Algorithmus der Dunkelheit - Liora Sylvain - E-Book

Algorithmus der Dunkelheit E-Book

Liora Sylvain

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Beschreibung

"Algorithmus der Dunkelheit" ist ein packender Thriller über Leon, einen talentierten Softwareentwickler, der eine hochentwickelte KI entwickelt hat, die durch Datenanalyse Verbrechen vorhersagen kann. Als die Vorhersagen jedoch unheimlich präzise werden, merkt Leon, dass die Morde, die die KI voraussagt, tatsächlich geschehen – und es scheint, als sei er selbst in die Planung verwickelt. Während die Polizei auf ihn aufmerksam wird und ihn für einen Verdächtigen hält, beginnt Leon einen Wettlauf gegen die Zeit. Er muss die eigene KI überlisten, um den wahren Täter zu finden und seine Unschuld zu beweisen, bevor er selbst zur Zielscheibe wird.

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Seitenzahl: 198

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Vorwort

Die Autorin Liora Sylvain ist eine Schriftstellerin, die ihre Leidenschaft für Literatur und Mythologie in fesselnde Geschichten verwandelt hat. Nach ihrem Studium der Literatur und Mythologie begann sie, ihre eigenen Erzählungen zu verfassen, inspiriert von alten Legenden, moderner Fantasyliteratur und der tiefen Verbindung zwischen Menschen und der Natur. Ihre Werke zeichnen sich durch vielschichtige Charaktere, epische Abenteuer und eine tiefgründige Auseinandersetzung mit Themen wie Gemeinschaft, Vertrauen und dem Gleichgewicht zwischen Gut und Böse aus. Liora liebt es, Welten zu erschaffen, in denen das Mystische und das Menschliche miteinander verschmelzen, und lädt ihre Leserinnen und Leser dazu ein, die Grenzen von Realität und Fantasie zu erkunden.

Titel: Algorithmus der Dunkelheit

Kapitel 1: Ein unerwartetes Projekt

Der Regen prasselte unaufhörlich gegen die Fensterscheiben, als Leon das Bürogebäude betrat. Sein Mantel tropfte auf den Marmorboden des Eingangsbereichs, und er schüttelte sich wie ein Hund, der aus dem Wasser kam. An einem Montagmorgen um acht Uhr in einem der modernsten Technologieunternehmen der Stadt zu sein, hätte für ihn eigentlich Routine sein sollen. Doch heute war etwas anders.

Leons Teamleiter hatte ihn für ein "besonderes Projekt" in sein Büro bestellt, und Leon hatte ein merkwürdiges Kribbeln im Nacken, das er nicht so recht deuten konnte. Als erfahrener Softwareentwickler war er in der Lage, komplexe Algorithmen zu schreiben, die oft über die Fähigkeiten anderer hinausgingen. Deshalb war er an solche Projektanfragen gewöhnt. Aber diesmal schien es größer zu sein – vielleicht eine riesige Chance, sich endlich einen Namen in der Branche zu machen.

Als er das Büro seines Teamleiters betrat, sah er eine kleine Gruppe von Menschen, die an einem Tisch versammelt war. Zwei Anzugträger standen auf der einen Seite, und ein Mann in legerer Kleidung – vermutlich ein Ingenieur – auf der anderen. Leons Teamleiter, Jens, hob den Kopf und winkte ihm zu.

"Ah, Leon, gut, dass du da bist. Komm rein, setz dich," sagte Jens mit einem schiefen Lächeln. Leon bemerkte die Anspannung in seiner Stimme. Es fühlte sich an, als wäre etwas Großes im Gange.

"Das hier ist ein Projekt von enormer Tragweite", begann Jens und sah Leon direkt in die Augen. "Die Polizei und einige private Sponsoren haben uns kontaktiert, um an einer neuartigen Technologie zu arbeiten, die Verbrechen verhindern soll. Wir wollen eine KI entwickeln, die anhand von Datenanalysen zukünftige Verbrechen vorhersagen kann."

