Robert und die wilden Ritter Das Zauberschwert - Der Drachenwald - Anu Stohner - E-Book

Robert und die wilden Ritter Das Zauberschwert - Der Drachenwald E-Book

Anu Stohner

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Beschreibung

Lustige Abenteuer im Doppelpack Natürlich wäre es zu alldem nicht gekommen, wenn Robert von seinem Onkel nicht ein Zauberschwert geschenkt bekommen hätte, mit dem man Zeitreisen machen kann. So landen Robert und sein Freund Tim im Mittelalter, auf der Burg Wackerstein. Mit ihren neuen Freunden, den kleinen Rittern, erleben sie nervenzerfetzende Abenteuer, überstehen  wilde Keilereien mit den kleinen Raubrittern der Nachbarburg, retten Prinzessinnen  und stöbern Drachen auf, bevor sie zum Abendbrot pünktlich wieder zu Hause landen, jedenfalls so lange der Rückkehrzauber klappt.

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Seitenzahl: 248

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Anu Stohner

Robert und die wilden Ritter

Mit Illustrationen von Jörg Mühle

Inhalt

Das Zauberschwert

Der Drachenwald

Das Zauberschwert

Das erste Kapitel,in dem ihr Robert kennenlernt, dem öfter was danebengeht (Dabei meint er’s immer nur gut!)

Vielleicht kennt ihr ihn sogar: Robert ist so ein Kleiner, Blonder mit Brille aus meiner Klasse. Er sieht ganz harmlos aus, aber wenn ihn zum Beispiel der Hausmeister an unserer Schule sieht, kriegt er rote Flecken im Gesicht (der Hausmeister, meine ich) und fuchtelt mit den Armen, dass er bloß machen soll (Robert jetzt), dass er ihm aus den Augen kommt.

Letztes Jahr war der Hausmeister nämlich krank wegen Robert, aber dafür konnte Robert nicht wirklich was. Eigentlich hatte er dem Hausmeister nur helfen wollen. Der hat nämlich was gegen die Tauben, die bei uns an der Schule immer auf den Fensterbänken hocken und alles vollkacken, und einmal in der großen Pause hockte wieder eine dort, im ersten Stock, an einem von den Fenstern von unserem Klassenzimmer, und als Robert es gesehen hat, hat er einen Stein genommen und sie verjagt. Fast hätte er sie sogar getroffen, aber im letzten Moment ist sie leider fortgeflogen. Nur darum war dann die Fensterscheibe kaputt.

»Auweia, Robert!«, hab ich gesagt, und dann hat auch schon jemand das kaputte Fenster aufgemacht, und es war der Hausmeister. Keine Ahnung, warum er ausgerechnet jetzt in unserem Klassenzimmer war. Aber so ist das mit Robert: Immer wenn er was gemacht hat, steht auf einmal ein Erwachsener da und sieht genau, wer’s war.

»Robert wieder, na warte, Freundchen!«, schimpfte der Hausmeister zu uns herunter. Dann knallte er das kaputte Fenster wieder zu, und das hätte er wahrscheinlich nicht machen sollen, dann wäre ihm auch nicht das spitze Stück Scheibe, das noch im Rahmen steckte, auf den Fuß gefallen. Später im Krankenhaus haben sie gesagt, er hätte noch Glück gehabt, dass nicht irgendwas durchgeschnitten war, irgendwelche Sehnen, mit denen man die Zehen bewegt oder so. Dann haben sie ihm ganz normal den Fuß zugenäht, und hinterher kriegte er Blutvergiftung. Seitdem hat er Robert noch mehr auf dem Kieker als vorher schon. Dabei konnte Robert wirklich nichts dafür, ich hab extra meinen Vater gefragt: Blutvergiftung kann man von jeder Wunde kriegen, sagt er, es braucht nur was Dummes reinzukommen, dass sie sich entzündet.

Mein Vater mag Robert. Weil es mit Robert nie langweilig wird, sagt er, und wenn ich eine Weile nichts von ihm erzähle, fragt er, ob Robert krank ist, dass man nichts von ihm hört. Aber meistens hört man ja was. Letzte Woche zum Beispiel ist Robert mit seinem neuen, superschnellen Skateboard mitten in Herrn Özdemirs Obststand gebrettert. Das hat er gar nicht gewollt. Er musste nur den ausgestellten Blumen vor Frau Roses Blumenladen und dem Zeitungsständer vor Herrn Poneleits Kiosk ausweichen. Frau Rose ruft nämlich immer gleich unsere Eltern an, wenn was ist, und Herr Poneleit kann Kinder nicht leiden und schimpft sowieso immer hinter uns her.

