Ab jetzt volles Risiko! - Elfi Sinn - E-Book

Ab jetzt volles Risiko! E-Book

Elfi Sinn

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Beschreibung

Trixi hofft, dass David der Mann für immer ist, aber ihre schlechten Erfahrungen lassen sie zögern. Wilma befürchtet in ein Altenheim eingewiesen zu werden. Könnte sie wie ein berühmtes Vorbild einfach irgendwohin verschwinden? Violetta hat die heißeste Nacht ihres Lebens erlebt, ohne den Mann in ihrem Bett zu kennen. Jetzt hat sie die Chance, alles zu erfahren, aber traut sie sich nicht. Wie oft haben Frauen sich schon vorgenommen, mehr Risiken einzugehen um dann doch wieder zu zögerlich eine günstige Gelegenheit zu verpassen. In diesen acht Geschichten stehen Frauen unterschiedlichen Alters vor dem gleichen Problem. Werden sie sich in einer schwierigen Situation klar entscheiden und endlich mehr wagen, für die Liebe, eine neue Chance im Job oder für die Erfüllung eines großen Wunsches?

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Seitenzahl: 203

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhaltsverzeichnis

Der Geheimtipp

Ihr größtes Abenteuer

Eine neue Chance

Die Entführung

In fünf Jahren

Immer fehlt etwas

Ein riskanter Schritt

Eine tolle Gelegenheit

Der Geheimtipp

Trixi Schneider liebte ihren vierjährigen Sohn Finn über alles, aber nachdem er sich in der Nacht zweimal übergeben und sie jedes Mal seine gesamte Wäsche gewechselt hatte, war sie heilfroh, als ihre Mutter am Morgen die Krankenbetreuung übernahm und sie nach draußen scheuchte.

Die Sonne schien, aber es war noch ziemlich frisch. deshalb zog sie sich ihre warme grüne Jacke, die sie selbst entworfen und genäht hatte um die schmalen Schultern und lief einfach los. Um die Müdigkeit zu verscheuchen, atmete sie die frische Frühlingsluft tief ein und sah sich neugierig um.

In der Südstadt kannte sie sich noch nicht aus, denn sie war erst vor kurzem in das Haus ihrer Mutter gezogen. Dieser Schritt war ihr nicht leichtgefallen, aber sie brauchte dringend eine neue Umgebung und glücklicherweise wurde die Einliegerwohnung in ihrem Elternhaus gerade frei. Davor hatte sie im Nachbarort gelebt und lange geglaubt den Hauptgewinn in der Liebe gezogen zu haben.

Nils war etwas älter als sie und schon ein bekannter Architekt als sie sich kennenlernten. Er war der erste Mann, der sich nicht dran störte, dass sie bereits ein Kind hatte. Er fragte nicht einmal nach dem Vater des Kindes, wie andere Männer, die sie gekannt hatte und das empfand sie als sehr angenehm, weil sie den am liebsten total vergessen hätte. Diese Nacht mit dem berühmten Schriftsteller war wirklich der größte Fehler ihres Lebens gewesen, denn er erwies sich als selbstgerechter Egoist der Sonderklasse. Aber immerhin war daraus Finn entstanden, der für sie das größte Glück bedeutete. Also wollte sie auch gar keinen Kontakt zu seinem Vater, sondern ihren Sohn alleine großziehen, bis sie Nils traf.

Er verwöhnte sie von Anfang an, vermittelte ihr täglich das Gefühl, sein Alles, seine Prinzessin zu sein. Wann hatte ihr vorher ein Mann Blumen geschenkt? Die Jungs, die sie kannte luden sie vielleicht ins Kino oder in die Diskothek ein, aber Nils schickte ihr 22 rote Rosen zum Geburtstag, lud sie in ein Restaurant hoch über den Dächern der Stadt ein und legt ihr nicht nur so die Welt zu Füßen.

