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Die 17-Jährige Liv wacht in einer Welt auf, die aussieht wie ihre eigene, bloß ist diese Welt kälter und scheint verlassen. Zur selben Zeit ist ihre böse Doppelgängerin bei ihren Freunden, die jedoch schnell Misstrauen schöpfen. Nachdem die Doppelgängerin verschwunden ist und sie Kontakt mit der echten Liv in der "Anderswelt" aufnehmen, suchen sie nach einem Weg, Liv zu retten. Werden sie es schaffen und was wird bis dahin passieren?
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Seitenzahl: 71
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Sie schlug ihre Augen auf. Verwirrt sah Liv sich um. Vorhin noch war sie in ihrem Bett eingeschlafen und nun ... Ja, was nun? Sie saß auf einer düsteren Straße. Erst nach erneutem Hinsehen erkannte sie, wo sie war. Es war die Allee, die am Rande ihrer Heimatstadt lag. Außerdem war es schrecklich kalt. Liv sah an sich herunter. Ihr Schlafanzug, den sie vor dem zu Bett gehen angezogen hatte, war verschwunden. Stattdessen trug sie ein schwarzes Trägertop mit einem Spitzenmuster, das in die Schulterträger eingearbeitet war und eine graue Jeans sowie ihre dunklen Turnschuhe. Ihre Gedanken schweiften wieder zu der aktuellen Situation.
„Ein Traum!“, schoss es ihr durch den Kopf. „Es muss ein Traum sein! Ich muss nur aufwachen, mehr nicht!“
Sie setzte sich hin, schloss die Augen und ... Nichts!
„Ok“, beruhigte Liv sich selbst. „Noch ein Versuch und dieses Mal klappts!“
Da es ihr ein mulmiges Gefühl bereitete, mitten auf der Straße zu sitzen, stand sie auf und setzte sich zwischen die Bäume auf den Bordstein. Das Mädchen nahm tief Luft, versuchte, ruhiger zu werden, und schloss erneut die Lider. Ein markerschütternder Schrei ließ sie ihre Augen wieder aufreißen. Livs starrer Blick richtete sich nach oben in die kahlen Baumkronen. Die Bäume hier waren dunkler als die in ihrer Welt. Außerdem schien nicht einer von ihnen je ein einziges Blatt an seinen Ästen getragen zu haben. Kein Laub war auf dem Boden zu sehen. Dass jemand so penibel war und hier alles Laub aufgerafft und entsorgt hätte, vermochte Liv sich nicht vorzustellen. Sie stand auf und sah sich um. Alles schien dunkel, trostlos und verlassen. Erneut ertönte ein Schrei. Angsterfüllt presste sie sich an den Baumstamm und sah sich mit vor Angst weit aufgerissenen Augen um. Sehen konnte sie jedoch nichts. Rasch wanderte ihr Blick über die Landschaft. Unweit ihres Aufenthaltsortes stand eine Hausruine. Schnell raffte Liv sich auf, rannte zu den Ruinen und versteckte sich im Schutz einer Mauer. Sie beäugte ihr Versteck, nachdem sie sich sicher genug fühlte. Es war eine bröckelige Mauerecke, welche eine Außenwand des Hauses gewesen war, zumindest zeugte ein Fensterrahmenrest inmitten der Mauer davon. Leise und mit einem genauen Blick scannte sie weiter ihre Umgebung ab. Erinnerungen erschienen vor Livs innerem Auge. Sie sah sich selbst mit ihrem Freund Sam, wie sie frisch zusammengekommen waren.
„Was sind das für Ruinen?“, hatte Liv wissen wollen , während sie auf dem Weg zu Sams Zuhause gewesen waren.
„Es war ein altes Haus“, hatte er seine Erzählung begonnen. „Es stammt noch aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Es hatte die Verwüstung durch Bomben überlebt und dann wollte keiner mehr darin wohnen. Da es so alt war, durfte man es auch nicht abreißen. So ist es sich selbst überlassen worden und mit der Zeit zerfallen. Die paar Außenmauern, die noch stehen, sind die letzten Überbleibsel, die noch an das Bauwerk erinnern.“
Sie waren zwischen die Ruinen getreten und hatten sich umgeblickt.
„Es ist wirklich faszinierend“, hatte Liv gesagt.
„Was meinst du?“, hatte Sam sich erkundigt.
„Der Schulstoff möchte einfach nicht da oben rein“, sprach sie und tippte sanft gegen Sams Schläfe. „Und solche Dinge setzen sich in deinem Hirn fest wie Parasiten.“
Er hatte sie an den Hüften genommen und im Kreis geschleudert. Sie hatte gelacht und vor Freude gequietscht, bis er sie heruntergelassen und zärtlich auf den Mund geküsst hatte.
