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Andere Länder, andere Fritten E-Book

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Beschreibung

Das Beste gegen Sonnenbrand?
Ferien im Sauerland!

"Erst hatten wir kein Glück, dann kam auch noch Pech dazu ..." Was einst ein Fußballer über mühsame 90 Minuten schrieb, gilt auch für die angebliche schönste Zeit des Jahres. Besonders dann, wenn man einen Blick für die witzigen Momente des Strandlebens hat. Bernd Stelter, Bernhard Hoecker, Franzisker Seyboldt, Johann König, Sky du Mont und viele andere schreiben über Reiserituale und die Tücken der Gewohnheit, unliebsame und liebsame Überraschungen, Missverständnisse und kleinere Katastrophen am Badestrand, über verhoffte und unverhoffte Glücksmomente und darüber, warum beim nächsten Mal alles anders werden muss.




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Seitenzahl: 252

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Inhalt

CoverÜber dieses BuchÜber den HerausgeberTitelImpressumVorwortMarkus Maria Profitlich: Jugoslawien→ HALS- UND BEINBRUCHBernd Stelter: Urlaub→ CAMPINGLuise Koschinsky: Cluburlaub→ BUFFETISMUSJohann König: Lucky, Shorty, Pferdeäpfel oder: Was humorlose Rumänen im Sauerland zu tun haben (Teil I)→ COUNTDOWN-SYNDROMVolker Keidel: La vie culturelle→ CUBALIBRISMUSSky du Mont: Urlaub für die ganze Familie→ NAIVITÄTThomas Spitzer: Schwein sein→ NEBENSCHWITZEROliver Beerhenke: Abnehmen im Fernsehen→ INDIVIDUALISMUSBernhard Hoëcker & Tobias Zimmermann: Die Ankunft – Ein Europakrümel auf der Südhalbkugel→ JETLAGFranziska Seyboldt: Die Müslifamilie fährt in den Urlaub, trifft ein Frankfurter Würstchen und schließt einen Pakt mit dem Teufel→ ANSCHLUSSSUCHTJohann König: Lucky, Shorty, Pferdeäpfel oder: Was humorlose Rumänen im Sauerland zu tun haben (Teil II)→ RESTLESS-KIDS-SYNDROMBündnis für sicheres Reisen (Hg): Schweden→ MOSKITISMUSPhilipp Möller: Oh, wie schön ist Freakistan→ MECKERMANIEJuha Vuorinen: Göttlich versumpft – Aus dem Tagebuch eines Saufkopfs→ EVENTUALGIEAbdrucknachweise TexteÜber die Autoren und Autorinnen:

Über dieses Buch

»Erst hatten wir kein Glück, dann kam auch noch Pech dazu …« Was einst ein Fußballer über mühsame 90 Minuten schrieb, gilt auch für die angebliche schönste Zeit des Jahres. Besonders dann, wenn man einen Blick für die witzigen Momente des Strandlebens hat. Ausgewählte Comedians schreiben über skurrile und lustigste Urlaubserlebnisse, über Traditionen, Rituale und die Macht der Gewohnheit, über unliebsame und liebsame Überraschungen, über Fehlschläge, Missverständnisse und kleinere Katastrophen am Badestrand, über verhoffte und unverhoffte Glücksmomente und darüber, warum beim nächsten Urlaub alles anders werden muss.

Über den Herausgeber

Torben Seewald, geboren im hohen Norden, hat eine quasi naturgegebene Affinität zu Buchten, Sand und Salz auf der hellen Haut. Weil er im Urlaub der heißen Sonne gerne aus dem Weg geht, bleibt ihm an Kretas Küsten nur ein langärmliges T-Shirt plus ein XXL-Sonnenschirm, um die schlimmste Bräune zu verhindern. Dafür liest er gerne, am liebsten leichte Strandlektüre von Schopenhauer bis Sky du Mont. Torben Seewald lebt und arbeitet als freier Autor in der Nähe von Köln.

Andere Länder, andere Fritten

Wenn Comedians verreisen

Eine Anthologie Herausgegeben von Torben Seewald

BASTEI ENTERTAINMENT

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

Originalausgabe

Copyright © 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Titelillustration: © FinePic®, München

Umschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur, München

eBook-Erstellung: hanseatenSatz-bremen, Bremen

ISBN 978-3-7325-3755-6

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Vorwort

Froh schlägt das Herz im Reisekittel, vorausgesetzt man hat die Mittel.

Wilhelm Busch

Die beruhigende Nachricht schon mal vorweg: Nein, auch Comedians, Kabarettisten und sehr, sehr bekannte Schauspieler bleiben in der schönsten Zeit des Jahres trotz Sonne, Strand und Prominenz von Pleiten, Pech und Pannen nicht verschont. Warum auch. Denn genau wie unsereins muss auch ein Humorarbeiter eine Vielzahl schwieriger Entscheidungen treffen: Wohin soll es gehen? Hotel, Ferienhaus oder doch das Zelt in der Einsamkeit des hohen Nordens? Mit wem und mit wem besser nicht? Was ist mit den Kindern, wenn die Nanny keine Zeit hat? Kann man sich an Hollands Küsten im März einen Sonnenbrand holen oder reicht da schon ein Kurztrip ins Sauerland?

