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Am 11. Januar 2006 wurde Dr. Albert Hofmann 100 Jahre alt. 1943 entdeckte er die stärkste bewußtseinsverändernde Substanz - das LSD. Ein Stoff, der Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts so stark beeinflußt hat, wie kaum eine andere Substanz zuvor. Aus diesem Anlaß versammelt dieses Buch seine wichtigsten Texte und Vorträge aus den letzten beiden Jahrzehnten. Mit Beiträgen von Ralph Metzner, Günther Amendt, Wolf-Dieter Storl, Myron J. Stolaroff, Mathias Bröckers, Christian Rätsch, Claudia Müller-Ebeling, Jonathan Ott, Roger Liggenstorfer u.a.
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Seitenzahl: 290
Veröffentlichungsjahr: 2012
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Übersetzung der Artikel von Jonathan Ott, Ralph Metzner und Myron Stolaroff aus dem Amerikanischen durch Mathias Broeckers
Berechtigte Lizenzausgabe für AT Verlag, Baden
© 2006
Nachtschatten Verlag AG, Solothurn Text-Copyright bei den jeweiligen Autoren Layout: trigger.chUmschlaggestaltung: AT Verlag, Foto: Hansjörg Sahli, fraktale Strukturen: Claude Steiner Druck: Druckerei Uhl, Radolfzell Printed in Germany
eISBN 978-3-0378-8247-4
www.nachtschatten.chwww.at-verlag.ch
Albert Hofmann mit einem Modell des LSD-Moleküls, Foto: C. Roessiger
Dieses Buch porträtiert nicht nur einen der bedeutendsten Naturwissenschaftler unserer Zeit, der mit seinen Entdeckungen ein unvergleichliches Werkzeug zur Erforschung des Bewusstseins geschaffen hat, es zeigt auch den Werdegang, die gedankliche Entwicklung, die Einsichten und Ausblicke eines Menschen, dem noch im »biblischen« Alter von 100 Jahren eine gerade jugendliche Frische und geistige Klarheit gegeben ist. Als Albert Hofmann vor einigen Jahren bei einer Konferenz in den USA mit tosendem Jubel und Standing Ovations begrüßt wurde, brach er diesen einem Popstar angemessenen Empfang sogleich freundlich ab: »Danke, meine Damen und Herrn, ich bin doch nur ein kleiner Schweizer Chemiker...« Das war keine gespielte Bescheidenheit, und eben deshalb sehen viele, weit über das damals applaudierende Publikum hinaus, in Albert Hofmann einen der letzten lebenden Weisen unserer Zivilisation. Wie alle wirklich grossen Wissenschaftler war auch er bei seiner immer tieferen Erforschung der Bausteine der Natur auf immer grössere Geheimnisse gestossen und über die messende, rechnende Erkundung der Materie an eine Grenze gelangt, hinter der das Unfassbare, das Unberechenbare, das Göttliche beginnt: Geist. Keine andere Entdeckung der Menschheit hat diesen Übergang von Geist und Materie so genau markiert wie das von Albert Hofmann geschaffene LSD. Wenige Millionstel Gramm, die materielle Substanz eines Staubkorns, reichen seitdem aus, die Wahrnehmung dessen, was wir normalerweise für die Wirklichkeit, die Materie, die Welt halten, völlig zu verändern – und mit Zusammenhängen konfrontiert zu werden, die unsere Verständnisfähigkeiten übersteigen. »Wer als Naturwissenschaftler kein Mystiker wird, ist kein Naturwissenschaftler« – diese Aussage Albert Hofmanns ist nicht einfach nur ein Bonmot, er hat sie am eigenen Leibe und mit dem eigenen Bewusstsein erfahren, seit er im April 1943 dank eines solchen Staubkörnchen erstmals in den Weltraum des Geistes katapultiert wurde. Die Essays und Vorträge Albert Hofmanns aus den letzten zwei Jahrzehnten, die in diesem Buch versammelt sind, reflektieren diese ausserordentliche Erfahrung und die Erkenntnisse, die für unser Verständnis der Natur, des Lebens und des Bewusstseins daraus gezogen werden können. Sie zeigen aber nicht nur den hoch begabten »kleinen Chemiker«, der dem Wirkungsmechanismus der Heilmittel der Natur wissenschaftlich auf der Spur ist, sondern auch, welche Art von »neuer« Wissenschaft die Erforschung des Bewusstseins mit sich bringt: Experimente, in denen der Beobachter zwangsläufig Teil des Experiments wird, da die die Erforschung der »äusseren« Welt mit der der »inneren« zusammenfällt – und somit der Weg des »objektiven« Wissenschaftlers mit dem der »subjektiven« persönlichen Transformation. Ralph Metzner zeigt in seinem Essay die archaische Tradition auf, in der Albert Hofmann mit seiner Arbeit steht – die alchemistische Suche nach dem »Stein der Weisen«, der letztlich nicht in einer Substanz, sondern in der Veränderung des Bewusstseins und der Persönlichkeit liegt. Dass die weiteren in diesem Buch versammelten Beiträge von Fachleuten, Kollegen und Freunden alle auch auf die persönlichen Erfahrungen zu sprechen kommen, die sie mit Albert Hofmanns Entdeckung machten, ist von daher kein Zufall. Zwar hat wohl keine andere Substanz Kultur, Gesellschaft und Wissenschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts