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Der Autor steht für einen unverwechselbaren Schreibstil. Er versteht es besonders plastisch spannende Revolverduelle zu schildern und den ewigen Kampf zwischen einem gesetzestreuen Sheriff und einem Outlaw zu gestalten. Er scheut sich nicht detailliert zu berichten, wenn das Blut fließt und die Fehde um Recht und Gesetz eskaliert. Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Es war an einem Frühlingsmorgen im Jahr 1881, als hinter den Ausläufern der Black Mesa in Colorado ein Reiter auftauchte, der eine Pferdeherde von etwa drei Dutzend Tieren vor sich her trieb. Sein Name war Ben Latimer und er war Wildpferdjäger. Er war ein hochgewachsener, muskulöser Mann, der gewohnt war, die meiste Zeit seines Lebens im Sattel zu verbringen. Zwei hellblaue Augen bildeten einen starken Kontrast zu seinem scharfgeschnittenen Gesicht, das von der Sonne tiefbraun gefärbt war. Es war ein sehr männliches Gesicht mit den Spuren eines bewegten Lebens. Dunkelblondes Haar lugte unter seinem schwarzen Texashut hervor, den er aus der Stirn geschoben hatte. Im Augenblick hatte er ziemliche Mühe, die kleine Herde beisammenzuhalten und vorwärtszubringen. Es waren Wildpferde, noch längst nicht richtig gezähmt und zugeritten. Immer wieder drangen seine scharfen Rufe und Pfiffe über die Pferderücken hinweg, um die Tiere in eine seicht abfallende Senke zu treiben, in der die Pferdewechselstation vom alten Wiley Bolderbuck lag. Als die etwas windschief aussehenden Gebäude vor seinen Augen auftauchten, unterbrach er seine Pfiffe und stieß ein Seufzen der Erleichterung aus. Mit dem Ärmel seines zerschlissenen Arbeitshemdes wischte er sich Schweiß und Staub aus der Stirn. In seinem Gesicht zeigte sich so etwas wie ein zufriedenes Lächeln. Je näher er mit den Pferden jener Station kam, desto größer wurde die Zuversicht auf eine ordentliche Mahlzeit und einem Becher starken Kaffees. Als spürten diese wilden, feurigen Biester seine Gedanken, begannen sie tatsächlich schneller zu laufen, verloren an ihrer Wildheit und galoppierten den sandigen Weg die Senke hinab, bis sie die Station erreichten. Sofort lenkte er sie auf den Corral zu, dessen Gatter geöffnet war, um sie dort hineinzutreiben. Das klappte zunächst nicht so ganz, wie er es wollte. Denn der Leithengst scheute vor dem Zaun und blieb widerwillig vor dem Gatter stehen. Er stieß ein trompetenartiges Wiehern aus und weigerte sich, hineinzulaufen. Die nachfolgenden Tiere taten es ihm gleich. Aber bevor sie einen Pulk bilden konnten, der sich vor dem Corral zu sammeln drohte, war Ben Latimer auf seinem Bronco bereits am Leithengst heran und brachte das störrische Biest mit scharfen Rufen und heftigen Gebärden dazu, durch das Gatter zu laufen.
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Seitenzahl: 148
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Es war an einem Frühlingsmorgen im Jahr 1881, als hinter den Ausläufern der Black Mesa in Colorado ein Reiter auftauchte, der eine Pferdeherde von etwa drei Dutzend Tieren vor sich her trieb.
Sein Name war Ben Latimer und er war Wildpferdjäger. Er war ein hochgewachsener, muskulöser Mann, der gewohnt war, die meiste Zeit seines Lebens im Sattel zu verbringen. Zwei hellblaue Augen bildeten einen starken Kontrast zu seinem scharfgeschnittenen Gesicht, das von der Sonne tiefbraun gefärbt war. Es war ein sehr männliches Gesicht mit den Spuren eines bewegten Lebens. Dunkelblondes Haar lugte unter seinem schwarzen Texashut hervor, den er aus der Stirn geschoben hatte.
Im Augenblick hatte er ziemliche Mühe, die kleine Herde beisammenzuhalten und vorwärtszubringen. Es waren Wildpferde, noch längst nicht richtig gezähmt und zugeritten. Immer wieder drangen seine scharfen Rufe und Pfiffe über die Pferderücken hinweg, um die Tiere in eine seicht abfallende Senke zu treiben, in der die Pferdewechselstation vom alten Wiley Bolderbuck lag.
