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Der Autor steht für einen unverwechselbaren Schreibstil. Er versteht es besonders plastisch spannende Revolverduelle zu schildern und den ewigen Kampf zwischen einem gesetzestreuen Sheriff und einem Outlaw zu gestalten. Er scheut sich nicht detailliert zu berichten, wenn das Blut fließt und die Fehde um Recht und Gesetz eskaliert. Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Die Sonne stand tief im Westen und legte einen goldenen Schimmer über die fernliegenden Ausläufer der Big Horns, als Scott Coburne am späten Nachmittag im August den Cheyenne River überquerte. Vor ihm lagen die weiten Ebenen des Thunder Basins von Wyoming, die wie Wellen einer See über das Land zu rollen schienen. Eine leichte, angenehme Brise strich vom Cheyenne River zu ihm heran und traf seinen Rücken. Das machte die Hitze etwas erträglicher, die über dem Land lastete und an einen Glutofen erinnerte. Die Sommer hierzulande konnten höllisch sein. Das wusste Scott Coburne aus Erfahrung. Genauso verhielt es sich mit den Wintermonaten, die von extremer Kälte beherrscht und nicht selten von heftigen Blizzards heimgesucht wurden. Er war ein hochgewachsener Mann, der seine Wurzeln in Westtexas hatte. Seine Figur war die eines typischen Reiters – breit in den Schultern, schmal in den Hüften. Zwei hellgraue Augen bildeten einen starken Kontrast zu seiner Gesichtshaut, die vom ständigen Leben im Freien tiefbraun gefärbt war. Dichtes, dunkelblondes Haar lugte unter seinem breitkrempigen Texashut hervor, das dringend wieder einmal geschnitten werden musste. Seine narbigen Hände verrieten, dass er den Umgang mit dem Lasso gewohnt war. Nicht nur das. Er hatte auf vielen Ranches gearbeitet und war auf zahlreichen Viehtrails dabei gewesen, einige Male sogar als Trailboss. Scott Coburne kannte sich in vielen Dingen aus, dazu gehörte natürlich auch der Umgang mit Waffen. Etwas, was in jenen Tagen unabdingbar war, um in diesem rauen Land zu überleben. Er gehörte zu den ständig Ruhelosen, die es immerzu weiter trieb, die nie länger an einem Ort verweilen konnten. Doch diesmal gab es für ihn einen zwingenden Grund, hierher ins Thunder Basin nach Wyoming zu kommen. Ihm zur Rechten tauchte ein Anwesen auf, welches aus einem Holzhaus, einer Baracke und zwei angrenzenden Corrals bestand. Die Gebäude befanden sich in einer Talmulde, eingebettet zwischen einigen Pinien.
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Seitenzahl: 146
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Die Sonne stand tief im Westen und legte einen goldenen Schimmer über die fernliegenden Ausläufer der Big Horns, als Scott Coburne am späten Nachmittag im August den Cheyenne River überquerte. Vor ihm lagen die weiten Ebenen des Thunder Basins von Wyoming, die wie Wellen einer See über das Land zu rollen schienen.
Eine leichte, angenehme Brise strich vom Cheyenne River zu ihm heran und traf seinen Rücken. Das machte die Hitze etwas erträglicher, die über dem Land lastete und an einen Glutofen erinnerte.
Die Sommer hierzulande konnten höllisch sein. Das wusste Scott Coburne aus Erfahrung. Genauso verhielt es sich mit den Wintermonaten, die von extremer Kälte beherrscht und nicht selten von heftigen Blizzards heimgesucht wurden.
Er war ein hochgewachsener Mann, der seine Wurzeln in Westtexas hatte. Seine Figur war die eines typischen Reiters – breit in den Schultern, schmal in den Hüften. Zwei hellgraue Augen bildeten einen starken Kontrast zu seiner Gesichtshaut, die vom ständigen Leben im Freien tiefbraun gefärbt war. Dichtes, dunkelblondes Haar lugte unter seinem breitkrempigen Texashut hervor, das dringend wieder einmal geschnitten werden musste.
