Achtsamkeit und die Kunst des bewussten Essens - Beate Caglar - E-Book

Achtsamkeit und die Kunst des bewussten Essens E-Book

Beate Caglar

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  • Herausgeber: Integral
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2016
Beschreibung

Achtsam essen: Der Weg zu mehr Leichtigkeit und Lebenskraft

Schnell noch im Gehen etwas essen, mit vollem Mund zurück an den Schreibtisch, abends ein Fertiggericht warmmachen: Selbst für unsere Mahlzeiten gönnen wir uns oftmals keine Pause vom Stress des Alltags – doch gerade hier können wir kleine Oasen der Ruhe einbauen, unser Leben wirksam entschleunigen und unsere Gesundheit entscheidend fördern. Wie wir durch achtsame Ernährung krankmachendes Stress-Essen vermeiden, Körper und Geist wieder miteinander verbinden, zu innerer Ruhe kommen und unserem Organismus wertvolle Energie zuführen, zeigt Beate Çaglar. Mit über 50 Rezepten und vielen kleinen Achtsamkeitsübungen wird es möglich, während des Einkaufens, Kochens und Essens die Kraft des Augenblicks zu erfahren und mit allen Sinnen zu genießen.

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Seitenzahl: 245

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INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort

ACHTSAME ERNÄHRUNG

Essen – nur noch ein Akt des Hungerstillens?

Essgewohnheiten

Stress – zwingend unser täglicher Begleiter?

Achtsamkeit – der Schlüssel zu Wohlbefinden, Ruhe und neuer Kraft

Zur Ruhe kommen

Sitzen unsere Gefühle beim Essen mit am Tisch?

Die Kraft der Gedanken

Die Relevanz des Augenblicks

Das Gesetz der Resonanz und unsere feinstofflichen Körper

Das perfekte Achtsamkeitsdinner

DIE BAUSTEINE UNSERER NAHRUNG

Gesunde Ernährung

Der Wert des Selberkochens

Kohlenhydrate

Fette

Eiweiss

Antioxidantien und sekundäre Pflanzenstoffe

Lebenselixier Wasser

Kann man gute Gefühle essen?

ANHANG

Rezeptverzeichnis

Danksagung

Vita Beate Çağlar

VORWORT

Von Nele Neuhaus

Noch vor ein paar Jahren hätte ich wahrscheinlich etwas ratlos vor dem Manuskript, das mir meine Freundin Beate zum Lesen gab, gesessen und insgeheim gedacht: »esoterischer Quatsch!« Damals führte ich ein ausgesprochen ungesundes Leben und mochte mir auch keine Gedanken darüber machen. Meine Lebenssituation zwang mich in ein enges Korsett, ich musste mich beruflichen Zwängen beugen und hatte während meines Alltags einfach keine Zeit, in Ruhe zu essen.

Ich denke, liebe Leserinnen und Leser, Sie kennen das alle: Wir haben die besten Vorsätze, aber die täglichen Pflichten halten uns meistens davon ab, diese Vorsätze auch umzusetzen. Job, Familie, Haushalt, Freizeit – alles soll funktionieren und das reibungslos. Wir packen uns den Tag voll und kämpfen gegen die Uhr, um sowohl unsere eigenen Ansprüche als auch die der anderen zu erfüllen.