Andere Länder, andere Fritten gibt auf all diese Fragen (und viele andere mehr) eine kurzweilige Antwort. Vielleicht haben Sie sich ja tatsächlich schon mal gefragt, wo zur Hölle Bernd Stelter, Sky du Mont oder Johann König Ferien machen. So ganz privat. Nicht zusammen, so viel sei schon mal verraten, schon gar nicht zur selben Zeit, aber etwas Verbindendes gibt es doch: Warum in die Ferne schweifen, wenn die Erholung praktisch um die Ecke wohnt. Wobei die Entfernung zum Sehnsuchtsort mit dem Alter der Kinder schlagartig zunimmt.

Fest steht: Sie kommen bei der Lektüre ganz schön herum, frittentechnisch (Holland, Jugoslawien, McDoof und Meck-Pomm), und natürlich auch küstenmäßig (Frankreich, die Kanaren, Lloret de Mar). Während die meisten unserer Autoren nach der Anreise verdientermaßen die Beine hochlegen, müssen andere sich ihren Urlaub erst verdienen. Thomas Spitzer zum Beispiel besuchte auf Einladung des Goethe-Instituts Taiwan und China, um neugierige Schüler ungeduscht in die hohe Kunst des Poetry Slam einzuführen. Bernard Hoëcker wiederum wurde von schlauen Neuseeländern als Testimonial ausgewählt, um die Schönheit der Kiwis auch uns unwissenden Deutschen näherzubringen. Und wo macht man das am besten? Natürlich mit einem Kamerateam vor Ort.

Eine Anthologie zum Thema »Verreisen« und »Urlaub« wäre natürlich nicht komplett, wenn es nicht auch um die ganz großen Fragen gehen würde: Darf man bei einem All-you-can-eat-Buffet tatsächlich alles aufessen? Warum wohnen die größten Idioten in der Hotelanlage immer gleich nebenan? Weshalb muss man 2000 Kilometer weit fliegen, um zu merken, dass es zu Hause schöner ist?

Mark Twain und Oscar Wilde waren sich sicher, dass Verreisen der Tod aller Vorurteile ist, was Richard W. B. Cormack zu dem Bonmot veranlasst hat, dass wir wohl vor allem ins Ausland fahren, um auch mal andere Vorurteile kennenzulernen. Die Wahrheit ist wahrscheinlich viel naheliegender: Urlaub ist ganz einfach die kürzeste Verbindung zwischen zwei Gehältern.

Bleiben Sie beweglich!

Torben Seewald

1.

Wenn wir uns an den ersten richtigen Urlaub ohne Eltern und Geschwister erinnern, überwiegen häufig die großen Gefühle: Spaß und Aufregung, viel Unabhängigkeit und grenzenlose Freiheit. Wildes Camping hinter den Sanitäranlagen als das große Versprechen auf eine Zukunft, die nicht rosig, sondern golden sein würde. Nüchtern betrachtet ist allerdings nicht mehr passiert, als sich zu fünft in einen alten Opel zwängen (Sardinenbüchse), mit viel Bier und wenig Klamotten das alte Pfadfinderzelt verwüsten (Sardinenbüchse) und zwei Wochen von billigen Konserven leben (Ravioli in Dosen, warm oder kalt). Schön war es trotzdem. Man muss ja nicht über alles Tagebuch führen wie Markus Maria Profitlich …

Markus Maria Profitlich: Jugoslawien

17. Juli 1979

Peter hat ein Auto gekauft! Einen Datsun Sunny. Coupé! Mit vier Monaten TÜV und zwei Reserveanlassern. Der Anlasser ist eine Kinderkrankheit vom Sunny. Menschen kriegen Masern, ein Datsun Sunny kriegt einen kaputten Anlasser.

Ich lege mich unter das Auto und entdecke, dass Peters Datsun auch so was wie Masern hat. Peter meint, das sei nur Flugrost. Beim Abklopfen des Unterbodens breche ich ein Stück des Holms ab. Peter meint, so ein Holm sei nicht sicherheitsrelevant. Und er würde sofort mit dem Auto um die Welt fahren. Beschließen spontan, eine Weltreise zu machen. Der erste eigene Urlaub! Und dann direkt eine Weltreise!

Am Abend kann ich vor Aufregung kaum einschlafen. Später träume ich von Löwen, Elefanten und gefährlichen Abenteuern.

19. Juli 1979

Die Planung steht! Es gibt nur eine kleine Änderung. Wir fahren nicht um die Welt, sondern nach Jugoslawien. Peters Freundin Beate hat keine Lust auf Löwen, Elefanten und gefährliche Abenteuer. Sie meint, sie will lieber am Strand liegen. Und wie das denn meine Freundin sähe. An Monika hatte ich noch gar nicht gedacht! Für Frauen war in meiner Urlaubsplanung einfach kein Platz.

