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Fahren wir die Erde wirklich an die Wand? 2030 – 2040 – 2050? Wissen unsere Politiker wirklich zu wenig um die Welt zu retten? Nun, der WFA (World For ALL) entführt die Staatsoberhäupter der G-20-Staaten um ihnen Feuer unter ihren Hintern zu machen... Der letzte Ausweg aus der Katastrophe?
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Seitenzahl: 380
Veröffentlichungsjahr: 2023
Markus Kasper
AM ANDEREN ENDE DER WELT
Roman zur Rettung der Welt
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Prolog
Morea
PERMAFROST
THERE IS NO PLANET B
KAPITEL 1
KAPITEL 2
KAPITEL 3
KAPITEL 4
KAPITEL 5
KAPITEL 6
KAPITEL 7
KAPITEL 8
KAPITEL 9
KAPITEL 10
KAPITEL 11
KAPITEL 12
KAPITEL 13
KAPITEL 14
Eine ebenfalls schwarz gekleidete hübsche Frau begrüßte ihn im Hubschrauber. Conte, ganz Italiener, lächelte ihr sogar ein wenig zu. Im Drink, den sie ihm offerierte und zuprostete, war ein milder Tranquilizer, der sicherstellte, dass es keine weiteren Probleme mit ihm gab. Am nahe gelegenen kleinen Privatflughafen wartete vollgetankt ein kleiner Düsenjet CESSNA CITATION ULTRA.
Die Einladung wurde sehr einfach an den Präsidenten überreicht. Beim Betreten einer Slumhütte wurde die Tür hinter ihm geschlossen. Das war für seine Begleitung nicht weiter verwunderlich. Das Schnellboot, welches die Blechhütte an der Rückseite verließ, war jedoch für sie so nicht eingeplant. Nach Aufbrechen der Tür hatte das Einladungskomitee mit dem Präsidenten schon einen guten Vorsprung, der reichte um nicht eingeholt zu werden. Am anderen Ende der Siedlung schlossen sich nach einer 180°-Wendung die Türen einer anderen Hütte hinter dem Schnellboot. Nach kurzer Zeit öffnete sich das Tor wieder. Der Präsident mittlerweile betäubt und umgezogen, lehnte verkleidet als alte Frau zwischen zwei ortsüblichen Einwohnern – Fischkörbe und Gemüse inklusive – in einem kleinen elektrisch betriebenem Boot. Sie fuhren gemächlich, mit Richtung Fischhafen um dort ohne Hast auf ein größeres, aber schnelleres Schiff umzusteigen.
KAPITEL 15
KAPITEL 16
KAPITEL 17
KAPITEL 18
KAPITEL 19
KAPITEL 20
KAPITEL 21
KAPITEL 22
KAPITEL 23
KAPITEL 24
KAPITEL 25
KAPITEL 26
KAPITEL 27
KAPITEL 28
KAPITEL 29
KAPITEL 30
KAPITEL 31
KAPITEL 32
KAPITEL 33
KAPITEL 34
KAPITEL 35
KAPITEL 36
KAPITEL 37
KAPITEL 38
KAPITEL 39
KAPITEL 40
KAPITEL 41
KAPITEL 42
KAPITEL 43
KAPITEL 44
KAPITEL 45
KAPITEL 46
KAPITEL 47
KAPITEL 48
KAPITEL 49
KAPITEL 50
KAPITEL 51
KAPITEL 52
KAPITEL 53
KAPITEL 54
KAPITEL 55
KAPITEL 56
KAPITEL 57
KAPITEL 58
KAPITEL 59
KAPITEL 60
KAPITEL 61
KAPITEL 62
KAPITEL 63
KAPITEL 64
KAPITEL 65
Verwendete und weiterführende Literatur
Impressum neobooks
AM ANDEREN ENDE DER WELT
Das Abraham-Projekt
Roman zur Rettung der Welt
Markus Kasper
Für Elisabeth, meine Frau
Für Philip, Anna, Elena, Elias, meine Kinder
Für Greta und all Ihre MitstreiterInnen
Für unsere Zukunft
AM ANDEREN ENDE DER WELT
Das Abraham-Projekt
Roman zur Rettung der Welt
Markus Kasper
Wie kompliziert und doch einfach sind die Vorgänge in der Natur. Das Zusammenleben und Gedeihen der verschiedenen Arten, sogar Pflanzen mit Tieren, ist im Zuge von Millionen Jahren entstanden.
Es gibt das große Ganze. Es wird von vielen kleinen und kleinsten Rädchen betrieben. Ähnlich wie in der Mechanik zählt jedes Zahnrad oder Zahnrädchen gleich – unabhängig von der Größe. Bricht eines oder nützt es sich ab, kann das Ganze auf Dauer nicht mehr funktionieren. Bis wir es bemerken vergehen wiederum Jahrhunderte.
Genauso ist es im Zusammenleben zwischen der Pflanze Eisenhut (Aconitum napellus) und der Eisenhut-Hummel (Bombus gerstaeckeri). Die Eisenhut-Hummel ist die einzige Insektenart, die den Eisenhut zu bestäuben vermag und somit seine Fortpflanzung und damit sein Überleben ermöglicht. Sie hat ein besonders langes Trinkorgan, mit dem es den Nektar des Eisenhutes schlürfen kann. Um an den Nektar zu gelangen muss die Hummel durch die Blüte kriechen. Dabei nimmt sie die Pollen des Eisenhutes auf und erst jetzt ist sie weit genug vorgedrungen um den Nektar, vom dem sich die Hummel ernährt, aufzunehmen; wie gesagt, mit seinem an diese Bedingungen angepassten, besonders langen Trinkorgan.
Der Eisenhut wird durch die riesigen Monokulturen verdrängt und mit ihm die Eisenhut-Hummel. Eines ist gewiss: Stirbt diese Hummel, stirbt der Eisenhut aus. Gibt es keinen Eisenhut, verschwinden auch die ganz speziellen Hummeln...
Morea, eine einsame Insel im Südpazifik. Zirka 150 km bis zur Insel Tahiti. Keine Bodenschätze.
Begrenzte Einwohnerzahl, meist Fischer und Menschen, die von dem sehr begrenzten Tourismus leben. Ideal für Aussteiger, nur eben nicht leicht zu erreichen.
Sie hat die Form eines Dreiecks. Deswegen wird sie auch als Rückenflosse eines großen Fisches bezeichnet. Die höchste Erhebung ist der Berg Mont Tohiea, der 1207 Meter über den Meeresspiegel ragt. Morea ist ein Atoll, das aus magmatischem Gestein vor 2 Millionen Jahren entstanden ist. Das Klima ist tropisch warm und feucht. Deshalb findet man auf der Insel eine üppige Fauna und Flora. Die Temperaturen liegen meist zwischen 28 ° und 30 ° Celsius. Der meiste Regen fällt von Dezember bis Februar, die trockenste Zeit ist von Juli bis September. Es weht ein beständiger Wind. Auf Morea gibt es keine gefährlichen Tiere. Nur Stechmücken und Sandflöhe können einem Touristen den Urlaub auf der Insel etwas schwer machen; aber dagegen kann man was tun: lange Klamotten oder Mückenspray.
Der Tag, an dem 2019 die Umweltressourcen in Österreich erschöpft waren – der ökologische „Erschöpfungstag“, ist auf den 22. Juli vorgerückt.
Alle Meldungen zu Umweltkatastrophen des letzten Jahrzehnts gipfeln nun in den Beobachtungen der Veränderungen in den Permafrostböden. Nicht nur, dass der Untergrund in mehreren Zehnmeterschichten zusammenbricht; durch das Vermischen des Schmelzwassers mit der Erde und der explosionsartigen Vermehrung der darin eingeschlossenen Bakterien, werden nun Unmengen CO2 frei. Das Zusammensacken der Erdschichten bewirkt eine Zerstörung der infrastrukturellen Einrichtungen in diesen riesigen Regionen. Straßen, Stromleitungen, großdimensionierte Gasrohre, Pipelines etc. werden unreparierbar mitabsinken und bersten.