stärker beeinflusst als LSD, doch ist diese äussere Bedeutung zweitrangig, verglichen mit dem katalysatorischen Effekt auf das innere Erleben, den oft schon eine einmalige LSD-Erfahrung den Konsumenten bescherte. Es verbindet sie mit den Initianten von Eleusis, dem grössten Heiligtum der antiken Welt, in dessen rituellem Kern die Einnahme eines »heiligen Tranks« stand, der – wie Albert Hofmann, Gordon Wasson und Carl Ruck herausfanden – einen LSD-ähnlichen Stoff enthielt. Wir haben diesem Buch den Untertitel »Auf dem Weg nach Eleusis« gegeben, weil es Albert Hofmanns innigster Wunsch ist, dass die Botschaft der Mysterien von Eleusis auch heute wieder empfangen werden möge, mit dem Ziel, »durch einen Bewusstseinswandel im einzelnen Menschen die Voraussetzungen zu schaffen für eine bessere Welt«. Albert Hofmann selbst hat der Welt nicht nur ein einzigartiges Werkzeug für diesen Bewusstseinswandel geschenkt, er steht auch wie kaum ein anderer für seinen verantwortungsvollen Gebrauch. Bis zu dem Verbot Anfang der 60er Jahre galt LSD als seelenöffnende, selbsterkenntnisfördernde »Wunderdroge«, seitdem ist es weltweit geächtet und auf meist unqualifizierte Weise verteufelt worden. Dass seinem »Sorgenkind«, wie Albert Hofmann seine Entdeckung bezeichnete, dennoch eine grosse Zukunft blüht – nicht als Droge, schon gar nicht als Suchtstoff (das es nicht ist), sondern als sakrale Substanz – diese Hoffnung hat er nie aufgegeben. Möge dieses Buch dazu beitragen, dass sie sich bald erfülle ...
Mathias Broeckers/Roger LiggenstorferBerlin/Solothurn, November 2005
Hampton Upon Thames, England
(Übertragung aus dem englischen Originaltext von Albert Hofmann)
Ich glaube an einen Schöpfer und Erhalter des Kosmos und von allem Leben, an den kreativen Geist, den wir Gott nennen.
Ich glaube, dass Er Seine Botschaft Seinen Geschöpfen, die fähig sind, sie zu empfangen, den Menschen durch seine Schöpfung offenbart, welche eine Botschaft von ewigem Leben hinter dem Wandel von Geburt und Tod ist, eine Botschaft von Freude und Liebe, eine Botschaft, die sich offenbart in der Unendlichkeit des Sternenhimmels und in der Schönheit der unzähligen Lebewesen in der Pflanzenund Tierwelt auf unserem wunderbaren Planeten Erde.
Ich glaube, dass ich durch mein Bewusstsein, die göttliche Gabe, die jedem Menschen gegeben ist, mit Gott verbunden bin, geborgen in Seinem geistigen Königreich.
Ich glaube, dass ich, wenn ich sterbe, zur Quelle von allem Leben, zu Gott zurückkehre.
»Albert Hofmann wird am 11. Januar 1906 in Baden (Schweiz) als ältestes von vier Kindern eines Werkzeugmachers geboren. Als der Vater krank wird, muss er schnell dazuverdienen und absolviert nach der Sekundarschule eine kaufmännische Lehre. Nebenbei lernt er Latein und legt, nachdem ihm ein Pate die kostenpflichtige Abendschule bezahlt, in nur einem Jahr die Lateinmatura ab. 1926 nimmt er das Studium der Chemie an der Universität Zürich auf und schliesst es 1929 mit einer vielbeachteten Dissertation zur Strukturaufklärung des Chitins ab. Danach tritt er seine Lebensstellung als Forschungschemiker in den Pharmazeutisch-Chemischen Laboratorien der Sandoz AG (Basel) an. Bis zu seiner Pensionierung 1971 leitet er dort die Abteilung Naturstoffe. In dieser Zeit erfolgen die Untersuchungen u. a. über die Wirkstoffe von Arzneipflanzen wie Mutterkorn, Meerzwiebel, Rauwolfia und die mexikanischen Zauberpilze, aus denen wertvolle und gewinnträchtige Arzneimittel hervorgehen, u.a. das Geriatricum Hydergin®, das Kreislaufmittel Dehydergot ® oder das in der Gynäkologie als Standardmedikament bis heute eingesetzte Methergin ® sowie die psychoaktiven Substanzen LSD und Psilocybin.
Für seine grundlegenden Forschungen und Entdeckungen erhielt Albert Hofmann zahlreiche Preise und Ehrungen, darunter Dr. pharm. h. c., Universität Stockholm; Dr. sc. nat., ETH Zürich; Dr. rer. nat. h. c. Freie Universität Berlin, Honorary Member of the American Society of Pharmacognosy. Ausserdem wurde er in das Nobelpreiskomitee berufen.
Seine Veröffentlichung umfassen über 140 wissenschaftliche Arbeiten und zahlreiche Bücher (siehe vollständige Bibliographie im Anhang), sein erfolgreichstes Buch – »LSD – Mein Sorgenkind« – wurde in 11 verschiedene Sprachen übersetzt.
Albert Hofmann ist seit 1935 mit Anita Hofmann verheiratet, die er ein Jahr zuvor bei einem Skiaufenthalt in Arosa kennengelernt hatte. Aus ihrer Ehe gingen vier Kinder und zahlreiche Enkel und Urenkel hervor. Anita Hofmann hat ihren Mann bei seinen Forschungsreisen u. a. nach Mexiko begleitet. Bis 1971 wohnt die Familie in Bottmingen bei Basel, nach Alberts Pensionierung bauten sich die Hofmanns ein Haus auf der Rittimatte, einer Bergwiese an den Ausläufern des Jura, wo sie seitdem leben.
