Ach du krümeliger Pfefferkuchen - Anu Stohner - E-Book

Ach du krümeliger Pfefferkuchen E-Book

Anu Stohner

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Beschreibung

Chaos unterm Weihnachtsbaum In der Küche bereiten Mama und Lisa das Essen vor. Im Wohnzimmer schmücken Papa und Max den Baum. Maxine steht im Schlafzimmer vorm Spiegel und probiert ihre Engelsflügel aus. Die kleine Klara tapert durchs Haus und spielt ein Spiel, das sie gerade erst entdeckt hat: Türen aufmachen. Zum Problem wird Klaras Spiel, weil hinter genau drei der Türen, die sie aufmacht, Weihnachtsgeschenke nur darauf warten, den Poneleit'schen Bungalow zu erkunden: nicht nur Papas Hündchen und Mamas Kätzchen, sondern auch Max' und Maxines Meerschweinchen. Warum vier von sechs Poneleits dieses Jahr der ganzen Familie Tiere schenken und wie es zugeht, wenn drei Parteien im selben Haus hinter vier streunenden Tieren herjagen, aber so tun müssen, als wäre überhaupt nichts – das alles erzählt dieses originelle und komische Weihnachtsbuch in 24 Adventskapiteln.

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Seitenzahl: 146

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Anu Stohner · Hildegard Müller

Ach du krümeliger Pfefferkuchen!

Weihnachten bei den Poneleits

Deutscher Taschenbuch Verlag

© 2011Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, MünchenDas Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist nur mit Zustimmung des Verlags zulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.Rechtlicher Hinweis §44 UrhG: Wir behalten uns eine Nutzung der von uns veröffentlichten Werke für Text und Data Mining im Sinne von §44 UrhG ausdrücklich vor.

Konvertierung Koch, Neff & Volckmar GmbH,

KN digital – die digitale Verlagsauslieferung, Stuttgart

eBook ISBN 978-3-423-40966-7 (epub)ISBN der gedruckten Ausgabe 978-3-423-62504-3Ausführliche Informationen über unsere Autoren und Bücher finden Sie auf unserer Website www.dtv.de/​ebooks

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Es war am 24.Dezember um genau vier Minuten nach vier. Genau da schaute Papa Poneleit oben auf der Stehleiter neben dem Christbaum auf seine Armbanduhr und sagte: »Max, bitte, es ist vier nach vier, wir haben noch genau sechsundfünfzig Minuten Zeit!«

»Wenn ich sie doch nicht finde!«, sagte Max, der bis zu den Knien in einem Durcheinander aus Seidenpapierknäueln und offenen Pappschachteln stand.

»Wenn du in die Luft schaust, kannst du sie auch nicht finden«, sagte Papa.

»Ich schau nicht in die Luft«, sagte Max. »Ich schau zu dir hoch, weil du mit mir redest.«

»Gut«, sagte Papa. »Dann rede ich jetzt nicht mehr mit dir, sondern bitte dich nur sehr, sehr herzlich, in dem Durcheinander, das du angerichtet hast, die Christbaumspitze zu suchen. Wir haben noch genau – Moment – fünfundfünfzig Minuten und fünfzehn Sekunden.«

Das Durcheinander hab ich nur angerichtet, weil man dir die Sachen immer nicht schnell genug hochreichen kann, wollte Max antworten, aber dazu kam er nicht mehr. Denn noch während Papa seine kleine Rede von der Stehleiter herunter gehalten hatte, war er in die Hocke gegangen, um sich bis ganz auf den Grund des Seidenpapierknäuel- und Pappschachteldurcheinanders durchzuwühlen. Und wie er den ersten Armvoll Seidenpapier über den Kopf nach hinten warf, schauten ihm plötzlich ein Paar blitzende Hamsteräuglein entgegen.

Max kippte fast hintenüber vor Schreck. Den Hamster kannte er. Es war einer von zweien, die in seinem und Maxines Zimmer unterm doppelstöckigen Bett in einer Schachtel auf die Bescherung warteten. Genauer gesagt: auf die Bescherung warten sollten, denn einer von den beiden war jetzt ja hier. Obelix hatte Max ihn getauft, weil er so ein Pummel war mit dicken Backen und einem dicken Po.

|8|Auf dem dicken Po saß der Hamster jetzt vor Max auf dem Wohnzimmerteppich und schaute mit dicken Backen nach oben, als wollte er sagen: Was machst du denn da, Knalltüte? Wenn du das schöne Raschelpapier nicht selber brauchst, warum nimmst du’s mir dann weg?