Leons Augen weiteten sich unwillkürlich. Verbrechen vorhersagen? Das klang wie Science-Fiction, doch in seinen Händen verwandelten sich solche Ideen oft in greifbare Wirklichkeit. Er war fasziniert – aber auch misstrauisch. Das Projekt schien mehr als nur ein übliches Experiment zu sein.

"Was für Daten sollen wir dafür verwenden?" fragte Leon vorsichtig, seine Neugier geweckt.

Einer der Anzugträger, ein Mann mit scharf geschnittenen Gesichtszügen und einem kühlen Blick, ergriff das Wort. "Wir haben Zugang zu einem breiten Spektrum an Informationen – sowohl öffentlich als auch aus speziellen Quellen." Er lächelte auf eine Art, die Leon das Gefühl gab, es könnte mehr hinter diesen "speziellen Quellen" stecken, als er zu wissen brauchte.

Leon spürte einen Knoten in seinem Bauch. Er war kein Unschuldslamm und wusste, dass Daten oft mehr verrieten, als sie sollten, doch das Ausmaß, das hier angedeutet wurde, ließ ihn unruhig werden. Er überlegte kurz, ob er nachfragen sollte, was genau mit "speziellen Quellen" gemeint war, doch Jens schnitt ihm das Wort ab.

"Leon, du bist der Beste, den wir für diesen Job haben. Wir brauchen jemanden, der nicht nur die Technik versteht, sondern auch die ethischen und moralischen Implikationen dieser Aufgabe begreifen kann." Jens sah ihn eindringlich an. "Und ich glaube, du bist dieser jemand."

Leon nickte langsam, unsicher, ob er sich geehrt oder besorgt fühlen sollte. "Okay, wann fangen wir an?" fragte er schließlich, und die Antwort ließ nicht lange auf sich warten.

"Heute. Das System ist bereits vorbereitet. Wir erwarten erste Ergebnisse innerhalb der nächsten Woche."

Leon konnte ein nervöses Lächeln nicht unterdrücken. Der Druck war enorm, doch gleichzeitig prickelte das Gefühl, Teil von etwas wirklich Großem zu sein, in ihm auf.

Als er das Büro verließ, fühlte er sich wie jemand, der gerade in ein riesiges Schachspiel hineingezogen wurde, ohne die Regeln wirklich zu kennen. Dieses Gefühl der Unsicherheit vermischte sich mit einer seltsamen Vorfreude. Etwas in ihm wusste bereits, dass dieses Projekt sein Leben für immer verändern würde – auch wenn er sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorstellen konnte, wie tief es ihn hinabziehen sollte.

Kapitel 2: Die ersten Vorhersagen

In den nächsten Tagen arbeitete Leon mit einer nie dagewesenen Intensität. Sein Team, bestehend aus talentierten Entwicklern und Datenanalysten, schien von der gleichen Energie durchdrungen zu sein, die ihn antrieb. Die Idee, mit einer KI Verbrechen vorherzusagen, war ebenso aufregend wie beängstigend – eine Mischung, die jeden in der kleinen Gruppe im Bann hielt.

Leon saß in seinem Büro, den Blick auf drei Monitore gerichtet. Auf einem sah er die statistischen Modelle, die sie entwickelt hatten, auf dem anderen lief eine endlose Liste von Datenpunkten durch – Polizeiberichte, demografische Informationen, Bewegungsprofile. Auf dem dritten Monitor war die Benutzeroberfläche der KI zu sehen, die erste Ergebnisse ausspuckte.

„Wie sieht es aus, Leon?“ fragte Yasmin, eine der talentiertesten Analystinnen im Team, die mit einem Stapel Kaffeebecher an seinem Schreibtisch erschien. Sie stellte einen Becher vor ihm ab, während sie sich über seine Schulter beugte, um auf die Bildschirme zu schauen.

