Always have - Claire Kingsley - E-Book

Always have E-Book

Claire Kingsley

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Beschreibung

Kylie hat genug von unzähligen Dating Desastern und will sich endlich richtig verlieben. Aber kein Mann lässt ihr Herz so richtig höherschlagen. Außer Braxton. Er ist nicht nur ihr bester Freund, sondern auch ein unverbesserlicher Frauenheld – da sind Ärger und Verdruss vorprogrammiert. Niemals würde Kylie etwas mit ihm anfangen, auch, wenn er noch so charmant ist …

Braxton kann sich über Erfolg bei den Frauen nicht beschweren. Nur ist leider keine wie sie – Kylie, seine beste Freundin. Die Einzige, die er will, aber er kann es ihr nicht sagen. Also bleibt er ihr Freund und beobachtet, wie sie sich mit anderen Männern verabredet, immer voll Sorge, dass der nächste Mann ihr Herz für immer gewinnt.

Kylie zu lieben, setzt ihre Freundschaft aufs Spiel. Sie zu verlieren, könnte mehr sein, als Braxton ertragen kann.

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Liebe Leserin, lieber Leser,

Danke, dass Sie sich für einen Titel von »more – Immer mit Liebe« entschieden haben.

Unsere Bücher suchen wir mit sehr viel Liebe, Leidenschaft und Begeisterung aus und hoffen, dass sie Ihnen ein Lächeln ins Gesicht zaubern und Freude im Herzen bringen.

Wir wünschen viel Vergnügen.

Ihr »more – Immer mit Liebe« –Team

Über das Buch

Kylie hat genug von unzähligen Dating Desastern und will sich endlich richtig verlieben. Aber kein Mann lässt ihr Herz so richtig höherschlagen. Außer Braxton. Er ist nicht nur ihr bester Freund, sondern auch ein unverbesserlicher Frauenheld – da sind Ärger und Verdruss vorprogrammiert. Niemals würde Kylie etwas mit ihm anfangen, auch, wenn er noch so charmant ist …

Braxton kann sich über Erfolg bei den Frauen nicht beschweren. Nur ist leider keine wie sie – Kylie, seine beste Freundin. Die Einzige, die er will, aber er kann es ihr nicht sagen. Also bleibt er ihr Freund und beobachtet, wie sie sich mit anderen Männern verabredet, immer voll Sorge, dass der nächste Mann ihr Herz für immer gewinnt.

Kylie zu lieben, setzt ihre Freundschaft aufs Spiel. Sie zu verlieren, könnte mehr sein, als Braxton ertragen kann.

Über Anne Labus

Claire Kingsley schreibt Liebesgeschichten mit starken, eigensinnigen Frauen, sexy Helden und großen Gefühlen. Ein Leben ohne Kaffee, E-Reader und neu erfundene Geschichten ist für sie nicht vorstellbar. Claire Kingsley lebt mit ihrer Familie im pazifischen Nordwesten der USA.

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Claire Kingsley

Always have

Aus dem Amerikanischen von Anna Wichmann

Übersicht

Cover

Titel

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Titelinformationen

Informationen zum Buch

Newsletter

1: Kylie

2: Braxton

3 : Kylie

4: Braxton

5: Kylie

6: Kylie

7: Braxton

8: Kylie

9: Kylie

10: Braxton

11: Kylie

12: Braxton

13: Kylie

14: Braxton

15: Kylie

16: Kylie

17: Braxton

18: Braxton

19: Kylie

20: Braxton

21: Kylie

22: Braxton

23: Kylie

24: Braxton

25: Kylie

26: Braxton

27: Kylie

28: Braxton

29: Braxton

30: Kylie

Epilog: Kylie

Nachwort

Impressum

Lust auf more?

1

Kylie

Es ist zehn Minuten vor Mitternacht, und ich habe keine Ahnung, wo mein Date steckt.

Das ist das Problem, wenn dich deine beste Freundin ausgerechnet auf einer Silvesterparty verkuppeln will. Zum Jahreswechsel hat wirklich jeder eine Verabredung, und alle erwarten von dir, dass du jemanden hast, den du um Mitternacht küssen kannst. Ich bin umgeben von Paaren, die trinken, sich unterhalten und einander küssen, um in vermeintlich unbeobachteten Momenten die Hände an Stellen wandern zu lassen, an denen sie in der Öffentlichkeit nichts zu suchen haben. Aber ich lehne mich an die Kücheninsel im Haus meiner besten Freundin Selene und gebe wahrscheinlich keine gute Figur ab, während ich den Blick über die Partygäste schweifen lasse auf der Suche nach … Wie hieß er noch gleich?

Steven. Genau, Steven.

Eigentlich hatte alles ganz gut angefangen. Er sah gut aus in seinem blauen Pullover und den Jeans. Kantiges, glatt rasiertes Kinn. Alles in allem kein übler Typ. Ich habe mich heute für ein schwarzes Minikleid und dazu phantastische rote High Heels entschieden. Warum auch nicht, schließlich gibt es etwas zu feiern, und meine roten Schuhe sind heiß. Das dunkle Haar trage ich offen und gewellt, weil ich mich damit sexy fühle, und ich glaube, ich habe endlich den Smokey-Eyes-Look so hingekriegt, dass ich nicht aussehe, als hätte ich ein Veilchen. Als Selene uns einander vorgestellt hat, ließ Steven den Blick über meinen Körper wandern, und ihm schien zu gefallen, was er sah. Wir haben uns Drinks geholt und uns ein wenig unbeholfen unterhalten – wie man das nun mal so tut, wenn beide Parteien miteinander verkuppelt werden sollen und nicht genau wissen, ob es eine gute Idee war, der Sache zuzustimmen.

Nach zwei Drinks beugte er sich vor und mir fiel auf, dass er wirklich gut roch. Dann teilte er mir mit, dass er Buchhalter ist, und ich hätte mich beinahe an meinem Bier verschluckt. Selene will mir einen Buchhalter andrehen? Andererseits habe ich ihr erst kürzlich mitgeteilt, dass ich damit aufhören muss, mich mit den falschen Kerlen einzulassen. Heiße Typen mit sensationellen Bauchmuskeln, die wahre Hengste im Bett sind, sorgen zwar für ordentlich Spaß, gehören jedoch nicht zu den Männern, die man mit nach Hause nimmt, um sie seinem Vater vorzustellen. So ungern ich es zugebe, ich bin keine zwanzig mehr – verdammt, nicht mal mehr Mitte zwanzig, und die Dreißig rückt unaufhaltsam näher. Vielleicht ist es an der Zeit, erwachsen zu werden und damit aufzuhören, bösen Jungs mit Superschwänzen hinterherzuhecheln, und ich sollte mir stattdessen jemanden suchen, der verantwortungsbewusst ist. Und reif. Tatsächlich ist das einer meiner guten Vorsätze fürs neue Jahr.