Mein Tagesablauf war über zwanzig Jahre hinweg eng getaktet. Als Ehefrau eines mittelständischen Unternehmers war ich im Betrieb das Mädchen für alles, zu Hause wartete der Haushalt, dazu kamen die Springpferde meines Mannes, die jeden Tag versorgt und trainiert werden wollten. Morgens um 5 Uhr ging es los, abends war selten vor 22 Uhr Schluss. Die einzige Mahlzeit, für die ich mir etwas Zeit nahm, war das Frühstück. Doch auch dabei las ich die Tageszeitung oder stellte meine To-do-Liste für den Tag zusammen. Mein üblicher Tagesablauf begann im Stall, ein Pferd musste in aller Frühe geritten werden, die Hunde mussten raus, um 6 Uhr musste das Büro geputzt werden. War ein Fahrer zu wenig da, musste ich liefern fahren und dabei klingelte ständig das Handy: »Wo bist du? Beeil dich! Der Kunde hat schon reklamiert und hier steht schon eine Schlange im Laden! Wo bleibst du denn? Fahr doch noch mal schnell da hin, mach das noch – ach nein, komm doch erst zurück und nimm noch die andere Lieferung mit! – Beeil dich, beeil dich!« Zwischendurch schnell ein Brötchen reingestopft, eine Frikadelle, ein Plunderstückchen und eine Cola hinterher. Mittags ging es wieder in den Stall, dann wurde eingekauft, abends gesaugt, geputzt und gebügelt. Nicht selten ging es danach noch weiter, denn Selbstständigkeit in der Lebensmittelbranche bedeutet »selbst« und »ständig«. Dazu kamen die Reitturniere an den Wochenenden, die auch nur unter Zeitdruck stattfanden. Über zwanzig Jahre lang befand ich mich in einer körperlichen und mentalen Ausnahmesituation; Zeit zur Regeneration gab es so gut wie keine.

Viele von Ihnen werden Parallelen zu ihrem eigenen Leben erkennen. Den täglichen Berg voll Arbeit konnte ich nur bewältigen, indem ich mich zu einer Meisterin des Multitasking entwickelte und eigentlich war ich darauf immer stolz. Erst viel später merkte ich, welch fatale Auswirkungen dieses »Alles-auf-einmal-Machen« auf meinen Körper hatte. Unser Körper ist ein wahres Wunderwerk, er hält unglaublich viel aus und besitzt enorme Selbstheilungskräfte, aber auch er verschleißt im Laufe der Jahre, wie ein Auto, das wir rücksichtslos auf Vollgas fahren und dem wir zur Pflege nur gelegentlich minderwertiges Öl in den Motor kippen. Und dann war da mein permanent schlechtes Gewissen, das mich über Jahrzehnte begleitete. Ich wusste genau, dass ich ungesund lebte, aber ich war nicht in der Lage, etwas daran zu ändern. Dann war es so weit: Mein Körper rebellierte. Doch selbst im Krankenhaus trieb mein Mann mich an, sodass ich mir nicht einmal dort die Erholung gönnte, die ein Mensch nach einer Erkrankung braucht. Ich ignorierte die verzweifelten Signale meines Körpers, bis er schließlich streikte: Herzklappe kaputt, ein lebensbedrohliches Aortenaneurysma.

Wenn man 44 Jahre alt ist und in einer Herzklinik liegt, kommt man zur Besinnung. Ich habe mich besonnen und mein ganzes Leben verändert. Nach und nach habe ich den negativen Stress eliminiert und gelernt, Nein zu sagen, zu Druck, zu Angst, zu Wut und Enttäuschung. Ich habe gelernt, mir Zeit für mich zu nehmen und zu innerer Ausgeglichenheit zu finden. Es dauerte lange, bis ich mich wieder konzentrieren konnte, und auch heute gelingt mir das nicht immer, denn eine Konditionierung von zwanzig Jahren lässt sich nicht so leicht abstreifen. Dennoch bemühe ich mich heute, alles, was ich tue, bewusst zu tun. Ich überlege mir, was ich kochen will, und kaufe in Ruhe ein. Mein Handy ist die meiste Zeit lautlos, oft bleibt es zu Hause. Nichts auf der Welt ist so wichtig, als dass es nicht eine Stunde Zeit hat. Convenience- und Fertigprodukte sind von meinem Einkaufszettel verschwunden; mein Lebensgefährte und ich kochen jeden Tag mit frischen Lebensmitteln. Vegetarier sind wir beide nicht, aber Fleisch steht höchstens ein- bis zweimal in der Woche auf dem Speiseplan. Ansonsten essen wir ausgewogen: sehr viel Gemüse, Obst, Pasta, Milchprodukte und Fisch. Wir decken für jede Mahlzeit den Tisch, setzen uns hin und essen ohne Zeitdruck. Dazu gehört im Alltag sicher ein wenig Organisation, aber es gelingt, wenn man nur will. Der erste Schritt für mich dahin war, mich vom Joch der ständigen Erreichbarkeit zu befreien und den »Stressfaktor Smartphone« auszuschalten. Während wir essen, liegt auf dem Tisch niemals ein Handy, auch oder erst recht nicht, wenn wir auswärts essen gehen.