Die rasante Verbreitung von Bakterien in den erwärmten Biomasseböden wird wiederum den Methangehalt der Atemluft dramatisch erhöhen. Davon sind z. B. riesige Permafrostflächen in der russisch-sibirischen Taiga betroffen. Alleine in dieser Region werden 40 Millionen Klimaflüchtlinge erwartet.
Der Klimaschutzbeauftragte der UNO erwartet in absehbarer Zeit zwischen 500 Millionen bis 2 Milliarden Klimaflüchtlinge weltweit!
Hauptbetroffen: Äquatorialafrika und Indonesien. Beide Regionen sind Opfer. Die Täter sind die Industriestaaten und jene die es werden wollen.
Stockholm, August 2019
Im Hagaparken, einem der größten Parks von Stockholm im Stadtteil Solna nahe der E4, haben sich am Freitag knapp nach Mittag wie jeden Freitag ca. 3000 Kinder und Jugendliche versammelt, um friedlich, aber lautstark für ihre Zukunft zu demonstrieren – FRIDAYS FOR FUTURE.
„Komm’ mit mir, Elisa, da nach vorne, da sehen wir mehr!“
Mark packt ihr Handgelenk und zieht sie hinter sich her - sie verliert Ihre Cola am Weg. Lachend bahnen Sie sich im Laufschritt den Weg durch die Menge. Sie wollen sie sehen und hören: Greta Thunberg schwänzt wieder einmal die Schule, um in ihrer einzigartigen, ruhigen und besonnenen Art die jugendlichen Menschen aufzurütteln, um dadurch das Gehör der Politiker zu erlangen. Sie ist von ihrer Europareise zurück, auf der sie auch viele Anfeindungen hinnehmen musste. Es kam Mark immer so vor, als seien die Herabwürdigungen durch die Medienleuten nur wegen deren schlechten Gewissens so hinterhältig. „Da nach vorne...!“ und schon stehen sie vor der kleinen Bühne und warten voll Feuer auf den Auftritt...
Elisa und Mark haben sich der Fridays-for-Future-Bewegung angeschlossen – ohne Wenn und Aber!
Wien, September 2019
Mitten im einem Jugendprotest am Heldenplatz in Wien für eine Umkehr in der Klimapolitik, stolpert Anna über die Beine eines Polizisten, der die Demonstration beschützend begleitend soll. Es streckt sie der Länge nach auf Boden und sie schürft sich dabei beide Knie und die Handflächen blutig. Schon will sie dem Polizisten jede Gemeinheit, die ihr durch den Kopf geht, ins Gesicht brüllen... Sie dreht sich noch liegend um, doch das entschuldigende Lächeln im Gesicht des Polizisten und seine helfende Hand lassen sie je verstummen. Ihre Lächeln treffen sich. „Tut mir leid. Ich habe nicht aufgepasst. Meine beiden Kinder sind auch irgendwo in dieser Menge. Ich hoffe es nicht allzu schlimm!“ Anna wird rot, weil sie mit allem gerechnet hat, aber nicht mit einem Polizisten, der sich bei ihr entschuldigt. Sie lässt sich aufhelfen, drückt ihm einen kleinen Kuss auf die Wangen und läuft weiter. Revierinspektor Alex Haberzettl wird rot, richtet seine Uniform zurecht und beobachtet weiter die Demo. „Mindestens 40.000 Menschen aller Altersgruppen vom Karlsplatz über die Ringstraße zum Heldenplatz“, denkt Inspektor Haberzettel. Der Eindruck der „ernsten Heiterkeit“ hat ihn schon einmal beeindruckt: Beim Protest der österreichischen Jugend gegen die industrielle Verletzung der Hainburger Au an der Donau, im Dezember 1984. Nur war er damals auf der anderen Seite. Auf Seite der Demonstranten. Und – sie hatten sich durchgesetzt. Der Urwald der Hainburger Au und der Lobau bei Wien blieb erhalten, trotz massiver staatlicher und gewerkschaftlicher Macht auf der anderen Seite...
Anna ist für die Plakate ihrer Umweltgruppe zuständig und sie ist die Umweltsprecherin der Schule BRG2 in Wien. Diese Aufgabe erfüllt sie erstmals im Leben mit Sinn. Trotz Vernachlässigung der schulischen Pflichten, will sie diesen Weg weitergehen. Umweltbiologie, das ist aber weiterhin ihr Ziel. Nur mit den jetzigen Leistungen, wird sie die Uni nicht von innen sehen. Kommt Zeit, kommt Uni...
St. Petersburg, Juli 2019
Vladimir Putin, Staatsoberhaupt der Russischen Föderation, steigt nach einem kurzen Powernap aus dem Helikopter, der ihn von Moskau nach St. Petersburg geflogen hat. Der Besuch der Demonstrationen der ca. 12.000 SchülerInnen und StudentInnen, bei der Biologischen Fakultät der staatlichen Universität St. Petersburg, nahe der Medeleyevskaya Linyia, die seit 3 Wochen andauern, wird ihm von seinen Sicherheitsleuten dringend empfohlen. Der Platz wurde im Laufe der letzten drei Tage von einigen Hundert Polizisten und Militärs mit starker Bewaffnung, schusssicheren Westen und sogar Panzern umstellt. Die Demonstranten sind und waren nicht bewaffnet. Diese „Sicherungsmaßnahme“, wie der Bürgermeister von St. Petersburg behauptet, sei nur zum Schutz der Demonstranten angeordnet.
Putin wird der Weg zu den Stufen der Universität frei gemacht. Die Menge verstummt. Die Feindseligkeit und das Misstrauen der Jugendlichen sind förmlich spürbar. Viele wenden sich vom Präsidenten demonstrativ ab. Doch das sieht er nicht: Kopf gesenkt, Mantelkragen aufgestellt. Er sieht irgendwie in Eile aus. Auf den Stufen sind zwei sehr große Mikrofone aufgebaut. Kurz tippt er darauf: „Bumm! Bumm!“
Als er zu sprechen beginnen will, erhebt sich ein ohrenbetäubendes Pfeifkonzert. Ein wenig erschrocken über so viel öffentliche Ablehnung, will er die Demonstranten mit abschwächenden Handbewegungen beruhigen. Doch das ruft genau das Gegenteil hervor. Der Kordon um Putin mit schwerbewaffneten Polizisten ist nun geschlossen. Er schreit ins Mikrofon: „Seid doch endlich mal still!!! Seid still! Ich möchte zu Euch sprechen! Es ist mir ein Anliegen...! Hört mir zu!“ Pfeifen – noch lauter. Es schmerzt in den Ohren!
„Lügner! Lügner! Lügner!“ schreien sie ihm entgehen.
„Verschwinde nach Moskau in deinen Käfig!“
„Lügner! Lügner! Lügner!“
„Verschwinde nach Moskau in deinen Käfig!“
Die Polizei rät ihm wieder in den Hubschrauber zu steigen, weil sie ihn ohne Massaker hier nicht beschützen können. Sie haben auch Angst, dass er mit fauligem Obst beworfen werden könnte. „Und das sähe nicht gut aus am Bildschirm. Weder in Russland noch im Westen...“ denkt Leutnant Petrovic von der Leibstandarte des Präsidenten. „Das brauchen wir gerade noch: Breaking News...!“
Obwohl die Demonstranten nicht gewalttätig sind, bahnen die Polizisten Putin den Weg sehr brutal durch die Menge. „Na, zufrieden? Arschloch!“ schreit im Boris hinterher. Dass Putin ihn gehört hat, bemerkt er an einem kleinen Zucken seines kahlen Kopfes. Dass er dabei fotografiert wird, bemerkt wiederum Boris nicht.
„Selber Arschloch“, brummt Putin.