Steven passte gut in dieses Schema, aber je länger ich mich mit ihm unterhielt, desto mehr merkte ich, dass ich rein gar nichts für ihn empfand. Ich verspürte nicht das geringste Verlangen, ihm näherzukommen und ihn versehentlich-absichtlich zu berühren. Auch die Versuchung, das Kinn zu heben und mir die Lippen zu lecken, um seine Aufmerksamkeit auf meinen Mund zu lenken, stellte sich nicht ein, ebenso wenig wie die Suche nach Ausreden, um eine Hand auf seinen Arm zu legen.

Ehrlich gesagt war mir vor allem langweilig.

Was natürlich keine Entschuldigung dafür ist, dass er einfach kurz vor Mitternacht verschwindet und mich mir selbst überlässt.

Die Musik wummert aus den Lautsprechern; vor vielleicht einer Stunde wurde das Wohnzimmer zur Tanzfläche umgewandelt. Dort entdecke ich Selene, die mit ihrem Freund Nathan zu einem schnellen Lied mit gutem Beat tanzt, aber die beiden verhalten sich wie zwei Teenager auf der Abschlussparty und bewegen sich langsam und so, als wären sie allein. Ich freue mich für Selene. Anfangs war ich mir bei Nathan nicht sicher. Er kam mir zu sehr wie ein Bad Boy vor – also genau Selenes Typ, was nicht immer etwas Gutes ist –, doch inzwischen halte ich ihn für einen netten Kerl.

Selene und ich sind seit unserer Kindheit beste Freundinnen; mein Vater war der Anwalt ihrer Familie. Sie und ihr Zwillingsbruder Braxton haben ihre Eltern mit gerade mal zehn Jahren verloren, und mein Vater verwaltete danach treuhänderisch den Besitz und das beachtliche elterliche Vermögen. So verbrachte ich viel Zeit damit, das große Haus zu erkunden, und zu dritt stellten wir allerlei Unsinn an. Wir haben uns im Laufe der Jahre nie auseinandergelebt und sind heute sogar enger befreundet als damals, als wir noch Kinder mit ewig verschorften Knien waren.

Abermals lasse ich den Blick auf der Suche nach Steven über die Menge schweifen und entdecke dabei Hope, die aussieht, als würde sie mir am liebsten an die Gurgel gehen. Hope ist Braxtons Freundin, und sie hasst mich mit einer Leidenschaft, die ich durch den ganzen Raum spüre. Ich tue so, als hätte ich sie nicht bemerkt. Sie verabscheut mich seit unserer ersten Begegnung vor etwa einem Monat. Ihr Zorn berührt mich jedoch nicht im Geringsten. Schließlich reden wir hier von Braxton, dessen Beziehungen nie lange halten. Sein Jagdinstinkt ist viel zu ausgeprägt, als dass er sich dauerhaft mit jemandem einlassen könnte.

Ich gebe Hope noch einen Monat, vielleicht zwei, wenn sie ihm regelmäßig einen bläst.

Jedenfalls habe ich keine Ahnung, warum sie ausgerechnet mich derart verabscheut – schließlich sind Braxton und ich nur beste Freunde. Vielleicht geht sie davon aus, wir wären Freunde mit gewissen Vorzügen, aber so war es nie zwischen mir und Brax. Wir haben nie auch nur geknutscht. Das ist eine der wichtigsten Säulen unserer Freundschaft – der Grund, warum dieses Mann-Frau-Freunde-Ding überhaupt funktioniert, obwohl Braxton den Eindruck erweckt, er würde am liebsten mit der Hälfte aller Frauen in Seattle ins Bett gehen. Aber wir beide haben diese Grenze nie überschritten.

Nicht, dass ich nie darüber nachgedacht hätte. Braxton ist nicht der Typ Mann, in dessen Nähe man sich lange aufhält, ohne sich irgendwann zu fragen, wie es wohl wäre, ihn zu küssen. Oder mit ihm zu schlafen. Denn wenn es einen Mann auf dieser Welt gibt, der absolut fickbar ist, dann ist das Braxton Taylor.

Aber das überlasse ich dem stetigen Strom an Frauen, die in seinem Leben auf- und wieder abtauchen. Ich bleibe lieber in der Friendzone.

Selene und Nathan verlassen die provisorische Tanzfläche. Selenes Haus ist unglaublich. Sie lebt noch immer in dem Gebäude, in dem sie und Braxton aufgewachsen sind, einer gottverdammten Villa in Phinney Ridge. Braxton bestand darauf, dass sie das Anwesen behält, und hat sich nach dem College eine Wohnung im nahen Greenwood gekauft. Von außen sieht das Haus unauffällig aus – wie eines dieser magischen Harry-Potter-Zelte. Von der Straße betrachtet wirkt es ganz normal, aber wenn man es betritt, raubt es einem den Atem. Sechs Schlafzimmer, ein riesiger Wohn-, Ess- und Küchenbereich mit hohen Decken, ein altmodisches Arbeitszimmer und eine tolle Aussicht aus dem ersten Stock. Braxton und ich wohnen zwar nicht hier, aber unsere alten Zimmer aus Collegezeiten haben wir bis heute behalten. Selene wollte immer, dass ich zu ihr ziehe, weil das Haus viel zu groß für eine Person ist, aber ich lebe lieber allein. Außerdem fühlt es sich nicht richtig an, mich einfach von ihr aushalten zu lassen, obwohl beide Geschwister weiß Gott mehr als genug Geld haben. Meine Wohnung liegt etwa zehn Minuten entfernt, aber wenn es sich anbietet, übernachte ich hier. Heute zum Beispiel – obwohl es leider so aussieht, als müsste ich allein schlafen.

Selene stellt sich neben mich, während Nathan am Tresen Drinks zubereitet.