Nach all diesen Erfahrungen habe ich das Buch meiner Freundin Beate mit ganz anderen Augen gelesen – und verstanden. Ihre Prämisse, sich beim Essen Zeit zu nehmen und achtsam zu sein, kann man entsprechend auf jede Situation in seinem Leben anwenden. Wenn du etwas tust, dann tue es richtig, konzentriere dich darauf und genieße es! Achtsamkeit ist das Bewusstsein für ein gesundes Gleichgewicht im Leben. Dieses Gleichgewicht zu finden und die Balance zu halten, ist für uns Menschen in Zeiten, in denen (fast) alles möglich ist, in denen Informationen via Internet innerhalb von Sekunden verfügbar sind, in denen man morgens in Frankfurt, mittags in Rom und abends in New York sein kann, die größte Herausforderung überhaupt. An jeder Ecke gibt es Gurus, die uns für viel Geld Allheilmittel versprechen. In Wahrheit brauchen wir das nicht. Was wir brauchen, ist schon in uns selbst, wir müssen es nur nutzen. Doch genau da liegt meistens das Problem: Wie schaffe ich es, aus dem Alltagstrott, der mich auffrisst und lähmt, herauszukommen? Wie gelingt es mir, jeden Tag aufs Neue Sorgen und Probleme für ein paar Stunden zur Seite zu schieben? Sie müssen dazu nicht erst, wie ich, im Krankenhaus landen, um radikal ihr Leben zu ändern. Dieses Buch bietet einen einfachen und gut umzusetzenden Leitfaden dazu, wie Sie in einem Bereich Ihres Lebens gleich damit anfangen können, nämlich beim Essen. Es ist untermauert mit interessanten und sorgfältig recherchierten Fakten über unseren Körper und unseren Geist, außerdem gibt es jede Menge leckerer Rezepte zum Nachkochen. Meine persönlichen Favoriten sind die mit Kräutercouscous gefüllten Paprika an gegrilltem Schafskäse, das köstliche Auberginenpüree und die Zucchini-Frischkäse-Röllchen!

Fangen Sie mit dem ersten Schritt auf dem Weg zu mehr Lebensqualität, Gesundheit und innerer Ausgeglichenheit noch heute an – es ist so einfach! Nehmen Sie sich Zeit, konzentrieren Sie sich auf Ihr Essen, auf die positiven Dinge in Ihrem Leben – und auf sich selbst!

Herzlichst,

ACHTSAMEERNÄHRUNG

Essen kann die reine Freude sein, die Körper, Geist und Seele gleichermaßen guttut. Wenn Sie das erleben möchten, sind Sie hier genau richtig.

01.

ESSEN– nur noch einAKT desHUNGERSTILLENS?

In unserem Zeitalter steigt die Lebenserwartung, aber auch der Anspruch an Lebensqualität bis ins hohe Alter. Wir möchten jung und schön sein, und zwar möglichst lange. Eine wesentliche Voraussetzung hierfür ist, dass wir gesund bleiben. Ein gesunder Lebensstil kann helfen, Krankheiten zu vermeiden. Im Modell der »Fünf Säulen der Gesundheit« ist gesunde Ernährung neben genetischer Disposition, regelmäßiger Bewegung, ausreichend Schlaf und innerer Ausgeglichen- und Zufriedenheit ganz wesentlich.

Wie essen wir heute?