Schon nach kurzer Zeit waren sie und Finn in sein Haus gezogen, das in mehreren Etagen direkt an einen Felsen gebaut war und von dessen Terrasse man weit über die Stadt sehen konnte. Trixi fühlte sich wie in einem der Liebesromane, die sie regelmäßig verschlang.

Sie gewöhnte sich schnell ein, lernte das große Haus zu verwalten, wichtige Gäste stilvoll zu bewirten und hatte doch immer das Gefühl, dass etwas Entscheidendes fehlte. Nils überhäufte sie ständig mit Geschenken, sandte ihr Blumen, wenn er verreisen musste, besuchte mit ihr alle wichtigen Events und wählte für sie auch die richtigen Kleider aus. Sie akzeptierte das obwohl ihr Geschmack völlig anders war.

Vielleicht hatte sie sich zu sehr an diesen Luxus gewöhnt oder sie wollte es nach drei Jahren einfach nicht wahrhaben, dass Nils, der sie einst bezauberte, jetzt betrog. Erst nachdem sie ihn direkt mit seiner neuen Flamme im Büro überrascht hatte, musste sie sich eingestehen, dass es mit ihm doch nicht die große, immerwährende Liebe war, die sie sich wünschte und die eigentlich ausgehen sollte, wie in den Romanen. Vorbei die Vorstellung von dem weißen Prinzessinnenkleid und dem Brautstrauß, den sie ihren Freundinnen stolz zuwerfen wollte. Das wäre so schön gewesen, aber vorbei!

Sie seufzte leicht frustriert, denn manchmal konnte sie sich mit ihrem Jammern selbst nicht ausstehen.

Eigentlich sollte ich längst darüber weg sein, rief sie sich zur Ordnung, immerhin war das alles schon einige Monate her und jetzt an einem anderen Ort werde ich einfach neu beginnen. Sie straffte sich und hob ihr Kinn, schließlich hatte sie sich für die nächsten zehn Jahre bestimmt genug im Selbstmitleid gesuhlt. Jetzt konnte nur etwas Besseres kommen.

Immerhin hatte ihre Mutter genügend Platz für die kleine Familie und sie fand auch sehr schnell einen neuen Job, den sie längst angetreten hätte, aber der Kita-Platz für Finn wurde erst in einem Monat frei. Bis dahin blieb ihr genügend Zeit ihr Leben neu zu planen.

Sie sah sich neugierig um. Hier gab es Plattenbauten und Stadthäuser nebeneinander, alles umrahmt von frischem Grün und ersten zaghaften gelben Blüten. Als sie bemerkte, dass ein fantasievoller Kopf mit dem Pinsel dafür gesorgt hatte, dass das Grün sich sogar an den Betonplatten hochschlängelte und sie interessanter aussehen ließ, musste sie lächeln. Obwohl sie durch Finns fieberhafte Infektion kaum geschlafen hatte, fühlte sie sich durch die zauberhafte Umgebung und die strahlende Sonne angeregt und inspiriert. Frühlingsgefühle, das war genau richtig. Ja, hier würde sie noch einmal neu anfangen, alles hinter sich lassen und vielleicht doch noch den richtigen Mann finden, der auch treu sein konnte. Es gab noch einiges, worauf sie bei einem künftigen Kandidaten genau achten würde, denn von Blendern hatte sie genug. Natürlich müsste er auch ein passabler Vater für ihren Sohn sein oder werden wollen, denn sie gab es nur im Doppelpack.

