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Plattformen wie BookTok oder BookTube sind aus der heutigen Lesecommunity gar nicht mehr wegzudenken. Millionen von Leserinnen und Lesern wählen ihr nächstes Buch nach den Empfehlungen auf solchen Plattformen, so dass Bücher wie „Fourth Wing“ von Rebecca Yarros oder „101 Essays, die dein Leben verändern werden“ von Brianna Wiest internationale Bestseller wurden – und dies sichtbar in den Regalen der Buchläden. Zu fragen ist: Sind diese Empfehlungen valide? Wie verändert sich das Leseverhalten? Welche Auswirkungen haben BookTok und BookTube auf den Literaturbetrieb und die Entstehung von Trends? Die 113. Ausgabe der allmende wird diesen Fragen auf den Grund gehen. Die allmende erscheint zweimal jährlich. Seit ihrer Gründung 1981 begleitet und dokumentiert sie das kulturelle, literarische und politische Geschehen. Über 100 Ausgaben sind digitalisiert, die kompletten Inhaltsverzeichnisse und über 2.000 Autor*innen sind einsehbar unter www.allmende-online.de.
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Seitenzahl: 69
Veröffentlichungsjahr: 2024
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„Wie sich also immer deutlicher zeigt, ist es genau diese nach außen getragene, mit anderen geteilte Leidenschaft fürs Lesen, diese Überidentifikation mit dem Geschriebenen, Gezeichneten, Animierten, auf das die kriselnde Buchbranche große Hoffnungen setzt.“1
In den letzten Jahren hat sich die Welt der Literatur stark verändert: Jugendliche und junge Erwachsene greifen plötzlich wieder zum Buch – und das, obwohl die Prognosen von sinkenden Buchverkäufen und einer allgemeinen Leseflaute ausgingen. Wie lässt sich dieser Wandel erklären? Wieso ist Lesen plötzlich wieder ,in‘?
Die Antwort: BookTok. Eine Nische des Social-Media-Netzwerks TikTok, das den meisten wahrscheinlich durch die viralen Tanzvideos ein Begriff ist. Stark beeinflusst durch den Beginn der Corona-Pandemie 2020 wuchs die Anzahl der Nutzer:innen BookToks drastisch an. Beiträgerin Ulrike Altig (Media Control) gibt Einblicke in die Zahlen hinter dem weltweiten Phänomen. Dabei zeigt sich nicht nur der steigende Einfluss BookToks auf die Leserschaft, sondern auch wie viele Bereiche der gesamten Literaturwelt betroffen sind. Content Creator:innen, Buchhandlungen, Verlage, Autor:innen – sie alle erleben den BookTok-Hype aus nächster Nähe.
Die auf BookTok aktiven Content Creator:innen finden und fördern Lesetrends und teilen diese mit ihrer Community. Verlage und Autor:innen passen sich diesen häufig an, können selbst auf der Plattform aktiv werden, für ihre Bücher werben und in den direkten Austausch mit der Leser:innenschaft gehen. Und auch Buchhandlungen zeigen aktuelle Trends aus dem Social-Media-Netzwerk visuell in ihren Regalen.
Auch betroffen ist die Literaturkritik. Erst kürzlich wurde die Formate ‚Lesenswert Quartett‘ und ‚Lesenswert‘ des SWR abgesetzt; damit wurden zwei bedeutende Formate eingestellt. Mit BookTok könnte eine neue Form der Literaturkritik entstehen, denn „[i]m Gegensatz zur Expertenkritik lockt BookTok mit einer partizipativen Dynamik: Jeder kann ein Video hochladen, Beiträge kommentieren, Challenges annehmen, Trends fortführen.“2 Die Folgen sind noch nicht absehbar, aber klar ist: BookTok bringt Veränderung und Schwung in die Branche. Ob alteingesessene Medien auf den Trend aufspringen können, bleibt abzuwarten.
In dieser Ausgabe der allmende tauchen wir tief in die genannten Bereiche ein, lassen Vertreter:innen sprechen und zeigen die aktuellen Entwicklungen mit Daten, Fakten und persönlichen Berichten. Was bedeutet BookTok für die Welt der Literatur, welche Auswirkungen zeigen sich, was sind positive oder auch negative Effekte?