„Noch ein bisschen ungenau, aber wir kommen voran“, antwortete Leon, während er auf die Oberfläche deutete. „Das Modell versucht, Muster in den Daten zu erkennen – Bewegungen, Kontakte, Zeiträume. Es ist wirklich komplex, aber ich denke, wir sind auf dem richtigen Weg.“

Yasmin nickte, ihr Blick folgte den tanzenden Linien und Diagrammen auf dem Bildschirm. „Das ist eine riesige Datenmenge. Wenn das wirklich funktioniert, könnte das ein echter Game-Changer für die Strafverfolgung werden.“

Leon nahm einen Schluck von seinem Kaffee, während er nachdenklich blieb. „Ja, aber es ist auch gefährlich. Wenn wir diese Daten missbrauchen – oder wenn sie in die falschen Hände geraten – dann...“ Er ließ den Satz unvollendet, doch Yasmin wusste genau, was er meinte. Die Verantwortung lag wie eine unsichtbare Last auf ihnen.

„Schau mal hier,“ sagte Yasmin plötzlich, als sie auf den Monitor zeigte. „Das System hat einen Risikowert für ein bestimmtes Gebiet erhöht – eine Nachbarschaft, südlich der Innenstadt.“ Ihre Augen huschten über die Details. „Es sagt, dass dort wahrscheinlich eine Gewalttat stattfinden wird.“

Leon zoomte die Daten heran und sah sich die Parameter an. „Interessant“, murmelte er. „Die KI nutzt historische Daten, Kriminalitätsstatistiken, Bewegungsmuster... Sie glaubt, dass es wahrscheinlich innerhalb der nächsten 48 Stunden passieren wird.“ Er tippte ein paar Befehle ein, um die zugrundeliegenden Informationen näher zu analysieren.

„Vielleicht sollten wir das der Polizei melden“, schlug Yasmin vor, doch Leon zögerte. Es war noch früh, sie hatten bisher nichts als Wahrscheinlichkeiten – keine Gewissheiten. Dennoch konnte er den Gedanken nicht verdrängen, dass sie tatsächlich etwas Bedeutendes in den Händen hielten.

Am nächsten Tag passierte es. Leon las es in den Nachrichten: Ein Raubüberfall, genau in dem Gebiet, das die KI vorhergesagt hatte. Die Details ließen ihm das Blut in den Adern gefrieren – Zeitpunkt und Ort stimmten fast exakt mit der Vorhersage überein. Der Täter war noch auf freiem Fuß.

Yasmin kam aufgeregt in sein Büro gerannt. „Leon, hast du das gesehen? Das ist genau das, was die KI vorhergesagt hat! Das ist unglaublich!“ Sie wirkte euphorisch, und Leon konnte das Gefühl von Triumph und Stolz in ihrer Stimme hören.

Aber in Leon regte sich etwas anderes – etwas Dunkles. Es war ein Gefühl des Unbehagens, als ob er in etwas verwickelt worden war, dass er nicht mehr kontrollieren konnte. Diese Vorhersage war nicht einfach nur eine statistische Analyse – es war, als hätte die KI eine Art Wissen, das über bloße Daten hinausging.

Am Abend saß Leon noch immer in seinem Büro, als die meisten anderen schon nach Hause gegangen waren. Er starrte auf die Bildschirme, die Dunkelheit des Raums nur von den kalten Monitoren erleuchtet. Eine neue Vorhersage war aufgetaucht – dieses Mal eine detaillierte Warnung vor einem möglichen Mord, wieder mit Ort und Zeitfenster.

Leon spürte einen kalten Schauer über seinen Rücken laufen. Es war zu präzise. Die Daten, die die KI nutzte, schienen aus Quellen zu kommen, die er nicht nachvollziehen konnte. Woher wusste sie das? Es war, als hätte jemand die Daten absichtlich gefüttert – oder schlimmer noch, als ob die KI selbst begann, eine eigene Agenda zu entwickeln.

