Austernfrühstück mit Pulverkaffee - Sabine Lippi - E-Book

Austernfrühstück mit Pulverkaffee E-Book

Sabine Lippi

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Beschreibung

Ab in den Urlaub und rein ins Lesevergnügen: Endlich hat man wieder Zeit ein Buch zu lesen! Egal, ob am Pool entspannend oder noch mit Vorfreude zu Hause auf der Couch liegend, mit diesen Reiselektüren stimmen Sie sich perfekt auf Ihr nächstes Reiseziel Frankreich ein. - Perfekte Einstimmung auf den Urlaub - Deutsche Kurzgeschichte zu Frankreich - Stimmungsvolle Erzählungen zu Land und Leute - Inklusive fremdsprachiger Ausdrücke, um seinen Urlaubswortschatz ein wenig aufzufüllen

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Seitenzahl: 103

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Impressum

Corporate Design Umschlag: KW 43 BRANDDESIGN, Düsseldorf

Umschlaggestaltung: Guter Punkt, Münchenunter Verwendung folgender Illustrationen:Muschel: Catya_Shok / iStock; Champagner, Croissant, Fahrrad, Metrozeichen, Trauben: shutterstock.com; Berge, Eiffelturm, Flugzeug, Landkarte, Segelschiff: OpiaDesigns / Creativemarket

Typographie Innenteil: Die Buchprofis, München

Projektleitung: Gabriela LindnerAutorin: Sabine LippiLektorat: Elisabeth Graf-Riemann

© PONS GmbH, Stöckachstraße 11, 70190 Stuttgart 2019ISBN: 978-3-12-563369-8www.langenscheidt.com

Inhalt

Titelei
Impressum
Wie alles begann
Französisch? Ja – aber nur fast!
Eine Zeitreise par excellence
Rendezvous mit der Vergangenheit
Das Ah! und Oh! unserer Geschichte
Zur geheimnisvollen Welt des Königs von Frankreich
Rien ne va plus
Willkommen bei den Hippies!
Königliches Frühstück à la française!

Wie alles begann

»Bonjour, je m’appelle Antoinette. Et vous?«

Eigentlich heiße ich Hanne, oder genauer Hannelore. Meine Liebe zu Frankreich wurde bereits 1978 geweckt, als ich ein Jahr als Au-Pair-Mädchen in Paris verbrachte. Doch wie es nun mal so geht – aus den Augen, oder besser aus den Ohren, aus dem Sinn. Als ich damals heimkehrte, war mein Französisch nahezu perfekt, aber knapp 30 Jahre später war fast alles verschüttet. Also entschloss ich mich vor drei Jahren, einen Intensivkurs in Französisch an der Münchner VHS zu besuchen. Dort habe ich in der ersten Unterrichtsstunde von Madame Béatrice Duvauchel den Namen Antoinette bekommen. Seitdem rufen mich alle meine Freunde Antoinette, denn dieser Vorname – und das sagt auch meine Yogalehrerin – stehe mir sehr gut. Parallel dazu belegte mein Mann einen Anfängerkurs am Institut Culturel Français de Munich, dem Französischen Kulturinstitut in München, und aus dem deutschen Hugo wurde ein französischer Hugo, was [ügo] ausgesprochen wird. Wie der große französische Schriftsteller des 19. Jahrhunderts Victor Hugo, der »Notre-Dame de Paris«, deutsch »Der Glöckner von Notre Dame«, u.a. geschrieben hat.

Ich habe in diesen drei Jahren eine Menge aufgefrischt, was die französische Sprache angeht, aber unsere dreiwöchige Reise mit dem VW-Bus in jenem Sommer von München bis Biarritz und zurück hat meinem Mann Hugo und mir Land und Sprache noch wesentlich näher gebracht.

Wir haben drei Töchter. Unsere Geschichte könnte auch »Monsieur Hugo und seine Töchter« heißen, denn unsere drei Töchter haben ihre Vornamen wegen unserer Liebe zu Frankreich bekommen. Zwei von ihnen wohnen sogar zurzeit in Frankreich. Daher unser Plan in den Südwesten Frankreichs zu reisen, um sie zu besuchen. Die Älteste lebt in Biarritz und heißt Florence, die Zweitgeborene, Clarisse, wohnt in Carcassonne. Und »la benjamine«, das Nesthäkchen Coralie, bereitet sich gerade auf das AbiBac am Dante-Gymnasium in München vor, das einen zweisprachigen Zweig anbietet, also eine Kombination von deutschem Abitur und französischem Baccalauréat.

