Abenteuer Aufbruch - Ulrike Fach-Vierth - E-Book

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Ulrike Fach-Vierth

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Beschreibung

Wenn Bleiben keine Alternative ist - Ein Buch über den Mut zum Aufbruch Das Buch "Abenteuer Aufbruch" erzählt die Geschichten von zehn Menschen, die den Mut hatten, ihr gewohntes Leben hinter sich zu lassen und ins Ungewisse aufzubrechen. Ob als Weltumsegler, Extremsportler oder Abenteurer, sie alle haben sich dem Risiko gestellt, ihre Komfortzone zu verlassen und den Ruf einer unbestimmten Sehnsucht zu folgen. In diesem Buch teilen sie ihre Erfahrungen, Ängste und Hoffnungen mit uns. Es sind Liebeserklärungen an die Ungewissheit und mutmachende Tipps, einen Schritt ins Unbekannte zu wagen. Gleichzeitig werden auch die Konsequenzen dieser Entscheidungen beleuchtet - Verluste, Trennungen und die immerwährende Frage nach der Rückkehr. Die Geschichten in diesem Buch sind geprägt von Freiheit, einzigartigen Erlebnissen und lebensverändernden Erfahrungen. Sie erzählen von den Herausforderungen, aber auch von den Belohnungen, die der Aufbruch mit sich bringt. Egal ob auf dem Boot, dem Fahrrad oder zu Fuß, ob als Teenager oder kurz vor der Rente, ob als Paar oder alleine - der Mut zum Loslassen verbindet sie alle. • Aufbruch als Megatrend für Gesellschaft und Individuen • Authentische Einblicke in das Leben jener, die das Gewohnte hinter sich lassen • Mit Geschichten von bekannten DK-Autoren wie Stefan Glowacz, Jonas Deichmann, Richard Löwenherz, Melwin Fink, Corentin de Chatelperron und vielen mehr Dieses Buch ist das Gegenstück zum Bestseller "Wieder da und doch nicht hier". Es zeigt, dass der Aufbruch ein immer größeres Thema für die Gesellschaft und für Individuen wird, verbunden mit Themen wie reduziertem Leben und Minimalismus. Lassen Sie sich von den Geschichten in "Abenteuer Aufbruch" inspirieren und ermutigen, Ihren eigenen Aufbruch zu wagen. Denn manchmal ist Bleiben einfach keine Alternative.

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Veröffentlichungsjahr: 2024

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Ähnliche


INHALT

MELWIN FINK

ICH SCHAFF' DAS SCHON

CORENTIN DE CHATELPERRON

DAS LEBEN ALS LABOR DES LEBENS

JONAS DEICHMANN

WER SEIN GLÜCK SUCHT, FINDET ES AUCH

LAURA DEKKER

EIN TRAUM VON FREIHEIT

RICHARD LÖWENHERZ

ALLEINSEIN ALS EINKEHR

NIKOLAUS VON DER LANCKEN, VICTORIA NEUHOFER UND ANNE PETERSEN

VON DER ILLUSION DER GEWISSHEIT

STEFAN GLOWACZ

DAS LEBEN IST EIN FLUSS

TIMM KRUSE

MR. AUFBRUCH

JESSICA WATSON

VON DER KRAFT DER MOTIVATION

MATTHIAS KROHN

ABENTEUER GEHRIN

Der Extremsportler Jonas Deichmann durchquerte zweimal die USA – hin mit dem Fahrrad, zurück in Laufschuhen.

Der Abenteurer Richard Löwenherz bereist allein mit seinem Fahrrad die entlegensten Gebiete in Zentralasien.

Stefan Glowacz entdeckt auf seinen Expeditionen immer wieder außergewöhnliche Landschaften.

Mit Mitte 50 erfüllte sich Nikolaus von der Lancken seinen Lebenstraum und verließ für ein Jahr seine Heimat, um in die Karibik zu segeln.

Der französische Ingenieur Corretin de Chatelperron lebte für vier Monate auf einem Bambusfloß, um hier eine eigene Bioshpäre zu schaffen.

Ob einhand oder zu zweit – Melwin Fink segelt bei den anspruchsvollsten Regatten der Welt mit.