Von den ersten Frühlingsblüten fiel ihr Blick auf ein großes Schild, das quer über eine Einfahrt reichte und eine „Weiberwirtschaft“ ankündigte. Obwohl diese Bezeichnung garantiert nicht zu ihrem geheimen Vorhaben, endlich den richtigen Mann zu finden passte, war Trixi doch neugierig genug, durch die Einfahrt zu gehen. Dann blieb sie erst einmal stehen und betrachtete entzückt das kleine Einkaufszentrum. Wo fand man schon einen so idyllischen Marktplatz mit kleinen Läden, die ihn umschlossen und ihr das Gefühl vermittelten mitten in einem Dorf in der Toskana zu sein? Natürlich waren es keine Zypressen, die den Platz säumten, sondern schlanke Linden, deren Knospen sich gerade in der Frühlingssonne bildeten. Aber die strahlend weißen Gebäude verfügten über dunkel gerahmte Bogenfenster und bogenförmig überdachte Durchgänge, wie sie das von Häusern in Italien kannte. Sie lächelte unwillkürlich, denn all das erinnerte sie sehr an ihre erste Urlaubsromanze in Italien. Sie drehte sich langsam im Kreis, um nichts zu verpassen.

Das ist wirklich ein hübsches Ensemble dachte sie bewundernd als ihr Blick auf den Brunnen fiel. Und dieser Brunnen war etwas ganz Besonderes, weil sein Wasser über ein großes Mühlenrad floss, das sich leicht knarrend bewegte. Ein pausbäckiger Drache saß oben über dem Rad, spuckte Wasser aus und schien zu überwachen, dass es sich auch beständig drehte. Vielleicht pustete er auch, wenn es nicht schnell genug ging? Trixi lächelte erneut, das würde Finn gefallen.

Dann wandte sie sich dem Geschäft zu, das ihr als erstes aufgefallen war. „Kurtz-Waren“, der Name sah etwas sonderbar aus, aber Trixi sah angenehm überrascht Patchwork-Muster und feine Wollgarne fantasievoll in der Auslage verteilt. Hier würde sie garantiert noch öfter vorbeikommen, aber heute hatte sie ein anderes Ziel: „Majas Leseecke“, ein Buchladen, dessen Schaufensterdekoration sie mit Frühlingsblumen und Liebesromanen regelrecht anlockte.

„Endlich Lesefutter für die richtigen Träume“, murmelte sie erfreut, denn beim Umzug, dem neuen Job und natürlich Finns Erkrankung, war all das zu kurz gekommen. Sie trat neugierig ein und staunte wieder. Schon der Raum war ungewöhnlich eingerichtet.

Große weiße Regale standen quer zum Eingang und bildeten so angenehme Nischen, in denen man ungestört stöbern konnte. Und es gab etwas ganz Besonderes, das Trixi sofort begeisterte: einen großen Bereich, der durch rosafarbene Wände kenntlich gemacht war und ausschließlich Liebesromane enthielt, auf der anderen Seite zeigten blassblaue Wände die neuesten Krimis. Sie sah suchend über die Regale, konnte aber auf die Schnelle kein Buch von ihrer Mutter Marit Magnus entdecken. Dann aber zog es sie fast magisch zu den Büchern, die aufregende Romanzen versprachen und sie wieder träumen ließen. Zufrieden nahm sie gleich zwei Neuerscheinungen ihrer Lieblingsautorinnen aus dem Regal, suchte aber noch weiter nach weiteren Angeboten. Ihr Blick glitt an den Buchreihen entlang, dann stutzte sie plötzlich.

Zwischen den großen Regalen standen breite dunkelrote Sessel, damit man in dem gewählten Buch schon einmal schnuppern konnte. Und in einem dieser Sessel saß ein Bild von einem Mann, ein richtiger Kerl. Heilige Scheiße, sah der gut aus! Breite Schultern, lange Beine, die in ausgeblichenen Jeans steckten und den Kopf voller Locken in der Farbe von Trixis Lieblingsschokolade. Sie presste die Bücher unter den Arm und hielt sich die Hand vor den Mund, damit ihr kein anerkennendes Stöhnen entweichen konnte. Wie lange war es her, dass ihr so etwas Appetitliches vor die Augen gekommen war?

