Baccara Exklusiv Band 205 - Maureen Child - E-Book

Baccara Exklusiv Band 205 E-Book

Maureen Child

0,0
5,49 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

ACHTUNG, HEISS UND SEXY! VON Maureen Child
Nicole ist bei der Gartenarbeit heiß wie lange nicht. Denn im Nachbarpool rekelt sich ein Traumtyp: Griffin King. Als der Unternehmer Nicole jedoch helfen will, steckt er dabei ihr Haus in Brand. Schön, dass er sich des Schadens annimmt. Aber warum zögert er, ihr brennendes Verlangen löschen?


IN EINER STÜRMISCHEN GEWITTERNACHT VON CHARLENE SANDS
Gerade hat Carter sie vor den Paparazzi gerettet, nun begleitet Macy den sexy Cowboys spontan auf seine Ranch nach Texas. Und in einer Gewitternacht schmilzt sie unter seinen Küssen dahin. Doch mehr als Lust will Carter keiner Frau je wieder schenken …


OASE DER VERSUCHUNG VON OLIVIA GATES
Talia kann vor Sehnsucht an fast nichts anderes denken als an Hassan. Nachdem er sie aus der Hand der Rebellen befreit hat, verstecken sie sich in einer einsamen Oase. Der Wüstenprinz hat sie jedoch nur gerettet, weil er mehr über einen geplanten Aufstand erfahren will. Oder?

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 617

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Maureen Child, Charlene Sands, Olivia Gates

BACCARA EXKLUSIV BAND 205

IMPRESSUM

BACCARA EXKLUSIV erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

Erste Neuauflage in der Reihe BACCARA EXKLUSIVBand 205 - 2021 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg

© 2013 by Maureen Child Originaltitel: „The King Next Door“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Petra Lingsminat Deutsche Erstausgabe 2014 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe BACCARA, Band 1818

© 2012 by Harlequin Books S. A. Originaltitel: Harlequin Books S. A. erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Maike Stein Deutsche Erstausgabe 2013 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe BACCARA, Band 1784

© 2011 by Olivia Gates Originaltitel: „To Tempt a Sheikh“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Sabine Bauer Deutsche Erstausgabe 2011 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe BACCARA, Band 1683

Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 04/2021 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751501767

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

Achtung, heiß und sexy!

1. KAPITEL

„Wie nennt man eigentlich einen weiblichen Spanner?“

Griffin King rechnete nicht wirklich damit, eine Antwort zu bekommen, denn er war gerade allein.

Interessant war es trotzdem.

Griffin hatte es sich im Whirlpool seines Cousins Rafe bequem gemacht und trank nun einen Schluck Bier. Er ließ den Blick über den Zaun zum Nachbarhaus schweifen und nahm Nicole Baxter in Augenschein, die dort ständig zwischen Garten und Garage hin und her lief und anscheinend Tonnen von Gartenerde heranschaffte.

Ehrlich, er hatte noch nie eine Frau gesehen, die sich so auf ihre Arbeit konzentrierte. Die meisten Frauen seiner Bekanntschaft taten allerdings auch nichts Anstrengenderes, als sich auf einer Massageliege auszustrecken. Aber Nicole … sie war anders.

Zum ersten Mal war er ihr vor über einem Jahr begegnet, als sein Cousin Rafe Nicoles Nachbarin Katie Charles geheiratet hatte, die Cookie Queen. Griffin lächelte in sich hinein. Katie führte ihr Keksgeschäft noch immer, hatte ihm für die Zeit, in der er in ihrem Haus wohnte, sogar ein paar Dutzend Kekse hinterlassen.

Obwohl er schon oft bei Rafe gewesen war, hatte er kaum mit Nicole gesprochen. Eigentlich wusste er von ihr nur, dass sie geschieden war, alleinerziehend und anscheinend nie aufhörte zu arbeiten. Und einigen der Kings könnte sie noch Unterricht in Elan und Entschlossenheit geben. Ihn ermüdete es schon, ihr nur zuzusehen.