Herr Özdemir hat erst auch geschimpft, sogar auf Türkisch, aber als Robert ihm das mit Frau Rose und Herrn Poneleit erklärt hat, kriegte er auf einmal ganz glänzende Augen und hat Robert in den Arm genommen, und Robert durfte sich was Leckeres aussuchen auf den Schreck. So ist das nämlich auch mit Robert: Manche Erwachsene merken, dass er es eigentlich nur gut meint, wenn er was macht, und dann tut er ihnen leid, weil es leider danebengegangen ist. Robert hat dann einen Apfel genommen, obwohl er lieber Erdbeeren mag, aber die waren alle vermatscht. Die Himbeeren auch. Und Herr Özdemir hat gesagt, wenn wieder was wäre mit Frau Rose oder Herrn Poneleit, dann könnten wir jederzeit zu ihm kommen.

Meine Mutter sagt, von ihr aus dürfte es mit Robert ruhig ein bisschen langweiliger sein, vor allem wenn ich dabei bin. Robert ist mein bester Freund, und wir machen alles zusammen, darum. Aber eigentlich mag meine Mutter Robert auch. Sie versteht nur nicht, warum jemand ausgerechnet ihm ein superschnelles Skateboard kauft. Oder ein Mountainbike, mit dem man Treppen rauf- und runterbrettern kann. Das hat Robert letzte Weihnachten bekommen, und er will immer mit mir wetten, dass er damit, ohne abzusetzen, vom Schulhof bis in unser Klassenzimmer fahren kann. Ich wette aber nicht mit ihm, weil er es sonst wirklich probiert, und der Hausmeister ist ja wieder gesund.

Die tollen Sachen kriegt Robert immer von seinem Onkel Robert, von dem er auch seinen Namen hat. Er ist der beste Onkel der Welt, sagt Robert (mein Freund jetzt), und das Letzte, was ihm sein Onkel Robert geschenkt hat, war ein Schwert, das erst nur ein echtes Ritterschwert sein sollte und dann dazu noch ein unglaubliches Geheimnis hatte. Keine Ahnung, ob der Onkel das wusste, jedenfalls hat er Robert nichts davon gesagt, und Robert sagt, er hat das Geheimnis auch nur zufällig rausgefunden, und außer mir darf es kein Mensch auf der ganzen Welt wissen.

»Versprichst du mir, dass du keinem Menschen auf der ganzen Welt verrätst, was ich dir jetzt verrate?«, fragte er. Das war am Montagmorgen auf dem Weg zur Schule, und am Sonntag war sein Onkel zu Besuch gewesen.

»Klar«, sagte ich. Dass man Geheimnisse für sich behält, gehört sich schließlich unter besten Freunden.

»Auf Ehre und Gewissen?«, fragte er, und da wusste ich, dass es um was Wichtiges ging. Auf Ehre und Gewissen versprechen wir uns nur richtig wichtige Sachen.

»Klar«, sagte ich, und da war er zufrieden.

»Ich hab ein echtes Ritterschwert«, sagte er. »Onkel Robert hat’s mir gestern mitgebracht.«

»Ein echt echtes?«, fragte ich.

»Es hat sogar einen Namen«, sagte er.

»Einen Namen?«

»Alle berühmten Ritterschwerter haben einen Namen«, sagte er.

»Und woher weißt du, dass dein echtes Ritterschwert auch noch berühmt ist?«, fragte ich.

»Ich sag doch: Es hat einen Namen«, sagte Robert.

»Verstehe«, sagte ich, obwohl mir von der Erklärung, ehrlich gesagt, ein bisschen schwindlig war. Aber mir ist öfter ein bisschen schwindlig, wenn mir Robert was erklärt.

»Na endlich«, sagte Robert. »Und jetzt pass auf: Das Schwert hat ein Geheimnis, nämlich …«

»… es heißt Excalibur«, fiel ich ihm ins Wort. Dazu müsst ihr wissen, dass Excalibur das berühmte sagenhafte Schwert des sagenhaften Königs Artus war und dass Robert ein bisschen eine lebhafte Fantasie besitzt. So sagt mein Vater immer, und dass er seinen Hut wettet (mein Vater, meine ich), dass Robert, wenn es für Stuntman nicht reicht, Schriftsteller wird.

»Nein, Quatsch mit Soße!«, sagte Robert.

»Glaub ich nicht«, sagte ich.

»Was glaubst du nicht?«, fragte Robert.

»Dass das Schwert ›Quatsch mit Soße‹ heißt«, sagte ich.

»Oh Mann!«, sagte Robert. »Hör zu …«

Aber weiter kam er nicht, denn genau da waren wir bei der Schule angekommen, und es waren keine zwanzig Sekunden mehr, dann sprang der Zeiger der großen Uhr über der Eingangstür auf acht. Mit Robert ist man immer spät dran, egal wie früh man losgeht. Keine Ahnung, warum.

