Alle Männer sind Freaks - Elke Morri - E-Book

Alle Männer sind Freaks E-Book

Elke Morri

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Beschreibung

Die Zeiten, in denen ein Freak noch ein Mann mit Zottelhaar und Langbart in Jesuslatschen war, sind längst vorbei. Heutzutage ist jedes männliche Exemplar ein bisschen bis höchst durchgeknallt. Die Chance für Frauen, nicht irgendwann auf einen Freak zu treffen, ist etwa so groß wie die, einen Lottosechser zu landen. Sei es beim ersten Date ('Plötzlich legte er die Bibel - wo vorher noch der Pizzateller stand - auf den Tisch und wollte mir, anstelle des Desserts, seinen Zeugen-Jehovas-Glauben schmackhaft machen'), in der Beziehung ('Abwechselnd schenkte er mir zum Geburtstag Duschköpfe und Trinkflaschen') oder beim Sex ('Er kam nur in Fahrt, wenn ich ihm vorher eine knallte'), der Freak im Mann lauert überall und ist immer für eine Überraschung gut. Was würden wir ohne ihn tun? Ein aberwitziges Buch über die merkwürdigen Macken der Männer. In 33 authentischen Geschichten berichten Frauen über die seltsamsten, witzigsten und abartigsten Eigenheiten und Vorlieben ihrer Lover, Freunde und Ehemänner.

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Seitenzahl: 245

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Elke Morri

ALLE MÄNNER SIND FREAKS

33 Frauen berichten über skurrile Eigenheiten, seltsame Ticks und unliebsame Überraschungen

Schwarzkopf & Schwarzkopf

Vorwort

Liebe Leserinnen und Leser!

Sind wirklich alle Männer Freaks? Ja! Denn heutzutage ist jedes männliche Exemplar ein bisserl bis total durchgeknallt. Ist das weiter tragisch? Nein! Warum auch.

Denn ohne die Freaks an unserer Seite wäre das Leben ganz schön fad, und beim Kaffeeklatsch würde den Frauen außerdem gut ein Drittel an Gesprächsstoff fehlen. Die 33 Kurzgeschichten in diesem Buch sind alle wahr, falls Sie sich das beim Lesen fragen sollten. All diese Frauen waren, sind noch immer oder schon wieder mit einem Freak zusammen. Meine Erzählerinnen sind Studentinnen, Unternehmerinnen, Künstlerinnen, Prostituierte und Hausfrauen. So unterschiedlich sie auch sind, eins haben alle gemeinsam: Humor. Denn nur so ist eine stressfreie Koexistenz mit einem Mann möglich.

In diesem Sinne: Viel Spaß beim Lesen!

Elke Morri

Der 1. Mann, der ein Freak ist

Der Bibelfeste

Lena (33), Eventmanagerin, Kärnten,über ihr Date mit David (37), Informatiker, Kärnten

Mit 33 sollte man schon einige Dates hinter sich haben. Und das hab ich, bei Gott. Aus einigen haben sich Beziehungen entwickelt, aus manchen wurden kurze Affären, aus vielen One-Night-Stands. Ich war also freakresistent. An einem Mann konnte mich so leicht nichts mehr überraschen.

»Mit deinen hohen Ansprüchen wirst du nie jemanden finden.« Meine Freundin Marianne hielt mir zum Mittagessen die übliche Standpauke. »Dir ist doch wohl klar, dass die Verehrer proportional zur Spannkraft deiner Gesichtshaut verschwinden, meine liebe Mrs hundert Prozent.« Das stimmte und auch, dass ich nach einem Mann wie nach einem Job suchte: Was brachte er mir auf dem Konto, wie passte er zu meinem Lifestyle, konnte ich mit ihm bei meinen Freunden angeben?

»Normalerweise tu ich so etwas nicht – verkuppeln mein ich. Aber ich hätte da wirklich den perfekten Kerl für dich.« Wie? Ungläubig, aber hellhörig geworden, legte ich mein Besteck zur Seite.

»Er ist wie eine seltene Blume, die unter Naturschutz steht.« Im Nachhinein wusste ich, was Marianne damit gemeint hatte.