Portrait Albert Hofmann von Wolfgang Maria Ohlhäuser, 2005, Öl auf Leinwand, 30 x 40 cm
Ein Gespräch mit Albert Hofmann
Was uns alle am meisten interessiert: wie man 100 Jahre alt wird. Welche Methoden – oder Tricks – hast du angewendet, um ein solches Alter zu erreichen und so rege und geistig wach zu bleiben?
Das hat sich so ergeben. Das kann man nicht planen. Ich hatte irgendwie immer wieder das Glück, Positives zu erleben. Wenn etwas Negatives kam – dann kam, sozusagen wie vom Himmel. . . wieder etwas Positives – so hat sich das immer wieder ausgeglichen. Ich glaube, dass ich die Gnade hatte, offene Sinne zu behalten – und unser Bewusstsein wird ja von den Sinnen genährt. Ich habe bis heute keine Brille und keine Hörgeräte ... und ich habe wirklich das Gefühl, dass ich auf die Natur höre, auf das, was uns gegeben ist. Deshalb bin ich auch so skeptisch gegenüber dieser technischen Kultur – weil: wir verpassen ja das Paradies! Wir vermauern und verbrettern unsere Sinne mit dieser Technisierung. Und ich bin noch zu Hause in der Natur, nicht in der technischen Welt. Ich glaube, das ist einer der entscheidenden Fehler unserer heutigen Welt: wir kommen immer mehr ab von dem, was da ist, von diesem grossen Geschenk, wir nehmen es nicht einmal mehr wahr – und rackern uns ab mit technischen Problemen. Wenn ich in der Stadt hätte leben müssen, wäre ich mit Sicherheit schon lange gestorben, schon lange tot. Ich habe das Glück, dass ich hier auf der Rittimatte im Paradies lebe – und wenn man im Paradies lebt, will man ja nicht so schnell weg.
Auf den Bildern im Fotoalbum haben wir gesehen, dass du früher viel Sport getrieben hast...
Ich war immer ein sportlicher Typ, schon in Baden und später in Basel und an der Universität, Leichtatlethik, Laufen ... aber systematisch habe ich das nicht gemacht. Gut, ich habe die ganze Gegend hier abgewandert und manchmal gerannt, aber nie mit einem Plan, sondern aus Freude an der Bewegung in der Natur. Das ist leider jetzt wegen der Hüfte (AH musste sich vor drei Jahren ein künstliches Hüftgelenk einsetzen lassen) nicht mehr möglich.
Hat auch das LSD dabei eine Rolle gespielt, dass du so lange geistig wach und jung geblieben bist?
Ich müsste zwei Leben haben, um das zu beantworten: eines mit und eines ohne LSD – dann könnte man das wissenschaftlich beurteilen. So kann ich das ja nicht. In meinem LSD-Buch (LSD – Mein Sorgenkind) steht ja am Anfang dieses mystische Naturerlebnis als Kind, das ja absolut einem LSD-Erlebnis glich, dieses Einssein mit der Natur. Irgendwie, glaube ich, war mir das angeboren.
Du hast ja schon öfter gesagt, und auch in diesem Buch geschrieben, dass du das LSD nicht entdeckt hast, sondern es sei zu dir gekommen...
Absolut. Das ist tatsächlich so gewesen ...
Zum ersten Mal hergestellt 1938 und dann in der Schublade verschwunden und 1943, bei einer Frühstückspause mit Milch und Honigbrot im Labor, kam dir die Idee, dass an dieser Verbindung möglichwerweise etwas dran sein könnte, und bei der erneuten Herstellung geschah dann die Entdeckung der erstaunlichen Wirkung... zum selben Zeitpunkt, als gerade die erste Atombombe konstruiert wurde, auf dem Höhepunkt des 2. Weltkriegs. Du warst zu dieser Zeit auch Offizier in der Schweizer Armee und musstest monatlich zum Dienst bei der Grenzsicherung
Ja, immer für drei Monate war ich weg, im Tessin, die Südgrenze bewachen, gegen Mussolini ... um zwischendurch mitten im Krieg die Substanz zu entdecken, die als »geistige Atombombe« bezeichnet worden ist. Würdest du die alte Hippie-Parole unterschreiben, dass, wenn alle Generäle einen erfolgreichen LSD-Trip unternehmen, mehr oder weniger automatisch der Weltfrieden eintritt?
Das kann ich auch nicht beantworten. Man müsste es wissenschaftlich untersuchen. Aber ich denke, es wäre einen Versuch wert. In diesem Zusammenhang fällt mir eine Geschichte ein: irgendwann kam einmal eine junge Frau in mein Laboratorium. Ich fragte sie, wie sie hier in die Fabrik überhaupt hineingekommen sei, und sie antwortete in Englisch: »I can pass everywhere, I am an angel.« Und sie sagte: »Sie müssen mir helfen, dass der amerikanische Präsident LSD bekommt.« Sie hiess Johanna, wie die heilige Johanna der Franzosen. Ich wunderte mich immer noch, wie sie überhaupt in das Sandoz-Gebäude hineingekommen war. Aber ich konnte ihr natürlich nichts geben.
John F. Kennedy soll ja, vermittelt von einer seiner vielen Geliebten, eine LSD-Erfahrungen gemacht haben ...