Am Abend überrasche ich Monika mit der Idee, gemeinsam in Urlaub zu fahren und dass man ja vielleicht auch Peter und Beate mitnehmen könnte. Monika küsst mich für meine tolle Idee. Fühle mich geschmeichelt.

21. Juli 1979, 9 Uhr

Es geht los! Auf der Straße stehen: Beate, Monika, Peter, zwei Zelte, vier Liegen, vier Stühle, ein Campingtisch, zwei kleine Reisetaschen (von Peter und mir), zwei große Reisetaschen, ein Gaskocher, zwei Paletten Ravioli, vier Kästen Bier, eine Palette Orangensaft, ein Werkzeugkasten, zwei Anlasser, vier weitere Anlasser (man weiß ja nie), ein irgendwie geschrumpfter Datsun Sunny und ich. Wir beginnen zu packen.

13 Uhr

Es hilft nichts. Entweder zwei Kästen Bier bleiben hier, oder einer von uns. Plädiere für Beate. Kriege sofort Streit mit Monika. Dass Frauen immer so solidarisch sind! Peter hat die rettende Idee. Ein Dachgepäckträger! Frage mich, ob Beate es auf einem Dachgepäckträger bis nach Jugoslawien schafft.

15 Uhr

Wir sitzen im Auto. Alles ist verstaut! Die Jungs vorne, die Mädels hinten, das Bier auf dem Dach. Traue mich nicht, tief einzuatmen, aus Angst, der Datsun könnte platzen. Peter dreht den Zündschlüssel. KLONG! Der Anlasser. Macht 
nix. Ersatz findet sich ja im Kofferraum. Ganz unten.

17 Uhr

Unsere Ausrüstung steht wieder auf der Straße. Peter hat den neuen Anlasser eingebaut. Wir packen. Ich versuche, Monika und Beate zu überreden, die anderen Anlasser und den Werkzeugkasten auf den Schoß zu nehmen. Wegen der Ein- und Auspackerei. Falls wider Erwarten mal der Anlasser … Wieder Streit. Als wir endlich losfahren wollen, meint Monika, dass es schon zu spät sei, und ob wir nicht besser morgen früh fahren. Bevor ich eingreifen kann, teilt Beate uns mit, dass sie ebenfalls dieser Meinung ist. Zwei gegen zwei. Keine Chance. Um Monika zu schmeicheln, geb ich ihr recht. Man kann die Sachen ja im Auto lassen und abschließen. Kann man nicht. Wohl auch eine Kinderkrankheit vom Datsun.

Beate und Monika gehen Eis essen. Peter und ich räumen den Datsun aus.

22. Juli 1979, 10 Uhr

Wir sind unterwegs! Jugoslawien, wir kommen! Laut und aufgeregt unterhalten wir uns. Aufgeregt, weil es der erste eigene Urlaub ist. Laut, weil man sich sonst nicht versteht, denn hinten rechts macht der Datsun ein lautes Geräusch. Zwanzig Kilometer hinter Siegburg hält Peter an. Er meint, dass der Reifen am Kotflügel schleift, weil der Datsun hinten rechts zu schwer beladen sei. Schiele auf Beates ausladende Hüften und fange mir einen bösen Blick von Monika ein. Schlage schnell vor, das Gepäck anders zu verteilen und die schweren Sachen nach links zu packen. Monikas Blick ist wieder milde. Glück gehabt.

10 Uhr 5

Sitze jetzt hinten. Links neben Beate. Wegen der Gewichtsverteilung. Mit drei Anlassern und einem Werkzeugkasten auf dem Schoß. Warum konnte ich den Mund nicht halten? Es wird eng.

18 Uhr

Nach acht Stunden und zwei ausgetauschten Anlassern fahren wir durch Österreich. Alle schreien ständig, wie schön die Berge sind. Ich nicht, denn ich kann die Berge nicht sehen. Wer einmal mit ein Meter neunzig Körpergröße in einem Datsun Sunny Coupé hinten gesessen hat, weiß, warum. Mit vorgebeugtem Oberkörper starre ich die ganze Zeit auf den Werkzeugkasten und die Anlasser. Wenn mich später einer fragt, wie ich die österreichischen Berge finde, werde ich sagen: ölig.

Immerhin ist es schön warm. Das findet auch der Datsun. Damit der Kühler nicht kocht, schaltet Peter die Heizung ein. So ein gemeinsamer Urlaub verschweißt ganz schön. Überlege, ob man nicht besser ans Nordkap gefahren wäre.

