Abenteuer mit Kindern - Sven Wehde - E-Book

Abenteuer mit Kindern E-Book

Sven Wehde

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Beschreibung

40 Ideen für Mikroabenteuer mit Kindern in einem Buch. Der Journalist Sven Wehde (44) hat sie alle mit seiner Familie ausprobiert. Wehde wollte die Zeit mit seinen drei Kindern intensiver nutzen. Er begann, sich kleine Abenteuer zu überlegen. Er ging mit den beiden Mädchen (11 und 6 Jahre alt) und dem Sohn (4) raus aus dem Alltag und hinein in die Natur. Mal für ein paar Stunden, mal für ein Wochenende. Sie schliefen unter freiem Himmel, durchquerten einen Wald querfeldein, bestiegen den Gipfel eines Berges, paddelten einen Fluss entlang, bauten Höhlen und Brücken oder wanderten in einem Bach. Die kleinen Fluchten wurden zu unvergesslichen Erinnerungen und die Kinder entdeckten die Liebe zur Natur. Schnell lernten sie, dass dort draußen viel spannendere Abenteuer warten als in jedem Freizeitpark. Unterhaltsam und spannend erzählt Sven Wehde die Erlebnisse mit seinen Kindern und verrät Tipps und Tricks zum Nachmachen. Abenteuer-Experten wie Bergsteiger Reinhold Messner oder Mikroabenteurer Christo Foerster berichten zudem in Interviews, welche Abenteuer sie mit Kindern empfehlen würden. Ein inspirierendes Buch voller Ideen für Mikroabenteuer mit Kindern. Zum Lesen, und vor allem zum Nachmachen.
Pressestimmen:
"Wegen der Corona-Krise verzichten viele Familien auf Reisen. Auf Abenteuer müssen sie aber nicht verzichten. Auch in den heimischen Wäldern und auf Wiesen, Flüssen und Seen oder einfach im eigenen Garten können Eltern mit ihren Kindern die Natur entdecken oder spannende Touren machen. Tolle Inspiration und viele Tipps zum Nachmachen bietet das Buch "Abenteuer mit Kindern" von Sven Wehde, Redakteur bei den Lübecker Nachrichten."
Wochenspiegel, 30. September 2020

"Sven Wehde hatte sich vor einiger Zeit vorgenommen, mit seinen Kindern regelmäßig gemeinsam Abenteuer zu erleben. Größere wie das Besteigen eines Berges. Und kleinere vor der Haustür wie der morgendliche Spaziergang im Nebel auf dem Weg zum Kindergarten. Er hat darüber ein inspirierendes Buch geschrieben, das ich Euch wirklich ans Herz legen möchte – es macht Mut, es macht Lust, mit den Kindern loszuziehen und es bringt einen auf viele tolle Ideen."
Natalie Klüver, "Eine ganz normale Mama", Der Mamablog mit mehr Life als Style

"Am Ende der schnell gelesenen 255 Seiten kroch eine Stimmung in mir hoch, von der ich nie dachte, dass ich sie fühlen würde: Ich war ein wenig wehmütig, dass ich keine kleinen Kinder mehr habe. Dass ich dieses Buch nicht schon früher gelesen hatte. Dass ich nicht ein Abenteuer-Vater gewesen war wie Wehde. Und dann dachte ich, dass ich ja vielleicht irgendwann mal Grossvater bin."
Mikael Krogerus, ElternMagazin Fritz+Fränzi

"Die Erfahrungsberichte lesen sich flüssig und ich musste oft schmunzeln. Denn Sven spart neben all den unvergesslichen Momenten auch die Flops nicht aus und erzählt ehrlich davon, welche Hindernisse es manchmal zu überwinden gab...Sven Wehde hat mit seinem Buch genau den Nerv der Zeit getroffen. Gleichzeitig habe ich nach der Lektüre viele neue Ideen, deren Umsetzung wir jetzt kaum erwarten können."
Familie Motte, Freizeit- und Familienreiseblog

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 286

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Abenteuer mitKindern

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abenteuer mit Kindern

Unsere Erlebnisse als Familie in der Natur

 

InspirationIdeenGeschichtenTippsExperteninterviews

 

 

 

 

 

 

Sven Wehde

 

 

Impressum

Bibliografische Information der DeutschenNationalbibliothek:Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. 

© 2020 Sven Wehde

Lektorat und Korrektorat: Christina van ZwolHerstellung und Verlag: Idependently published

ISBN: 978165372681

Alle Rechte vorbehalten.

Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung.

www.kidsabenteuer.de

[email protected]

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Disclaimer

In diesem Buch werden Geschichten von Abenteuern mit Kindern erzählt. Das Nachmachen geschieht ausdrücklich auf eigene Verantwortung. Der Autor hat nach besten Wissen und Gewissen recherchiert und Experten hinzugezogen. Der Autor übernimmt jedoch keine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben und keine juristische Haftung.

Unternehmen Sie keine Abenteuer mit Ihren Kindern, die Sie nicht absolut sicher beherrschen.