MELWIN FINK

Ich schaff' das schon

Melwin Fink ist erst 22 Jahre alt, er liebt seit jeher das Segeln und hatte schon als Teenager einen großen Traum: So früh wie möglich eine Mini-Transat zu segeln, die Regatta von Europa in die Karibik in einer Nussschale – und und das allein.

Es war für ihn nicht immer einfach, sich diesen Traum zu erfüllen, aber jeder Kampf hat sich gelohnt, sagt er heute. Auch, dass er zutiefst davon überzeugt sei, dass man alles schaffen kann, wenn man es wirklich will und fest an sich glaubt. Melwin hat fest an sich geglaubt, konnte wohl tatsächlich deshalb alles schaffen und erfahren, dass es auf dem Weg zur Traumerfüllung nicht zuletzt um den Mut zur Entscheidung geht.

Im wichtigsten deutschen Segler-Magazin, der 1904 gegründeten Zeitschrift Yacht, wird Melwin Fink »Der Unkaputtbare« genannt, ein Begriff, den ich bislang nur in Bezug auf die Bälle meines Hundes kannte. Unkaputtbare Bälle sind im Hunde-Spielzeug-Sortiment nicht gerade reichhaltig vertreten. Aber eine noch viel größere Seltenheit ist das Aufstehvermögen des erst 22-jährigen Segelsportlers und Einhandseglers aus Bad Salzuflen, der in seiner so jungen wie beeindruckenden Segler-Karriere physische und mentale Achterbahnfahrten durchaus kennengelernt hat. Nicht zuletzt als Melwin 2021 als jüngster Deutscher bei der Mini-Transat, einer der härtesten Regatten der Welt, den Atlantik überquerte. Mit damals 19 Jahren ganz allein auf dem Ozean, auf einem Boot von gerade einmal 6,50 Metern Länge. Ohne Kontakt zur Außenwelt, dafür mit jeder Menge Sturm, Einsamkeit und schwierigen Entscheidungen. »Never give up«, lautet das Segler-Credo, wie er erzählt, und dass er sich immer an die schönen Dinge erinnert, wenn etwas schiefläuft.

Doch im Juni 2022 sitzt Melwin, als gerade wieder eingeschriebener Jurastudent, in der Fakultät für Rechtswissenschaft an der Universität Bielefeld, trinkt seinen Kaffee, und blickt einige Wochen zurück auf die Ereignisse in der Nacht vom 1. auf den 2. April. Er und sein Mitsegler Marc Menzebach waren gerade an Bord von Finks neuem Mini auf einem Überführungstörn von Barcelona nach Palma de Mallorca unterwegs, als Melwin zu spüren bekam, dass Segeln nicht immer nur Glück bedeutet. Das junge Segel-Duo war gegen 17:30 Uhr, bei etwa zweieinhalb Meter hohen Wellen und 25 Knoten Wind, von Barcelona gestartet und wollte am nächsten Morgen den Hafen Sa Ràpita auf Mallorca erreichen. Die ersten 70 Seemeilen lagen schon hinter ihnen, und Melwin genoss die Fahrt mit seinem neuen Segelboot in vollen Zügen. Bis zu jenem Moment kurz vor Mitternacht, in dem sich alles änderte.

»Marc war gerade unter Deck und schlief. Ich saß hinten im Heck in meinen dicken Segelklamotten, da es in der Nacht noch recht frisch wurde, und blickte in die Finsternis. In einer Sekunde dachte ich noch, dass alles wirklich gut lief, und in der nächsten Sekunde brach der Mast. ›Oh Gott, was ist passiert, das darf doch nicht wahr sein‹, schoss es mir durch den Kopf. Das Ganze ging so schnell, dass ich noch nicht einmal sagen kann, ob es ein knackendes Geräusch gegeben hat, das uns hätte warnen können.«

Der damals 19-jährige Melwin Fink auf seiner ersten Etappe bei der Mini-Transat 2021, eine der härtesten Regatten der Welt.

Das nächtliche Szenario mit den ganzen Blinklichtern, der Lärm und die Querschlägerwellen, die das Boot immer wieder komplett auf die Seite gelegt haben, das war schon einzigartig beängstigend und befremdlich. Ich hatte in dem Moment nur einen Gedanken: Das war’s mit dem Segeln.