»Super Party, was?«, fragt sie. »Wo ist Steven?«

Sie sieht toll aus in ihrem schimmernden goldfarbenen Top, dem schwarzen Rock und dem hochgesteckten braunen Haar. Ihre Figur ist die eines Victoria’s-Secret-Models – groß und schlank, ohne dass sie dafür hungern muss, samt einer phantastischen Oberweite.

»Keine Ahnung«, antworte ich. »Vielleicht ist er auf die Toilette gegangen.«

»Dann solltest du ihn lieber suchen«, rät mir Selene. »Es ist fast Mitternacht.«

Jemand schaltet den Fernseher für den Neujahrscountdown ein. Nathan reicht Selene ihren Drink, und sie verschwinden wieder in der Menge.

Ich beschließe, eine Runde zu drehen, um nach meinem Date zu suchen. Der Typ könnte doch wenigstens dafür sorgen, dass ich nicht als Einzige auf dieser Party das neue Jahr allein einläuten muss. Wir müssen ja nicht knutschen, aber es wäre schön, wenigstens jemanden zum Anstoßen zu haben. Er hat mir nicht einmal gesagt, wo er hinwill, sondern nur Bin gleich zurück gemurmelt. Aber das ist jetzt mindestens zehn Minuten her.

Zwischen den Tanzenden kann ich ihn nicht entdecken, und an den im Esszimmer aufgebauten Snacks steht er auch nicht. Das Badezimmer im Erdgeschoss ist leer, bis sich eine Frau vor mich drängelt, eilig hineinhuscht und die Tür schließt. Die Tür zum Arbeitszimmer ist geschlossen – Selene möchte nicht, dass es jemand betritt –, aber ich sehe zur Sicherheit trotzdem mal nach. Ebenfalls leer. Ich werfe sogar einen Blick in mein Schlafzimmer, das nicht weit von der Küche entfernt liegt, aber dort ist auch niemand.

Im Eingangsbereich stoße ich auf ein Pärchen, das eng umschlungen neben der Garderobe herumknutscht, aber keiner der beiden ist Steven. Ich weiß zwar nicht, warum er nach oben gegangen sein sollte, trotzdem beschließe ich, dort nachzusehen. Die breite Treppe führt zu einer Balustrade. Ich werfe einen prüfenden Blick von oben hinab, kann ihn jedoch nirgends entdecken.

Die Musik ist hier oben nur gedämpft zu hören, weshalb mir ein leises Stöhnen ins Ohr dringt. Na toll, stolpere ich etwa gleich über irgendwen, der mitten auf dem Flur Sex hat? Was ist das hier, eine verdammte Collegeparty? Es ist dunkel, aber ich gehe weiter und erkenne tatsächlich jemanden – genauer gesagt zwei Personen. Der Typ steht vor seiner gegen die Wand gepressten Partnerin und hat eine Hand unter ihrem T-Shirt. Sie kichert, während er ihr den Hals küsst.

Ich will sie nicht stören und bin im Begriff, mich abzuwenden, als ich seinen Pullover erkenne. Trug Steven nicht einen blauen? Es ist zu dunkel, um die Farbe zu erkennen, aber …

Er dreht den Kopf weit genug, dass ich sein Gesicht erkennen kann. Es ist definitiv Steven.

Rasch drehe ich mich um und verschwinde auf Zehenspitzen, damit sie mich nicht bemerken. Verdammt. Natürlich macht ausgerechnet mein Date auf der Neujahrsparty mit einer anderen rum. Das fasst mein Liebesleben ziemlich gut zusammen.

So viel zum verantwortungsbewussten, reifen Buchhalter.

Ich gehe wieder nach unten und überlege, mich in mein Zimmer zu verziehen. Wenn Selene mich sieht, wird sie nach Steven fragen, und ich will ihr nicht den Abend verderben, indem ich ihr verrate, was passiert ist. Später ist noch genug Zeit für Schuldgefühle, weil sie mich mit einem Arschloch verkuppeln wollte. Der heutige Abend gehört ihr, und ich will ihr nicht die Party ruinieren.

Leise schlüpfe ich in die Küche, um mir noch ein Bier zu holen, halte dann jedoch kurz inne, ehe ich mich anders entscheide. Ich nehme mir einen Plastikbecher und mische aus dem Stegreif einen Cocktail zusammen. Zwei Wodka-Shots auf Eis – vielleicht auch ein bisschen mehr, dazu Cranberrysaft aus dem Kühlschrank. Voilà. Der Drink kann mir Gesellschaft leisten, während ich mir die fröhlichen Menschen da draußen anhöre, deren neues Jahr deutlich besser anfängt.

»Hey, Ky«, sagt eine raue Stimme hinter mir. »Wo willst du denn hin?«

»Hey, Braxton.«

Selenes Zwilling sieht seiner Schwester sehr ähnlich. Sie haben die gleichen dunklen Augen, dieselbe olivfarbene Haut, das dunkle Haar. Aber während Selene groß und schlank ist – mit ihren eins achtzig wie eine verdammte Amazonenkriegerin –, besteht Braxtons Körper aus ein Meter dreiundneunzig purer Muskelmasse.

Er beäugt mich kritisch. »Wo steckt dein … ähm, Date?«

»Der hat eine andere gefunden.«

Braxtons Gesichtsausdruck verfinstert sich. »Im Ernst?«

»Ja«, gebe ich schulterzuckend zurück. Obwohl ich kein Interesse an Steven hatte, schmerzt es, einfach abserviert zu werden. Aber ich will nicht, dass Braxton das weiß. »Macht aber nichts. Er war sowieso ein Langweiler.«

Braxton rückt ein wenig näher, und sein Duft steigt mir in die Nase. Ganz ehrlich, das Aftershave dieses Mannes müsste Weiche Knie heißen. Wenn er in meiner Nähe ist, bekomme ich regelmäßig Schmetterlinge im Bauch und brauche immer eine oder zwei Minuten, bis ich mich gefangen habe. Kein Wunder, dass er so gut wie jede Frau rumkriegt.