Inhaltsverzeichnis

Drei Fragen zu Beginn      9

Warum dieses Buch?      9

Und warum Abenteuer?      11

Was ist ein echtes Abenteuer?      17

Das Expeditionsteam – unsere Familie      19

 

Vor der Haustür      21

„Ein riesiges Gefühl von Freiheit“:Mikroabenteurer Christo Foerster im Gespräch      22

Einfach los – Zwei Tage auf Tour mit dem Wanderwagen      31

Ein Trampolin-Bett im Garten: Schlafen unter den Sternen      45

 

Im Wald      51

„Kinder müssen die Natur fühlen”: Urwaldförster Knut Sturm im Gespräch      55

Querfeldein im Urwald      64

„Abseilen spielen“ im Wald      74

Wir bauen eine Brücke      78

Wo der „Keuler“ wohnt – eine Nachtwanderung im Wald      84

Kleine Futterstellen für Rehe und Wildschweine im Winter      98

Was wir Eltern über Zecken wissen müssen      95

 

In den Bergen      98

„Für Kinder ist das Lagern spannend“: Bergsteiger Reinhold Messner im Gespräch      105

Gipfeltour mit Kind: Als Papa lernt, was wirklich wichtig ist      110

Durch die rauschende Klamm      122

Klettern mit Kindern       129

 

Am Wasser      131

„Ich bin ein Freund der Ostsee“:Meeresbiologe Nikolaus Gelpke im Gespräch      133

Wie Robinson Crusoe: Übernachten am Ostseestrand      142

Canadier, Kajak oder Schlauchboot: eine Paddeltourauf dem Wasser      155

Sicherheitshinweise für Kanutouren      169

Zu Fuß im Wasser unterwegs – die Bachwanderung      170

 

Auf Reisen      176

„Keine Angst vor Abenteuerreisen mit Kindern“: Reiseautorin Gabriela Urban im Gespräch      177

Im Auto schlafen      185

Von Roadtripping und Autozügen      193

 

Noch mehr Ideen für Abenteuer      206

Der Hexenschatz im Wald      206

Strand- oder Waldolympiade      207

Fahrt ohne Ziel      207

Morgendämmerung in der Natur      208

Eine Höhle erkunden      209

In der Wildnis schlafen      209

In der Natur kochen      210

Eine Insel erobern      211

Das Zehn-Minuten-November-Abenteuer      212

Eine Kompasswanderung      213

Geocachen      213

Im Regenwald unterwegs      214

Ein Mittel gegen die Pubertät – Rollerskater-Tour:      215

Wanderung mit Tieren      216

Indianerschleichen      217

Winterwanderung mit Schlitten      217

Waldunterschlupf bauen      218

Barfußgehen      219

Boßelausflug      221

Regenzelten      223

 

Die Kraft der Fantasie      224

Ausrüstung      228

Links für Familien      235

Weitere Abenteuergeschichten für dich      240

Danksagung      241

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Drei Fragen zu Beginn

 

Warum dieses Buch?

 

Am Anfang habe ich unsere Familien-Abenteuer als Erinnerungen für meine Kinder aufgeschrieben. Doch die Glücksgefühle, die unsere kleinen Ausbrüche aus dem Alltag auslösten, waren so groß, dass ich unsere Erfahrungen teilen wollte. Ich habe gemerkt, dass wir nicht alleine sind. Immer mehr Menschen zieht es mit ihren Kindern in die Natur. In unseren vom Smartphone beherrschten Zeiten - und das meine ich gar nicht kritisch, auch ich mag mein iphone sehr - ist es wichtig, weiter den Kontakt zur realen Welt draußen zu pflegen. Für all diejenigen, die das ähnlich empfinden, ist dieses Buch.

Alle Geschichten haben wir genau so erlebt. Die Abenteuer kosteten in vielen Fällen kein Geld und oft reichte ein freier Nachmittag oder ein normales Wochenende. Es sind keine Indiana-Jones-Abenteuer, es gibt weder Löwen noch Piraten. Aber es gibt Bäume, Erde, Wasser, Sand, Tiere, Matsch, Sterne, Sturm, Sonne und wundervollen Regen.

Ich habe für dieses Buch versucht, unsere Abenteuer etwas zu strukturieren. Nach den großen Naturbereichen Wasser, Wald und Berge. Nach Abenteuern, die wir direkt vor der Haustür oder aber auf Reisen erlebt haben. Aber natürlich lässt sich das Leben und die Natur nicht in Schubladen stecken, daher gibt es auch viele Überschneidungen zwischen den Kapiteln. Denn eine Nachtwanderung kann vor der Haustür starten und dann durch den dunklen Wald führen, eine Bergwanderung kann uns zum Schwimmen ans Meer führen.

Dieses Buch ist zwar aus meiner Sicht als Papa geschrieben, aber es ist ein Buch für alle. Für Mamas und Papas, für Opas und Omas oder große Geschwister, die mit den Kleinen etwas erleben wollen. Es ist wohl weniger ein Buch für bereits erfahrene Outdoorexperten, sondern eher eines für ganz normale Freizeitabenteurer. Es soll unterhalten, inspirieren und Tipps geben. Es soll unsere Erlebnisse teilen und noch mehr dazu anregen, die Erfahrungen selbst zu machen. Es soll ein Buch sein, das lange währt, das auf dem Wohnzimmertisch, im Regal oder meinetwegen auch auf dem WC liegt. Immer mal wieder nimmt man es zur Hand, liest die eine oder andere Geschichte. Dann wird der Rucksack gepackt und los geht es: nach draußen. In die Natur.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Und warum Abenteuer?

 

Es hilft alles nichts. Bevor wir in diesem Buch in den Wald gehen oder auf Berge klettern, gibt es ein wenig Theorie. Es sei denn, du blätterst jetzt einfach vor.

Du bist noch da? Sehr schön.

Ich habe mir Gedanken darüber gemacht, warum ich überhaupt damit angefangen habe, mit meinen Kindern regelmäßig rauszugehen. Möglicherweise sind dies genau die gleichen Gründe, aus denen du vor ungefähr einer Minute angefangen hast, in diesem Buch zu lesen.

