Allan Quatermains Abenteuer: Heu-Heu oder das Ungeheuer - Henry Rider Haggard - E-Book

Allan Quatermains Abenteuer: Heu-Heu oder das Ungeheuer E-Book

Henry Rider Haggard

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Beschreibung

Dieser spannende Abenteuerroman spielt Ende des 19. Jahrhunderts: Der berühmte Großwildjäger Allan Quatermain wird zusammen mit seinem tapferen und gescheiten afrikanischen Gefährten Hans auf eine gefährliche Mission geschickt. Der bereits aus anderen Abenteuern bekannte Zauberers Zikali beauftragt Allan Quatermain, ihm einige Blätter des seltenen Baumes der Träume bringen. Dieser Baum wächst jedoch nur in dem Garten der Priester eines mystischen, dem Untergang geweihten Volkes, das einen gigantischen Affengott anbetet und ihm Menschenopfer darbringt. Auf Suche nach Schutz vor einem Unwetter in einer Felsenhöhle hat Quatermain bereits die Darstellung dieses Ungeheuers gesehen: ein riesiger zwölf Fuß großer Affe mit langen Klauen und teuflischem Antlitz, der einen Menschen tötet … Henry Rider Haggard war ein Meister der Erzählungen über verlorene Zivilisationen: Die „Wallos“, ein dem Untergang geweihtes Volk, das einen gigantisch großen Affengott anbetet und ihm Menschenopfer darbringt werden einem „haarigen Volk“, bei dem es sich eher Affen als Menschen handelt, und das vielleicht den evolutionsgeschichtlichen „Missing Link“ darstellt, entgegengesetzt. Diese Ausgabe beruht auf der ersten Übersetzung aus dem Jahr 1925. Der Text wurde, dem Erzählstil angemessen, leicht modernisiert und in die neue deutsche Rechtschreibung übertragen, so dass er sich auch heute noch mit Vergnügen gelesen werden kann. Henry Rider Haagard (1856-1926) war einer der bedeutendsten britischen Abenteuerschriftsteller des 19. Jahrhunderts. Zunächst arbeitete er als Sekretär für den Gouverneur in Natal, Südafrika. Während seiner späteren Laufbahn als Beamter wurde Haggard mit den Auseinandersetzungen der Buren mit der einheimischen Bevölkerung konfrontiert. Er interessierte sich nicht nur für die Probleme des Landes, sondern auch für die Kultur der Zulu, die er in seinen Afrika-Romanen beschreibt. Henry Rider Haggard schrieb „Heu Heu or the Monster“ zwei Jahre vor seinem Tod. 1924 wurde die Erzählung erstmals auf englisch und im folgenden Jahr in der deutschen Übersetzung veröffentlicht. Auch heute noch erfreut sich dieser spannende Abenteuerroman großer Beliebtheit und liegt hiermit erstmalig als deutschsprachige E-Book-Ausgabe vor.

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Allan Quatermains Abenteuer:
Heu-Heu oder das Ungeheuer
Henry Rider Haggard

2. Auflage, Oktober 2014

www.mach-mir-ein-ebook.de, Hamburg ISBN: 978-3-944309-48-4

Originalausgabe: Heu-Heu or the monster, 1924.

Übersetzt von Nico Karapancsa

Cover: Thomas Baines: South-west angle of Lake Ngami (1861).

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Schrift: »Crimson« von SIL International, diese Schriftart ist unter der Open Font License verfügbar.

Inhalt
Das Unwetter
Das Bild in der Höhle
Der »Eröffner der Wege«
Das Märchen von Heu-Heu
Allan gibt ein Versprechen
Der schwarze Fluss
Der Walloo
Die heilige Insel
Das Fest
Die Opferung
Die Schleuse
Der Anschlag
Die fürchterliche Nacht
Das Ende Heu-Heus
Sabeelas Abschied

BEMERKUNG DES AUTORS

Der Autor wünscht festzustellen, dass diese Erzählung vor langer Zeit geschrieben wurde, bevor jene fossilen, ungeheuren Überreste eines vormenschlichen Wesens entdeckt wurden, die ganz gut den »Heuheua« oder dem »haarigen Waldvolk« angehört haben konnten, von denen er durch den Mund von Allan Quatermain erzählt.

