Atta Troll. Ein Sommernachtstraum. - Heinrich Heine - E-Book

Atta Troll. Ein Sommernachtstraum. E-Book

Heinrich Heine

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Beschreibung

Das Versepos „Atta Troll“ zählt zu den virtuosesten Werken Heines, an dessen Mikrostruktur er besonders intensiv gefeilt hat. Die Leichtigkeit der ungereimten vierhebigen Trochäen, die sprachliche Dichte und der Witz sind harter Arbeit geschuldet. Das Werk enthält zahlreiche Anspielungen auf Personen des damaligen öffentlichen Lebens.

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Seitenzahl: 65

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Heinrich Heine

Atta Troll.

Ein Sommernachtstraum.

Impressum

Cover: Gemälde "Heinrich Heine" (1831) von Moritz Daniel Oppenheim (1800-1882)

Covergestaltung: nexx verlag gmbh, 2015

ISBN/EAN: 9783958705326

Rechtschreibung und Schreibweise des Originaltextes wurden behutsam angepasst.

www.nexx-verlag.de

Motto:

Aus dem schimmernden weißen Zelt hervor

Tritt der schlachtgerüstete fürstliche Mohr;

So tritt aus schimmernder Wolken Tor

Der Mond, der verfinsterte, dunkle, hervor.

Der Mohrenfürst, von Ferd. Freiligrath

Vorrede

Der Atta Troll entstand im Spätherbst 1841 und ward fragmentarisch abgedruckt in der »Eleganten Welt«, als mein Freund Laube wieder die Redaktion derselben übernommen hatte. Inhalt und Zuschnitt des Gedichtes mussten den zahmen Bedürfnissen jener Zeitschrift entsprechen; ich schrieb vorläufig nur die Kapitel, die gedruckt werden konnten, und auch diese erlitten manche Variante. Ich hegte die Absicht, in späterer Vervollständigung das Ganze herauszugeben, aber es blieb immer bei dem lobenswerten Vorsatze, und wie allen großen Werken der Deutschen, wie dem Kölner Dom, dem Schellingschen Gott, der preußischen Konstitution etc., ging es auch dem Atta Troll – er ward nicht fertig. In solcher unfertigen Gestalt, leidlich aufgestutzt und nur äußerlich geründet, übergebe ich ihn heute dem Publico, einem Drange gehorchend, der wahrlich nicht von innen kommt.

Der Atta Troll entstand, wie gesagt, im Spätherbste 1841, zu einer Zeit, als die große Emeute, wo die verschiedenfarbigsten Feinde sich gegen mich zusammengerottet, noch nicht ganz ausgelärmt hatte. Es war eine sehr große Emeute, und ich hätte nie geglaubt, dass Deutschland so viele faule Äpfel hervorbringt, wie mir damals an den Kopf flogen! Unser Vaterland ist ein gesegnetes Land; es wachsen hier freilich keine Zitronen und keine Goldorangen, auch krüppelt sich der Lorbeer nur mühsam fort auf deutschem Boden, aber faule Äpfel gedeihen bei uns in erfreulichster Fülle, und alle unsere großen Dichter wussten davon ein Lied zu singen. Bei jener Emeute, wo ich Krone und Kopf verlieren sollte, verlor ich keins von beiden, und die absurden Anschuldigungen, womit man den Pöbel gegen mich aufhetzte, sind seitdem, ohne dass ich mich zu einer Widerrede herabzulassen brauchte, aufs kläglichste verschollen. Die Zeit übernahm meine Rechtfertigung, und auch die respektiven deutschen Regierungen, ich muss es dankbar anerkennen, haben sich in dieser Beziehung um mich verdient gemacht. Die Haftbefehle, die von der deutschen Grenze an auf jeder Station die Heimkehr des Dichters mit Sehnsucht erwarten, werden gehörig renoviert jedes Jahr, um die heilige Weihnachtzeit, wenn an den Christbäumen die gemütlichen Lämpchen funkeln. Wegen solcher Unsicherheit der Wege wird mir das Reisen in den deutschen Gauen schier verleidet, ich feiere deshalb meine Weihnachten in der Fremde, und werde auch in der Fremde, im Exil, meine Tage beschließen. Die wackeren Kämpen für Licht und Wahrheit, die mich der Wankelmütigkeit und des Knechtsinns beschuldigten, gehen unterdessen im Vaterlands sehr sicher umher, als wohlbestallte Staatsdiener, oder als Würdenträger einer Gilde, oder als Stammgäste eines Klubs, wo sie sich des Abends patriotisch erquicken am Rebensafte des Vater Rhein und an meerumschlungenen schleswig-holsteinischen Austern.