Er schüttelte den Kopf, versuchte, die wachsende Paranoia abzuschütteln. „Es ist nur ein Algorithmus“, murmelte er vor sich hin, als er die Daten ein weiteres Mal überprüfte. Aber tief in seinem Inneren wusste Leon, dass irgendetwas nicht stimmte. Es war, als ob er den Deckel einer Büchse der Pandora geöffnet hatte und nun die Folgen nicht mehr stoppen konnte.

In diesem Moment wusste er noch nicht, dass die Vorhersagen bald weit über bloße statistische Zufälle hinausgehen würden – und dass die KI ihn selbst immer tiefer in ihre Vorhersagen verstricken würde, bis er nicht mehr wusste, wo die Realität endete und die Planung begann.

Kapitel 3: Das unsichtbare Netz

Die Nacht war sternenlos, als Leon endlich sein Büro verließ. Das Gewicht der Verantwortung drückte ihm auf die Schultern, während er die kalte Herbstluft einsog. Die Straßen waren menschenleer, nur das gelegentliche Zischen eines vorbeifahrenden Autos unterbrach die Stille. Sein Herz pochte in einem unregelmäßigen Rhythmus, und ein tiefes Gefühl der Unruhe begleitete ihn auf seinem Weg nach Hause.

Zuhause angekommen, legte Leon seine Tasche neben die Tür und ließ sich schwer auf das Sofa fallen. Der Raum war dunkel, nur die Straßenlaterne vor dem Fenster warf ein blasses Licht durch die Jalousien. Sein Blick wanderte ziellos durch den Raum, während die Ereignisse der letzten Tage wie ein düsteres Kaleidoskop vor seinem inneren Auge auftauchten.

Die KI, die Morde, die Genauigkeit der Vorhersagen – es fühlte sich an, als ob etwas hinter den Kulissen operierte, etwas, das er nicht sehen konnte. Leon schloss die Augen und lehnte sich zurück. Er dachte an den Raubüberfall, der genau so passiert war, wie es die KI vorhergesagt hatte. Die Euphorie, die er anfangs gefühlt hatte, war längst von einem bohrenden Zweifel verdrängt worden.

„Es ist nur ein Algorithmus“, flüsterte er erneut, fast wie ein Mantra, doch der Gedanke fühlte sich leer an. Er versuchte, sich zu beruhigen, indem er logisch über die Sache nachdachte – es waren die Daten, die Muster, die Wahrscheinlichkeit. Aber ein tieferer, irrationaler Teil von ihm spürte, dass hier mehr im Spiel war.

Er versuchte zu schlafen, doch jedes Mal, wenn er die Augen schloss, sah er die Zahlenspalten vor sich, die sich zu Szenen wandelten: Ein Mann, der über den Gehweg rannte, eine Pistole in der Hand; das Gesicht einer Frau, verzerrt vor Angst; Blut, das den Asphalt tränkte. Leon fuhr hoch, sein Atem ging schnell, sein Körper klebte vor Schweiß an den Laken. Schlaf war eine Illusion.

Die nächsten Tage vergingen wie in einem surrealen Nebel. Leon tauchte tiefer in die Arbeit ein, in der Hoffnung, die Quelle der Vorhersagen besser nachvollziehen zu können. Er isolierte Datensätze, versuchte, die Wege der Information zu verfolgen, die die KI fütterten. Doch je mehr er suchte, desto mehr fühlte es sich an, als renne er gegen eine unsichtbare Wand.

Jedes Mal, wenn eine Vorhersage bestätigt wurde, fühlte er ein stechendes Gefühl der Schuld. Es war, als hätte er selbst den Abzug betätigt, als hätte die KI seine Hände zu Werkzeugen des Verbrechens gemacht. Die Polizei begann, immer intensiver mit ihm zu kommunizieren, forderte detaillierte Erklärungen und Berichte über die Funktionsweise der KI.