Das Unwetter

Nun komme ich (der Herausgeber) zu einer der merkwürdigsten Abenteuer meines lieben Freundes, des verstorbenen Allan Quatermain, der von den Eingeborenen in Afrika Macumazahn, das bedeutet »Wacher in der Nacht«, genannt wurde. Ich habe es als meine Pflicht betrachtet, der Welt — nehmen wir an als eine Art Bevollmächtigter — alle seine Erlebnisse mitzuteilen. Dabei möchte ich erwähnen, dass er mir das hier geschilderte Abenteuer vor so manchen Jahren in seinem Haus in Yorkshire, das »Meierhof« genannt wurde, als ich bei ihm zu Gast war, erzählte, und zwar kurze Zeit bevor er mit Sir Henry Curtis und Kapitän Good auf seine letzte Expedition in das Herz Afrikas auszog, von wo er nicht mehr zurückkommen sollte.

Damals machte ich sehr umfangreiche Notizen von dieser Erzählung, die mir sonderbar und inhaltsreich erschien. Leider verlor ich sie später, und mein Gedächtnis war nicht imstande, auch nur deren Inhalt mit jener Genauigkeit wiederzugeben, die mein verstorbener Freund, wie ich wusste, gewünscht hätte.

Erst kürzlich stieß ich, als ich eine Rumpelkammer ausräumte, auf eine Tasche, in der ich jene erkannte, die ich vor langer Zeit benutzt hatte, als ich noch an den Gerichtsschranken praktizierte oder zu praktizieren versuchte. Ich nahm sie mit der gewissen Rührung, die uns überkommt, wenn wir nach vielen Jahren mit Dingen in Berührung kommen, welche mit längst entschwundenen Erlebnissen unserer Jugend verknüpft sind, ging zu einem Fenster und öffnete mit einiger Schwierigkeit ihr verrostetes Schloss. In der Tasche war eine kleine Sammlung von Plunder, Aufzeichnungen von Rechtsfällen, an denen ich als blutiger Anfänger für einen hervorragenden und gelehrten Freund, der später Richter wurde, gearbeitet hatte, ferner ein blauer Bleistift mit abgebrochener Spitze und dergleichen.

Ich blätterte in den Papieren und las meine eigenen Randbemerkungen zu den Rechtsfällen, die ich vollkommen vergessen hatte, obwohl sie sicherlich zu jener Zeit wichtig genug für mich gewesen waren. Mit einem Seufzer zerriss ich sie und warf sie zu Boden, dann stülpte ich die Tasche um, um den Staub auszuklopfen. Da glitt aus einem inneren Fach ein ziemlich umfangreiches Notizbuch, mit einem glänzend-schwarzen Einband, wie man es gewöhnlich für sechs Penny erhält. Ich öffnete das Buch und das Erste, worauf meine Augen fielen, war die Überschrift:

»Zusammenfassender Bericht Allan Quatermains sonderbarer Erzählung von dem Ungeheuer, Götzen oder Fetisch ›Heu-Heu‹, den er und der Eingeborene Hans in Zentral-Südafrika entdeckten.«

Mit einem Schlag erinnerte ich mich an alles. Ich sah mich selbst, wie ich damals als junger Mann spät in der Nacht in meinem Schlafzimmer im »Meierhof« diese stenographischen Notizen machte, bevor der Eindruck von Allans Erzählung sich in meiner Erinnerung verwischte, wie ich sie dann morgens auf meiner Reise in den Süden im Zug fortsetzte und sie dann später in meinen Räumen zu Elm Court im Gerichtsgebäude vervollständigte, sooft ich Zeit dazu fand.

Ich erinnerte mich auch gut meiner Enttäuschung, als ich das Fehlen dieses Notizbuches feststellte, obwohl ich genau wusste, dass ich es an einem besonders sicheren Platz verwahrt hatte. Ich sehe mich noch auf der Jagd nach diesem Büchlein in dem kleinen Arbeitszimmer des Hauses, das ich damals in einer Vorstadt Londons bewohnte, bis ich schließlich verzweifelt darauf verzichtete, es zu finden. Dann gingen die Jahre dahin, und viele Dinge ereigneten sich, so dass schließlich Notizbuch und die darin enthaltene Geschichte bei mir in Vergessenheit gerieten. Nun sind sie wieder aus den Staubmassen der Vergangenheit emporgetaucht, belebten die alten Erinnerungen wieder und ich beginne jetzt die Erzählung dieses besonderen Kapitels, meines geliebten Freundes Allan Quatermain, der indessen vor längerer Zeit zu jenen Schatten dahingerafft wurde, die uns ja alle erwarten.