Ich habe oben mit besonderer Absicht angedeutet, in welcher Periode der Atta Troll entstanden ist. Damals blühte die sogenannte politische Dichtkunst. Die Opposition, wie Ruge sagt, verkaufte ihr Leder und ward Poesie. Die Musen bekamen die strenge Weisung, sich hinfür nicht mehr müßig und leichtfertig umherzutreiben, sondern in vaterländischen Dienst zu treten, etwa als Marketenderinnen der Freiheit oder als Wäscherinnen der christlich-germanischen Nationalität. Es erhub sich im deutschen Bardenhain ganz besonders jener vage, unfruchtbare Pathos, jener nutzlose Enthusiasmus-Dunst, der sich mit Todesverachtung in einen Ozean von Allgemeinheiten stürzte, und mich immer an den amerikanischen Matrosen erinnerte, welcher für den General Jackson so überschwänglich begeistert war, dass er einst von der Spitze eines Mastbaums ins Meer hinabsprang, indem er ausrief: »Ich sterbe für den General Jackson!« Ja, obgleich wir Deutschen noch keine Flotte besaßen, so hatten wir doch schon viele Matrosen, die für den General Jackson starben, in Versen und in Prosa. Das Talent war damals eine sehr missliche Begabung, denn es brachte in Verdacht der Charakterlosigkeit. Die schelsüchtige Impotenz hatte endlich nach tausendjährigem Nachgrübeln ihre große Waffe gefunden gegen die Übermütigen des Genius; sie fand nämlich die Antithese von Talent und Charakter. Es war fast persönlich schmeichelhaft für die große Menge, wenn sie behaupten hörte: die braven Leute seien freilich in der Regel sehr schlechte Musikanten, dafür jedoch seien die guten Musikanten gewöhnlich Nichts weniger, als brave Leute, die Bravheit aber sei in der Welt die Hauptsache, nicht die Musik. Der leere Kopf pochte jetzt mit Fug auf sein volles Herz, und die Gesinnung war Trumpf. Ich erinnere mich eines damaligen Schriftstellers, der es sich als ein besonderes Verdienst anrechnete, dass er nicht schreiben könne, für seinen hölzernen Stil bekam er einen silbernen Ehrenbecher.

Bei den ewigen Göttern! damals galt es die unveräußerlichen Rechte des Geistes zu vertreten, zumal in der Poesie. Wie eine solche Vertretung das große Geschäft meines Lebens war, so habe ich sie am allerwenigsten im vorliegenden Gedicht außer Augen gelassen, und sowohl Tonart als Stoff desselben war ein Protest gegen die Plebiscita der Tagestribünen. Und in der Tat, schon die ersten Fragmente, die vom Atta Troll gedruckt wurden, erregten die Galle meiner Charakterhelden, meiner Römer, die mich nicht bloß der literarischen, sondern auch der gesellschaftlichen Reaktion, ja sogar der Verhöhnung heiligster Menschheits-Ideen beschuldigten. Was den ästhetischen Werth meines Poems betrifft, so gab ich ihn gern Preis, wie ich es auch heute noch tue; ich schrieb dasselbe zu meiner eignen Lust und Freude, in der grillenhaften Traumweise jener romantischen Schule, wo ich meine angenehmsten Jugendjahre verlebt, und zuletzt den Schulmeister geprügelt habe. In dieser Beziehung ist mein Gedicht vielleicht verwerflich. Aber du lügst, Brutus, du lügst, Cassius, und auch du lügst, Asinius, wenn ihr behauptet, mein Spott träfe jene Ideen, die eine kostbare Errungenschaft der Menschheit sind und für die ich selber so viel gestritten und gelitten habe. Nein, eben weil dem Dichter jene Ideen in herrlichster Klarheit und Größe beständig vorschweben, ergreift ihn desto unwiderstehlicher die Lachlust, wenn er sieht, wie roh, plump und täppisch von der beschränkten Zeitgenossenschaft jene Ideen aufgefasst werden können. Er scherzt dann gleichsam über ihre temporelle Bärenhaut. Es gibt Spiegel, welche so verschoben geschliffen sind, dass selbst ein Apollo sich darin als eine Karikatur abspiegeln muss und uns zum Lachen reizt. Wir lachen aber alsdann nur über das Zerrbild, nicht über den Gott.

Noch ein Wort. Bedarf es einer besonderen Verwahrung, dass die Parodie eines Freiligrathschen Gedichtes, welche aus dem Atta Troll manchmal mutwillig hervorkichert und gleichsam seine komische Unterlage bildet, keineswegs eine Misswürdigung des Dichters bezweckt? Ich schätze Denselben hoch, zumal jetzt, und ich zähle ihn zu den bedeutendsten Dichtern, die seit der Juliusrevolution in Deutschland aufgetreten sind. Seine erste Gedichtsammlung kam mir sehr spät zu Gesicht, nämlich eben zur Zeit, als der Atta Troll entstand. Es mochte wohl an meiner damaligen Stimmung liegen, dass namentlich der Mohrenfürst so belustigend auf mich wirkte. Diese Produktion wird übrigens als die gelungenste gerühmt. Für Leser, welche diese Produktion gar nicht kennen – und es mag Deren wohl in China und Japan geben, sogar am Niger und am Senegal – für Diese bemerke ich, dass der Mohrenkönig, der zu Anfang des Gedichtes aus seinem weißen Zelte, wie eine Mondfinsternis, hervortritt, auch eine schwarze Geliebte besitzt, über deren dunkles Antlitz die weißen Straußfedern nicken. Aber kriegsmutig verlässt er sie, er zieht in die Negerschlacht, wo da rasselt die Trommel, mit Schädeln behängen – ach, er findet dort sein schwarzes Waterloo und wird von den Siegern an die Weißen verkauft. Diese schleppen den edlen Afrikaner nach Europa, und hier finden wir ihn wieder im Dienste einer herumziehenden Reitergesellschaft, die ihm bei ihren Kunstvorstellungen die türkische Trommel anvertraut hat. Da steht er nun, finster und ernsthaft, am Ein