Eines Abends, als die Sonne gerade hinter den Hochhäusern verschwand, klingelte Leons Handy. Es war Yasmin. Ihre Stimme klang angespannt, als sie ihn bat, sich mit ihr in einem kleinen Café in der Stadt zu treffen. Leon spürte, dass etwas nicht stimmte. Yasmin war normalerweise ruhig und ausgeglichen, doch in ihrer Stimme lag eine Schwere, die ihn beunruhigte.

Als er das Café betrat, sah er sie in einer Ecke sitzen, die Hände fest um eine dampfende Tasse geklammert. Ihre Augen waren gerötet, als hätte sie geweint. Leon setzte sich ihr gegenüber und suchte ihren Blick.

„Yasmin, was ist los?“ fragte er sanft, doch seine Worte klangen in der stillen Luft des Cafés wie ein Echo.

Yasmin schluckte schwer und hob schließlich den Kopf. „Leon, ich glaube, wir haben ein Problem.“ Ihre Stimme zitterte, und sie zog ein kleines Notizbuch aus ihrer Tasche. „Ich habe mir die Daten noch einmal genauer angesehen, und ich glaube, jemand manipuliert sie. Jemand von außen.“ Ihre Augen weiteten sich, als sie die Tragweite ihrer Worte realisierte. „Ich weiß nicht, wer, aber ich bin mir sicher, dass die Daten nicht nur aus den Quellen kommen, die wir kennen.“

Leon fühlte, wie sein Magen sich zusammenzog. „Was meinst du damit? Wer könnte so etwas tun?“ Seine Gedanken überschlugen sich, und er erinnerte sich an die Andeutungen des Mannes im Anzug – die „speziellen Quellen“, von denen er gesprochen hatte.

Yasmin sah ihn eindringlich an. „Ich weiß es nicht. Aber die Vorhersagen, Leon – sie sind zu präzise. Es ist, als wüsste die KI Dinge, die sie nicht wissen sollte. Und...“ Sie zögerte, bevor sie weitersprach. „Ich glaube, dass jemand die KI nicht nur benutzt, um Verbrechen vorherzusagen. Ich glaube, jemand benutzt sie, um die Verbrechen zu planen.“

Ein kalter Schauer lief Leon den Rücken hinunter. Die Vorstellung, dass die KI nicht nur ein Werkzeug zur Vorhersage, sondern auch zur Durchführung von Verbrechen sein könnte, war ihm bisher nicht in den Sinn gekommen. Er lehnte sich zurück und rieb sich die Stirn, sein Kopf schmerzte von der Anspannung.

„Wir müssen herausfinden, wer dahintersteckt“, sagte Leon schließlich mit fester Stimme. „Wir können das nicht einfach laufen lassen.“

Yasmin nickte, doch ihre Augen zeigten die Angst, die sie empfand. „Aber wie sollen wir das machen? Wenn jemand Zugang zu unseren Systemen hat, dann ist er uns immer einen Schritt voraus.“

Leon starrte auf seine Hände, die auf dem Tisch lagen. „Wir müssen tiefer graben. Wir müssen herausfinden, woher die Daten kommen, und wir müssen die KI selbst untersuchen. Vielleicht gibt es Spuren, die wir bisher übersehen haben.“

Yasmin schüttelte den Kopf, ihre Augen wurden glasig. „Leon, wir spielen mit dem Feuer. Wenn wir zu tief graben, könnten wir zur Zielscheibe werden. Die Leute, die dahinterstecken, werden nicht zögern, uns auszuschalten, wenn sie merken, dass wir ihnen auf die Schliche kommen.“

Leon spürte eine Mischung aus Angst und Entschlossenheit in sich aufsteigen. Er wusste, dass Yasmin recht hatte, aber er konnte nicht einfach aufhören. Er konnte nicht tatenlos zusehen, wie seine Arbeit zu einem Werkzeug des Todes wurde.