Seine narbigen Hände verrieten, dass er den Umgang mit dem Lasso gewohnt war. Nicht nur das. Er hatte auf vielen Ranches gearbeitet und war auf zahlreichen Viehtrails dabei gewesen, einige Male sogar als Trailboss. Scott Coburne kannte sich in vielen Dingen aus, dazu gehörte natürlich auch der Umgang mit Waffen. Etwas, was in jenen Tagen unabdingbar war, um in diesem rauen Land zu überleben. Er gehörte zu den ständig Ruhelosen, die es immerzu weiter trieb, die nie länger an einem Ort verweilen konnten. Doch diesmal gab es für ihn einen zwingenden Grund, hierher ins Thunder Basin nach Wyoming zu kommen.
Ihm zur Rechten tauchte ein Anwesen auf, welches aus einem Holzhaus, einer Baracke und zwei angrenzenden Corrals bestand. Die Gebäude befanden sich in einer Talmulde, eingebettet zwischen einigen Pinien. Ein kleiner Bach schlängelte sich an ihnen vorbei. Scott Coburne brachte seinen Rehbraunen zum Stehen und blickte zu dem Anwesen herüber.
Etwas kam ihm seltsam vor. Die Tür zum Haupthaus war sperrangelweit offen und hing schief in den Angeln. Aber kein Mensch war weit und breit zu sehen. Und auch kein Vieh stand irgendwo auf der Weide.
Instinktiv legte sich Scott Coburnes Rechte um den Kolben seines Remingtons, während die Linke die Zügel umfasste. Er lenkte den Rehbraunen vom Weg und trieb ihn auf das Anwesen zu.
Es dauerte nicht lange, bis er die tiefen Eindrücke von mehreren Hufspuren am Boden sah. Er beugte sich im Sattel vor und besah sich diese Spuren genauer. Sie waren kaum einen oder zwei Tage alt. Hier war vor Kurzem eine Gruppe Reiter entlang geritten, direkt zu dem Anwesen. Wie er es aus den Spuren herauslesen konnte, waren die Reiter denselben Weg auch wieder zurückgeritten. Die Hufabdrücke zeigten, dass dies in ziemlicher Eile geschehen sein musste.
Scott Coburne trieb den Rehbraunen mit einem Schenkeldruck die Talsenke hinunter. Ein scharfer, süßlicher Geruch kam ihm entgegen. Plötzlich sah er etwas, was ihn sofort innehalten ließ. Einer der Bäume trug eine grausame Frucht. Es war eine große Eiche, die dem Anwesen am nächsten stand.
Langsam trieb er den Rehbraunen auf den Baum zu. Er blickte hoch zum Ast, an dem zwei Menschen hingen. Ein Mann und eine Frau. Der Prozess der Verwesung hatte bereits eingesetzt. Fliegen summten in Scharen um die Toten herum. Angewidert verzog Scott Coburne das Gesicht. Der penetrante, widerlich süße Geruch des Todes stieg ihm in die Nase und schlug ihm empfindlich auf den Magen.
Nun wusste er auch über die vielen Pferdespuren Bescheid. Mehrere Reiter waren gekommen, in der Absicht, diesen Lynchmord zu begehen. Dabei hatten sie sich nicht einmal die Mühe gemacht, die Toten hinterher zu begraben.
Scott Coburne schüttelte grimmig den Kopf. Er sah zum Haupthaus, bei dem die Tür weit offen stand.
»Zur Hölle mit einer solchen Brut!«, drang es leise über seine Lippen. »Man hat die beiden sicher gewaltsam aus dem Haus gezerrt und ohne viel Federlesen, an den Baum gehängt. Die Sache scheint übler zu sein, als ich angenommen hatte. In was bin ich da bloß wieder hineingeraten?«
Er lenkte den Rehbraunen auf das Haupthaus zu, glitt aus dem Sattel und trat über die Verandabohlen, die laut unter seinen Füßen knarrten. So laut, dass es ihm durch Mark und Bein ging. Er sah, dass die Tür gewaltsam eingetreten worden war, um sich Zugang ins Innere zu verschaffen. Diese Kerle waren nicht zimperlich gewesen. Wahrscheinlich waren sie in der Nacht gekommen, hatten die beiden Opfer im Schlaf erwischt.