Als wir am Hausmeister vorbei die Treppe zum ersten Stock hochflitzten, rief Robert höflich: »Guten Morgen!«, aber der Hausmeister verzog nur das Gesicht und fuchtelte mit den Armen. Manchen Erwachsenen kann man eben gar nichts recht machen.

Oben schafften wir es gerade noch auf unsere Plätze, bevor Frau Knöpfel ins Klassenzimmer kam. Frau Knöpfel ist unsere Lehrerin. Sie ist sehr nett und ein bisschen streng. In der ersten Stunde hatten wir Rechnen, und ich musste warten, bis sie was an die Tafel schrieb, bevor ich Robert in die Seite boxen konnte.

»Erzähl schon!«, sagte ich, und es war wirklich nur ganz leise. Aber Frau Knöpfel hörte es trotzdem.

»Robert möchte während der Rechenstunde lieber nichts erzählen, stimmt’s?«, sagte sie, ohne sich umzudrehen.

Robert schüttelte den Kopf.

»Braver Junge!«, sagte Frau Knöpfel, die immer noch schrieb und dabei nur an die Tafel schaute. Frau Knöpfel ist sehr nett und ein bisschen streng, und manchmal ist sie uns ein bisschen unheimlich. Wir haben sogar schon überlegt, ob sie vielleicht hinten unter den Haaren noch mal Extraaugen hat. Jedenfalls hab ich mich an dem Morgen nur noch was zu sagen getraut, wenn sie mich gefragt hat.

So kam es, dass ich erst in der großen Pause erfuhr, wie das echte Ritterschwert hieß und was daran noch so geheim war, dass ich auf Ehre und Gewissen niemandem was davon verraten durfte.

Das zweite Kapitel, in dem Robert das Geheimnis seines neuen Ritterschwerts entdeckt (Aber erst geht natürlich was schief!)

Was jetzt kommt, glaubt mir wahrscheinlich kein Mensch. Ich würde es ja selbst nicht glauben, wenn es mir jemand erzählen würde. Nämlich es war so:

In der großen Pause unten auf dem Schulhof sagte Robert, ich solle jetzt mal schön den Mund halten und ihn nicht immer unterbrechen und auch keine dummen Witze machen, von wegen ob das Schwert vielleicht »Quatsch mit Soße« heiße oder so, sonst würde er mir nämlich überhaupt nichts erzählen und das Geheimnis des Ritterschwerts für sich behalten, das hätte ich dann davon.

»Schon gut«, sagte ich, »war nicht so gemeint.« Es war mir auch wirklich nur so rausgerutscht.

Und dann hat er erzählt: wie er das Schwert mit auf sein Zimmer genommen hat, als der Onkel ziemlich spätabends wieder weg war, wie er sich damit abschleppen musste, dass er’s überhaupt die Treppe hochkriegte, und wie er’s erst gar nicht richtig benutzen konnte, auch nicht mit zwei Händen, weil es so unheimlich schwer war. Er kriegte immer nur die Spitze ein Stück vom Boden weg, wenn er’s wie zum Kämpfen hochheben wollte, dann musste er’s gleich wieder absetzen. Einmal hat er’s mit aller Kraft doch bis zum Bauchnabel hochgebracht, dafür ist es dann mit einem solchen Bums wieder runtergekracht, dass seine Mutter die Treppe hochgerufen hat, ob was passiert ist.

»Nö!«, hat Robert zurückgerufen, aber das hat nicht gestimmt. Das Schwert war ihm nämlich aus den Händen gerutscht und mit der Spitze im schönen Parkettfußboden stecken geblieben. Es hat noch eine Weile gezittert, hat Robert erzählt, aber es ist nicht umgefallen. Und wie es so schräg im Fußboden steckte, ist genau im richtigen Winkel das Licht von Roberts Schreibtischlampe draufgefallen, und da hat er die Schrift entdeckt, ganz klein mitten auf der Schneide, da wo die Blutrinne aufhört, nicht weit vom Griff. (Falls jemand nicht weiß, was an einem Schwert die Blutrinne ist, kann er es sich vielleicht denken.) »Whirlwind« stand da, das ist Englisch und heißt auf Deutsch »Wirbelwind«. Robert hat es gleich im Wörterbuch nachgeschlagen.

»Whirlwind«, sagte Robert. »Verstehst du?«

»Klar«, sagte ich. »Du hast es ja gerade übersetzt.«

»Oh Mann!«, sagte Robert. »Du kapierst mal wieder gar nichts.«

Das stimmte sogar, und wenn ihr es genau wissen wollt: Das geht mir öfter so bei Robert, und es macht mir überhaupt nichts aus. Den meisten anderen, die ich kenne, geht es nämlich genauso, sogar Frau Knöpfel. Die zuckt manchmal nur mit den Achseln, wenn er ihr was erklärt, und sagt, dazu könne sie jetzt gar nichts sagen, darüber müsse sie erst nachdenken.