Bis in die 1990er-Jahre gab es in den Familien nur wenige Ausbruchsversuche aus der klassischen Rollenverteilung. Der Vater ging arbeiten, die Mutter blieb daheim. Wenn der Mann dann am späten Nachmittag nach Hause kam, hängte er das Jackett über den Stuhl oder den Blaumann in den Kellerschrank und wollte seine Ruhe nach einem harten Tag. Die Mutter kochte Gulasch oder Erbsensuppe, hing die Wäsche auf und spielte mit den Kindern „Mensch ärgere dich nicht”. Oder die Kinder spielten gleich alleine irgendwo draußen. So oder so ähnlich sah es noch vor 30 Jahren aus, nicht überall, aber doch in vielen Familien.

Viele der älteren Väter blickten dann nach der Jahrhundertwende zunächst verwundert auf die Familien ihrer Kinder. Plötzlich wechselte der Papa die Windeln und nahm Erziehungsurlaub oder die Frau arbeitete und verdiente mit. „Ist das nicht die Aufgabe des Mannes, die Familie durchzubringen“, fragten sich die Alten. Doch aus Verwunderung wurde mit den Jahren oftmals Bewunderung. „Was die Väter heute alles mit ihren Kindern machen, ist toll. Ich habe das nie gemacht. Es ist schade, aber es war einfach eine andere Zeit”, erzählte mir mal ein älterer Herr, den ich bei einer Recherche für einen Zeitungsartikel kennenlernte. Der Mann hatte Recht, die Rollenbilder waren früher andere - und sie waren starrer. Doch heute haben sich nicht nur die gesellschaftlichen Werte längst gewandelt. Den Veränderungen in den Köpfen folgte die Anpassung der sozialpolitischen und arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen. Während meist davon gesprochen wird, dass die zunehmende Gleichberechtigung von Mann und Frau ein Erfolg für das weibliche Geschlecht ist, bin ich davon überzeugt, dass sie ebenso ein Glück und eine Befreiung für alle klar denkenden Männer ist. Denn heute gibt es viel mehr Möglichkeiten, sich nicht nur als arbeitende Mutter, sondern auch als arbeitender Vater mehr Zeit für seine Kinder zu nehmen. Es gibt Elternzeiten, Teilzeitmodelle, Homeoffice oder Sabbaticals. Männer sind nicht mehr unwiederbringlich in der Karrierefalle gefangen. Sie sollten sich darüber freuen. Doch so positiv diese Veränderungen sind, es ändert nichts daran, dass Essen und Kleidung gekauft und das Haus oder Auto abbezahlt werden müssen - und daher in der Realität meist doch ein Elternteil voll arbeitet. Und in 87 Prozent der Familien ist dies eben nach der letzten Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach immer noch der Vater. Wir stehen auch hier vor Veränderungen, selbst in den konservativsten Unternehmen taucht auf den Betriebsversammlungen mittlerweile der Begriff „Work-Life-Balance“ auf. Arbeitnehmer, auch viele Männer, wollen nicht mehr, dass die Arbeit ihr Leben komplett dominiert. Sie wollen Beruf und Privates in Einklang bringen. Wahrscheinlich werden sich in zehn Jahren viele Eltern Beruf und Erziehung teilen, in dem beide Teilzeit arbeiten. Noch hinkt die reale Arbeitswelt aber diesen Wünschen hinterher. Und noch fehlt einigen Männern auch der Mut, sich von ihrer Rolle als „alleiniger Ernährer der Familie“ zu verabschieden. Dies führt zu einem Dilemma: Viele Väter haben einen Vollzeitjob, wollen aber trotzdem an der Kindheit ihrer Mädchen und Jungen intensiv teilhaben. Auch mir geht es so. Ich habe zwei Mädchen und einen Jungen. Sie sind die wichtigsten Menschen in meinem Leben und ich möchte Verantwortung bei ihrer Erziehung übernehmen - und vor allem möchte ich ihnen eine unbeschwerte, liebevolle Kindheit mit auf ihren weiteren Lebensweg geben. Egal, was sie als Erwachsene erwartet, ihre Kindheit soll ihr Schutzraum sein. Eine Zeit der glücklichen Erinnerungen, die ihnen niemand auf der Welt mehr wegnehmen kann. Es gibt da diese wunderbare Szene in dem Film „Die Seeräuber” von 1966 aus der Reihe „Ferien auf Saltkrokan“, für die Astrid Lindgren das Drehbuch schrieb. Der alleinerziehende Vater Melker Melkersson und der Krämer Nisse Grankvist schenken ihren Kindern einen Abenteuertag, Schäkertag genannt. Einen ganzen Tag lang spielen sie mit ihren Kindern auf einem alten Kahn Piraten. Am Abend begegnen sie dem griesgrämigen Fischer Westermann, der Melkersson fragt, was denn der Blödsinn soll, den er da veranstaltet. Da antwortet Melkersson: „Kannst du verstehen Westermann, dass diese Kinder da, wenn sie groß sind und alles andere vergessen haben, sich noch an diesen heutigen Spieltag erinnern?” Ein besseres Plädoyer für Abenteuertage gibt es nicht.

Eine Reduzierung der Arbeitszeit kam bei meiner damaligen Tätigkeit als Redaktionsleiter nicht in Frage, also gab es nur eine Alternative. Wenn ich nicht mehr Zeit mit meinen Kindern verbringen kann, muss ich die Zeit, die ich habe, intensiver nutzen.So wurde ich Abenteuer-Papa.