Melwin rief nach seinem Freund, der direkt an Deck kam. Nach wenigen Schrecksekunden eilten sie jedoch zusammen wieder unter Deck, was zunächst als der sicherste Ort erschien. Aus Reflex griff Marc zum Funkgerät, das aber gar nicht funktionieren konnte, weil sich die Antenne oben im Mast befand und entsprechend ebenfalls über Bord gegangen war. Also griff Melwin zu seinem Handy in der Hoffnung, seinen Vater erreichen zu können, obwohl sie noch 30 Seemeilen von der spanischen Küste entfernt waren. Das Glück war auf der Seite der beiden Segler. Melwin konnte seinen Vater erreichen, der wiederum Kontakt zwischen seinem Sohn und der spanischen Seenotrettung herstellte, die direkt einen Helikopter zur Unglücksstelle schicken wollte. Doch dann kam der nächste Schock. Dem Segler-Duo wurde mitgeteilt, dass aufgrund des Wellengangs nur eine Rettung aus dem Wasser und nicht von Deck aus möglich sei.

»Das bedeutete nicht weniger, als dass wir mitten in der Nacht in das tiefschwarze Meer springen mussten«, erzählt Melwin, den diese lebensrettenden Minuten der Bergung emotional mehr mitgenommen haben als alle anderen Grenzerfahrungen, die er auf seinen Touren als Einhandsegler bislang erlebt hatte. »Die Zeit vom Sprung ins Wasser bis zum Rettungsschwimmer aus dem Hubschrauber war die intensivste. Bei dem Taucher angekommen, war klar, dass dann nichts mehr passieren kann, weil diese Teams so gut sind. Doch die Ungewissheit, da hinzuschwimmen, das nächtliche Szenario mit den ganzen Blinklichtern, der Lärm und die Querschlägerwellen, die das Boot immer wieder komplett auf die Seite gelegt haben, das war schon einzigartig beängstigend und befremdlich. Ich hatte in dem Moment nur einen Gedanken: Das war’s mit dem Segeln.«

Für den französischen Philosophen Paul-Michel Foucault stellten Schiffe und die mit ihnen verbundenen Abenteuer die Idealvorstellung für eine auf einen bestimmten Raum begrenzte Utopie dar. Ohne Schiffe, so meinte er, würden die Träume einer Zivilisation austrocknen. Die allermeisten Jahre seines jungen Lebens hat Melwin diesem Gedanken aus vollem Herzen zugestimmt, bis zu der Seenotrettung in jener Schreckensnacht und der anschließenden Havarie seines neuen Bootes, das später auf Mallorcas Felsküste gespült und stark beschädigt wurde. Ein Gutachter des Versicherers Pantaenius meldete Totalschaden.

»Wenn auch der Gutachter keinen spezifischen Grund für den Mastbruch gefunden hat, und so wahrscheinlich niemanden eine Schuld für das Unglück trifft, so war für mich der Traum vom Segeln dennoch erstmal ausgeträumt«, erklärt Melwin. »Deshalb wollte ich mein Jurastudium wieder aufnehmen, von dem ich mich mittlerweile abgemeldet hatte, um mein Hobby zum Beruf zu machen. Ich hatte mich allerdings nicht wieder an der Universität in Kiel eingeschrieben, sondern nun in Bielefeld.«

Die Class 40 ist nach der Mini-Transat die nächsthöhere Klasse beim Segeln.

Und so saß der Unkaputtbare und leidenschaftliche Segler wenige Wochen später in der Bielefelder Fakultät für Rechtswissenschaft und dachte über sein zukünftiges Leben nach. Sollte Melwin nun doch, aus verständlicher Sorge um die Risiken auf den unberechenbaren Meeren, in einem geordneten Leben mit Abitur, Jurastudium, Job und Familie verharren, anstatt weiterhin in die Ungewissheit aufzubrechen? Er, der Held der Mini-Transat 2021, der die Herausforderung und auch das Extreme liebt und bei noch so hohen Wellen und heftigen Windstärken zwar immer Respekt vor der Naturgewalt hatte, nie aber in Panik geraten ist, der sollte verharren?