»Pass auf, ich erklär’s dir«, sagte Robert (zu mir jetzt). »Das Schwert heißt Wirbelwind, und man kann’s nicht normal zum Kämpfen hochheben, nicht mal mit zwei Händen. Man muss aber doch damit kämpfen können, sonst hat’s ja keinen Sinn. Da musste also ein Geheimnis sein – logisch?«

»Logisch«, sagte ich, obwohl mir irgendwas an der Erklärung gar nicht logisch vorkam. Irgendwo weit hinten in meinem Kopf spukte eine Frage herum, die ich nur nicht richtig zu fassen kriegte.

»Und darum hab ich überlegt«, sagte Robert. »Wirbelwind – vielleicht hatte ja der Name was zu bedeuten. Vielleicht sollte man mit dem Schwert gar nicht normal kämpfen, so mit Stechen und Von-oben-auf-den-Helm-Hauen, wie man’s in Ritterfilmen sieht. Vielleicht sollte man es herumwirbeln, so im Kreis, verstehst du?«

»Und das hast du dann gemacht?«, fragte ich.

»Logisch«, sagte er.

»Und?«, fragte ich.

»Das ging gleich viel leichter«, sagte er. »Ist auch klar: Wenn man sich mit was Schwerem im Kreis dreht, wirkt eine Kraft, Fliehkraft nennt man die …«

»Was dann passiert ist, wollte ich wissen«, unterbrach ich ihn, obwohl ich das ja eigentlich nicht sollte. Aber irgendwelche Kräfte, die wir wahrscheinlich irgendwann in Sachkunde kriegen, waren bestimmt nicht das Geheimnis, von dem er mir erzählen wollte.

»Das wollte ich dir ja gerade erklären«, sagte Robert. »Da wirkt also diese Fliehkraft, und bei dem Schwert ist sie scheinbar besonders stark. Erst ist mir davon nur schwindlig geworden, aber dann war mir auf einmal schwarz vor Augen, und ich hab sie zugemacht, weil ich ja sowieso nichts mehr gesehen habe, und wie ich sie wieder aufgemacht habe, stand ich in einer Ritterburg, mitten auf dem Hof, und drum herum war eine hohe Mauer mit oben solchen Zinnen. Richtig gruselig war das, kein Mensch war da, nur so ein ganz dünner Mond stand am Himmel, ein paar Sterne haben geblinkt, und irgendwo in der Ferne heulten Wölfe oder was …«

»Wow!«, sagte ich. »Dann ist das Schwert ein Traumschwert – klasse!«

»Wieso Traumschwert?«, sagte Robert.

»Na, weil man scheinbar träumt, wenn man’s im Kreis herumwirbelt – hast du doch gerade erzählt«, sagte ich.

»Das war kein Traum«, sagte Robert. »Ich war da wirklich.«

»In der Ritterburg?«, sagte ich.

»Ja«, sagte Robert. »Das Schwert ist ein Zauberschwert. Das kann ich dir sogar beweisen.«

Falls es euch interessiert: Das konnte er wirklich. Aber erst nach der Schule. Genau da klingelte es nämlich, und die große Pause war um.

Die drei Stunden danach hatten wir erst Deutsch und dann Sachkunde, und ich weiß nicht, wie es euch gegangen wäre, aber ich konnte mich überhaupt nicht konzentrieren. Ich musste die ganze Zeit an Roberts Zauberschwert denken. Einmal, in Sachkunde, hat mich Frau Knöpfel was gefragt, aber ich hab die Frage gar nicht gehört. Erst als Robert mich in die Seite boxte, hörte ich sie meinen Namen sagen.

»Tim?«, sagte sie mit dem Ton in der Stimme, wenn es gleich Ärger gibt.

Tim, das bin ich.

»Äh … ja?«, sagte ich, und ich weiß nicht warum, aber dann rutschte mir das letzte Wort heraus, das mir gerade durch den Kopf gegangen war:

»Wirbelwind«, sagte ich.

Danach wartete ich auf das Donnerwetter. Aber es gab nur eine kurze Pause, bis Frau Knöpfel den Kopf geschüttelt hatte, dann sagte sie: »Richtig – das deutsche Wort für Tornado ist Wirbelwind. Wenn er kräftiger wird, sagt man auch Wirbelsturm.«

In Sachkunde nehmen wir gerade das Wetter durch, müsst ihr wissen. Ich schaute Robert an, weil ich natürlich überhaupt nichts kapierte, aber der schüttelte auch nur den Kopf, genau wie Frau Knöpfel. Ich hatte gerade genau den Dusel gehabt, den ich Robert manchmal wünschen würde.

