkenntnisse zu erwerben.

Stellen Sie sich dabei beim Lesen kontinuierlich die Frage, ob das, was Sie gelesen haben, auch auf Sie zutrifft und ob es auch für Sie eine Möglichkeit für eine glückliche Lebens- und Beziehungsgestaltung sein könnte.

Achten Sie sowohl auf Ihr Gefühl wie auf Ihren Verstand, ohne vorschnell Möglichkeiten zu verwerfen. Versuchen Sie, Offenheit zu entwickeln und gegebenenfalls sogar verschiedene Konstellationen für sich zu identifizieren, in denen Sie glücklich werden könnten.

Manchmal mag der Verstand Dinge verbieten oder als unmöglich erscheinen lassen, die sich jedoch bei genauerem Nachdenken als möglich und erstrebenswert entpuppen. Oder es mögen Ablehnungsgefühle auftreten, die sich ändern, wenn Sie zu einer neuen geistig-kognitiven Bewertung gelangen.

Umgekehrt mögen sich anfänglich positive Gefühle verändern, wenn Sie die Grundlagen, auf die diese sich beziehen, in einem Prozess der Selbstreflexion neu bewerten.

Hilfreich können Imaginationsübungen sein, in deren Verlauf Sie die Augen schließen, sich entspannen und sich in diesem entspannten Zustand die jeweiligen Konstellationen vorstellen und sich sodann selbst fragen, ob diese für Sie denkbar wären. Solche Imaginationsübungen können dazu verhelfen, Denk-Blockaden aufzulösen, Gefühle zu überprüfen oder zu verändern und neue Erlebnismöglichkeiten für sich zu entdecken. Ebenso mag es aber natürlich vorkommen, dass Ihnen auf diese Weise deutlich wird, dass eine bestimmte Konstellation für Sie ganz sicher nicht in Frage kommt.

Menschen sind vielschichtig und können oft auf verschiedene Art und Weise glücklich werden.

Ein Beispiel: Vielleicht denken Sie gerade, zu Ihrem Glück gehören berufliche Anerkennung, Prestige und ein hohes Einkommen.

Sind Sie sich aber sicher, dass Sie nicht ebenso glücklich sein können, wenn Sie einfach, bescheiden und naturnah leben würden?

Tatsächlich wird immer wieder beschrieben, dass Menschen, die sich nach den Prinzipien von Einfachheit, Selbstgenügsamkeit und Minimalismus ausrichten und sich so von Ballast befreien, zu größerer Leichtigkeit und zu einem Mehr an Lebensglück finden (Lloyd und Pennington, 2020). Hätten Sie das gedacht?

Manche Menschen finden nach dramatischen biografischen Brüchen zu einem ungekannten Lebensglück. Andere setzen einen wenig ausfüllenden Alltag unverändert fort, ohne ihn zu hinterfragen, sodass sie sich am Ende fragen mögen, wofür sie überhaupt gelebt haben.

Mit anderen Worten: Mit der Partnersuche beginnen und eine Beziehung eingehen zu wollen, ist auch ein guter Zeitpunkt, um noch einmal über die eigenen Werte nachzudenken und Veränderungsmöglichkeiten zu erwägen.

Findet diese Reflexion nämlich nicht statt, besteht die Gefahr, dass Sie vorschnell und automatisch Erwartungen an Beziehungspartner:innen und Beziehungen herantragen, die zu einer Konservierung eines unbefriedigenden Status quo führen können.

Erkennen Sie daher Ihre derzeitige Partnerlosigkeit als Chance und nutzen Sie die Zeit der Partnersuche als eine bedeutsame Phase in Ihrer Entwicklung, die Veränderungspotenziale sichtbar machen kann.

Als Sie gerade Ihre Stichworte zu sich selbst, der anderen Person und der gesuchten Beziehung festhielten, hatten Sie da bereits an alle diese Sachverhalte gedacht und mögliche Alternativen erwogen?

Im folgenden Abschnitt wird es darum gehen, dass es die eine einzig wahre Liebe gar nicht gibt. Achten Sie auch hier darauf, ob Sie beim Lesen Aspekte und Themen erkennen, auf die Sie in der Vergangenheit wenig oder gar nicht geachtet haben und die Sie nun in einer neuen Beziehung mehr in den Vordergrund rücken möchten.

