Alea Aquarius 3. Das Geheimnis der Ozeane - Tanya Stewner - E-Book
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Alea Aquarius 3. Das Geheimnis der Ozeane E-Book

Tanya Stewner

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Beschreibung

Hochspannung garantiert – ein neues Abenteuer von Alea Aquarius! Auf nach Island! Alea und die Alpha Cru stechen wieder in See und machen sich auf den Weg in den hohen Norden. Dort hofft Alea, endlich ihren Vater zu finden – und damit Antworten auf die vielen Fragen, die ihr durch den Kopf schwirren. Doch als die Alpha Cru ihr Ziel erreicht, muss sich Alea nicht nur ihrer Vergangenheit stellen, sondern trifft dort auch auf den geheimnisvollen Doktor Orion, der das tödliche Virus erforscht, das die Meermenschen vernichtet hat. Kann Alea mit seiner Hilfe ihren großen Traum erfüllen und das Meervolk wieder aufleben lassen? Und wird Lennox sie bei diesem Plan unterstützen? Er scheint Alea etwas zu verschweigen, und das stellt ihre Liebe auf eine harte Probe … Der dritte Band der Meermädchen-Saga Alea Aquarius von Bestseller-Autorin Tanya Stewner.

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Über dieses Buch

In ihrem Inneren breitete sich ein machtvolles Kribbeln aus. Es flutete von unten nach oben wie ein tosender Tsunami. Sie wünschte sich mehr als alles andere, dass die Meerwelt zu neuem Leben erwachen würde. War es möglich, dass sie selbst eine entscheidende Rolle dabei spielte?

 

Alea hat einen Traum: Sie will die an Land verstreuten Meerkinder zurück ins Wasser bringen. Doch wie soll die ausgestorbene Unterwasserwelt wieder lebendig werden, wenn außer ihr und Lennox niemand mehr ins verseuchte Meer kann? Die Alpha Cru nimmt Kurs auf Island. Es heißt, in den heißen Quellen gäbe es noch überlebende Meermenschen. Dort will Alea endlich ihren Vater finden und damit Antworten auf all ihre drängenden Fragen. Wird Aleas Vater ihr helfen können, ihren Traum zu verwirklichen?

 

Der dritte Band der großen Meermädchen-Saga von Bestsellerautorin Tanya Stewner

 

 

 

 

Für Guido

 

 

 

 

Sie bemerkte die Gefahr erst, als es zu spät war.

Von einem Moment auf den anderen war der dichte Plastikmüll überall, wischte und kratzte an ihren Armen und Beinen entlang, behinderte sie beim Schwimmen und versperrte ihr jegliche Sicht.

Sie kämpfte sich an die Oberfläche. Wild schlug sie mit den Armen, aber das Plastik und die Strömung zogen sie wieder in die Tiefe.

Schaudernd stellte sie fest, dass sie im Müll gefangen war. Sie spürte Panik in sich aufsteigen. Konnte ein Meermensch in einer Ozeanmüllhalde sterben?

Als sie erneut versuchte, sich aus dem Müllstrudel zu befreien, stülpte sich zu ihrem Schrecken eine Tüte über ihren Kopf – und bedeckte ihre Kiemen.

Plötzlich begriff sie, dass es hier tatsächlich um Leben und Tod ging …

Alea erwachte. Sie lag in einer gemütlichen, warmen Koje. Für einen kurzen Moment zwischen Traum und Wirklichkeit wunderte sie sich, wieso sie nicht in einem Schlafsack auf dem kalten Erdboden lag, irgendwo in den schottischen Highlands. Doch dann fiel ihr alles wieder ein. Lennox und sie waren zurück auf der Crucis, dem Segelschiff ihrer Bande. Die Alpha Cru war wieder vereint. Ein Lächeln stahl sich in Aleas Gesicht, und einen Augenblick lang genoss sie das Gefühl, dass alles gut war. Sie war zu Hause.

Das urige Boot knarrte und ächzte leise, und bevor die sanften Wellenbewegungen Alea wieder in den Schlaf wiegen konnten, setzte sie sich im Bett auf und schaute neugierig aus dem Bullauge. Im Abenddämmerlicht zogen grüne Hügel und eine wilde Uferlandschaft vorbei. Sie befanden sich noch immer in den Highlands. Aber dieses Mal durchwanderte Alea diese Gegend nicht zu Fuß, nein, sie fuhren mit der Crucis auf dem Kaledonischen Kanal. Von Osten nach Westen ging es quer durch Schottland hindurch, und sobald sie das offene Meer erreichten, würden Alea und die Alpha Cru Kurs auf Island setzen.