David, so hieß mein Blind Date, saß schon am Tisch – hinterstes Eck – und nippte an seinem Weinglas. Das Restaurant, das er ausgesucht hatte, gefiel mir. Ein romantischer Italiener mit cooler Inneneinrichtung. Ich hielt – wie bei jeder Verabredung – meine 15 Minuten »Macht mich hoffentlich interessant«-Verspätung ein und war – zu meiner Verwunderung – wirklich positiv überrascht. Was ich da auf dem Stuhl sah, gefiel mir. Sehr sogar. David war äußerst attraktiv: dunkelbraune, feurige Augen, schwarz glänzendes Haar, lässiges Outfit. Ganz gentlemanlike rückte er mir den Stuhl zurecht und fing mit mir gleich ein lockeres Gespräch an. In keinster Weise ließ er auch nur den Hauch von einem peinlichen »Das ist ein Verkuppelungs-Date« aufkommen. Wir unterhielten uns wie alte Freunde, die sich schon eine Ewigkeit nicht mehr gesehen hatten.

Ich erfuhr, dass seine Eltern einen kleinen Weinberg in der Nähe von Friaul besaßen, dass er gerne Urlaub in Brasilien machte und noch lieber Gedichte las.

»Wenn ich allen Glauben habe, um Berge zu versetzen, aber nicht Liebe habe, so bin ich nichts«, sagte David plötzlich pathetisch.

»Hesse?«

»Nein, Paulus.« Er griff in seine Hosentasche und legte die Bibel – im praktischen Pocketformat – auf den Tisch. »Weißt du, Lena, dieser Satz stammt aus dem Korintherbrief des Neuen Testaments und ist einer der schönsten, der jemals über die Liebe geschrieben wurde. Ich suche eine Frau, so einzigartig wie dieser Satz.« Mir verschlug es die Sprache, und das tut es praktisch nie. David dafür nicht, denn er gab mir jetzt eine ausführliche Einführung in den Zeugen-Jehovas-Glauben und beschrieb mir dessen Vorteile. Dass die Religionsanhänger unerwartet vor der Haustüre standen, wusste ich. Dass sie nun aber versuchten, Leute beim Pizzaessen zu konvertieren, war mir neu. Ich wollte aufstehen und gehen, aber die ganze Situation war so absurd, dass ich regelrecht am Sessel festklebte. Und ganz ehrlich: Er hatte das gewisse Etwas. Deshalb unterbrach ich Davids Monolog mit der Frage: »Hast du Sex?«

Ganz selbstverständlich antwortete er: »Schon seit fünf Jahren nicht mehr. Ist ja verboten.«

»Onanieren auch?« Das Wort »Wichsen« traute ich mich im Angesicht solcher Wieder-Jungfräulichkeit nicht in den Mund zu nehmen.

»Ja, logisch! Denn sonst hätte man sehr leicht unreine sexuelle Gedanken«, belehrte David mich weiter.

Vorher musste er es ziemlich wild getrieben haben, denn er schwafelte etwas in Richtung von: »Der viele Sex hat mein Leben zerstört, Sex gehört in die Ehe, alle Frauen wollen immer nur Sex, Sex, Sex.« Er erwähnte dieses Wort so oft, dass er schon alleine davon geil werden musste.

»Eine Jungfrau wäre mein Traum«, schleuderte mir mein bibelfestes Date auf einmal entgegen.

»Wie bitte?«

»Als meine Ehefrau, natürlich.«

Da er das Sternzeichen offensichtlich nicht meinte, fand ich seinen Wunsch ziemlich überheblich. »Du bist selbst kein Jungmann mehr und erwartest das von anderen? Auf welchem Planeten lebst du? Außerdem verstehe ich echt nicht, warum du dich auf diese Verabredung eingelassen hast. Marianne wird dir ja wohl gesagt haben, dass ich a) weder Zeugin Jehovas noch b) angesichts meines Alters Jungfrau bin.« Jetzt war ich sauer.

