Alle Märchen - Wilhelm Busch - E-Book

Alle Märchen E-Book

Wilhelm Busch

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Beschreibung

Alle Märchen Wilhelm Busch - Heinrich Christian Wilhelm Busch (* 15. April 1832 in Wiedensahl; † 9. Januar 1908 in Mechtshausen) war einer der einflussreichsten humoristischen Dichter und Zeichner Deutschlands. Zudem war er als von niederländischen Meistern beeinflusster Maler tätig. Seine ersten Bildergeschichten erschienen ab 1859 als Einblattdrucke. In Buchform wurden sie erstmals 1864 unter dem Titel Bilderpossen veröffentlicht. Schon seit den 1870er Jahren in ganz Deutschland berühmt, galt er bei seinem Tod dank seiner äußerst volkstümlichen Bildergeschichten als "Klassiker des deutschen Humors".[1] Als Pionier des Comics schuf er u. a. Max und Moritz, Fipps, der Affe, Die fromme Helene, Plisch und Plum, Hans Huckebein, der Unglücksrabe, die Knopp-Trilogie und weitere, bis heute populäre Werke. Oft griff er darin satirisch die Eigenschaften bestimmter Typen oder Gesellschaftsgruppen auf, etwa die Selbstzufriedenheit und Doppelmoral des Spießbürgers oder die Frömmelei von Geistlichen und Laien. Viele seiner Zweizeiler sind im Deutschen zu festen Redewendungen geworden, zum Beispiel "Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr" oder "Dieses war der erste Streich, doch der zweite folgt sogleich".

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Wilhelm Busch
Alle Märchen

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Wilhelm Busch

Zwei Diebe

Ganz heimlich flüstern diese zwei, Natürlich nur von Lumperei.

Da gehen sie in tiefem Schweigen, Wohin? Das wird sich später zeigen.

Ein Fenster, welches nicht verschlossen, Erklimmen sie auf Leitersprossen.

Hier schläft ein reicher Privatier Bei seinem Gelde in der Näh!

Und als der Privatier erwacht, Ein Messer ihm entgegenlacht.

Schnell will er die Pistole kriegen, Der Dieb mißgönnt ihm das Vergnügen.

Seht nur! wie die Pistole kracht, Dem Lumpen hat es nichts gemacht.

Der Privatier ganz zornentbrannt, Haut mit dem Säbel umeinand.

Und jeder haut und jeder sticht, Und keiner trifft den andern nicht.

Hier knebeln sie den dicken Mann, Daß er nicht schrein und laufen kann.

Und hängen ihn, o Sünd' und Schand', An einen Nagel an die Wand.

Da kommt, vom lauten Knack erwacht, Die Köchin im Gewand der Nacht.

Und ruft mit bangem Wehgeschrei Durchs Fenster nach der Polizei.

Da faßt der Dieb sie bei der Jacke Und überzieht sie mit dem Sacke.

Da liegt sie nun, was hilft ihr Schrein? Der Sack hüllt ihre Klagen ein.

Doch seht! Die brave Polizei Kommt, wie gewöhnlich, schnell herbei.

Die Diebe sind im Schrank versteckt, Die Polizei hat's gleich entdeckt.

Die Diebe sausen ins Gemach Mit aufgespanntem Regendach.

Am Rücken liegt die Polizei, Die Diebe stürmen schnell vorbei.

Da sieht man beide lustig fliegen, Die böse Sache scheint zu siegen.

Doch still: die Strafe fehlet nie! Gesegnet sei das Paraplü!

Wilhelm Busch

Ein Abenteuer in der Neujahrsnachtoder Warum Herr Brandmaier das Punschtrinken für immer verschworen hat.

Ein Lebensstück in Bildern.

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Wilhelm Busch

Adelens Spaziergang

Ein Mädchen, schön und voll Gemüt, Geht hier spazieren, wie man sieht.

Sie pflückt auf frühlingsgrüner Au Vergißmeinnicht, das Blümlein blau.

Ach Gott! Da hupft ein grüner, nasser, Erschrecklich großer Frosch ins Wasser.