Sie genoss den Anblick noch einen Moment, dann meldete sich ihr Verstand mit einem deutlichen Stopp! Der sieht viel zu gut aus, um wirklich treu zu sein. Sie wollte sich gerade abwenden, aber irgendetwas ließ sie zögern, das echt erstaunlich war: Der Mann las in einem Liebesroman! Sie schaute genauer hin, um den Titel bestätigt zu sehen. Tatsächlich! Gab es so etwas wirklich? Gab es Männer, denen Gefühle keine höllische Angst einjagten? Dann wäre er doch einen zweiten Blick wert. Sie musterte ihn noch einmal, schaute dann aber schnell weg, als er hochsah und sie mit seinen grünen Augen interessiert musterte.

Trixi fühlte sich beim Starren ertappt und ging eilig weiter. Wahrscheinlich war sie auch noch rot geworden. Mann, das war echt peinlich! Wenn ihr doch wenigstens ein cooler Spruch eingefallen wäre. Sie sah unschlüssig zurück, dann schüttelte sie entschieden den Kopf. Sie hatte wirklich keine Ahnung mehr von den aktuellen Flirtgewohnheiten. Konnte man sich überhaupt noch außerhalb von Tinder oder Parship oder wie sie alle hießen, verabreden? Aber da würden ihr die beiden Bücher sicher weiterhelfen, die sie als erstes gegriffen hatte.

Während sie in einem anderen Gang verschwand, atmete David Kessler erleichtert, aber auch ein wenig enttäuscht aus und stand auf. Wenn er jetzt etwas mehr Mumm gehabt hätte, um sie direkt anzusprechen, wäre vielleicht mehr daraus geworden. Er folgte ihr mit den Augen und ging etwas näher an das Regal heran. Noch war sie ja im Laden, noch war alles möglich. Er nahm das Buch, das ihn neugierig gemacht hatte, um zur Kasse zu gehen und grinste zufrieden, jetzt schien es tatsächlich aufwärts zu gehen. Nachdem er Judith, seiner Schwägerin und Inhaberin des Cafés, das Buchhandlung und Backstube verband geklagt hatte, dass er sich nach der schwierigen Scheidung gar nicht mehr trauen würde, Frauen anzusprechen, hatte sie ihn verständnisvoll gemustert und ihm dann einen besonderen Tipp gegeben. „Ich verrate dir dieses Geheimnis nur, weil dich diese eine Frau schwer enttäuscht hat und du wieder an die Liebe glauben sollst. Wenn du wirklich wissen willst, wovon Frauen träumen und was bei den richtigen Frauen echt ankommt, dann schau in einen guten Liebesroman und hole dir Anregungen.“ Er hatte zwar zustimmend gelächelt, doch innerlich nur belustigt den Kopf geschüttelt. Als aber dann diese hinreißende Brünette mit dem frechen Pferdeschwanz die Buchhandlung betrat, hatte er sich doch schnell einen Roman gegriffen und angenehm überrascht die ersten Zeilen gelesen: Es ist leider eine unbestreitbare Tatsache, dass eine Frau für gewisse Fälle einfach einen Mann braucht… oder zumindest die Kraft zweier starker Oberarme.

Er pustete überrascht die Luft aus, die er unwillkürlich angehalten hatte, als die Brünette zwischen den Regalen erschien. Wenn es nichts weiter brauchte, als die Kraft zweier starker Oberarme, darüber verfügte er ganz sicher! Jetzt müsste er nur noch weiterlesen. Bevor er die Kasse erreichte, sah er die Brünette wieder. Sie unterhielt sich mit Maja und erzählte gerade, dass sie mitten im Umzug sei und noch einige Möbel aufbauen müsse. David grinste, das war ja fast so wie im Buch und damit seine Gelegenheit!

Er trat schnell näher und lächelte Maja an, die er durch seine Schwägerin Judith schon länger kannte. „Wenn hier jemand zum Möbelaufbauen gesucht wird, dann könntest du mich empfehlen.