»Er hat dich kurz vor Mitternacht alleingelassen?«

»Ja, aber das ist schon okay.«

Ich sehe mich auf der Suche nach Hope um, kann sie jedoch nirgends entdecken. Fast hätte ich Braxton gefragt, wie lange ich ihre mörderischen Blicke noch ertragen muss, aber ich lasse es gut sein. Das würde unserer unausgesprochenen Abmachung widersprechen, der anderen Säule, auf der unsere Freundschaft beruht: Wir sprechen nicht über unsere Beziehungen, insbesondere dann nicht, wenn wir die Person nicht leiden können, mit der der jeweils andere zusammen ist. Was so ziemlich immer der Fall ist. Wenn eine Beziehung endet, ist die Abmachung null und nichtig, und dann wird ausgepackt. Aber vorher ist dieses Thema tabu.

Irgendwie hat sich das so entwickelt, weil die Menschen, mit denen wir zusammen sind, unsere Freundschaft nicht verstehen. Hope ist nicht die Einzige. Keiner stört sich an Selene. Ganz im Gegenteil – Braxtons Eroberungen wollen sie beeindrucken und ihre beste Freundin werden. Meine Freunde nehmen ihre Schönheit zur Kenntnis und versuchen, ihr Starren zu verbergen, aber es stört sie nicht, wenn ich Zeit mit ihr verbringe. Aber Brax ist stets eine Bedrohung, genau wie ich.

Ich weiß nicht, warum seine Freundinnen mich so sehen. Die Frauen, mit denen er zusammen ist, sehen eher aus wie Selene als wie ich – sie sind groß, haben Modelmaße, tolle Klamotten und perfekt sitzende Frisuren. Ich bin bloß … ich. Dabei bin ich durchaus zufrieden mit meinem Aussehen, aber auf Zeitschriftentiteln wird man mich nie zu sehen bekommen. Ich bin durchschnittlich groß und in letzter Zeit ein wenig zu rundlich für meinen Geschmack (erwähnte ich schon, dass ich keine zwanzig mehr bin?). Meine Oberweite ist ganz ansehnlich, aber ich bin nicht umwerfend schön oder etwas in der Art.

Aber Braxton? Da kann ich die Vorbehalte durchaus nachvollziehen. Ich mache keinem der Typen, mit denen ich ausgehe, einen Vorwurf, weil ihnen unsere Freundschaft unangenehm ist. Braxton ist groß und stark, und zwar nicht nur körperlich. Er ist einer dieser Menschen, die mühelos jeden Raum beherrschen, sobald sie hereinkommen. Seine Persönlichkeit ist so beachtlich wie sein Bizeps – vielleicht sogar größer.

Und er ist verdammt umwerfend. Das gebe ich ganz offen zu, auch wenn ich es ihm gegenüber niemals erwähnen würde. Er hat ein ausgeprägtes Kinn, das immer von Bartstoppeln bedeckt ist. Seine Augen sind so dunkel, dass sie fast schwarz erscheinen, und wenn er dich ansieht, ist es, als könnte er in deine Seele blicken. Sein Körper ist genau richtig trainiert – groß und stark, aber ohne wie ein aufgeblasener Idiot auszusehen. Den linken Arm zieren mehrere wunderschöne Tattoos, die seinem Image als Bad Boy außerordentlich zuträglich sind. Bewundernde Blicke von Frauen folgen ihm, wo immer er hingeht, und das weiß er ganz genau. Frauen sind wie Wachs in seinen Händen.

Ich gehöre selbstverständlich nicht dazu.

Meistens jedenfalls.

»Das ist doch Scheiße«, schimpft er. »Du solltest das neue Jahr nicht einläuten, ohne dass jemand deine süßen Lippen küsst.«

Hope ist garantiert nicht in der Nähe, und Braxton ist eindeutig betrunken.

Lächelnd nehme ich einen Schluck von meinem Drink, damit er aufhört, meinen Mund anzustarren. Ich kann es nicht leiden, wenn er mich so ansieht, denn dann kann ich irgendwie nicht mehr richtig atmen. »Das ist wirklich nicht weiter wild«, beschwichtige ich ihn. »Ich komme schon klar. Ist sowieso ein blöder Feiertag. Ich meine, wen kümmert’s, dass wir einen neuen Kalender anfangen? Ist ja nicht so, als müsste ein neues Jahr irgendetwas bedeuten.«

Eine Lüge nach der anderen. Ich hatte mich schon den ganzen Monat auf diesen Abend gefreut und mir eingebildet, das kommende Jahr würde anders werden. Schließlich habe ich vor, mich zusammenzureißen und endlich so zu leben, wie ich es will. Mir Ziele setzen. Einen besseren Job finden. Dinge erreichen, auf die ich stolz sein kann. Vielleicht sogar die Liebe finden – die richtige Liebe, die eine Zukunft hat, statt ein Rendezvous nach dem anderen mit all den Spielchen und Unsicherheiten ertragen zu müssen.

Ich wollte es zu einem Jahr der Veränderungen machen. Zu einem Jahr, in dem ich endlich herausfinde, was ich will. Was vermutlich der Grund dafür ist, warum mir aufgrund der Tatsache, dass ich gerade drauf und dran war, mich in meinem Zimmer zu verkriechen, um das Jahr in Gesellschaft eines starken Drinks einzuläuten, die Tränen kommen.

Jemand ruft: »Noch eine Minute!«

Braxton rückt näher. »Brauchst du jemanden, der dich heute Abend küsst, Ky?«

Ich lache unwillkürlich auf. »Wieso, willst du das etwa übernehmen?«

Er sieht mir tief in die Augen, und für einen Moment glaube ich glatt, dass er es ernst meint. Mein Lächeln verblasst, und mein Herz schlägt zu schnell.

»Da bist du ja«, säuselt Hope und legt die Hand auf Braxtons Arm. »Es ist gleich so weit.«

Mit einem schelmischen Funkeln in den Augen rückt er von mir ab. Natürlich war das nicht ernst gemeint. Ich stoße die Luft aus und merke erst jetzt, dass ich den Atem angehalten habe.

»Komm schon, Süßer«, fordert Hope ihn auf und versucht, ihn aus der Küche zu ziehen. Sie starrt mich mit zusammengekniffenen Augen an, aber kaum wendet Braxton sich ihr zu, werden ihre Gesichtszüge sanfter.

Die Partygäste beginnen den Countdown. »Zehn … neun … acht …«

Ich sehe Braxton hinterher, während Hope ihn mit sich zerrt. Er dreht sich zu ihr um und legt ihr einen Arm um die Taille, als sie zu ihm hochschaut und in Erwartung seines Kusses die Lippen spitzt. Die anderen Gäste finden sich ebenfalls zu Paaren zusammen. Auf der anderen Seite des Raums küssen sich Selene und Nathan längst leidenschaftlich.

