AERA 9 - Die Rückkehr der Götter - Markus Heitz - E-Book

AERA 9 - Die Rückkehr der Götter E-Book

Markus Heitz

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Beschreibung

»Nach dem Sturm« – Teil 9 von AERA - Die Rückkehr der Götter: Das große Dark Fiction- eSerial des Meisters der Phantastik! Es geschah. Von einem Tag auf den nächsten waren sie wieder da: Götter. Und zwar die alten Götter. Jene, welche die Bibel mit »Du sollst neben mir keine anderen Götter haben« meinte - und deren Existenz die Heilige Schrift der Christen niemals in Abrede stellte. Interpol-Ermittler Malleus Bourreau ist Atheist geblieben in einer Welt, in der es vor Göttern nur so wimmelt. Und er ist gut in seinem Job, denn er hat keinen Respekt. Nicht vor Menschen und nicht vor Göttern. Sein aktueller Fall fordert ihn allerdings: Wertvolle Artefakte aus den verschiedensten Kulturen sind verschwunden und die Diebe gehen dabei buchstäblich über Leichen. Wie hängen die Gegenstände zusammen? »Nach dem Sturm« ist der neunte Teil des zehnteiligen eSerials »AERA, die Rückkehr der Götter« von Markus Heitz: Sein aktueller Fall fordert ihn auf ungewohntem Terrain: Menschen verschwinden an der Küste, und oftmals bringen die Wogen Leichenteile an den Strand. Handelt es sich um das Tun eines Gottes oder ist es ein Monstrum? Dann erkennt Malleus, dass die Leichenteile viel zu alt sind, um zu den Verschwundenen zu passen. Etwas passt ganz und gar nicht.

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Seitenzahl: 129

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Markus Heitz

AERA Die Rückkehr der Götter

Episode 9 NACH DEM STURM

Knaur e-books

Über dieses Buch

»Nach dem Sturm« – Teil 9 von AERA – Die Rückkehr der Götter: Das große Dark-Fiction-eSerial des Meisters der Phantastik! Es geschah. Von einem Tag auf den nächsten waren sie wieder da: Götter. Und zwar die alten Götter. Jene, welche die Bibel mit »Du sollst neben mir keine anderen Götter haben« meinte – und deren Existenz die Heilige Schrift der Christen niemals in Abrede stellte.

Interpol-Ermittler Malleus Bourreau ist Atheist geblieben in einer Welt, in der es vor Göttern nur so wimmelt. Und er ist gut in seinem Job, denn er hat keinen Respekt. Nicht vor Menschen und nicht vor Göttern. Sein aktueller Fall fordert ihn allerdings: Wertvolle Artefakte aus den verschiedensten Kulturen sind verschwunden, und die Diebe gehen dabei buchstäblich über Leichen. Wie hängen die Gegenstände zusammen?

 

Inhaltsübersicht

Der Kampf auf dem Meer»Denn sie säen Wind, [...]Episode 9 NACH DEM STURMDie BeschwörungAERA-GötterlexikonPrologTeil 1Teil 2BacchusTeil 3Baba jagaTeil 4Hugin & MuninTeil 5NeptunSednaTeil 6AdamastosBrigantinaTeil 7AphroditeTeil 8BadTeil 9TritonTeil 10BalderAERA im InternetAlle Teile der aufregenden Dark-Fiction-Serie von Markus Heitz »AERA – Die Rückkehr der Götter«
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»Denn sie säen Wind, und Sturm werden sie ernten.«

Hosea, Kapitel 8, Vers 7

Textbibel des Alten und Neuen Testaments, 1899

 

 

»Sturm! –

Über des Meeres

Weißsprühenden Gischt

Rollt der Wolken

Schwarzes Meer.

Befreit

Aus der Tiefen nächtigem Grab,

Miterstandene Genossen

Ziehen heulend sie empor.«

Ferdinand Avenarius,

Sturm am Meer,

Wandern und Werden, 1881

 

 

»Eine nur schwache Flamme verlöscht der Sturm.

Hat sie schon um sich gegriffen, facht er sie nur stärker an.«

Sophie Mereau (1770–1806),

Betrachtungen

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Celtica, Paris-Lutetia, November 2019

 

Malleus Bourreau ärgerte sich.