Als die etwas windschief aussehenden Gebäude vor seinen Augen auftauchten, unterbrach er seine Pfiffe und stieß ein Seufzen der Erleichterung aus. Mit dem Ärmel seines zerschlissenen Arbeitshemdes wischte er sich Schweiß und Staub aus der Stirn. In seinem Gesicht zeigte sich so etwas wie ein zufriedenes Lächeln. Je näher er mit den Pferden jener Station kam, desto größer wurde die Zuversicht auf eine ordentliche Mahlzeit und einem Becher starken Kaffees.
Als spürten diese wilden, feurigen Biester seine Gedanken, begannen sie tatsächlich schneller zu laufen, verloren an ihrer Wildheit und galoppierten den sandigen Weg die Senke hinab, bis sie die Station erreichten. Sofort lenkte er sie auf den Corral zu, dessen Gatter geöffnet war, um sie dort hineinzutreiben.
Das klappte zunächst nicht so ganz, wie er es wollte. Denn der Leithengst scheute vor dem Zaun und blieb widerwillig vor dem Gatter stehen. Er stieß ein trompetenartiges Wiehern aus und weigerte sich, hineinzulaufen. Die nachfolgenden Tiere taten es ihm gleich. Aber bevor sie einen Pulk bilden konnten, der sich vor dem Corral zu sammeln drohte, war Ben Latimer auf seinem Bronco bereits am Leithengst heran und brachte das störrische Biest mit scharfen Rufen und heftigen Gebärden dazu, durch das Gatter zu laufen. Das prachtvolle Tier wieherte zornig und schlug mit den Hufen auf den festgestampften Boden. Dann gab er nach. Die anderen folgten, wie Soldaten ihrem General. Ben Latimer warf sich aus dem Sattel seines Bronco, schob das Gatter zu und legte den Verriegelungsbalken in die Halterung. Dann sah er, wie sich die Herde auf der Weidefläche hinter dem Zaun verteilte. Zufrieden trat er an seinen Bronco heran, nahm mit der Rechten die Zügel auf und verpasste ihm mit der Linken einen freundschaftlichen Klaps auf die breite Schulter.
»So, mein Junge, jetzt verleiben wir uns ein tüchtiges Frühstück ein, was meinst du?«
Der Bronco warf den Kopf zu ihm herum und schnaubte freudig. Ben Latimer lenkte sein Pferd Richtung Haupthaus und staunte. Auf der großzügigen Veranda hatten sich fünf Personen eingefunden. Das allein hätte Ben Latimer gewiss nicht zum Erstaunen gebracht. Aber alle fünf waren Frauen und wahrhaftig nicht von der Sorte, die sich zu verstecken brauchten. Eine von ihnen, eine recht große und üppige Rothaarige, hatte sich vor den vier anderen postiert. Sie hielt eine Flinte in beiden Händen und blickte Ben Latimer mit dem Ausdruck spöttischer Anerkennung entgegen.
»Mit Pferden verstehen Sie scheinbar umzugehen, Fremder«, wehte es kehlig zu Ben Latimer heran, und er fand, dass ihm die Stimme mächtig gut gefiel.
Er lenkte den Bronco an die Gruppe heran und brachte ihn nur wenige Yards vor der Rothaarigen zum Stehen. Er lüftete höflich seinen Texas-Hut und beugte sich lässig im Sattel vor.
»Ma’am«, kam es von seinen Lippen, »ich bringe die versprochene Herde für Wiley Bolderbuck. Fünfunddreißig prachtvolle Gäule. Wie’s vereinbart wurde. Wo steckt denn der Bursche?«
Er blickte sich um, entdeckte ihn nirgends und wandte sich wieder der Rothaarigen zu, die scheinbar die Chefin der Frauengruppe war. Sie schüttelte den Kopf. Offensichtlich spürte sie, dass von diesem Burschen vor ihr, im Sattel seines Bronco, keine Gefahr drohte und so ließ sie den Lauf der Flinte sinken.