Die Zeit mit seinen Kindern intensiver zu nutzen und gemeinsame Erlebnisse zu schaffen, an die wir uns noch lange erinnern, heißt übrigens nicht, jeden freien Tag etwas Besonderes zu unternehmen. Denn dann wird das Besondere zum Alltäglichen und verliert seinen Wert. Zudem bin ich davon überzeugt, dass Kinder Ruhezeiten und Ruheräume brauchen. Sie brauchen Zeit, um sich allein mit ihrem Spielzeug in fantastische Welten zu verlieren, die sie nur in ihrem Kopf erschaffen. Sie brauchen Zeit, um mit Freunden zu spielen, zu streiten und die Welt auch mal ohne die Eltern zu erkunden. Deshalb bin ich ein Gegner von zu vollen Terminkalendern bei Kindern. Es ist großartig, wenn ein Kind neugierig ist und Lust hat, viele Dinge auszuprobieren. Meine Kinder dürfen verschiedene Hobbys testen. Die Mädchen haben Ballett gemacht, jetzt sind sie beim Turnen. Josefina, meine Große, hat zudem mal Klavierunterricht gehabt, doch dann wieder aufgegeben, weil ihr das Lernen neben der Schule zu viel wurde. Die Kinder können gern alles kennenlernen, bis sie das Hobby gefunden haben, das das richtige für sie ist. Nur sie dürfen eben nicht alles gleichzeitig machen. Da sollten wir unsere Kinder vor sich selbst schützen. In unserer Familie sind daher zwei Nachmittagstermine in der Woche für ein Kind das Maximum. Und unsere Abenteuertage haben wir ungefähr einmal im Monat, im Sommer etwas mehr, im deutschen Matsche-Winter etwas weniger. Es müssen auch nicht immer alle Kinder dabei sein, es gibt keinen Gruppenzwang. Im Gegenteil: Gerade in Familien mit vielen Kindern ist es für den einzelnen auch mal schön, wenn er oder sie Mama oder Papa für ein paar Stunden ganz für sich alleine hat. Ich veranstalte daher in unregelmäßigen Abständen reihum Papa-Wochenenden, an denen ich nur mit einem meiner Kinder wegfahre oder etwas unternehme.

Abenteuer müssen nicht groß und gefahrvoll sein. Für ein tolles gemeinsames Erlebnis muss ich mit meinen Kindern keine Alpenüberquerung machen und mich auch nicht eine Woche auf einer einsamen Insel aussetzen lassen.

Ein Abenteuer muss auch nicht teuer sein. Der britische Abenteurer Alastair Humphreys erfand 2014 den Begriff Mikroabenteuer und setzte damit einen Trend, der auch in Deutschland erste Wurzeln schlägt. Es geht dabei um kleine Alltagsverlagerungen, meist in die Natur. Sie dauern nicht lange, kosten nicht viel und lassen sich auch in den normalen Tages- und Wochenablauf eines Berufstätigen integrieren. Eine Nacht im Wald zu schlafen oder einen Fluss entlang zu schwimmen gibt Menschen eine Herausforderung und die Möglichkeit, einige Stunden der Hektik des Alltags zu entfliehen und sich selbst wieder besser zu spüren.

Die Rückbesinnung auf die Natur ist ein wichtiges Kennzeichen unserer Gegenwart. Es ist die Gegenbewegung zur digitalen Welt, in der die meisten Menschen immer mehr unter Stress geraten. Sie sind ständig erreichbar, meist unter Zeitdruck und leben als Multitaskingwesen zugleich in der realen und der Social-Media-Welt. Vor einigen Wochen habe ich Jugendliche gesehen, die zusammen vor ihrer Schule saßen und sich unterhielten ohne sich anzuschauen, weil sie zeitgleich auf ihren Smartphones Spiele zockten oder ihren Instagram-Account checkten. Als Teenager ist das vielleicht noch zu bewältigen, aber vielen Erwachsenen ist die Welt irgendwann zu viel und zu kompliziert geworden. Diese Menschen machen sich die Welt selbst wieder einfacher. Das ist, so glaube ich, der Grund, warum das Wandern seit einigen Jahren plötzlich wieder in Mode ist und warum Outdoor-Magazine so viele Leser haben. Der moderne Mensch flieht zurück in die Natur.