Bevor Scott Coburne ins dunkle Innere des Hauses verschwand, sandte er noch einmal einen Blick zu den beiden Toten am Baum. Ein leichter Schauer zog über seinen Rücken.
Eine höllische Art, sein Leben zu verlieren!, ging es ihm durch den Kopf, dann trat er ins Haus.
*
Zwei zerbrochene Stühle, ein umgestürzter Tisch und jede Menge Scherben gaben ihm Aufschluss darüber, dass sich gegen die Widersacher verzweifelt zur Wehr gesetzt worden war. Ein Bett stand in einem offenen Nebenraum und war völlig zerwühlt. Auf dem Boden sah Scott Coburne Spuren von schmutzigen Stiefeln und bereits eingetrocknetem Blut.
Aber das, wonach er wirklich suchte, fand er nicht. Also verließ er das Haus und wandte sich der nebenstehenden Baracke zu, in der Hoffnung, dort eine Schaufel zu finden.
Ein übler Gestank wehte ihm entgegen, als er die schwere Holztür aufstieß und eintrat. Sofort krampften sich seine Magenwände zusammen. Er zog sich sein Halstuch über die Nase und trat langsam ins Innere.
Und wieder traf ihn eine üble Überraschung.
Diese Baracke war offensichtlich die Unterkunft eines Ranchmitarbeiters. Dieser lag ausgestreckt auf dem Bett, den Mund weit aufgerissen und starrte mit leeren Augen zur Decke. Nur zögernd näherte sich Scott Coburne dem Mann und schüttelte den Kopf. Zwei Schüsse waren auf ihn abgegeben worden. Scott Coburne war kein Arzt. Aber er wusste genau, dass diese tödlich waren. Ihm konnte er auch nicht mehr helfen. Irgendjemand hatte es ganz bewusst auf diese Menschen abgesehen. Was sich hier abgespielt hatte, war eine Hinrichtung der übelsten Art. Aber einen Sinn konnte er darin nicht erkennen.
Noch nicht!
Aber das würde sich gewiss herausfinden lassen, dachte er, während er sich vom Toten abwandte und nach draußen trat.
*
Kaum stand er wieder im Tageslicht, zog er sein Halstuch herunter und atmete ein paar Mal tief durch. In diesem Augenblick krachte ein Schuss. Die Kugel hackte dicht neben ihm ins Holz und riss Späne und Splitter heraus, die sein Gesicht trafen. Hastig sprang er zur Seite. Seine Rechte langte zum Kolben des Remingtons. Doch ehe er die Waffe aus dem Holster reißen konnte, rief eine scharfe Stimme: »Okay, Mister. Das war ein Warnschuss. Wenn Sie Dummheiten machen, wird es ernst. Finger von der Kanone und die Hände hoch. Aber schön langsam!«
Scott Coburne sah eine junge Frau auf einem Pferd hinter einer Baumgruppe auftauchen. In beiden Händen hielt sie ein Gewehr auf ihn gerichtet. Irgendetwas in ihrem Blick riet ihm, ihrer Aufforderung sofort nachzukommen. Langsam streckte er die Hände nach oben.
»Was soll das geben, wenn’s fertig ist, Lady?«
Er beobachtete, wie sie langsam auf ihn zugeritten kam. Die Mündung ihres Gewehrs zeigte auf seine Brust.
»Das werden Sie schon merken«, drang ihre schroffe Stimme zu ihm. Dann rief sie scharf: »Brod! Tyler! Ihr könnt herkommen. Ich habe ihn!«
Aus der anderen Richtung tauchten plötzlich zwei Reiter hinter einem dichten Gebüsch auf. Einige Yards vor Scott Coburne brachten sie ihre Pferde zum Stehen und musterten ihn unverhohlen neugierig. Sie hielten Scott Coburne mit gezogenen Colts in Schach. Einer von ihnen war rothaarig und gewiss noch nicht ganz trocken hinter den Ohren. Viele Sommersprossen zeigten sich in seinem Gesicht. Der andere war älter. Kurzes, graues Haar lugte unter seinem Stetson hervor, tiefe Falten gruben sich um die Mundwinkel.