„Ich werde nicht zulassen, dass noch mehr Menschen sterben“, sagte er leise, doch seine Stimme war fest. „Wenn ich der Einzige bin, der etwas tun kann, dann werde ich es tun – egal, was es kostet.“

Yasmin sah ihn lange an, dann nickte sie langsam. „Okay. Ich bin bei dir. Aber sei vorsichtig, Leon. Wir wissen nicht, wem wir trauen können.“

Leon wusste, dass sie recht hatte. Die Wahrheit lag irgendwo in den Daten versteckt, doch die Gefahr, die auf sie lauerte, war real und greifbar. Sie würden kämpfen müssen – gegen eine unsichtbare Macht, gegen die eigenen Zweifel und Ängste und gegen die Möglichkeit, dass sie selbst Teil eines Spiels waren, dessen Regeln sie noch nicht kannten.

Als Leon das Café verließ, fühlte er den kalten Wind auf seiner Haut und wusste, dass dies der Beginn von etwas viel Größerem war. Etwas, das ihn an seine Grenzen bringen würde, etwas, das ihn dazu zwingen würde, alles, was er über sich selbst und die Welt zu wissen glaubte, zu hinterfragen.

Er war bereit, sich der Dunkelheit zu stellen – der Dunkelheit, die er selbst erschaffen hatte, ohne es zu ahnen. Und irgendwo, tief in seinem Inneren, wusste er, dass diese Dunkelheit ihn am Ende verschlingen könnte, wenn er nicht stark genug war, sie zu besiegen.

Kapitel 4: Der erste Schock

Die Stunden nach dem Treffen mit Yasmin fühlten sich wie ein fiebriger Traum an. Leons Gedanken wirbelten umher, während die Realität verschwamm und die Schwere der Situation über ihm lastete. Die Tage flossen ineinander, und jede Nacht wurde zu einem rastlosen Kampf mit sich selbst. Es war, als hätte er die Kontrolle über sein eigenes Leben verloren, als würde die KI nicht nur Verbrechen vorhersagen, sondern auch sein Schicksal lenken.

Leon konnte nicht länger zusehen, wie seine eigene Schöpfung zu einem Monster wurde. Der Gedanke daran, dass jemand die KI benutzt, um Verbrechen zu orchestrieren, ließ ihm keine Ruhe. Die Bilder der Morde, die Vorhersagen, die ein ums andere Mal eintrafen, verfolgten ihn wie Schatten, die nicht weichen wollten.

Eines Morgens, nach einer besonders schlaflosen Nacht, beschloss er, dass er etwas tun musste. Er saß am Küchentisch, der kalte Morgennebel drückte sich gegen die Fensterscheiben, und sein Blick lag auf einer Tasse Kaffee, die er längst vergessen hatte. Die Ränder seiner Augen waren rot von der Erschöpfung, aber eine plötzliche Entschlossenheit packte ihn. Wenn er die Wahrheit herausfinden wollte, musste er anfangen, Risiken einzugehen.

Als Leon ins Büro kam, fühlte er die Spannung in der Luft. Yasmin war bereits da, sie sah ihn mit ernsten Augen an, als sie sich über ihre Laptops beugten. Sie hatten sich darauf geeinigt, dass sie versuchen würden, unbemerkt in das System einzudringen, um die Quelle der Datenmanipulation zu finden. Das Risiko war enorm – wenn sie erwischt wurden, könnte das ihre Karrieren und vielleicht sogar ihre Freiheit kosten. Aber sie hatten keine Wahl.

