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Ein humorvoller Blick auf geschaffene Dinge, die entweder ihr Schicksal oder ihre Misshandlung durch die Menschen beklagen. Einige rühmen sich ihrer Perfektion, andere leiden darunter, dass sie nicht mehr gebraucht oder gekannt werden.
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Seitenzahl: 49
Veröffentlichungsjahr: 2017
Für Daniela Trottier
Die Schüsseln und Töpfe sprachen folgendermaßen zu den Menschen aus Holz: „Schmerz und Qualen habt ihr uns kosten lassen, ihr habt unsere Münder und Gesichter verbrannt, immer waren sie verrußt und dem Feuer ausgesetzt, ihr habt uns verbrannt und ausgedörrt, und so werden wir euch jetzt verbrennen.“
Aus dem Popol Vuh XX C.T.
Wenn wir die Windmühlen, die Wasseruhr oder den Büstenhalter fragten, was sie von ihrer Arbeit halten, würden die Antworten die Geschichte der Dinge verändern.
Die Texte dieses Bestiariums nehmen sich vor zu erfahren, was 111 Instrumente sagen, jedes in seiner Einsamkeit und aus seiner Sicht. Ich lade den Leser ein, die Übung nachzuvollziehen. Wenn er es tut, wird er sehen, dass die Artefakte nie wieder dieselben sein werden.
Glauben Sie mir: Wir Computer lügen nicht.
Der Käfig
Die Windmühlen
Der Schlüpfer
Das Würgeisen
Der melancholische Büstenhalter
Die Treppe
Der glückliche Tropfen
Das Toilettenpapier
Das Knarren der Türangeln
Das Schlüsselloch
Die Trompete
Die Kugel
Die Zahl
Die Uhr mit Handaufzug
Die Ermüdung des Nagels
Der Hammer
Der Schlüssel
Das Heft
Der Sarg
Das verlorene Glück der Münzen
Die Motorsäge
Die merkwürdigen Schuhe
Der Handschuh oder die Falle Gottes
Der Zug und die Schienen
Die Tassen
Der Korken
Der Korkenzieher
Die Weinflasche
Die Schnürsenkel
Der unglückliche Radiergummi
Die Socken
Der Brunnen
Die Hängematte
Das Zündholz
Das Automobil
Das Kondom
Das Telefon
Das Klosett
Der Anker
Der Hut
Das Bett
Die Brille
Die Schreibmaschine
Der Nachttopf
Die Mauer
Der Fernseher
Der Teppich
Der Spiegel
Die Pfanne
Das Vorhängeschloss
Wenn die Kompasse voneinander abweichen
Der Ziegel
Auslassungspunkte
Die Fahne
Die Vorhänge und das Fenster
Die Papierserviette
Das Buch
Die Zeitung
Die Zahnbürste
Der Feuerlöscher
Arte factum
Die Öl-Kerze
Der Lippenstift
Der Strick
Der Hebel
Viagra
Die Schraube und die Mutter
Die Lupe
Die Feile
Die Beißzange
Der Stuhl
Der Krug
Die Straßenbahn oder die Gelassenheit der Maschinen
Das Gas
Der Angelhaken
Das Gift
Die Sandale
Der Strichpunkt
Die 69
Das Abführmittel
Die Perücke
Die Unterhose
Die Elektrizität
Das Thermometer
Die Mülltüte
Das Taschentuch
Die Verkehrsampel
Das Astrolabium
Die Zahnkrone
Der Meißel
Die Kurve
Die Nähnadel
Das Zeichen für Unendlichkeit
Der Holzhammer
Der Scheinwerfer
Die Pinzette
Der Ring
Die Sonde
Die Spieldose
Das Megaphon
Der Leuchtturm
Die Abortgrube
Der Wasserhahn
Die Säule
Das Wappen
Die Windfahne
Das Minuszeichen
Die Peitsche
Der Kalender
Der Schlusspunkt, der nichts anderes sein wollte als ein Punkt
Nichts
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Gäbe es den Gesang der Vögel nicht, wäre es mir gleichgültig, was ich im Leben tue. Es ist angenehm, ihnen zuzuhören, ihre verzweifelte Sehnsucht nach Freiheit so nah zu fühlen, ihren schönen, vergeblichen Gesang.
Man stellte mich her, um andere einzuschließen. Es gibt keine einfachere Aufgabe. Aber auch ich bin eingeschlossen, denn die Türe zu öffnen oder zu schließen, hängt nicht von mir ab.
Die überaus groteske Geschichte mit den Windmühlen ist hinreichend bekannt. Nicht einmal wir selbst werden diesen ungerechten Reiter vergessen können, der sich mit dem Schwert in der Hand auf unsere Flügel stürzte, um sie zu zerstören.
Die Doppeldeutigkeit foltert mich nicht, nein, in keiner Weise, aber ich nehme sie wahr und sie lenkt meine Gedanken ab. Ich will ehrlich sein: Die Dinge des Lebens sind sehr weit von meiner beruflichen Angst entfernt. Ich ziehe es vor, die Aufmerksamkeit dem Amt zu widmen und mich darauf zu konzentrieren, die warme Berührung zu genießen, zu der mich meine Berufung bestimmt. Jeder neue Tag ist ein Fest. Wenn ich mich zurückziehe, leide ich; ich zittere, wenn ich zurückkehre, denn es erwarten mich neue Berührungen.
Trotzdem verwirrt mich eine Sache, eine einzige: Sicher wissen Sie schon, meine Herren, die leichtfertig (vielleicht aus Neid) darüber urteilen, welcher Widerspruch meine Arbeitsmoral kompromittiert. Wenn Sie es nicht wissen, werde ich es Ihnen sagen: Ein Teil von mir ergötzt sich am Eingang zum Paradies, während der andere den Ausgang der Hölle bewacht.
Man sagt, ich sei das älteste Instrument der Welt. Ich fühle mich geschmeichelt, wenn ich solche Behauptungen höre. Das Alter verleiht Prestige, Vorrecht, Würde. Ich verkörpere die Intelligenz dessen, der mich erfand. Durch mich veränderte sich die Geschichte. Wer kein Blatt vor den Mund nimmt, sagt es: Dank des Würgeisens gibt es Macht. Wie viele Köpfe habe ich nicht schon gebrochen, um sie zum Gehorsam zurückzuführen. Ich habe nichts zu tun, nur mich zur Schau zu stellen und zuzuschlagen. Ich bin rohe Kraft, bin Arglist, obwohl mir einige letztere Tugend absprechen. Meine Verleumder zittern bei meinem Anblick.
Hören Sie mir gut zu: Ich beklage es nicht, so zu sein. Warum sollte ich den Traum aufgeben, dass sich einige schwächliche Typen meinetwegen schlecht fühlen? Hingegen beschämt es mich tief, auf der Straße anderen zu begegnen, die stärker sind als ich, stolze, übermächtige Instrumente mit mehr Prestige, und ich leide, weil ich nicht zu den zivilisierten Waffen gehöre. Ich fühle mich alt, wie aus der Sammlung eines Antiquitätenhändlers. Ich tauge nur noch dazu, Hunde einzuschüchtern.
Jedermann beneidet mich um meinen Beruf. Glauben Sie mir, das Leben ist nicht leicht: Manchmal muss man große Lasten tragen!