In den achtziger Jahren und noch vor den Kindern sind Hugo und ich bereits einmal nach Frankreich gereist. Damals hatten wir keinen VW-Bulli sondern »une coccinelle«, einen VW Käfer. Wir sind durch die Ardèche gereist, die damals sehr dünn besiedelt war. In den 70ern waren die Ardèche und weite Teile des Zentralmassifs, »Massif Central«, ein beliebter Rückzugsort für Aussteiger und Hippies. Bevor wir losfuhren, hatte Hugo sicherheitshalber etwa 20 Sätze für den täglichen Bedarf auf Französisch auswendig gelernt, musste aber schnell feststellen, dass die Leute ihn zwar verstanden – »youpi« bzw. »hurra«! – aber auch davon ausgingen, dass er sie ebenso gut verstand. Die Antworten kamen ihm in einem Tempo um die Ohren geflogen, dass ihm ganz schwindelig wurde. Naja, wir hatten trotzdem schöne Erlebnisse, besonders Hugo mit der Bäckerin. Aber dazu später mehr.

Wir hatten fast dreißig Jahre Zeit, ein Remake unserer damaligen Reise vorzubereiten. Und als Florence, unsere Große, uns vorschlug, sie in Biarritz zu besuchen, zögerten wir nicht, uns der Herausforderung zu stellen. Warum auch nicht? Und so ging es los.

»Bonne lecture!« Viel Freude beim Lesen!

Französisch? Ja – aber nur fast!

Draußen hupt jemand. Nanu? Ich sehe zum Fenster hinaus und da steht er. Mein Mann Hugo, er sitzt in einem karibikgrünen VW-Bus-Camper, mit dem wir für die nächsten drei Wochen nach Frankreich fahren wollen. Wie stolz er ist! Ich kann es immer noch nicht fassen, dass er den Camper tatsächlich abgeholt hat. Aber wer weiß, vielleicht ist das die Lösung. Auf jeden Fall spüre ich bei aller Skepsis ein warmes Gefühl in mir. Die Außenküche gefällt ihm am besten, obwohl er wie ich genau weiß, dass wir sie nur wenig benutzen werden, da wir meistens im Café unser »petit-déjeuner« zu uns nehmen und im Restaurant zu Mittag und Abend essen werden. Frankreich ist doch dafür bekannt, oder? Sagen wir nicht: »Essen wie Gott in Frankreich«? Also, dann, die Küche wird »mon mari«, mein Mann, nur benutzen, um seinen Kaffee zu kochen, ansonsten lassen wir uns lieber bekochen!

Am nächsten Tag wollen wir früh losfahren, damit wir unsere erste Etappe noch tagsüber erreichen: Les Ollières-sur-Eyrieux in der Ardèche. Ich habe uns »Le Guide du Routard«, einen bekannten Reiseführer für Backpacker und andere Individualisten, besorgt und unsere Route anhand der gut benoteten Campingplätze zusammengestellt. »Warum wartet ihr eigentlich noch einen Tag?«, fragt unsere Tochter Coralie, »fahrt doch gleich los und macht eine Pause unterwegs.« Ihre Begeisterung für den Camper scheint mindestens so groß wie ihre Sehnsucht danach, alleine in München zu bleiben. Wir finden ihren Vorschlag gar nicht so schlecht und fahren noch am selben Abend los.

Wir übernachten in Lausanne auf einem Camping-Platz, der wahrscheinlich seit den 60er Jahren nicht renoviert wurde, sich aber als der bei weitem kostspieligste auf unserer gesamten Reise herausstellen soll. Egal, wir lassen uns die Laune nicht verderben.

Am nächsten Morgen kocht Hugo seinen Kaffee auf dem Gaskocher und wir essen das Käsebrot von gestern. Wir sind noch nicht wirklich angekommen.

Wir verlassen die Autobahn und nehmen, wie früher, die kleineren Straßen, »les petites routes«, die auch »Routes Nationales«, Staatsstraßen oder »Départementales«, Land­straßen, heißen.