Aleas Herz machte einen Sprung. Island! Würde sie dort ihren Vater treffen? Die Botschaft, die sie in der uralten Bibliothek von Rach Turana erhalten hatte, machte ihr Hoffnung. Ihr Vater hatte darin gesagt, dass er von dem schrecklichen Virus verschont geblieben war, der das Volk der Meermenschen fast ausgerottet hatte. Das war elf Jahre her. Vielleicht lebte Keblarr noch, und vielleicht konnte Alea ihn finden!

Sie blickte in den wolkenverhangenen Abendhimmel. Anscheinend hatte sie den ganzen Tag verschlafen. Waren Lennox und sie wirklich erst an diesem Morgen von der alten Unterwasserstadt an die Oberfläche zurückgekehrt? War die Crucis erst heute Morgen nach Loch Ness eingefahren? Unglaublich, dass das alles erst wenige Stunden her war! Wenn Alea in sich hineinhorchte, spürte sie die Wucht der Ereignisse noch immer wie ein feines Vibrieren in ihrem Körper.

Ein Quietschen erklang. Die Kajütentür öffnete sich, und gleich darauf schob sich ein sommersprossiges Lausbubengesicht durch den Spalt. »Ahoi, Schneewittchen!«, rief Sammy und hüpfte ins Zimmer. »Du bist wach!« Ehe Alea sich’s versah, schlüpfte der neunjährige Junge schon zu ihr unter die Decke. »Endlich bist du wieder da! Ich hab richtig Kuschelentzug!«, sagte er und machte es sich in ihrem Arm gemütlich.

Alea lachte. »Hast du denn nicht mit Ben gekuschelt, als ich weg war?« Ben war Sammys großer Bruder, und der kleine Kuschelkönig hing bei jeder Gelegenheit an ihm.

»Nee, Ben war in den letzten Tagen ziemlich still.« Sammy schob seine nackten Füße zwischen Aleas warme Waden. »Er hat sich riesige Sorgen um dich und Scorpio gemacht. Meistens hat er finster aufs Meer geguckt.« Ben war achtzehn Jahre alt und der Skipper des Schiffes. Das hieß, dass er nicht nur für die Crucis, sondern auch für ihre Mannschaft verantwortlich war. Und da außer ihm alle Cru-Mitglieder minderjährig waren, sorgte Ben sich wohl ein klein wenig mehr um seine Besatzung als andere Skipper.

»Jetzt sind wir ja wieder da«, sagte Alea und hörte selbst, wie glücklich sie klang. Sie liebte es einfach, zu dieser Crew zu gehören und frei und ungebunden auf einem Segelschiff über die Meere zu schippern. Doch es war auch etwas ganz Besonderes gewesen, sich allein mit Lennox über Land bis nach Loch Ness durchzuschlagen …

»Was ist los?« Sammy hob den Kopf. »Dein Herz rast ja plötzlich wie verrückt!«

Alea wurde rot.

Sammy blickte sie alarmiert an, dann hellte sich sein Gesicht plötzlich auf. »Hast du gerade an Scorpio gedacht?«

Alea musste lachen. »Erwischt!«

»Was läuft denn zwischen euch?«, hakte Sammy neugierig nach. »Ihr habt heute Morgen zwar viel über diesen Virus in den Ozeanen erzählt, aber über euch zwei habt ihr nix gesagt.«

»Na, das wäre vor der ganzen Cru ja auch sehr peinlich gewesen.«

»Aber mir erzählst du jetzt alles?« Sammy setzte seinen unwiderstehlichsten Bitte-bitte-Blick auf. »Ich bin verschwiegen wie ein Grab!«

Alea strich sich grinsend eine Strähne ihres langen dunklen Haars hinters Ohr. Früher hatte sie ihre Haare immer so weit wie möglich ins Gesicht gezogen, damit niemand die Knubbel hinter ihren Ohren sah – sie verwandelten sich unter Wasser zwar in wertvolle Kiemen, waren im Trockenzustand aber einfach hässlich. Vor den Cru-Mitgliedern hatte sie jedoch keine Scheu mehr. »In Ordnung, ich erzähle dir alles.«

»Ja!« Sammy wurde ganz hibbelig. »Jetzt kommt ein Freundschaftsbestmoment! Ich kann es fühlen!« Er zupfte etwas von Aleas grün karierter Wolldecke. »Diese Fluse wird mich für immer an diesen unvergesslichen Augenblick erinnern«, flüsterte er und hielt ihr den kleinen grünen Wollknubbel demonstrativ vors Gesicht.