Doch er konnte sich auch nicht von ihrem Anblick losreißen.

Vielleicht war es das Ding mit der verbotenen Frucht – dass ihn genau die Frau reizte, die er nicht haben konnte. Möglich, dachte er. Vielleicht lag es aber auch nur daran, dass ihm einfach alles an ihr gefiel.

Kopfschüttelnd nahm Griffin die Sonnenbrille ab und legte sie auf den Rand der Poolverkleidung. Die Nachmittagssonne war ziemlich grell, doch die riesige Ulme, die zwischen Nicoles und Rafes Haus stand, spendete Schatten.

Rafe und Katie waren auf einer dreiwöchigen Reise durch Europa, und Griffin hatte ihnen angeboten, auf ihr Haus aufzupassen. Das Angebot war nicht völlig uneigennützig gewesen: Seit seine Eigentumswohnung am Strand zum Verkauf stand, trieb ihn der Strom der Schaulustigen, der sich tagtäglich durch die Räume wälzte, schier in den Wahnsinn. Hier zu wohnen hielt ihn bei Verstand und das Haus in Schuss.

Eine Win-win-Situation, wie sie im Buche stand.

Es sei denn, man berücksichtigte Nicole.

Sein Blick folgte ihr, wie sie über den Hof ging. Sie hatte sich das schulterlange blonde Haar hinter die Ohren gesteckt und trug ein pinkfarbenes Tanktop und abgeschnittene Jeans, von der noch ein paar Fäden auf ihre gebräunten, wirklich umwerfenden Schenkel hingen. Ihr Teint war zart goldbraun, und ihre Figur war gerade so kurvenreich, dass Griffin den Anblick genoss.

Das Bewusstsein, dass sie ihn ebenfalls beobachtete, hätte ihn normalerweise veranlasst, sie zu sich in den Whirlpool einzuladen. Normalerweise. Denn in Nicoles Fall gab es ein paar sehr gute Gründe, warum er ihr nicht näher kommen durfte.

„Mommy!“

„Grund Nummer eins“, murmelte Griffin.

Nicoles beinahe dreijähriger Sohn Connor war ein niedliches Kerlchen, mit großen blauen Augen und blonden Haaren, genau wie seine Mutter. Griffin hatte nichts gegen Kinder. Gott, er hatte mehr Neffen, Nichten und kleine Cousins und Cousinen, als er zählen konnte. Die Kings hauchten dem alten Auftrag „Seid fruchtbar und mehret euch“ buchstäblich neues Leben ein.

Allerdings hatte Griffin ein Problem damit, sich mit einer alleinerziehenden Mutter einzulassen. Er bewunderte Frauen, die ihr Leben voll im Griff hatten, arbeiten gingen und einem Kind Mutter und Vater waren. Doch von festen Beziehungen hielt er nichts, und wenn man in die Welt eines Kindes eintrat, waren Komplikationen vorprogrammiert.

Das hatte er bereits vor Jahren gelernt.

Und so lautete Griffins Hauptregel: Keine Frauen mit Kindern.

Obwohl er zum ersten Mal wirklich in Versuchung war, gegen die Regel zu verstoßen.

„Was ist denn, Connor?“, drang Nicoles Stimme durch die warme Sommerluft. Sosehr sie auch immer beschäftigt war, Griffin hatte noch nie gehört, dass sich in ihre Stimme leise Ungeduld gemischt hätte.

„Graben will“, rief der kleine Junge und schwenkte eine giftgrüne Plastikschaufel.

Griffin grinste und dachte daran, wie viele Löcher sein Bruder und er in die Blumenbeete ihrer Mutter gebuddelt hatten. Und wie lange sie für jede verdorrte Rose hatten büßen müssen.

„Bald, mein Schatz“, sagte Nicole zu dem Jungen und warf Griffin über den Zaun hinweg einen raschen Blick zu.

Grüßend hob er die Bierdose.

Sie runzelte die Stirn, schüttelte den Kopf und wandte sich wieder ihrem Sohn zu. „Mommy holt erst noch die Pflanzen aus der Garage, ja?“

„Brauchen Sie Hilfe?“, rief Griffin.