Adele, die ihn hupfen sah, Fällt um und ist der Ohnmacht nah.

Ameisenbisse tun gar weh; Schnell springt Adele in die Höh'.

Ein Schäfer weidet in der Fern. - Den Ziegenbock hat man nicht gern.

Es stößt der Bock - Adele schreit - Der Hirt ist in Verlegenheit.

Auf seine Hörner nimmt der Bock Adelens Krinolinenrock.

Hund, Hirt und Herde stehen stumm Um diesen Unglücksfall herum.

Der Schäfer trägt Adelen fort; Ein Storch kommt auch an diesen Ort.

Schnapp! faßt der Storch die Krinoline Und fliegt davon mit froher Miene.

Hier sitzt das Ding im Baume fest Als wunderschönes Storchennest.

Wilhelm Busch

Naturgeschichtliches Alphabet

Für größere Kinder und solche, Die es werden wollen.

Im Ameishaufen wimmelt es, Der Aff' frißt nie Verschimmeltes.

Die Biene ist ein fleißig Tier, Dem Bären kommt dies g'spaßig für.

Die Ceder ist ein hoher Baum, Oft schmeckt man die Citrone kaum.

Das wilde Dromedar man koppelt, Der Dogge wächst die Nase doppelt.

Der Esel ist ein dummes Tier, Der Elefant kann nichts dafür.

Im süden fern die Feige reift, Der Falk am Finken sich vergreift.

Die Gams im Freien übernachtet, Martini man die Gänse schlachtet.

Der Hopfen wächst an langer Stange, Der Hofhund macht dem Wandrer bange.

Trau ja dem Igel nicht, er sticht, Der Iltis ist auf Mord erpicht.

Johanniswürmchen freut uns sehr, Der Jaguar weit weniger.

Den Kakadu man gern betrachtet, Das Kalb man ohne weiters schlachtet.

Die Lerche in die Lüfte steigt, Der Löwe brüllt, wenn er nicht schweigt.

Die Maus tut niemand was zu Leide, Der Mops ist alter Damen Freude.

Die Nachtigall singt wunderschön, Das Nilpferd bleibt zuweilen stehn.

Der Orang-Utan ist possierlich, Der Ochs benimmt sich unmanierlich.

Der Papagei hat keine Ohren, Der Pudel ist meist halb geschoren.

Das Quarz sitzt tief im Berges-Schacht, Die Quitte stiehlt man bei der Nacht.

Der Rehbock scheut den Büchsenknall, Die Ratt' gedeihet überall.

Der Steinbock lange Hörner hat, Auch gibt es Schweine in der Stadt.

Die Turteltaube Eier legt, Der Tapir nachts zu schlafen pflegt.

Die Unke schreit im Sumpfe kläglich, Der Uhu schläft zwölf Stunden täglich.

Das Vieh sich auf dere Weide tummelt, Der Vampyr nachts die Luft durchbummelt.

Der Walfisch stört des Herings Frieden, Des Wurmes Länge ist verschieden.

Die Zwiebel ist der Juden Speise, Das Zebra trifft man stellenweise.

Wilhelm Busch

Das Bad am Samstagabend

Hier sieht man Bruder Franz und Fritzen Zu zweit in einer Wanne sitzen.

Die alte Lene geht; - und gleich Da treibt man lauter dummes Zeug.

Denn Reinlichkeit ist für die zwei Am Ende doch nur Spielerei.-

Jetzt will der Fritz beim Untertauchen Nur seinen einen Finger brauchen.

Natürlich läuft ihm was ins Ohr Dem Franz kommt dieses lustig vor.

Das ärgert aber Bruder Fritzen Drum fängt er an, den Franz zu spritzen.

Doch der mit seiner großen Zehe Tut Fritzen an der Nase wehe;

Dafür taucht Fritz den Kopf ihm nieder Was so im Wasser sehr zuwider.

Franz aber zieht an Fritzens Bein; Der zappelt sehr und kann nicht schrein.