Eines Abends, nach genussreicher Jagd, saßen wir, das heißt der alte Allan, Sir Henry Curtis, Kapitän Good und ich, rauchend im Raucherzimmer von Quatermains Haus, dem »Meierhof« in Yorkshire und sprachen von mancherlei Dingen.

Zufällig erwähnte ich, dass ich in einem amerikanischen Blatt einen Artikel gelesen hatte, in dem berichtet wird, dass Hirten in einem Sumpf des Sambesi ein riesiges Reptil einer vorsintflutlichen Gattung gesehen hätten. Ich fragte Allan, ob er diesen Bericht glaubwürdig finde. Er schüttelte den Kopf und antwortete so vorsichtig, dass ich daraus seine Abneigung entnehmen konnte, seine Ansichten über das Fortbestehen solcher Lebewesen auf der Erde darzulegen. Er sagte, dass Afrika allerdings ein ungeheures Gebiet und dass es möglich sei, dass in seinen Schlupfwinkeln noch vorgeschichtliche Lebewesen und Reptilien fortbestünden.

»Ich weiß, dass dies bei Schlangen der Fall ist«, fuhr er eilig fort, als ob er eine weitere Diskussion vermeiden wollte. »Denn einst stieß ich auf eine der größten Anakondaschlangen, von der man sagt, dass sie in Südamerika gelegentlich die Länge von 60 Fuß oder sogar mehr erreichen solle. Wir, oder besser gesagt, mein Diener Hans, erschlugen sie, nachdem sie einen von unseren Leuten zermalmt und verschlungen hatte. Diese Schlange war wie eine Gottheit verehrt worden und hätte wohl Anlass zu solchen Erzählungen von riesigen Reptilien geben können. Außerdem habe ich einmal einen Elefanten, um nicht von anderen Erfahrungen zu sprechen, die ich lieber nicht berühren möchte, von so außergewöhnlicher Größe gesehen, dass er ganz gut einem vorgeschichtlichen Zeitalter angehört haben könnte. Dieser Elefant war seit Jahrhunderten bekannt und wurde Jana genannt.«

»Haben Sie ihn getötet?« fragte Good und warf ihm durch seinen Zwicker einen raschen, fragenden Blick zu, wie es seine Art war. Trotz seiner wettergebräunten Haut verfärbte sich Allan und sagte in einem Ton, der bei seiner bekannten Sanftheit und seinem Phlegma schon fast scharf zu nennen war: »Haben Sie noch nicht gelernt, Good, dass Sie niemals einen Jäger und besonders einen gewerbsmäßigen Jäger, fragen sollen, ob er ein besonderes Stück Wild getötet hat oder nicht, wenn er nicht von selbst Aufklärung darüber gibt? Nichtsdestoweniger, sage ich Ihnen, wenn Sie es schon zu wünschen wissen, ich habe diesen Elefanten nicht getötet. Es war Hans, der ihn tötete und dadurch mein Leben rettete. Ich verfehlte ihn mit beiden Läufen auf eine Entfernung von einigen Ellen.«

»Oh, ich muss sagen, Quatermain!« rief der unbezähmbare Good. »Sie wollen uns doch nicht weismachen, dass Sie einen außergewöhnlich großen Elefanten verfehlt haben, der nur ein paar Ellen entfernt war! Sie müssen tüchtig erschrocken gewesen sein, dass Ihnen dies zustieß.«

»Sagte ich nicht, dass ich ihn verfehlt habe, Good? Im übrigen haben Sie vielleicht recht, und ich war erschrocken, denn wie Sie wissen, spiele ich mich niemals als den besonders Mutigen auf. Unter den Umständen wie das Zusammentreffen mit dieser Bestie Jana geschah, wäre wohl jeder erschrocken; in der Tat, selbst Sie, Good! Oder, wenn Sie nachsichtig sein wollen, mögen Sie schließen, dass andere Gründe für das unglückselige — ja unglückselige — Ereignis bestanden, an das ich nicht denken und von dem ich noch viel weniger sprechen mag, denn es verursachte den Tod meines alten Hans, den ich liebte.«

Good war eben dabei, eine Antwort zu geben, denn streiten und atmen war für ihn ein und dasselbe, aber ich sah, wie Sir Henry seinen langen Fuß ausstreckte und ihm einen Tritt gegen das Schienbein gab, worauf er schwieg.