Sao Paolo, August 2019
Zwei Tage nach dem Handelsabkommen der EU mit Brasilien (...), dass die Abholzungs- und Zerstörungsmaßnahmen im Regenwald praktisch pardonierte haben, hat sich eine unübersehbare Menge Jugendlicher, Schüler und auch Indios im Zentrum von Sao Paola zusammengefunden, um gegen diese Politik lautstark und unüberhörbar zu demonstrieren. Die brasilianische Hochschülerschaft und der Mittelschülerverband haben landesweit zu Kundgebungen aufgerufen. Die Demonstranten werden von einigen Professorenverbänden und zwei brasilianischen Umweltschutzorganisationen unterstützt.
Der brasilianische Präsident, Jair Bolsonaro, bekommt die Nachricht in seinem Regierungsjet auf der Rückreise aus Europa. „Diese Idioten! Diese gottverdammten Idioten! Verbrecher allemal! Aber ich lasse sie niederwalzen. Das wird das letzte Mal sein, dass sich Kinder gegen ihre Eltern erheben!“ Jeder einzelne wird bestraft... Juan Angel, Du rufst sofort den Innenminister an. Sollten es die Demonstranten bis zum Flughafen schaffen, werde ich ihn eigenhändig erschlagen!“ Jose Angel, persönlicher Schutzbeauftragter des brasilianischen Geheimdienstes verlässt schlendernd den Raum – er kennt die Wutausbrüche seines Chefs – und der war gerade schwach wie ein Mailüftchen...
Jose Angel rief mit seinem Handy Guido Lamentosa, den Sicherheitschef des Flughafens von Sao Paulo an: „Guido, er ist sehr, sehr böse! Keine Demonstranten am Flughafen oder am Straßenrand! Sonst...!“
„Hör doch zu!“ keucht Guido ins Smartphone. „Sie sind doch schon alle da. Der Flieger landet in 5 Minuten. Soll ich sie etwa mit Handgranaten verscheuchen?“
Washington, August 2019
„Am besten wir gehen gar nicht hin! Das sind nicht mehr unsere Leute! Wir haben das alles begonnen und die haben uns alles weggenommen...!“ seufzt, ja weint Jarett. Jarett und Nigel, seit Ewigkeiten verlobt und noch länger verliebt, haben die Youth Environment Foundation ins Leben gerufen und am Leben erhalten. Sie ist zu ihrem Lebensinhalt geworden.
Crowd Funding wohnt quasi bei Ihnen.
Sie haben beide den Zenit der Jugend ein wenig überschritten, doch in ihren Herzen sind sie bei ihnen – sind ein Teil der weltweiten Protestbewegung.
Doch J&N haben mehr bewirkt. Beide sind Marketingspezialisten und ihre Geldbeschaffungsaktionen waren in der Regel so erfolgreich, dass sie viele Umweltorganisationen finanziell unterstützen konnten – ein ganzes Jahrzehnt. Doch jetzt wo die ganze Sache ins Laufen kommt und die Klimabewegungen der ganzen Welt nicht mehr zu überhören sind, wurden sie ausgebootet?
„Aber das stimmt doch nicht! Du bist doch nur eifersüchtig, weil Du nicht mehr das alleinige Sagen hast. Du musst die Jungen annehmen, die haben doch die gleichen Ziele wie wir. In ihnen brennt doch das gleiche Feuer! UND sie brauchen Deine Erfahrung auf diesen Gebieten, deine Medienkontakte, Dein Netzwerk, das Du so mühevoll aufgebaut hast über all die Jahre... Sie brauchen Deinen Ordnungssinn! Sie brauchen Deine Hilfe!“
Jarett sieht Nigel nicht – er hört ihn nur, weil dicke Tränen über sein schwarzes Gesicht laufen. „Bei all seiner Stärke ist er doch so verletzlich!“ denkt Nigel. „Sie brauchen ihn - und er braucht mich!“ Nigel drückt seinem Mann einen Kuss auf und noch einen und noch einen und küsst die Tränen fort, bis Jarett lachen muss... Seine weißen Zähne blitzen zwischen seinen dicken Lippen. „Ok, ok, ok, ok, ok…. O.K.!“
Auf dem riesigen Platz vor dem Kapitol sollte die Demonstration beginnen und nach den Aufmärschen zum Weißen Haus ziehen. Um Punkt 12 Uhr an einem Freitag im August 2019 begann die größte Umwelt- und Klimademonstration der Vereinigten Staaten. Und daher die weltweit größte, wie eben Amerikaner denken und fühlen...
Aus jedem der 52 amerikanischen Bundesstaaten sind Delegationen angereist und haben die Anreise ihrer tausenden Begleiter organisiert. Eine logistische Meisterleistung denkt Jarett und ist sehr stolz auf seine Mitstreiter.
Als J&M das kleine angemietete Büro in der Constitution Avenue NW 152 um 10:20 betreten, brandet ihnen herzlicher Applaus ihrer emsigen Freunde und Freundinnen entgegen. Sie alle haben in den letzten drei Monaten rund um die Uhr geschuftet, geschrieben, telefoniert, abertausende Emails versandt, ebenso viele Plakate aufgehängt und wenig geschlafen. Einige haben ihre Jobs aufgegeben, andere ihren kompletten Urlaub dafür verbraten. Der ständige Kontakt mit den örtlichen und Bundesbehörden und ihre sehr kooperative Vorgehensweise hat viele Probleme bereits im Ansatz gelöst.
Nicht einmal die üblichen stündlichen Twitter-Kampagnen von Präsident Trump konnten sie aufhalten. Im Gegenteil. Sie wussten um die Medienwirksamkeit seiner verbalen Entgleisungen – und hatten doch immer den besseren Sager...
Der letzte war besonders gut:
Trump: „Silly demos for silly people! Everybody knows that!“ „Dumme Demos für dumme Menschen! Jeder weiß das!“ J&M: „Years after you have died we´ll still be here!“ „Wenn Du schon Jahre tot bist, werden wir immer noch da sein!“
„Siehst Du...!“ murmelt Nigel Jarett ins Ohr und kneift ihm leicht in seinen Po...
Wieder stehen Jarett die Tränen an der Kante der Unterlider – aber diesmal hat er sich im Griff, muss stark sein und anführen.
„OK, OK! Genug Energie unnütz verschwendet! Bitte in 5 Minuten zu einer Lagebesprechung in meinem Büro! Jeder weiß wen es angeht...“
Minütlich trafen die Emails oder Telefonate der Organisationen der US-Bundesstaaten ein und wo sie sich versammelten, Teilnehmeranzahl: geschätzte 250.000 Menschen.
Jarett mit breitem Grinsen: „Es ist angerichtet!“
Prag, Juli 2020, G-20-Gipfel
Nach dem wieder ein Jahr vergangen war, in dem sich die Staatengemeinschaft nicht über zielführende Klimaziele einigen konnten, haben die Menschen wenig Hoffnung, dass sich das Blatt nun in Prag wenden könnte – möglicherweise steht das Ende der Menschheit, zumindest wie wir sie kennen, bevor.
Schon im Vorfeld meinten politische Beobachter, dass es sehr unwahrscheinlich sei, dass bei den Konferenzen im Zuge dieses G-20-Gipfels bindende Zusagen gemacht würden, geschweige denn eine gemeinsame optimistische Schlussvereinbarung zu Stande kommen könnte. Auch innerhalb der EU bremsen einerseits jene, die über größere Industriestandorte verfügen, andererseits jene Staaten die Milliarden aus dem EU-Förderungstopf erhalten, weil sie befürchten, dass die Unterstützungen weniger würden, wenn sich die EU zu einer konstruktiven und teuren Klimapolitik bekennen würde.
Nachdem die USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen schon 2017 ausgetreten waren, haben sich in diesem Schatten einige andere Nationen aus dem Staub gemacht. Die Aufbruchsstimmung des Pariser Abkommens und die Erkenntnis der Nachhaltigkeit der politischen Entscheidungen ist einem fadenscheinigen und dummen politischen Claim-Denken zum Opfer gefallen... Zuerst die anderen, dann wir... Victor Orban, der ungarische Ministerpräsident, verstieg sich sogar zu der Aussage, dass der Klimawandel proportional mit der Aufnahme von Asylanten in Verbindung stehe. Also, importierter Klimawandel...
