Abrechnung in den Los Diablos - Robert E. Howard - E-Book

Abrechnung in den Los Diablos E-Book

Robert E. Howard

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Beschreibung

Fünf Brüder geraten auf die schiefe Bahn, doch einer von ihnen kann zum Helden werden. Ein junger Cowboy und ein alter Indianer begeben sich auf die Suche nach einer gewaltigen Goldader. Zwei faszinierende Wild-West-Novellen vom Kult-Autor Robert E. Howard Aus dem Amerikanischen von Markus Müller Die Printausgabe umfasst 162 Buchseiten.

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Robert E. HowardABRECHNUNG IN DEN LOS DIABLOS

In dieser Reihe bisher erschienen:

1001 Edgar Rice Burroughs Caprona - das vergessene Land

1002 Ernst Konstantin Sten Nord - der Abenteurer im Weltraum

1003 Unbekannter Autor Jack Franklin, der Weltdetektiv

1004 Robert E. Howard Die Geier von Wahpeton

1005 Robert E. Howard Abrechnung in den Los Diablos

1006 Robert E. Howard Steve Costigan – Seemann und Boxer

1007 Murray Leinster Der tollwütige Planet

Robert E. Howard

ABRECHNUNG INDEN LOS DIABLOS

Aus dem Amerikanischen vonMarkus Müller

Diese Reihe erscheint in der gedruckten Variante als limitierte und exklusive Sammler-Edition!Erhältlich nur beim BLITZ-Verlag in einer automatischen Belieferung ohne ­Versandkosten und einem Reihen-Subskriptionsrabatt.Infos unter: www.BLITZ-Verlag.de© 2018 BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a, 51570 WindeckRedaktion: Markus MüllerTitelbild: Rudolf Sieber-LonatiUmschlaggestaltung: Mark FreierSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-774-0Dieser Roman ist als Taschenbuch in unserem Shop erhältlich!

Seine von zahlreichen Umzügen geprägte Kindheit verbrachte der 1906 im texanischen Peaster geborene Robert E. Howard in zehn verschiedenen, zumeist durch Viehzucht geprägten, Kleinstädten und Dörfern.

Mit achtzehn Jahren verkaufte Howard seine erste Story an das Weird Tales Magazine. Bevor es ihm gelang, seinen Lebensunterhalt ausschließlich als Schriftsteller zu finanzieren, verdingte er sich in verschiedenen Jobs, beispielsweise als Landvermesser oder Cowboy. Innerhalb weniger Jahre stieg Howard zu einem der erfolgreichsten, amerikanischen Pulp-Autoren seiner Zeit auf. Jedoch war es ihm nicht vergönnt, die Früchte seiner Arbeit lange zu genießen. Am 11. Juni 1936 nahm er sich in Cross Plains in Texas im Alter von nur dreißig Jahren das Leben.

Obwohl Robert E. Howard keine lange Schaffenszeit vergönnt war, hinterließ er der Nachwelt ein umfangreiches Werk. In Deutschland ist er in erster Linie durch seine Fantasy-Storys um Helden wie Conan den Barbaren bekannt, aber auch durch Horrorerzählungen und die Zugehörigkeit zum Lovecraft Circle. Daneben verfasste er zahlreiche abenteuerliche Geschichten aus dem Orient, Anekdoten rund um schlagkräftige Boxer sowie Western.

Besonders das Westerngenre hatte es Howard angetan, da es ihm die perfekte Möglichkeit bot, die Verbundenheit zu seiner geliebten texanischen Heimat und dem rauen Menschenschlag, den diese damals gebar, zum Ausdruck zu bringen. Kurz vor seinem Tod verlegte sich Howard fast komplett auf das Schreiben von Western.

Der vorliegende Band enthält die beiden Geschichten Abrechnung in den Los Diablos sowie Trommeln der Nacht. Die erste wurde ursprünglich im Oktober 1935 unter dem Titel Boot-Hill Payoff in Western Aces publiziert. Die zweite erschien im Original als Drums of the Sunset in neun Teilen von November 1928 bis Januar 1929 in der Zeitung Cross Plains Review.

Außerdem ist im BLITZ-Verlag Howards Roman Die Geier von Wahpeton erhältlich. Weitere Bände sind in Vorbereitung.