Es war nicht Kennedy, sondern einer seiner Nachfolger ...
In den 70er Jahren hast du mit Gordon Wasson und Carl Ruck in einem Buch (»Der Weg nach Eleusis«) das Geheimnis der Eleusischen Mysterien gelüftet, mit der These, dass im Mittelpunkt dieses Rituals – der wichtigsten spirituellen Instanz des gesamten antiken Abendlands – ein LSD-Erlebnis stand. Auch die dort Initiierten sprechen von einem neuen Verständnis des Einsseins mit der Natur, des Lebens und des Tods. Könnte es sein, dass die Vermauerung der Sinne durch Technik, die wir angesprochen haben, damit zu tun hat, dass mit dem Abbruch dieser Tradition auch ein Faden gerissen ist, der unmittelbare Kontakt mit der Natur...
Das ist sicher so. Die grossen Geister, Staatsmänner und Philosophen, die gesamte Elite, war mindestens einmal im Leben in Eleusis – jeder andere konnte natürlich auch daran teilnehmen, aber es war vor allem die Elite. Und wir heute müssen wieder lernen, überhaupt wahrzunehmen, was die Natur, die Schöpfung ist – ich habe das in meinen beiden Büchlein »Einsichten, Ausblicke« und »Lob des Schauens« angesprochen: wir müssen wieder sehen lernen. Sehen, was wichtig ist und von was wir eigentlich leben: von der Natur oder von der Maschine, von der Technik? Ich habe dort gezeigt, wie wunderbar die Natur ist und wie unfassbar, allein der Aufbau und die Planung der Organismen ... die Schöpfung, das ist das Thema des Chemikers, man schaut tief hinein in die Schöpfung und man sieht dort unerhörte Wunder. Wenn der Naturwissenschaftler kein Mystiker wird, ist er kein Naturwissenschaftler. Und das ist es ja auch, was die Menschen in Eleusis erlebten: Erleuchtung. Erkennen, was wichtig ist. Zu meinen schönsten Erlebnissen zählte immer wieder, wenn junge Leute zu mir kamen, wie einmal ein junger Mann, der sich bedankte und sagte: »Ich bin in der Stadt aufgewachsen, doch seit ich einmal LSD genommen habe, gehe ich wieder in den Wald.« Er hat erkannt, was wirklich wichtig ist: nicht die Häuser, Fabriken, Büros – das brauchen wir und benutzen wir, aber das, von dem wir leben, das ist die Sonne und der Mond und die Erde, die Wiesen und die Blumen – all das, was wächst, das Lebendige, DAS ist es, was wir brauchen. Was wirklich wichtig ist. Was der Mensch gemacht hat, ist wunderbar, aber sekundär – und er macht so tolle Sachen, dass es ihm schadet. Wenn man sich jetzt nicht mehr in die Augen schauen muss, wenn man miteinander redet, wenn man mehr und mehr der Maschine überlässt, die immer perfekter wird, was soll das dann werden? Wir haben nur ein Bewusstsein – und das ist entweder angefüllt mit dem Leben der Maschinen oder dem Wunder der Natur. Um diese wieder sehen zu lernen, muss eine Veränderung des Bewusstseins eintreten. Und LSD ist das stärkste Instrument für eine Bewusstseinsveränderung. Unser Bewusstsein setzt sich aus all dem zusammen, was wir mit den Sinnen aufnehmen, an Licht, Wärme, Nahrung, aus dem, was ich sehe, höre, esse und so weiter – das ist eine ganze Menge, die da aufgenommen wird. Von LSD jedoch braucht es nur eine Spur, eine Spur von der Aussenwelt, ein winziges Staubkörnchen – und das verändert unser Bewusstsein völlig. Unsere Welt ist aus Energie und Materie aufgebaut – und mit solch einer winzigen Spur von äusserlicher Substanz, die unser Inneres so verändert, sind wir an der Grenze von Geist und Materie. Das ist etwas ganz Einmaliges ... Und es ist in diesen Pflanzen enthalten, die seit 3000 Jahren als sakrale Drogen verwendet werden und in denen ich dann diese LSD-ähnlichen Verbindungen entdeckt habe. Deshalb gehört auch LSD in die Gruppe der sakralen Drogen. Aber jetzt fange ich an zu erzählen, was ich in den Büchern schon alles und viel besser geschrieben habe ...
Nein, nein, wir sind begeistert, es noch einmal zu hören, und du erzählst wunderbar. Ich würde auch gern noch etwas zu dem Modell des Bewusstseins hören, das mir in seiner Einfachheit sehr eingeleuchtet hat und das du Sender-Empfänger-Modell genannt hast... der ganze Planet als Sender und jedes einzelne Bewusstsein als Empfänger...
Unsere Sinne sind die Antennen, darüber kommt alles herein, das Bewusstsein ist der Empfänger. Alles, was wir im Bewusstsein haben, ist irgendwann einmal durch die Sinne hineingekommen – bei Geburt ist es gleichsam ein leeres Bewusstsein und wird dann durch all das gefüllt.
Und ein paar Millionstelgramm LSD verändern die Wahrnehmung dramatisch – es ist nicht nur einfach das bekannte Bild, ein bisschen verzerrter oder bunter, es ist ein völlig anderes Programm.. .