Ich habe dies auch bei mir selbst beobachtet. Es war vor zwei oder drei Jahren. Ich fühlte mich extrem gestresst. Das Telefon klingelte ununterbrochen, ich hatte massenhaft Termine und zu Hause jede Menge familiäre Verpflichtungen. Eines Tages bin ich in den Wald gefahren. Ich ging einige Meter den Weg entlang, bog dann ohne lange zu überlegen plötzlich ab und verschwand im Unterholz. Ich wanderte vielleicht eine Stunde fernab der Wege und der Zivilisation durch den Wald, schob mich zwischen Tannen und Buchen hindurch, balancierte über einen umgestürzten Baum und dachte an - nichts. Diese Stunde gab mir mehr Kraft als jedes Wellness-Wochenende. Eine Studie der US-amerikanischen Universität Michigan hat mittlerweile sogar bewiesen, dass Menschen, die mindestens drei Mal die Woche für 20 bis 30 Minuten in die Natur gehen, ihr Level an Stresshormonen deutlich senken können. Natürlich muss dabei das Smartphone ausgeschaltet bleiben…Meine Kinder spüren diesen Druck des Erwachsenseins noch nicht. Trotzdem gibt es auch in ihrer Welt Schulstress, Termine und … ja, Smartphones und Tablets. Es ist unsinnig, die Technik zu verteufeln und unseren Kindern vorzuenthalten. Die Früher-war-alles-besser-Argumente waren schon in der Generation unserer Eltern reine Nostalgie. Die Welt war früher nicht besser und ist heute nicht schlechter. Sie ist nur anders. Na klar ist es romantisch, wenn Oma vom Milchladen und dem Fleischer um die Ecke schwärmt. Viele Städte versuchen auch durch politische Maßnahmen das Sterben des Einzelhandels in ihren Innenstädten aufzuhalten und das Wachstum der großen Einkaufszentren auf der Grünen Wiese zu stoppen. Doch sie werden scheitern. In einer Zeit mit wenig Zeit wollen die Menschen schnell einkaufen und möglichst alles in einem großen Geschäft finden. Doch anstatt sich neue Konzepte für die Innenstädte zu überlegen, versuchen Politiker zu stoppen, was nicht zu stoppen ist. Genau so ist es mit unseren Kindern. Smartphones, Tablets und die sozialen Medien gehören heute zum Leben dazu. Was wir als Eltern aber tun können, ist einen schlauen Zeitpunkt festzulegen, ab welchem Alter wie viel Technik und Social Media sinnvoll ist und sie bei der Nutzung zu begleiten. Und genauso wichtig ist es, unseren Kindern zu zeigen, dass es draußen im Wald, am Strand und in den Bergen eine natürliche Welt gibt, die so viel schöner und aufregender ist, als alle virtuellen Welten zusammen. Das mag jetzt pathetisch klingen, aber so legen wir den Grundstein für die Zukunft unserer Kinder und unserer Welt. Denn nur wenn unsere Kinder die Kraft der Natur kennen, können sie sie selbst nutzen, wenn sie als Erwachsene unter dem Druck der modernen Zivilisation leiden. Und nur wenn unsere Kinder die Schönheit der Natur gesehen und gespürt haben, wenn sie Rehe und Hasen beobachtet, den Sand und das Gras an den Füßen gefühlt und den Sternenhimmel beobachtet haben, werden sie unsere Natur schützen. Wir schützen das, was wir kennen und lieben.

Daher führten unsere Abenteuer die Kinder und mich hinaus. Wir öffneten die Haustür und gingen nach draußen. In den Garten, in den Wald, auf den See, ans Meer, in die Berge...

 

Was ist ein echtes Abenteuer?

 

Die morgendliche Sonne scheint über die Gipfel der Südtiroler Alpen hinweg und wirft ihre Strahlen wie einen Scheinwerferkegel auf die Terrasse des Schlosses Sigmundskron bei Bozen. Im Licht dieses Scheinwerfers sitzt Reinhold Messner, einer der letzten großen Abenteurer der Gegenwart. Er hat alle vierzehn Achttausender bestiegen, die Antarktis und die Wüste Gobi zu Fuß durchquert. Er ist an diesem Tag 74 Jahre alt und auch wenn sein wallendes Haar grau geworden ist und er etwas müde wirkt, bilden diese Abenteuer immer noch eine respekteinflößende Aura, die ihn umgibt. Dieser Mann weiß, was ein Abenteuer ist und in unserem Gespräch macht er schnell klar, dass ein echtes Abenteuer für ihn auch echte Gefahr bedeutet. „Ein Abenteuer ist schwierig, es ist gefährlich und es ist exponiert, also weit weg von jeder Sicherheit”, sagt Messner.Später, auf der Rückfahrt zum Hotel, denke ich lange über diesen Satz nach und überlege, ob ich den Begriff des Abenteuers missbrauche oder entwerte, wenn ich ihn für die Touren benutze, die ich mit meinen Kindern unternehme. Für Reinhold Messner ist eine Querfeldeinwanderung im Wald oder eine Strandübernachtung sicher kein Abenteuer. Allerdings hat Reinhold Messner bei seiner Definition von Abenteuer auch von erwachsenen Abenteuerprofis gesprochen und nicht von Kindern. Ich bin mir sicher, dass der Begriff richtig ist. Denn ein Abenteuer definiert sich immer aus der Sicht des Betrachters. Deshalb ist eine Nachtwanderung im Wald wohl für die meisten Erwachsenen nur ein Spaziergang, für meinen fünfjährigen Sohn Mats aber ein großes Abenteuer voller Gefahren. Allerdings nur ein gefühltes, denn die reale Bedrohung ist nur gering, und genau das ist mir wichtig: Ein Erwachsener kann, wenn er für sich alleine unterwegs ist, selbst entscheiden, welche Gefahren er eingeht. Unsere Kinder können das nicht, sie leben in dem vollen Vertrauen, dass wir als ihre Eltern die ganze Welt und das Schicksal kontrollieren können. Es ist eine Art Urvertrauen, das wir niemals missbrauchen sollten. Natürlich können wir nicht das Schicksal kontrollieren und niemals alle Risiken von unseren Kindern fernhalten, aber wenn wir mit unseren Kindern ein Abenteuer erleben, sollte eine Grundregel immer gelten, egal, was wir tun: Für die Kinder soll die Tour ein Abenteuer sein, für uns als Mutter oder Vater muss es etwas sein, von dem wir wissen, dass wir es jederzeit hundertprozentig beherrschen, denn wir tragen in diesen Momenten eben nicht nur eine Verantwortung für unser Leben, sondern auch für die unserer Kinder. Eine größere Verantwortung gibt es nicht.

 

      

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Expeditionsteam – unsereFamilie

 

Im Frühtau zu Berge: (hinten v.l.) Josefina, Mama Yvonne und Papa Sven mit Mats und Carline

 

Sven Wehde, Jahrgang 1975, Vater und Expeditionsleiter, hat nach einer langen Phase des Stadt- und Bürolebens vor einigen Jahren seine Liebe zur Natur wiederentdeckt und möchte sie nun an seine Kinder weitergeben. Selbstbild: verwegener Abenteurer und topfit. Liebevolle Kritiker würden sagen: großes Kind mit Übergewicht.