Du weißt, dass ich kein Serienmörder, sondern ziemlich harmlos bin, aber mit Schraubendreher und Inbus umgehen kann.“

Maja hatte ihn und die hübsche Brünette nur kurz gemustert, die Augen einen Moment geschlossen und dann beide angestrahlt. „Das kann sehr gut klappen, wenn ihr gemeinsam arbeitet.“

Zwei Tage später kam er nach der Arbeit endlich wieder dazu, weiter in dem Buch zu lesen, schließlich war der Tipp beim ersten Mal ein echter Erfolg gewesen. Maja hatte sich fast für ihn verbürgt und Trixi, so hieß die hübsche Brünette, nahm sein Angebot gerne an. Also stand er am nächsten Tag mit seinem Werkzeugkasten vor dem Haus, um ihr in der kleinen Einliegerwohnung zu helfen. Die Wohnung bestand nur aus zwei Räumen und einer großen Küche, aber Trixi hatte sie so gemütlich eingerichtet, dass er sich dort auch wohlgefühlt hätte. Dieser Mix aus alten und neuen Sachen, mit viel Farbe in Grün und Gelb, aber wenig Deko, gefiel ihm sehr. Und nicht nur die Wohnung hatte es ihm angetan, mittlerweile war er auch verrückt nach ihr, nicht nur nach ihrem hübschen Gesicht mit den braunschimmernden Augen, dem frechen Schmollmund und der gut gerundeten Figur. Ihm gefiel auch ihr liebevoller, lustiger Umgang mit ihrem Sohn und er mochte ihre warmherzige Art mit anderen umzugehen.

Er seufzte schwärmerisch. Auf ihn bezog sich das leider nicht, noch nicht! Bisher schien sie ihn in seinen Bemühungen keineswegs ermutigen zu wollen. Sie hatten zwar einträchtig gearbeitet und gemeinsam den großen Kleiderschrank und eine Kommode zusammengebaut und aufgestellt, dabei war sie jedoch sehr zurückhaltend und eher misstrauisch gewesen.

Aber nachdem sie die obere Zierleiste am Schrank befestigt hatte, war sie auf der Leiter abgerutscht und ihm fast in die Arme gefallen. Natürlich fing er sie gekonnt auf und er wäre kein Mann mit heißem Blut in den Adern gewesen, wenn er sie in diesem Moment nicht geküsst hätte. Erstaunlicherweise hatte sie ihn zurückgeküsst und das war gar nicht zurückhaltend gewesen, sondern etwas was ihn total überraschte und ziemlich nervös machte.

Und jetzt zogen ihm seitdem die aufregendsten Fantasien durch den Kopf, wie es mit ihnen weitergehen könnte, wenn er sie endlich wieder im Arm hätte.

Er blätterte weiter im Buch und schüttelte belustigt den Kopf. Dem Typen dort ging es ähnlich wie ihm, auch er plante und überlegte, wie er weiterkommen könnte.

Das Kind war ein zusätzlicher Bonus in dieser Konstellation. „Das stimmt wirklich.“ David rief es verblüfft laut. Das Buch gefiel ihm immer besser, wieso waren andere Typen eigentlich so verbohrt, diese echt guten Hinweise nicht zu nutzen?

Der Junge in der Geschichte war ein ziemlich pfiffiges Kerlchen, so einen hätte er auch gerne gehabt, aber leider… Er verzog das Gesicht, denn immer, wenn er an seine Exfrau dachte, verhagelte ihm das die Laune. Vanessa hatte sehr viel vom Leben gewollt und konkrete Vorstellungen, was er dafür tun sollte, aber Kinder gehörten ganz sicher nicht dazu. Nur er erfuhr das leider erst später, aber noch war es ja nicht zu spät, er näherte sich schließlich erst der Dreißig. Allerdings hatte sein jüngerer Bruder mit Judith schon einen Sohn und schwärmte bereits vom nächsten Kind. Mal sehen wie diese Geschichte weitergeht und ob sie mir zeigt, wie meine auch weitergehen könnte?