»Sicher«, meinte David achselzuckend, und seine Augen bekamen einen leicht verzweifelten Ausdruck. »Aber irgendwo muss ich anfangen, Abstriche zu machen. In meiner Bibelgruppe gibt es keine hübschen Frauen, Jungfrauen schon gar nicht. Außerdem sollst du offen für alles sein. Hättest du nicht Lust zu konvertieren?« Das fragte er mich so, als wenn er mich auf einen Kaffee einladen würde.

»Nein. Kein Bedarf und auch keine Zeit. Ich schaff’s gerade einmal im Jahr in die Kirche. Und das ist bei der Fleischweihe zu Ostern.« Während ich entschlossen aufstand und meinen Mantel zuknöpfte, sagte ich noch: »Mach’s gut, und viel Erfolg bei deiner Brautschau.«

Ein paar Wochen später entdeckte ich David zufällig in einer Illustrierten wieder – als »Single des Monats«. Wonach er suchte, hakte er mit drei Wörtern ab: »eine fleißige Hausfrau«. Aha. Aus »Jung-« wurde also »Haus-«. Ob er mit diesem Wunsch mehr Glück haben wird, bezweifle ich allerdings stark.

Der 2. Mann, der ein Freak ist

Hast du mal Zahnseide?

Michaela (26), Lehrerin, Graz, über ihre Beziehung mit Jonas (28), Möbeldesigner, Graz

Von nix kommt nix. Das gilt auch für das Daten von Männern. Zumindest erklärte mir mal eine Freundin, dass man um die hundert Verabredungen haben müsse, bis der Richtige dabei sei. Meine letzte Beziehung war schon über ein Jahr her, und ich kam, seit ich 16 war, auf ungefähr zwanzig Dates, inklusive vier längeren Beziehungen. Wenn ich so weitermachen würde, müsste ich Männer treffen, bis ich hundert wäre.

Diese Erkenntnis verlangte nach einer effizienten Verabredungsmethode – dem Speed-Dating. Die Vorteile: einmal aufstylen für gleich 15 Beziehungskandidaten, pro Mann fünf Minuten Zeit fürs Kennenlernen, einfach ankreuzen, ob man denjenigen wiedersehen möchte oder nicht.

Jonas gefiel mir auf den ersten Blick: verwuschelte Haare, Dreitagebart, Zahnpastalächeln.

»Ganz ehrlich: Du bist die attraktivste Frau in dieser Runde. Ich habe meine Entscheidung bereits getroffen«, sagte er.

Hin und weg von seiner selbstbewussten Art, stand ich auf und meinte augenzwinkernd: »Ich auch.« Die anderen Teilnehmer blickten uns verwundert hinterher.

»Moment mal. Das geht jetzt aber nicht. Ihr …« Wie die Organisatorin ihren Satz beendete, hörten wir nicht mehr. Ich konnte es kaum glauben, was mir da gerade passiert war: Ich faszinierte offensichtlich einen echten Traumtypen. Lachend liefen wir ins Freie und verabredeten uns für den nächsten Tag zum Abendessen. Als ich Jonas so gegenübersaß und seine schneeweißen Zähne mit der Deko-Perlenkette auf dem Tisch um die Wette glänzten, fühlte ich mich wie im Dating-Himmel. Nicht ein Wölkchen, wie etwa Gespräche über Exfreunde, eine gestörte Kindheit und daraus resultierende psychische Probleme, trübte diese Verabredung. Alles war leicht und lecker wie unser Essen.

Nachdem der Kellner unsere leeren Teller weggeräumt hatte, wühlte Jonas plötzlich in seiner Sakkotasche herum. Als er nicht fündig wurde, meinte er: »Hast du vielleicht Zahnseide bei dir?« Obwohl ich jegliches Bemühen der Männer, immer kussfrisch zu wirken, sehr begrüße, fand ich seine Frage irgendwie komisch. Ohne meine Antwort abzuwarten, schnappte er sich plötzlich die Perlenkette vom Tisch – die einzelnen Kügelchen waren in einem Abstand von ungefähr acht Zentimetern aufgefädelt – und wickelte sie sich wie Zahnseide um die Finger. Er drehte sich zur Seite und begann mit sägeartigen Bewegungen seine Zahnzwischenräume zu säubern. Ich konnte nicht hinschauen, weil sich dann augenblicklich Würgereflexe bei mir eingestellt hätten. Schon bei meinen Exfreunden ging ich immer aus dem Badezimmer, wenn sie Mundhygiene betrieben. Dieser weiße Schaum beim Putzen, der wie Tollwut aussieht. Und dann erst das Entfernen der Essensreste zwischen den Backenzähnen. Widerlich! Manche Männer haben obendrein noch die Angewohnheit, dass sie dieses unverdaute Zeug ausgiebig betrachten. So ähnlich wie beim Schnäuzen, wenn sie voller Stolz ihren Rotz inspizieren. Tja, Kerle lieben es halt, etwas zu produzieren. Aber bitte, bitte nicht beim ersten Date.