»Um auf das Frühere zurückzukommen«, sagte Allan hastig, wie einer, der einem unliebsamen Thema ausweichen will, »im Laufe meines Lebens traf ich einst zwar kein prähistorisches Reptil, aber ein Volk, welches ein Ungeheuer als Götzen oder Fetisch verehrte, dessen Herkunft vielleicht aus verschwundenen Urzeiten herzuleiten war.«

Er hielt inne, als hätte er nicht die Absicht, mehr zu sagen, und ich fragte begierig: »Was war damit, Allan?«

»Um diese Frage zu beantworten, bedürfte es einer langen Erzählung, mein Freund«, antwortete er, »einer Erzählung, die Good sicher nicht glauben würde, wenn ich sie erzählte. Außerdem wird es bereits spät, und es könnte euch langweilen. Tatsächlich, ich könnte sie heute nicht beenden.«

»Hier sind Whisky, Soda und Tabak, und was immer auch Curtis und Good tun, ich bleibe hier zwischen Ihnen und der Tür, bis Sie mir die Geschichte erzählt haben, Allan! Sie wissen, dass es unhöflich ist, vor seinen Gästen schlafen zu gehen, also bitte, fangen Sie sofort an zu erzählen«, sagte ich lachend.

Der alte Knabe brummte und knurrte und schaute grimmig drein, aber da wir alle in aufreizendem Stillschweigen um ihn herum saßen, was ihm auf die Nerven zu gehen schien, begann er schließlich:

»Also gut, wenn Sie es wollen, vor vielen Jahren, als ich beiläufig gesagt, noch ein junger Mann war, befand ich mich eines Tages ziemlich weit oben auf den Abhängen der Drakensberge. Ich war auf dem Weg nach Prätoria, mit einer Wagenladung von Handelsgütern, die ich unter den Eingeborenen dort oben abzusetzen hoffte, und wollte dann ein oder zwei Monate jagend nach Norden vorstoßen. Als wir eben auf einem offenen Platz zwischen zwei Ausläufern des Berges waren, wurden wir von einem furchtbaren Unwetter überrascht, einem der ärgsten, das ich jemals miterlebt habe. Wenn ich mich recht erinnere, war es etwa Mitte Januar, und Sie, mein Freund« — dies galt mir, — »wissen, wie arg die Unwetter in Natal zu dieser Jahreszeit sein können. Es schien aus zwei Himmelsrichtungen zugleich auf uns herab zu kommen, denn es bildete sich ein Wirbelsturm, dessen zwei Komponenten aufeinander los kamen.

Die Luft wurde dick und dicht. Dann kam der übliche heulende, eisige Wind, gefolgt von einer Art Finsternis, obgleich es früh am Nachmittag war. Um die Spitzen der Berge zuckten ringsumher Blitze, aber bis dahin hörte ich noch keinen Donner, und es regnete auch nicht. Außer dem Kutscher und Vorläufer des Wagens hatte ich Hans bei mir, von dem ich eben sprach, einen kleinen faltigen Eingeborenen, welcher seit meiner Kindheit der Gefährte meiner Reisen und Abenteuer gewesen war. Er war es, der als Nachreiter mit mir kam, als ich als ganz junger Mensch Piet Retief auf seiner unseligen Botschaft zu Dingaan, dem Zulukönig, begleitete, deren Teilnehmer alle bis auf Hans und mich erschlagen wurden.