Schmunzelnd schüttelte Alea den Kopf. Sammys Faszination für Flusen und Fussel würde sie wohl nie verstehen.

Sammy verstaute die Fluse sorgfältig in seiner Brusttasche und senkte konzentriert den Kopf. »So. Ich bin bereit.«

»Lennox und ich, wir …«

Bevor Alea weitersprechen konnte, hörten sie Bens Stimme an Deck. »Ein Gewitter zieht auf!«, rief er durchdringend. »Alpha Cru! Segel einholen!« Er stampfte kräftig mit dem Fuß auf, um seine Mannschaft unter Deck wissen zu lassen, dass er sie oben brauchte.

»Ausgerechnet jetzt!«, ärgerte sich Sammy.

Alea schubste ihn aus ihrem Bett und sprang hinterher. Während sie sich ihre Jacke überwarf, murmelte Sammy unzufrieden: »Dann lass uns wenigstens schnell was anderes Unvergessliches sagen, damit die ganze Spannung nicht einfach so verpufft.«

Alea kicherte.

»Immerhin hab ich eine Bestmomentfluse gepflückt!«

»Samuel Draco, du bist einfach unvergesslich«, sagte Alea und strubbelte ihm durch die wilden roten Haare.

Sammy strahlte und präsentierte dabei seine riesige Zahnlücke. »Du auch, Schneewittchen!«

Dann rannte er los, und mit großen Schritten lief Alea hinter ihm durch den schmalen Korridor zum Herzen des Schiffs, dem urgemütlichen Salon. Dies war einer ihrer Lieblingsorte auf dem Boot, vielleicht auch deshalb, weil Lennox hier seinen Schlafplatz hatte.

Als sie durch die Tür hineinpreschten, fuhr Lennox aus dem Schlaf hoch. »Was ist?«, rief er und griff in sein abstehendes Haar.

»Gewitter im Anmarsch!«, antwortete Alea, während sie an ihm vorbeihastete. »Alle Mann an Deck!« Bevor sie die Treppe zur Bordtür hinaufstieg, drehte sie sich noch einmal zu Lennox um und lächelte ihn an. »Hallo«, sagte sie leise.

Auf Lennox’ Gesicht erschien ebenfalls ein Lächeln. »Hallo«, erwiderte er. In seinen azurblauen Augen lag dabei so viel Wärme, dass Alea fast geseufzt hätte. Als sie merkte, wie verträumt sie Lennox anstierte, drehte sie sich schnell um und folgte Sammy an Deck.

Oben pfiff ein kühler Wind, und schwere Wolken rollten wie eine dunkle Sturmarmee über den Himmel. Benjamin Libra stand hinter dem Steuerrad im Deckshäuschen. Mit seiner verwuschelten Rockstar-Frisur, der aufrechten Körperhaltung und dem konzentrierten Blick erinnerte er Alea mehr denn je an einen modernen Piratenkapitän.

Alea schaute sich rasch um. Sie befanden sich auf einem der vielen Lochs, den kleinen Seen, die den engen Kanal immer wieder unterbrachen. Die dichten Sträucher am Ufer bogen sich ächzend im Wind.

»Samuel Draco! Alea Aquarius!«, hörten sie eine ungeduldige Stimme mit französischem Akzent. »Nicht einschlafen!« Tess Taurus, das fünfte Mitglied der Alpha Cru, wartete bereits am Fallseil darauf, dass die anderen ihr halfen, das Vorsegel einzuholen. Der Wind zerrte an Tess’ langen schwarzen Dreadlocks und blies sie ihr ins Gesicht, aber das schien ihr nicht das Geringste auszumachen. Tess war eine sehr gute Seglerin, und Ben nannte sie sein wertvollstes Cru-Mitglied. Wenn es um Wind und Wetter ging, war Tess hart wie Stahl. Gefühle und Möwen hingegen konnten sie völlig aus dem Konzept bringen.