Abrechnung in den Los Diablos

Der Ritt der Laramies

Fünf Männer ritten die gewundene Straße hinab, die nach San Leon führte. Einer von ihnen sang stumpf mit monotoner Stimme vor sich hin.

Brady kam mit ’m Zug am Morgen,

noch macht sich keiner Sorgen.

Stieg aus, hat die frische Luft genossen

und im Übermut Mister Duncan erschossen.

„Halt’s Maul! Halt endlich dein Maul!“, rief der Jüngste der Reiter entnervt. Ein hoch aufgeschossener Jugendlicher mit flachsblonden Haaren, blasser Haut und einem rebellischen Lodern in den stechenden Augen.

Der Größte und Kräftigste der Gruppe grinste und stellte jovial fest: „Bucky ist nervös. Bist du dir wirklich sicher, dass du das Zeug zu einem echten Banditen hast, Bucky?“

Der Jüngere funkelte ihn unversöhnlich an und antwortete knurrend: „Dein geschwollenes Kinn sollte dir diese Frage beantworten, Jim.“

„Passt schon“, stimmte ihm Big Jim versöhnlich zu. „Wir haben dich provoziert, um sicherzugehen, dass du aus dem richtigen Holz geschnitzt bist, bevor wir dich auf einen Gaul setzten und mit nach San Leon nehmen. Und der einzige Weg, zu beweisen, ob du ein wirklicher Laramie bist, ist der Gebrauch deiner Fäuste, Bucky.“

„Ein Laramie zu sein ist heutzutage keine Ehre“, brauste der Angesprochene auf. „Du, Luke, Tom und Hank, ihr habt den Namen durch den Schmutz geschleift. Die letzten drei Jahre seid ihr zu einem halb verhungerten Rudel Kojoten verkommen, das kaum mehr als Viehdiebstähle auf die Reihe kriegt. Zu schwach und zu feige für einen Raubüberfall. Und nun wollt ihr einen richtig großen Coup landen und die Bank der Viehzüchter hochnehmen. Und das, obwohl die Rancher so schlecht wie nie dran sind und viele nur überleben, weil ihnen die Bank Geld leiht. Ihr wisst genau, wie beschissen es den Leuten geht. Der alte Brown reißt sich fast ein Bein aus, um jedem zu helfen.“ Buck musste schlucken und kämpfte gegen die Tränen an. Sein Gesichtsausdruck strafte sein jugendliches Alter Lügen.

Seine Brüder lächelten verständnisvoll.

„Das ist das erste und letzte Mal, dass ich bei einem Überfall mit von der Partie bin“, würgte Buck verbittert hervor.

„Es ist für uns alle das letzte Mal“, verkündete Big Jim, biss ein Stück Kautabak ab und fuhr schmatzend fort: „Nach diesem Job ist Schluss damit. Danach werden wir uns als ehrliche, gesetzestreue Bürger in Mexiko zur Ruhe setzen.“

„Falls man uns vorher nicht schnappt und aufknüpft“, lästerte Buck.

„Unmöglich“, widersprach Big Jim, erfüllt von unerschütterlicher Zuversicht. „Niemand außer uns kennt den geheimen Trail entlang der Wasserlöcher durch die Wüste. Kein Aufgebot der Welt wird es wagen, uns dorthin zu folgen. Sobald wir aus der Stadt raus und auf dem Weg Richtung Süden zur Grenze sind, kann uns selbst der Teufel persönlich nicht mehr erwischen.“

„Ich frag’ mich, ob unser Unterschlupf in den Los Diablos Bergen irgendwann entdeckt wird?“, meinte Hank.