Eine Stunde später finden wir »Le camping Cœur d’Ardèche«, betrieben von Thierry et Lydie. »BIENVENUE«, »Willkommen«, steht großgeschrieben am Eingang. Es wird uns warm ums Herz. Hugo ist ein bisschen nervös. Sein Französisch ist eigentlich gar nicht so schlecht, aber er traut sich nicht zu sprechen. Aus lauter Verlegenheit grinst er den Betreiber des Platzes an. Aber der ist entspannt. »Vous avez fait bon voyage?« fragt Thierry. Hugo schaut rüber zu mir. Ich nicke. »Oui, merci!« Ich flüstere Hugo zu: »Er hat gefragt, ob wir eine gute Reise hatten.« »Ah«, antwortet Hugo, »dann habe ich richtig verstanden.« Thierry bringt uns zu unserem Platz – im Schatten, Gott sei Dank! Die Temperatur beträgt schon 25° und es ist erst 10 Uhr vormittags. Ich frage, ob sie noch Frühstück servieren »Oui, bien sûr«, antwortet er. Hungrig und durstig setzen wir uns hin und bestellen »deux cafés au lait«. Milchkaffee wird eigentlich meistens zu Hause getrunken, habe ich gelesen – nicht im Café. Hier aber fühlen wir uns wie daheim. Lydie serviert uns den café au lait in kleinen Porzellanschüsseln – »dans un bol«, damit man sein Croissant oder seine »tartine« darin eintunken kann. Köstlich!

Ich frage sie, wo wir einkaufen gehen können, und sie gibt uns eine Karte mit Läden, vielen Sehenswürdigkeiten und feinen Restaurants, die es hier gibt. Wir finden einen »Carrefour Market«, wo wir alles kaufen, was wir brauchen, um einen Snack vorzubereiten. Und wollen einen Sprung ins Wasser wagen. Die Ardèche fließt südlicher von hier, aber ihr Nebenfluss Eyrieux ist gleich um die Ecke. Bei der Hitze sehnen wir uns nach frischem Wasser. Auf der Straße zwischen Dunières und Les Menets finden wir den schmalen Pfad, der uns zum Fluss führen soll. Es ist ein wenig abenteuerlich, ja fast unheimlich, denn der Weg ist schwindelerregend steil, und von den dichten Zweigen hängen an seidenen Fäden hunderte von weißen Raupen, die einem durchs Gesicht streifen oder in den Hemdkragen fallen - es hat etwas von einem Horrorfilm! Zu allem Überfluss hat Hugo nur »tongs«, Flip-Flops, an, die wir in Ollières gekauft haben, und ich mache mir ernsthaft Sorgen, ob er den Abstieg unbeschadet übersteht. Doch dann werden wir belohnt. Am Ende des Pfades eröffnet sich ein kleines Paradies. Eingebettet in eine steile Felsenschlucht und unterbrochen von schneeweißen, flachen Felsplatten schlängelt sich tief schwarz-blau changierend ein Fluss, der so ruhig daher fließt, dass sich der Himmel darin spiegelt. Dieser Geheimtipp wurde uns von Sylvain, unserem Kellner, verraten. Wir legen uns auf die heißen glatten Felsvorsprünge und lassen uns wie Eidechsen aufheizen, bevor wir in das von der Sonne aufgewärmte Wasser springen. Magische Momente!