Sie sah ihn an und erwiderte ironisch: „Ich würde Sie nicht aus Ihrem Whirlpool vertreiben wollen.“

Griffin lächelte. Bei ihr klang das, als feierte er eine alkoholselige Orgie. „Ich kann ja jederzeit wieder rein.“

„Scheint mir auch so“, flüsterte sie und sagte dann lauter: „Schon gut, Griffin. Ich komme allein zurecht.“

„Na gut. Sie brauchen nur zu rufen, wenn Sie es sich anders überlegen. Ich bin gleich hier.“

„Wie jeden Tag“, murmelte sie.

„Was haben Sie gerade gesagt?“, fragte er nach, obwohl er sie genau verstanden hatte.

„Nichts“, antwortete sie und ging zur Garage. Ihr Sohn folgte ihr wie ein kleiner Schatten.

Grinsend nahm Griffin noch einen Schluck Bier. Er wusste, was Nicole von ihm hielt. Faul war zweifellos das Wort, das ihr da als Erstes in den Sinn kam, was ihn irgendwie störte – schließlich war dies für ihn seit fünf Jahren der erste Urlaub.

Die Sicherheitsfirma, die ihm und seinem Zwillingsbruder Garrett gehörte, war in ihrer Art die größte weltweit – was hieß, dass die Brüder King immer auf Abruf bereitstanden. Was sie auch taten, bis Garrett vor einigen Monaten Prinzessin Alexis von Cadria geheiratet hatte. Nun kümmerte Garrett sich um den europäischen Ableger, und Griffin leitete das amerikanische Unternehmen.

Aber auch ein Workaholic braucht hin und wieder eine Pause, und Griffin hatte entschieden, dass er seine jetzt nehmen wollte – während ein Immobilienmakler die Leute durch seine Wohnung schleuste. Er hatte noch keine Ahnung, wohin er nun ziehen wollte – jedenfalls wollte er wieder irgendwo in Strandnähe wohnen. Vielleicht in einem Haus wie diesem. Er wusste nur, dass seine Wohnung ihm auf einmal ein wenig zu … steril vorkam. Sie war geschmackvoll eingerichtet von einer Frau, mit der Griffin eine Zeit lang zusammen gewesen war, hatte sich aber nie wie ein Zuhause angefühlt. Jetzt, wo in Garretts Leben so große Veränderungen passiert waren, beschlich Griffin das Gefühl, dass es für ihn vielleicht Zeit wurde, ebenfalls einiges zu ändern.

Er runzelte die Stirn und trank noch einen Schluck Bier.

Seltsam, dass ihm das nicht schon früher aufgefallen war: All die Veränderungen, die sich jüngst in seinem Leben ergeben hatten, waren auf Garretts Heirat zurückzuführen. Nicht dass er es eilig hatte, selbst vor den Altar zu treten. Er wollte sein Leben nur ein bisschen verändern. Umziehen. Urlaub machen.

Letzteres allerdings funktionierte nicht allzu gut. Er „erholte“ sich erst seit ein paar Tagen bei Rafe und Katie, und schon juckte es ihn in den Fingern, etwas zu tun. Er rief so oft im Büro an – nur um mal zu hören, wie es so lief –, dass seine Assistentin tatsächlich mit Kündigung gedroht hatte, wenn er nicht damit aufhörte.

Nicht dass er seinen Leuten nicht vertraut hätte, aber so ganz ohne Beschäftigung, ohne etwas zu tun, stand er kurz davor auszuflippen. Ihm wurde klar, dass er wirklich keine Ahnung hatte, wie man sich entspannte. Er war einfach nicht dazu geschaffen, herumzusitzen und nichts zu tun. Tatsächlich hatte Garrett fünfhundert Dollar mit ihm gewettet, dass Griffins Urlaub keine zehn Tage dauern würde, sein Bruder zurück zur Arbeit eilte und sich in Dienst- und Einsatzplänen vergrub.