„Das bezweifele ich“, sagte Big Jim. „Er ist zu gut getarnt. Ebenso wie den Trail durch die Wüste kennt niemand außer uns die Wege in den Anhöhen. Die Felsen sind gut für uns. Denkt an die Rinder und Pferde, die wir dort versteckt haben, bevor wir sie über die Grenze schaffen konnten. Wir lagen dort oben unter unseren Decken und haben uns totgelacht, als das Aufgebot jedes Mal hilflos im Kreis herumgeirrt ist.“

Buck nuschelte etwas Unverständliches. Seine Erinnerungen an die Zuflucht im Ödland der Los ­Diablos waren längst nicht so behaglich. Vor drei Jahren schlich er seinen älteren Brüdern von der Ranch, auf der er zusammen mit dem alten Herrn Laramie und dessen Frau lebte, zu den Vorläufern der Berge nach, und blieb von da an bei ihnen. So sehr sich ihre Eltern auch abgestrampelt hatten, sie kamen auf keinen grünen Zweig, wenn es darum ging, ihre wilden Söhne im Zaum zu halten. Ihr Leben auf der Ranch war hart und entbehrungsreich. Den Gedanken an seine frühe Kindheit fehlte jedoch der bittere Beigeschmack, den der Jüngste auf der Zunge fühlte, wenn er an die Zeit dachte, in der er seine Brüder in ihrem Rückzugsort bekochte und sich um den Haushalt kümmerte, während sie das Umland peinigten. Vier Männer, die auf die schiefe Bahn gerieten – auf die ganz schiefe.

*

San Leon döste in der schwelenden Gluthitze der Wüste vor sich hin, als die fünf Brüder auf die Bank der Viehzüchter zusteuerten. Niemand bemerkte ihr Kommen. Die meisten Einheimischen feierten außerhalb der Sichtweite am anderen Ende der Stadt im Red Lode Saloon, ihrem bevorzugten Aufenthaltsort. Nicht ein Wort fiel. Jeder der Brüder wusste, was er zu tun hatte. Die drei älteren Laramies glitten lautlos aus dem Sattel und reichten die Zügel ihrer Pferde Buck und Luke, dem Zweitjüngsten. Das Leder ihrer, mit Sporen versehenen, Stiefel quietschte leise, als sie die Bank betraten und die Tür hinter sich schlossen.

Lukes Gesicht war so teilnahmslos wie ein Bild mit seinem Portrait, während er mit zusammengekniffenen Lidern entspannt eine Zigarette paffte.

Buck dagegen bewältigte die Situation nicht so leicht. Aufgeregt im Sattel hin und her rutschend, schwitzte und zitterte er gleichzeitig. Durch eine Laune der Natur hatte er, als einziger der Söhne, alles an Ehrbarkeit und Gewissen geerbt, das ihre Eltern weiterzugeben vermochten. Bislang hatte er sich die Hände nicht dreckig gemacht, ungeachtet seiner Verwandtschaft. Er zuckte unwillkürlich zusammen, als in der Bank ein Schuss ertönte, in dessen Nachhall jemand zu Boden fiel.

Sein Colt hüpfte Luke fast wie von selbst in die Hand und er hatte schon einen Fuß aus dem Steigbügel gelöst, als Stiefelgetrampel aus der Bank dröhnte, die Tür aufsprang und die drei Outlaws ausspuckte. Sie stürmten mit dick gefüllten Hanfsäcken nach draußen. Hanks Hemd war blutrot verfärbt.

„Wir müssen schnell wie der Wind reiten!“, rief Big Jim und schwang sich auf seinen Schimmel. „Der alte Brown musste sich unbedingt mit Hank anlegen und hat sich wie von Sinnen auf ihn gestürzt. Was für ein Narr! Mir blieb keine Wahl, als ihn auszuknipsen.“

*

Und schnell wie der Wind ritten sie auch die Straße Richtung Wüste entlang, unter lautem Gejohle und Freudenschüsse in die Luft feuernd. Vorbei an Wohnhäusern, aus deren Fenstern eingeschüchterte Bewohner gafften. Vorbei an einem Kaufladen, dessen Besitzer seine zweiläufige Schrotflinte erst unter der Theke hervor bekam, als sie außer Reichweite waren. Sie fegten unbehelligt durch den ­Kugelhagel, den die wütende Menge, die aus dem Red Lode Saloon strömte, abfeuerte. Und sie trieben ihre Pferde auf dem Weg in die Wüste immer weiter an.

Doch der Weg war nicht frei. Als sie um die letzte Biegung der sich schlängelnden Straße bogen und das letzte Haus der Siedlung erreichten, stand plötzlich Pop Anders vor ihnen. Wie aus dem Nichts! Der graubärtige Sheriff von San Leon County hob die linke Hand entschlossen in die Höhe, um ihnen Einhalt zu gebieten. Seine faltige, rechte Hand ruhte abgeklärt auf dem Knauf des altmodischen Revolvers an seiner Hüfte.