Er saß im Hauptquartier von Interpol, im Büro seines Chefs Ilja Lautrec, und vernahm dessen Ausführungen mit halbem Ohr. Seine Gedanken beschäftigten sich hingegen mit dem Bewegungsmuster der verwanzten Artefakte, die sich seit geraumer Zeit nicht mehr gerührt hatten und dann verloschen waren.

Mitten im Ärmelkanal.

Fernsehen und Internet brachten des scheinbaren Rätsels Lösung: Eine Fähre war gesunken, und darauf hatten sich die Räuber wohl eingebucht.

Rettungskräfte suchten vor Ort nach Schiffbrüchigen, die ohne Rettungsboote im eiskalten Atlantikwasser nur wenige Minuten überlebten.

Da sich alle drei Wanzen nicht mehr meldeten, konnte es bedeuten, dass sie für längere Zeit mit Wasser und hohem Druck in Kontakt gekommen waren. Also lagen sie zusammen mit den oder dem Träger in der See zwischen Britannien und Celtica.

Ausgerechnet. Malleus empfand Mitleid mit den Passagieren, doch sein Ärger über die verlorengegangenen Artefakte überwog in diesen Sekunden. Alle drei auf einen Schlag auf dem Grund des Meeres.

Damit blieb sowohl der Sammler als auch Malleus seines Triumphes beraubt, denn es würde nun schwer werden, ihn zu fassen und für die von ihm initiierten Untaten zur Rechenschaft zu ziehen.

So vieles bleibt nun unaufgeklärt. Malleus paffte frustriert an der Culebra mit der sepiafarbenen Banderole. Der Rauch sackte wie schwerer Nebel über seine Lippen abwärts und an der Kleidung hinab, um zu seinen Füßen zu ruhen wie ein gezähmtes Tier, das sich auf seinen Befehl auf ein Ziel stürzte.

Er saß aber nicht vor Lautrecs Schreibtisch, weil er kostbarste Beweismittel aufs Spiel gesetzt und verloren hatte, sondern wegen Anweisungen zu einem neuen Fall, der Malleus im Moment gar nicht interessierte.

Ihm blieb die vage Hoffnung, dass Marcus Roy Crick anhand des in Bolivien gefundenen Bildes einen Menschen ausfindig machte, der als unbekannter Sammler infrage käme. Dann würde sich Malleus einen neuen Schlachtplan zurechtlegen, wie er für eine Überführung sorgen konnte.

Der Gegenspieler war reich, skrupellos und kannte weder Gesetz noch Regeln. Damit bekam er genug Möglichkeiten, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen, beispielsweise durch gute Anwälte und bestochene Zeugen. Mit den Artefakten wäre es einfacher und eindeutig gewesen.

»Sie sollten innerhalb der nächsten Stunde aufbrechen, Bourreau. Das ist eine ganz schöne Entfernung. Unterwegs können Sie nachlesen, was Sie verpasst haben. Also: alles.«

Verdammt. Nichts mitbekommen. Malleus räusperte sich und bewegte die Füße, der Qualm zerstob und sickerte in den Teppich. »Monsieur le Chef, ich habe zwischendurch den Faden verloren«, entschuldigte er sich. »Pardon.«

»Weil Sie sich noch über die verlorenen Köder ärgern«, befand Lautrec, der mit großer Sicherheit in seinem Kleiderschrank am guten Geschmack vorbeigegriffen hatte. Das konnte der Mittsechziger mit der oftmals schlechten Laune so gut, dass es beinahe schon als eigener Stil betrachtet werden durfte – wenn es in den Augen nicht so schmerzte: gelbes Hemd, grüner Pullover, eine rot gemusterte Krawatte, die dazu noch schief saß. »Aber hätten Sie mir zugehört, wüssten Sie, dass es einen Zusammenhang geben mag.«

»Zwischen?«

»Dem Fährunfall und Ihrer neuen Sache.«

Nun ärgerte sich Malleus noch mehr. »Ich muss gestehen, ich habe …«

Lautrec machte eine lahme Fingerbewegung, als wäre er zu faul, eine Fliege elanvoll zu verscheuchen, die schwarzen Locken wippten dennoch. Auf seinem rundlich bärtigen Gesicht spiegelte sich Unmut. »Ich schicke es Ihnen.« Er sah auf die Uhr. »Ich habe nämlich weder Zeit noch Lust, Ihnen nochmals alles vorzubeten.« Er erhob sich. »Und vergessen Sie Lagrande nicht. Sie wartet unten abfahrbereit.«