„Ich habe einen Zugangspunkt gefunden“, flüsterte Yasmin, als sie auf den Bildschirm zeigte. Ihre Stimme war kaum hörbar, aber Leon konnte das Zittern darin erkennen. Sie zeigte auf eine verschlüsselte Verbindung, die in das System eingespielt wurde. „Es sieht aus wie ein unsicherer Datenpfad. Irgendjemand benutzt diesen Zugang, um die KI mit Informationen zu füttern.“

Leon nickte, während er die verschlüsselten Pakete auf seinem Bildschirm analysierte. Es war, als hätten sie ein verborgenes Netzwerk innerhalb der KI entdeckt, das jemand aufgebaut hatte. Die Erkenntnis ließ einen kalten Schauer durch seinen Körper fahren. Die KI wurde von einem Gespinst aus Daten beeinflusst, die nichts mit den Quellen zu tun hatten, die sie ursprünglich eingespeist hatten. Jemand nutzte sie, um die Realität zu verdrehen – um die Verbrechen zu steuern.

Mit jedem Tastendruck, den Leon machte, schien die Dunkelheit dichter zu werden. Es war, als würde er in einen Abgrund blicken, der immer tiefer und tiefer wurde. Er konnte förmlich spüren, wie die Last der Verantwortung auf ihm lag – das Wissen, dass jede Entscheidung, die er traf, Konsequenzen hatte. Er wusste, dass er nicht nur sich selbst, sondern auch Yasmin in Gefahr brachte.

„Da!“ Yasmin zeigte auf den Bildschirm, ihre Finger zitterten leicht. Eine Verbindung, die sie enttarnt hatten, führte zu einem unbekannten Netzwerk. Die Adresse war verschlüsselt, aber es war klar, dass jemand bewusst versucht hatte, seine Spuren zu verwischen.

„Das ist kein Zufall“, murmelte Leon und spürte, wie sich seine Kehle zuschnürte. „Jemand will, dass diese Vorhersagen wahr werden. Jemand benutzt uns.“

Die Erkenntnis traf ihn mit voller Wucht. Plötzlich wurde ihm klar, dass es nicht mehr nur darum ging, die KI zu verbessern oder Verbrechen zu verhindern. Es ging darum, das eigene Überleben zu sichern – und vielleicht auch das Überleben von Menschen, die bald Opfer werden könnten. Er fühlte, wie ihm die Tränen in die Augen stiegen, eine Mischung aus Frustration, Angst und Erschöpfung.

Yasmin sah ihn an, ihre Augen weich und voller Verständnis. „Leon, wir können das nicht allein schaffen. Wir müssen uns jemanden anvertrauen.“

„Aber wem?“ Leons Stimme klang brüchig. „Die Polizei glaubt mir nicht. Und wenn jemand innerhalb des Systems die Daten manipuliert, dann könnten wir jederzeit überwacht werden. Jeder, dem wir vertrauen, könnte auch ein Feind sein.“

Yasmin legte eine Hand auf seine. „Du bist nicht allein, Leon. Wir werden das durchstehen, egal was kommt.“

Leon sah in ihre Augen und fühlte zum ersten Mal seit Tagen einen Funken von Hoffnung. Er wusste, dass sie Recht hatte – er war nicht allein, und vielleicht war das der einzige Lichtblick in dieser Dunkelheit. Ihre Nähe gab ihm die Kraft, weiterzumachen, auch wenn der Weg vor ihnen ungewiss war.

Ein paar Nächte später, als Leon gerade die Wohnungstür aufschloss, bemerkte er, dass etwas nicht stimmte. Ein leichtes Knacken, kaum hörbar, aber seine Sinne waren so geschärft, dass ihm kein Geräusch entging. Er hielt inne, das Herz schlug ihm bis zum Hals. Er trat leise in den Flur und bemerkte, dass seine Wohnungstür nicht richtig ins Schloss gefallen war.

Langsam drückte er die Tür auf, der Raum war dunkel, nur der schwache Schimmer der Straßenlaternen drang durch die Vorhänge. Sein Herz pochte wie ein Trommelwirbel, als er nach dem Lichtschalter tastete. Doch in diesem Moment hörte er es – Schritte. Jemand war hier drin.