 

Yvonne Czerny-Wehde, Jahrgang 1974, Mutter und Leiterin des Basislagers. Ist bei einigen der Touren dabei, aber nur die, die über „richtige Wege“ führen und bei denen sie am Ende in einem „vernünftigen Bett“ schlafen darf. Ansonsten konzentriert sie sich lieber darauf, den spannenden Erzählungen der Abenteurer zu lauschen.

 

Josefina „Josi“ Wehde, Jahrgang 2005, älteste Tochter und Anführerin der Kinderschar. Begleitet mit Begeisterung die ersten Abenteuer und sieht sich irgendwann mit einer Krise konfrontiert. Hin- und hergerissen zwischen Kindheit und Pubertät muss sie eine Entscheidung treffen: mit Papa in die Wildnis oder lieber auf dem Zimmer Handy spielen und Youtube gucken?

 

Carline Wehde, Jahrgang 2011, ist zu Höchstleistungen fähig, wenn sie Spaß daran hat. Liebt Tiere sehr, sieht sie im Wald aber nur selten, denn sie redet gern viel und laut... Ein gepflegtes Picknick ist für sie Grundvoraussetzung für eine gelungene Tour.

 

Mats Wehde, Jahrgang 2014, bezeichnet sich selbst als unerschrockenen, gefährlichen „Bergtiger”. Marschiert bei Wanderungen gern vorne weg. Wenn es besonders spannend wird, ist der kleine Tiger jedoch gefangen im Körper eines scheuen Kätzchens, das zwar laut fauchen kann, aber doch lieber den anderen den Vortritt lässt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Vor der Haustür

 

Um Abenteuer zu erleben, müssen wir nicht weit reisen. Es genügt, einen Schritt aus der Tür zu tun, und die Welt steht uns offen. Natürlich hängt es auch davon ab, wo und wie wir wohnen. Aber im Prinzip lässt sich überall etwas erleben. Meine Kinder haben besonderes Glück. Unser Reihenhaus hat einen Garten, der direkt an eine Wiese grenzt, und alle ihre Freunde erreichen sie über den Fußweg unserer Reihenhaussiedlung ohne eine Straße queren zu müssen. Ich bin selbst in einer ruhigen Wohnstraße aufgewachsen, die nur Hundert Meter von der damaligen deutsch-deutschen Grenze entfernt war. Meine Welt hatte einen Radius von zwei Kilometern um unser Haus – und war damit unendlich groß und reich an Möglichkeiten.

Genauso ist es, wenn meine Kinder und ich Abenteuer erleben möchte. In vielen Fällen ist es gar nicht nötig, sich ins Auto zu setzen und irgendwo hinzufahren. Nicht das Wo ist bei diesen Abenteuern entscheidend, sondern das Was und Wie. Wenn wir Tiere beobachten wollen, brauchen wir nicht in den Zoo fahren, sondern wir springen über den Gartenzaun und gehen hinaus in die Natur. Viele Male bin ich mit meinem kleinen Mats durch den Wald vor unserem Haus gelaufen, bis er als Vierjähriger gelernt hat, wie ein Indianer zu schleichen. So war er so leise, dass wir zwei Rehböcken begegnet sind, die uns erst bemerkt haben, als wir nur noch 20 Meter von ihnen entfernt waren. Noch heute erinnert er sich an diese Beobachtung besser als an jeden Löwen, den er jemals im Zoo gesehen hat.

Selbst der Garten kann für Kinder zum schönsten Ferienlager werden, wenn sie mit ihren Freunden dort ihre Zelte aufschlagen. Und wer zum Wandern mal nicht irgendwo hinfährt, sondern einfach zu Hause startet, der wird das Dorf, durch das er Hunderte Male mit dem Auto gefahren ist, auf seinem Fußmarsch nicht wiedererkennen. Es ist, als wäre man zum ersten Mal an diesem Ort.

„Ein riesiges Gefühl von Freiheit“:Mikroabenteurer Christo Foerster im Gespräch 

Schläft sehr gern im Wald: Christo Foerster. Foto: Torsten Kollmer

 

Christo Foerster, geboren 1977, schläft gerne draußen in der Natur, baut sich auch mal ein Floß aus Totholz oder radelt über Nacht quer durch Deutschland. Bei seinen Touren hat der Motivationstrainer, Vortragsredner und Buchautor viele Erfahrungen gesammelt und daraus eines der ersten deutschen Bücher über den Trend Mikroabenteuer geschrieben. Also über kurze Abenteuer, die man am Wochenende oder sogar einfach zwischen Feierabend und dem nächsten Morgen erleben kann, und zwar direkt vor der Haustür. Christo Foerster ist verheiratet und hat eine Tochter und einen Sohn. Die Kinder nimmt er natürlich immer mal wieder mit auf seine Abenteuer. Daher hat er einige gute Tipps für Eltern mit Abenteuerambitionen. Ich treffe ihn in einem Cafe in seiner Heimatstadt Hamburg.

Wie kamen die Mikroabenteuer in dein Leben?

Christo Foerster: Ich war in einer neuen Lebensphase, meine Frau und ich hatten unsere Tochter und unseren Sohn bekommen, ich hatte mich selbstständig gemacht und gemerkt, dass ich durch die neuen Lebensumstände gar nicht mehr so weit und so lange fort sein kann, um große Abenteuer zu erleben. Und dass ich auch gar nicht mehr ständig so weit weg will. Aber die Sehnsucht nach dem Abenteuer war trotzdem noch da. So kam ich zu meinem ersten Mikroabenteuer im engeren Sinn.