Die Tränen stiegen Liv in die Augen. Sie vermisste Sam, sein warmes Lachen, seinen Geruch und das Gefühl, wenn seine langen Haare über ihr Gesicht strichen. Sam! Livs Kopf schoss hoch. Sein Haus war nicht einmal einen Kilometer von hier entfernt. Eine neue Hoffnung keimte in ihr auf. Keine Schreie waren mehr zu vernehmen. Sie sah sich um, entdeckte jedoch nichts. Auf dem Boden erblickte Liv weiße Geflechte. Was war das? Eine Erinnerung durchzuckte sie. Es waren Pilzgeflechte. Doch wieso überzog es fast den kompletten Boden, Teile der Bäume und der Ruine? Sie konnte sich keinen Reim darauf machen. Das Einzige, was ihr durch den Kopf schoss, war, dass das Geflecht sämtliche Pilze miteinander verband und so alle Informationen und Bewegungen an eine Zentrale weitergab. Sicherlich waren diese Gedanken wieder zu weit gesponnen, wie es ihr gelegentlich passierte, aber dies war eine recht ungewöhnliche Situation. Es fröstelte Liv erneut. Sie hatte den Gedanken an die Kälte die ganze Zeit verdrängt, doch das gelang ihr nun nicht mehr. Mit dem Ziel sich aufzuwärmen, beschloss sie, so schnell wie möglich zu Sams Haus zu laufen. Sie versuchte, auf ihrem Weg auf keines der Geflechte zu treten.
Sam stand vor Livs Spint. Wo war sie bloß? Normalerweise war sie immer überpünktlich in der Schule oder schrieb ihm, ob er sie mitnehmen könnte. Letzteres war momentan nicht möglich, da es seit dem vorigen Abend im kompletten Dorf und der Umgebung keinen Internetempfang mehr gab. „Hey Sam!“, riss ihn eine ihm bekannte Jungenstimme, von der er erst nicht wusste, zu wem sie gehörte, aus seinen Gedanken. Sam schaute zum Ausgangspunkt der Stimme und erblickte Livs besten Freund.
„Hi Liam, wo ist Liv?“, fragte er den anderen direkt.
„Das wollte ich dich gerade fragen! Sie war nicht im Bus. Schreiben konnte ich ihr nicht. Das Internet ist tot“, entgegnete Liam mit schneller Stimme. Sam nickte. Ab und an war es ihm sauer aufgestoßen, dass Liv so viel Zeit mit einem anderen Jungen verbrachte und so oft mit ihm schrieb. Außerdem war es ihm unerklärlich, wie sie mit dem Kapitän der Fußballmannschaft der Schule so gut befreundet sein konnte. Alle von ihnen waren Sams Meinung nach eingebildet und eitel. Doch Liv sah etwas in dem Jungen, den sie als ihren besten Freund bezeichnete.
„Er kann so anders sein, als er sich gibt“, hatte sie einmal erläutert, nachdem er sie darauf angesprochen hatte. „Liam ist witzig und fürsorglich. Sein Verhalten ist nur Fassade zum Schutz davor, verletzt zu werden.“
Sam hatte dies kaum nachvollziehen können, aber nichts mehr erwidert, um Liv nicht zu verletzen. Er liebte ihr Vertrauen in das Gute im Menschen.
„Hey Jungs!“, drang da eine weibliche Stimme in seinen Gedanken.
„Liv?“, fragten beide verwirrt wie aus einem Munde.
„Ja, wer sonst?“, wollte diese wissen.
Sie trat zu ihnen, drückte Sam einen Kuss auf den Mund und knuffte Liam die Schulter. Die beiden Junge sahen sich verwirrt an. Was war mit Liv los? Normalerweise verhielt sie sich anders, zurückhaltender. Sam kannte nur sanfte Küsse von Liv und warme Umarmungen, keine kalten Schmatzer. Die Klingel ertönte.
„Naja, dann vielleicht bis später!“, rief Liv und setzte sich in Bewegung.
Sobald sie weg war, drehte Liam sich zu Sam und fragte: „Was war das denn?“
„Ich habe keine Ahnung!“, entgegnete Sam, der immer noch recht perplex in die Richtung starrte, in die Liv verschwunden war.
„Wir sollten nachher mit Sascha sprechen. Vielleicht weiß sie, was los ist.“
Sam nickte. Dies hielt er für eine gute Idee. Eventuell hatte sie ein Problem, worüber sie mit einem Mädchen besser reden konnte.
Schweigend trotteten sie in ihre jeweiligen Klassenräume. Die Konzentration auf den Unterricht war dahin, da sich die Gedanken der beiden um Liv und ihr seltsames Verhalten drehten.
Der Gong ertönte zur ersten großen Pause. Sascha, die vor dem Unterricht keine Möglichkeit hatte, mit ihrer besten Freundin zu reden, schritt zielgerichtet auf Liv zu. Diese war schon regelrecht von ihrem Platz aufgesprungen und rannte zur Tür. „Hey Liv!“, rief Sascha, aber diese reagierte nicht. „Liv?“ Immer noch erfolgte keine Reaktion. Um alle Zweifel auszuschließen, rief sie schließlich: „Olivia!“ Die Andere blieb augenblicklich stehen und ruckte herum. Ihre Freundin sah zu Sascha. Anfangs sah sie sehr verwirrt aus, doch dann strahlte sie ihre Freundin an.
„Oh, hi Sascha!“, sagte sie. „Sorry, ich musste gerade mal raus. Die Stunden haben mich fertig gemacht. Ich glaube, ich brauche erst einmal ne Zigarette. Hast du vielleicht eine für mich?“
„Nein, ich rauche nicht“, sagte Sascha perplex und dachte nur „Und du auch nicht!“ Liv zuckte bloß mit den Schultern.
„Egal, ich gehe zur Raucherecke. Dort wird sicherlich einer eine Zigarette für mich übrighaben“, sagte sie und marschierte davon. Sascha ging ebenfalls mit schleppendem Gang raus und hielt Ausschau nach Sam und Liam. In einer unbeobachteten Ecke stieß sie auf die beiden.