„Zuerst die anderen, dann wir...“ kopfschüttelnd saß Jeremy Dunbar, hoch angesehener emeritierter Professor für Zukunfts- und Friedensforschung an der University of California und seit 2 Jahrzehnten Mitglied einer Wissenschaftlergruppe im IPCC, dem Intergovernmental Panel on Climate Change der Vereinten Nationen, dem Weltklimarat, in seinem kleinen aber schmucken Landhaus in North Carolina, vor seinem Laptop. Die letzten Minuten der CNN-Morning News, die vom Scheitern der Weltklimakonferenz berichteten, waren quasi sein Startschuss. Es war 6:00 früh westamerikanischer Zeit. Es wurde hektisch im Hause Dunbar. Er führte eine Unzahl an Telefonaten – rund um den Erdball.
Um 2 Uhr Nachmittag griff er nochmal zu seinem Smartphone und wählte die Nummer, die schon vor zwei Jahren vereinbart wurde, um den Countdown für die letzte Rettungsaktion dieser Welt einzuläuten...
„Ja, bitte?“, meldete sich Dr. Tabea Singh.
Die Stimme war Jeremy war ihr so sehr vertraut. Sie hatten in den letzten Jahren stundenlang telefoniert, eine Unmenge E-Mail-Korrespondenz produziert und sich dabei persönlich nie kennengelernt. Sie haben ihre Ziele und Vorgangsweisen abgestimmt. Alles minuziös geplant, alle Eventualitäten einberechnet. Sie haben beschlossen die Welt zu verändern.
„Hier spricht Dein Onkel Abraham!“ Tabea in ihrem Büro in New Delhi wusste über die Bedeutung dieses Codewortes Bescheid, weil sie es auserkoren hatte. Abraham, in seiner ursprünglichen Bedeutung des Stammesvaters und damit Vereiniger und Hüter der Weisheit, traf auf Jeremy Dunbar hundertprozentig zu.
Sie beendete das kurze Gespräch und wählte eine andere Nummer. „Hier Abrahams Nichte“ sagte sie mit fester Stimme. „Das Abraham-Projekt ist autorisiert!“
Eine jahrelang ausgeklügelte Befehlskaskade wurde dadurch unwiderruflich ausgelöst.
Tief befriedigt und mit einem Lächeln lehnte sich Jeremy Dunbar zurück in seinen Ohrensessel und nahm noch einen Schluck schottischen Single Malt mit ein wenig Eis.
Alle Unterlagen waren vernichtet. Alle Emails unwiederbringlich gelöscht, alle Festplatten geschreddert.
Die bereitgelegte RUGER GP 100 mit nur einer Kugel im Magazin lag vor ihm. Niemand durfte die weltumspannenden Aktionen nachverfolgen können. Er wusste, dass er einem Verhör nicht standhalten würde. Durch den Mund, den Lauf Richtung Medulla oblongata des Rückenmarks gerichtet, drückte er ab. Kein Zucken, kein Sterben – nur Tod.
2 Jahre davor
North Carolina - Mai, 2018
„Es wird wahrscheinlich leichter sein, sie einzeln abzufangen und zu verfrachten als alle an einem Ort zu kidnappen. Dann stünden wir nur relativ kleinen Schutzeinheiten gegenüber und nicht den üblichen Sicherheitsmaßnahmen eines G20-Gipfels. Auch die Transporter können kleiner, schneller und wendiger sein. Wir könnten schon in den Tagen vor dem Gipfel beginnen, einige in unser Gewahrsam zu bringen, wenn noch keiner an eine Bedrohungslage denkt – vor allem die kleineren G-20-Staaten... ist doch egal, wenn der südkoreanische oder indonesische Präsident fehlen. Haha!“
Tabea dachte verschmitzt, welche kriminelle Energie doch in diesem Friedens- und Klimaforscher steckt... Doch Jeremy Dunbar war ein ausgezeichneter Stratege. Seine Erfahrungen aus seiner militärischen Laufbahn begannen als junger Enthusiast bei den Navy Seals. Er diente und kämpfte in der ganzen Welt. Hunderte Male riskierte er seine Gesundheit und sein Leben in fast aussichtlosen Situationen. Diese ließen ihn schließlich reifen und die Sinnfrage in ihm immer größer werden. Bei seinen verdeckten und geheimen Operationen konnte er auch die dramatischen Veränderungen dieser Erde in ganz speziellen Regionen beobachten:
In den Hungerregionen dieser Erde versammeln sich pikanterweise die autoritären und diktatorischen Regime, finanziert durch Bodenresourcen, von der die Bevölkerungen nichts haben. Diese hungernden und zukunftslosen Menschen formieren sich, angestachelt von meist militärischen oder religiösen Fanatikern, zur gewalttätigen Opposition.
Grund genug für die USA dort einzugreifen, um sich den Zugang zu den Bodenschätzen in diesen instabilen Staaten weiter zu sichern und, wie immer, ihnen die „Vorzüge der westlichen Demokratie“ zu bringen...
Jeremy blieb zwar der Navy treu, war aber aus dem aktiven Heeresdienst ausgestiegen. Eine Verwundung am rechten Knie hatte diesen Entschluss beschleunigt. Sein Wissensdurst und seine grundlegend gute militärische Begabung machten ihn bald zu einem Strategie- und Logistikspezialisten, mit Erfahrung in den Krisenregionen dieser Erde – und hatten ihn immerhin in den engeren Beraterstab des amerikanischen Präsidenten gebracht.
Sein Abgang aus der Navy war ein Schlag für die Militärs. Letztlich mussten sie aber seinem Wunsch entsprechen, den hochdekorierten Experten für Logistik in der Armeeführung der USA, ziehen zu lassen. In seinem Rücktrittsgesuch, das er direkt an Präsident Obama gesandt hatte, sprach er klugerweise davon, dass seine Erfahrungen und sein Werdegang ihn „zwangsläufig in die Friedens- und Umweltforschung getrieben haben“. Das überzeugte den Präsidenten und er befürwortete sein Gesuch. Fähige Menschen in der Obhut der universitären, vor allem der amerikanischen Forschung, war ganz nach dem Geschmack Obamas.
Morea – es klingt wie eine verlassene Pirateninsel von Kapitän Blackbeard... Dieser Name ließ Jeremy Dunbar nicht mehr ruhen. Eine ideale Insel für sein geplantes Unterfangen. Unter hundert kleinen entlegenen Insel wurde sie letztlich ausgewählt.
„Morea wird niemand vermissen“ überlegte er. Es handelt sich um eine kaum bewohnte Insel, vulkanischen Ursprungs mit einigen wenigen Fischern. Eine ideale Mischung.
Bei der Auswahl einer Insel als Hauptquartier und Destination kamen mehrere in Frage. Neben Morea zum Bespiel auch Hunga-Tonga die durch magmatische Eruptionen entstanden war. Sie versank zwar nicht wieder im Meer, wie viele Geologen vermuteten, schien aber für die Zwecke, die das Projekt verfolgte, zu instabil. Noch dazu wurde die Insel rund um das Jahr von NASA-Satelliten beobachtet und war daher für „Umbauunternehmungen“ ungeeignet.
Auszug aus dem Kriterienkatalog:
Punkt 1
Die Insel ist abseits der Kreuzfahrt- und Industrieschifffahrtsrouten.
Man kann sie also verschwinden lassen...
Punkt 2
Sie ist mit einiger moderner militärischer Ausstattung gut zu bewachen und nötigenfalls zu verteidigen.
Punkt 3
Es lassen sich in relativ kurzer Zeit über- und unterirdische strategische Einrichtungen, Schulungs – und Konferenzeinrichtungen errichten.