Was hast du da gemacht?

Das war eine Fahrradfahrt von Hamburg nach Berlin über Nacht. Ich hatte mit einem Freund in Berlin telefoniert und wie man das so macht, haben wir uns beide gesagt, dass wir uns mal wieder sehen müssen. Dann habe ich aus dem Bauch heraus gesagt: ,Pass auf, wir treffen uns morgen zum Frühstück in Berlin und ich komme mit dem Fahrrad.' Das habe ich dann aus dem Schuppen geholt und bin am Nachmittag losgefahren, die ganze Nacht durch. Vorher war ich zehn Jahre lang nicht mehr als 20 Kilometer am Tag gefahren. Als ich nach 324 Kilometern ankam, war ich körperlich völlig fertig, aber auch sehr glücklich. Das war ein großartiges Abenteuer. In Berlin bin ich dann mit meinem Rad in den Zug gestiegen und war so nach nicht mal 24 Stunden wieder zu Hause. Bei diesem Abenteuer habe ich gemerkt, dass ich auf nichts warten muss, ich muss einfach nur mein Fahrrad nehmen und losfahren oder die Wanderschuhe anziehen und losgehen. Einfach von der Haustür aus.

Was geben dir die Abenteurer in der Natur?

Sehr viel. Zum einen braucht der Mensch das Erlebnis draußen zu sein. So lange wir noch keinen Chip unter der Haut haben, sind wir ja selbst Natur. Wir Menschen sind ein Teil der Natur, wir leben nur heute oft nicht mehr so. Aber wir fühlen uns in der Natur sehr wohl, weil es unser ursprünglicher Lebensraum ist. Dort können wir auch unseren Ur-Instinkten, zu denen das Entdecken gehört, folgen. Wir fahren ja nicht umsonst im Urlaub ans Meer oder in die Berge. Das ist ein Urtrieb. Zum anderen gibt es bei den Mikroabenteuern einen großen Unterschied zu den großen Abenteuern. Die großen Touren sind oft eine Flucht aus dem Alltag. Man sagt ja dann auch oft: ,Ich hau ab oder ich steige aus.' Dann bist du eine Zeit lang weg und hast vielleicht ein gutes Erlebnis, aber dann kommst du wieder und es ist alles wie vorher. Du hast deinen Alltag nicht verändert, sondern warst nur eine bestimmte Zeit raus. Mit den Mikroabenteuern hast du hingegen die Möglichkeit, deinen Alltag umzugestalten und mehr Abenteuer in dein normales Leben zu holen. Nimm dein Zeug gleich mit zur Arbeit und fahr nach Feierabend raus, übernachte in der Natur und dann am nächsten Morgen kannst du direkt wieder zur Arbeit fahren.

Es gibt in Deutschland zurzeit einen großen Outdoor-Trend, sogar Wandern ist wieder richtig in. Woher kommt das?

Früher war das Erleben der Natur mehr in den Alltag der Menschen integriert, das ganze Leben in vielen Details abenteuerlicher, weniger kontrolliert. In meiner Kindheit auf dem Dorf waren wir den ganzen Tag nur draußen. Heute ist einfach eine andere Zeit. Vielleicht hätte so eine Idee wie die der Mikroabenteuer vor 30 Jahren gar nicht funktioniert, weil die Menschen sich gefragt hätten, wozu das gut sein soll. Sie waren doch auch so genug draußen. Aber wir leben heute in einer Zeit, in der wir immer weniger dieser ehrlichen Naturerlebnisse in unserem Alltag haben und in der auch viel mehr Menschen in den Städten leben. Deshalb suchen wir bewusst in unserer Freizeit wieder mehr den Kontakt zur Natur.

In deinem ersten Mikroabenteuer-Buch schreibst du, dass Mikroabenteuer perfekt für Kinder sind. Dass aber nicht die Eltern die Kinder mitnehmen, sondern die Kinder die Eltern. Was steckt hinter diesem Gedanken?

Es geht um Motivation. Wir Erwachsenen machen es oft, dass wir die Kinder mitschleppen und ihnen etwas aufdrücken, das wir uns ausgedacht haben. Die Kinder haben aber viel mehr Spaß, wenn sie machen, worauf sie Bock haben. Wenn da immer einer ist, der dich antreibt, dann motiviert das nicht. Deshalb sollten wir zum Beispiel bei einer Wanderung die Kinder mal für eine Stunde anführen lassen. Die Kinder möchten eine Rolle haben und mitgestalten. Am besten beziehe ich die Kinder und ihre Bedürfnisse sogar in die Planung mit ein. Wenn dein Kind in die Pubertät kommt und gern mit dem Handy rumdaddelt, gehe ich vielleicht in der Natur mit ihm geocachen und binde das Medium so mit ein.

Welche Rolle hat das Spielen bei einem Abenteuer?

Eine sehr große Rolle. Wenn wir Eltern mit unseren Kindern unterwegs sind, müssen wir uns von unserem durchstrukturierten Denken frei machen und spielerisch da ran gehen. Das ist sehr wertvoll und genau das, was ein Abenteuer ausmacht. Etwas nicht durchplanen und sich überraschen lassen. Im Moment sein, und nicht daran denken, wo ich noch hin muss oder welchen Kilometerdurchschnitt ich gerade gehe. Und wenn die Kinder mehr Spaß haben, haben wir ja auch mehr Spaß.

Was macht denn deinem Sohn und deiner Tochter Spaß, wenn ihr draußen seid?