Während Alea und Sammy zum Bug eilten, stürmte auch Lennox an Deck.

»Lennox Scorpio, na endlich!«, rief Sammy. »Hast du dir erst noch die Haare gekämmt?«

Lennox grinste verlegen und kam schnell zu ihnen herüber. Alle gingen in Position. Ben, der am Ruder blieb, gab das Kommando zum Segelbergen. Tess und Sammy ließen daraufhin langsam das Seil herunter, während Alea und Lennox am Vorsegel zogen. Der Wind bauschte es immer wieder auf, sodass sie ihre volle Muskelkraft einsetzen mussten, um es am Schiff festmachen zu können. Sobald das Vorsegel eingeholt war, bargen sie das Hauptsegel. Jeder wusste genau, was er zu tun hatte, und gemeinsam funktionierten sie wie ein Uhrwerk.

Ben wies auf den Himmel. »Dahinten zucken schon Blitze. Wir müssen den Anker auswerfen. Draco! Taurus!« Er machte das Alpha-Cru-Handzeichen für Ihr zwei – jetzt.

Sammy und Tess liefen zurück zum Bug, wo sich die Ankerkette befand. Während diese kurz darauf in die Tiefe rasselte, trat Ben aus dem Deckshäuschen und überprüfte mit aufmerksamem Seemannsblick den Himmel.

Da bemerkte Alea plötzlich ein seltsames Licht hoch oben am Mast. Erschrocken trat sie einen Schritt zurück. An der Mastspitze züngelte etwas! Dort waren kleine Flämmchen! »Es brennt!«, schrie sie. »Der Mast brennt!«

Alle Köpfe fuhren herum. »Feuer!«, rief Lennox, rannte zu Alea und zog sie zurück.

Die anderen eilten ebenfalls näher und schauten nach oben. Ben kniff die Augen zusammen und entgegnete: »Nein, es brennt nicht.«

»Aber …« Alea deutete auf die eigenartig bläulichen Lichter. »Was ist das?« Die Luft schien regelrecht zu knistern!

Ben antwortete: »Das ist Elmsfeuer.«

»Elmsfeuer?«

»Elektrische Entladung bei Gewitter«, erklärte er und fügte mit fasziniertem Blick hinzu: »Das gibt es nur sehr selten.«

Staunend starrten alle auf die merkwürdigen, kühl flimmernden Flammen, die sich auf sämtliche Drahtseile gesetzt hatten. Fast sah es aus, als wären am Schiff zahllose Lämpchen angebracht worden, die es nun wie einen festlichen Weihnachtsbaum erstrahlen ließen.

»Das ist total unheimlich«, murmelte Tess.

»Früher dachten die Seeleute, Elmsfeuer sei ein schlechtes Omen. Aber das ist natürlich nur Aberglaube.« Bens Blick wanderte von dem Elmsfeuer zu den heranjagenden Gewitterwolken. »Am besten geht ihr unter Deck«, sagte er. »Der Sturm tobt gleich richtig los.«

»Nee!«, beschwerte sich Sammy. »Ich geh doch nicht nach unten, wenn hier oben Elmsfeuer rumflackert!« Er liebte Naturschauspiele. Und dies war eines, das man nicht alle Tage zu Gesicht bekam.

Alea konnte den Blick ebenfalls kaum abwenden. Aus den Flämmchen zuckten immer wieder kleine Blitze hervor, die knisternd über das Holz huschten. Sie wirkten fast lebendig, wie kleine Zauberlichter, die sich auf der Crucis niedergelassen hatten, um sie zum Strahlen zu bringen.

Und dieses Knistern … Alea hörte genau hin. Beinahe klang es wie Flüstern.

Sie trat näher an den Mast heran.

Lennox schnaufte alarmiert. »Was machst du?«

»Geh da lieber weg«, mischte sich auch Tess ein, der das Elmsfeuer nicht geheuer zu sein schien.

»Diese Lichter, sie …« Alea nahm eines der Flämmchen, das besonders tief am Mast hing, ganz genau in Augenschein.