Um meine Laune zu heben, schlage ich vor, Musik zu hören. Peter schaltet seinen Becker Mexiko Autoreverse ein. Beate will John Denver hören. Ich nicht. Ich will Sweet hören. Kugele mir fast die Schulter aus, um die Sweet-Kassette aus meiner Hosentasche zu angeln. Beate ist schneller. Sie hat ihre Kassetten in ihrer Handtasche. Scheiß Weiberkram! John Denver legt los. Urlaubsgefühle kommen auf. Bei mir nicht so. Dafür aber bei John Denver, denn nach dem Schlussakkord von Country Roads spult die Kassette automatisch zurück, und John fängt wieder von vorne an. Peter meint, das läge am Autoreverse. Und ob er mal kurz nachgucken soll. Die Mädels wollen nicht wieder anhalten. Ich schon. Doch ich habe drei Stimmen gegen mich. Die von Monika, die von Beate und die von John.

22 Uhr

Beate hat Peter abgelöst. Ich darf nicht fahren. Wegen der Gewichtsverteilung. Außerdem könnte ich gar nicht nach vorne gucken. Denn meine Halswirbelsäule hat das Handtuch geworfen und sich kurzerhand zu einem rechten Winkel versteinert. Es ist schon dunkel. Alle sind müde, nur John Denver ist noch munter. Noch. Denn John kennt die jugoslawischen Autobahnen nicht. Beate auch nicht. Und so braust sie mit neunzig Sachen in ein Schlagloch, ungefähr so groß wie der Datsun. John verstummt. Ich schreie auf. Der Schlag meines Kopfes gegen das Autodach gibt meiner Halswirbelsäule den Rest.

Der Mensch ist für den aufrechten Gang geboren. Ich offenbar nicht. Nach vorne gekrümmt stehe ich neben dem Datsun und schaue Peter zu, wie er den Wagen von unten abklopft.

Der Datsun hat den Schlag gut weggesteckt. Nur dem Holm mit den Masern fehlt ein weiteres Stück. Peter meint, das macht nix, denn die tragende Funktion der Karosserie übernähme ja der Dachgepäckträger. Das leuchtet ein. Wir quetschen uns wieder in den Sunny. Heimlich gebe ich dem Auto einen Spitznamen: Eiserne Jungfrau. Ich nicke ein und träume von Dosenöffnern, die Country Roads singen.

1 Uhr nachts

COUNTRY ROAAAADS! Ich werde wach. Sitze allein im Auto. Versuche, die Reste meiner Halswirbelsäule so zu falten, dass ich aus dem Seitenfenster sehen kann. Peter, Beate und Monika sitzen zusammen mit anderen Urlaubern um ein Lagerfeuer. Einer spielt Gitarre. Alle singen glücklich Country Roads. Im Hintergrund sehe ich ein paar Zelte. Dahinter das Meer. Wir sind da!

23. Juli 1979

Ich kann wieder gerade stehen! Zumindest theoretisch. Die Nacht im Zelt hat meiner Halswirbelsäule gutgetan, meinen Füßen weniger. Denn wenn ich ausgestreckt im Zelt liege, befinden sich meine Füße draußen. Und auf meinen Füßen muss heute Nacht ein rauschendes Fest stattgefunden haben. Mit einem Festbankett für eine Million jugoslawischer Moskitos. Überlege kurz, die kommende Nacht im Sunny zu verbringen. Sofort stellen sich Rückenschmerzen ein. Ein Warnsignal des Körpers! Humpele ins Meer, um meine geschwollenen Füße zu kühlen. Dann gibt es Frühstück. Ravioli.

25. Juli 1979

Bin das Mückenproblem angegangen, indem ich nachts meine Füße in Mülltüten stecke. Mit Erfolg. Nach dem Aufstehen jucken meine Füße nicht mehr. Dafür stinken sie jetzt. Die anderen zwingen mich, meine Frühstücksravioli einige Meter entfernt zu mir zu nehmen. Parmesan hätte man genug. Hahaha! Fühle mich ausgestoßen.

27. Juli 1979

Haut muss atmen. Das gilt auch für Füße. Verwerfe die Idee mit den Tüten und greife auf Chemie zurück. Im Campingplatzsupermarkt gibt es kein Autan. Der Verkäufer empfiehlt einen jugoslawischen Toilettenreiniger. Auf dem Etikett ist ein Totenkopf. Das wird die Mücken abhalten.

28. Juli 1979

Fahren morgens ins Krankenhaus. Immerhin darf ich vorne sitzen. Hinten ginge auch gar nicht, denn ich muss meine Füße ausstrecken, damit sich das Blut nicht in ihnen staut und dann einfach unten rausläuft. Jugoslawische Toiletten müssen die saubersten der Welt sein, denn der jugoslawische Toilettenreiniger ätzt wirklich alles weg. Der Arzt im Krankenhaus guckt sich meine Füße an und gibt mir Tabletten mit. Gegen die Schmerzen. Auf der Packung ist kein Totenkopf zu sehen. Das beruhigt. Abends nehme ich eine der Tabletten und spüle sie mit einem Bier runter.

29. Juli 1979

Fahren morgens ins Krankenhaus. Das jugoslawische Gesundheitssystem ist einfach, aber effektiv. Ich hatte nachts tatsächlich keine Schmerzen. Zeigte aber auch sonst keine Lebensfunktionen mehr. Ich bin nach dem Bier einfach umgekippt. Der Arzt im Krankenhaus meint, das läge am Alkohol und weil die jugoslawischen Schmerztabletten wohl etwas stärker sind. Frage mich, was die hier wohl unter einer Vollnarkose verstehen.