»Sechs … fünf … vier …«

Ich will mir das auf keinen Fall ansehen. Den Becher fest umklammert laufe ich zu meinem Zimmer und schleiche mich hinein. Ich lehne mich gerade mit dem Rücken an die Tür, als ich höre: »Eins!«

Jubel. Lärm. Lachen und Gejohle. Braxton küsst garantiert gerade Hope, bevor er sie sich über die Schulter wirft und nach oben in sein Zimmer trägt. Wahrscheinlich komme ich morgen beim Frühstück wieder in den Genuss ihrer hasserfüllten Blicke. Vielleicht stehe ich einfach früh auf und gehe nach Hause, ehe Braxton und Selene aufwachen. Ich habe keine Lust, mich mit Leuten zu umgeben, die in der Nacht ihren Spaß hatten, während mir nur mein guter Freund namens Wodka Gesellschaft leistet.

Ich stelle den Drink auf dem Nachttisch ab und lasse mich aufs Bett fallen. So sehr ich mir wünsche, dass dieses Jahr besser wird als das letzte – dieser Anfang lässt eher vermuten, dass es haargenau so weitergehen wird wie bisher.

2

Braxton

Das Telefon vibriert in meiner Hand, und ich lächle, als ich sehe, dass die Nachricht von Kylie ist.

Du hast bestimmt schon was vor, aber falls nicht: Wie wäre es mit einem Date-freien Dinner zu dritt am Valentinstag? Bist du dabei?

Klingt perfekt. Vor ein paar Tagen habe ich mich von Hope getrennt, was sie alles andere als gut aufgenommen hat. Es war wohl nicht gerade nett von mir, so kurz vor dem Valentinstag mit ihr Schluss zu machen. Sie hat mich angeschrien, mir eine gescheuert und eine Menge Glasscherben zum Wegfegen hinterlassen, ehe sie endlich ging.

Hope hat echt Feuer, das hat mir anfangs sogar besonders an ihr gefallen. Jetzt habe ich mal die Kehrseite davon zu spüren bekommen. Jedenfalls wird sie auch ohne mich klarkommen. Sie ist brandheiß und hat ohnehin etwas Besseres als ein Arschloch wie mich verdient.

Ich antworte auf Kylies Nachricht und bemerke dabei, dass es eine ganze Weile her ist, seit ich mit ihr Nachrichten austauschen konnte, ohne das Telefon so zu halten, dass meine eifersüchtige Freundin nicht sehen kann, mit wem ich da schreibe.

Klar bin ich dabei, Baby Girl.

Es ist eine richtige Erleichterung, endlich wieder schamlos mit Kylie flirten zu können. Sie ist einer der Gründe, warum ich mit Hope Schluss gemacht habe, obwohl ich das keiner der beiden gegenüber zugeben würde. Ich wusste, dass Hope Kylie nicht leiden konnte. Sie dachte, sie könnte ihre mörderischen Blicke vor mir verbergen, aber ich bin nicht blind. Es ging mir tierisch auf die Nerven. Wenn eine Frau meine Freundschaft mit Kylie nicht verkraftet, muss sie eben verschwinden. Eine Weile habe ich Hopes Eifersucht ertragen, weil es auch einige überzeugende Argumente gab, die für sie sprachen, aber irgendwann reichten die nicht mehr aus.

Nicht dass ich ihr Vorwürfe mache. Es ist nicht leicht, mit einem Mann zusammen zu sein, der eng mit einer anderen Frau befreundet ist. Besonders, wenn es sich bei besagter Frau um Kylie handelt. Sie ist schlichtweg hinreißend. Kylie ist eine dieser Frauen, die keine Ahnung haben, wie schön sie sind, und das macht sie noch begehrenswerter. Sie ist im Vergleich zu mir und Selene eher klein, hat tintenschwarzes Haar und faszinierende blaugraue Augen, einen knackigen runden Hintern und prächtige Brüste.

O ja, ihr Hintern und ihre Brüste fallen mir durchaus auf. Natürlich. Ich bin schließlich ein Mann, okay?

Unter normalen Umständen ist mir der Valentinstag egal, aber die Aussicht darauf, ungestört von Freunden oder Dates mit meiner Schwester und Kylie abzuhängen, versetzt mich in glänzende Stimmung. Ich frage mich, warum Selene nicht mit diesem Nathan ausgeht, aber das werde ich spätestens heute Abend erfahren. Sie werden sich wohl kaum getrennt haben, denn davon hätte ich erfahren. Ich beschließe, beiden Blumen mitzubringen, denn darüber werden sie sich bestimmt freuen.

Ich treffe mich mit meinen Mädels in einem Thai-Restaurant in der Nähe meiner Wohnung. Schlendernd nähere ich mich ihrem Tisch, in den Händen zwei riesige, in weißes Papier gewickelte Rosensträuße – rosa für Selene, rot für Ky. Selene sieht mich zuerst, und ihre Miene hellt sich sofort auf.

»Ladys«, begrüße ich die beiden mit breitem Grinsen und reiche ihnen die Blumen.

»Oh«, macht Selene und nimmt ihren Strauß entgegen, um daran zu riechen. »Du bist der Beste, großer Bruder.«

Wir sind Zwillinge, aber ich bin drei Minuten älter.

»Und die sind für dich.« Ich überreiche Kylie die roten Rosen.

Kylies Gesichtsausdruck ist sehr viel skeptischer als der meiner Schwester, als sie den Strauß in Empfang nimmt. »Was hat das zu bedeuten?«

»Na ja, es ist doch Valentinstag«, antworte ich. »Ich wollte nur sichergehen, dass meine Mädels auch Blumen bekommen.«

Sie sitzen auf derselben Seite des Tisches, also nehme ich ihnen gegenüber Platz.

»Wie kommt es, dass wir heute alle ohne Verabredung sind?«, erkundigt sich Kylie.

»Nathan ist aus beruflichen Gründen nicht in der Stadt«, erklärt Selene. »Zuerst war ich deswegen echt deprimiert, aber das hier ist eine prima Alternative.«

Kylie mustert mich wortlos. Sie fragt nicht, sondern wartet ab, bis ich ihr von allein mitteile, warum ich heute Abend nicht mit Hope ausgehe. So ist das bei uns. Wir reden nicht über unsere Beziehungen.