Das dritte Kapitel, in dem Robert fast von einem Ritter in scheppernder Rüstung erwischt wird (Und es ist schon Nacht!)

Auf dem Nachhauseweg war Robert dann erst so still, dass es fast unheimlich war.

»Jetzt erzähl schon weiter!«, sagte ich, als ich es nicht mehr aushalten konnte.

»Moment«, sagte Robert. »Ich muss überlegen.«

»Was?«, fragte ich.

»Wie?«, sagte er zerstreut.

»Was du überlegen musst«, sagte ich.

»Na was wohl?«, sagte Robert. »Wie wir’s machen, dass du mitkommen kannst.«

»Du meinst … du willst …«

Mir war auf einmal irgendwie mulmig.

»Na klar«, sagte Robert. »Ich will da wieder hin, und du bist mein bester Freund, also kommst du mit.«

»Zu der Ritterburg, wo’s dunkel und gruselig ist und die Wölfe heulen?«, sagte ich.

»Dunkel ist es da auch nur in der Nacht, genau wie bei uns«, sagte Robert.

Aber das beruhigte mich kein bisschen. Überhaupt wollte ich erst mal wissen, wie die Geschichte weitergegangen war. Was war das für eine Burg gewesen, wenn Robert sie nicht nur geträumt hatte? Wie war er von dort überhaupt wieder zurückgekommen? Und wie wollte er beweisen, dass das Ganze kein Traum gewesen war?

»Wie die Burg heißt, weiß ich nicht«, sagte Robert, als könnte er meine Gedanken lesen. (Wisst ihr was: Manchmal glaube ich, das kann er wirklich.) »Aber die Nachbarburg muss Wolfeck heißen«, fuhr er fort. »Da war nämlich doch jemand: ein Wächter oben auf einem hölzernen Umgang entlang der Mauer. Den hatte ich erst gar nicht gesehen, aber dann kam er die hölzerne Treppe runter, und ich hab ihn gehört. Die Treppe hat grässlich geknarzt, und seine Rüstung hat gescheppert. Ich hab’s gerade noch hinter den Baum geschafft, der dort mitten auf dem Burghof stand, sonst hätte er mich erwischt. Dann ging die große Haustür auf oder wie das bei alten Burgen heißt, und ein zweiter Ritter kam raus, das war die Wachablösung.

›War was?‹, hat der zweite Ritter gefragt.

Und der erste: ›Nichts, alles ruhig auf der Landstraße.‹

›Auch drüben bei denen auf Wolfeck?‹, hat der zweite gefragt.

Und wieder der erste: ›Dort auch.‹

Dann ist der erste in die Burg gegangen und der zweite die Treppe zum Umgang hochgescheppert.«

»Und du?«, fragte ich Robert.

»Ich hab gemacht, dass ich wieder nach Hause komme«, sagte er. »Es war schließlich schon Nacht.«

»Und wie?«, fragte ich. »Wie bist du wieder nach Hause gekommen?«

»Na, wie wohl?«, sagte er. »Natürlich wieder mit dem Schwert. Hat auch prima geklappt, sonst wär ich jetzt ja nicht hier.«

Ich weiß nicht, wie es euch an meiner Stelle gegangen wäre. Bei mir war es jedenfalls so, dass mir ungefähr eine Million neue Fragen wie lauter kleine Brummkreisel im Kopf herumgingen. Und so ziemlich die dümmste davon hab ich Robert gestellt:

»Und bei euch zu Hause hat keiner was gemerkt?«

»Nur Wuschel«, sagte Robert.

Wuschel ist Roberts Hund, so ein riesengroßes Zotteltier, das überall alles umschmeißt und immer im Flur bleiben muss, wenn Robert ihn mit zu uns nach Hause bringt. Meine Mutter hat das so bestimmt. Sie sagt, Wuschel sei der dusseligste Hund, der ihr jemals untergekommen ist, und Robert in allen Zimmern sei ihr Besuch genug.

»War Wuschel mit im Zimmer, als du … äh … abgereist bist?«, fragte ich.

»Nein«, sagte Robert. »Aber kurz vorher hab ich ihn an meiner Tür kratzen hören. Das macht er sonst nur, bevor ich wo hinfahre, wo er nicht mitkommen darf.«

Das stimmt. An Roberts Tür sind an zwei Stellen Kratzspuren: Einmal waren wir mit der Klasse im Schullandheim, und einmal war Robert mit mir und meinen Eltern eine Woche am Meer. (Das erste und letzte Mal, sagt meine Mutter, aber mein Vater meint, da wäre das letzte Wort noch nicht gesprochen.)