Der Tag vergeht schnell, und bald müssen wir uns für das Abendessen vorbereiten. Wir entscheiden uns für das Restaurant auf dem Campingplatz, wo weit und breit nur französisch gesprochen wird. Wir sind die einzigen Deutschen hier. Sobald wir uns hingesetzt haben, bringt uns Sylvain ein Körbchen mit Baguette-Stücken und eine Karaffe Wasser, »une carafe d’eau«. Auf der Karte steht eine typische Spezialität aus der Ardèche: »la caillette«, das ist eine Art Knödel aus gehacktem Schweinefleisch mit Spinat oder Mangold verknetet. Nichts für Vegetarier! Der Wein wird »en pichet« serviert. Wir nehmen »un pichet de rosé«, offenen Rosé. Um uns herum ist rege Betriebsamkeit: Claude François soll heute Abend hier auftreten! Hugo schaut ein bisschen skeptisch: »Ist der nicht schon lange tot?«, fragt er mich. »Ach Hugo, das ist doch nur einer seiner Doppelgänger!« »Ah bon!«, antwortet Hugo spöttisch, »dann wollen wir mal hören, was er so drauf hat.« Aus den Boxen ertönt laute Musik im Sound der 70er und auf der Tanzfläche steht wie selbstverständlich ein Männlein in einer Glitzerjacke und mit blondem Toupet. Und damit hat sich die Ähnlichkeit mit dem wahren Claude François auch schon erschöpft. Das scheint aber niemanden ernstlich zu stören, denn kaum macht er den Mund auf, fallen alle Gäste im Chor mit ein. »Belles, belles, belles! Comme le jour!« Schön, schön, schön wie der Tag! »Belles, belles, belles comme l’amour!« Schön, schön, schön wie die Liebe! Mich hält es nicht mehr auf dem Stuhl. Wie viele andere auch, springe ich auf und tanze mit. Die Stimmung ist auf dem Siedepunkt. Les Clodettes, die Tänzerinnen, die Cloclo immer auf der Bühne begleiten, werden sofort begeistert von drei jungen Frauen nachgespielt. Claude gibt jetzt alles! Stimmlich ist das nicht unbedingt viel, jedoch macht seine exaltierte Bühnenshow alles wett. »Super spectacle!« Was für eine großartige Show!

Mit dem Wein geht auch das Konzert langsam zu Ende. Aber die Fans haben noch lange nicht genug von Cloclo und schreien total begeistert: »Une autre! Une autre!« Der arme Möchtegern Claude François kommt wieder auf die Bühne und schaut zu seiner Frau, die neben ihrer Funktion als Garderobiere auch die Rolle des Toningenieurs übernommen hat: »On a quelque chose pour un rappel?«. Sie streckt ihren Daumen zu einem Okay, aber Hugo hat genug: »Rappel? Wer kriegt hier einen Rappel?«, knurrt er. Genervt kramt er in seinem digitalen Langenscheidt-Wörterbuch nach der passenden Übersetzung. »Entspann dich, Hugo!«, lache ich, »Schon vergessen? Das ist ein »faux-ami«, ein falscher Freund. Du weißt doch, das sind diese ganzen Wörter, die auf Französisch und Deutsch fast gleich klingen, aber etwas ganz anderes bedeuten.« »Jajaja … und du warst Au-Pair in Paris und bist mir sprachlich um Längen voraus. Schon klar …« Ich möchte mir aber die schöne Stimmung an diesem Abend nicht verderben lassen, deshalb lenke ich schnell ab: »Denk doch nur an deine Geschichte vor 27 Jahren in der »pâtisserie«! Weißt du noch, damals, in dieser kleinen Konditorei?«

Hugo und ich waren noch jung, als wir von Köln aus nach Frankreich reisten. Nicht mit einer Ente, auch 2CV oder »Deux Chevaux« genannt – sondern mit einer »coccinelle«, einem typisch deutschen VW Käfer. Die vielen »boulangeries-pâtisseries« in den Dörfern ließen ihn nicht kalt und prompt betrat er eine, um etwas zu kaufen, das bei einem Besuch in Frankreich damals ein absolutes Muss war: eine Zitronentorte mit Baiser.

Das Dorf hieß, er weiß es noch ganz genau, Jaujac en Ardèche. (Versuchen Sie doch, das schnell zu sagen, ohne sich zu verhaspeln. Viel Glück!) Jaujac ist ein französisches Dorf, wie aus dem Bilderbuch: Ein mittelalterliches Dorf, sternförmig angelegt, mit engen Gassen, kleinen, wie ineinander gestapelten Natursteinhäusern soweit das Auge reicht und einem zentralen, von Platanen gesäumten Marktplatz, wo die Leute gern »à la pétanque« spielen und dabei »un Pastis ou un Perrier-menthe« trinken.

Die boulangerie-pâtisserie roch so gut, dass ihm das Wasser im Mund zusammenlief – allein beim Gedanken daran passiert ihm das noch heute. Zitronentorte mit Baiser klang in Hugos Ohren sehr französisch, und bald stand er entschlossen vor der Verkäuferin, die mit einem neuen Korb voll mit extra dünnen Baguettes namens »ficelles« (wörtlich: Schnüre) von hinten aus der Backstube kam.»Bonjour monsieur