»Hope und ich haben uns getrennt«, erkläre ich achselzuckend.

»Das ist ja schade«, erwidert Selene.

Kylie zieht eine Augenbraue hoch. »Ist das dein Ernst?«

»Ach, komm schon, Ky«, meint Selene. »Hope war doch ganz in Ordnung.«

»Sie hat mich verabscheut«, gibt Kylie zurück.

Bei ihren Worten zieht sich mein Magen zusammen. Es ist ihr also aufgefallen. Verdammt, das ärgert mich. »Tja, jetzt ist es jedenfalls vorbei. Also können wir unser Singledasein heute gemeinsam feiern.«

»Nur zu, ihr zwei«, wirft Selene mit einem süffisanten Grinsen ein. »Ich bin momentan ein sehr glücklicher Nicht-Single.«

»Ich mag Nathan«, sagt Kylie. »Anfangs hielt ich ihn für arrogant, aber eigentlich ist er ganz witzig. Es freut mich sehr, dass es bei euch beiden so gut läuft.«

Selene lächelt, und mir geht das Herz auf. Es gibt für mich nichts Schöneres, als meine Schwester so glücklich zu sehen. Ich hoffe nur, Nathan vermasselt es nicht, sonst muss ich ihm die Nase brechen.

Die Kellnerin kommt mit unseren Bestellungen und stellt dampfende Teller vor uns ab.

»Knuspriges Knoblauchhähnchen mit sautiertem Basilikum, fünf Sterne«, erklärt Kylie und zeigt auf mein Gericht. »Ich habe für dich mitbestellt.«

»Danke, Ky.« Schon allein der Duft brennt mir in der Nase. Ich liebe thailändisches Essen, und in diesem Restaurant ist das knusprige Knoblauchhähnchen eins meiner Lieblingsgerichte. Kylie kennt mich gut.

Wir widmen uns den Speisen. Selene hat irgendein Gemüsegericht bestellt, das ganz okay aussieht, aber auf Kylies Teller liegt ein Hähnchengericht mit Kokoscurrysauce, das für mich hier gleich an zweiter Stelle kommt. Ich stibitze einen Happen von ihrem Teller – genau die richtige Mischung aus Schärfe und Geschmack.

»Der Koch hat heute nicht mit den Gewürzen gegeizt«, stelle ich fest.

Kylie nimmt eine Kostprobe von meinem Teller und brummt zustimmend.

»Na, dann erzähl uns doch mal von dem Kerl, den du unter Vertrag nehmen willst«, fordert mich Selene auf.

»Derek Marshall? Ach, der unterschreibt auf jeden Fall«, erwidere ich. Ich bin Personal Trainer und habe mich auf College-Athleten und Profis spezialisiert. Mein potenzieller Klient ist Receiver bei den Seahawks. In der letzten Saison wäre er beinahe verkauft worden, weshalb er sich jetzt verbessern will, und genau da komme ich ins Spiel. »Er weiß, dass ich der Beste bin. Sein Manager steigt ihm deswegen zwar aufs Dach, aber der wird sich schon beruhigen.«

»Was kümmert es seinen Manager, wer ihn außerhalb der Saison trainiert?«, hakt Selene nach.

»Was weiß ich«, antworte ich. »Vielleicht kriegt er Schmiergeld vom aktuellen Trainer und weiß, dass ich unbestechlich bin.«

Einen Seahawk als Klienten zu gewinnen, besonders einen so bekannten wie Derek Marshall, ist gut für mein Portfolio. Ich habe viele Klienten in anderen Profisportarten – vor allem Football und Baseball. Aber Football mag ich am liebsten, weshalb ich gern mehr Spieler trainieren würde. Früher wollte ich selbst als Footballspieler Karriere machen, aber mit achtzehn hatte ich einen Motorradunfall, und damit war der Traum ausgeträumt.

Kylies Handy pingt, und sie holt es aus der Handtasche. Ein leises Lächeln zeichnet sich auf ihrem Gesicht ab, als sie die Nachricht liest.

»Was ist?«, will Selene wissen.

»Erinnerst du dich an den Typen, mit dem ich vor ungefähr einer Woche ausgegangen bin?«, fragt sie.

»Du meinst den, der erst so toll war und sich dann nach dem ersten Date nicht mehr gemeldet hat?« Selene klingt so skeptisch, wie ich mich fühle. Wenn der Typ Kylie ignoriert, sollte sie ihn verdammt nochmal ebenfalls ignorieren.

»Ja, aber er schreibt, er hätte nicht anrufen können, weil er wegen eines familiären Notfalls nicht in der Stadt war«, erklärt Kylie und lächelt abermals. »Er hat sich entschuldigt und fragt, ob wir uns dieses Wochenende sehen können.«

Ich bemühe mich um einen neutralen Gesichtsausdruck. Meiner Meinung bindet der Typ ihr einen Bären auf, aber ich sage nichts. Familiärer Notfall, ja, klar.

»Und? Sagst du zu?«, will Selene wissen.

»Ja.« Kylie tippt bereits eine Antwort. »Wir haben uns gut amüsiert, und er war eindeutig fickbar. Ich möchte herausfinden, wohin das führt.«

Mein Rücken spannt sich wie von selbst an und ich lasse beinahe die Gabel fallen, als sie fickbar sagt. Ich hasse diesen Kerl jetzt schon. Auch wenn ich ihn nicht kenne, würde ich ihm am liebsten auf der Stelle die Fresse polieren.

Sie legt das Handy weg, und das Lächeln umspielt weiterhin ihre Lippen. »Großartig. Ich freue mich jetzt schon auf Freitag.«

»Hey, wenn ihr zwei zusammenkommt, könnten wir auf ein Triple-Date gehen«, schlägt Selene vor. »Vielleicht in ein paar Wochen?«

»Ein Triple-Date?«, wiederhole ich irritiert. »Und wer zum Henker soll Paar Nummer drei sein? Ich bin wieder Single, schon vergessen?«

»Ja, klar, Brax«, meint Selene schnaubend. »Als hättest du bis dahin nicht längst eine Neue.«

Ich zucke mit den Achseln. Da hat sie wohl recht.