Eine Ernährungsstudie der Techniker Krankenkasse zeigt jedoch, dass die eigene Ernährung für viele Menschen immer mehr zur Nebensache wird1. Drei regelmäßige Mahlzeiten gibt es kaum noch. Jeder vierte Befragte isst unterwegs im Gehen und Stehen, bei jedem Dritten läuft der Fernseher während des Essens. Die Mittagspause, die uns während eines anstrengenden Arbeitstages eine Verschnaufpause verschaffen könnte, wird nur noch von wenigen genutzt. Ein Blick in das Betriebsrestaurant während der Mittagszeit macht das deutlich: Auf dem Essenstablett liegt das Smartphone, damit eine permanente Erreichbarkeit gewährleistet ist; das Essen wird in Windeseile verzehrt, denn man muss ja wieder schnell zurück an den Schreibtisch; der letzte Bissen ist noch im Mund, da geht’s schon zum nächsten Meeting. Wieder andere planen gar keine Zeit zum Essen ein, sondern essen vor dem Computer, während sie weiterarbeiten. Wir scheinen nicht mehr zur Ruhe zu kommen und sind während des Essens nicht bei der Sache. Unsere Gedanken kreisen um alle möglichen Themen, nur nicht um die Mahlzeit, die vor uns steht. Dadurch essen wir unbewusst, zu schnell und unkontrolliert. Diese Oberflächlichkeit und Hetze beim Essen ist aus meiner Sicht einer der größten Ernährungsfehler unserer Zeit, denn sie wirkt sich besonders negativ auf unseren Körper aus.

Was essen wir?

Nicht nur die mangelnde Ruhe und Oberflächlichkeit beim Essen belastet uns, auch die bewusste Auswahl von gesunden Lebensmitteln bleibt auf der Strecke. Die Nahrungsmittelindustrie hat sich unserer schnelllebigen Welt angepasst und die sogenannten Convenience-Produkte erfunden, industriell vorgefertigte Produkte oder Speisen, die so aufbereitet sind, dass der Verbraucher mit möglichst wenig Aufwand, also bequem (engl. convenient), und vor allem schnell Mahlzeiten zubereiten kann. Ein tatsächliches Kochen mit unverarbeiteten Produkten findet nach der erwähnten Ernährungsstudie – wenn überhaupt – nur noch bei der Hälfte der Befragten täglich statt. Damit reduzieren wir unsere Kost auf Nahrungsmittel, die reich an Energie, Fett, Protein und einfachen Kohlenhydraten sind, aber einen Mangel an Ballaststoffen und sekundären Pflanzenstoffen aufweisen. Das Essen degradiert zu einem Akt, mit dem wir unseren Hunger stillen und den Organismus am Leben erhalten. Zu mehr haben wir keine Zeit. Das ist zumindest immer das, was ich reflexartig als Argument höre.

Die gesundheitlichen Folgen sind verheerend, denn für die industrielle Massenproduktion werden maßgeblich qualitativ minderwertige Zutaten verwendet: gebleichte und raffinierte Mehle, Unmengen an Zucker, schlechte, das heißt vor allem gesättigte Fette, wenig Ballaststoffe, dafür viele Lebensmittelzusatzstoffe. Nach offiziellen Schätzungen gehen 30 Prozent aller Krankheitskosten in Deutschland auf ernährungsbedingte Krankheiten zurück2. Abgesehen davon, dass wir uns letztlich mit der Verwendung von industriell vorgefertigten Produkten der Chance berauben, die Nahrungsaufnahme wirklich zu kontrollieren, verlernen wir aufgrund der Vielzahl an künstlichen Zutaten und der starken Verarbeitung, die Bestandteile überhaupt noch zu schmecken. Trotz alarmierender Statistiken, was Fast und Convenience Food bei den Menschen gesundheitlich anrichtet, werden diese Produkte allgegenwärtig beworben und verkauft.

„Eure Nahrungsmittel sollen Heilmittel, eure Heilmittel Nahrungsmittel sein.“

Hippokrates von Kos (etwa 460–370 v. Chr.)

Mit Genuss und ein wenig Zeit

Die bewusste Auswahl gesunder Nahrungsmittel ist also wichtig, bringt uns aber nur auf die Hälfte des Weges. Die Nährstoffe unserer Nahrung verstoffwechseln wir nur optimal, wenn wir uns Zeit nehmen und achtsam essen. Der Begriff Achtsamkeit taucht mittlerweile überall auf und die passenden Apps gibt es auch schon. Aber was genau steckt dahinter? Wie können wir Achtsamkeit in unseren Alltag einbauen und auf unsere Ernährung anwenden? Müssen wir dafür grundlegende Veränderungen vornehmen? Was soll das überhaupt bringen? Und was bringt dieses Buch?