»Au, scheiße!«

»Was ist los?« Vorsichtig lugte ich aus meiner geneigten Kopfhaltung hoch.

»Ich bin mir gerade zu tief ins Zahnfleisch gefahren. Dieser Schmerz, bis ins Hirn rauf …«

Mir war klar: Dieses Gehirn schmerzte nicht nur davon. »Du blutest total stark!« Ich deutete auf seine perfekte obere Zahnreihe, wo sich nun zwischen den einzelnen Zähnen rote Blutbächlein gebildet hatten. Die Lust auf Pannacotta mit Erdbeersauce war mir vergangen.

Als Jonas von seiner zehnminütigen Mundspülung auf dem Klo wieder an den Tisch kam, wollte ich den Abend für beendet erklären. Wahnsinnig sexuelles Interesse konnte er ja nicht an mir haben, wenn er schon jetzt Badezimmer-Rituale so offen auslebte.

»Ich muss morgen früh raus«, sagte ich leicht verärgert und griff nach meiner Handtasche. Wir gingen nach draußen, und als er erneut in seiner Jackentasche herumkramte, konnte ich mir die Bemerkung »Mit einem Zungenschaber kann ich leider auch nicht dienen« nicht verkneifen. Jonas ignorierte die Anspielung, zog mich stattdessen nah an sich heran und küsste mich. Er schmeckte nach Blut, gemischt mit Menthol. Die Vorstellung, dass ich einen metrosexuellen Vampir küsste, erregte mich irgendwie. Deshalb zögerte ich auch keinen Moment, als er mich fragte: »Nachtisch bei mir?«

Seine Wohnung war schön: viel Weiß, aufgeräumt, tolle Lampen. Ich verschwand ins Badezimmer, um mich frisch zu machen. Mein erster Blick fiel auf die Ablage unter dem Spiegel. Acht verschiedene Arten von Zahnpasta standen dort in Reih und Glied. Zahncreme gegen Parodontose, Zahnpasta mit Schleifpartikelchen, Gel-Schaum für extra weiße Zähne. Rechts und links davon jeweils Mundwasser und ein Zungenreiniger in Rosé. Plötzlich riss Jonas die Badezimmertür auf und holte aus einer Lade eine verpackte Zahnbürste hervor: »Bitte schön.« Das war ja jetzt wohl die Höhe! Was sollte denn diese Anspielung? Ach du Schreck, hatte ich etwa Mundgeruch?

»Falls du hier übernachten willst«, beruhigte er mich.

Leidenschaftlich küsste Mister Saubermann mich wieder –  jetzt schmeckte er nur noch nach Menthol – und zog mich in sein Schlafzimmer. Der Sex war fürs erste Mal ganz okay, guter Durchschnitt. Nur eine Sache erweiterte meinen Horizont: Bei Jonas gab’s nicht Zigarette, sondern Zahnspange danach. So als ob es das Selbstverständlichste auf der Welt wäre, steckte er sich vor mir dieses Plastikding auf seine obere Zahnreihe. »Weischt du, die trage ich jede Nacht«, nuschelte er jetzt ohne Schamgefühl.

»Aber warum? Deine Zähne sind perfekt. Ich kenne keinen Mann, der ein solches Hollywood-Lachen hat!«

»Und dasch scholl auch scho bleiben. Gute Nacht.«

Mit einem innerlichen Lachkrampf schlief ich neben meinem Zahnspangen-Fetischisten ein. Spaß im Bett bekam von nun an eine ganz neue Bedeutung.