Und das deshalb, weil LSD unsere Sinne verändert, man sieht besser, man hört besser, alles wird intensiviert – insofern hatte auch Timothy Leary Recht, wenn er behauptet, es sei auch das grösste Aphrodisiakum. Der Mechanismus des LSD ist ganz einfach: die Tore der Wahrnehmung werden geöffnet und wir sehen plötzlich mehr – von der Wahrheit ...
Und das ist manchmal sehr verwirrend ...
Ja, man erschrickt. Man hat ein völlig anderes Bild und das kann einen furchtbar erschrecken. Deshalb sagen die Indianer ja: bevor ich den heiligen Pilz nehme, muss ich fasten, muss beten, muss rein sein – dann bringt mich der Pilz dem Göttlichen näher. Und wenn ich das nicht mache, tötet er mich oder macht mich wahnsinnig. Das haben die Indiander, lange lange bevor LSD und Psylocibin entdeckt wurden, gesagt – und die amerikanische Jugendbewegung, die es ja gut meinte, hat sich daran nicht gehalten, sie haben es zu oberflächlich genommen, sie haben sich nicht vorbereitet ...
Dieses alte Wissen wurde anfangs nicht vermittelt, die meisten, die LSD nahmen, wussten nicht, was es ist, und kamen erst mit der Zeit dazu, damit richtig umzugehen...
Das ging alles zu schnell. Es hätte sich entwickeln müssen, die Erkenntnis, das es etwas Sakrales ist, das heisst, die Wiederentdeckung, denn eigentlich ist es schon seit mindestens 3000 Jahren bekannt, dass es etwas Besonderes ist.
Das haben Tim Leary und seine Kollegen in Harvard, Ralph Metzner und Richard Alpert, ja eigentlich auch getan, sie haben auf die Wichtigkeit von »Set & Setting« hingewiesen und das alte Ritualwissen gewissermassen in die Neuzeit transportiert – aber Leary hat LSD gleichzeitg auch, typisch amerikanisch, angepriesen wie ein Wanderprediger oder Handelsvertreter...
Er hat es ja jedem geradezu aufgedrängt... etwas, was ich nie getan habe. Dennoch bin ich überzeugt, dass die Menschheit lernen wird, damit umzugehen in Zukunft. Und wenn man überlegt wie so ein modernes Eleusis aussehen könnte, dann wäre das zuerst ein Ort, eine schöne natürliche Umgebung, in der man Meditationsferien macht, wo man fastet, ruht und betet ... sich vorbereitet. Und wo dann solche Substanzen ihrem Sinn entsprechend angewendet werden. Der Priester von Eleusis wusste, weil jeder einen Vorbereitungskurs machen musste, die richtige Dosierung für jeden Einzelnen – und wir wissen ja heute eigentlich auch alles, um dafür zu sorgen, dass es nie einen schlechten Trip gibt ...
Parallel mit der psychedelischen Bewegung ab Ende der 50er Jahre hat ja ohnehin eine Hinwendung zu östlicher Philosophie, Meditation, zur Ökologie und Natur stattgefunden. Glaubst du, dass LSD dabei eine Rolle gespielt hat?
Es hat viele Leute auf gute Ideen gebracht, und die, die zur Natur zurückgefunden haben, sind gerettet. Manche sind aber auch in der Hölle gelandet und kamen nicht mehr raus. Viele aber haben etwas entdeckt, was es in unserer Gesellschaft fast gar nicht mehr gibt: das Heilige.
Hat dieses Heilige mit dem, was unsere Kirchen verwalten, etwas zu tun?
Ich glaube sehr viel, wenn man sich an Jesus hält. Ich bin Christ und Jesus hat gesagt: »Seht die Lilien auf dem Felde – sie sind wunderbarer als der Palast von David, seht die Vögel ... der Vater im Himmel sorgt für sie.« Er hat die Händler und Schriftgelehrten aus dem Tempel gejagt und gesagt: Geh in dein Kämmerlein und in den direkten Kontakt zu Gott. Nur der Einzelne Mensch kann in Kontakt zu Gott treten, nicht die Kirche. Nur der Einzelne kann sehen, kann erfahren, hat ein Bewusstsein, das die Welt, wie wir sie sehen, hervorzaubert ... Auch bei diesem Kontakt mit Gott geht es ja um unser Bewusstsein – und deshalb ist die wissenschaftliche Erforschung des Bewusstseins so wichtig. Damit stehen wir noch sehr am Anfang und das LSD ist das wichtigste Mittel dazu, ein Werkzeug – aber wie gesagt, wir stehen noch ganz am Anfang in der Bewusstseinsforschung. Und ich hoffe sehr, dass sie weitergeht, denn wir brauchen eine Art neues Eleusis, sonst wird unsere Welt untergehen. Unsere politischen Führer heute wissen doch nichts, sie wissen nicht, was auf der Erde wichtig ist, sie haben kein Wissen, was der Mensch wirklich braucht, dass er von und in der Natur lebt. Aber dieses Wissen müssen wir wiedergewinnen, wenn die Menschheit nicht untergehen soll. Der Naturwissenschaftler, der dieses Wunder nicht sieht, nimmt sich nur etwas von der Mechanik der Natur, das, was er für seine Technik brauchen kann – und macht dann Waffen daraus, die Atombombe. Dabei könnten wir aus der Erde einen Paradiesgarten machen, es wäre alles dafür da, die Methoden, die Hilfsmittel... Nur da (fühlt sich am Kopf) – fehlts noch, am Bewusstsein.