30. Juli 1979

Schaue zu, wie die anderen fröhlich im Meer plantschen und Bier trinken. Das Zugucken fällt mir schwer. Zum einen, weil ich gerne mitmachen würde. Zum anderen, weil meine Augen wegen der Mückenstiche zugeschwollen sind. Um meine Füße zu schonen, schlafe ich jetzt nämlich mit dem Kopf nach draußen. Schlafen ist eigentlich nicht der richtige Ausdruck. Ich liege. Zum Schlafen komme ich nicht.

31. Juli 1979

Schaue zu, wie die anderen Strandball spielen und Bier trinken.

1. August 1979

Schaue zu, wie die anderen essen gehen. Wollte nicht mit. Das Laufen fällt zu schwer, und ohne Alkohol macht essen gehen auch keinen Spaß. Esse Ravioli. Noch drei Dosen, dann geht’s wieder nach Hause.

2. August 1979

Morgens erzählen Monika, Beate und Peter, wie toll es am Abend war. Lecker Essen, toller Wein, dann noch in die Disco, die Nacht durchgetanzt. Monika meint, sie hätte so viel getanzt, dass ihre Füße wehtäten. Ich werfe ihr einen bösen Blick zu. Prompt wirft sie mir vor, ein Miesmacher zu sein. Das hat noch gefehlt! Ich kann kaum gehen, der Nacken tut weh, ich darf keinen Alkohol trinken, und jetzt bin ich auch noch für die schlechte Stimmung verantwortlich! Kann einen das Schicksal härter treffen? Es kann. Denn wir streiten uns so heftig, dass Monika abends darauf besteht, allein im Zelt zu schlafen. Ich stehe vor der Wahl: Mücken oder Sunny? Entscheide mich im Interesse meiner wunden Füße und meines Augenlichts für die Nacht im Datsun.

3. August 1979

Was heißt Chiropraktiker auf Jugoslawisch?

5. August 1979

Endlich! Es geht nach Hause. Ich muss hinten sitzen, weil es meinen Füßen heute bessergeht. Wahrscheinlich eine Art Spontanheilung aufgrund ihrer Vorfreude, bald wieder zu Hause zu sein. Auch Füße haben Gefühle! Niemand weiß das besser als ich. Hinten zu sitzen macht mir nichts mehr aus. Meine Wirbelsäule ist seit den letzten Nächten im Datsun nicht mehr existent. Routiniert und biegsam wie ein Schlangenmensch zwänge ich mich in das Korsett meiner vertrauten eisernen Jungfrau. Wir fahren los. John Denver singt, und eine Million Mücken winken uns traurig hinterher … Siegburg, ich komme!

HALS- UND BEINBRUCH

(engl. plane pain)

Beschreibung:

Durch mehrstündige Zwangsaufenthalte in Flugzeugen oder Bahnen verursachte Schäden im Knie- und Nackenbereich

Verbreitung:

Tritt hauptsächlich bei Menschen ab einer Körpergröße von ein Meter achtzig auf.

Ursachen:

Große Betroffenheit löste vor einigen Jahren der Bericht über ein nordkoreanisches Gefangenenlager aus, in dem die Insassen dazu gezwungen werden, den ganzen Tag auf engstem Raum und in einer extrem unbequemen Sitzposition auf einer Holzbank zu verbringen. Hand aufs Herz: Würden Sie sich so etwas aus freien Stücken antun? Vermutlich eher nicht.

Ähnliches tun jährlich jedoch mehrere Hundert Millionen Touristen weltweit, indem sie sich bewusst für eine Anreise ans weit entlegene Urlaubsziel per Bahn oder Flugzeug entscheiden. Dabei werden sie von sadistischen Verkehrsunternehmen in viel zu enge und zum Teil bereits bis auf die Federn abgesessene Sitze gepfercht, deren Rückenlehnen von der Höhe her bestenfalls für Grundschulkinder geeignet sind. Ähnlich verhält es sich mit dem Abstand zur Vorderreihe, der nicht einmal Kleinwüchsigen genügend Raum zur persönlichen Entfaltung gibt.

Die dramatischen Folgen dieser teils unmenschlichen Tortur: kaputte Kniescheiben und verrenkte Halswirbel, von einem quälenden Ganzkörpermuskelkater sowie extremem Schlafmangel (hauptsächlich bei Nachtflügen bzw. -fahrten) einmal abgesehen. Entspannt ankommen geht definitiv anders.

Häufige Folgeerscheinungen:

Im Gegensatz zu einem Gefangenenlager können die Betroffenen nicht darauf hoffen, dass ihnen Amnesty International zu Hilfe eilt oder sie von Unterhändlern freigekauft werden. Stattdessen berappen die Reisenden zumeist selbst ein halbes Vermögen für ihren Horrortrip.