Kylie und ich nehmen abwechselnd Bissen vom Teller des anderen. Als wir fertig sind, frage ich die beiden, ob sie noch auf einen Drink mitkommen wollen, aber sie müssen morgen früh raus, daher verabschieden wir uns vor dem Restaurant. Kylie ist mit dem Auto gekommen, und ich sehe ihr hinterher, bis sie eingestiegen ist.

Dann bekommt Selene einen Anruf von Nathan und winkt mir gedankenverloren zu, während sie davon schlendert. Ich würde sie nach Hause begleiten, aber sie wohnt nur wenige Blocks entfernt, und sie kann es nicht leiden, wenn ich so etwas mache. Ihrer Meinung nach bin ich überfürsorglich, aber das sehe ich anders. Sie ist meine Schwester. Wenn es um sie geht, gibt es für mich keine übertriebene Fürsorge.

Ich bin rastlos und will noch nicht nach Hause, also biege ich in eine Seitenstraße ab und betrete eine Bar. Kevin, der Barkeeper, kennt mich und nickt mir grüßend zu.

Sofort fällt mein Blick auf einige Frauen am anderen Ende des Raums. Ich würde einen Tausender darauf wetten, dass es sich bei der Gruppe um Mädels handelt, die mit dem Valentinstag nichts anfangen können. Single-Frauen, die einander ihre Wir-brauchen-keine-Männer-Attitüde unter die Nase reiben, indem sie an diesem idiotischen »Tag der Liebe« zusammen ausgehen.

Sie mögen sich ja einbilden, dass sie keine Männer brauchen, aber eine von ihnen wird mich nach Hause begleiten.

Ich setze mich an die Bar und bestelle ein Bier, wobei ich mich so positioniere, dass ich sie beobachten kann. Außerdem versuche ich gar nicht erst, meine prüfenden Blicke zu verbergen. Drei der vier sind heiß genug, um sie abzuschleppen, aber eine fällt mir besonders ins Auge. Lange Beine, glattes Haar, volle Lippen. Sie ist genau der Typ Frau, auf den ich normalerweise abfahre: groß, blond, schöne Brüste. Im Grunde genommen kann ich gar nicht anders. Man könnte glauben, sie entspräche meinem Typ, aber das stimmt eigentlich gar nicht. Sie entspricht nur dem Typ, für den ich mich normalerweise entscheide, um meine Gedanken von dem Typ abzulenken, den ich eigentlich will.

Denn mein wahrer Typ – die Frau, die ich mehr als alle anderen begehre –, kann ich nicht haben. Sie ist meine beste Freundin, und sie war schon immer tabu.

Ich habe mich bereits als Teenager Hals über Kopf in Kylie verliebt. Eigentlich sogar noch früher, nur konnte ich meine Gefühle mit zehn, elf Jahren noch nicht einordnen. Ich wusste nur, dass ich mich jedes Mal sehr gefreut habe, wenn sie uns besuchen kam. Ich brachte in Erfahrung, wo meine Tante Cindy ihren Kalender aufbewahrte, und fand so heraus, wann die Termine mit unserem Familienanwalt Mr Winters anstanden. Wenn er vorbeikam, brachte er stets Kylie mit. Jedes Mal.

Und jedes Mal stellte ich mich oben auf die Treppe und wartete wie ein verdammter Welpe auf sie. Sobald sie durch die Tür kam, wurde die Welt ein wenig heller. Der Schmerz über den Verlust meiner Eltern war nicht mehr so groß, wenn sie in der Nähe war. Nur dann war ich wirklich glücklich.

Wir drei hingen auch als Teenager ständig zusammen, obwohl wir auf unterschiedliche Schulen gingen. Ich betrachtete ihren nach und nach weiblicher werdenden Körper mit großem Interesse und zunehmender Verwirrung darüber, was mit meinem eigenen geschah, wenn ich an sie dachte. Damals fing es an – ein echt beschissenes Timing. Eines Tages kam sie vorbei und nahm Selene beiseite, mit der sie aufgeregt flüsterte.

Kylie hatte einen Freund, der sie auf den Mund geküsst hatte. Mit Zunge. Ich tat so, als würde es mir nichts ausmachen, als würde mich diese Information nicht innerlich wie ein verdammtes Metzgerbeil zerhacken. Als ich dann noch einen Witz über den Penis ihres neuen Freundes machte, war sie wochenlang sauer auf mich. Danach verlor ich nie wieder ein Wort über ihre Freunde.

Beziehungen kamen und gingen bei uns beiden. Ich fing was mit Mädchen an, doch keine von ihnen war Kylie, daher hielten die Beziehungen nie lange. Mein Ruf als Schürzenjäger war schnell etabliert, und ich nahm ihn in Kauf. Wieso auch nicht? Er war Teil der Fassade, der Maske, die ich trage, um den beiden Frauen in meinem Leben der Mann zu sein, den sie brauchen. Selene braucht den starken Bruder, ihren Fels in der Brandung, ihren Beschützer, und so spiele ich meine Rolle. Kylie braucht mich als Freund, also bin ich genau das für sie. Und wenn das alles ist, was ich je in ihren Augen sein werde, nehme ich es hin, denn ich weiß, dass ich ein verdammter Glückspilz bin. Denn nur mit ihr befreundet zu sein, ist immer noch besser, als sie gar nicht in meinem Leben zu haben.

Jedenfalls sage ich mir das immer.

Aber je mehr Zeit vergeht, desto schwieriger wird es, meine Gefühle für sie zu verbergen. Ich genieße jede Sekunde, die ich mit ihr verbringe, gleichzeitig grenzt es jedoch an Folter. Ich habe sie mit Arschlöchern ausgehen sehen, die sie nicht wertschätzen, und anderen, die es immerhin ansatzweise tun – und Letztere jagen mir eine Heidenangst ein. Wir gehen beide auf die Dreißig zu, und eines Tages wird sie einem Mann begegnen, der ihr Herz erobert und sie mir für immer wegnimmt.

Und ich habe keine Ahnung, was ich dagegen tun soll.

Ich mische mich nicht in ihre Beziehungen ein. Eine einzige Nachricht eines Typen, der sie um ein Date bittet, so wie heute beim Abendessen, reicht aus, um mich zurück hinter meine Schutzmauer zu drängen. Dort lebe ich und verberge den Mann, der ich wirklich bin, vor dem Rest der Welt. Meine Mauer ist hoch und meterdick und besteht aus hartem Stein und schmerzlichem Verlust. Ich bin der Mann, den meine beiden Mädels brauchen. Nichts weiter.