Scott Coburnes Blicke wechselten zwischen den beiden Reitern und der Frau. Ihre Gesichter verrieten nichts Gutes. Die Frau war sehr hübsch, wenngleich sie recht herrisch wirkte. Rabenschwarzes, wallendes Haar fiel lose über den schmalen Schultern herab. Den braunen flachrandigen Hut hatte sie weit in den Nacken geschoben. Sie trug die derbe Kleidung der Weidereiter und über ihrer dunkelbraunen Lederhose hatte sie einen Revolvergurt umgeschnallt. Dies war für eine Frau hierzulande eher untypisch. Scott Coburne schätzte sie auf etwa dreißig Jahre. Ihre vollen Lippen waren an den Seiten etwas herabgezogen. Und genau das verlieh ihr den herrischen Ausdruck. Zwei graugrüne Augen blickten Scott Coburne hart entgegen.
Die ist bestimmt nicht zimperlich, schoss es Scott Coburne durch den Kopf. Die hat Haare auf den Zähnen.
»Kennst du diesen Mann, Brod?«
Brod war der Ältere. Dieser schüttelte den Kopf. »Nein, Miss Candice. Aber das muss nichts heißen.«
Auch der sommersprossige Nebenmann schüttelte den Kopf. »Nie gesehen, Miss Anderson. Aber das ist ’n Revolverheld, der ganz sicher auf Ketchums Lohnliste reitet. Jede Wette!«
Nun wandte sich die energische Miss Candice Anderson wieder Scott Coburne zu. »Wir beobachten Sie schon eine ganze Weile, Mister. Was haben Sie hier zu suchen?«
Ihr Befehlston gefiel ihm ganz und gar nicht. Er spürte den Anflug von Zorn in sich aufkeimen, den er allerdings mit einem Grinsen auf den Lippen geflissentlich überspielen konnte.
»Andere Frage, Lady: Was geht Sie das an?«
Der sommersprossige Tyler drängte seinen Rehbraunen näher an Scott Coburne heran. Dabei fuchtelte er mit seinem Colt dicht unter Scott Coburnes Nase herum und schnappte: »Die Lady hat etwas gefragt, Mister. Also antworten Sie ihr gefälligst.«
Scott Coburne hätte diesen ungestümen Heißsporn am liebsten mit einem tüchtigen Schwinger aus dem Sattel geholt, hielt es dann aber doch für ratsamer, es nicht zu tun.
Stattdessen kam es spöttisch über seine Lippen: »Junge, du solltest dich lieber etwas zurückhalten. Es könnte sonst höllischen Verdruss für dich geben.«
Ein hässliches Grinsen zeigte sich im Gesicht des jungen Burschen. In seinen Augen blitzte es tückisch auf. »So? Eher für dich, Mister. Pass auf, du …«
Mit unfehlbarer Schärfe kam Candice Andersons Kommandoton: »Tyler! Halte dich zurück, bis du einen entsprechenden Befehl von mir bekommst, verstanden!?«
Das Grinsen verschwand, und er parierte sofort wie ein gut dressierter Hund. Aber seine Augen glühten wie heiße Kohlen. Scott Coburne bemerkte, wie der Bursche an der Zurechtweisung zu knabbern hatte.
Auch Candice Anderson schien es zu merken. »Fang nicht gleich an durchzudrehen, Tyler. Noch wissen wir nichts über ihn.« Sie deutete mit einem Kopfnicken in Scott Coburnes Richtung.
»Verdammt, Miss Anderson! Jeder Blinde erkennt doch, dass dieser Vogel hier ein Revolverschwinger ist. Und jeder verdammte Revolverschwinger, der sich hier im Territorium aufhält, gehört zu Chance Ketchum. Warum also langes Federlesen machen? Hängen wir ihn doch gleich neben die beiden da vorn an den Ast.«
Sie beachtete seine Worte nicht, sondern wandte sich an Scott Coburne, ohne allerdings den Gewehrlauf zu senken.