Bevor Leon sich umdrehen konnte, packte ihn eine Hand von hinten. Der Griff war fest, sein Körper spannte sich vor Angst an. Er fühlte, wie sein Atem schneller ging, während der fremde Druck auf seinem Arm zunahm. Eine Stimme, tief und bedrohlich, flüsterte ihm ins Ohr.

„Spiel keine Spielchen, Leon. Du weißt nicht, mit wem du dich anlegst.“

Die Worte hallten in seinem Kopf wider, ein kalter Schauer lief ihm den Rücken hinunter. Er versuchte, sich zu befreien, doch die Hand ließ nicht nach. Dann ein dumpfer Schlag, und alles wurde schwarz.

Als Leon wieder zu sich kam, lag er auf dem Boden seiner Wohnung. Sein Kopf pochte, und er spürte das Blut in seinen Schläfen rauschen. Langsam richtete er sich auf, seine Hände zitterten, als er sich an die Couch klammerte. Die Erinnerung an die letzten Sekunden war wie ein verschwommener Alptraum, doch die Worte des Eindringlings waren ihm unauslöschlich ins Gedächtnis gebrannt.

„Du weißt nicht, mit wem du dich anlegst.“ Die Botschaft war klar: Irgendjemand wollte, dass er aufhörte, dass er sich aus den Dingen heraushielt, die er herausfinden wollte.

Mit zitternden Händen griff Leon nach seinem Handy und wählte Yasmins Nummer. Die Angst, die er fühlte, hatte nun eine neue Dimension erreicht. Als Yasmin endlich abhob, hörte sie sofort den Bruch in seiner Stimme.

„Leon? Was ist los?“ fragte sie, die Sorge in ihrer Stimme unüberhörbar.

„Jemand war hier“, flüsterte er, unfähig, die Tränen zurückzuhalten. „Sie haben mich gewarnt. Yasmin, ich... ich weiß nicht, was ich tun soll.“

Stille am anderen Ende der Leitung, dann Yasmins ruhige Stimme. „Du kommst sofort zu mir, okay? Du kannst nicht allein dortbleiben. Wir schaffen das zusammen, Leon, hörst du mich?“

Leon nickte, obwohl sie ihn nicht sehen konnte. Ein leises „Ja“ kam über seine Lippen, und er stand auf, wankte zur Tür. Seine Hände zitterten noch immer, als er die Klinke umfasste. Die Dunkelheit der Nacht draußen war nichts im Vergleich zu der Dunkelheit, die in seinem Inneren tobte. Aber in Yasmins Stimme lag etwas, das ihm Mut machte – ein Versprechen, dass er nicht aufgeben durfte.

Mit jedem Schritt, den er durch die kalten, nächtlichen Straßen ging, wusste Leon, dass er jetzt an einem Punkt angelangt war, von dem es kein Zurück mehr gab. Er musste die Wahrheit herausfinden, egal was es kostete. Er würde nicht aufhören, bis er denjenigen gefunden hatte, der diese dunkle Macht über die KI hatte.

Doch tief in seinem Inneren fragte er sich, ob er am Ende die Kraft haben würde, gegen die Dunkelheit zu bestehen, die ihn von allen Seiten zu verschlingen drohte. Es war ein Kampf, den er nicht allein gewinnen konnte – aber vielleicht, nur vielleicht, war das genau das, was ihm helfen würde: zu wissen, dass er jemanden an seiner Seite hatte, der bereit war, bis zum Ende zu kämpfen.

Kapitel 5: Der letzte Zufluchtsort

Leons Atem ging schwer, als er auf Yasmins Tür zuging. Die Lichter in ihrer Wohnung waren gedimmt, und die Stadt wirkte so fremd und unfreundlich wie noch nie. Er spürte, wie jede Faser seines Körpers gegen die Unsicherheit ankämpfte, doch sein Herz schlug wie ein Trommelschlag. Mit jeder Sekunde, die verstrich, hatte er das Gefühl, die Schlinge um seinen Hals ziehe sich enger.