Daher suche ich stattdessen auf andere Weise nach Glück – oder zumindest etwas, das dem nahe kommt – und finde meist nichts als bedeutungslosen Sex, nach dem ich mich jedes Mal mies fühle. Auch darüber rede ich nicht mit den beiden. Sie sehen nur, was ich sie sehen lasse: den großen, selbstbewussten Arsch, der jede Frau mit einem Blick um den Finger wickelt. Dieser Kerl bin ich zwar auch, denn er ist weder gespielt noch Fassade, aber er macht längst nicht mein ganzes Wesen aus.

An diesem Abend überlasse ich ihm nur zu gern die Führung, um den Schmerz in meiner Brust erträglicher zu machen.

Ich nehme einen langen Zug aus der Flasche und widme meine Aufmerksamkeit erneut der Blondine am Tisch. Unsere Blicke treffen sich, und ich lächele verhalten. Nur ein Zucken der Mundwinkel. Sie senkt eilig den Kopf, als würde sie die Schüchterne spielen.

Die meisten Männer würden ihr an dieser Stelle einen Drink bringen lassen, aber solche Spielchen sind nicht mein Stil. Ich suche lieber mehrmals den Blickkontakt und zeige ihr auf diese Weise, dass ich Interesse habe. Wenn sie auf mich zukommt, umso besser – ich mag selbstbewusste Frauen. Andernfalls gehe ich einfach zu ihr und gebe ihr zu verstehen, was ich will.

Ich bekomme selten einen Korb.

Wieder blicke ich zum Tisch hinüber. Jetzt sehen sie mich alle an, aber ich konzentriere mich auf die Blondine und halte ihren Blick einige Sekunden lang fest. Die anderen kichern und flüstern hinter vorgehaltenen Händen.

Ich trinke einen weiteren Schluck. Es wird Zeit, die Show zu beenden.

»Guten Abend, die Damen«, sage ich, als ich mich dem Tisch nähere, und reiche der Blondine die Hand. Sie ergreift sie, und ich beuge mich hinunter, um die Lippen auf ihre Finger zu pressen. »Braxton Taylor. Und du bist?«

Sie starrt mich mit offenem Mund an. Okay, jetzt habe ich sie am Haken. Ich sehe das Ja schon in ihren Augen.

»Jessica«, sagt sie.

Ich lasse ihre Hand nicht los. »Freut mich, dich kennenzulernen, Jessica.«

Ihre Freundinnen starren mich genauso unverhohlen an wie sie.

»Ganz meinerseits«, haucht Jessica.

Ich zögere eine halbe Sekunde und überlege, ob ich sie zur Bar bitten soll, um sie dem Einfluss ihrer Freundinnen zu entziehen, oder einfach darauf pfeife und ihr gleich hier meinen Vorschlag unterbreite. Spontan entscheide ich mich für die Alles-oder-nichts-Variante.

»Ich habe mich etwas gefragt, Jessica«, fahre ich fort.

»Was denn?« Ihre Stimme hat sie zwar wieder, aber sie starrt mich immer noch an.

»Möchtest du mich jetzt nach Hause begleiten?«

Eine ihrer Freundinnen keucht erschrocken auf und schlägt sich die flache Hand vor den Mund. Eine andere ruft: »Jessica!«

Sie sieht mir einen langen Moment in die Augen, doch ich zucke nicht mal mit der Wimper und gebe ihr mit dem Blick und der Wärme meiner Hand auf ihrer zu verstehen, dass es mir ernst ist.

Langsam steht sie auf.

»Du kannst nicht einfach mit ihm abhauen, Jessica«, warnt eine Freundin.

Sie wendet den Blick nicht von mir ab. »Und ob ich das kann.«

»Komm schon, das machst du doch nur wegen Jordan.«

Aha, jetzt verstehe ich. Sie sind heute Abend hier, um ihre Freundin zu trösten, die kürzlich Single geworden ist. Das ist perfekt. Es geht doch nichts über Rachesex.

Ich komme ihr so nahe, dass meine Lippen ihr Ohr berühren. »Nach heute Nacht ist Jordan Geschichte«, raune ich mit tiefer Stimme.

Ihre Hand zuckt, und sie kräuselt die Lippen zu einem leisen Lächeln.

»Keine Sorge, Ladys, ich kümmere mich gut um sie«, versichere ich den anderen.

»Grundgütiger«, flüstert eine von ihnen.

Ich reiche Jessica den Arm, und sie hakt sich unter. Dann führe ich sie nach draußen und auf der Straße in Richtung meiner Wohnung.

Mir ist nur zu gut bewusst, was ich hier tue. Ich habe nicht vor, Jessica nach ihrer Telefonnummer zu fragen oder ihre Lückenbüßerbeziehung nach Jordan zu sein, wer auch immer der Kerl ist. Vielmehr werde ich ihr eine Nacht schenken, die sie nie mehr vergisst, und sie wird mir dabei helfen, das Loch in meiner Brust zu stopfen – wenn auch nur für diese eine Nacht.

3

Kylie

Ich muss dreimal um den verdammten Block fahren, bis ich endlich einen Parkplatz finde. Mir ist schleierhaft, warum die Straßen um Selenes Haus so verstopft sind, und es geht mir tierisch auf die Nerven. Ich habe sie seit Wochen nicht gesehen, aber vor zwanzig Minuten hat sie mir eine Nachricht geschrieben, die unser Notfallsignal und die Aufforderung enthielt, sofort bei ihr vorbeizukommen. Da ich ohnehin gerade auf dem Heimweg war, bin ich stattdessen hergekommen.

Zwei Blocks weiter finde ich endlich einen freien Parkplatz und stelle meinen kleinen Honda Civic ab. Ich muss einen kurzen Anstieg zu ihrem Haus bewältigen, was in Stöckelschuhen ziemlich anstrengend ist. Als ich die Tür erreiche, klopfe ich nicht an, sondern benutze meinen Schlüssel.

»Selene«, rufe ich beim Eintreten. »Wo steckst du?«

Ihre dumpfe Antwort hallt von der anderen Seite des Hauses an mein Ohr. »Couch.«