»Im Nachhinein muss ich sagen, dass die Besatzung des Helikopters für mich die wahren Helden sind«, sagt Melwin. »Der Pilot, der Mann an der Seilwinde und vor allem der Mann im Wasser. Kaum wurde ich in den Helikopter gezogen, ging hinter uns schon die Tür zu, und ich stolperte in die Ecke, in der bereits Marc lag. Überglücklich, gerettet worden zu sein, fielen wir uns in die Arme und umarmten danach unsere Retter. Auch für sie war dies keine alltägliche Aktion, und wir hatten wahrgenommen, wie erleichtert sie waren, uns wohlbehalten geborgen zu haben. In dieser Nacht konnte ich mir nicht vorstellen, jemals wieder segeln zu gehen. Bei meinem Besuch der Bielefelder Uni auch noch nicht. Aber mit ein bisschen Abstand habe ich dann doch beschlossen, nach vorn zu schauen und mein Ziel, die Mini-Transat 2023, wieder ins Auge zu fassen. Schließlich ist und bleibt Segeln meine Leidenschaft, daran können auch so schwierige und beängstigende Momente wie die Havarie nichts ändern.«

Segeln hatte schon immer etwas mit Aufbrechen und Ankommen zu tun. Dazwischen ein Leben ohne festen Boden, jede Menge Wackelpartien und viele kleine oder größere Sprünge ins Ungewisse. Passend zu Melwins Erwartungen vom Leben, zu denen schon früh das Wagnis zählte, die Freiheit, einmalige Erlebnisse, nicht erwartbare Erfahrungen.

Und die Erwartungen beeinflussen unser Verhalten und unsere Selbstwahrnehmung.

Dabei gehört zur Selbstwahrnehmung die Fähigkeit zu spüren, was der Körper in einer bestimmten Situation an Signalen gibt, um etwa auf Stress reagieren zu können. Sie gilt als wichtigste Säule von Resilienz, jener psychischen Widerstandsfähigkeit, die uns davor bewahrt, von negativen Ereignissen überrollt zu werden, und uns die Kraft gibt, effektiv mit belastenden Situationen umzugehen. Resiliente Menschen stehen immer einmal mehr auf, als sie hinfallen. Sie versuchen, den Widrigkeiten des Lebens eine Lernchance zu entnehmen und dabei innerlich zu wachsen.

Für diese mentale Kraft brauchen wir Vertrauen in das Leben und in uns selbst, wissen Psychologen. Selbstvertrauen ist das Vertrauen in die eigene Stärke und die eigenen Fähigkeiten. Das Vertrauen, herausfordernde Situationen meistern zu können und zu wissen, die nötigen Fähigkeiten und Kenntnisse zur Bewältigung zu haben. Ein Vertrauen, das Segler auf offener See dringend benötigen, und das Melwin bereits als Kind entwickelt hat.

Ich stellte mir vor, wie sich das wohl anfühlen würde, 4.000 Seemeilen allein auf dem Atlantik zu segeln. Schon bei der Vorstellung bekam ich vor Freude eine Gänsehaut.

Die Begeisterung für das Segeln hat Melwin geerbt – von seinem Vater. Schon sehr früh wurde er von ihm mit auf Regatten und Törns genommen, weshalb er sich an ein Leben ohne Wassersport gar nicht erinnert. Während andere Kinder lieber auf dem Spielplatz tobten, fühlte er sich auf einem schwankenden Schiff mit dem Rauschen des Wassers um sich herum am wohlsten. So war Melwin gerade einmal fünf Jahre alt, als er seine Jollenkarriere startete, in der Optimisten-Jolle auf dem Steinhuder Meer. Doch das Binnensegeln konnte ihn nie so in Begeisterung versetzen wie das Segeln auf offener See.

»Dieses Gefühl, komplett eins zu sein mit dem Meer, sich den Gewalten der Natur hinzugeben und dabei auf ein absolutes Mindestmaß an Komfort reduziert zu sein, hat mich schon immer fasziniert. Auch der Eindruck von Abgeschnittenheit, der wohl nirgends so groß ist wie auf dem offenen Meer. Dieses unmittelbare Erleben macht einem sehr deutlich, wie wenig wir über die Welt wissen, insbesondere über den Teil, der unterhalb der Wasseroberfläche liegt. Deshalb verfolgte ich schon als Kind mit meinem Vater und viel Leidenschaft die großen Segelregatten. Seit ich denken kann, habe ich keine einzige Vendée Globe, kein Volvo Ocean Race oder Fastnet Race verpasst. Und jedes Mal beobachtete ich voller Faszination, wie Crews oder einzelne Skipper ihre Rennmaschinen über den Ozean jagten. Wie sie sich der Kraft der Natur aussetzten und mit Wind und Wellen klarkommen mussten. Es gab nur sie und ihre Boote. Auch wenn das Segeln in unseren Breitengraden nicht mehr viel mit neuen Ufern und unbekannten Gewässern zu tun hat, steht es für mich noch immer für Abenteuer und den Aufbruch ins Unbekannte.«