»Wieso Lagrande?«

Lautrec sah ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen an, eine seiner liebsten Posen. »Sie haben wirklich nichts mitbekommen.«

»Nein.«

»Dann lassen Sie sich von ihr alles unterwegs berichten. Ich habe Feierabend.« Er warf sich das kackbraune Sakko über, das auch die beste Garderobe zu einem Fehlgriff verkommen ließe, in Lautrecs Fall aber keine Rolle spielte. »Ich bin sehr gespannt, wie die Ermittlungen laufen, Inspecteur.« Er zwang Malleus mit treibenden Blicken zum Aufstehen und Hinausgehen. »Melden Sie sich zwischendurch. Auch wenn Sie denken, es könnte mit der Fähre zusammenhängen.«

Vor Malleus schloss sich die Glastür, knapp vor der glimmenden Spitze der Culebra, und das Rollo auf der anderen Seite schoss abwärts.

»Ich mag ihn«, murmelte Malleus und wandte sich um, ging durch die Abteilung, in dem die Kriminalbeamten die verschiedensten Fälle verfolgten, von Mord bis zu anderen Kapitaldelikten.

Malleus bildete mit seiner Spezialisierung auf göttliche Vorfälle eine schillernde Ausnahme, mal belächelt, mal bewundert, manchmal sogar verflucht von den eigenen Kollegen und Kolleginnen.

Fahren soll ich. Wohin? Und warum mit Lagrande?

Er hatte nichts gegen sie, ganz im Gegenteil. Sie war ihm eine sehr große Hilfe, eine Frau, die sich zu wehren wusste und Ehrgeiz besaß, die sich älter schminkte, um nicht von jüngeren Männern angesprochen zu werden. Im Grunde die perfekte Partnerin in crime, aber er blieb lieber Einzelspieler. Der Titel Rechercheassistentin stand ihr sehr gut.

Doch aus irgendeinem Grund sollte er sie mitnehmen.

Malleus verließ die Etage und traf Lagrande im Foyer.

Sie hatte einen kleinen Reisekoffer neben sich stehen, trug ungewöhnlich normale Kleidung, ohne die stets deutliche Reminiszenz an die Achtziger. Hohe schwarze Stiefel, in denen zerrissene Bluejeans steckten, darüber einen dunkelgrünen Wachsmantel mit Kapuze. Die langen blondierten Haare versteckten sich unter einer großen grünen Mütze, ein dünner schwarzer Schal schlang sich um ihren Hals.

»Inspecteur«, rief sie gut gelaunt. »Bereit für unseren kleinen Ausflug?« Lagrande bemerkte, dass er kein Gepäck hatte. »Sie haben die Nachricht nicht gelesen.«

Er paffte verärgert. Es wurde einfach nicht besser. »Nein, habe ich nicht. Wohin fahren wir?«

»Wohl zuerst in Ihre Wohnung, um ein paar Sachen zu packen. Und danach: Kanalküste, englische Seite. Cornwall.«

»Aha.« Sie grinste. »Sie haben Lautrec nicht zugehört.«

»Kein bisschen.«

Lagrande nahm den Koffer, als er sich danach bücken wollte. »Unterstehen Sie sich. Ich bin groß genug.«

Malleus sah die Ausbeulung unter ihrer Jacke, wo sie die Beretta U22 Neos trug. Sie ging nicht ohne Waffe aus dem Haus, auch wenn die Gefahr durch den Sammler als gebannt betrachtet werden konnte, da die Artefakte verloren waren. Aber es gab noch den Schatten, der ihm folgte und sich vor Kurzem wieder in ihrer Nähe gezeigt hatte. Der Glyphen-Mörder.

»Das hat nichts mit groß zu tun«, widersprach er und entwand das Gepäck ihren Fingern. Draußen rollte der BMW i8 dank Autopilot vor. »Wollen Sie mir berichten, warum es uns nach Cornwall verschlägt?«

Gemeinsam gingen sie hinaus und stiegen in den schnittigen Elektrowagen, der einiges an Komfort aufwies.

»Wir sollten vielleicht das Flugzeug nehmen.«

»Bis wir einen Flug und einen Mietwagen in Heathrow gefunden haben, sind wir auch schon drüben«, lehnte er ab. »Die Autoröhre im Kanaltunnel ist um diese Uhrzeit frei. Das wird ein Kinderspiel.«

»Mein armer Rücken«, beschwerte sie sich beim Einsteigen.