In Mund und Auge, zornentbrannt, Greift jetzt die rachbegierge Hand.

Die Wanne wird zu enge Für dieses Kampfgedränge.

Perdatsch! die alte, brave Lene Kommt leider grad zu dieser Szene.

Sie spricht voll Würde und voll Schmerz: "Die Reinlichkeit ist nicht zum Scherz!"

Und die Moral von der Geschicht: Bad zwei in einer Wanne nicht!

Wilhelm Busch

Der gewandte, kunstreiche Barbier und sein kluger Hund

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Wilhelm Busch

Der Bauer und das Kalb

Ein Bauer, der kein Geld mehr hat, Der brächte gern sein Kalb zur Stadt.

Doch schau, wie dieses Tier sich sträubt, Und widerspenstig stehen bleibt!

Der liebenswürdige Bauersmann Bietet umsonst ihm Kräuter an.

Vergebens druckt er es und schiebt, Das Kalb bleibt stehn, wie's ihm beliebt.

Und ganz vergeblich ebenfalls Sucht er es fortzuziehn am Hals.

Jetzt schau, wie er's mit Disteln sticht! Das Kalb schreit: »Bäh!« Doch geht es nicht.

Er nimmt das Kalb bei Schweif und Ohr, Doch bleibt es störrisch wie zuvor.

Mit Drohen und Belehren Sucht er es zu bekehren.

Doch schon im nächsten Augenblick Möcht' es durchaus zum Stall zurück.

Da denkt er, es mit Schlägen Zum Gehen zu bewegen.

Allein trotz allem Schlagen Muß er das Kalb noch tragen.

Weil das ihm aber lästig ist, Besinnt er sich auf eine List.

Er hängt die Glocke um, schreit: »Muh!« Da glaubt das Kalb, er sei die Kuh.

Wilhelm Busch

Der Bauer und der Windmüller

Die Luft ist kühl, es weht der Wind. Der Bauer zieht zur Mühl' geschwind.

Ei, denkt der brave Bauersmann, Da bind' ich meinen Esel an.

Der böse Müller hat's gesehn Und läßt sogleich die Mühle gehn.

Den Esel zieht es fort, o Graus! Der Müller guckt zum Loch heraus.

Am Schwanz hängt sich der Bauer an, Was ihm jedoch nicht helfen kann.

Denn sieh! die Haare halten nicht. Bumbs, liegt er da, der arme Wicht.

Der Müller aber mit Vergnügen Sieht in der Luft den Esel fliegen.

Indessen haut dem Bäuerlein Ein Flügel an das rechte Bein.

Jetzt endlich bleibt die Mühle steht. Doch um den Esel ist's geschehn.

Hier siehst du nun auf einem Karr'n Den Abgeschied'nen heimwärts fahrn.

Und als der Bauer kam nach Haus, Fuhr seine Frau zur Tür heraus,

Mit einem Besen groß und lang Macht sie dem Bauern angst und bang.

Der Bauer nimmt die Säge Und wehrt sich ab die Schläge.

Ein Sägezahn trifft ganz genau Ins Nasenloch der Bauersfrau.

Die Nase blutet fürchterlich, Der Bauer denkt: »Was kümmert's mich?«

Zur Mühle geht der Bauersmann Und fängt sogleich zu sägen an.

Racksknacks! Da bricht die Mühle schon, - Das war des bösen Müllers Lohn.

Der böse Müller aber kroch Schnell aus dem off'nen Mühlenloch

Wilhelm Busch

Der Bauer und sein Schwein

Ein Bauer treibt in guter Ruh Sein fettes Schwein der Heimat zu.

Bei einem Wirte kehrt er ein Und kauft sich einen Branntewein.

Da zieht das Schwein, der Bauer fällt, Weil er sich auf das Seil gestellt.

Des Wirtes Nachbar und sein Sohn, Die warten auf die Knödel schon.

Auf einmal kommt herein die Sau Und stößt die gute Nachbarsfrau.

Sie stößt, mit schrecklickem Gebrumm, Das Kind, den Tisch und Nachbar um.