O Mann!, dachte Max. O Mann, Mann, Mann! Und weil ihm nichts Besseres einfiel, raffte er einen zweiten Armvoll Seidenpapier zusammen, nur warf er ihn diesmal nicht über den Kopf nach hinten, sondern rannte damit aus dem Zimmer.

Irgendwo in dem Armvoll Seidenpapier steckte der Hamster Obelix und wusste nicht, wie ihm geschah.

Und oben auf der Stehleiter neben dem Christbaum stand Papa und sah zwar, was weiter unten passierte, aber er verstand es nicht. Den Hamster hatte er nämlich nicht gesehen. Er sah nur Max mit einem Armvoll Seidenpapier aus dem Wohnzimmer rennen.

»Max!«, rief er, aber das schien Max nicht zu hören, also rief er noch ein bisschen lauter: »Max!!« Genau genommen rief er sogar sehr laut, denn er musste die Weihnachtsmusik aus den Lautsprechern der Stereoanlage übertönen. Es waren große Lautsprecher, und die Musik war ganz schön laut aufgedreht.

»…weihnachtlich glänzet der Wald…«, sang der Knabenchor auf der CD, die Papa aufgelegt hatte.

»Max!!!«, schrie Papa.

»Himmel, was ist denn los?!«, rief Mama aus der Küche, deren Tür zum Wohnzimmer einen Spaltbreit offen stand.

»Was?!«, schrie Papa auf der Stehleiter.

»Was los ist?«, schrie Mama, die jetzt den Kopf durch den Türspalt streckte.

»Nichts!«, schrie Papa von der Stehleiter.

»Und warum schreist du dann so?!«

»Ich schreie nicht, ich rufe nach deinem Sohn!«

»Ich denke, der hilft dir beim Baumschmücken?«, schrie Mama.

»Das tut er eben nicht!«, schrie Papa. »Oder jedenfalls tut er’s nicht mehr!«

Aber den Schluss hörte Mama schon nicht mehr, denn genau als Papa »…eben nicht!« gerufen und der Knabenchor »…still schweigt Kummer und Harm…« gesungen hatte, genau da hatte sie es hinter sich in der Küche schrecklich scheppern und dann Max’ große Schwester Lisa schimpfen hören.

»O Mann, Mann, Mann!«, schimpfte Lisa, und als Mama sich umdrehte, wedelte Lisa mit den Händen, als klebte etwas schrecklich Widerwärtiges daran.

»Was ist denn?«, wollte Mama fragen, aber dann sah sie die Topflappen auf dem Fußboden vor der Spüle und das Backblech, das schräg über Eck aus dem Spülbecken ragte. Da wusste sie Bescheid.

Die Maronen, die es später am Abend zur Entenbrust geben sollte, waren nicht mehr auf dem Blech. Die schwammen in dem Wasser, das Mama vor ein paar Minuten für einen kleinen Zwischenabwasch ins Spülbecken eingelassen hatte.

»O Mann, Mann, Mann!« Lisa wedelte immer noch mit den Händen, nur klang das »Mann, Mann, Mann!« inzwischen ziemlich jämmerlich.

»Zeig her!«, sagte Mama und wollte nach |9|Lisas Händen fassen, aber Lisa zog sie weg. »Nicht anfassen!«, jammerte sie.

»Dann steck sie wenigstens ins kalte Wasser«, sagte Mama und wollte das Backblech beiseiteräumen, aber dazu hätte sie wohl besser die Topflappen von unten auf dem Fußboden nehmen sollen. Das Backblech war nämlich immer noch heiß.

»O Mann, Mann, Mann!«, schimpfte Mama und wedelte mit den Händen, als klebte etwas schrecklich Widerwärtiges daran.

Das heiße Backblech ragte immer noch schräg über Eck aus dem Spülbecken, denn Mama hatte es natürlich gleich wieder losgelassen.

Und Lisa jammerte immer noch und wedelte mit den Händen, nur musste sie jetzt auch noch schrecklich lachen und wusste nicht, womit sie sich die Tränen aus den Augen wischen sollte.

»…hört nur, wie lieblich es schallt…«, sang der Knabenchor. »Kann mir jemand sagen, wo die verflixte Fernbedienung ist?!«, hörte man Papa im Wohnzimmer schimpfen.

»…freue dich, Christkind kommt…«, sang der Knabenchor, dann war es schlagartig still. Papa musste die Fernbedienung der Stereoanlage gefunden haben.