Und obwohl David eigentlich nur blättern wollte, vertiefte er sich weiter in den Liebesroman.

Etwa zur gleichen Zeit fand Trixi auch endlich wieder ein wenig Zeit zum Lesen. Die Wohnung entsprach schon fast ihren Vorstellungen, alles andere musste der knappen Kasse wegen warten. Finn ging es deutlich besser und ihre Mutter war mit ihm zum Spielplatz unterwegs. Schon mit dem Buch in der Hand füllte sie schnell die Wäsche in die neue Maschine und sich setzte sich dann daneben, um zu lesen. Natürlich wollte sie wissen, wie es mit den beiden in ihrer Geschichte weiterging, aber sie musste sich auch ein wenig ablenken, denn ihre Gedanken wanderten viel zu oft zu dem Kuss zurück mit dem sie noch etwas haderte. Was dachte sich der Kerl eigentlich dabei, sie einfach zu küssen! Sie schüttelte den Kopf. Es war ja nicht so, dass sie ihn dazu aufgefordert hätte!

Aber du hast ihn auch nicht zurückgestoßen, meldete sich die lästige innere Stimme, die immer auf Ehrlichkeit setzte. „Ja, das stimmt auch“, brummte Trixi genervt. Das war ja nur, weil er so gut küssen konnte, dass er dafür Extrapunkte verdient hätte. Deshalb dachte sie auch manchmal etwas sehnsuchtsvoll daran zurück und hätte nichts gegen eine Wiederholung gehabt, aber wieso rief er nicht an oder meldete sich? War sie für ihn nicht attraktiv genug oder mochte er vielleicht keine Kinder?

Jetzt hätte sie gerne jemanden gehabt, der ihre ständigen Fragen beantwortete und vor allem Antworten gab, auf die man sich verlassen konnte. Aber die klugen Feen tauchten ja nur bei anderen auf! Vielleicht half das Buch weiter, in das sie sich jetzt wieder vertiefte. Der jungen Frau in ihrem Roman ging es ähnlich wie ihr, sie hatte auch schlechte Erfahrungen mit dem Vater ihres Kindes gemacht, war ebenso auf der Suche und fand tatsächlich einen Typen, der sich wunderbar mit dem Kind verstand.

Trixi hielt inne. Das wäre auch ein zweiter Pluspunkt für David. Er war toll mit Finn umgegangen und sich auch nicht pikiert zurückgezogen, als dem Kleinen dauernd die Nase überlief. Vielleicht war er wirklich einer von den Guten, vielleicht sogar so etwas äußerst Seltenes wie ein Mann, der tatsächlich treu war?

Sie müsste ihn unbedingt wiedersehen und mehr von ihm wissen: Was machte er beruflich, wie stand er zu Beziehungen, konnte er sich wirklich dauerhaft für eine entscheiden? Denn von Männern, die Auswärtsspiele bevorzugten, hatte sie genug.

Aber wenn sich alles so fügen würde, wie in diesem Buch beschrieben, wäre sie mehr als happy. Dort war der Typ, der die junge Mutter umschwärmte, nicht nur ein cooler Software-Entwickler, sondern entpuppte sich auch noch als talentierter Handwerker für alles Mögliche im Haus. Trixi grinste, um nicht zu stöhnen. Dritter Pluspunkt, auch David war beim Möbelaufbau sehr talentiert gewesen.

Lief das wirklich einmal in ihrem Leben so wie in den Romanen? Sollte sie tatsächlich endlich mal Glück mit dem Richtigen haben? Als sich die Waschmaschine meldete und Trixi von ihrem Buch hochschreckte war ihr klar, dass jetzt sie am Zuge war. Wenn er der Richtige sein sollte, dann müsste eben sie reagieren und den nächsten Schritt wagen, egal wie groß das Risiko sein würde.