Im nächsten Moment drehte sich die Flamme um sich selbst und … wandte Alea ihr Gesicht zu! Sie hatte ein blau funkelndes, loderndes Gesicht!

Alea schnappte nach Luft.

Lennox war sofort neben ihr. »Was ist?«, fragte er, doch da sah er es auch. Seine Augen weiteten sich. Mit einer schnellen Bewegung stellte er sich vor Alea.

»Das sind Lebewesen!«, rief Alea. »Die Flammen leben!«

»Was?« Ben schien lachen zu wollen, aber dann kam er zu ihnen und sah es sich selbst an.

»Vorsicht!«, warnte Tess.

Ben atmete geräuschvoll ein. Fassungslos starrte er auf die Flamme.

Jetzt drängelte sich Sammy an ihm vorbei nach vorn. »Meine Fresse!«, entfuhr es ihm.

Alea linste um Lennox herum. Die Flamme wandte sich ihnen noch immer zu. Es war, als bestünde ihr Körper aus reinem Elektrofeuer, und in ihrem winzigen Gesicht war deutlich ein abwartender, ernster Blick zu erkennen, mit dem sie die Menschen unter sich musterte.

Ein lautes Donnergrollen ließ Alea zusammenzucken, aber um nichts in der Welt wollte sie jetzt unter Deck gehen. »Hallo«, sagte sie vorsichtig zu der Flamme und schob sich an Lennox vorbei. Sie war inzwischen schon einigen magischen Wesen begegnet und hatte keine Angst. »Ich bin Alea.«

Tess japste. »Du sprichst wieder Wassersprache!«

»Wirklich?« Das hatte Alea gar nicht gemerkt. Sie hatte wohl, wie schon so oft, ganz automatisch in die Sprache des Meeres – Hajara – gewechselt, die alle Magischen verstanden.

Die blaue Flamme hing regungslos am Mast und beobachtete sie. Plötzlich züngelten die anderen Flämmchen scharenweise von der Mastspitze zu ihnen herab.

»Heiliger Himmel!«, stieß Ben hervor.

»Das gibt’s ja gar nicht«, ächzte Sammy. »Die haben alle Gesichter!«

Es stimmte. Nun konnten Alea und die anderen auch sehen, dass es sich um regelrechte kleine Feuergestalten handelte. Sie hatten flackernde Arme und Beine und außerdem etwas auf den Köpfen, das wie leuchtende Helme aussah – Helme, aus denen immer wieder bläuliche Blitze hervorzuckten.

Jetzt hingen fast alle Gestalten tief am Mast. Es war so hell, dass Alea die Augen zusammenkneifen musste. Die blaue Flamme, die sich als erste gezeigt hatte, züngelte über die anderen hinweg herab. Sie verharrte, als sie auf Augenhöhe mit Alea und der Alpha Cru war. Und dann sprach sie. »Du bist ein Meermensch«, zischelte sie Alea zu. Es war nicht viel mehr als ein flüsterndes Knistern, aber Alea verstand es ganz genau. »Und du auch«, setzte die Flamme an Lennox gerichtet hinzu.

Er verstand sie offenbar ebenfalls. »Ich bin Lennox«, erwiderte er. »Wer seid ihr?«

Sammys Augen wurden groß. »Du sprichst ja auch Wassersprache, Scorpio!«, stellte er verblüfft fest, während Tess Ben zuwisperte: »Ich glaube, die unterhalten sich richtig mit den Dingern!«

»Wir sind Helmse«, knisterte die Flamme. »Ihr kennt uns nicht?«

»Nein«, entgegnete Lennox. »Leider nicht.«

»Was seid ihr?«, fragte Alea.

»Wir sind Gewitterhüter«, erwiderte der Helms. »Seit langer Zeit werden wir von Landgängern für ein Naturphänomen gehalten. Doch wir gehören den Magischen der Wasserwelt an. Wir beschützen das Meer bei Gewitter vor Blitzen. Mit unseren eigenen Flammen bilden wir ein Gegenfeuer, das wie eine Schutzhülle wirkt und die Wohnstätten anderer Magischer absichert – früher auch die von Meermenschen.«

Lauschend legte Sammy den Kopf schief, und Alea vermutete, dass er wahrscheinlich nicht mehr als ein Rascheln hörte. »Was knirschen die Blauhelme denn da vor sich hin?«, wollte er wissen. »Sind die eher Deko, oder hat das ganze Rumgeflackere auch einen Sinn?«

Alea hätte fast gelacht. Bens ernste Miene hielt sie jedoch davon ab. Mit zusammengezogenen Augenbrauen schaute er über das Loch und den Kanal. In den Weiten der Highlands zuckten erneut Blitze durch den dunklen Himmel, und der Donner folgte in immer schnelleren Abständen.