Er war ein sonderbarer, witziger kleiner Bursche von unbestimmbarem Alter und einer der klügsten Männer seiner Art in Afrika. Ich kannte niemals seinesgleichen im Auffinden von Hilfsmitteln und im Verfolgen einer Spur, aber, wie alle Eingeborenen, hatte er seine Fehler. So trank er wie ein Fass, wenn er nur irgendwo die Möglichkeit dazu hatte und wurde dann ein nutzloser Trunkenbold. Er hatte allerdings auch Tugenden, denn er war treu wie ein Hund und, — je nun —, er liebte mich, wie ein Hund den Herrn liebt, der ihn von seiner Geburt an aufgezogen hat. Für mich hätte er alles getan — gelogen, gestohlen oder gemordet — und hätte es nicht als Übeltat aufgefasst, sondern eher als heilige Pflicht. Ja, und jeden Tag war er bereit, für mich zu sterben, was er auch schließlich tat.«

Allan hielt inne, scheinbar, um seine Pfeife auszuklopfen, was unnötig war, denn er hatte sie eben gefüllt. In Wirklichkeit aber glaube ich, suchte er eine Gelegenheit, sich gegen das Feuer zu kehren, vor welchem er stand, um so sein Gesicht zu verbergen. Dann drehte er sich plötzlich auf seinem Absatz herum, mit der schnellen Bewegung, die für ihn charakteristisch war, und fuhr fort.

»Ich ging vor dem Wagen und hielt Ausschau nach schlechten Stellen und Steinen auf dem Weg, wenn man aus Höflichkeit dies Weg nennen konnte, was tatsächlich nichts als eine Geleise-Spur war, die sich zwischen den Hügeln hinzog. Gleich hinter mir, an seinem gewöhnlichen Platz — denn er heftete sich immer an mich, wie mein Schatten — ging Hans. Plötzlich hörte ich ihn in der hohlen Weise husten, wie es seine Gewohnheit war, wenn er meine Aufmerksamkeit auf irgendetwas zu lenken wünschte, und ich fragte über meine Schulter zurück.

»Was gibt es, Hans?«

»Nichts, Baas«, entgegnete er. »Nur, dass hier ein Riesensturm aufzieht. Oder besser, zwei Stürme, Baas, nicht einer, und wenn sie zusammentreffen, werden sie zu kämpfen beginnen, und es werden eine Menge Speere am Himmel herumfliegen und dann werden beide Wolken Regen oder vielleicht Hagel weinen.«

»Ja«, sagte ich, »so ist es, aber da ich nirgends einen Ort sehe, wohin wir uns flüchten könnten, ist wohl wenig zu tun.«

Hans kam auf gleiche Höhe mit mir und hustete wieder, indem er den schmutzigen Fetzen, der sein Hut sein sollte, in seinen mageren Fingern drehte und dadurch andeutete, dass er einen Vorschlag zu machen hätte.

»Vor vielen Jahren, Baas«, sagte er und deutete mit seinem Kinn gegen eine Unmenge von Geröll am Fuße eines Bergabhangs in der Entfernung von ungefähr einer Meile zu unserer Linken, »war drüben eine große Höhle. Einst, als ich ein Knabe war, verbarg ich mich dort mit einigen Buschleuten. Es war damals, nachdem die Zulus Natal ausgeräumt hatten und es im ganzen Land nichts zu essen gab, so dass die Zurückgebliebenen von einander lebten.«

»Wie lebten denn dann die Buschleute, Hans?«

»Meistenteils von Schnecken und Heuschrecken, Baas, und von Böcken, wenn sie das Glück hatten, einen mit ihren vergifteten Pfeilen zu erlegen. Gebackene Raupen sind nicht schlecht, Baas, ebenso wenig wie Heuschrecken, wenn du sonst nichts bekommst. Ich erinnere mich, dass ich, der am Verhungern war, davon fett wurde.«

»Und du glaubst, dass es besser wäre, wenn wir uns in deine Höhle flüchteten, Hans, wenn du überhaupt sicher bist, das sie hier ist?«

»Gewiss, Baas, Höhlen können nicht davonlaufen, und obgleich es lange her ist, so vergesse ich doch einen Ort nicht, an dem ich zwei Monate lang gelebt habe.«

Ich schaute auf die vorrückenden Wolken und überlegte. Sie waren ungewöhnlich schwarz und offenbar würde es ein verteufeltes Unwetter geben. Überdies war die Situation nicht angenehm, denn wir überquerten einen Landstrich von eisenhaltigem Gestein, in welches, wie ich aus Erfahrung wusste, immer der Blitz schlägt, und außerdem hat ein Wagen und ein Gespann von Ochsen eine gewisse Anziehungskraft für elektrische Entladungen.