Unterkünfte mit Komfort ebenfalls.
Punkt 4
Die einheimischen Fischer werden seinem Projekt nicht im Wege stehen. Ihr Leben im kleinen Paradies sollte nicht gestört werden. Großzügige Abfindungen für den abgeschnittenen Kleintourismus. Es wird ihnen an nichts mangeln.
Eine Insel verschwindet...
Um eine Insel so verschwinden zu lassen, so dass sie nicht mehr gefunden werden kann, braucht es „größere“ Anstrengungen und noch größere finanzielle Ressourcen. Weit weniger jedoch als der Schutz des Klimas und der Erde. Geld wird in kurzer Zeit keine Rolle mehr spielen, weil es weder gegessen noch getrunken werden kann. Man kann damit auch keinen Boden bestellen oder die erwarteten 1 – 2 Milliarden Klimaflüchtlinge ernähren.
Ein Forscherteam rund um Sir Francis Gallogh, der University of Cambridge – Faculty for experimental Physics, beschäftigt sich seit ca. zwei Jahrzehnten mit der Nutzbarmachung pulsierender, magnetischer Felder und Schwingungen gigantischen Ausmaßes. Anfangs wurden ihre Forschungen in den Bereich der Science-Fiction abgetan, weil es auch an praktischem Nutzen mangelte.
Doch der Durchbruch war gelungen. Erst in sehr begrenztem Ausmaß mit mehreren Zusammenbrüchen des Stromnetzes vom County Cambridge (der erklärt werden musste...), erreichten sie eine Konstanz und Energieeffizienz, die dem Elektrowissenschaftler Tesla das Staunen gelehrt hätte.
Für das freie Auge unsichtbare, riesige, halbkugelige Sphären können nun auf beliebigen Orten der Welt aufgebaut werden. Voraussetzungen: eine nicht zu große Insel und genügend elektrischen Strom, um Magnetkuppeln über mehrere Kilometer Durchmesser konstant aufrecht zu erhalten... Strom, der nicht mit dicken Kabeln durch das Meer geleitet werden musste,...
Energieerzeugung ist aber nicht mehr das Problem des 21. Jahrhunderts, weder an Land noch im Meer – Gezeiten und Wind bringen Energiemengen zu Stande, wo von die Betreiber von Atomkraftwerken nur träumen konnten. Die direkte Verwertung der Elektrizität durch die Erzeugung der Magnetfelder ließen ein Überangebot an Energie aber sowieso nicht zu.
Zusammenfassend soll die pazifische Insel „Morea“ hinter einer undurchdringlichen magnetischen Wand verschwinden, wie unter einer Käseglocke... „Diese Käseglocke, wie Du es bezeichnest, macht das Gebiet nicht nur visuell sondern auch für Radarsysteme „unsichtbar“ und hält sogar direkten Beschuss mit Bordraketen eines F18-Bombers stand!“ erklärte Francis Gallogh bei einer abendlichen Besprechung bei einem Glas Port im gemütlichen Haus von Prof. Dunbar. Das machte dem Professor „große Freude“.
„Professor Gallogh, mein Freund, das bringt mich auf eine Idee...!“ Er lehnte sich zurück, zündete sich seine unvermeidliche Virginia an: „Reden wir doch mal Klartext...!“
Februar 2020
Vier wirklich sehr große Frachtschiffe, zwischen 20.000 und 30.000 BRT, aus dem Versteigerungsbestand von Hapag-Lloyd wurden runderneuert und zum Einschiffen der 60 riesigen meerestauglichen Magnetspulen nach Hamburg überstellt. Von da nahmen sie Kurs auf Morea.
Morea wies mehrere Naturhäfen auf. Einer davon wurde mit einer relativ kleinen Mole versehen, die nach Abschluss des Projekts sofort wieder geschliffen werden sollte, so dass der Insel keine weiteren Schäden entstehen würden. Die etwas nördlicher gelegene große Montagehalle war ebenfalls so konstruiert, dass sie nach Beendigung der Aktion spurlos abgebaut werden konnte. Besonderer Wert wurde darauf gelegt, dass keine Industrieabfälle wie Öle oder Lösungsmittel versickern oder ins Meer gelangen konnten.
Die „Aurora“ und die „Pacifica“, die zwei stabilsten und größten Frachter, waren für die Wasserung der Spulen verantwortlich. In höchster Präzision wurde die Magnetspulen in die wasserdicht errichteten und ausgepumpten Betonsilos, die bis in den Meeresgrund reichten, von den Entladekränen in die Tiefe befördert. Arno Wesenbruch, der schlaksige, großgewachsene und borstig wirkende Kapitän der Frachterflotte, erklärte es Jeremy Dunbar vor Ort auf der Kommandobrücke der Aurora mit tiefer Bassstimme: „Diese Betonsilos bestehen aus Betonringen mit je 5 Meter Durchmesser und 2 Meter Höhe. Die Ringe wurden mit wasserhärtendem Zement miteinander fix und wasserdicht verbunden. Sie sind ca. 3 Meter tief im Meeresboden eingegraben und mit je 12 Stahltauen zur Stabilisierung bei den zu erwartenden Strömungsunterschieden fest im felsigen Untergrund verankert. Diese Stahltaue spannen sich automatisch nach oder geben frei, je nach Wasser- und Strömungsdruck.
„Na, ob dat man jut geht!“ dachte Arno Wesenbruch, der über die Launen des Wassers und des Windes in dieser Region sehr genau Bescheid wusste. Das „Montagefenster“ war auf ca. 4 Wochen eingeschränkt. 60 Silos wurden rund um die Insel errichtet, mit den bebensicheren Magnetspulen befüllt und verkabelt. Erstens untereinander, zweitens mit dem kleinen Umspannwerk und Transformatoren, welche die Energie des Gezeitenkraftwerkes und der Windturbinen in Strom umwandelt. Sie arbeiteten Tag und Nacht in 6 Schichten. Je 8 Taucharbeiter unter Wasser, hochspezialisiert und erprobt bei Einsätzen bei den modernen Schlachtschiffen, den Bohrinseln im Golf von Mexico und in der Nordsee. Die Zementmischungen wurden von den Frachtern auf zwei kleine „Verteilerschiffe“ und von dort mit flexiblen Rohren und Sonden an den Verarbeitungsort gepumpt. Das Versetzen der Betonringe stellte höchste Anforderungen an die Präzision der Arbeiten. An vier Seiten waren die Taucher positioniert, die mit elektronischen Wasserwaagen und Abstandsmessern das Aufsetzen der Betonringe kontrollierten. Über Funk mit den Kranführern verbunden, wurden die Ringe einer nach dem anderen aufgesetzt. An der Leeseite der Insel kamen sie rascher voran als auf der Luvseite, wo die Strömung inkonstanter war und zu rasch auftürmenden Druckspitzen neigte.
Während die Arbeiten unter Wasser genau im Zeitplan vorangingen, wurde oberirdisch in den Inselfels gegraben. Es durfte nicht gesprengt werden. Erstens aus ökologischen Gründen, zweitens weil nicht klar war ob der Untergrund rund um die Insel so stabil war, dass er die Erschütterungen ohne Verwerfungen oder Untergrundstrennungen überstehen würde. Das machte zwar den Ausbau des Logistik- und Kommunikationszentrums schwieriger, aber dafür konnte präziser gearbeitet werden. Die Versorgungshalle, mit Nahrungslagern und Küche, wurden ein wenig abseits an den Fels geschmiegt errichtet. Die Gästeunterkünfte gleich daneben, sodass sie von der üppigen Vegetation von oben überwuchert wurden: 20 an der Zahl.
Oft wurde Jeremy gefragt, wann denn nun mit dem Start des Projektes zu rechnen sei.
„Der Zeitpunkt muss sicher gewählt sein. Aber er wird sich ganz von allein vor uns auftun! Die Ereignisse am Globus werden so kumulieren, dass der Startschuss logisch wird.