»Wiley Bolderbuck? Den gibt es hier nicht mehr, Mister.«
Ben Latimer zog die Brauen zusammen. »Soll heißen?«
»Der alte Wiley fand eine Silberader. Er überließ uns Mädchen hier die Station und zog in Windeseile auf und davon. Uns gehört jetzt die Pferdewechselstation, Mister. Mein Name ist Deborah Brennan.« Sie drehte sich halb nach hinten zu den Mädchen. »Und diese prächtigen Mädels sind Myra, Annie, Stella und Ruth. Nun sind Sie im Bilde.«
Das war er, bedachte die Mädchen hinter Deborah wieder mit einem höflichen Kopfnicken und meinte: »Schätze, das ändert die Sache etwas, wie ich sehe.«
»Nein. Die Pferde übernehmen wir natürlich, Mister. Allerdings sind sie noch wild, müssen zugeritten werden und an das Laufen im Gespann vor einer Kutsche gewöhnt werden, versteht sich.«
Ben Latimer schmunzelte. Diese Rothaarige wusste Bescheid, keine Frage.
Sie sah fragend und mit einem gekonnten Augenaufschlag zu ihm auf. »Das könnten Sie doch wohl übernehmen, was, Mister?«
Nun waren die Blicke aller auf ihn gerichtet. Und in ihren Gesichtern erkannte er klar und deutlich, was sie von nun an erwarteten.
»Okay, darüber ließe sich reden, Ma’am. Schätze, ich werde eine Weile bleiben und mich darum kümmern. Für jedes Tier, das tauglich dafür ist, im Gespann vor einer Postkutsche zu laufen, verlange ich zehn Dollar.«
Deborah Brennan legte ihre Hände in die Hüften, lächelte zu ihm auf. Es war das Lächeln einer erfahrenen Frau, die sich prima auskannte und der im Leben nichts mehr fremd war. »Zuzüglich für das Einbringen der Pferde, nicht wahr?«
»Richtig, Lady. Dafür bekomme ich schon jetzt fünfundzwanzig Dollar für jedes Tier.«
»Stolzer Preis, wie ich finde.«
»Sie haben doch die Gäule gesehen, die ich hergetrieben habe. Das sind allesamt ausgesuchte Pferde aus einer großen Herde. Aber das brauche ich Ihnen wohl nicht großartig zu erzählen, oder?«
Sie schüttelte lachend den Kopf, ohne ihn dabei nicht eine Sekunde aus den Augen zu lassen. »Mister, ich bin mit Pferden aufgewachsen. Damit kenne ich mich bestens aus.«
Und nicht nur mit Pferden, jagte es durch Ben Latimers Kopf, er entschied allerdings, diesen Gedanken für sich zu behalten.
»Also mit den Bedingungen einverstanden?«
»Ja, bin ich. Und nun steigen Sie endlich runter von Ihrem Pferd und kommen ins Haus. Auf dem Herd stehen noch Fleisch, Kartoffeln und Bohnen. Und gegen eine anständige Tasse Kaffee dürften Sie sicher auch nichts haben, Mister …, wie, zum Teufel, heißen Sie eigentlich?«
Diese Rothaarige war richtig, tändelte nicht lange herum und kam gleich zur Sache.
»Ben Latimer«, stellte er sich vor und glitt aus dem Sattel. Genau in diesem Augenblick riss eines der Mädchen die Hand nach vorn und rief mit schriller Stimme: »Mein Gott, seht doch, wer da angeritten kommt!«
Vier Männer waren es, die gemächlich den Weg zur Poststation herunterkamen. Sie saßen lässig und scheinbar unbekümmert in den Sätteln ihrer Pferde, als hätten sie alle Zeit der Welt.
Ben Latimer wandte sich Deborah Brennan zu. »Bekannte von euch?«
Die Rothaarige verzog ihr Gesicht. Ihre Worte klangen verächtlich, als sie sprach: »Bekannte schon. Aber sicher nicht solche, die man gern zum Kaffee und Kuchen einlädt. Abschaum, den der Silberfund über die Grenze in diese Gegend getrieben hat und sich nun in Rio Blanco einnistet wie Parasiten. Diese Vier sind richtig schlimm. Zur Hölle mit ihnen!«
Ben Latimer nickte. Er führte den Bronco an den Zügeln rüber zur Tränke. Dort ließ er das Tier saufen und warf die Zügel lose über den Haltebalken.