Depositphotos: © Ymgerman

Was bringt Ihnen dieses Buch?

Dieses Buch habe ich für Menschen geschrieben, die – wie ich selbst vor gar nicht allzu langer Zeit – das Gefühl haben, im Schlepptau ihres stressigen und vollgepackten Alltags zu sein; die sich fühlen, als würden sie in einem Hamsterrad laufen, das jemand von außen immer schneller anstößt. Menschen, die fürchten, sich selbst zu verlieren. Das Lesen dieses Buches soll ein sinnliches Erlebnis sein, das Sie inspiriert, durch Achtsamkeit mehr Selbstfürsorge in Ihr Leben einzubauen, vor allem beim Essen. Es erläutert, welche Faktoren unser Essverhalten bestimmen und wie wir uns diese bewusst machen können. Es legt die relevanten Einflussfaktoren dar, die wir im Zusammenhang mit Achtsamkeit kennen sollten: Ruhe, Stille, Gefühle, die Kraft unserer Gedanken, die Relevanz des Augenblicks und die Energie unserer feinstofflichen Körper. Nur wenn wir die relevanten Stellgrößen kennen und das spirituelle Ziel von Achtsamkeit verstehen, können wir sie mit wenig Mühe und nachhaltig in unser Leben integrieren.

Dieses Buch beleuchtet Schritt für Schritt, wie wir Körper und Geist wieder in Einklang bringen und warum sich achtsames Essen positiv auf unseren Organismus auswirkt. Durch einfache, wenig zeitaufwendige und leicht umzusetzende Achtsamkeitsübungen lernen Sie, zur Ruhe zu kommen und wahrzunehmen, was in diesem Augenblick geschieht. So können Sie zu Ihrem inneren Selbst zurückfinden.

Darüber hinaus veranschaulicht dieses Buch, wie wir Achtsamkeit täglich im Rahmen unserer Ernährung mit allen Sinnen erleben können, angefangen bei der Zubereitung unserer Speisen, dem Schaffen günstiger Umstände für die Mahlzeit bis hin zum Genießen des Essens. Es vermittelt in leicht verständlicher Weise das nötige Grundwissen über die Nährstoffe unserer Nahrung. Es erläutert, warum es förderlich ist, möglichst unverarbeitete Lebensmittel einzukaufen und Gerichte selbst zuzubereiten. Und schließlich habe ich meine liebsten veganen und vegetarischen Rezepte für Sie aufgeschrieben, anhand derer Sie das achtsame Essen üben – und genießen – können.

02.

ESSGEWOHNHEITEN

Viele Menschen in unserer heutigen Mediengesellschaft haben solide Kenntnisse über gesunde Ernährung. Dennoch weicht das tatsächliche Essverhalten hiervon oft signifikant ab. Das fängt schon bei der Frage an, ob und wie viel wir essen.

„Regel Nr. 1 für achtsame Ernährung: Essen Sie nur, wenn Sie hungrig sind, und hören Sie auf, wenn Sie satt sind.“

Diese Regel klingt plausibel und einfach, dennoch halten sich die wenigsten daran. Woran liegt das? Das Hungergefühl ist ein natürliches Startsignal, das zeigt, dass der Körper die vorherige Mahlzeit vollständig verdaut hat und bereit ist, wieder Nahrung aufzunehmen und zu verarbeiten. Das Gehirn interpretiert »Ich bin satt«, wenn der Magen signalisiert »Ich bin voll«. Das tut er, wenn die Magenwand ausreichend gedehnt ist, was in der Regel 15 bis 20 Minuten dauert. Dann werden im Gehirn Botenstoffe aktiviert, die die Nahrungsaufnahme hemmen.