Jeremy hatte seine roten Linien bereits festgelegt:
Einerseits das weitere Scheitern der Klimakonferenzen und Hinausschieben und verändern der Klimaziele und zweites der drohende Kollaps der Permafrostböden, der die CO2-Situation der Erde so dramatisch beschleunigen würde, dass der Zeitpunkt des Handelns zwangsweise entstand.
Leider gab es zu den Veränderungen in den Permafrostregionen noch zu wenige Daten und er wollte nicht Gefahr laufen, Widersprüche und Richtungsstreitigkeiten in seiner weltumspannenden Science-Community in Kauf nehmen zu müssen. Alle mussten zum „Abrahams-Day“ gerüstet und vollständig mit den Zielen konform sein. Keiner und keine durfte ausscheren und dadurch das Projekt gefährden. „Wir haben nur diese eine Chance!“ wusste Jeremy.
Dr. Tabea Singh arbeitete zwar in einem kleinen und oberflächlich betrachtet schäbigen Büro, in einem eher verwahrlosten Viertel von New Delhi, ihre weltweiten Kontakte wurden im Laufe der Jahre zu einem Netzwerk der Hoffnung. Dunbar nützte seinen hervorragenden Ruf als interdisziplinärer Wissenschaftler um eine Kollegin oder Kollegen nacheinander für sein Projekt zu gewinnen. Er gab die Daten an Dr. Singh weiter und sie erstellte eine weltweite Matrix nach Fachgebiet, Tauglichkeit, Persönlichkeitsstruktur und Grad des Einflusses auf Entscheidungsträger. Dunbar pflegte seit seiner Militärzeit einen guten Umgang mit den Führungskräften der zivilen Mobilitätsforschung, was den finanziellen Hintergrund für sein „kleines Abenteuer“ schuf, wie er es nannte. Denn wirklich wirtschaftlich denkenden Menschen ist klar, dass die fortschreitende globale Wirtschaftskatastrophe ihren Markt an Kunden dramatisch schmälern würde. Abgesehen davon, dass hundert Liter Trinkwasser bald einen größeren Prestige- und Lebenswert haben würden, als ein chromverbrämtes Elektroauto mit 700 PS.
Die vor fünf Jahren von Prof. Dunbar mitbegründete, geheime Organisation WFA (World For All) – mittlerweile der weltweit größte Zusammenschluss führender Umweltforscher, Biologen, Ozeanologen, Experimentalphysiker und Biochemiker usw. hat sich in letzter Konsequenz dazu entschlossen die Erde zu retten, bevor sie den Machtspielchen und –gelüsten der agierenden Politiker und deren Auftraggebern zum Opfer fallen, die sich wie Raucher im allgemeinen in ihrer Haltung zu Krebserkrankungen verhält: „Es wird nur die anderen treffen...“
Morea - Tag der Erprobung
Arno Wesenbruch war nervös.
Er schwitzte sonst nie. War es auch noch so heiß und stressig. Er war der Fels in der Brandung, der immer wusste was zu tun war, um Schiff und Crew aus Gefahren heraus zu halten oder zu holen. Ein Mann, dem man sein Leben anvertraute. Und das wusste er. Es hat ihm auch ein schmerzhaftes Magengeschwür eingebracht. Seine äußere Erscheinung und sein Habitus waren lässiger und stärker als seine Seele. Er wähnte sich nicht stärker als alle anderen. Aber er musste es sein. Viele Entscheidungen entstanden in seinem Bauch, noch bevor sein Gehirn sie denken konnten. Erst im Nachhinein schienen ihm die Kausalketten und Zusammenhänge wie ein Wunder. Vielleicht war das seine besondere Begabung: sein Bauchhirn. Da war er mit Jeremy Dunbar auf einer Wellenlänge.
Doch heute war er nervös. Nicht sichtbar – selbstverständlich nur innerlich...
Als Jeremy die Kommandobrücke, wie so oft in den letzten Wochen betrat, wollte Arno den Professor kurz und schnoddrig begrüßen. Doch die Worte blieben im in der trockenen Kehle stecken. Erst nach einigem Räuspern: „Tach, Professorchen! In 5 Minuten geht es los.
Neben Arno stand auch der Elektrizitätswissenschaftler Prof. Francis Gallogh.
Auch ihm war die Anspannung ins Gesicht geschrieben. Weiße Flecke im sonst eher rötlichen Gesicht.
In typisch britischer Manier war er im Tweed erschienen, Weste, weißes Hemd, Krawatte. Nur auf das Jackett hatte er bei diesen tropischen Temperaturen verzichtet. Er beobachtete angestrengt die Monitore, die ihn über den Ladezustand des landgestützten Strommoduls, über die Stabilität der Magnetspulen und die Verbindung der Spulen untereinander berichteten. Der stetig steigende Ladezustand für die verfügbare Initialspannung war ihm grünen Bereich.
Neben seiner linken Hand, auch typisch britisch, befand sich der Startknopf zum Aufbau des Magnetfeldes, der witziger weise an einen mechanisch gesicherten Buzzer wie aus einer landläufigen Fernsehquizshow erinnerte. Er vertraute in seiner hochtechnisierten Welt eindeutig mechanischen Sicherungen und setzt auf Bewährtes.
„Noch drei Minuten und 20 Sekunden! Ich zähle den Countdown!“
„Letzte Meldungen von den Testpunkten! Station 1 – clear?“ „Clear!“
„Station 2 – clear?“ „Clear!“
„Station 3 – clear?“ Clear!“ Das war die Verbindungskontrolle der Magnetspulen – das schwächste Glied in der Kette.
„Go, auf mein Kommando! Noch eine Minute dreißig!“
Arno schwankte von links nach rechts und wirkte dabei wie ein eingesperrter Bär mit Manegebewegungen.
Die Aurora, dieses schwimmende High-Tech-Monster, war mit dem Bug Richtung Inselbucht ausgerichtet, mit dem Heck zur erwarteten Magnetfeldkuppel. Das hatte den Grund, dass die Überwachungs- und Kommandozentrale im Rücken der nautischen Brücke mit Blickrichtung Heck des Schiffes eingebaut worden war.
Die letzten Sekunden vergingen wie eine gefühlte Ewigkeit.
Tabea Singh wusste anfangs nichts vom Freitod ihres Freundes.
Die Nachricht traf sie einige Stunden später, wie eine Keule. Sie war mitten im Verbindungsaufbau mit den global vernetzten Servern, wobei es auf jede Befehlszeile zur richtigen Zeit ankam. Sie brach die Sitzung ab und sackte auf ihrem Hocker in sich zusammen. Die nächtliche Umgebung in ihrem kleinen Büro wurde dunkler - schwärzer.
„Er hat alles so geplant, der Schweinehund! Wir werden immer zusammenstehen!“ äffte sie ihn nach. „Du riesiges Arschloch, Jeremy!“ schrie sie sich den Frust und die Traurigkeit von der Seele. Sie trommelte mit ihren Fäusten an die Wände.
Erst viel später, nachdem sie mit Peter Ostrowsky gesprochen hatte, konnte sie die letzten Stunden in dieser Nacht rekonstruieren. Peter war einer der wenigen Menschen, die sich mit den Schäden an den Permafrostgebieten vor Ort wissenschaftlich auseinandersetzte. Er versuchte Jeremy schon seit Jahren von dieser Gefahr und ihren Auswirkungen auf das Weltklima zu überzeugen. „Wenn Du mir keine Zahlen liefern kannst, werden wir nicht bestehen!“ schnauzte ihn Jeremy Dunbar ungehalten an. „Die Permafrostböden werden einbrechen, versinken und wir können nichts tun...!“ Doch in dieser Nacht schrie Peter Ostrowsky in das Mikrofon seines Senders: „Jeremy! Jeereemyy! Kannst Du mich hören?“ Es rauscht sehr stark aber Prof. Dunbar wusste sofort, dass etwas dramatisches passiert war. So aufgeregt war Peter noch nie!