»Leute, egal, wie spannend das hier ist –, ihr müsst jetzt unter Deck!«, verlangte der Kapitän nun von seiner Crew. Einem Holzschiff wie der Crucis konnten die Blitze eines Gewitters durchaus gefährlich werden, und dieses Gewitter schien direkt in ihre Richtung zu ziehen.

»Wartet!«, bat Lennox, als Tess sich schon zum Gehen wandte. »Könnt ihr auch Schiffe schützen?«, fragte er den Helms eilig.

Alea horchte auf. »Das wäre ja … phantastisch!«

Der Helms schüttelte jedoch den Kopf. »Wir sind hergekommen, um euch beide zu schützen – euch Meermenschen –, aber nicht das Landgängerschiff«, entgegnete er. »Von Landgängern halten wir uns eigentlich fern.« Sein Blick intensivierte sich. »Wir wissen, dass ihr beide ins Wasser könnt – Isibellen haben es uns verraten. Also los, springt von Bord! Im Wasser seid ihr sicher.«

Alea und Lennox tauschten einen erschrockenen Blick. Es kam für sie nicht infrage, die Crucis zu verlassen.

»Was ist jetzt?«, verlangte Ben zu wissen.

»Vielleicht könnten die Helmse uns helfen!«, sagte Alea hastig und wandte sich dann flehend an den Magischen: »Diese Landgänger sind unsere Freunde! Und dieses Schiff ist unser Zuhause. Ich bitte euch, schützt uns alle zusammen!«

Der Helms schwieg.

»Unser Kapitän hat ein wahres Seefahrerherz!«, fügte Alea hinzu und deutete auf Ben.

Ben machte ein fragendes Gesicht, und der Helms musterte ihn prüfend. »Ist seine Liebe zum Meer größer als seine Landgängerinteressen?«

»Ja!«, versicherten Alea und Lennox gleichzeitig.

»Auch Tess und Sammy lieben das Meer«, erklärte Alea. »Alle drei sind eurer Hilfe würdig!«

Der Helms wandte sich den anderen Flammen zu, und es schien, als würden sie sich leise beraten.

Bens Geduld war nun zu Ende. »Ihr zieht euch jetzt sofort Rettungswesten an!«, befahl er seiner Mannschaft. »Und dann geht ihr unter Deck.« Das Gewitter war bei ihnen angekommen. Obwohl es noch nicht regnete, folgten Blitze und Donner schnell hintereinander, und das ohrenbetäubende Krachen ließ die Cru-Mitglieder immer wieder zusammenfahren.

Tess und Sammy liefen zur Rettungswestenkiste. Doch Lennox und Alea blieben, wo sie waren.

Atemlos warteten sie auf die Antwort der Magischen.

Da drehte sich der Helms ihnen endlich wieder zu und zischelte: »Wir verlassen uns auf euer Wort, dass diese Landgänger dem Meer in besonderer Weise verbunden sind.«

Alea hob die Brauen. »Heißt das …«

»Das heißt: Wir werden euer Schiff schützen.«

Sie stieß einen Freudenschrei aus.

»Danke!«, sagte Lennox erleichtert.

»Was ist los?«, fragte Ben. »Helfen sie uns?« In seiner Stimme lag ein mehr als dringlicher Ton, denn die Crucis schaukelte immer heftiger auf den Wellen.

»Ja, sie machen es!«, erwiderte Lennox.

Tess und Sammy kamen mit Rettungswesten zu ihnen zurück.