»Die Sitze passen sich an, Madame. Sie ruhen besser als auf Ihrem Bürostuhl«, versprach er und lud ihren Koffer ein, schwang sich auf den Fahrersitz, überließ jedoch der KI des Wagens das Fahren. Das Ziel war zunächst seine kleine Wohnung am Place du Tertre. »Erklären Sie mir bitte, was wir in diesem wunderschönen Fleckchen England zu tun haben? Und vor allem, warum ich Sie mitnehmen muss?«

Lagrande lachte wieder. »Charmant, Monsieur l’Inspecteur.«

»Sie wissen, wie ich es meine, Madame.«

»Ja, und das hört man ganz deutlich.«

Malleus fuhr sich über den Fu-Manchu, dann schnippte er den verbliebenen Zigarrenstummel aus dem geöffneten Fenster. »Verzeihen Sie mir meine schlechte Laune. Es ist nicht wegen Ihnen.«

»Ah, ah, ein bisschen schon. Sie wollen keine Partnerin bei Ihren Fällen.«

Insgeheim stimmte Malleus zu. »Es ist wegen der Artefakte«, erwiderte er teilwahrheitsgemäß, »und wie wir sie verloren haben, nachdem wir uns so viel Mühe gegeben hatten.«

»Das weiß ich doch. Deswegen nehme ich Ihnen die Laune nicht übel.« Lagrande aktivierte den internen Computer des BMW sowie die Fensterprojektion, und auf die Frontscheibe wurden die Fakten zum anstehenden Fall in mattgrüner Leuchtschrift geworfen. »Dann will ich mal nicht so sein. Rund um den Ort und die Halbinsel The Lizard in Cornwall sind immer wieder Menschen verschwunden: bei Spaziergängen, bei Bootsausflügen, mal Einheimische, mal Touristen.«

Noch brauchte man keinen Ermittler wie ihn. »Vor der Rückkehr der Entitäten auch schon?«

»Es gibt Aufzeichnungen, die bis ins Jahr 1732 zurückreichen. Damals ging ein Schiff mit Fischern bei bestem Wetter verloren, man fand später angespülte Wrackteile, was sich keiner erklären konnte. Große Teile davon zeigten Löcher wie von Pranken, und es soll ein Zahn von der Größe eines Fingers gefunden worden sein. Die Legende von einem Meeresungeheuer nahm ihren Anfang.«

Seemannsgarn. Malleus nickte. »Nur weiter, Madame.«

»Jetzt werden seit acht Wochen nach einem Sturm regelmäßig Leichenteile an Land gespült. Und es hat den Anschein, als gehörten sie zu den Menschen, die verschwanden. Die Polizei vor Ort prüft anhand der DNA, um welche Personen es sich dabei handelt. Die Angehörigen der Verschwundenen wurden gebeten, Haarproben der Leute abzugeben.«

»Kann es nicht ein psychopathischer Massenmörder sein?« Malleus hatte von Cornwall gehört und wie mild und schön es dort sein sollte.

Aber der Frust verhinderte, dass er sich darauf einließ. Ihn interessierte der unbekannte Sammler wesentlich mehr, und alles, was sie gegen ihn anzuführen vermochten, bestand aus einem alten Bild und dem Netzwerk von Crick.

»Die Wunden an den gefundenen Gliedmaßen und Körperresten wurden nicht von einer bekannten Waffe angerichtet oder einem bekannten Tier«, führte Lagrande weiter aus. »Deswegen verlangte der King of Britannia nach Ihnen, Monsieur l’Inspecteur. Einen Fachmann und ohne dass lange diskutiert werden muss.«

»Oh, der König?« Vielleicht wird es doch interessant. In Malleus’ mauligem Verstand setzten sich die Informationen träge zu Fragen zusammen: Was hauste vor der Küste Cornwalls im Meer, was hatte es mit dem Menschen angestellt, und welche Entität konnte dafür verantwortlich sein? Oder gab es doch eine ganz irdische Erklärung? »Also, schön. Sehen wir nach.«

Lagrande grinste. »Als hätten Sie eine Wahl.«

»Wir haben Glück, dass keine Touristensaison ist. Sonst wäre die Zahl der Vermissten vermutlich deutlich höher.« Malleus ließ sich die Bilder der gefundenen Leichenteile anzeigen, während der i8 an einer Ampel zum Halten kam.