Obwohl: Das mit den Lachkrämpfen hat sich nach mittlerweile zweijähriger Beziehung gelegt. Irgendwann gewöhnt man sich schließlich doch daran, dass der Freund jede Nacht mit seiner Jugend-Zahnspange neben einem einschläft. Auch Zahnseide benutzt Jonas nach wie vor, wo er nur kann. Zum Beispiel im Auto, wenn die Ampel auf Rot ist. Er sieht das ganz pragmatisch: Wir Frauen schminken uns bei solchen Gelegenheiten eben. Punkt für ihn.

Aber kein Nachteil ohne Vorteil: So viel Zeit er in seine orale Befriedigung investiert, investiert er auch in meine. Und darüber habe ich mich noch nie beschwert.

Der 4. Mann, der ein Freak ist

»Bist leicht scho kumman?«

Johanna (28), Verkäuferin, München, über ihre Beziehung mit Helmut (27), Installateur, Wien

Dirty Talk fand ich immer heiß. Bis zu dem Tag, als ich das erste Mal Sex mit Helmut hatte. Seit damals ist es mir ehrlich gesagt am liebsten, wenn Männer im Bett den Mund halten. Stöhnen – ja, Reden – nein!

Ich war zu Besuch bei meiner Wiener Freundin Caro. Auf dem Programm standen: Quatschen, Shoppen, Fortgehen. Ich hatte gerade eine Beziehung beendet und brauchte ein bisschen Abstand von meiner vertrauten Umgebung.

Am Tag meiner Ankunft stand, wie Caro es nennt, »ordentlich Gas geben« auf dem Programm. Heißt: tanzen und trinken bis zum Morgengrauen. Und weil das mit einer Gruppe von Leuten mehr Spaß macht, kamen Caros gute Freunde Lissy und Helmut mit.

Es wurde ein lustiger, feucht-fröhlicher Abend. Zumindest für uns drei Mädels. Helmut war mehr die Sorte »schweigsamer Langweiler«. Den ganzen Abend redete er kein einziges Wort mit mir, schaute mich kaum an. Mir war’s egal: Obwohl ich einem One-Night-Stand an unserem Gasgeber-Wochenende nicht abgeneigt gewesen wäre, fiel Helmut dafür sowieso durch den Lattenrost. Er war überhaupt nicht mein Typ, groß und wuchtig – wie eine Kathedrale. Sein Kopf das Gegenteil: ein Babyface mit großen blauen Augen und rosarotem Schmollmündchen.

Am nächsten Morgen – ich lag noch verkatert im Bett – klingelte mein Handy. Da ich die Nummer nicht kannte, ging ich nicht ran. Mache ich grundsätzlich nie.

»Hat dich Helmut schon angerufen? Ich habe ihm deine Telefonnummer gegeben«, meinte Caro, während wir bei Kaffee und Frühstückskipferln saßen.

»Warum?«, fragte ich völlig überrascht.

»Er möchte mit dir heute was unternehmen.«

»Wir reden doch von demselben Helmut, oder? Der, der mich gestern keines einzigen Blickes gewürdigt hat. Und kann der überhaupt sprechen?«

»Du, der ist nur voll schüchtern. Er ist ziemlich begeistert von dir. Ruf ihn doch an und unternehmt etwas. Ich habe sowieso keine Zeit am Nachmittag. Du weißt, das Meeting.«

Überredet. Ich traf mich mit Helmut in der Innenstadt auf einen Kaffee. Das, was er am Vorabend versäumt hatte, holte er jetzt wie eine Lok auf. Gott sei Dank war er aber kein Dampfplauderer, sondern brachte mich mit seinem Wiener Schmäh oft zum Lachen. Er war echt witzig, hatte Charme.

Als er mich vor Caros Wohnungstür absetzte, küsste er mich. Mit sehr viel Gefühl, aber doch sehr fordernd und leidenschaftlich. Bis jetzt hatte ich immer nur schmallippige Männer, wo die Hälfe meiner Lippen sich eher an kratzigen Bartstoppeln als an weicher Haut rieben.

Nicht so bei Helmut. Hier war alles zart und glatt. Das Babyface hatte auch babyweiche Lippen.