»Mister, hier im Land geht es im Augenblick für jeden um Leben und Tod. Fremde sind daher keine gern gesehenen Gäste. Ich frage Sie deshalb noch mal: Wer sind Sie und was machen Sie hier? Ausgerechnet auf Louis Stanwycks Anwesen.«
»Mein Name ist Scott Coburne, Miss. Ich kam nur zufällig hier vorbei. Dieser Louis Stanwyck …, ist das der Tote am Ast?«
»Ja, das ist Louis Stanwyck. Und die Frau neben ihm ist Hillary, seine Ehefrau. Wie es scheint, hat man gleich einen Aufwasch mit ihnen gemacht.« Diesmal klang der Tonfall nicht mehr ganz so herrisch, Trauer klang mit.
Scott Coburne deutete mit dem Daumen nach hinten. »Da drin liegt noch einer. Mit ein paar Einschusslöchern in der Brust.«
Candice Anderson verzog ihr Gesicht. Auf Scott Coburne wirkte es, als hätte sie plötzlich in einen sauren Apfel gebissen. Aber sie bekam sich sehr schnell wieder unter Kontrolle.
»Holly Spence, Louis Stanwycks Weidereiter. Also haben sie gleich alle umgebracht.«
Jetzt, da Miss Andersons Tonfall erträglicher wurde, fiel es Scott Coburne auch leichter, höflicher zu sprechen. »Sie, Ma’am? Wissen Sie denn, wer es getan hat?«
Wieder war es der ungestüme Tyler, der sich einmischte. »Das wirst du doch wohl am besten wissen, Revolvermann! Dieses Geplänkel führt doch zu nichts. Rück endlich mit der Sprache raus: Was hast du mit den Toten am Hut?«
Er drängte dabei sein Pferd so nah an Scott Coburne heran, dass dieser zwangsläufig einen Schritt zurückweichen musste, um nicht von dem Tier gerammt zu werden. Jetzt funkelten Scott Coburnes Augen zornig zu Tyler auf. Dieser ungestüme Kerl brauchte eine Lektion. Und das ganz schnell. Scott Coburne tändelte nicht lange herum. Mit einem Satz sprang er vor. Er packte Tylers Stiefel und wuchtete den sommersprossigen Burschen mit einem einzigen Ruck aus dem Sattel. Darauf war der hitzköpfige Kerl nicht gefasst. In hohem Bogen segelte er aus dem Sattel und landete krachend auf dem Boden. Wut und Überraschung zeigte sich gleichermaßen in seinem Gesicht. Sofort wälzte er sich herum und langte nach seinem Revolver, der ihm während des Sturzes aus der Hand geglitten war. Aber noch ehe er ihn zu fassen bekam, stürmte Scott Coburne an ihn heran und verpasste ihm einen tüchtigen Aufwärtshaken. Tylers Zähne knallten laut aufeinander. Seine Augen wurden glasig und er taumelte mit rudernden Armen nach hinten. Dabei stolperte er über einen Stein und schlug erneut der Länge nach hin. Diesmal blieb er liegen.
Scott Coburne machte einen Schritt auf ihn zu, doch die schneidende Stimme Candice Andersons ließ ihn mitten in der Bewegung innehalten.
»Das reicht!«
Scott Coburne rieb sich die Fingerknöchel und sah zu ihr auf. »Das nächste Mal überlegt er es sich vielleicht eher, mit wem er sich anlegt oder nicht.«
Ein Lächeln umspielte ihre vollen Lippen. »Sie sind ziemlich mutig, Mister Coburne. Einfach so auf einen Mann loszugehen, obwohl mehrere Waffen auf Sie gerichtet sind.«
»Der Kerl ging mir auf die Nerven. Außerdem hätten weder Sie noch Ihr zweiter Mann dort auf mich geschossen.«
Miss Anderson hob die Augenbrauen. »So? Was macht Sie da so sicher?«
»Es hätte keinen Grund dafür gegeben. Und wie eiskalte Mörder sehen Sie nicht aus.«
Sie lachte schallend. Aber der grauhaarige Brod neben ihr im Sattel blieb stumm. Er musterte Scott Coburne nur unter zusammengezogenen Brauen. Blicke, die alles oder auch nichts bedeuten konnten. Allerdings hatte Brod seinen Revolver nicht mehr auf ihn gerichtet. Die Mündung zeigte auf den Boden.
Scott Coburne hielt ihn für einen Mann, der sich gern im Hintergrund hielt. Aber er war sich durchaus bewusst, dass dieser schweigsame Bursche gewiss die Hölle loslassen würde, wenn seine Chefin den passenden Befehl dazu gäbe.