Da Griffin nicht vorhatte, absichtlich zu verlieren, stellte die Wette mehr oder weniger sicher, dass er die ganzen drei Wochen absolvierte, und wenn es ihn umbrachte.

Mehr oder weniger.

Was um alles in der Welt taten die Leute nur, wenn sie nicht arbeiteten?

Ich wüsste aber schon, was ich gern tun würde, dachte er und ließ den Blick über Nicoles schlanken, kurvenreichen Körper wandern. Aber es war nicht nur Nicoles Sohn, der seine Begierden zügelte. Es war auch der Umstand, dass Rafes Frau Katie vor etwa einem Jahr allen King-Cousins klargemacht hatte, dass Nicole tabu war. Gott, er konnte sie sogar jetzt noch hören.

„Nicole hat eine Menge durchgemacht, mit ihrem Mistkerl von Exmann“, hatte Katie gesagt und jedem männlichen King einen warnenden Blick zugeworfen. „Keiner von euch macht sie an, okay? Ich will nicht, dass meine beste Freundin von einem Mitglied meiner neuen Familie verletzt wird.“

Und da es auf der Welt Millionen von Frauen gab, die zu haben waren, hatten sich die Kings einverstanden erklärt, sich von Nicole Baxter fernzuhalten. Griffin war das nicht weiter schwergefallen wegen seines Problems mit den alleinerziehenden Müttern. Zumindest bis vor Kurzem. Er hatte nichts zu tun, da war es nur natürlich, dass seine Gedanken zu einer hübschen Frau wanderten. Und sein Körper war nur zu bereit, ihn daran zu erinnern, dass er seit Garretts Hochzeit zu beschäftigt gewesen war, um sich um Dates und Sex zu kümmern.

Natürlich war es in dieser Situation nicht besonders hilfreich, zu wissen, dass Nicole ihn ebenfalls beobachtete. Und ihre Miene verriet weniger Verärgerung als Interesse. Er war kein Dummkopf, er wusste es, wenn sich eine Frau für ihn interessierte. Normalerweise würde er in einer solchen Lage sofort aktiv werden.

Hübsche Frau. Gleich nebenan. Super!

Wenigstens hätte er dann etwas zu tun.

Aber er wusste, dass Langeweile nicht zu Nicoles Problemen gehörte. Die Frau schien ständig in Bewegung zu sein. Als sie aus der Garage kam und sich mit einer riesigen Palette bunter Blumen abschleppte, verfinsterte sich Griffins Miene. Zweifellos würde sie es ihm nicht danken, aber er konnte nicht einfach hier sitzen und zusehen, wie sie unter der schweren Last schwankte. Er stellte sein Bier ab und stieg aus dem Whirlpool. Im nächsten Augenblick war er über die Terrasse und durch das Türchen gelaufen, das die beiden Gärten voneinander trennte.

„Geben Sie her“, forderte er sie auf und nahm ihr die überraschend schwere Palette ab.

Nicole geriet ein wenig ins Wanken, als er ihr die sorgfältig ausbalancierte Last so schnell aus den Händen riss. Doch sie fing sich schnell wieder. Sie schaute ihn an und erklärte: „Ich brauche Ihre Hilfe nicht. Ich komme allein klar.“

„Ja, ich weiß“, erwiderte Griffin liebenswürdig. „Sie sind eine Frau. Sie brauchen keinen Mann. Tun wir doch einfach so, als hätten wir diese Auseinandersetzung bereits hinter uns und Sie haben gewonnen. Also, wohin soll ich die Sachen bringen?“

Er schaute sich im Garten um, entdeckte die Säcke mit Pflanzerde und setzte sich in Bewegung. Das Gras war warm und weich unter seinen Füßen, und von seiner nassen Badehose lief ihm das Wasser in kleinen Rinnsalen die Beine herunter. Die Sonne fühlte sich gut auf seinem Rücken an, obwohl er Nicoles kalten Blick spürte.