Verschiedene Varianten der Liebe

Die eine einzig mögliche wahre Liebe gibt es nicht. Denn: So wie sich Menschen von anderen Menschen darin unterscheiden, was sie sich von einer Partnerschaft wünschen und wie sie sie gestalten möchten, so gibt es diese Unterschiede auch innerhalb des eigenen Selbst. Deshalb können auch Sie auf ganz unterschiedliche Art und Weise glücklich werden.

Ein Partnerglück kann möglich sein, selbst wenn die potenziellen Partner völlig verschiedene Eigenarten haben. Auch sehr verschiedene Arten, eine Beziehung zu gestalten, mögen zum Beziehungsglück führen.

Lassen Sie sich im Folgenden von drei verschiedenen psychologischen Modellen der Liebe anregen:

•Sechs Liebesstile nach Lee (1976)

•33 Dimensionen der Liebe nach Karandashev und Clapp (2014, 2016)

•Leidenschaftliche und kameradschaftliche Liebe nach Hatfield und Rapson (1993, 1996)

Fragen Sie sich beim Lesen immer, wie sehr die dargestellten Aspekte der Liebe ihre vergangenen Beziehungen zum Guten oder zum Schlechten prägten. Fragen Sie sich ebenfalls, welche Modelle und Merkmale Sie künftig in einer neuen Liebesbeziehung entwickeln wollen, aber auch, worauf Sie künftig verzichten möchten und was für Sie ganz sicher nicht (mehr) in Frage kommt.

Betrachten Sie die folgenden ausführlichen Darstellungen zur Liebe nicht als eine reine Informationsvermittlung, sondern halten Sie immer wieder inne und beziehen Sie das Geschilderte auf Ihre eigenen partnerschaftlichen Erfahrungen, Wünsche und Planungen.

Liebesstile nach Lee

Der kanadische Soziologe John Alan Lee unterschied bereits 1976 zwischen den sechs Liebesstilen der romantischen Liebe, freundschaftlichen Liebe, besitzergreifenden Liebe, pragmatischen Liebe, spielerischen Liebe und der aufopferungsbereiten Liebe.

Sechs Stile können in ihrer im zeitlichen Verlauf schwankenden Kombination bereits zu großer individueller Vielfalt führen:

•Wenn wir vereinfacht annehmen, dass ein Liebesstil nur gegeben oder nicht gegeben sein kann, ergeben sich aus der reinen Kombination von sechs Stilen bereits 720 unterschiedliche Möglichkeiten. So groß ist also die theoretische Vielfalt möglicher Partnerschafts-Formen, die sich aus einem scheinbar so einfachen Modell ergeben.

Folgendermaßen definieren sich die sechs Liebesstile nach Lee:

•Romantische Liebe: Dies ist die Liebe, wie sie oft in Romanen beschrieben wird. Eine intensive sexuell-erotische und seelische Anziehung ist kennzeichnend. Die romantische Liebe ist geprägt durch Zärtlichkeit, Erotik und Innigkeit.

•Freundschaftliche Liebe: Einander sehr gut kennen, sich verstehen, gemeinsam das Leben gestalten, sich wertschätzen und wirklich mögen, fürsorglich miteinander umgehen, dies sind die Komponenten der freundschaftlichen oder auch kameradschaftlichen Liebe.

•Besitzergreifende Liebe: Himmelhochjauchzend, wenn die Liebe sicher ist, zu Tode betrübt, wenn Beziehungspartner:innen nicht da sind oder Konflikte entstehen. Hohe Gefühle auf der einen Seite, keine Langeweile, aber auch viel Leid, Eifersucht und Liebesschmerz. Irrationalität bis hin zu Besessenheit kann diese Liebesform prägen.

•Pragmatische Liebe: Beziehung als Kosten-Nutzen-Abwägung. Die Gefühle sind wenig intensiv und die erotische Leidenschaft ist nicht oder nur eingeschränkt gegeben. Wenn die Vorteile die Nachteile einer Beziehung überwiegen, kann eine Partnerschaft dennoch fortgesetzt und sogar als wertvoll erlebt werden. Sicherheit, Finanzen, Kinder, aber auch die grundsätzliche Zufriedenheit mit der Alltagsroutine sind Faktoren, die zu einer pragmatischen Beziehungsentscheidung führen können.

•Spielerische Liebe: Die Liebe genießen wie ein gutes Essen und nicht traurig sein, wenn sie vorbei ist – das ist die spielerische Liebe. Flirten, Spaß und Sex, aber möglichst ohne Drama und Liebesqualen. Wenn beide es so sehen, kann die spielerische Liebe funktionieren. Kommen weitere Komponenten hinzu, mag sie sogar bestehen bleiben, meistens löst sie sich aber irgendwann auf.