Während ich überlegte, überholte uns eine Gruppe von Afrikanern, welche aus vollen Kräften liefen, — zweifellos um ein schützendes Obdach zu suchen. Sie hatten ihren schönsten Staat an — denn es waren offensichtlich Leute, die zu einem Hochzeitsfest gingen oder von dort zurückkehrten — meistens junge Männer und Mädchen. Als sie vorbeikamen, schrie mir einer von ihnen, dem ich offenbar, wie den meisten Eingeborenen dieser Gegenden, bekannt war, zu: »Eile, eile, Macumazahn!« — So nannten mich die Zulus, wie ihr wisst. — »Eile, dieser Ort wird von Blitzen gesucht«, und er zeigte mit seinem Tanzstab zuerst auf die vorrückenden Wolken und dann auf den Boden, wo das eisenhaltige Gestein zutage trat.

Dies entschied. Ich lief zurück zu dem Wagen und hieß den Vorläufer Hans folgen und dem Kutscher, die Ochsen anfeuern. Dann kletterte ich rückwärts auf den Wagen, und dahin ging es, nach links gerade auf den Platz am Fuße des Abhanges hin, wo sich die Höhle befinden sollte. Glücklicherweise war der Boden ziemlich eben, offen und hart. Außerdem war Hans’ Ortskenntnis eine vollkommene, obwohl er seit so vielen Jahren nicht in dieser Gegend gewesen war. In der Tat war es eine seiner Eigentümlichkeiten, wie er sagte, niemals einen Platz zu vergessen, den er einmal besucht hatte.

So sah ich ihn vom Kutschersitz aus, auf den ich geklettert war, plötzlich den Vorläufer anweisen, scharf nach rechts auszuweichen und konnte nicht begreifen warum, da der Boden dort ebenso aussah wie der, auf dem wir bis dahingefahren waren. Als aber der Wagen dort vorbeikam, wurde mir der Grund klar, denn es gab dort eine Quelle, welche einen breiten Fleck des Bodens, ein Joch oder mehr, in einen Sumpf verwandelte, in dem wir sicherlich versunken wären. So ging es auch mit anderen Hindernissen, die ich wohl nicht näher zu beschreiben brauche.

Jetzt herrschte eine große Stille in den Lüften und der Dunst wurde so dick, dass das erste Ochsenpaar bereits undeutlich zu sehen war; auch wurde es plötzlich sehr kalt. Die Blitze zuckten weiter um die Berggipfel, aber noch war kein Donnerschlag gefallen. Die ganze Natur hatte ein erschreckendes und ungewöhnliches Aussehen angenommen. Selbst die Zugtiere fühlten dies, denn sie drängten in ihren Jochen und rasten dahin, ohne durch Peitsche und Rufe angefeuert zu werden, als ob auch sie wüssten, dass wir einem Unheil zu entfliehen suchten. Zweifellos wussten sie dies auch wirklich, denn in allen lebenden Wesen erhebt der Instinkt zu Zeiten seine Stimme. Selbst meine Nerven wurden angegriffen, und ich hoffte ernstlich, dass wir bald die Höhle erreichen würden.

Diese Hoffnung wurde noch lebhafter, als schließlich die beiden Wolken zusammentrafen und bei ihrer Berührung ein fürchterlicher Feuerstrahl aus ihnen hervorbrach, der niederzuckte und die Erde mit lautem Getöse erschütterte. Tatsächlich wankte der Boden, und ich wünschte, wir wären tausend Meilen von diesem Ort entfernt. Der Blitz schlug nämlich etwa 50 Yards von dem Wagen entfernt ein, an einer Stelle, die wir etwa vor einer Minute passiert haben mochten. Zugleich gab es einen entsetzlichen Donnerschlag, der mir zeigte, dass das Unwetter bereits über unseren Häuptern war.

Dies war die Eröffnung des Balls, der erste Auftakt der Musik. Dann begann der Tanz mit ganzen Flächen und Gabeln von Flammen als Tänzern und dem unendlichen Himmel als Boden, auf dem sie ihre Evolutionen ausführten.