Er setzte die Palette ab, richtete sich auf und drehte sich zu ihr um. Sie stand noch da, wo er sie stehen gelassen hatte, auf der anderen Seite, und hielt Connors Hand. Der kleine Knirps strahlte ihn an, Nicole jedoch nicht. Kopfschüttelnd fragte Griffin: „So schlimm war das jetzt doch nicht, oder?“

„Was denn?“

„Hilfe anzunehmen“, antwortete er.

„Wohl nicht, und ich sollte mich bei Ihnen bedanken, obwohl ich Sie nicht um Hilfe gebeten und Ihre Hilfe auch nicht gebraucht habe“, versicherte Nicole.

„Na, das ist doch mal gnädig. Bitte, gern geschehen.“

Er lachte ein wenig und ging zurück zum Zaun, dem Whirlpool und seinem Bier. Sie hatte ihm ja deutlich zu verstehen gegeben, dass er auf ihrer Seite des Zauns nicht willkommen war.

Er war beinahe am Türchen angelangt, als sie rief: „Griffin, warten Sie.“

Er sah sie über die Schulter an.

„Sie haben recht“, gab sie zu. „Ich habe Ihre Hilfe gebraucht und weiß sie auch zu schätzen.“

„Es geschehen doch noch Zeichen und Wunder“, gab er zurück.

Sie lachte. Griffin durchzuckte plötzliche Begierde. Er fühlte sich umhüllt von ihrem weichen Lachen. Ihre Augen blitzten vor Erheiterung, und das Misstrauen, das er eben noch dort gesehen hatte, war verschwunden.

„So weit würde ich nicht gehen“, sagte sie nach einem Augenblick. „Ich würde eher sagen, ein Waffenstillstand.“

„Das ist auch gut“, meinte er und stützte sich mit einem Arm auf dem Türchen ab. Er sah zu, wie Connor zu seiner Plastikschaufel eilte, wandte dann den Blick zur Mutter des Jungen. „Und, wollen Sie mir verraten, warum wir einen Waffenstillstand brauchen?“

Eine sanfte Brise wehte ihr eine lange Strähne ins Gesicht, und sie hob die Hand, um sie hinters Ohr zu stecken. „Okay, vielleicht war Waffenstillstand das falsche Wort.“ Sie schaute sich zu Connor um und sah dann wieder zu Griffin. „Es ist nur so, ich kenne Katie und nehme an, dass sie Sie gebeten hat, sich während ihrer Abwesenheit um mich zu kümmern und …“

„Nein“, unterbrach er sie.

„Wirklich nicht?“ Sie klang nicht überzeugt.

Griffin beobachtete, wie die Brise mit ihrem Haar spielte und die blauen Fäden an ihren Shorts zum Tanzen brachte. Ihre Nase war von der Sonne leicht gerötet, ihre Augen waren so tiefblau wie der Himmel über ihnen, und in seinem Inneren verspürte er ein nagendes, quälendes Gefühl – Begierde.

„Okay, ganz stimmt das nicht. Katie hat mich gebeten, ein Auge auf die Nachbarschaft zu haben, und dazu gehören natürlich auch Sie. Aber so direkt?“ Er hielt inne und schüttelte den Kopf. „Im Gegenteil, Katie hat von uns allen verlangt, dass wir Abstand zu Ihnen halten.“

„Von uns allen? Von wem genau?“

„Von uns“, wiederholte er. „Den Kings.“

„Das hat sie nicht.“ In ihren Augen blitzte Überraschung auf, gefolgt von Empörung.

„O doch! Auf der Hochzeit hat Katie uns allen gesagt, dass Sie tabu seien.“

„Wie reizend“, murmelte sie vor sich hin.

Er hob beide Hände. „He, ich kann nichts dafür. Ich sage nur … Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Ich habe nicht die Absicht, die Keksversorgung zu gefährden, indem ich Katies Freundin zu nahe trete.“

Obwohl Griffin zugeben musste, zumindest insgeheim, dass Nicole ihn, so aus der Nähe betrachtet, durchaus dazu hätte bringen können, auf seine Cookie-Connection zu verzichten, wenn er dafür sie zu kosten bekäme. Wenn sie keine alleinstehende Mutter gewesen wäre.