Behandlungsmöglichkeiten und Prophylaxe:

Für den schmalen Geldbeutel: Knieschoner, Nackenhörnchen

Für den prallen Geldbeutel: Upgrade in die Business- oder First Class

Verwandte Krankheiten:

Flugangst, Restless-Kids-Syndrom

2.

Es gibt eine Zeit, in der Camping-Urlaube vor allem eine Frage des fehlenden Budgets sind. Motto: Wir waren jung, und wir brauchten kein Geld. Mit dem Alter (und dem Budget) steigen die Ansprüche, und irgendwann sitzt man mit guten Freunden entspannt an der Poolbar eines Fünf-Sterne-Resorts in der Dom Rep und diskutiert angeregt die Frage, wann der beste Moment für den Angriff auf das All-inclusive-Buffet ist. Und dann kommt manchmal die Zeit, in der Camping zum Caravaning und damit tatsächlich zur Frage des richtigen Budgets wird. Motto: Campst du noch oder wohnst du schon? Bernd Stelter ist, was Komfort und Luxus betrifft, eher die alte Schule: Bequem schlägt edel, und Holland hat schon immer gehalten, was andere nur versprochen haben …

Bernd Stelter: Urlaub

Endlich wieder auf Barrys Terrasse. Ich hatte vergessen, wie hier die Luft riecht. Sie riecht nach Salz und See und Sand. Unser Urlaub hatte begonnen. Endlich wieder Wohnwagen, endlich wieder Windmühlen, Grachten und den Hintern aufs Fahrrad! Vor ein paar Stunden hatte ich nicht geglaubt, dass wir es heute noch schaffen würden. Der erste Urlaubstag von Familie Lehnen läuft immer gleich ab.

Wir müssen früh aufbrechen, denn es dauert ein paar Stunden, bis wir es uns richtig gemütlich gemacht haben. Erst muss die Kaffeemaschine aufgebaut, Strom und Wasser müssen angeschlossen werden. Dann werden Nachbarn begrüßt, der Tisch wird nach draußen gestellt und Stühle drum rum. Und wenn das alles erledigt ist, fehlt noch etwas Entscheidendes: Wir müssen früh genug auf dem Campingplatz sein, damit wir noch im Hellen an den Strand können! Also nehmen wir uns stets vor, spätestens um zehn loszufahren.

Dann jedoch fehlte Tristans Angelausrüstung. Gegen elf musste Anne noch eben kurz überprüfen, ob Waschmaschine und Trockner aus waren, und als endlich alle im Auto saßen, hatte Edda die Adressen der Freundinnen nicht dabei. Die sind im Computer, aber der Drucker ist kaputt. »Papa, ich schreib die ganz schnell ab!« Gegen zwölf waren die Kaninchen noch nicht gefüttert. Und um halb eins kriegte ich Hunger.

Es war schon elf Minuten nach zwei, als wir dieses Mal endlich im Auto saßen. Anne lächelte mich von der Seite an und sagte: »Weißt du noch, vor sieben, acht Jahren, da hatten wir noch die Benjamin-Blümchen-Kassette in der Stereoanlage. Die haben wir in einem einzigen Urlaub hundertneununddreißig Mal gehört.«

Ich seufzte wehmütig. »Ja, vor sieben, acht Jahren, da hatten wir noch einen Kassettenspieler im Auto. Heute wissen Edda und Tristan nicht mal mehr, wie Kassetten aussehen.«

Tristan saß hinter mir, Edda hinter Anne. Beide konnten unser Gespräch nicht mithören, weil sie die kleinen weißen Ohrstecker ihrer MP3-Player in den Ohren hatten. Sie hören nicht mehr Benjamin Blümchen. Tristan hört am liebsten Rap: Eminem, Bushido oder Snoop Dogg. Edda steht auf Tokio Hotel.

Ich habe mir den Sänger der Band, diesen Bill, den mit den langen schwarzen Haaren und mit den schwarz geschminkten Augen, ganz genau angeschaut. Ich muss über ihn Bescheid wissen, weil es immerhin sein kann, dass er mein Schwiegersohn wird. Er weiß es noch nicht, aber Edda ist sich sehr sicher!

Ich habe mittlerweile Konzerte von Tokio Hotel, Bushido und 50 Cent hinter mir. Falls Sie irgendwann auf die Idee kommen sollten, ein 50-Cent-Konzert besuchen zu wollen, kann ich Ihnen nur davon abraten. Der Mann steht fünfzig Minuten auf der Bühne, dann schmeißt er seine Schuhe ins Publikum und haut ab. Und er kommt nicht wieder, keine Zugabe, nix! Außerdem heißt er zwar 50 Cent, kostet aber 50 Euro. Bei Tokio Hotel ist schon mehr los. Ich weiß nicht, ob Sie wissen, dass ein startender Jumbo in hundert Metern Entfernung einen Krach von hundertdreißig Dezibel verursacht. Beim Tokio-Hotel-Konzert im Palladium in Köln wurden hundertsiebenunddreißig Dezibel gemessen, noch bevor die Jungs auf der Bühne waren, nur durch das Gekreische der viertausend aufgebrezelten Weihnachtsbäume im Publikum.