Kurz darauf hörte man Papas Schritte, und Sekunden später stand er in der Küche. Vor ihm standen seine älteste Tochter und seine Frau und wedelten mit den Händen, als klebte etwas schrecklich Widerwärtiges daran. Aber vielleicht war es auch etwas schrecklich Komisches, denn beide krümmten sich dabei vor Lachen und hatten Tränen in den Augen.

Papa Poneleit kapierte überhaupt nichts mehr. Sein Sohn lief mitten im schönsten Christbaumschmücken davon, und seine Frau und seine älteste Tochter führten in der Küche seltsame Tänze auf. Allerdings nicht lange, denn plötzlich hörten sie alle zusammen eine Stimme aus dem Badezimmer.

Es war die Stimme von Maxine, Max’ Zwillingsschwester, und obwohl es eine kleine, ein bisschen kieksige Stimme war, konnte man sie in der Stille nach dem Knabenchor gut verstehen.

»O Mann, Mann, Mann!«, kiekste sie. Danach kam ein Pause und dann, so laut, wie man’s der Kieksestimme gar nicht zugetraut hätte: »Mama, kommst du mal? Der eine Flügel sieht beknackt aus!«

Inzwischen war es, wenn die Küchenuhr über der Tür zum Wohnzimmer nicht verkehrt ging, sieben Minuten nach vier Uhr am Heiligabend nachmittags, und wenn wir verstehen wollen, was bei den Poneleits gerade vor sich ging, sollten wir ein paar Dinge wissen. Zum Beispiel, dass sie zu sechst waren. Oder warum in Max’ und Maxines Zimmer zwei Hamster auf die Bescherung warteten. Oder nein: gewartet hatten …

Die Poneleits waren zu sechst: Mama, Papa, Lisa, gerade dreizehn, die Zwillinge Max und Maxine, acht (beide, logisch, aber Max war vier Minuten älter, was ihm wichtig war), und zum Schluss das Nesthäkchen Klara, ein bisschen älter als eineinhalb. Mama arbeitete in einem Buchverlag, und Papa war Lehrer (für Mathe und Physik). Lisa war Vegetarierin und ging aufs Gymnasium (aber Vegetarierin war im Moment wichtiger). Max und seine vier Minuten jüngere Schwester Maxine gingen in die dritte Klasse und Klara in die Kinderkrippe Purzelbaum.

Am Heiligabend wollten die Poneleits in die Kirche. Der Gottesdienst begann um 17.45Uhr, und um 17.00Uhr mussten sie los, weil Maxine im Krippenspiel einen Engel spielte und eine halbe Stunde früher da sein sollte.

Die Poneleits hatten es zur Kirche nicht sehr weit, aber zehn Minuten musste man einplanen, weil Klara unterwegs gern stehen blieb und Papa vorsichtshalber noch fünf Reserveminuten draufgeschlagen hatte. Papa schlug vorsichtshalber immer fünf Reserveminuten drauf.

Um 16.04Uhr, als diese Geschichte begann, schmückten Papa und Max seit ungefähr einer halben Stunde im Wohnzimmer den Christbaum. Es fehlte nur noch oben die Christbaumspitze. Und das Engelshaar. Das durften immer ganz zum Schluss Max und Maxine auf dem Baum verteilen. Papa passte nur auf, dass sie es schön gleichmäßig machten. Maxine war aber gar nicht mit im Wohnzimmer, sondern im Badezimmer, wo sie im Spiegel nachschaute, ob die Engelsflügel hinten an ihrem Engelskostüm richtig saßen. Es war ausgemacht, dass sie gerufen wurde, wenn es mit dem Engelshaar für den Christbaum so weit war.

Es war allerdings noch etwas ausgemacht, nämlich dass sie auf Klara aufpasste. Das hatte sie auch: bis vor ein paar Minuten, in ihrem und Max’ gemeinsamen Zimmer. Aber darin gab es leider nur einen kleinen runden Spiegel neben der Tür, in dem Maxine ihre Engelsflügel immer nur so lange sehen konnte, wie sie |11|es auf den Zehenspitzen aushielt, und auch dann nur oben die Spitzen. Oder besser gesagt: nur oben die Spitze. Maxine sah nämlich immer nur eine, und sie wusste auch warum: Mama hatte für die selbst gebastelten und mit ein paar Stichen an ein altes weißes Nachthemd genähten Engelsflügel zu dünnen Goldkarton gekauft. Weil es keinen dickeren gab, hatte Mama gesagt, und jetzt klappte der eine Flügel immer runter wie so ein blödes Schlappohr. Darum ging Maxine schließlich auch ins Badezimmer: um zu sehen, ob das wirklich so beknackt aussah, wie sie dachte.