Erstaunlicherweise legte er nach meiner Abreise nach München eine Hartnäckigkeit an den Tag, die mir unbekannt war. Er schrieb unzählige E-Mails, rief jeden Tag an. Seine Briefe waren witzig, die Telefonate spritzig – ich war verliebt.

Als er mich zwei Wochen später in München besuchen kam, kam es auch zum Sex. Und schon war ich mitten in einer Tragödie in drei Akten.

Akt I: Wir saßen auf dem Bett und fingen an, uns zu küssen. Zuerst leicht und zärtlich mit dem Mund, dann unter leidenschaftlichem Einsatz der Zunge. Seine feuchte Hand glitt langsam von meinem hitzigen Gesicht abwärts und machte zwischen meinen wohlgeformten Schenkeln halt. Ungestüm drang er mit Zeige- und Mittelfinger in meine Scheide ein, rührte darin herum, als wenn er Vanillepudding kochen würde. Zweimal im Uhrzeigersinn, dann zweimal dagegen, zweimal auf und ab. Erregt hielt er inne und fragte im schönsten Wienerisch: »Bist leicht scho kumman?«

Akt II: Dann leckte er. Zweimal die rechte Schamlippe, zweimal die linke, zweimal dazwischen auf und ab. Mit dem Gesicht zwischen meinen Schenkeln wie in einer Guillotine steckend, schaute sein hochrotes Antlitz mich fragend an:»Bist leicht scho kumman?«

Akt III: Sein schwitziger Körper rollte sich nun auf mich. Ich streichelte ihm über den Rücken, der mit einem leichten Haarflaum überzogen war. Sekundenschnell drang er in mich ein. Mit den Unterarmen neben meinem Kopf sich abstützend, stieß er zu. Einmal, zweimal, dreimal. Er kam, erschlaffte und fragte: »Bist leicht scho kumman?«

Akt I bis III dauerte – über den Daumen gepeilt – fünf Minuten. Das würde nicht einmal für den Prolog in einem Drama reichen.

Während ich sein erstes »Bist leicht scho kumman?« für eine Scherzfrage hielt und nicht näher darauf einging, wollte ich ihm beim zweiten Mal dafür eine kleben. Beim dritten Mal stieg dann innerhalb kürzester Zeit eine Welle von Wut in mir hoch. Er kann doch unmöglich denken, dass ich zum Orgasmus oder gar zu multiplen gekommen bin! Oder glaubte er tatsächlich, dass man eine Frau wie ein Los kurz rubbelt, und sie kommt in Fahrt? Offensichtlich. Denn während er sich in Löffelstellung an mich kuscheln wollte, fragte er ernsthaft: »War’s für dich genauso schön wie für mich?« Ich suchte das Weite – unter die Dusche. Als das warme Wasser über mein Gesicht rieselte, überlegte ich, wie ich Helmut auf schnellstem Wege loswerden könnte. Klar, mit der Zeit würde der Sex – unter meiner Anleitung – vielleicht besser werden. Aber hatte ich wirklich Lust, mich als Entwicklungshelferin für einen sexuell Verkümmerten zu betätigen? Da ich ihn nicht unbedingt an einem Samstagabend aus der Wohnung schmeißen wollte, beschloss ich, ihm am nächsten Tag, kurz vor seiner Abreise, meine Entscheidung mitzuteilen.

Tja, mit den Vorsätzen ist das so eine Sache. Man wirft sie leicht über Bord. Vor allem, wenn’s doch so halbwegs passt. Und außerhalb des Bettes tat es das auch. Da Helmut am nächsten Tag zeitig losfahren musste, schliefen wir nicht mehr miteinander. Also sagte ich nichts. Außerdem war ich doch beeindruckt, dass er die lange Autofahrt auf sich genommen hat, obwohl wir gerade mal 24 Stunden für uns hatten. Als er mir am Montag darauf wieder eine wundervolle E-Mail schrieb, war mein letzter Zweifel verflogen: »Speedy Gonzales« hatte eine zweite Chance verdient.