Die Reiter hatten inzwischen die Hofeinfahrt erreicht und ritten auf das Stationsgebäude zu. Einige Yards vor ihnen verhielten sie ihre Pferde. Für einen kurzen Moment war es still. Nur das Klirren der Gebissketten war zu hören und das Schnauben der Tiere. Dann trieb der vorderste Reiter seine Stute näher an die Veranda heran. Es war ein hagerer, falkengesichtiger Bursche mit einem breiten Schnurrbart, dessen Enden nach unten hingen. Er riss in übertriebener Geste seinen löchrigen Sombrero vom Kopf und entblößte dabei sein schwarzes, langes und strähniges Haar, welches sich in der Stirn bereits tüchtig lichtete.
»Na, wenn das nicht die schöne Deborah mit ihren Mädels ist. Hallo, ihr Schönen. Die Jungs und ich, wir hörten, dass ihr hier die Postkutschenstation übernommen habt. Da dachten wir: Jungs, die Ladys müssen wir doch mal wieder besuchen. Ist lange her, seit wir uns das letzte Mal sahen, nicht wahr?«
Es klang freundlich, doch das war es nicht. Ein lauernder Unterton lag in seiner Stimme. Deborahs Haltung straffte sich. Ihre Hände umkrampften ihre Flinte. Dann hörte Ben Latimer ihre schneidenden Worte, in denen der leise Klang von Furcht mitschwang: »Fahr zur Hölle, Mace Rossitter! Ich habe dir bereits beim letzten Mal gesagt, dass du einen weiten Bogen um mich und meine Mädchen machen sollst. Du und deine drei Kumpane. Hier gibt es nichts, was sich für euch lohnen könnte. Also verschwindet wieder von hier. Sofort!«
Die Mündung der Flinte richtete sich dabei drohend auf den vordersten Reiter, dessen Namen Mace Rossitter war.
Ben Latimer sah, wie sich Mace Rossitters Kopf nach hinten bog. Der Mann fing laut an zu lachen. Deborah und die Flinte machten scheinbar kaum einen Eindruck auf ihn. Und auch nicht auf seine drei Männer hinter ihm. Denn die stimmten in sein Lachen ein. Es kam wie ein bösartiges Grollen aus ihren Kehlen und signalisierte ihre Absichten.
Noch hatten sie Ben Latimer keine Beachtung geschenkt. Und wenn, dann nur am Rande. Sie waren schließlich zu viert, das schien für sie auszureichen, sich siegessicher zu fühlen. Ben Latimer rührte sich nicht vom Fleck, er blieb neben dem Bronco bei der Tränke stehen. Allerdings spannte sich seine Haltung. Seine Rechte sackte herunter, nahe an den Kolben seines Remingtons.
Rossitter hörte auf zu lachen. Er fuhr sich mit der Hand über den Mund, starrte aus seinen seltsam gelblichen Augen auf Deborah und die Flinte nieder und verkündete: »Du bist nicht sehr freundlich zu uns, Chica. Das solltest du aber sein. Hast du denn schon vergessen? Du und deine Mädchen schulden uns noch was. Und jetzt nimm das alberne Ding da beiseite und lass uns ins Haus. Schließlich sind wir hungrig und durstig. Und dann wollen wir feiern, so, wie’s sich gehört. Also …«
Er machte Anstalten, vom Pferd zu steigen, als Deborah beide Hähne ihrer Flinte spannte. Es knackte laut und bedrohlich.
»Bleib oben, Rossitter! Sonst kriegst du beide Ladungen mitten in dein dreckiges Gesicht!« Sie hielt die Schrotflinte so, dass Rossitter unweigerlich in die schwarzen Mündungen blicken konnte. Rossitter verharrte mitten in der Bewegung, starrte sie aus funkelnden Augen an und zog sich zurück in den Sattel. Seine Lippen unter seinem Bart begannen zu zucken. »Mädchen, bis hier wars nur Spaß. Aber ich warne dich! Du willst doch nicht, dass wir ernsthaft böse werden, oder? Nimm das verdammte Ding runter, sag ich dir!«
Ben Latimer entschied, sich ins Spiel einzukaufen. »Und ihr wollt doch keinem der Mädels etwas zuleide tun, was, Jungs?«
Sämtliche Köpfe ruckten in seine Richtung.