Big Jim straffte heftig die Zügel und brachte sein Pferd unsanft zum Stehen. „Hau ab, Pop!“, knurrte er. „Wir wollen dir nicht wehtun.“

Die Augen des alten Kämpen funkelten in gerechtem Zorn. „Diesmal habt ihr also die Bank ­ausgeraubt.“ Seine Stimme triefte vor kalter Wut. „Und Blut vergossen habt ihr dazu. Es tröstet mich, zu wissen, dass Frank Laramie starb, bevor er mitbekommen hat, zu welchen Stinktieren sich seine Jungs entwickelten. Erst habt ihr unser Vieh geklaut, bis wir fast bankrott waren, und jetzt holt ihr das letzte bisschen Geld aus der Bank, nur um sicherzugehen, dass wir ja keinen Neuanfang starten können.“ Der alte Mann hielt kurz inne, dann verlor er die ­Contenance. „Ihr verdammten ­Klapperschlangen! Gibt es für euch überhaupt nichts, das zu würdelos ist?“

Von hinten näherten sich eilige Schritte. Erste Schüsse ertönten.

„Wir haben uns lange genug mit dem alten Mann aufgehalten“, stellte Luke fest, gab seinem Reittier die Sporen und jagte auf den unbeugsamen Gesetzeshüter zu. „Aus dem Weg, oder ...“

Pop Anders zog mit der knotigen Hand den Revolver und zwei Schüsse knallten gleichzeitig. Lukes Sombrero flog von seinem Schädel quer durch die Luft und der Sheriff kippte, das Gesicht voran, auf die Straße. Eine Kugel hatte sein Herz durchbohrt. Die Laramie Gang donnerte in die Wüste davon. Den verzweifelten Verfolgern, die zu spät auf die Rücken ihrer Pferde gelangten, blieb nichts übrig, als Staub zu fressen.

Lediglich der junge Buck Laramie blickte über die Schulter zurück und sah, wie die Tür des äußersten Hauses aufschwang und ein Mädchen mit einem Zopf zu der reglosen Gestalt hastete. Es handelte sich um Judy, die Tochter des Sheriffs. Sie und Buck besuchten zusammen die Schule, bevor sich seine Brüder in reißende Bestien verwandelten. Das hübsche Geschöpf hatte sich immer geziert, sobald es sich um Jungs drehte. Buck dagegen war ihr Liebling und konnte sich beste Chancen ausrechnen. Nun kniete sie neben der Leiche ihres Vaters und tastete krampfhaft nach dem Lebensfunken, der längst verglommen war.

Ein roter Film übertünchte Bucks Blickfeld, als er sein bleiches Gesicht den anderen Reitern zuwandte.

„Zur Hölle, ich wollte ihn nicht tödlich treffen“, beschwichtigte Luke. „Der alte Fuchs hätte jeden einzelnen von uns persönlich aufgehängt. Trotzdem wollte ich ihn nicht umlegen.“

Da platzte Bucks strapazierter Geduldsfaden. Er schrie: „Tatsächlich? Aber du hast ihn getötet! Wie ich vorhin gesagt habe: Ihr seid ein Haufen runter­gekommener Kojoten. Es gibt nichts, das nicht gemein genug für euch ist.“ Zornig schüttelte er die zur Faust geballte Hand. „Ihr dreckiger Abschaum! Wenn ich alt genug bin, komme ich zurück und ersetze den Leuten jeden Dollar, den ihr gestohlen habt. Selbst wenn ich dafür am Galgen ende, dass ich euch heute geholfen habe.“

Keiner der Brüder ließ sich zu einer Antwort herab. Sie würdigten ihn nicht einmal eines Blickes.

Big Jim summte vor sich hin und sang schließlich abwesend:

Man sagt, Brady hat ihn mit ’ner .38er erledigt,

’ne 41er hieß es beim Begräbnis in der Predigt.

Ich sag euch, es war ’n .45er Colt,

denn er hat seinen Tod mit Sicherheit gewollt.