»Du meinst, er hat gewusst, dass du … äh … verreist?«, fragte ich.

»Logisch«, sagte Robert. »Hunde spüren so was, jedenfalls Wunderhunde wie Wuschel.«

Dazu, dass Wuschel ein Wunderhund sein sollte, sagte ich nichts. Über Wuschel kann man mit Robert nicht diskutieren. Außerdem waren wir genau in dem Moment bei ihm zu Hause (bei Robert, meine ich). Er wohnt eine Straße näher an der Schule als ich.

»Kommst du noch mit rein?«, fragte er, während er in den Taschen seiner Jeans nach dem Haustürschlüssel suchte. Robert sucht seinen Schlüssel immer in den Taschen seiner Jeans, obwohl er ihn dort nie hinsteckt.

»Aber nur für kurz«, sagte ich. »Bei uns gibt’s heute Pizza.«

»Pizza kann man aufwärmen«, sagte Robert und zog mich am Ärmel in den Hausflur. Den Schlüssel hatte er inzwischen gefunden, wo er ihn immer findet: an der Schnur um seinen Hals.

Was jetzt kam, kannte ich schon: erst was Schweres links und rechts auf den Schultern und dann was Kaltes, Nasses mitten im Gesicht. Wahrscheinlich könnt ihr euch denken, was es war.

Das vierte Kapitel, in dem Robert beweist, dass sein neues Schwert ein Zauberschwert ist (Er tut es nur ein bisschen anders als geplant!)

Das auf meinen Schultern in Roberts Hausflur waren Wuschels Pfoten, und das Kalte, Nasse war seine Zunge. So begrüßt Wuschel Leute, die er mag, sagt Robert, und wenn ich sage: »Aber er begrüßt doch alle so!«, sagt Robert: »Ein großer Hund hat eben ein großes Herz!«

»Kommst du essen?«, rief Roberts Mutter aus der Küche.

»Gleich!«, rief Robert zurück. »Ich zeig nur schnell Tim noch was!«

Ich hatte mich inzwischen von Wuschel losgemacht und rannte hinter Robert her die Treppe hoch. Hinter mir rannte Wuschel. Aber er durfte nicht mit in Roberts Zimmer.

»Wunderhunde müssen erst mal draußen bleiben«, sagte Robert und schob Wuschels Kopf aus der Tür, bevor er sie zumachte. Er drehte sogar den Schlüssel um, weil Wuschel angeblich Türen aufmachen kann. Das ist zwar noch nie vorgekommen, aber Robert sagt, daran könne man nur sehen, wie klug Wuschel ist, er mache das nämlich nur, wenn es unbedingt nötig ist, und bisher sei es eben noch nie unbedingt nötig gewesen.

Jetzt saß Wuschel also draußen, und drinnen hörte man ihn nur knurren. Wuschel ist der friedlichste Hund der Welt und knurrt so gut wie nie, aber wenn er’s tut, zum Beispiel wenn wir mit ihm an Herrn Poneleits Kiosk vorbeigehen, läuft es mir jedes Mal eiskalt den Rücken runter, so grauslich klingt es. Als wären unter seinen Vorfahren Monsterwölfe gewesen oder was. (Dabei hat er das grausliche Knurren nur von seinem besten Hundefreund gelernt, Wotan heißt der, vielleicht erzähl ich irgendwann mal von ihm.)

»Der beruhigt sich gleich wieder«, sagte Robert. »Und jetzt pass auf! – Da!«

Er zeigte auf den Fußboden vor seinem Nachttisch.

»Und da!«

Jetzt zeigte er auf sein ungemachtes Bett.

»Was soll da sein?«, sagte ich.

»Mann, der Wecker und der Spiderman!«, sagte er.

Die sah ich natürlich: Der Wecker lag zwischen Autos und Ritterfiguren auf dem Fußboden vor dem Nachttisch, und Roberts Plastik-Spiderman mit Batterie und Blinkeaugen lag neben Roberts Schlafanzughose auf dem Bett.

»Was soll mit denen sein?«, fragte ich.

»Guck doch genau hin!«, sagte er und hielt sie mir unter die Nase, erst den Wecker, dann den Spiderman.

Jetzt sah ich, dass der Wecker einen Sprung im Glas und der Spiderman einen Ritz im Bein hatte.

»Die haben irgendwann ein bisschen was abgekriegt, falls du das meinst«, sagte ich.

»Die haben nicht irgendwann ein bisschen was abgekriegt!«, sagte Robert aufgeregt. »Die sind der Beweis!«

»Wofür?«, fragte ich.