•Aufopferungsbereite Liebe: Alles für Beziehungspartner:innen tun und das eigene Glück vom Glück der anderen Person abhängig machen. Beziehungspartner:innen beistehen und zusammenbleiben, nicht nur in guten und schweren, sondern sogar in schwersten Zeiten.

Freudenfeld (2002) gelangte in einer Untersuchung zu dem Ergebnis, dass insbesondere die romantische Liebe, aber auch die aufopferungsbereite Liebe mit einer erhöhten Beziehungszufriedenheit einherging. Demgegenüber war die spielerische Liebe mit einer geminderten Beziehungszufriedenheit assoziiert. Die besitzergreifende Liebe ging ebenfalls in geringerem Ausmaß und nur in Teilkomponenten mit einer geringeren Beziehungszufriedenheit einher. Keine Zusammenhänge bezüglich einer Beziehungszufriedenheit gab es für die pragmatische und die freundschaftliche Liebe.

Allerdings fanden in einer umfangreichen Metastudie Acevedo und Aron (2009) heraus, dass nicht nur die romantische Liebe, sondern auch die freundschaftliche Liebe positiv mit der Beziehungszufriedenheit zusammenhängt, und zwar in längeren Beziehungen noch stärker als in kürzeren Beziehungen.

Wie erklären sich diese Befunde?

Romantische Liebe ist mit tiefer Zuneigung und Zärtlichkeit verbunden, welche von Menschen positiv erlebt werden.

Aufopferungsbereite Liebe vermittelt das Gefühl, sich aufeinander verlassen zu können.

Freundschaftliche Liebe ermöglicht eine friedliche gemeinsame Lebensführung mit gemeinsamen Aktivitäten.

Spielerische Liebe ist kurzfristig fraglos schön, es mangelt ihr aber an der Bindungskomponente, sodass sie gerade bei langfristigen Beziehungen, wo eben auch Krisen und Stress hinzutreten, meist wenig tragfähig ist.

Besitzergreifende Liebe mag als leidenschaftlich wahrgenommen werden, kann aber auch mit negativen Gefühlen, Eifersucht und Konflikten einhergehen.

Pragmatische Liebe ist emotional eher neutral, was erklären mag, dass sie weder einen ausgeprägt negativen noch einen ausgeprägt positiven Effekt auf die Beziehungszufriedenheit erzielt.

Bei unterschiedlichen Personen und Beziehungen kann der gleiche Stil zu verschiedenen Ergebnissen führen:

•Bei einigen Beziehungen mag besitzergreifende Liebe keine oder nur begrenzt negative Auswirkungen auf die Beziehungsqualität haben oder die Beziehung sogar leidenschaftlicher machen. Bei anderen Beziehungen mag die besitzergreifende Liebe jedoch zur Zerrüttung der Liebe bis hin zu Mord und Totschlag führen.

•Und manche Menschen mögen bereits so viele aufrüttelnde Krisen in Beziehungen erlebt haben, dass sie ein stärker auf Sicherheit setzendes, im Allgemeinen ja eher emotional neutrales pragmatisches Beziehungsmodell deutlich präferieren und damit sehr zufrieden werden. Andere Menschen werden wiederum mit einer pragmatischen Liebe unerfüllt bleiben und die Intensität der Gefühle vermissen.

Zudem mag ein Stil zwar insgesamt eher ungünstig sein, aber doch temporär oder in Teilaspekten zu positiven Ergebnissen führen:

•So mögen Paare durch spielerische Komponenten in ihrer Beziehung aus einer Schwere herauskommen, selbst wenn die spielerische Liebe allein in der Regel mit einer geringeren Dauerhaftigkeit einhergeht.

Wie ist Ihre Position zu den Liebesstilen?

Welche Liebesstile sind für Sie denkbar? Wie festgelegt sind Sie auf einen Stil oder eine bestimmte Kombination? Haben Sie bereits die Erfahrung verschiedener Stile in Ihrer Biografie gemacht? Gibt es Stile, die Sie bei sich oder Beziehungspartner:innen auf keinen Fall mehr dulden möchten? Gibt es umgekehrt Stile, die Sie vermisst haben? Können Sie von einzelnen Stilelementen profitieren, ohne dass diese die Beziehung prägen sollten?