Rossitter richtete den Finger seiner knochigen Hand auf ihn, und zischte: »He du, misch dich nicht ein. Oder hast du etwa hier was zu melden?«
Ben Latimer bewegte sich von seinem Bronco weg, ohne zunächst eine Antwort zu geben. Er machte ein paar Schritte nach vorn. Dabei lag seine Rechte immer noch in der Nähe seines Remingtons. Bis auf ein paar Yards blieb er vor den Reitern stehen. Ein leichtes Lächeln umspielte seine Mundwinkel, als er zu Rossitter aufsah und gleichzeitig die anderen drei im Visier behielt. Dann kam es freundlich über seine Lippen: »Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Spielt keine Rolle. Die Lady sagte, ihr sollt verschwinden. Also seid so nett und erweist ihr den Gefallen.«
Rossitter blickte ihn aus zusammengezogenen Augen an. Dann sah er halb zu Deborah hinüber. »Wer ist dieser Clown, Rotschopf? Will er für euch sterben?«
Deborah wusste nur eine Antwort: »Frag ihn doch selbst, Rossitter.«
Sie hielt ihre Flinte in beiden Händen. Die Läufe zielten immer noch auf Rossitters Gesicht. Er lächelte verächtlich, aber der Ausdruck seiner Augen sagte etwas ganz anderes aus.
Würde sie den Mut haben, abzudrücken?
Seine Blicke huschten in Richtung Ben Latimer. Dessen Rechte umschloss bereits den Kolben, seines Remingtons.
»Wir sind vier. Du bist allein. Bist du groß genug, um es mit uns vier aufzunehmen, Cowboy?«
Ben Latimer sah den Mann fest an, schüttelte langsam den Kopf und grinste. »Drei, mein Freund. Denn wenn der Tanz beginnt, wirst du es sein, der zuerst aus dem Sattel fliegt. Aus der Entfernung kann die Lady unmöglich vorbeischießen. Das leuchtet dir doch ein, oder?«
Mace Rossitters Mundwinkel zogen sich nach unten. Vorhin noch hatte er Deborah mit ihrer Schrotflinte belächelt. Das tat er nun nicht mehr. Ben Latimer sah, wie das Trio hinter Rossitter unruhig in den Sätteln umherrutschten.
Die Chancen, die sich augenblicklich boten, schienen ihnen nicht zu gefallen. Auch ihnen war klar, dass es Rossitter zuerst erwischen würde, sollte es zu einem Kampf kommen.
Rossitter drehte sich wieder zu Ben Latimer nach vorn. In seinen gelblichen Augen funkelte es tückisch. Für einen kurzen Moment glaubte Ben Latimer, der Mann würde es wagen.
Aber das tat er nicht. Mace Rossitter war also schlau genug zu erkennen, dass seine Chips in diesem Spiel nicht viel taugten.
»Nun gut. Diesmal woll’n wir’s dabei bewenden lassen. Aber beim nächsten Mal …«, sein Zeigefinger stach in Ben Latimers Richtung, »… werdet ihr nicht so viel Glück haben. Dein Gesicht merke ich mir, Cowboy. Wir sehen uns wieder.«
Ben Latimer zuckte gleichmütig mit den Schultern. Er hatte in seinem Leben bereits viele solcher Drohungen gehört, dass diese hier völlig wirkungslos an ihm abprallte.
Mace Rossitter warf sein Pferd herum. Der Blick, den er Ben Latimer dabei zuwarf, verriet seine Absichten. Er preschte an den Mädchen vorbei und rief ihnen zu: »Bis bald, ihr Schönen. Wir sehen uns wieder.«
Auch die anderen lenkten ihre Pferde herum und folgten ihrem Anführer.
Ben Latimer sah ihnen in gespannter Haltung nach, seine Rechte ruhte immer noch um den Kolben seines Remingtons, während sich Deborahs Flinte langsam senkte. Sie schien überzeugt, das Quartett überlistet und diese Runde gewonnen zu haben.
Ben Latimer wusste es besser.
Er ließ sich nicht täuschen.
Und richtig!