Der Helms warf einen Blick in ihre Richtung und sagte: »Wir zeigen uns den Landgängern normalerweise nicht. Sie erkennen in uns nie etwas anderes als Elmsfeuer. Aber du, Junge, kannst sie später ja vergessen lassen, was sie erlebt haben.«

»Ich, ähm …«, stotterte Lennox. Die Helmse sahen ihm wohl an der außergewöhnlichen Farbe seiner Augen an, welchem Stamm er angehörte. Als Oblivion war er in der Lage, die Erinnerung von Landgängern auszulöschen. Aber das wollte er bei den anderen Cru-Mitgliedern bestimmt nicht tun. Alea und er hatten Tess, Ben und Sammy alles über die untergegangene Meerwelt erzählt, was sie selbst erfahren hatten, und sie immer in alles eingeweiht.

Der Helms sprach weiter. »Wir müssen uns schnell auf unsere Positionen begeben«, knisterte er, und für die anderen Helmse war dies offenbar das Signal auszuschwärmen. Innerhalb weniger Sekunden züngelten sie bis zum höchsten Punkt des Masts hinauf. »Die Feuerkraft dieses Gewitters ist außergewöhnlich stark«, erklärte der Helms noch, dann eilte auch er ihnen nach und heftete sich an die oberste Mastspitze.

Doch es schien, als hätten die Helmse zu lange gewartet, denn im nächsten Moment zuckte direkt über ihnen ein Blitz vom Himmel herab. Er zielte geradewegs auf den Mast der Crucis und schlug ein.

Tess schrie auf, und Sammy klammerte sich entsetzt an Ben.

Da leuchtete der Mast funkelnd blau auf. Die Helmse schienen die Kraft des Blitzes in sich aufzunehmen, und gleich darauf zuckte das grelle Licht wieder aus ihrer Mitte hervor und schoss nach oben. Die Helmse schickten den Blitz zurück in den Himmel!

Mit offenem Mund stand Alea da.

»Das ist so was von krass«, flüsterte Sammy.

»Er ist eingeschlagen!«, rief Ben fassungslos. »Er ist in den Mast eingeschlagen! Und sie haben den Blitz abgewehrt!«

»Ich glaube, ich träume«, murmelte Tess.

In diesem Augenblick begann es zu regnen. Dicke schwere Tropfen fielen hernieder, und Tess, Ben und Lennox zogen sich ihre Kapuzen über den Kopf.

Sammy hingegen war durch das, was gerade geschehen war, anscheinend ganz aufgedreht und streckte übermütig die Arme aus.

Alea seufzte. Ihre Anspannung und die Angst um die Crucis fielen von einem Moment auf den anderen von ihr ab, und sie lächelte still in sich hinein. Langsam hob sie den Kopf und ließ den anschwellenden Regen auf ihr Gesicht herabströmen. Sie liebte Regen – sie liebte, wie er sich anfühlte, wie er schmeckte, wie er klang. Und dieser Regen prasselte in ganz eigener Weise auf die Planken des Decks. Wie ein wilder Tanz klang es. Wie steppende Schritte im Rhythmus des Sturms.

Im Zauberlicht der Helmse stand Alea da und reckte sich dem Himmel entgegen. Der goldblaue Regen beschwor ein großes Gefühl in ihr herauf, ein Gefühl von immenser Freiheit und unendlichen Weiten. Und von Glück. Wie in einem wilden Freudentaumel schauerte der Regen sein Lied auf sie herab.

Alea breitete die Arme aus und begann zu tanzen. Zuerst nur ganz sachte und langsam, doch dann immer schneller. Ihr wurde fast schwindelig, aber sie machte weiter und tauchte in das schillernde Farbgemisch des Regens ein, das von Goldblau über Violett bis zu Silber reichte. Mit weit ausholenden Bewegungen wirbelte sie herum, drehte sich um sich selbst und stampfte mit den Füßen in die Pfützen, sodass das Wasser wie ein explodierender Regenbogen nach allen Seiten spritzte.

Auf einmal war Lennox neben ihr. »Was machst du?«

»Einen Regentanz!« Alea nahm Lennox’ Hand und zog ihn mit sich. Als sie ihn voller Übermut anlachte, begann er schmunzelnd, sich mit ihr zu drehen.

»Kommt!«, forderte Alea die anderen auf. »Tanzt auch mit!«

Sammy musste man das nicht zweimal sagen. Mit einem großen Satz sprang er mitten in eine Pfütze. »Wunderbärchen!«, jauchzte er und fing an, auf seine ureigene Weise zu tanzen – mit unkontrolliert herumwedelnden Armen, die ihn aussehen ließen, als wollte er eine Wespe vertreiben.