Candice Anderson wandte sich wieder Scott Coburne zu. »Sie behaupten also, nur zufällig hier vorbeigekommen zu sein, Mister Coburne? Vielleicht stimmt das, vielleicht auch nicht. Aber es wäre in jedem Fall besser, diese Gegend zu meiden. Das ist ein gut gemeinter Rat von mir, den Sie annehmen sollten, wenn Sie sich nicht in einen anstehenden Krieg einkaufen wollen.«
Rat?
Klang es nicht eher wie eine Warnung?
Er beobachtete, wie der sommersprossige Tyler sich taumelnd seinem Pferd näherte und sich stöhnend in den Sattel zog. Er schien sämtliche Kampflust verloren zu haben, aber die Blicke, die er in Scott Coburnes Richtung schoss, sprühten vor Zorn.
Scott Coburne beachtete ihn nicht weiter, sondern wandte sich stumm ab und ging in Richtung eines der Schuppen.
»Wo wollen Sie hin? Ihr Pferd steht da drüben.«
Scott Coburne hatte bereits den Schuppen erreicht, als er sich langsam wieder zu Candice Anderson umdrehte. »Das ist schon richtig, Lady. Aber ich habe keine Schaufel in meinen Satteltaschen. Und auf dem Baum hängen lassen will ich die armen Teufel auch nicht. Das verstehen Sie doch, oder?«
Sie nickte. »Nun, Mister, die Stanwycks aufzuhängen, war schon grausam genug. Aber sie dort hängen zu lassen, wäre genauso schlimm. Sie scheinen wirklich nichts mit der Sache zu tun zu haben, sonst würden Sie kaum einen Gedanken daran verschwenden, die beiden zu beerdigen.« Sie wandte sich an ihre Reiter: »Tyler! Brod! Runter von den Gäulen. Helft ihm, die Toten zu bestatten.«
*
Gedankenverloren sah sie ihm nach, als er in den Sattel des Rehbraunen glitt und davonritt, ohne sich noch einmal umzudrehen. Brod trat an sie heran und riss sie aus ihren Gedanken. »Was halten Sie von dem Kerl, Miss Anderson?«
»Ich bin mir noch nicht im Klaren darüber, Brod. Aber eines ist sicher: Zufällig ist der Bursche nicht in diese Gegend gekommen.«
»So sehe ich es auch an, Miss Anderson.« Brod rieb sich über sein kantiges Kinn. »Aber ich frage mich, weshalb. Denn zu Ketchum und seiner Bande scheint er wirklich nicht zu gehören.«
Candice Anderson drehte sich in die Richtung der frischen Gräber mit den drei provisorischen Holzkreuzen.
»Ketchum!«, kam es verächtlich über ihre Lippen. »Das hier war eindeutig sein Werk. Und in ein paar Tagen wird er dann Stanwycks Land mit seinen Rindern besetzt haben. Warum auch nicht? Es gibt weit und breit keinen, der das verhindern könnte, seit es keinen Marshal mehr in Cameno Springs gibt.«
Brod nickte düster. »Ja. Und dann hat die Horsehead einen neuen Nachbarn. Wir sollten uns mächtig vorsehen, Miss Anderson. Ketchum ist noch lange nicht am Ende der Fahnenstange angelangt.«
Sie warf ihm einen zornigen Blick zu. »Das soll er nur wagen, Brod! Noch hat die Horsehead genügend Reiter, um ihm die Hölle heißzumachen!«
Brod wies mit einem Fingerzeig auf die Gräber. »Miss Anderson, Sie wissen, dass ich nicht der Mann bin, der gern widerspricht. Aber wenn jemand keine Skrupel hat, so vorzugehen wie bei den Stanwycks, wird er auch vor der Horsehead nicht zurückschrecken. Stanwyck mag vielleicht ein mutiger Mann gewesen sein, der sich nicht von seinem Land vertreiben lassen wollte. Aber die Quittung hat er trotzdem bekommen. Man hat nicht einmal vor seiner Frau und dem alten Holly Halt gemacht. Zur Hölle!«