Auch wir, die Literarische Gesellschaft, eine Institution der Literaturvermittlung, haben ein Auge auf die aktuellen Entwicklungen. Wir sind neugierig geworden auf dieses weltweite Phänomen und beobachten die Entwicklungen in der Literaturwelt.
Bedanken möchten wir uns bei Katharina Oberkalkofen, Isabell Gebhardt und Rebecca Engstler, deren Mitarbeit und Engagement unsere Arbeit konstruktiv begleitet haben.
Hansgeorg Schmidt-Bergmann
Matthias Walz
Judith Samp
Christina Will
1 Rüther, Tobias: Wie Verlage vom Lesehype bei BookTok profitieren. In: FAZ, https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/themen/wie-verlage-vom-lesehype-bei-booktok-profitieren-19589578.html, Datum des Zugriffs: 16.07.2024.
2 Marie-Luise Goldmann: Dramatisches Heulen und Schreien. In: WELT; https://www.welt.de/kultur/literarischewelt/article229514527/TikTok-Wie-weinende-Frauen-mit-BookTok-den-Buchmarkt-umkrempeln.html,Datum des Zugriffs: 15.07.2024.
allmende Nr. 113
Juli 2024 · 44. Jahr
Herausgegeben von Hansgeorg Schmidt-Bergmann
im Auftrag der Literarischen Gesellschaft, Karlsruhe
Redaktion
Hansgeorg Schmidt-Bergmann
Matthias Walz
Judith Samp
Christina Will
Literarische Gesellschaft
PrinzMaxPalais · Karlstr. 10
76133 Karlsruhe
Telefon: +49 (0) 721 133-4087
www.literaturmuseum.de
Verlag
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Bernburger Str. 2
06193 Halle (Saale)
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Preise
Einzelbezug 12,00 €/12,40 € (A)/16,80 sFr
Abobezug 10,00 €/10,80 € (A)/14,70 sFr
epub 9,49 € / 9,80 € (A) / 13,30 sFr
allmende erscheint 2 × jährlich
Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes bedarf der Zustimmung des Verlages.
Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernehmen wir keine Gewähr.
ISSN 0720-3098
Einzelbezug: ISBN 978-3-96311-959-0
Abobezug: ISBN 978-3-96311-960-6
epub: ISBN 978-3-96311-961-3
Bestseller-Regal in Washington: © MLO
Bücherregal mit Farbschnitten: © MLO
Junge Zielgruppen im Buchmarkt: © Börsenverein des Deutschen Buchhandels/Libri
BookTok Bestseller Sticker: © TikTok
BookTok Bestseller-Liste: © TikTok
Ulrike Altig: © privat
Schild BookTok Creator*in des Jahres: © TikTok Deutschland
Buchempfehlung ausgewählter BookTok-Creator:innen: © MLO
Tabea Grunert wird zur BookTok Creatorin des Jahres gekürt: © TikTok Deutschland
Tabea Grunert: © privat
Regnerische Reading-Scene: © Julia Lorberg
Romantisierung des Lesens: © Julia Lorberg
Bestseller-Regal im Thalia Karlsruhe: © MLO
Auswahl der Thalia-Lieblingsbücher: © MLO
Iris Grißtede: © Thalia
Der TikTok Book Award 2023: © TikTok Deutschland
Autorin Jana Crämer in Feierlaune: © TikTok Deutschland
Die Gewinnerinnen der BookTok Awards 2023: © TikTok Deutschland
Jana Crämer: © Eckard Albrecht
Kathinka Engel: © Diane von Schoen
Sarah Sprinz: © Sarah Sprinz
Josi Wismar: © Sarah Grund
Sven Stollfuß: © Peter Komarowski/Universität Leipzig, IfKMW
New Adult Poster: © MLO
Büchertisch mit aktuellen BookTok-Empfehlungen: © MLO
Felicitas Hoppe: © Ekko von Schwichow
Sofia Andruchowytsch: © Alexander Chekmenev
Jan-Philipp Reemtsma: © Stefanie Ritter
Saša Stanišic´: © Magnus Terhorst
Daniel Kehlmann: © Heike Steinweg
Jaroslav Rudiš: © Peter von Felbert
Dana Vowinckel: © Heike Steinweg / Suhrkamp Verlag
Lena Gorelik: © Charlotte Troll
Anne Applebaum: © Maciej Zienkiewicz
Tijan Sila: © Christian Wernert
Dank für die großzügige Unterstützung durch die Kulturstiftung der Sparkasse Karlsruhe und Prof. Dr. Matthias Siegmann
WIE BOOKTOK DIE LITERATURWELT VE RÄNDERT
Judith Samp, Christina Will und Isabell Gebhardt
BookTok – Eine Einführung
Ulrike Altig
Fragen – 5 Antworten
Tabea Grunert
Mein Alltag als Buchbloggerin Fragen – 5 Antworten
Rebecca Engstler
Lego ergo sum?