Bei aller Individualität werden meistens folgende Daumenregeln zutreffen – wobei Sie die genannten Empfehlungen als Anregungen verstehen sollten, die nicht immer zu gelten brauchen:

Spielerisch bleibt oft ein Spiel

Je stärker Sie sich durch die spielerische Liebe angesprochen fühlen, desto sinnvoller mag es für Sie sein, von einer Suche nach einer festen Partnerschaft noch abzusehen und zunächst eher nach kürzeren Flirts oder unverbindlichen Erotik-Kontakten zu suchen. Wenn Sie damit offen umgehen, können Sie Menschen kennenlernen, die dies ebenso erleben.

Sie fühlen sich von spielerischer Liebe angezogen, haben aber ebenso das Bedürfnis nach einer festen Beziehung im romantischen Sinn?

Sie könnten nach einer Beziehung suchen, in der erotische Offenheit herrscht und Sie getrennt oder gemeinsam gelegentlich erotisch-spielerische Formen der Liebe mit anderen Personen erleben.

Tatsächlich mag der überdauernde Wunsch nach dem Spielerischen deutlich machen, dass eine traditionell-monogame Beziehung nicht das geeignete Beziehungsmodell für Sie ist.

Besitzergreifung kritisch reflektieren

Fühlen Sie sich durch die besitzergreifende Liebe positiv angesprochen?

Dies ist selten, aber es mag eintreten und auf eine besondere Bedürfniskonstellation hinweisen. Womöglich vermissen Sie etwas in Ihrem Leben, welches Sie durch den sehr starken Fokus auf eine andere Person kompensieren möchten. Nehmen Sie dies zum Ausgangspunkt, um über Veränderungen in Ihrem Alltag nachzudenken.

Oder war es in der Vergangenheit so gewesen, dass intensiv-beglückende Erfahrungen mehrfach in besitzergreifenden Konstellationen auftraten? So mag bei Ihnen zufällig eine Assoziation entstanden sein zwischen Besitzergreifung und Glück, die es nicht zu geben braucht, da Glück auch ohne Besitzergreifung möglich ist.

Verlernen können Sie diese Assoziation, indem Sie künftig nach beglückenden Erfahrungen ohne Besitzergreifung suchen.

Suchen Sie die besitzergreifende Liebe nicht, aber fürchten Sie sich vor sich selbst, weil Sie Ihre eigene Eifersucht kennen?

Arbeiten Sie an einem stabileren Selbstwert und der Bewältigung von Verlustängsten. Üben Sie in Gedanken und imaginativ, loszulassen. Nehmen Sie sich fest vor, von Kontrollen, Einschränkungen und Eifersuchtsszenen Abstand zu nehmen. Üben Sie dieses geistige Probehandeln ein und arbeiten Sie so an Ihrem Selbstmanagement.

Sie könnten, in Absprache mit Beziehungspartner:innen, sogar mit offenen Beziehungskonstellationen experimentieren, um die quälende Eifersucht zu überwinden.

Oder ist Ihre Neigung zur Eifersucht zu stark und hat bereits vorher Beziehungen zerstört? Suchen Sie sich in diesem Fall psychotherapeutische Hilfe, bevor Sie mit der Partnersuche beginnen.

Sorgen Sie sich umgekehrt, auf eine Person zu treffen, die besitzergreifend und eifersüchtig ist? Haben Sie womöglich bereits Erfahrungen mit Kontrolle, Einschränkungen, Stalking oder gar physischer Gewalt gemacht?

Erkennen Sie die Signale und grenzen Sie sich sofort ab, wenn sich eine ähnliche Konstellation anzubahnen beginnt.

Allzu oft lassen sich Menschen immer wieder auf die gleiche destruktive Beziehungskonstellation der Vergangenheit ein. Machen Sie sich dies bewusst und wehren Sie den Anfängen.

Aufopferung gehört zur Liebe

Haben Sie keine Angst vor aufopferungsbereiter Liebe, wenn diese wechselseitig ist. Hingabe und Aufopferung sind wichtige Komponenten von Liebe. Wir lassen diejenigen nicht im Stich, die wir lieben.

Manchmal müssen wir eigene Bedürfnisse zurückstecken, weil die Situation von Beziehungspartner:innen es verlangt. In einer durch Liebe getragenen Beziehung werden wir hierfür jedoch vielfach belohnt.

Achten Sie aber darauf, dass keine Einseitigkeit auftritt. Denn bei Einseitigkeit kann Aufopferung in Ausnutzung übergehen, sodass eine toxische Beziehungskonstellation entsteht.