Ich würde gerne noch über deine Wegbegleiter und Freunde sprechen. Du hattest ja mit vielen Persönlichkeiten zu tun, wie zum Beispiel mit Ernst Jünger, mit dem zusammen du auch LSD-Reisen gemacht hast.
Mit Jünger verband mich eine über 50-jährige Freundschaft, ich war einer der wenigen seiner Freunde, mit denen er auf »Du« war, mit Klett zum Beispiel, seinem Verleger, war er auch sehr verbunden, aber sein Lebtag auf »Sie«. Diese LSD-Versuche mit Jünger habe ich ja ganz ausführlich beschrieben – und er auch – wenn ich das jetzt alles erzählen wollte, sässen wir morgen früh noch hier ...
Mit Laura Eloxal, der Frau von Aldous Huxley, verbindet dich ja auch eine lange Freundschaft. Sie gab ihrem Mann, als er starb, auf seinen Wunsch LSD. Huxley benutzte es sozusagen zum Übergang in einen anderen Bewusstseinszustand, er war überzeugt, dass die Seele nach dem Tod weiterlebt. Wie stehst du zu dieser Art von LSD-Verwendung, gewissermassen als Sterbehilfe?
LSD wurde schon vor Jahrzehnten in dieser Richtung verwendet, bei sterbenden Krebskranken, wo selbst Morphine nicht mehr gegen die Schmerzen wirkten ... Ich bin überzeugt, dass das künftig auch ein Thema werden wird, dass man mit LSD diesen Übergang erleichtern kann. Irgendwann hat jemand Jünger gefragt: »Glauben Sie, dass das Leben nach dem Tod weitergeht? « und er antwortete: »Nein, ich weiss es!« Und das kann man auch als Naturwissenschaftler verstehen: Nichts kann aus Nichts entstehen, und aus etwas, was ist, kann nicht Nichts werden – es gibt nur Umwandlungen. Wir können nicht sagen, woher wir kommen – dass irgendeine Supermaterie am Anfang stand und dann knallte und den Raum erzeugte ... das ist doch alles dummer Mist. Darüber wissen wir nichts, das ist das grosse Wunder. Aus unseren Erfahrungen können wir nur sagen: es gibt nichts, das aus Nichts entsteht, und nichts, das zu Nichts zerfällt. Es gibt immer nur den Wandel. Und wenn man die Naturwissenschaft und alle ihre Entdeckungen weiter denkt, stösst man immer wieder auf ein Geheimnis. Ich habe unlängst eine CD mit den Vorträgen Einsteins gehört, dort spricht er auch darüber, und er sagt wörtlich, ich habe mir den Satz gut gemerkt: »Das Schönste und Tiefste was ein Mensch erfahren kann, ist das Gefühl des Geheimnisvollen.« Wenn man in das Tiefste der materiellen Wirklichkeit vorstösst, wie Einstein es getan hat, stösst man unweigerlich auf das Wunder, auf das Geheimnsivolle. Weiter kommen wir nicht. Hier stossen wir auf dasselbe Mysterium, das auch schon die Menschen in Eleusis erfahren haben.
Die in Eleusis Initiierten, die ja über ihre Erlebnisse nicht sprechen durften, haben sich auch nur staunend und raunend geäussert, und Leute wie Platon oder Sophokles oder die römischen Kaiser gaben dann ähnliche Sätze von sich wie die oben zitierten von Jünger...
Ja. Cicero zum Beispiel spricht davon, dass er »den Anfang und das Ende des Lebens« gesehen habe. Das ist ungefähr dasselbe wie dieser Satz von Einstein. Für alle die Menschen damals war Eleusis das Tiefste und Schönste und gleichzeitig das Geheimnisvollste, was sie je in ihrem Leben erfahren haben.
Ein Interview, das du der der »Basler Zeitung« letztes Jahr gegeben hast, war mit dem Zitat überschrieben »Unsere Zeit braucht LSD«...
Das war ein Nebensatz, den haben sie zum Titel gemacht. Vor zehn Jahren noch wäre das völlig unmöglich gewesen. Also wenn das kein Fortschritt ist, wenn selbst eine brave, brave bürgerliche Zeitung so titelt.
In den ersten zehn Jahren nach seiner Entdeckung galt LSD, unter dem Arzneinamen »Delysid«, als wahres Wundermittel in der Psychotherapie, es gab Hunderte Wissenschaftlerarbeiten und Studien dazu; dann kann das Verbot, die Dämonisierung als Teufelsdroge usw. – und jetzt scheint das Pendel wieder zurückzugehen, zu grösserer Akzeptanz. Selbst an der Harvard-Universität finden wieder LSD-Studien statt...
Ja, das habe ich verfolgt. Es ist sicher ein Wandel. Vor allem weil man entdeckt hat, dass diese Pflanzen, in denen man schon vor 3000 Jahren Stoffe wie LSD oder Psilocybin gekannt und benutzt hat, mit den Substanzen in unserem Gehirn, wie Serotonin, sehr eng verwandt sind. Die Pflanzen geben uns Nahrung, sie geben uns Heilmittel und sie geben uns auch Medikamente für das Bewusstsein. Die Pflanze produziert aus dem Sonnenlicht unsere Nahrung und unsere Atemluft. Und unser Bewusstsein ist letztlich nichts anderes als die höchste Umwandlung dieser Sonnenenergie. Wir sind Sonnenkinder! Unser menschliche Energie ist Sonnenenergie – entstanden aus dem Atomreaktor, den der Herrgott genügend weit weg gesetzt hat, dass er uns nicht gefährlich werden kann. Nur das Gute kommt von der Sonne, der Ballast, der Atommüll bleibt oben – nur der Mensch, dieser Idiot, glaubt, er müsste die Sonne auf die Erde holen und hier Atomkraftwerke bauen. Es ist Prometheus, der den Menschen sagt, dass sie die Sonne nicht brauchen und er ihnen das Feuer vom Himmel holt – und für diesen Übermut wird er von Zeus bestraft und muss unendliche Schmerzen erleiden, weil er den Schöpfer beleidigt hat. In diesem Mythos ist schon alles erzählt – die Griechen waren ein geniales Volk.