Heraußen steht das Bäuerlein Und wartet auf sein fettes Schwein.

Das Schwein läuft aus der Tür heraus, Der Bauer reitet fort im Saus.

Dem Schweine kommt das lästig vor, Drum wälzt es sich im feuchten Moor.

Ans Ufer springt das böse Schwein, Der Bauer mühsam hinterdrein.

Ins Schilderhaus verkriecht es sich, Der Bauer spricht: »Jetzt hab' ich Dich!«

Er setzt sich auf das Schilderhaus, Da schaut des Schweines Schwanz heraus.

Der Wirt, Soldat und Nachbarsmann, Die greifen jetzt den Bauern an.

Doch endlich schlachtet man das Schwein, Da freuet sich das Bäuerlein.

Wilhelm Busch

Die beiden Enten und der Frosch

Sieh da, zwei Enten jung und schön, Die wollen an den Teich hingehn.

Zum Teiche gehn sie munter Und tauchen die Köpfe unter.

Die eine in der Goschen Trägt einen grünen Froschen.

Sie denkt allein ihn zu verschlingen. Das soll ihr aber nicht gelingen.

Die Ente und der Enterich, Die ziehn den Frosch ganz fürchterlich.

Sie ziehn ihn in die Quere, Das tut ihm weh gar sehre.

Der Frosch kämpft tapfer wie ein Mann. - Ob das ihm wohl was helfen kann?

Schon hat die eine ihn beim Kopf, Die andre hält ihr zu den Kropf.

Die beiden Enten raufen, Da hat der Frosch gut laufen.

Die Enten haben sich besunnen Und suchen den Frosch im Brunnen.

Sie suchen ihn im Wasserrohr, Der Frosch springt aber schnell hervor.

Die Enten mit Geschnatter Stecken die Köpfe durchs Gatter.

Der Frosch ist fort - die Enten, Wenn die nur auch fort könnten!

Da kommt der Koch herbei sogleich Und lacht: »Hehe, jetzt hab' ich euch!«

Drei Wochen war der Frosch so krank! Jetzt raucht er wieder. Gott sei Dank!

Wilhelm Busch

Die Brille

Des Mittags, als es zwölfe war, Setzt sich zu Tisch der Herr Aktuar.

Er schaut bedenklich, ernst und stille, Die Suppe an durch seine Brille.

Und durch die Brille, scharf und klar, Entdeckt er gleich ein langes Haar.

»Nun!« - sprach die Frau - »das kann wohl mal passieren! Hast du mich lieb, so wird's dich nicht genieren!«

Er aber kehrt sich schleunigst um Und holt die Flasche, die voll Rum.

Er trinkt und ist so sehr verstockt, Daß selbst die Wurst ihn nicht verlockt.

»Ach!« denkt die Frau, »wie wird das enden!« Und sucht die Flasche zu entwenden.

Doch hierin kennt er keinen Spaß »Gleich stell sie her! Sonst gibt es was!«

Und schon ergreift er mit der Hand Den Stock, der in der Ecke stand.

Die Frau versucht zu fliehn; indes Der Hakenstock verhindert es.

Ein Schlag, gar wohlgezielt und tüchtig, Trifft und zerbricht die Flasche richtig.

Nun nimmt die Frau die Sache krumm Und kehrt sich zur Attacke um.

Sie hat die Brill' und freut sich sehr, Der Mann steht da und sieht nichts mehr.

Er tappt herum als blinder Mann, Ob er den Feind nicht finden kann.

Und tappt in seiner blinden Wut - Autsch! - an des Ofens heiße Glut.

Er dreht sich um und allbereits Brennt ihn der Ofen anderseits.

Nun aber wird die Wut erst groß - Was es auch sei - er haut drauflos.

Die Suppenschüssel, Wurst und Glas Wird ruiniert, der Hund wird naß

Und Frau und Hund entfliehn; doch er Fällt mit dem Stuhl schnell hinterher.

Voll Eifer will er nach, und ach! Rennt an die Tür mit großem Krach.