Es ist schwer, so ein höllisches Unwetter zu beschreiben, wie Sie, mein Freund, der dergleichen kennt, wissen werden, denn es spottet jeder Beschreibung. Blitze, überall Blitze. Strahl auf Strahl in allen Formen. Einer hatte die Gestalt einer Feuerkrone, die über dem Gipfel einer riesigen Wolke schwebte. Die Blitze schienen ebenso von der Erde gegen die Wolken empor- wie vom Himmel herabzuzucken, unter der Begleitung eines unaufhörlichen Donnergerolles.

»Wo, zum Teufel, ist deine Höhle?« brüllte ich Hans, der zu mir auf den Kutschersitz geklettert war, ins Ohr.

Er brüllte etwas als Antwort, was ich wegen des Getöses nicht verstehen konnte und deutete auf den Fuß des Bergabhanges, der noch ungefähr 200 Yards entfernt war.

Die Ochsen wurden scheu und fielen in Galopp und der Wagen geriet dermaßen ins Stoßen und Wanken, dass ich dachte, er würde umkippen. Der Vorläufer ließ den Riemen fahren und lief an der Seite der Ochsen weiter, aus Furcht, zu Tode getreten zu werden. Er lenkte sie, so gut er konnte, aber ohne viel Erfolg. Glücklicherweise liefen sie von selbst in die richtige Richtung.

So sausten wir dahin. Der Kutscher schwang unaufhörlich seine Peitsche, um die Tiere in der Richtung zu halten, und fluchte auf die entsetzlichste Weise auf Holländisch und Zulu, wie ich an der Bewegung seiner Lippen sehen konnte, obwohl kein Wort meine Ohren erreichte. Schließlich wurden die Tiere durch den steilen Abhang des Berges aufgehalten und begannen sich umzuwenden und sich zu einer Art von Knoten zu verwickeln, wie es eben erschreckte Ochsen tun, wenn sie aus irgendeinem Grund ihre Last nicht weiterbringen.

Wir sprangen herab und begannen sie auszuspannen, indem wir zunächst so schnell wie möglich die Joche abnahmen. Dies war keine leichte Aufgabe, wie ich euch versichere, ebenso sehr wegen der Verwirrung, in der sich die Ochsen befanden, wie aus dem Grund, dass dies buchstäblich unter den Feuerstrahlen erfolgen musste, denn die Strahlen zuckten rings um uns her. Jeden Augenblick erwartete ich, dass einer von ihnen den Wagen treffen und ein Ende mit uns und unserer Geschichte machen würde. In der Tat, ich war so entsetzt, dass ich heftig versucht war, die Ochsen ihrem Schicksal zu überlassen und zur Höhle zu stürzen, wenn überhaupt eine da war — denn sehen konnte ich sie nicht. Immerhin half mir mein Stolz. Wenn ich davonlief, wie konnte ich erwarten, dass meine Diener den Schwierigkeiten standhielten? — Wie immer ihr auch erschrocken sein mögt, meine Freunde, zeigt niemals Furcht vor einem Eingeborenen. Wenn ihr dies tut, ist euer ganzer Einfluss auf ihn beim Teufel. Ihr seid dann nicht mehr große weiße Häuptlinge von höherer Abstammung und Erziehung. Ihr seid ebenso gewöhnliche Burschen wie er selbst, ja sogar weniger wert als er, wenn er zufällig einer der tapferen Vertreter eines mutigen Volkes ist!

So gab ich mir den Anschein, die Blitze gar nicht zu beachten, selbst als einer von ihnen einen Dornbusch, nicht mehr als 30 Schritte von uns entfernt, traf. Zufällig blickte ich gerade in diese Richtung und sah den Dornbusch, jeden einzelnen Ast, in Flammen gehüllt. Im nächsten Augenblick war nichts zu sehen als eine Rauchsäule. Der Busch war verschwunden und einer seiner Splitter traf meinen Hut.