Das Quartett hatte gerade das Ende des Hofes erreicht, als Mace Rossitter plötzlich mit einem wilden Schrei sein Pferd brutal herumriss und in vollem Galopp auf Ben Latimer zu preschte. Die Zügel klemmte er dabei zwischen die Zähne. Seine Hände schwangen zu den Colts und rissen sie aus den Zwillingsholstern. Ben Latimer verlagerte sein Gewicht auf die Zehenspitzen. Kaltblütig wartete er den Angriff ab. Sein Remington flog aus dem Holster, er sprang ihm förmlich in die Hand. Kaum fünfzehn Yards trennten ihn von dem heranrasenden Pferd, als seine Linke über den Abzugshahn schlug. Zweimal und das blitzschnell. Das Dröhnen beider Schüsse vermischte sich mit dem Trommeln der heranjagenden Hufe. Die Geschosse donnerten in Mace Rossitters Brust, noch ehe dieser feuern konnte. Als hätte ihn eine unsichtbare Faust erwischt, flog er im hohen Bogen aus dem Sattel. Genau in dem Augenblick, als das wiehernde Tier Ben Latimer fast erreicht hatte. Dieser schnellte mit einem Satz zur Seite. Er spürte den Luftzug des vorbeistürmenden Pferdes, als sein Körper auf den Boden krachte. Staub und Dreck drangen ihm in Mund und Nase. Darum kümmerte er sich nicht. Blitzschnell rollte er über den Boden, federte hoch und war sofort bereit für einen weiteren Ansturm.
Doch der blieb aus.
Rossitters Männer hatten zwar ebenfalls ihre Gäule herumgeworfen. Aber keiner wagte einen zweiten Angriff. Denn ihr Anführer lag mit zerschossener Brust im Staub und rührte sich nicht mehr. Das nahm ihnen jegliche Kampflust. Mit offenen Mündern saßen sie in ihren Sätteln und starrten auf den Toten hinab. Langsam schritt Ben Latimer den Reitern entgegen. Dabei hatte er seinen Remington schussbereit in der Rechten. Vor ihnen blieb er stehen. Er blickte sie mit harten Augen an.
»Ich hoffe, ihr seid schlauer, als es euer Kumpan dort war. Nehmt ihn aufs Pferd. Und dann verschwindet von hier. Schnell. Ich will keinen von euch jemals hier wiedersehen. Habt ihr das kapiert?«
Sie starrten hasserfüllt zu ihm hin. Aber keiner dachte daran, zur Waffe zu greifen. Der Mann in ihrer Mitte, ein gedrungener Bursche mit einer langen Narbe auf der rechten Wange, drehte den Kopf und spie seitwärts auf den Boden. Er wischte sich über den Mund und wandte sich Ben Latimer zu.
»Bist ziemlich fix mit deinem Eisen, Kerl. Alle Achtung. Gehört schon was dazu, mit Rossitter fertig zu werden. Aber du solltest ganz schnell viele Meilen hinter dich bringen. Rossitter hat viel Freunde, denen es nicht gefallen wird, dass du ihn einfach aus dem Sattel geholt hast. Uns drei eingeschlossen.« Der Narbige warf Ben Latimer noch einen vernichtenden Blick zu, bevor er behäbig aus dem Sattel glitt. Er fing Rossitters Pferd ein und führte es an den Zügeln zu dem Toten. Dann wuchtete er Rossitters Leichnam mühelos auf den Rücken des Tieres.
Wenig später verließen die Männer die Station, ohne sich dabei noch ein einziges Mal umzudrehen.
*
Sie waren fort, und Ben Latimer ging auf die Mädchen zu, blieb vor ihnen stehen und erkannte dabei die Blässe in ihren hübschen Gesichtern.
Deborah Brennan nickte ihm zu. »Dieser miese Dreckskerl Rossitter! Oh, ich hätte wissen müssen, dass er noch etwas versuchen würde.«
»Und Sie haben trotzdem die Flinte runtergenommen, Miss Brennan.«
»Das war ein Fehler, ich sehe es ein. Nun, ein zweites Mal wird mir das nicht passieren.«
Ben Latimer hatte ein breites Schmunzeln im Gesicht. »Das sollte es auch nicht. Wäre schade um Ihren hübschen Kopf.«