Nun ist's zu Ende mit dem Rasen! Das rote Blut rinnt aus der Nasen.

Und demutsvoll und flehentlich Bemüht er um die Brille sich.

Er nimmt mit Freud' und Dankgefühl Die Brille von dem Besenstiel.

So triumphiert das brave Weib. - Die Wurst hat Tapp, der Hund, im Leib.

Wilhelm Busch

Diogenes und die bösen Buben von Korinth

Nachdenklich liegt in seiner Tonne Diogenes hier an der Sonne.

Ein Bube, der ihn liegen sah, Ruft seinen Freund; gleich ist er da.

Nun fangen die zwei Tropfen Am Fasse an zu klopfen.

Diogenes schaut aus dem Faß Und spricht: »Ei, ei, was soll denn das?«

Der Bube mit der Mütze Holt seine Wasserspritze.

Er spritzt durchs Spundloch in das Faß. Diogenes wird pudelnaß.

Kaum legt Diogenes sich nieder, So kommen die bösen Buben wieder.

Sie gehn ans Faß und schieben es; »Halt, halt!« schreit da Diogenes.

Ganz schwindlich wird der Brave. - Paßt auf! Jetzt kommt die Strafe.

Zwei Nägel, die am Fasse stecken, Fassen die Buben bei den Röcken.

Die bösen Buben weinen Und zappeln mit den Beinen.

Da hilft kein Weinen und kein Schrein, Sie müssen unters Faß hinein.

Die bösen Buben von Korinth Sind plattgewalzt, wie Kuchen sind.

Diogenes der Weise aber kroch ins Faß Und sprach: »Ja, ja, das kommt von das!!«

Wilhelm Busch

Eduards Traum

(1891)

Manche Menschen haben es leider so an sich, daß sie uns gern ihre Träume erzählen, die doch meist nichts weiter sind, als die zweifelhaften Belustigungen in der Kinder- und Bedientenstube des Gehirns, nachdem der Vater und Hausherr zu Bette gegangen. Aber »Alle Menschen, ausgenommen die Damen«, spricht der Weise, »sind mangelhaft!«

Dies möge uns ein pädagogischer Wink sein. Denn da wir insoweit alle nicht nur viele große Tugenden besitzen, sondern zugleich einige kleine Mängel, wodurch andere belästigt werden, so dürften wir vielleicht Grund haben zur Nachsicht gegen einen Mitbruder, der sich in ähnlicher Lage befindet.

Auch Freund Eduard, so gut er sonst war, hub an, wie folgt:

Die Uhr schlug zehn. Unser kleiner Emil war längst zu Bett gebracht. Elise erhob sich, gab mir einen Kuß und sprach:

»Gute Nacht, Eduard! Komm bald nach!« jedoch erst so gegen zwölf, nachdem ich, wie gewohnt, noch behaglich grübelnd ein wenig an den Grenzen des Unfaßbaren herumgeduselt, tat ich den letzten Zug aus dem Stummel der Havanna, nahm den letzten Schluck meines Abendtrunkes zu mir, stand auf, gähnte vernehmlich, denn ich war allein, und ging gleichfalls zur Ruhe.

Eine Weile noch, als ich dies getan, starrt ich, auf der linken Seite liegend, ins Licht der Kerze. Mit dem Schlage zwölf pustete ich's aus und legte mich auf den Rücken. Vor meinem inneren Auge, wie auf einem gewimmelten Tapetengrunde, stand das Bild der Flamme, die ich soeben gelöscht hatte. Ich betrachtete sie fest und aufmerksam. Und nun, ich weiß nicht wie, passierte mir etwas Sonderbares.

Mein Geist, meine Seele, oder wie man's nennen will, kurz, so ungefähr alles, was ich im Kopfe hatte, fing an sich zusammenzuziehn. Mein intellektuelles Ich wurde kleiner und kleiner. Erst wie eine mittelgroße Kartoffel, dann wie eine Schweizerpille, dann wie ein Stecknadelkopf, dann noch kleiner und immer noch kleiner, bis es nicht mehr ging. Ich war zum Punkt geworden.