Schließlich sprach sehr viel für ihn. Früher wäre sie vor allem von seinen breiten Schultern und seinen warmen grünen Augen hingerissen gewesen und auch heute fand sie es immer noch aufregender an einen festen Körper gepresst zu werden, als an ein schlaffes Handtuch. Aber als Mutter wusste sie auch einen Allround-Handwerker zu schätzen, einen Mann, der in jeder Hinsicht zupacken konnte. Damit steigerte sich David in ihrer inneren Werteskala, von einem sehenswerten Typen zu einem für länger geeigneten, vielleicht sogar dauerhaften Kandidaten.

Also würde sie das Risiko eingehen, aber wie könnte sie ihn wiedertreffen? Vielleicht so wie in ihrem Roman? Die junge Frau suchte den Kontakt dort wieder, wo sie sich kennengelernt hatten, und das würde sie auch so machen.

Am nächsten Nachmittag, die Sonne schien bereits frühlingshaft warm, stand sie mit einem neugierigen Finn in der „Weiberwirtschaft“ und ließ ihn gerade den pustenden, wasserspuckenden Drachen bestaunen, als David aus der Backstube stürzte und beide erfreut begrüßte.

„Backst du Kuchen?“ Finn betrachtete den Mann überrascht. David grinste. „Nein, eigentlich befasse ich mich mit Computern, aber die Bäckerin ist mit meinem Bruder verheiratet und ich stelle gerade ihre digitalen Systeme um. Sie macht übrigens einen tollen Beerenkuchen. Habt ihr nicht Lust zu kosten? Der ist wirklich extra lecker!“

Trixi stockte. Das war doch echt verrückt, schon wieder eine Übereinstimmung zu ihrem Roman. Heute Abend musste sie unbedingt herausfinden, wie es weiterging. Sie schaute zu David, der auf ihre Antwort wartete und ihr wurde heiß. Diese grünen Augen hatten eine faszinierende und gefährliche Wirkung auf sie und sie hätte sich ohne weiteres darin verlieren können. Als Finn sie an ihrer Jacke zupfte, reagierte sie schnell zustimmend und gemeinsam betraten sie das Café.

Sobald Finn seinen Kuchen in Windeseile verschlungen hatte, fixierte er David sehr genau und wollte unendlich viel wissen.

„Magst du auch Erdbeeren am liebsten? Ich auch, aber Kirschen und Heidelbeeren gehen auch. Hast du ein Auto? Magst du Kinder? Kannst du Fußball spielen?“

Solange Finn das Gespräch dominierte und Fragen abfeuerte, die sein zunehmendes Interesse an dem Mann verrieten, versuchte Trixi wieder zu sich zu finden, aber immer, wenn sie zu David sah, brachten seine Blicke die Luft zwischen ihnen zum Knistern.

„Bist du schon einmal mit einer alten Dampflok gefahren, die noch richtig laut zischt?“ David zeigte Finn ein Video auf seinem Handy und der war total begeistert. „Aber so etwas gibt es doch heute nicht mehr, alle Züge fahren elektrisch, von wegen Klima und so“, wandte er etwas altklug ein.

„Das stimmt schon, aber ich kenne eine Truppe, die alte Loks und Wagen repariert und dann auch kurze Fahrten macht. Hättet ihr Lust euch das anzusehen? Vielleicht darfst du sogar das Signal geben?“ David sah nur Trixi fragend an, denn Finn war sofort Feuer und Flamme. „Oh ja, bitte Mama, das wird bestimmt toll. Ich kenne keinen anderen Jungen, der mit einer Lok gefahren ist.“