Iris Grißtede
Meine Eindrücke und Wahrnehmungen zu BookTok Fragen – 5 Antworten
Jana Crämer
Wie BookTok den Buchhandel revolutionierte – und mich zur BookTok-Autorin des Jahres 2023 machte
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Fragen – 5 Antworten
Sarah Sprinz
Fragen – 5 Antworten
Josi Wismar
Neue Wege durch BookTok
Sven Stollfuß
BookTok, Bookstragram & Co.: Effekte und Potenziale in der Buchbranche
Redaktion
BookTok-Empfehlungen
kurzform
CHRISTINA WILL, JUDITH SAMP, ISABELL GEBHARDT
BookTok: Eine Einführung
Als TikTok 2018 als Social-Media-Plattform bekannt wurde, hätte wahrscheinlich keiner gedacht, dass die in China entwickelte App ausgerechnet auf die westliche Literaturwelt einen solch revolutionären Einfluss haben würde. Die App, die 2014 unter dem Namen muscial.ly gestartet ist, ermöglichte zunächst vorrangig Teenager:innen gemeinsam mit Ikonen der Musikbranche und untereinander zu singen. Diesen Sommer (2024) nutzen monatlich rund 1,5 Mrd. Menschen TikTok und erzeugen dadurch mehr ‚traffic‘ als andere populäre Apps wie YouTube, Facebook, Instagram und Co.1 Aber was genau macht TikTok so beliebt?
Die App bietet ein globales Netzwerk, über das Inhalte in Form von kurzen, oft mit Musik unterlegten Videos von Menschen in fast allen Ländern geteilt werden können; in Indien und Afghanistan ist die Nutzung z. B. verboten. TikTok ist auf schnellen Konsum und ‚doom-scrolling‘, obsessives Scrollen, ausgelegt. Dabei werden die vor allem jungen Nutzer:innen durch den Algorithmus in verschiedenste Bereiche gelockt: Nischen-Interessen wie Pflanzen, Modelleisenbahnen, Handarbeit, aber auch Bücher können dort unter Hashtags wie #PlantTok, #Modelleisenbahn, #DIY und #BookTok besprochen werden.Weltweit wurden unter dem Hashtag #BookTok über 34 Mio. Beiträge veröffentlicht, unter #BookTokGermany über 361.300 und unter #BookClub 2,4 Mio. (Stand: 19.07.2024). Im Jahr 2023 wurden außerdem über 12 Mio. #BookTok Bücher in Deutschland verkauft, was eine Steigerung von 56 % im Vergleich zum Vorjahr ist.2 Innerhalb kürzester Zeit hat sich eine Community gebildet, die die Leidenschaft für das Lesen teilt und eine der am schnellsten Wachsenden der Plattform ist. Das rasante Wachstum lässt sich auch auf die Corona-Pandemie zurückführen, bei der vor allem junge Menschen online Kontakte gesucht und sich gegenseitig zum Lesen inspiriert haben. Es entstand ein globaler Lesezirkel. Vor allem die 15- bis 25-Jährigen nutzen die Plattform zum Austausch über das Lesen, für gegenseitige Empfehlungen und als einen Raum, der sich ganz ihren Hobbys und Interessen widmet.3 Oder wie Ulrike Altig von Media Control es ausdrückt: „Lesen ist wieder angesagt und ‚cool‘.“4
Das Bestseller-Regal am Flughafen Washington Dulles zeigt den globalen Hype der BookTok-Bestseller: Bücher wie die TikTok-gehypte ACOTAR-Reihe sind auch Übersee Verkaufsschlager.