Unser Körper sendet uns also alle Informationen, die wir brauchen, um zu wissen, ob wir Hunger haben oder satt sind. Dennoch beachten wir diese Signale oft nicht und essen, obwohl wir gar keinen Hunger haben, oder essen weiter, obwohl wir schon satt sind. Das liegt unter anderem daran, dass unser Essverhalten von Faktoren beeinflusst wird, die uns gar nicht bewusst sind. Denn die Nahrungsaufnahme ist in den meisten Fällen keine wirklich bewusste Entscheidung.

Die Entwicklung unseres Essverhaltens

Als Säuglinge machen wir noch alles richtig, denn da regieren uns ausschließlich die inneren Reize, die wir auch vollständig spüren. Wir haben Hunger oder Durst und können das sehr deutlich zum Ausdruck bringen. Wir hören in diesem Lebensalter auch noch instinktiv auf zu essen, wenn wir satt sind. Im Kindesalter sind dann vor allem die Essgewohnheiten der Eltern entscheidend, die das Kind meist später im eigenen Haushalt beibehält. Das heißt, wenn der Vater morgens auf die Schnelle eine Tasse Kaffee heruntergießt, während er quasi schon aus der Tür ist, wird das Frühstück auch für die Kinder meist keinen großen Stellenwert haben.

Kürzlich hat mein siebenjähriger Sohn seinen Freunden Biomandarinen als Snack angeboten. Der eine sagte: »Aber nicht zu viele. Meine Mutter sagt, von Mandarinen bekommt man Nasenbluten.« Der andere Freund war ebenfalls vorsichtig: »Meine Mutter hält nichts von bio.« Es war interessant zu beobachten, was die kleinen Kerle unmittelbar mit dem Produkt assoziiert haben. Gegessen haben sie dann trotzdem ein ganzes Kilo.

Fotolia: © Laszlolorik

Eine Sache der Gefühle

Tatsächlich ist unsere Nahrungsaufnahme immer von Gefühlen begleitet. Das kann zum Beispiel Freude vor einem bestimmten Essen sein, mit dem wir etwas Angenehmes verbinden. Es gibt Speisen, die wir gern essen, weil sie zu unserem Kulturkreis gehören und Heimatgefühle in uns auslösen. Mir fällt dazu ein Handkäs mit Musik (siehe hier) an einem warmen Sommerabend in einer urigen Apfelweinkneipe ein. Ähnlich verhält es sich mit dem Lieblingsgericht während unserer Kindheit, das nur von Mama zubereitet besonders lecker war. Ich habe mich während meiner Schulzeit immer riesig gefreut, wenn es mittags Königsberger Klopse (siehe hier) gab, und ich verbinde heute damit immer noch (wenn auch in vegetarischer Form) ein ganz wohliges Gefühl. Dazu kommen Rituale und Vorlieben, die uns von der Familie, den Freunden, der Werbung oder von Menschen vorgelebt werden, die wir bewundern oder die uns auf andere Weise beeinflussen.

Mit fortschreitendem Lebensalter werden Reize außerhalb der Familie wichtiger. Für Jugendliche sind auf Neudeutsch die Peers entscheidend, deren Verhalten gern kopiert wird. Im Erwachsenenalter wird die Nahrungsaufnahme zunehmend von rationalen Erwägungen beeinflusst, wenn man beispielsweise aus Tierliebe auf Fleisch verzichtet.

Daneben gibt es Situationen, mit denen wir automatisch Essen oder Trinken verbinden: ein Glas Wein bei Sonnenuntergang am Meer, ein Glas Pimm’s (siehe hier) an einem lauen Sommerabend im Tennisclub oder Kaffee und ein Stückchen Hessische Apfelweintorte (siehe hier) am Sonntagnachmittag bei Oma. Schon die wohlige Erinnerung an die schönen Augenblicke beim letzten Mal kann dazu führen, dass wir die gleichen Speisen in der gleichen Situation wieder konsumieren wollen, unabhängig davon, ob wir tatsächlich Hunger haben.