Schon am nächsten Tag kam der Anruf und David holte sie mit einem leuchtendroten Sportwagen ab, der sofort Finns Augen leuchten ließ. Auf Trixis Handy gab es an diesem Nachmittag viele Bilder, die auch ihre Augen leuchten ließen: Finn mit einer Eisenbahner-Mütze strahlend in der Türöffnung der alten Dampflok, Finn auf Davids Schultern, Finn, der seine Arme vertrauensvoll um dessen Hals legte. Ihr ging bei diesem Anblick das Herz auf. So glücklich hatte sie ihren Kleinen schon lange nicht mehr gesehen. Ob ihm doch auch ein Mann im Leben fehlte und nicht nur ihr? Bei diesem Gedanken musste sie lächeln. Mit David schien es ganz anders zu sein, als mit Nils, einfach normaler. Daran könnte sie sich gut gewöhnen.

Auf der Rückfahrt brachte David sie wieder bis zur „Weiberwirtschaft“, wo er weiterarbeiten musste und Trixi ein Bücherpaket für ihre Mutter abholen sollte. Als sie ausgestiegen waren, hielt er sie zurück. „Ich würde dich gerne wiedersehen.“

Trixi lächelte und zeigte ihre linke Hand, die mit der von Finn verschlungen war. „Uns gibt es nur im Doppelpack.“

David nickte. „Das weiß ich, deshalb ist mein Vorschlag auch für drei gedacht. Ich habe Karten für die Westernstadt Eldorado. Als Finn krank war, habe ich ihm von dem Postkutschenüberfall erzählt, den man dort erleben kann und er war er ganz begeistert. Wir können dort sogar in einem besonderen Bungalow übernachten.

Und abends gehen wir zwei zum Line Dance oder auch weiter.“

„Auf gar keinen Fall!“ Trixi drehte sich enttäuscht um. Also doch! Er war genauso wie fast alle Männer auf der Welt. Wütend wollte sie mit Finn gehen, als plötzlich ein Knall ertönte. Sie zuckte zurück. „Was war das denn?“

David sah zur Backstube, aus der Judith entschuldigend mit beiden Händen winkte und dann wieder zu Trixi. „Nichts passiert. Das war nur mein Ego, das gerade geplatzt ist. Wir hätten natürlich zwei Bungalows und wir gehen nur so weit, wie du möchtest, schließlich haben wir noch alle Zeit der Welt, wenn du zustimmst.“

Trixi zögerte noch, als Finn bereits wieder an ihrer Jacke zog und heftig nickte. Wenn sie doch nur wüsste, wie es in dem Roman weitergegangen war? Aber eigentlich hatte ihr das Buch schon den richtigen Weg gewiesen. David war jetzt ihre Chance und sie wollte es einfach wagen. Also volles Risiko! Deshalb zuckte sie nur innerlich mit den Schultern, nickte ihm lächelnd zu und ließ sich in seine intensiven Blicke sinken, die so viel versprachen. Dann würde sie eben jetzt ihre eigene Geschichte schreiben und die hatte garantiert ein Happy End.

Als sie am Abend die Bücher zu ihrer Mutter brachte, saß die zufrieden lächelnd mit einem Glas Grün-Tee im Wintergarten. Vermutlich hatte sie das Manuskript für den nächsten Krimi abgeschlossen, denn sie machte einen sehr entspannten Eindruck.

„Du siehst so zufrieden aus, wahrscheinlich hast du gerade alle, die es verdienen getötet. Ich habe deine Bücher mitgebracht, ich wusste gar nicht, dass du dich auch für Liebesromane interessierst.“

Marit winkte ab. „Das sind nur Milieu-Studien für einen Krimi der in diesem Bereich spielt. Außerdem war ich wegen Maja in der „Lese-Ecke“, weil ich wissen wollte, was ihr Paar-TÜV zu euch beiden sagt. Ich finde ja David ausgesprochen nett und Maja bestätigt, dass ihr beide hervorragend zusammenpasst.“

„Wie bitte?“ Trixi musste sich setzen und starrte ihre Mutter empört an. „Du sprichst mit fremden Leuten über meine Beziehung,