Jetzt denken Sie wahrscheinlich: Na, wenn die Kinder die Musik im Auto über Kopfhörer gehört haben, dann war es ja kein Problem. Es wäre auch keins gewesen, wenn sie nur zugehört hätten. Aber beide sangen mit!

Etwas anderes hatte sich ganz eindeutig zum Positiven gewendet: Auf dem Campingplatz de Grevelinge in Walcheren wartete unser Dethleffs 560 TK auf einem Stellplatz mit sanitair privé, einem kleinen Waschhaus ganz für uns allein, mit Dusche, mit Waschbecken, mit Toilette, einem kleinen Nasszellenbereich, den Anne mit viel Liebe und mit vielen blauweißen Accessoires in einen maritimen Wellnessbereich auf zweieinhalb Quadratmetern verwandelt hatte. Deswegen waren wir heute ohne Wohnanhänger auf den belgischen und niederländischen Autobahnen unterwegs. So mussten wir uns nicht an die Höchstgeschwindigkeit von achtzig Stundenkilometern halten, die für Fahrzeuge mit Anhänger vorgesehen waren. Die allgemeine Höchstgeschwindigkeit von hundertzwanzig sollte man dennoch nicht überschreiten, wenn einem sein Urlaubsgeld lieb ist. Im Urlaub wird ja bekanntlich viel fotografiert, und die Autobahnpolizei fängt gerne damit an.

Auf der A 58 zwischen Bergen op Zoom und Vlissingen hieß die anvisierte Abfahrt 39 Middelburg, Domburg, Terneuzen. Es war wieder nicht zwölf Uhr mittags wie geplant, es war schon sechs Uhr nachmittags, als ich endlich den Blinker nach rechts setzte.

»Lasst uns gleich mit dem Wagen an den Strand fahren, sonst schaffen wir es heute gar nicht mehr«, schlug Anne vor. Edda und Tristan stimmten zu. Sie hatten tatsächlich die Kopfhörer aus den Ohren genommen, als wir über die Zugbrücke in Middelburg gefahren waren.

Der Strandparkplatz von Noordkapelle liegt fünfhundert Meter vom Deich entfernt. Ein Fußweg führt durch das Naturschutzgebiet in den Dünen bis zum Deich. Es gibt ein paar Bäume, denen man ansieht, dass hier der Wind oft von der See her weht. Die Eichen sind nicht größer als Büsche. Die Strandaster sorgt dafür, dass die Düne da bleibt, wo sie ist. Eine Fasanenfamilie hat sich anscheinend an Fußgänger gewöhnt.

Der Deich ist nicht hoch, aber er verwehrte mir trotzdem die Sicht auf die Nordsee. Ich konnte das Meer noch nicht sehen, aber ich konnte es riechen. Meine Schritte wurden langsamer, obwohl ich mir jetzt nichts sehnlicher wünschte, als das Meer zu sehen! Oben auf dem Deich blieb ich stehen und schaute auf die Wellen. Ich spürte einen Anflug von Demut. Wenn man das Meer sieht, dann merkt man endlich wieder, wie klein man selber ist, wie klein die kleinen Alltagssorgen sind. Wenn ich am Meer bin, kann die Seele baumeln.

Hier, an dieser Stelle, direkt hinter dem Deich, gehen die Deutschen noch genau sieben Meter, bis sie Sand unter ihren Füßen spüren. Dann lassen sie sich fallen. Einfach so. Deshalb sieht es hier direkt hinter dem Deich auch immer ein bisschen so aus wie in Rimini. Die Leute liegen da wie die Ölsardinen.

Wir gingen hundert Meter weiter, was der normale Deutsche ungern tut, und schon sank die Strandbevölkerungsdichte pro hundert Kubikmeter Sand um mehr als fünfzig Prozent, und noch mal hundert Meter weiter war niemand mehr da. Genau da ragt plötzlich einsam aus dem traumhaften Sandstrand ein Schild, das in etwa folgenden Inhalt transportiert: »Von diesem Schild an ostwärts darf man sich nackend ausziehen. Wenn man das nicht macht, ist es aber auch okay.« Der genaue Wortlaut ist natürlich anders. Direkt hinter diesem Schild lagen noch mal zweihundert Deutsche, diesmal nackt. Die waren halt nicht direkt hinter dem Deich umgefallen, sondern direkt hinter dem Schild, weil sie sich sonst nicht hätten nackend ausziehen dürfen, das wollten sie aber.

Sollten sie ruhig tun. Wir setzten unseren Weg fort, den Strandweg aus Holzbohlen entlang, vorbei an den kleinen Strandbuden, die man kaufen oder mieten kann, um alles darin unterzubringen, was man nicht jeden Tag an den Strand schleppen will: Grill, Windschutz, Liegestuhl.