Als Maxine aus dem Zimmer ging, saß Klara noch friedlich in der Kuscheltierecke auf dem Fußboden und knuddelte Maxines Lieblingskuscheltier, den Gorilla Schorsch. Sie drückte ihm auf den Bauch und machte mit dem Mund Pupsgeräusche dazu: »Pfrrt!«

Das hatte sie sich von Max abgeschaut, der damit gern seine Zwillingsschwester ärgerte. Gorillas würden andauernd pupsen, behauptete er, das habe er im Fernsehen gesehen. Und Papa gab ihm auch noch recht.

»Selber Pupsgorillas!«, sagte Maxine, wenn die beiden davon anfingen, und Mama sagte: |12|»NA!«, jedenfalls wenn es bei Tisch war. Aber wenn Mama »NA!« sagte, fanden sich die zwei Witzbolde selber nur noch witziger.

Klara verstand solche Tischgespräche wahrscheinlich noch nicht, aber die Pupsgeräusche nachmachen konnte sie schon richtig gut. Und wenn sie es machte, machte sie es mit großer Ausdauer. Darum dachte Maxine auch, sie könne Klara kurz allein im Zimmer lassen, zumal wenn sie die Tür zumachte, denn Türen aufmachen konnte Klara noch nicht. Dachte Maxine (wie alle anderen größeren Poneleits auch).

Hätte Mama gewusst, dass Maxine ihre kleine Schwester allein im Zimmer ließ, hätte sie es natürlich nicht erlaubt. Und Papa schon gar nicht. Papa dachte immer gleich daran, was alles Schlimmes passieren konnte. Klara hätte zum Beispiel die Leiter zum oberen Bett hinaufklettern und dann herunterfallen können. Dabei hatten Max und Maxine es ihr schon beizubringen versucht und sie nicht mal mit Gummibärchen weiter als bis zur ersten Sprosse locken können. Bestimmt würde sie in der kurzen Zeit, in der Maxine im Badezimmer nach ihrem blöden Klappflügel schaute, nicht plötzlich das Klettern anfangen. Nein, es konnte wirklich gar nichts passieren. Dachte Maxine.

Aber es passiert eben immer was, auch wenn man es sich nicht vorstellen kann. Mama hätte sich zum Beispiel auch nicht vorstellen können, dass Lisa, wenn sie ein heißes Blech aus dem Backofen holte, nicht vorher schaute, wo sie es abstellen konnte. Darum war der ganze Schlamassel in der Küche nämlich passiert: weil Lisa das Blech aus dem Backofen zog und noch gar nicht wusste, wo sie damit hinsollte. Und dann war die große Arbeitsplatte vorm Fenster voll, der Arbeitstisch in der Mitte der Küche auch, und auf dem Herd standen Töpfe. Am Anfang war das noch nicht schlimm, denn Lisa hatte natürlich Topflappen genommen. Aber die fühlten sich plötzlich viel zu dünn an. Jedenfalls wurden sie immer heißer.

»Mama«, sagte Lisa, aber da steckte Mama gerade den Kopf aus der Tür und versuchte, lauter zu schreien, als der Knabenchor aus der Stereoanlage sang.

»Mama!«, versuchte es Lisa noch einmal, aber da waren die Topflappen schon fast so heiß wie das Backblech selbst.

Und warum schob Lisa das Blech nicht einfach in den Backofen zurück? – Weil sie gleich nach dem Herausziehen die Backofentür zugemacht hatte. Mit dem Fuß. So hatte es ihr Papa beigebracht. Weil man die Backofentür immer gleich zumachen sollte, damit nicht jemand drüberstolperte. Wie man die Backofentür mit dem Fuß aufmachte, hatte Papa Lisa nicht beigebracht. Wahrscheinlich ging das gar nicht. Und darum steckte Lisa, als sie die Hitze an den Fingern nicht mehr aushielt, das Blech ins Spülbecken und schmiss die heißen Topflappen auf den Fußboden.

Kurz vorher hatte sie noch durch die offene Küchentür zum Flur Max mit einem Papierknäuel in den Armen vorüberhuschen sehen, sich aber nichts dabei gedacht. Sowieso war sie mit ihren heißen Händen beschäftigt, und wahrscheinlich ging er nur Maxine holen für das Engelshaar. Das ging er aber nicht.