Es gab mehrere halbe Hände, einen rechten Unterschenkel ohne Fuß, zwei Oberschenkel, einen Frauentorso ohne Brüste. Durch die Lagerung im Wasser wirkten die Stücke aufgedunsen und wächsern, die Gliedmaßen schienen teils abgerissen, teils abgeschnitten worden zu sein.

Malleus erhöhte die Leuchtkraft des Displays, damit er die Einzelheiten besser sah, vergrößerte die Ansichten. Mir sagen die Wunden nichts.

Die Obduktionsberichte sprachen in Ermangelung einer anderen Erklärung von einer feingezackten , hocherhitzten Klinge oder von sehr scharfen, heißen Zähnen; in zwei Fällen waren gerade Schnitte einer scharfen Klinge mit viel Wucht notiert. Das Fleisch blutete nicht an den Wundflächen weiter, als wären die Schnitte mit unsichtbarem Kleber versiegelt.

»Wir sollten vielleicht auf die Bilder verzichten, solange wir in der Stadt unterwegs sind«, warf Lagrande in seine Betrachtungen.

»Weswegen?« Malleus sah sie verwundert an. »Je früher ich mich mit dem Fall …«

Sie deutete zum Trottoir.

Dort stand eine Anzahl stocksteifer Passanten, die entsetzt auf den BMW starrten. Die grüne Fußgängerphase hatten sie verpasst, zwei hoben ganz langsam das Smartphone und schossen ein Foto. Eine Frau übergab sich in den Rinnstein, ein Kind drückte sich heulend an den nassen Mantel seines Vaters.

Dann rollte der i8 weiter.

»Sie haben recht.« Malleus schaltete die Projektion ab und machte sich Gedanken, was er einpacken würde. Viel brauchte er nicht. »Warum nehme ich Sie noch gleich mit, Madame Lagrande?«

»Sie können es nicht lassen.«

»Ich bitte Sie! Das ist eine ganz harmlose Frage!«

»Lautrec meinte, ich solle zu Crick fahren und mich mit ihm besprechen und ihm auf den Zahn fühlen«, führte sie mit einem Grinsen aus. Es schien ihr Spaß zu machen, ihn in Verlegenheit zu bringen. »Monsieur le Chef hat Tipps von den Kollegen aus der Kunstfahndung bekommen, dass Mister Crick dazu neigt, sich Dinge mit verbotenen Mitteln unter den Nagel zu reißen.«

»Hatte er nicht gesagt, sein Sohn wäre derjenige, der sich gerne … dunkler Kanäle bediente?«

Lagrande nickte. »Scheint aber nicht ganz der Wahrheit zu entsprechen. Anklage wurde niemals gegen ihn erhoben, es erwischte lediglich die Zwischenhändler.« Sie setzte die Mütze ab, das lange helle Haar fiel mit einem leisen Rascheln auf den Mantel, Parfumduft breitete sich im Fonds aus. »Ich traue ihm nicht. Möglicherweise spielt er ein doppeltes Spiel.«

»Um selbst an die Artefakte zu kommen.« Malleus hatte Crick noch gestern eine Nachricht geschrieben, er solle nichts unternehmen, auch wenn er einen Verdacht habe, wer für den Tod seines Sohnes verantwortlich sei. »Und warum setzt Lautrec Sie dafür ein?«

»Denken Sie, ich könnte das nicht?« Sie fasste die Haare in einem Zopf zusammen.

»Nun, eigentlich ist es mein Fall.«

»Eigentlich habe ich herausgefunden, um welche Artefakte es sich handelt«, machte sie ihn aufmerksam. »Und eigentlich kümmerte ich mich um die Sicherung, habe mir Schießereien mit Söldnern geliefert …«

»Schon gut, Madame«, gab Malleus auf. Doch keine so schlechte Partnerin. »Aber ich begleite Sie.«

Lagrande ließ sich einen Kaffee brühen, der blubbernd in den Pappbecher quoll. »Das ahnte ich, Monsieur l’Inspecteur.«

Klingt eher, als hat sie es gehofft.

Seine Gedanken wanderten unwillentlich zu Oona Milord. Zu ihrem Kuss, der nach einer Wiederholung verlangte, wie er verwundert feststellte.