„Jeremy! Ich habe endlich Deine gottverdammten Zahlen! Und es ist noch viel schlimmer, als wir angenommen hatten! Der Permafrostboden sinkt jährlich im Durchschnitt um einen Meter ein. An manchen Stellen bis zu 4 Meter pro Jahr. In der Taiga nahe der Stadt .... hat sich im letzten Jahr ein Krater ergeben von ca. 1400 Meter Länge. Die Oberfläche ist in manchen Teilen bis 120, ...hörst Du...? 120 Meter abgesunken und abgebrochen.
Es droht eine ungeheure Katastrophe, vor allem wenn er sich mit einem der nahegelegene Frostkrater verbindet. Der Krater wächst sehr rasch und man kann das nicht aufhalten. Durch die Abschwemmungen wurden andere Seen völlig ausgetrocknet. Wahre Sturzbäche von Schlamm, Geröll und ganzen Wäldern zerreißen die Landschaft und untergraben die Taiga... Die Zahlen haben wir in Zusammenarbeit mit der Sibirischen Wissenschaftlichen Gesellschaft erarbeitet!“
Das war der eigentliche Startschuss.
Björn Hegrund, der schwedische Verbindungsmann zu den Eingreifmannschaften - Einladungsteams, wie Jeremy sie nannte - unterrichtete Tabea über Jeremys Tod - nicht gerade sehr schonend: „Abraham ist tot! Du folgst wie besprochen nach. Alles ist auf „Go!“
„Lass mir eine Minute. Ich muss die Übernahmeprotokolle an die Oberfläche holen! Lass mir noch ein paar Minuten!“ hastete sie. Mit einem Klicken war die Verbindung beendet. Kein Wort, kein Gruß! Eben Björn...
Jeremy und Tabea hatten in den letzten Wochen viele virtuelle Sitzungen – oft über Stunden. „Falls mir was passiert, musst Du das Staffelholz rasch und fest übernehmen. Du weißt über alles Bescheid. Alle Schnittstellenleiter sind über Deine Stellvertretung informiert und haben Deine Position akzeptiert. Sie werden Dir folgen und Dich genauso gut unterstützen wie mich! Du wirst sehen, es wird schon schief gehen...“
Sie putzte sich die Nase, wischte die Wuttränen fort, streckte sich auf ihrem Sessel durch, straffte ihre Glieder. Mit einem kleinen Ruck und einem tiefen Seufzer, stellte sie die abgebrochenen elektronischen Verbindungen wieder her und führte ein Update in der Vernetzungsmatrix durch. Alle müssen wissen, dass nun die strategischen Belange bei ihr zusammenliefen. Wahrscheinlich werden nun viel größere Datenmengen bei ihr eintreffen und verarbeitet werden müssen. Dafür war sie eigentlich nicht eingerichtet.
Gottseidank konnte Sie sich auf ihr Netzwerk von der Uni verlassen, als sie noch als geniale Hacker unterwegs waren. Stets einen Laptop unter dem Arm waren sie, aus rein sportlichen Gründen, zur gefürchtetsten Hackerbande der westlichen Welt geworden. Heute im MI5-Hauptquartier, morgen schon im CNN-Auslands-Server... nur um damit zu prahlen. Sie wurden nie entdeckt, obwohl es oft sehr knapp war. Nie haben sie etwas kaputt gemacht oder Spuren hinterlassen. Das Dank einer punktgenauen Planung und dem Gefühl es nicht übertreiben zu wollen. 3 Minuten „CNN schnüffeln“ und keine Sekunde länger.
Tabea rief Nareb Ram an, ihren treuesten Freund seit Kindertagen. Ein elektronisch-virtuelles Genie.
Nareb
Nareb wurde von allen großen Firmen der Welt und vielen Regierungen und deren Ministerien kontaktiert, wenn es darum ging ihre Systeme auf mögliche Eindringlinge abzuklopfen oder die Bedrohungslagen zu skizzieren. Er trat selten persönlich in Erscheinung.
Seine typisch indische Erscheinung machte ihm zu schaffen, denn er sah aus wie ein Achtzehnjähriger, obwohl er knapp über 30 war...
Auf ihn war Verlass, wo immer sie (oder er) war, zu jeder Tages- oder Nachtzeit. Sie freute sich über Narebs Homosexualität – das garantierte eine Herzensfreundschaft auf Augenhöhe – keine Gefahr von dieser Seite. Sie musste schmunzeln, als sie Nareb hörte – er klang ungewöhnlich aufgewühlt. Mit kaum hörbarem Keuchen schnaufte er: „Hallo, Kleines! Einen Moment!“ Ein kleiner Kuss war hörbar. „Ich habe ihn nach Hause geschickt – wir werden morgen zu Ende führen, was wir heute begonnen haben... Neeiin, nicht was Du denkst! Wir kochen nur gemeinsam... wir sind gerade dabei... Nein, Du wolltest mir was erzählen.“
Tabea gab ihm einen Kurzbericht der letzten 12 Stunden. „Da kommt jetzt einiges auf Dich zu! Aber gottseidank hast Du mich: (etwas lauter) Robin Hood und Terminator in einer Person! Der Idealkumpel!“
„Gott muss er so kindisch sein?“ dachte Tabea. Aber gerade deswegen liebte sie ihn, weil er keine Probleme sah, sondern nur Umwege - ohne zurückweichen. Es musste bloß Spaß machen. Sonst war er für Monate verschwunden.
„Kannst Du zu mir kommen? Ich brauche eine runderneuerte Infrastruktur! Geld spielt in diesem Fall keine Rolle!“
„Tabea, ma cher – isch bin doch gerade in Pari' – der Stadt der Liebö und des Kochöns“, imitiere den französischen Tonfall. „In 5 Stunden bin ich da. Schlaf ein wenig! Wir haben viel zu tun.“
Nach 5 Stunden und 10 Minuten läutete es an ihrer Tür.
Der „Abrahams Day“ hat weltweit jede Menge Aktivitäten in Gang gesetzt - unbemerkt von der Öffentlichkeit, unbemerkt von den Medien und den Geheimdiensten.
Alle Beteiligten waren bislang nie auffällig geworden oder waren so integer, dass sie nicht unter Beobachtung standen.
Der sensibelste Bereich waren die militärisch geführten Einheiten. Sie sollten die Staatsoberhäupter der 20 führenden Industrienationen auf einen Schlag entführen. Am besten bei der Anreise zum G20-Gipfel.
Wie Jeremy schon bemerkte, konnte die geballte Terrorabwehrkraft beim Gipfel ein nicht zu überwindendes Hindernis darstellen. Außerdem sollten dabei so wenige Menschen wie möglich verletzt oder gar getötet werden, obwohl sie Schäden an Personen in Kauf nehmen werden müssen. Wenn auch logistisch aufwendiger, schien es daher klüger einige Regierungschefs schon kurz vor dem Gipfel, zu Hause abzufangen.
Eine größere Zahl freiwilliger, kampferprobter Männer und Frauen aller Nationalitäten, die keine nationalen Interessen verfolgten – nicht mehr verfolgten! Russen, Amis, Deutsche, Franzosen, Kongolesen, Israeli, Araber, Syrer, Irakies, Japaner, Indonesier und Chinesen waren mit im Boot.
Die erfahren Hubschrauber- und Jetpiloten kamen vor allem aus Russland, den USA, Israel und Österreich. Österreich? Die Hubschrauberpiloten in Österreich werden auf Black-Hawk-Maschinen speziell in Hochgebirgslandungen und Katastropheneinsätzen trainiert und eingesetzt.
Jeremy hatte die gesamte Truppe bereits zweimal zusammengetrommelt. Einmal in einer aufgelassenen Schule in der Ukraine und letztlich auf Morea.
Beide Treffen wurden, über einen gesicherten Kanal, in Echtzeit, nach New Delhi übertragen und somit war Tabea quasi vor Ort.