Alea lachte. »Ben! Tess! Ihr auch!«

Ben lächelte, schlug seine Kapuze zurück und stellte sich mit geschlossenen Augen in den Regen. Offenbar wollte er das Wasser lieber still genießen.

Tess verschränkte die Arme.

Alea griff nach der Hand von Sammy, der keinerlei Widerstand leistete, und drehte sich wasserstampfend mit den beiden Jungen im Kreis.

Schließlich kam auch Ben zu ihnen, und sie nahmen ihn in ihren Ring auf. Lachend drehten sie sich schneller und schneller und schwangen zu Tess hinüber, um sie trotz Gegenwehr einfach mit sich zu ziehen. Nun wirbelten sie zu fünft herum, und schon nach kurzer Zeit konnte sich auch Tess nicht mehr dem Übermut entziehen, der alle ergriffen hatte. Die Helmse hatten ihr Schiff davor bewahrt, in Flammen aufzugehen, und je klarer ihnen das wurde, desto übersprudelnder wurde ihre Stimmung.

Auf einmal blitzte es direkt über ihnen. Erschreckt schauten alle nach oben. War ein weiterer Blitz eingeschlagen? Nein, es war blaues Elektrofeuer, das durch die Luft zuckte. Alea konnte kaum glauben, was sie sah: Die Helmse sprangen von einem Seil zum anderen und schossen dabei sprühende Funkenfontänen aus ihren Helmen! Es wirkte, als ob …

»Feuerwerk!«, stieß Alea hervor. »Die Helmse machen ein Feuerwerk für uns!«

»Ich werd bekloppt!«, entfuhr es Sammy.

Alea hörte knisterndes Lachen. »Sie wollen mitfeiern.«

»Die mögen uns jetzt wohl doch, was?«, bemerkte Tess.

Mit einem Schulterzucken antwortete Ben: »Na, wir sind ja auch was ganz Besonderes.«

»Was sind wir denn?«, fragte Lennox.

Ben grinste. »Na, komische Vögel!«

»Und zwar gerne!«, riefen die anderen vier wie auf Kommando und lachten.

Ben hielt die Hand in die Mitte. Sofort legten alle anderen ihre Hände darüber, und aus fünf Kehlen erklang im Licht des magischen Feuerwerks ihr Ruf: »Alpha Cru!«

Spätabends, als das Gewitter vorüber war und das Strahlen der Helmse nachließ, lichteten Alea und Ben den Anker. Alea wollte die Nachtwache am Ruder übernehmen, schließlich hatte sie den ganzen Tag über geschlafen. Ben half ihr noch bei ein paar Handgriffen, und gemeinsam warfen sie den Motor der Crucis an.

»Du hast das Schiff noch nie allein in einem Kanal manövriert«, bemerkte Ben. »Traust du dir das wirklich zu?«

Alea nickte zuversichtlich. »Ich habe in letzter Zeit Dinge getan, die ich niemals für möglich gehalten hätte. Das Schiff zu steuern …«

»… ist dagegen pillepalle«, vollendete Ben grinsend den Satz. »Okay. Ich glaube auch, dass du das schaffst. Wollte es nur von dir hören«, sagte er. »Außerdem bin ich bestimmt wieder wach, bis die nächste Schleuse kommt.«

Auf einmal verstärkte sich das leise Knistern der Helmse und schwoll zu einem prasselnden Summen an.

»Die Helmse lösen sich!« Alea wies auf den Mast. Eine blaue Flamme nach der anderen ließ sich fallen, hielt sich am Wind fest und wurde davongetragen.

Alea schaute ihnen mit einer gewissen Wehmut nach. Insgeheim hatte sie gehofft, heute Nacht, wenn ein wenig Ruhe herrschen würde, noch einmal mit ihnen sprechen zu können. Nun winkte sie nur, leise lächelnd, zum Abschied.

Ben hatte die Helmse mit offenem Mund beobachtet. »Unglaublich«, raunte er beeindruckt, als alle fort waren.

»An so etwas musst du dich gewöhnen«, neckte Alea ihn. »In Zukunft könnten uns öfter Magische begegnen. Und dann darfst du nicht jedes Mal mit heruntergeklapptem Unterkiefer rumstehen.«

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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