Wie wir schon wissen, ging Max überhaupt niemanden holen, sondern jemanden bringen, |13|nämlich den pummeligen Hamster Obelix zurück in sein und Maxines Zimmer, wo er eigentlich bis zur Bescherung in einer Schachtel unterm doppelstöckigen Bett hätte sitzen sollen. Der Hamster Obelix war das Weihnachtsgeschenk, das Max und Maxine der ganzen Familie machen wollten. Genauer gesagt: das halbe Geschenk. Die andere Hälfte war der zweite Hamster, der hoffentlich noch in der Schachtel drinsaß. Wie Obelix da herausgekommen war und dann auch noch aus dem Zimmer, war Max schleierhaft. Die Schachtel hatte nämlich einen Deckel, mit Löchern natürlich, damit die Hamster Luft bekamen, aber durchschlüpfen konnten sie da nie im Leben. Und Türen aufmachen konnten Hamster auch nicht, soviel Max wusste. Und dass die Tür zu ihrem Zimmer bis zur Bescherung immer zu sein sollte – immer! –, das hatte er mit Maxine fest ausgemacht.

Die Tür zu ihrem Zimmer war aber nur angelehnt, wie Max sah, als er dort ankam. Es war genau im selben Moment, als er es in der Küche erst scheppern und dann Lisa »O Mann, Mann, Mann!« schimpfen hörte. Typisch, dachte er noch, denn Lisa in der Küche war so eine Sache, da konnte immer was schiefgehen. Dann schubste er die Tür mit der Schulter auf, und das Erste, was er sah, war die leere Hamsterschachtel. Sie stand offen vor dem Bett auf dem Fußboden. Der Deckel mit den Löchern lag daneben, und es war nichts darin außer der Hamsterstreu und zwei abgeknabberten Apfelschnitzen.

Max stand wie angewurzelt unter der Tür. Was ging hier vor sich? Wer hatte die Hamster aus der Schachtel und jedenfalls Obelix aus dem Zimmer gelassen? Und wo war Gutemiene? So hatte Maxine den zweiten Hamster getauft, der eine Sie war und so einen freundlichen Blick hatte, dass Maxine gleich ganz verliebt in ihn (oder sie) war.

Wo war Maxine eigentlich? Sie sollte doch auf Klara aufpassen, und normalerweise tat sie das hier im Zimmer, weil Klara sich dann freute, dass sie mit Maxines Kuscheltieren spielen durfte, vor allem mit Schorsch, dem Pupsgorilla.

Max schaute sich um, als könnten Maxine und Klara irgendwo versteckt sein, obwohl das in dem kleinen Zimmer unmöglich war. Höchstens Gutemiene konnte sich irgendwo verstecken. Wenn sie nicht auch…

»O Mann, Mann, Mann!«

Es war Mamas Stimme, die Max aus seinen Gedanken riss. Danach gab’s kurz Geschrei von Papa, dann nur noch Knabenchor, dann war’s auf einmal still.

Und in die Stille hinein kiekste Maxines Stimme aus dem Badezimmer. »O Mann, Mann, Mann!« Und gleich darauf: »Mama, kommst du mal?! Der eine Flügel sieht beknackt aus!«

Max flitzte aus dem Zimmer. Vielleicht war er als Erster bei Maxine und konnte sie fragen, was mit den Hamstern war. Oder ihr erzählen, dass sie nicht mehr in der Schachtel waren, falls sie es nicht wusste.

Max sah schon ein Paar wedelnde Hände in der Tür vom Flur in die Küche, als er merkte, dass er in seinen Händen noch das Seidenpapierknäuel mit Obelix hatte. Er flitzte zurück ins Zimmer, setzte Obelix in die Schachtel, machte den Deckel drauf und schob die |14|Schachtel mit dem Fuß unters Bett. Das Seidenpapier ließ er einfach auf dem Fußboden liegen. Draußen trampelten sie jetzt durch den Flur. Beeilen brauchte sich Max also nicht mehr.

Als er ins Badezimmer kam, waren sie dort schon alle versammelt: Mama, die irgendwie komisch mit den Händen wedelte, Papa, der den Kopf schüttelte, als verstünde er was nicht, Lisa, die auch komisch mit den Händen wedelte, und Maxine, die vor dem großen Spiegel über dem doppelten Waschbecken stand.

»Da!«, sagte sie und ließ die Spitze des Flügels los, den sie ein Stück über ihrer linken Schulter zwischen Daumen und Zeigefinger hielt.

Der Flügel klappte herunter wie ein blödes Schlappohr.

»Das sieht oberbeknackt aus!«, sagte Maxine mit weinerlicher Stimme.