Kinder sind unterschiedlich, und das merke ich auch bei meinen. Mein Sohn hat große Freude an körperlicher Aktivität, mit dem war ich, als er sechs Jahre alt war, auf der Zugspitze. Der ist da hochgelaufen wie eine Maschine, weil er Spaß an der Herausforderung hatte und unbedingt da oben stehen wollte. Seine Schwester hatten wir nicht dabei, denn die ist zwar zwei Jahre älter, aber hat ganz andere Interessen. Mit meiner Tochter laufe ich dafür über den Strand und suche Steine.

In welchem Alter bist du mit deinen Kindern zum ersten Mal zu einem Abenteuer aufgebrochen?

Meine Frau und ich waren mit den Kindern in Neuseeland, da war mein Sohn drei und meine Tochter fünf Jahre alt. Wir sind mit ihnen den Routeburn-Track gegangen. Fünf Tage waren wir unterwegs, es ging über 45 Kilometer mit ordentlichen Anstiegen. Zwei Mal haben wir auf einem Zeltplatz, zwei Mal auf einer Hütte übernachtet. Wir mussten alles mitnehmen, auch das Essen für fünf Tage. Das war fast eine Expedition, wir mussten alles genau abzählen. Unsere wichtigste Regel war: Keiner wird auch nur einen Meter getragen. Dieses Abenteuer war die großartigste Erfahrung, die wir bisher als Familie gemeinsam gemacht haben. Auf einmal haben die Kinder abends sogar Thunfisch gegessen, obwohl sie ihn eigentlich nicht mochten. Aber sie waren so fertig und es war toll, etwas zu essen zu haben. Da wir sogar die Gummibärchen abzählen mussten, gab es abends immer nur eines. Wie unglaublich glücklich so ein einziges Gummibärchen machen kann…

Du hast auf dieser Tour auch das Erzählen von Geschichten als Motivation entdeckt...

Ja, wir haben sehr viel und lange Geschichten erzählt. Mir ist aufgefallen, wenn man lange mit Kindern unterwegs ist, fängt man auf einmal an, viel intensiver zu reden und sich zu unterhalten, als es oft im Alltag möglich ist. Geschichten erzählen ist da nur ein Teil davon. Wir haben für die lange Tour aber ein paar Charaktere gehabt wie die Möwe „Jonathan“. Sie lebt in Neuseeland am Strand und erlebt viele Abenteuer. Und meine Frau hat immer von einem Flugelefanten erzählt.

Trotz Geschichten, Spiel und Motivation hatten die Kinder bestimmt gerade auf Wanderungen immer mal wieder Krisen. Wie gehst du damit um?

Pädagogisch wertvolle Tricks habe ich nicht (lacht). Im Notfall greifen wir doch alle mal zur Erpressung. Wenn du das oder dies nicht machst, gibt es drei Tage kein Fernsehen oder Ähnliches. Bei uns funktioniert aber vor allem ein Lockmittel gut: Spaghetti-Eis. Im Ernst, ich denke, am Wichtigsten ist Ablenkung. Kinder sind in einer Krise oft wie in so einem Kein-Bock-mehr-Film, da muss man sie dann irgendwie raus bringen.

Du hast mal gesagt, dass Freunde die beste Motivation sind...

Ja, die Kinder haben dann einen Weggefährten der auf Augenhöhe ist und mit dem sie das Erlebnis teilen können. Das kann total motivieren, weil der Fokus nicht mehr auf den Erwachsenen liegt, sondern die Kinder das Abenteuer mehr unter sich erleben. Es darf natürlich nur niemand sein, der alle runterzieht oder ausbremst. Man muss also gucken, wer geeignet ist.

Welches war der schönste Abenteuermoment mit deinen Kindern?

Die Erfahrung, mit meinem Sohn auf der Zugspitze zu stehen, war sehr intensiv. Aber der ergreifendste Moment war zwei Wochen danach, als ich in ein Freundebuch geguckt habe, das mein Sohn von einem Klassenkameraden bekommen und ausgefüllt hat. Darin stand unter der Rubrik „Mein schönstes Erlebnis”: mit Papa auf der Zugspitze. Das hat ihn so stolz gemacht. Es ist überhaupt schön, wenn etwas in Erinnerung bleibt. Die Kinder erzählen auch jetzt immer noch von Neuseeland. Und zwar nicht, weil das weit weg war, sondern weil es eine intensive gemeinsame Zeit war.

Ist das deine Motivation, wenn du die Kinder mitnimmst, ihnen ein Erlebnis zu schaffen, das in Erinnerung bleibt? Oder geht es auch darum, etwas zu lernen?

Es sind vor allem die Erlebnisse. Ich möchte, dass sie die Kraft dieser Erlebnisse spüren und so lernen, nicht nur Dinge haben zu wollen, sondern erleben zu wollen. Erlebnisse machen das Leben reich, nicht die Dinge, die wir haben. Ich würde mir aber natürlich wünschen, dass die Erlebnisse sie auch darüber hinaus nachhaltig prägen. Die Kinder sollen verinnerlichen, was die Natur für eine Kraft hat und wie wichtig sie auch für einen selbst ist. Sie sollen die Natur wertschätzen, auf sie Acht geben und sich ihr respektvoll gegenüber verhalten.

Wie oft unternimmst du mit deinen Kindern gemeinsam Mikroabenteuer?

Es gibt keine Regelmäßigkeit, aber vielleicht im Schnitt so sechs Mal im Jahr. Im Frühjahr und Sommer sind es natürlich mehr als im Winter. Ich habe von meiner Frau die Vorgabe, dass ich bei weniger als null Grad Nachttemperatur nicht mit den Kindern draußen schlafen darf (lacht).

Was ist ein guter Einstieg für ein Mikroabenteuer mit Kindern?