Doch die Menschheit ist dabei, sich mit diesem Geschenk des Prometheus selbst zu eliminieren, mit dem Feuer aus Öl und Kohle das Klima und die globalen Kreisläufe zu ruinieren und mit Atomkraft Leben auf Jahrtausende zu vernichten. . .
Als ich in einem Buch einmal über den »Atomreaktor Sonne« geschrieben habe und die naheliegenden Dinge, die wir hier besprochen haben, erhielt ich eine Einladung von Atomphysikern, darüber einen Vortrag zu halten. Die wussten das ja alles schon, aber sie hatten dieses ganz Einfache aus dem Blick verloren, sie konnten es nicht formulieren: dass doch alles schon da ist, dass die Pflanzen und die Natur alles bieten, was wir brauchen, die Sonne genügend Energie liefert und dass nur die Menschen saudumm sind ...
(Wir sitzen jetzt schon fast zwei Stunden zusammen – und machen uns Sorgen, dass wir mit unseren Fragen, Mikrophonen und Kameras den alten Herrn zu sehr beanspruchen, obwohl er keinerlei Anzeichen von Ermattung oder gar Erschöpfung zeigt.)
Sollen wir vielleicht mal eine Pause machen?
Wie ihr wollt. Ich hab den Tag für euch reserviert und stehe zur Verfügung. Aber wir müssen auch unbedingt noch einmal raus, ich will euch ja mein Paradies zeigen, da müsst ihr auch noch Aufnahmen machen. Die Rittimatte hier war ja die wichtigste Entdeckung in meinem Leben überhaupt ...
Da fällt mir noch ein, zu deiner Frage ganz am Anfang, nach den Methoden des Altwerdens. Unlängst rief mich ein Mann aus Basel an, der Kunsthändler Beyeler, der da die »art« und das Museum organisiert, und fragte, ob er mich besuchen dürfte. Und ich sagte Ja, und als er dann kam, wollte er wissen, wie ich – wo ich doch so alt bin und es mir noch anscheinend so gut geht – ... wie ich das gemacht habe, mit welcher Lebensweise, und er fragte: »Man sagt von Ihnen, Sie essen jeden Morgen ein frisches Ei, stimmt das?« – Und ich antwortete: »Nein, das stimmt nicht: Zwei!«
Er schrieb mir dann später, wie schön er die Rittimatte hier gefunden habe, diesen Platz – auch meinen amerikanischen Kollegen, mit denen ich die Zauberpilze erforschte, ging es so, Gordon Wasson und Dick Schultes, der das botanische Museum in Harvard leitete und als Erster die Pilze beschrieben hat. Gordon Wasson hat sich hier gleich einen Monat eingenistet, weil es ihm so gefiel, und das Vorwort zu einem Buch geschrieben.
Professor Schultes hatte erstmals Ende der 40er Jahre über diese Pilze und ihren sakralen Gebrauch im Amazonasgebiet geschrieben – aber er hat sie nicht selbst genommen...
Ja, er hat sie nur beschrieben, aber er hat die Kontakte zu den eingeborenen Indianern gemacht, in diesen entlegenen Siedlungen, zu denen Gordon dann später reiste.
Gordon Wasson war dann der erste Weisse, der an einem solchen Ritual teilnahm und dann in einem Artikel im »Life«-Magazin 1957 darüber berichtete...