Bei der ersten Besprechung wurden die Teams zusammengestellt und mit ihren Zielen vertraut gemacht.
Die Teamnamen waren einfach. Team Trump, Putin, Johnson, Merkel, Macron, Bolsonaro, Xi Jinping usw.
Sie sollten bis zum nächsten Treffen Detailpläne unter Berücksichtigung aller Eventualitäten und in einem halben Jahr der gesamten versammelten Truppe vorstellen und abschließend zur Diskussion stellen.
„Diskussion! So ein Bullshit!“ sagte John, einer der amerikanischen Crew. „Wenn ich etwas plane gibt es keine Alternative! Das war schon in Afghanistan so...“ Jean-Paul, breitschultrig und mit einem entwaffnendem Lächeln, Mitte 30, aus der französischen Mannschaft meinte halblaut dazu: „...und deswegen seid Ihr in Afghanistan auch so erfolgreich gewesen...!“ „Halt doch’s Maul, Froggy, sonst gibt’s was drauf!“ Schmunzelnd dreht sich Jean-Paul weg und meinte freundlich: „War doch nur ein kleiner Spaß – der alten Zeiten wegen...!“ Beide grinsten sich breit an. John und Jean-Paul kannten sich schon länger. Während sich der Amerikaner nach der aktiven Militärlaufbahn mehrere Jahre bei verschiedenen Söldnertruppen in Afrika verdingte, verschlug es Jean-Paul zum WWF. Auch dort konnten sie Menschen mit Ordnungssinn und Realismusbezug brauchen. Er zeichnete für viele Mittelmeeraktionen und Unternehmungen gegen illegalen Walfang vor der norwegischen Küste und gegen die Ausfischung der Meere verantwortlich.
Die Einrichtungen auf der Insel Morea waren gut wie vorangekommen. Noch wurde aber eifrig gehämmert, gebohrt, geflucht.
Das Logistikzentrum und die Schulungs- und Konferenzräume bieten jeden erdenklichen Kommunikationskomfort. Alle Räume und alle Tische sind mit Internet und Multimediaanschlüssen versehen. Alle Programme für die mediale Darstellung und deren Empfang sind an jedem Tisch und Arbeitsplatz verfügbar. Die Zugänge sind mit jedem Betriebssystem kompatibel und alle relevanten Datenbanken konnten weltweit genutzt werden. Es wurde jedoch darauf Bedacht genommen, dass die Kommunikation innerhalb der Teilnehmer auch physisch wahrgenommen werden würde. Schon als Training für die neuen „Bewohner und Gäste“. Sonst waren die Einrichtungen eher schlicht. Es fehlte an nichts aber auf Luxus wurde gänzlich verzichtet. Bei den Treffen probierten die Militärs die gleichen gelben Overalls aus Leinen wie die erwarteten Gäste. Sie wurden für bequem und tauglich befunden.
Diese gelben Overalls dienten dazu, keine hierarchischen Unterschiede zwischen den Politkern aufkommen zu lassen oder diese abzuschwächen.
Anfangs war angedacht Mehrbettzimmer einzurichten, und zwar nach kontinentaler Zugehörigkeit. Das hätte aber zu den gleichen zwischenstaatlichen Abhängigkeiten geführt wie in der täglichen internationalen Politik. Und wer weiß schon ob Trump schnarcht oder Frau Merkel im Schlaf spricht...?
So beschloss man Einzelunterkünfte anzulegen, damit alle Gäste ein Mindestmaß an Privatsphäre erleben konnten. In den Overalls waren Chips eingenäht, welche eine 24-Stunden Überwachung des Trägers erlaubten, sie waren so programmiert, dass damit alle Gemeinschaftsräume, die individuellen Appartements und der Zugang zum Strand geöffnet werden konnten - nicht jedoch die Kommandozentrale und die anderen Versorgungsräume des Organisationsteams.
Die Essengewohnheiten oder medizinischen Diätpläne wurden bis ins Detail ausgekundschaftet und mit dem Küchenpersonal genau besprochen. Es sollte weder Unruhe noch Ausfälle unter den Gästen geben. Viele Politiker sind auf Dauermedikamente angewiesen. Die beteiligten Ärzte und das Pflegerteam waren darauf spezialisiert. Die „hauseigene“ Apotheke war randvoll mit Herz,- Blutdruck-, Leber- und Nierenmedikamenten. Infusionen standen bereit. Auch rasch wirkende Beruhigungsmittel standen zur Verfügung, denn es war zu erwarten, dass die Neuankömmlinge in der Eingewöhnungsphase einige Aufregungen ausleben würden. Nichts ist schlimmer als zu bemerken, dass man eher hilflos ist, wenn man an Macht gewöhnt war.
Es sollte zwar nicht der Eindruck einer Geiselhaft entstehen, aber ganz ließ sich das wohl nicht vermeiden...
In einer Wochenendsession erläuterten alle Einladungs-Teams im Konferenzsaal auf Morea ihre Einsatzpläne. Sie wurden von den anderen auf Effizienz und Durchführbarkeit abgeklopft und einer Risikobewertung unterzogen.
Das Licht im Saal war zwar gedimmt aber doch genügend hell, dass alle Teilnehmer sich sehen konnten. Die Bühne war etwas heller. Der riesige Flat Screen überstrahlte alle Beleuchtungsmaßnahmen.
Bis zu drei Szenarien pro Team sollten ausgearbeitet werden und die eventuellen Abwehrmaßnahmen des persönlichen Schutzes der Regierungen berücksichtigen. Die USA, Russland und China waren eher leicht berechenbar, weil sie reflexartig immer dieselben Maßnahmen ergriffen. Bei Ländern wie Australien oder Kanada konnte die Sache schon schwieriger werden, weil diese Politiker unkonventionell verreisten; täglich ihre Pläne änderten oder auch keine systematischen Abwehrtaktiken verfolgten. Doch die ausgewählten Männer und Frauen der Eingreiftruppe der WFA kannten ihre Pappenheimer. So wurden Sie fast durchwegs ihren jeweiligen Ländern oder zumindest ihren Kontinenten oder Nachbarn zugeordnet. Chinese zu China, Engländer zum Vereinigten Königreich, Deutsche zu Deutschland usw.
Sie alle waren mit Rieseneifer bei der Sache. Es verging keine Minute, in der sie nicht in Gruppen um einen Tisch oder einen Flipchart herumstanden und die Szenarien immer weiter vertieften. Sogar beim Essen wurden die Gewürzbehälter und das Besteck für Erläuterungen weiterer Schachzüge herangezogen. Manche zogen sich mit ihren Laptops in stille Ecken zurück, um Teile ihrer Missionen auszuarbeiten oder recherchierten in den Datenarchiven und Landkarten dieser Erde. Abschließend wurden die gewählten Szenarien in Einsatzbefehle verarbeitet und nochmals gegengecheckt.
Auf der Kommandobrücke der Aurora war es still. Ganz still.
Prof. Gallogh tippte behutsam Korrekturen in den Computer.
„Alles verläuft nach Plan! Voraussagen und Realität sind zu 97 Prozent in Deckung!“
„Sind die Schwingungskalibratoren der Betonsilos eingestellt?“ fragte er ruhig in sein Mikrofon. „Yes, Sir!“
„Sind die alle Taucher an Bord?“ „Roger!“
„Auf mein Kommando!“
„Fifteen!“
„Fourteen!“
„Thirteen!“
„Twelve!“
Jeremy lächelt - im Sinne eines Risus sardonicus – ungewollt grinsend.
Arno hielt die Luft an, als wollte er damit etwas zum Gelingen des Experiments beitragen...
„Nine!“
„Eight!“
„Seven!“
„Six!“
„Five!“ Irgendwo klingelt ein Mobiltelefon...
„Four!“ Gallogh öffnete die mechanische Verriegelung des Startbuzzers.
„Three!”
“Two!”
“One!”
“GO!” Mit Wucht drückte er den roten Buzzer nach unten bis er einrastete.