Buck verlor kein weiteres Wort, sank im Sattel zusammen und ritt frustriert weiter. San Leon und ihr früheres Leben lagen hinter ihnen. Im Süden erstreckte sich hinter dem Horizont schemenhaft die Wüste bis hinüber nach Mexiko. Dort wartete die Zukunft. Und in dieser würde Bucks Schicksal untrennbar mit dem seiner Brüder verbunden sein. Von nun an war er genau wie sie ein bekannter Gesetzloser und musste bis zum finalen Atemzug zu seinem Clan stehen.

Hinter Masken

Ein Schutzengel schien seine gütige Hand über Buck zu halten, denn er lehnte sich gerade vor, um den Hals seines erschöpften Pferds zu tätscheln, als ein Schuss durch die Luft peitschte. Die Kugel, die seinem Kopf gegolten hatte, durchlöcherte die Krempe von seinem Hut knapp oberhalb des Nackens. Trotz der Überraschung reagierte er prompt und wendete das Pferd in Richtung einer Sandbank, um dort Schutz zu suchen. Als er absprang, wirbelte eine zweite Ladung Blei die Gesteinskörnchen zu seinen Füßen auf, dann war er in Sicherheit, zückte den Colt und spähte vorsichtig über die Düne. Die Spitze eines weißen Sombreros ragte über die Kuppe eines Sandhaufens, gut sechzig Meter weit weg. Buck wusste zwar, dass die Entfernung zu groß und das Ziel zu klein für einen gut platzierten Schuss war, dennoch eröffnete er das Feuer. Die Kopfbedeckung verschwand.

„Der Kerl geht kein Risiko ein“, murmelte Buck vor sich hin. „Wer zum Teufel kann das sein? Noch eine gute Stunde bis San Leon und schon haben sie mich auf dem Kieker. Rosige Aussichten ...“ Er hielt kurz inne. „Ob das jemand ist, der mich von früher kennt?“

Es war schwer zu glauben, dass jemand den schlaksigen Jungen von vor sechs Jahren in dem bronzehäutigen, von zahlreichen Entbehrungen abgehärteten, Mann wiedererkannte, der an den Ort seiner Schande heimkehrte. Eine Schande, die er sich zusammen mit seinen Brüdern aufgeladen hatte, als sie damals zwei Tote und eine geplünderte Bank hinter sich ­zurückließen.

Die Sonne brannte unbarmherzig und der Boden unter Buck war heiß wie eine Herdplatte. Seine Feldflasche baumelte am Sattel seines Pferds, das im dürftigen Schatten eines dürren Mesquitebaums stand. Zu weit entfernt, um gefahrlos dorthin zu gelangen.

Der Angreifer würde vermutlich versuchen, eine Position zu erreichen, von der aus er Buck mit dem Gewehr außerhalb der Reichweite dessen eigenen Revolvers erledigen konnte. Oder er könnte Bucks Pferd erschießen und ihn einfach zu Fuß der Wüste überantworten.

Plötzlich sirrte eine weitere Ladung Blei an Bucks Versteck vorbei und ebenso plötzlich war Buck auf und davon. Vornüber gebeugt rannte er in einem Zickzack-­Kurs zur nächsten Kuhle, die ein Stück weiter vorne rechts von ihm lag. Er wollte auf Schlagdistanz zu dem unbekannten Feind kommen, also sprintete er über kurze Stücke offenen Lands von einer Deckung zur anderen. Von Felsen zu Kakteen und Sandbänken. Die Kugeln fegten auf der gesamten Strecke um ihn herum. Der verborgene Gewehrschütze hatte seinen Plan durchschaut und schien nicht gerade scharf auf ein Feuergefecht auf kurze Entfernung zu sein. Er schoss, sobald ein Zentimeter von Bucks Haut, seiner Kleidung oder seinen Lederstiefeln irgendwo hervorlugte. Buck zählte die Schüsse. Als er die Kuhle erreicht hatte und nahe genug heran war, um mit einem eigenen Schuss Aussicht auf Erfolg zu haben, konnte er sich ausrechnen, dass dem anderen aufgrund des Dauerfeuers die Munition ausgegangen sein musste.

---ENDE DER LESEPROBE---