Ja, und in seinen Büchern, damit ging das alles los, und alle sagten: »Der Gordon Wasson spinnt!« Und Gordon war ja ein seriöser Banker und er war beleidigt und sagte: »Nein ich spinne nicht!« und er liess das untersuchen, von Botanikern und von Chemikern in Amerika an verschiedenen Universitäten, aber die haben nichts gefunden. Dann hat er die Pilze an Professor Heim nach Paris geschickt, der auch nichts fand, aber der meine Arbeiten zum LSD kannte und dem auffiel, dass die Berichte Wassons und die Erlebnisse der Indiander dort ganz ähnlich waren wie die Berichte von LSD-Erfahrungen – und er fragte mich, ob ich diese Pilze nicht einmal untersuchen könnte. Das LSD hat mir also die Pilze gebracht. Als sie ankamen, habe ich es auch sofort gefunden, das heisst, ich habe sie erstmal gegessen. Und dann bin ich zu meinen Kollegen und habe sie gefragt, ob sie die Untersuchung machen wollen und diesen LSD-ähnlichen Wirkstoff finden, aber keiner wollte. Und einer sagte: »Sie wissen doch, dass alles, was mit LSD zu tun hat, beim Management sehr unerwünscht ist – und ich will nicht auf einem Gebiet arbeiten, das bei der obersten Führung nicht erwünscht ist.« Ja, und dann habe ich es mit einem Laboranten eben selbst gemacht. Und weil ich wusste, worum es ging, haben wir den Wirkstoff, das Psilocybin, schnell gefunden – alle die anderen vorher hatten Tierversuche gemacht, aber da kannst du nichts erkennen, du musst es schon selbst nehmen. So war es ja auch beim LSD, unsere Pharmakologen haben die Wirkung ja zuerst auch nicht entdeckt. Deshalb sage ich ja auch, dass das LSD zu mir gekommen ist, als ich es nach fünf Jahren noch einmal herstellte und es in die Pharmakologie geben wollte – aber die hätten wieder nichts gefunden. Nur weil ich, und ich weiss bis heute nicht wie, beim Herstellen der Substanz damit in Kontakt kam, habe ich die Wirkung bemerkt. Und bin dann nach Hause, habe mich hingelegt und hatte diese wunderbaren Träume – alles, was ich mir dachte, sah ich im Bild. Ich überlegte, mit was ich im Labor zu tun gehabt hatte, und dachte zuerst an dieses Lösungsmittel, so etwas wie Chloroform, das ich vielleicht eingeatmet hätte – aber das konnte es nicht sein. Doch das Lysergsäure-Diäthylamid hatte ich ja nur umkristallisiert und nichts davon eingenommen und du arbeitest doch absolut sauber, dachte ich mir – wenn es das gewesen sein sollte, müsste es ja geradezu saumässig wirksam sein. Als ich Montag wieder im Labor war, nahm ich dann die kleinste Menge davon ein, die man sich überhaupt denken kann – und das war, wie sich später herausstellte, noch fünfmal zu viel und brachte mich dann auf einen Horrotrip. Aber dieses erste Mal, mit diesen Träumen, dazu kann ich nur sagen: das LSD hat mich gerufen, ich habe es nicht gesucht. Es ist zu mir gekommen, es hat sich gemeldet ...
Du warst sein Versuchskaninchen, du hattest die nötige Offenheit, von diesem Kindheitserlebnis an, diese Wahrnehmungsfähigkeit für das Wunderbare. . .
Wenn sich das LSD nicht von sich aus gemeldet hätte, wäre die Substanz wieder in die Pharmakologie gekommen und die hätte wieder nichts gefunden, und damit fertig, Schluss ... Aber es hat mich erwischt, irgendwie, es hat sich mir offenbart...
Das hat nicht nur auf dein Leben und dein Bewusstsein, sondern auf das von vielen und auch unsere gesamte Kultur einen sehr grossen Einfluss – die kulturelle Transformation der Gesellschaft in den 60er und 70er Jahren wurde sehr stark von den massenhaften LSD-Erfahrungen beeinflusst...
Allein mehr als 3 Millionen Amerikaner haben es genommen, aber viele von ihnen auch sehr schlechte Erfahrungen gemacht. Bis dahin war LSD ja sehr erfolgreich in der Therapie eingesetzt worden, etwa bei psychiatrischen Patienten, die nicht mehr ansprechbar, autistisch waren. Im Prospekt war diese das Bewusstsein öffnende, stimulierende Wirkung beschrieben und es wurde dem Arzt empfohlen, das Mittel selbst zu probieren, bevor er es seinen Patienten gibt. Das ist auch etwas ziemlich Einzigartiges und Eigenartiges. Sehr viele Ärzte hatten damit gearbeitet und für viele war es das reinste Wundermittel, vor allem bei solchen Patienten, die nicht mehr ansprechbar, keiner Psychotherapie oder Psychoanalyse zugänglich waren. Ich habe damals rührende Briefe von Patienten bekommen, die durch die LSD-Therapie von jahrelangen Qualen oder Schmerzen befreit worden waren. Solange das alles in wissenschaftlichen Bahnen lief, war LSD also ein Wundermittel – und dann kam das Verbot. Und heute gibt es keine Substanz, die schärfer verboten ist als LSD. Nicht einmal Ärzte haben dazu mehr Zugang, sie können es auch nicht, wie Morphin, kontrolliert beziehen, schon die Herstellung ist verboten. So wie Besitz und Anwendung – ein Totalverbot.
Weil es angeblich keine medizinische Bedeutung hat – was die eben erwähnten Erfahrungen aus den 50er Jahren ja klar widerlegen... Nicht nur bei Patienten. Tim Leary hat Therapiestudien mit Schwerkriminellen und Strafgefangenen gemacht, die erstaunliche Resozialisierungsquoten zeigten...
Ja, es gibt Hunderte Forschungsarbeiten dazu. Auch dass LSD keine Sucht erzeugt, ist bewiesen. Aber es ist vom Gesetz als Sucht- und Betäubungsmittel deklariert.
Ernst Jünger hat ja dafür plädiert, dass LSD nur Auserwählten zugänglich sein soll...
Ja, er war da ein bisschen ... er wollte das irgendwie nur für die Elite...
Während Huxley und später Leary sich für die kontrollierte Anwendung für jedermann einsetzten ...
Huxley wollte ja so etwas wie eine neue Religion erreichen. Das hatte Jünger nie im Sinn. Er wollte die Eliten erreichen, beziehungsweise meinte, die kämen schon von selbst dazu, das breitet sich aus in ihren Kreisen und das genügt.
Arthur Koestler, ein Freund von Huxley, hat sich einmal kritisch geäussert und LSD mit einem Skilift verglichen...
Ja, die Geschichte mit dem Bergsteiger, der zum Fuss zum Gipfel aufsteigt, der den Berg erobert, und dem anderen, der einfach mit dem Lift hinauffährt.