»Mann, für das Zauberschwert!«, sagte er. »Den Wecker hab ich auf dem Hinweg damit erwischt und den Spiderman auf dem Rückweg.«

Ich weiß nicht, wie es euch gegangen wäre, aber ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Ich meine, logisch, von irgendwas mussten der Wecker und der Spiderman ihre Schrammen haben, meinetwegen auch von einem Schwert – aber musste das deswegen schon ein Zauberschwert sein? Wo war es überhaupt? Bisher hatte ich es noch nicht gesehen. Und eine Kerbe im Parkett auch nicht – oder doch: Nicht weit von Roberts Schreibtisch, gleich neben seiner Ritterburg, war eine. Doch, die konnte von einer Schwertspitze sein. Irgendwie war das alles sehr verwirrend. Und darum beschloss ich, Robert ganz vorsichtig zwei Fragen zu stellen. Die erste war die von ganz hinten in meinem Kopf, die ich in der Pause auf dem Schulhof nicht zu fassen gekriegt hatte.

»Äh … Robert«, sagte ich. »Am Anfang hast du gesagt, dass das Schwert irgendwie ein Geheimnis haben musste, weil du’s zum normalen Kämpfen nicht hochgekriegt hast. Aber die echten Ritter früher waren ja viel größer und stärker als du – also hätten sie doch wahrscheinlich damit kämpfen können?«

»Stimmt«, sagte Robert und sah plötzlich ganz nachdenklich aus. »Wenn man’s so sieht …«

»Was ist, wenn man’s so sieht?«, fragte ich, als er nicht weiterredete.

»Dann hab ich was Falsches gedacht, und es ist trotzdem was Richtiges dabei rausgekommen«, sagte er. Er machte eine kleine Pause, dann runzelte er die Stirn und sagte ganz ernst: »Komisch eigentlich, sonst ist es meistens umgekehrt.«

Als ich das hörte, kriegte ich einen Lachanfall. Das kriege ich öfter, wenn Robert was richtig ernst meint, nur jetzt war es ein bisschen unpraktisch. So kam es nämlich, dass ich meine zweite Frage nicht rauskriegte. Ich wollte fragen, ob ich das Zauberschwert mal sehen kann. Aber ich sagte nur: »Äh … Robert …« Dann musste ich wieder eine Lachpause machen. »Das Zauber…« Ich hatte richtige Krämpfe. »Das Za-hauber…« Es ging nicht. »Schwert« kriegte ich einfach nicht raus. Stattdessen schmiss ich mich auf Roberts Bett und rollte mich in seine Bettdecke. Ich japste nach Luft und lachte Tränen und wollte es noch einmal versuchen: »Das Zahahauber…« Da ging es plötzlich los:

Ich hörte kurz hintereinander drei Dinge: erst ein Rumpeln unterm Bett, als wenn jemand was drunter vorholen würde, dann ein Geräusch an der Tür, als würde jemand daran kratzen, und dann ein Zischen, als würde jemand was durch die Luft schwingen – oder wirbeln …

»Halt, Robert, nicht!«, rief ich, aber bis ich mich aus der Decke gewickelt hatte, sah ich ihn gerade noch zu Ende wirbeln und rückwärts aufs Bett zutaumeln. Ich wollte ihn festhalten, damit er wenigstens nicht umfiel und sich noch an dem scharfen Schwert verletzte, aber ich kriegte ihn nur gerade so mit einer Hand hinten an seiner Steppweste zu fassen. Danach wurde mir erst schwindlig und dann schwarz vor Augen. Da hab ich sie zugemacht, weil ich sowieso nichts mehr gesehen habe.

Als ich die Augen wieder aufmachte, sah ich eine Ritterburg mit einer hohen Mauer drum herum.

Und auf dem Burghof standen Robert und ich.

Da hatte ich den Beweis. Ich wusste nur nicht, ob ich mich darüber freuen sollte.

Das fünfte Kapitel, in dem drei traurige kleine Ritter auftreten (Und Robert in anderen Kleidern!)

Die Burg sah überhaupt kein bisschen schön aus. Die Wände waren ganz bröckelig, und die Zinnen der Mauer mit dem hölzernen Umgang oben sahen aus wie schlechte Zähne. Das Burgtor war geschlossen, aber in der Mitte klaffte ein Spalt, durch den am unteren Ende gerade eine Schar Hühner ins Freie lief, so schräg hingen die Torflügel in den Angeln. Einen einzigen mickrigen Turm hatte die Burg, der stand auch noch ein bisschen schief, und die Tür, die hineinführte, war mit Brettern zugenagelt. Mitten auf dem Burghof stand ein Baum, eine Eiche, glaube ich, jedenfalls einer mit so rundlich gezackten Blättern. Das musste der sein, hinter dem sich Robert vor den Wächtern versteckt hatte.