Schon eine Woche später stand er erneut vor meiner Haustür. So schnell er wiederkam, kam er auch in mir. Das gleiche Szenario wie beim ersten Mal: küssen, lecken und »Bist leicht scho kumman?«. Als er mich dabei, zwischen meinen Schenkeln klebend, wieder fragend anschaute, meinte ich: »Wohin?«

Er blickte verdutzt. Ich dagegen verließ die Vorstellung vor dem Ende und schickte Helmut noch am selben Abend nach Hause. Der Vorhang war endgültig gefallen. Ohne Standing Ovations.

Der 5. Mann, der ein Freak ist

»Frische Wäsche für alle Lebenslagen«

Iris (32), Assistentin der Geschäftsführung, Berlin, über ihre Beziehung mit Harry (43), Manager, Berlin

Mit seinem blütenweißen Hemd und dem perfekt sitzenden Anzug sah er aus, wie gerade einer Waschmittel-Werbung entsprungen. Jeden Tag saß er um die gleiche Zeit am perfekt gedeckten Mittagstisch im Restaurant. Bevor er zu essen begann, schüttelte er mit einer schnellen Handbewegung die weiße zusammengefaltete Serviette auf und legte sie auf seinen Schoß. Dann begann er wie aus dem Knigge-Handbuch zu essen: einen Bissen vom Steak, artig das Besteck ablegen, den Mund ganz leicht mit der Serviette abtupfen. Abgetupft wurde auch, wenn er einen Schluck aus seinem Weinglas nahm. Alle Frauen im Restaurant starrten ihn an. Kein Wunder. Er war ein Bild von einem Mann: 1,90 Meter groß, schwarzes, perfekt geschnittenes Haar – fast wie eine Perücke –, gepaart mit einer unnahbaren Ausstrahlung, die aber unglaublich anziehend wirkte.

Ich arbeitete damals als Sekretärin in dem Großkonzern, den Harry mit drei weiteren Geschäftspartnern leitete. Seit einem Jahr war ich nun in der Firma. Genauso lange war ich verliebt in ihn. Und genauso lange würdigte er mich keines Blickes. So wie auch keine der anderen Frauen in dem Restaurant.

Bis zu dem Tag, als er sich sein strahlend weißes Hemd mit Tomatensauce vollkleckerte. Hektisch wischte er mit seiner Serviette herum, verwischte dabei die rote Soße aber noch mehr. Ich witterte meine Chance. Meiner Handtasche sei Dank. Sie ist so etwas wie mein Erste-Hilfe-Kasten: befüllt mit Hansaplast, Tampons und Fleckenstift.

Nervös ging ich auf Harry zu und reichte ihm den Tintenkiller für Wäsche. »Versuchen Sie es damit«, lächelte ich ihn schüchtern an. Verwirrt, aber dankbar, tupfte er nun unbeholfen mit dem Stift auf den Flecken herum.

»Lassen Sie mich mal.«

Bereitwillig gab mir Harry den Fleckenstift wieder, und ich entfernte fachmännisch das Übel. Ich kam ihm dabei so nahe, dass ich sein Parfum roch. Er duftete sehr gut, nach Muskat, Pfeffer und ganz leicht nach Tomatensauce. Als auch der letzte rote Punkt unter dem bleichenden Gel verschwand, strahlte mich Harry wie ein kleines Kind an, das gerade den Weihnachtsmann gesehen hatte.

»Sie sind eine Frau zum Heiraten.« Seine dunkelbraunen Augen leuchteten.

Jetzt wurde ich rot. Er bot mir den Stuhl neben sich an und übernahm als Dankeschön die Rechnung von meinem Mittagessen. Von da an aßen wir fast jeden Tag gemeinsam zu Mittag. Wir lachten viel, tauschten uns über Gott und die Welt aus. Das einzige Thema, das wir mit großem Bogen umschifften, war unser Beziehungsstatus. Nach einem Monat wollte es Harry endlich wissen und sagte: »Meinst du nicht, dass wir mal ein richtiges Date haben sollten? Oder bist du etwa vergeben?« Mein Herz pochte.

»Äh, nein. Ich bin solo.«

»Genau wie ich. Also spricht ja kein Grund dagegen. Außer, du findest mich nicht anziehend«, meinte er augenzwinkernd.