Mit den anderen zerrte und stieß ich an den Ochsen herum und zog, so gut ich es konnte, die Riemen aus den Jochbogen. Endlich waren alle befreit und rannten davon, um Deckung unter vorspringenden Felsen oder anderswo zu suchen, wie ihr Instinkt sie es hieß. Die letzten beiden, die Deichselochsen — wertvolle Tiere — waren besonders schwer zu befreien, denn sie drängten ihren Gefährten nach und zerrten so sehr an den Jochen, dass ich schließlich die Riemchen durchschneiden musste, da ich sie nicht aus den Kerben der Jochbogen befreien konnte. Dann stürzten sie den anderen nach, aber sie kamen nicht weit, die armen Tiere, denn plötzlich sah ich beide niederstürzen, als ob sie mitten durchs Herz geschossen worden wären. Ein Strahl hatte sie getroffen, einer von ihnen zuckte nicht einmal mehr, der andere lag auf seinem Rücken, strampelte noch ein paar Sekunden und wurde dann so still wie sein Jochgefährte.

»Und was sagten Sie denn da?« fragte Good mit nachdenklicher Stimme.

»Was hätten Sie gesagt, Good«, fragte Allan ernst, »wenn Sie derart ihre besten zwei Ochsen verloren hätten und nicht einmal sechs Penny in der Tasche gehabt hätten, um ein neues Gespann zu kaufen? Nun, wir alle kennen Ihre Vorliebe für viele Worte, so brauche ich Sie wohl nicht um eine Antwort zu bitten.«

»Ich hätte gesagt –« begann Good, indem er die Gelegenheit benutzen wollte, aber Allan unterbrach ihn mit einer Handbewegung und fuhr fort:

»Wahrscheinlich etwas über Jupiter Tonans, nicht wahr. Nun, was ich sagte, wurde nur vom Schutzengel vernommen, obwohl vielleicht Hans es ahnte, denn er schrie mir zu:

»Das hätte auch uns treffen können, Baas. Wenn der Himmel zürnt, will er ein Opfer haben. Lieber die Ochsen als uns, Baas.«

»Die Höhle, du Idiot!« brüllte ich. »Halt das Maul und bring uns zur Höhle, wenn es eine gibt, denn jetzt kommt der Hagel.«

Hans grinste und nickte. Dann, angefeuert durch ein großes Hagelkorn, welches ihn an den Kopf traf, begann er mit überraschender Geschwindigkeit den Hügel hinauf zu laufen und winkte uns zu, ihm zu folgen. Plötzlich kamen wir zu einem Chaos von umgestürzten Felsblöcken, durch welches wir uns einen Weg suchten, im Dunst immer weiterkletternd, der jetzt, seit der Hagel gefallen war, immer dichter wurde. Hinter den größten dieser Blöcke kroch Hans durch ein Buschwerk und zog mich nach sich zwischen zwei Felsblöcke, welche einen natürlichen Torweg zu einer Höhlung bildeten.

»Das ist der Ort, Baas«, sagte er, indem er das Blut fortwischte, das ihm aus einer Wunde, die ihm das Hagelkorn geschlagen hatte, über die Stirn herabrann.

Kaum hatte er gesprochen, ließ ein außergewöhnlich greller Blitzstrahl erkennen, dass wir uns in der Mündung einer Höhle von unbestimmbarer Ausdehnung befanden. Immerhin konnte ich aus dem Echo des Donners, der dem Blitz folgte, entnehmen, dass sie groß sein musste, denn es schien in dieser Aushöhlung aus unermessbaren Tiefen im Inneren des Berges zurückzudröhnen.

Das Bild in der Höhle

Wir hatten die Höhle gerade noch rechtzeitig erreicht. Denn kaum waren die Burschen hineingeklettert, als hinter uns der Hagel prasselnd niederging. Ihr wisst, meine Freunde, oder habt zumindest davon gehört, was afrikanischer Hagel bedeutet, besonders in der Gegend der Drakensberge. Ich habe ihn einmal Platten aus verzinktem Eisenblech durchbohren gesehen, als ob es sich um Flintenkugeln gehandelt hätte, und ich glaube, dass einige der Hagelkörner, die bei dieser Gelegenheit fielen, auch zwei übereinander gelegte Blechplatten durchschlagen hätten, da sie so groß und so kantig wie Feuersteine waren. Wenn jemand in diesem Unwetter auf dem offenen Feld überrascht worden wäre ohne einen Wagen, um sich darunter zu verkriechen oder einen Sattel, um ihn über den Kopf zu legen, zweifle ich, ob er mit dem Leben davongekommen wäre, um den Himmel wieder heiter zu sehen.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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