„Wenn du merkst, du hast gegessen, hast du schon zu viel gegessen.“

Sebastian Kneipp (1821–1897)

Essen kann ein Ventil sein

Essen kann auch andere Funktionen haben, die mit Sättigung zunächst nichts zu tun haben. So können durch den Konsum hochpreisiger Lebensmittel in der Öffentlichkeit Signale gesendet werden, mit denen man einen hohen Lebensstandard betonen möchte. Ein Familienpicknick in der Natur oder ein gemeinsames Grillen im Sommer kann der Freizeitgestaltung dienen. Oder wir versuchen durch Essen nicht unseren Hunger zu stillen, sondern Gefühle wie beispielsweise Langeweile, Traurigkeit, mangelnde Zuneigung, fehlende Liebe oder auch Einsamkeit zu kompensieren. Wenn Kinder regelmäßig zum Trost oder zur Belohnung Gummibärchen oder Schokolade bekommen, dann ist es wahrscheinlich, dass Süßigkeiten auch weiterhin diese Trost- oder Belohnungsfunktion übernehmen.

Ein weiterer Faktor, warum wir zu Essen greifen, kann allein das aktuelle Angebot sein. Stehen während einer geschäftlichen Besprechung Kekse auf dem Tisch, greifen wir zu, ohne eigentlich hungrig zu sein; einfach nur, weil sie halt dastehen. Gleiches gilt, wenn ein Gastgeber nach einem reichhaltigen Essen im Laufe des Abends Chips oder Nüsse auf den Tisch stellt. Die gehen immer weg, egal wie satt alle sind. Werden uns größere Portionen angeboten, essen wir auch automatisch mehr. Das wird in Fast-Food-Restaurants dadurch gefördert, dass das größere Menü auch wirtschaftlich attraktiver ist.

Weil wir’s immer so machen

Schließlich spielt die eigene Gewohnheit eine wichtige Rolle. Der Kaffee, den viele von uns glauben zu brauchen, um morgens in Gang zu kommen, ist ein Beispiel dafür. Die Gewohnheit führt sogar dazu, dass wir trotz anfänglicher Abneigung einen Wohlgeschmack für dieses Lebensmittel entwickeln können, wenn wir es über einen längeren Zeitraum verzehren. Ich selbst dachte, meine vorzugsweise vegane Ernährung würde am Kuhmilchersatz für meinen morgendlichen Kaffee scheitern. Ich habe jahrelang täglich Kaffee mit viel Milch getrunken. Als ich darauf verzichten wollte, habe ich alles Mögliche an Ersatzprodukten probiert (Sojamilch, Mandeldrink, Haferdrink, Reisdrink, gar keine Milch). Nichts hat geschmeckt. Weil ich die Umstellung unbedingt schaffen wollte, habe ich dann trotzdem die Sorte Sojamilch, die mir am wenigsten schlecht geschmeckt hat, jeden Tag weiter verwendet. Nach etwa acht Wochen fand ich sie dann erstaunlicherweise richtig lecker – bis heute. Kuhmilch dagegen kann ich gar nicht mehr trinken.

Wir sehen an all diesen Beispielen, dass es jede Menge Faktoren gibt, die uns zum Essen verführen, am wenigsten ist es unsere bewusste Entscheidung.

„Solange wir unserem physischen Körper gegenüber unbewusst und unsensibel sind, kann dieser Körper keine Harmonie mit unseren anderen Körpern herstellen.“

Osho (1931–1990)

Übernehmen Sie das Kommando

Der erste Schritt in Richtung achtsame Ernährung ist, sich die Faktoren, die uns persönlich antreiben, bewusst zu machen und der bewussten Entscheidung, ob, was und wie viel wir essen, wieder mehr Raum zu geben. Dazu müssen wir die Signale unseres Körpers wahrnehmen und den Automatismus, der uns bei der Nahrungsaufnahme oft begleitet, durchbrechen. Das kostet vielleicht etwas Überwindung, denn wir sind es in puncto Gesundheit gewohnt, externe Berater hinzuzuziehen und deren Meinung mehr zu vertrauen als unserer eigenen. Dabei ist Ihr Körper der Einzige, der den derzeitigen Zustand und Ihre individuellen Nahrungsbedürfnisse genau kennt. Da kommt kein Diagnostiker der Welt mit. Vertrauen Sie Ihrem Körper, hören Sie ihm zu und lernen Sie von ihm. Die folgende kleine Achtsamkeitsübung gibt dazu einen Einstieg. Lassen Sie sich Zeit damit, aber bleiben Sie beharrlich. Ihr Essverhalten hatte bis jetzt ein bestimmtes Muster, das man nicht von heute auf morgen auflösen kann. Jeder, der schon mal eine Diät gemacht hat, weiß, wie schwierig es ist, alte Essgewohnheiten zu ändern. Und wenn wir mal beschlossen haben, ein Stück Schokolade zu essen – egal warum –, dann wollen wir es auch haben. Seien Sie geduldig. Es braucht ein bisschen Zeit und vor allem regelmäßige Übung, bis Sie die Signale Ihres Körpers wieder bewusst wahrnehmen und vor allem dann auch danach handeln.