Viele Solosegler wählen als Einstieg in die große Segelwelt die Mini-Transat. Sie ist sozusagen die Übungsrunde für Weltregatten wie die Vendée Globe. Die Segler werden auf die großen Einhandregatten gut vorbereitet, da sie mit kleinen, aber auch schon technisch sehr ausgereiften Booten gefahren wird.

Melwin war 14 Jahre alt, als er, gemeinsam mit Freunden, seine ersten eigenen Törns und Regatten mit einem kleinen Kreuzer vom Typ Skippi 650 race auf der Ostsee segelte. Und mit jeder hinter sich gelassenen Seemeile träumte er mehr davon, irgendwann einmal bei der Mini-Transat teilnehmen zu können.

Dem Mini-Transat-Segler ist der Umstieg in die Class 40 gelungen.

»Ich stellte mir damals vor, wie es sich wohl anfühlen würde, insgesamt etwa 4.000 Seemeilen allein auf dem Atlantik zu segeln. Schon bei der Vorstellung bekam ich vor Freude eine Gänsehaut. Noch dazu in solchen Nussschalen. Nicht umsonst heißen die Boote, die bei dieser Regatta gesegelt werden, Minis. Der Name ist Programm. Die kleinen Rennyachten sind genau 6,50 Meter lang und bieten null Komfort. Es gibt keine Toilette, kein Bett, keine Küche. Stattdessen gibt es einen Eimer, und geschlafen wird direkt auf dem Boden. Das bedeutet, dass der Körper nur durch die wenigen Zentimeter der Bootshaut von den Tiefen des Ozeans mit seinen unzähligen Meeresbewohnern getrennt ist. Es ist ein Zusammenspiel zwischen Mensch und Natur, und genau das liebe ich. Ich brauche keinen Luxus, um glücklich zu sein. Nur das Meer, das Boot und mich.«

In Gesprächen mit Skippern erfuhr Melwin damals schnell, dass die Leidenschaft fürs Segeln allein nicht ausreichen würde, um mit solch einem Boot den Atlantik zu überqueren. Entscheidend sei enorme Erfahrung und seglerisches Können. Melwin ist das nur recht, empfindet er sich doch als Wettkampftyp, der es liebt, wenn es ausschließlich ums Können geht, und nicht hochentwickelte Technologie darüber entscheidet, wer der Bessere ist. »Wie für mich geschaffen«, dachte er damals und verkündete als 16-Jähriger seinen Eltern, dass er schon zum nächstmöglichen Zeitpunkt an der Mini-Transat teilnehmen werde. Und zwar im Oktober 2021. Seine Eltern waren zwar überrascht, aber einverstanden und sprachen ihre volle Unterstützung aus. Melwin hatte nun drei Jahre Zeit, um sich bestmöglich vorzubereiten.

In dieser Zeit habe ich mein Boot in allen Belangen optimiert, nur um bei der Generalprobe einen Kampf gegen mich selbst zu führen.

»In dieser Zeit bin ich Tausende von Seemeilen gesegelt, habe mein Boot in allen Belangen optimiert und mich in vielen Aspekten weitergebildet, nur um bei der Generalprobe einen Kampf gegen die Rahmenbedingungen und gegen mich selbst zu führen. Wenn die Motivation einmal ganz am Boden war, dann betrachtete ich die Bilder in meinem Zimmer. An den Wänden hatte ich schöne Fotografien aufgehängt, unter anderem von der maximum fun, dem Boot, mit dem ich schon einige Abenteuer erlebt hatte. Diese Fotos erinnerten mich stets daran, wofür ich das alles machte. Für meinen großen Traum, an der Mini-Transat teilnehmen zu können. Meist ging mir die Arbeit danach wieder leichter von der Hand. Irgendwann waren es dann nur noch wenige Wochen bis zum Start, und während ich bis dahin nur meine Entschlossenheit kannte, spürte ich jetzt erste Zweifel in mir aufkommen.«