Wir gingen vielleicht einen halben Kilometer. Unser Ziel war der Strandpaviljoen von Barry, ein Bau auf hohen Pfählen. Ja, der kann einige Winterstürme überstehen, das schafft der. Der Pavillon, meine ich. Barry selbst ist im Winter in der Schweiz und bedient Skifahrer. Qualität setzt sich halt europaweit durch.

Wir setzten uns auf die Terrasse, die manchmal gelb, manchmal blau, manchmal gar nicht gestrichen ist, je nachdem, wann Barry wieder das Geld ausgegangen ist. Nach zehn Jahren Noordkapelle weiß ich immerhin eins: Es gibt viele tolle Plätze hier, aber der tollste, das ist der weiße Plastikstuhl hinter dieser Glasscheibe, die dafür sorgt, dass mir der Wind nicht allzu viele Tränen in die Augen treibt. Dieser weiße Plastikstuhl, die Schuhe ausziehen und unter den Tisch stellen – Herz, was willst du mehr? Anne stand an der Treppe aus stabilen Holzbohlen und schaute auf den Strand. Edda und Tristan waren ans Wasser gelaufen.

Vielleicht sah ich gerade ein bisschen zu gedankenverloren aufs Meer, als Barry kam. Er stellte mir ein Bier auf den Tisch und fragte: »Was hast du?«

Ich sagte: »Urlaub.«

CAMPING

(lat. habitiasis mobile, dt. Niederländisches Gebrechen)

Beschreibung:

My home is my castle

Verbreitung:

In Deutschland leiden heute etwa 16 Prozent der Bevölkerung an Camping. In westlich angrenzenden Nachbarländern ist der Anteil sogar noch deutlich höher.

Ursache:

Camping-Urlauber sind Gewohnheitstiere und fühlen sich in ihrer angestammten Umgebung am wohlsten. Deshalb würden sie, wenn es auf Reisen geht, am liebsten gleich ihr ganzes Zuhause inklusive allen dazugehörigen Einrichtungsgegenständen mitnehmen. Da das lange Zeit nicht umsetzbar war, dachte sich der deutsche Erfinder Arist Dethleffs im Jahre 1931 etwas ganz Tolles aus: das Wohnauto. Dabei handelte es sich um eine auf die wesentlichen Elemente reduzierte Kopie der eigenen vier Wände, die von einem handelsüblichen Personenkraftwagen bewegt werden konnte.

Der Rest ist Geschichte: Ein Jahr später wurde die Anhängerkupplung erfunden, Arist Dethleffs verdiente sich ein goldenes Näschen, und immer mehr Deutsche (sowie später auch Holländer) verstopften in den darauffolgenden Jahrzehnten mit seinen Vehikeln – heute besser als »Wohnwagen« oder »Caravan« bekannt – die Autobahnen Europas, vorrangig der Bundesrepublik.

Der Vorteil an Dethleffs revolutionärer Idee liegt für die Gewohnheitstiere auf der Hand: Statt sich mühevoll mit einem unbekannten Hotelzimmer, fremd riechender Bettwäsche oder ungewohnten Möbelstücken anfreunden zu müssen, können sie ihr Miniaturzuhause nunmehr (fast) überallhin mitnehmen. Nicht selten entsprechen dabei sogar Details wie Auslegewaren, Vorhänge, Bilder oder die Anordnung der Lebensmittel im Kühlschrank exakt den Gegebenheiten in ihrer »richtigen« Wohnung.

Diese Spießigkeit würden sich die Betroffenen allerdings niemals eingestehen. Stattdessen schwärmen sie von der enormen Flexibilität sowie vom Abwechslungsreichtum, die diese Reiseform mit sich bringt. Und von den weitaus geringen Kosten im Vergleich zu einem völlig überteuerten Hotelurlaub. Derzeit ist ein neuer Wohnwagen schon ab ca. 20 000 Euro zu haben.

Bevorzugte Reiseziele:

Bodensee, Lago Maggiore, Adriaküste

Behandlungsmöglichkeiten und Prophylaxe:

Gewöhnen Sie sich schrittweise um! Legen Sie als Einstieg die Wurst einfach einmal in das obere Fach des Wohnwagenkühlschranks und nicht wie zu Hause in das untere.

Verwandte Krankheiten:

Eventualgie, Heimweh, Neophobie, Staulunge

3.

Wer Luise Koschinsky einmal hautnah erleben durfte, hat nur zwei Möglichkeiten: entweder vollständige Überwältigung mit anschließendem Lachkrampf oder umstandsloses Fremdschämen. Dazwischen gibt es nichts. Es gibt natürlich Situationen, in denen eine Wuchtbrumme wie Luise nahezu therapeutische Wirkung entfaltet: Im Club-Urlaub auf Mallorca zum Beispiel. Oder kennen Sie einen Ort, an dem die eigene Vereinsamung mit mehr Anstrengung übertönt wird als in der Happy Hour der Pauschaltouristen? Luise jedenfalls läuft in der euphorisierten Atmosphäre des animierten Glücks so richtig heiß …

Luise Koschinsky: Cluburlaub