ACHTSAMKEITSÜBUNG N°1

>> Auf die Signale des Körpers hören <<

Mit dieser ersten Achtsamkeitsübung versuchen wir, die Signale unseres Körpers wieder bewusst wahrzunehmen. Dazu müssen wir mit uns selbst in Kontakt treten und uns mit unserem Körper verbinden. Das mag absurd klingen, doch viele Menschen spüren ihren Körper nur noch, wenn er schmerzt. Klienten, denen ich diese Übung »verschreibe«, sind immer wieder überrascht, wie wenig sie ihren Körper bislang wahrgenommen, geschweige denn ihm zugehört haben. Dabei gibt er uns alle Informationen, die wir brauchen, um ihn gesund zu halten. Aber Sie müssen sich etwas Zeit nehmen, um in ihn hineinzuhorchen.

1. Halten Sie bewusst inne, wenn Sie das nächste Mal den Entschluss fassen, etwas zu essen.

2. Überprüfen Sie (auch anhand der im Text genannten Beispiele, wobei Ihnen bestimmt noch weitere einfallen), warum Sie jetzt essen wollen. Entschließen Sie sich, nach dieser Überprüfung nur zu essen, wenn Sie tatsächlich Hunger verspüren.

3. Wenn Sie einen anderen Grund gefunden haben, warum Sie jetzt essen wollen, begraben Sie die Idee wieder. Fragen Sie sich dann aber, welche Bedürfnisse Sie gerade befriedigen wollen? Was fühlen Sie momentan? Was würde Sie jetzt »nähren«? Liebe, Zuneigung, Trost? Versuchen Sie etwas zu kompensieren? Stress, Langeweile oder Wut? Wenn einer dieser Aspekte zutrifft, dann ist Ihr Kühlschrank gerade der falsche Ansprechpartner.

4. Wenn es Ihnen schwerfällt, jetzt nichts zu essen, versuchen Sie, laut mit sich zu sprechen (erwiesenermaßen hilft das) und erläutern Sie sich selbst, warum Sie jetzt nichts zu essen bekommen.

5. Wenn Sie etwas essen, weil Sie Hunger verspüren, dann machen Sie das auch ganz bewusst. Ohne schlechtes Gewissen und mit Genuss.

6. Beobachten Sie, wann das Hungergefühl gestillt ist (nicht erst, wenn nichts mehr in den Magen reingeht), und beenden Sie dann die Mahlzeit (egal wie viel noch auf dem Teller ist).

HESSISCH’ BRUSCHÄDDA

Wir können die Qualität der meisten Lebensmittel am besten mit unseren Sinnesorganen messen. Leider vertrauen wir oftmals einem Gütesiegel mehr als unserer eigenen Nase, unseren Fingern oder unserem Gaumen. In Hessen gibt es den Ausspruch: »Egal is’n Handkäs. Der stinkt von allen Seiten.« Handkäse hat einen individuellen Geruch und man kann seinen Reifegrad wunderbar mit dem Geruchssinn messen. Wenn er »stinkt«, ist er vielleicht für manchen Gaumen schon zu weit. Riecht er kaum, mag er wiederum zu jung sein. Probieren Sie es aus und essen Sie dann ein Stückchen, um Ihren Geruchstest zu verifizieren.

ZUTATEN (für 4 Portionen)