Jetzt saßen darunter drei Jungs und sahen genau wie die kleinen Ritter in Ritterbüchern aus: mit solchen Leggins an den Beinen und spitzen Schuhen und ein bisschen aufgeplusterten Hemden mit einem Wams darüber, das in einem Gürtel steckte. Die Leggins und die Hemden waren grün, und das Wams war rot – wahrscheinlich waren das die Farben der Ritterfamilie auf der Burg. Schwerter hatten die Jungs auch, aber nur aus Holz, mit denen kratzten sie vor sich im staubigen Boden.

Sie saßen keine zehn Schritte von uns entfernt, und es war nur eine Frage der Zeit, bis einer aufschaute und uns entdeckte. Aber es schaute keiner auf. Nur der, der mit dem Rücken zu uns saß, linste kurz über die Schulter und sagte:

»Grüß dich, Robert, setz dich her!«

Ich traute meinen Ohren nicht, aber Robert schien das völlig normal zu finden. Er setzte sich in Bewegung und zog mich hinter sich her. Erst jetzt merkte ich, dass ich ihn immer noch an der Steppweste festhielt. Nur dass es jetzt keine Steppweste mehr war, sondern ein Wams. Ein rotes mit einem Gürtel darüber. Darunter trug er ein grünes Hemd und wieder darunter grüne Leggins und spitze Schuhe. In seinem Gürtel steckte ein blitzendes Schwert, das viel zu groß für ihn war und mit der Spitze auf dem Boden schleifte.

»Was zupfst du denn an mir rum?«, sagte er.

Da ließ ich ihn los.

Er setzte sich zu den kleinen Rittern.

Und ich setzte mich dazu. Was hätte ich sonst auch machen sollen? Im Hinsetzen schaute ich an mir runter und sah, dass ich angezogen war wie immer. Ob das was zu bedeuten hatte, wusste ich nicht. Ehrlich gesagt, wusste ich überhaupt nichts mehr.

»Ein Freund von dir?«, fragte wieder der, der schon mal gesprochen hatte. Es war so ein windhundmäßig Dünner.

»Mein Vetter«, sagte Robert. »Tim.«

(Falls es jemand nicht weiß: Ein Vetter ist dasselbe wie ein Cousin.)

»Komischer Name und komisch angezogen, dein Vetter«, brummelte einer der beiden anderen. Er war so ein kleiner Dicker.

»Find ich nicht«, brummelte der andere der beiden anderen. Er war genauso klein und dick.

Jetzt fiel mir auch auf, dass die beiden haargenau gleich aussahen. Das mussten Zwillinge sein, kleine, knubbelige Zwillingsritter, die mit ihren hölzernen Schwertern Kreise und Quadrate in den Sand kratzten. Der eine Kreise und der andere Quadrate.

»Er kommt aus der Stadt«, erklärte Robert. »Da heißt man jetzt so, und man trägt so was.«

Falls es jemanden interessiert: Ich hatte ganz normal Skater-Jeans an und Turnschuhe und einen Kapuzenpulli mit Spiderman auf dem Rücken, aber den (den Spiderman) konnten sie noch gar nicht gesehen haben.

»Die spinnen in der Stadt«, sagte der erste Zwilling.

»Find ich nicht«, sagte der zweite.

»Die beiden werden dauernd verwechselt, darum sind sie immer unterschiedlicher Meinung«, erklärte der Dünne.

»Rigobert«, sagte der erste Zwilling und machte eine leichte Verbeugung mit dem Oberkörper.

»Dagobert«, sagte der zweite und verbeugte sich nicht.

»Kuno«, sagte der Dünne und nickte mit dem Kopf. Wenn er kein Sitzriese war (ihr wisst schon: Leute, die nur im Sitzen groß aussehen), musste er mindestens einen Kopf größer sein als ich, und ich bin ungefähr einen halben Kopf größer als Robert.

So war das. So lernten wir uns kennen. Und das Komische war: Auf einmal fühlte es sich auch für mich vollkommen normal an. Damit ihr das nicht falsch versteht: Ich sage nicht, dass es normal war. Ich wusste, dass ich wo war, wo ich nicht hingehörte. Ich sah seltsame Dinge, drei lebendige kleine Ritter zum Beispiel oder Roberts andere Kleider. Ich hörte seltsame Dinge, zum Beispiel dass die drei unter der Eiche mit Robert redeten, als würden sie ihn schon irgendwie kennen. Und vor allem: Ich hatte keine Ahnung, ob ich jemals wieder von dort fortkam! Ich meine, beim ersten Mal war Robert von seiner komischen Reise zurückgekommen, aber da war er allein gewesen. Ob der Rückwärtszauber auch zu zweit klappte, wusste kein Mensch. Normalerweise klappte bei Robert nie