Nicole würde auch nicht auf Kekse verzichten wollen. Schließlich machte Katie die besten Kekse von Kalifornien. Vielleicht sogar der ganzen Welt. Aber gleichzeitig war es auch nicht leicht, damit zurechtzukommen, dass ein Mann ebenso gern einen Schokoladenkeks anknabbern würde wie einen selbst.

Immerhin erklärte das eine ganze Menge. Seit ihre beste Freundin Katie in die King-Familie eingeheiratet hatte, gingen im Nachbarhaus ständig attraktive, reiche, unverheiratete Männer ein und aus. Und jeder dieser Männer hatte Nicole behandelt, als wäre sie die kleine Schwester. Hätte nur noch gefehlt, dass sie ihr den Kopf getätschelt hätten.

Allmählich hatte sie schon geglaubt, dass sie sich in irgendeinen geschlechtslosen, uninteressanten Klops verwandelt hätte. Nicht dass sie auf der Suche nach einem Mann wäre. Zumindest nicht nach einer festen Beziehung. Damit hatte sie es schon probiert und feststellen müssen, dass sich ihr Exmann ebenso lange gehalten hatte wie eine überreife Tomate. Nein, sie wollte keinen Mann, hatte aber nichts gegen einen kleinen Flirt einzuwenden. Das mangelnde Interesse der Kings hatte sie immer verblüfft.

Jetzt wusste sie wenigstens, was gespielt wurde.

Natürlich konnte sie Katies Motive verstehen. Ihre Freundin wollte sie beschützen, und irgendwie wusste sie das auch zu schätzen. Andererseits: Sie war eine erwachsene Frau, hatte einen Sohn, ein eigenes Haus, war selbstständige Unternehmerin. Sie konnte auf sich selbst aufpassen.

„Das hätte sie nicht zu tun brauchen“, sagte Nicole schließlich.

Er zuckte mit den Schultern. „Auf eine Freundin aufpassen? Ist doch verständlich. Vor allem, nachdem mein Cousin Cordell Katie so mies behandelt hat, dass sie Rafe beinahe keine Chance gegeben hätte.“

Nicole erinnerte sich nur zu gut daran. Katie hatte deswegen sämtlichen männlichen Kings abgeschworen. Rafe hatte ihr seinen Nachnamen erst verraten, als er und Katie bereits zusammen waren.

„Ihr Cousin Cordell ist ein mieser Typ.“

„Genau“, bestätigte er freundlich. „War er schon immer. Frauen jedoch scheinen auf ihn zu stehen, was ich überhaupt nicht kapiere. Aber es besteht immer noch Hoffnung, dass er auf eine trifft, die sich ebenso übel aufführt wie er die ganzen letzten Jahre.“

„Eine schöne Vorstellung“, erwiderte Nicole.

„Ja.“ Er hielt inne, erfreute sich offenbar an den Möglichkeiten, was Nicole ein Lächeln entlockte.

„Jedenfalls“, fuhr er fort, „wollte Katie Sie einfach nur beschützen, denke ich. Und mit ihrer Drohung, uns den Kekshahn abzudrehen, hat sie uns auch wirklich erreicht. Wir alle lieben Kekse.“

So ärgerlich es auch sein mochte, dass ihre beste Freundin sich so einmischte, konnte Nicole Katie nicht böse sein, schließlich hatte sie es nur gut gemeint.

„Die Kekse sind wirklich gut“, räumte sie ein.

„Genau“, stimmte Griffin zu und schenkte ihr ein Lächeln, bei dem etwas in ihr zu knistern und Funken zu schlagen begann, als könnte jeden Augenblick eine Sicherung durchbrennen. Es stimmte, jeder männliche King war eine Versuchung für die Frauen.

Doch Griffin … er war von allen der gefährlichste, verführerischste. Er hatte etwas an sich – vielleicht war es sein Lächeln oder die lässige Art –, was Gefühle in ihr weckte, die sie schon seit, oh, ewigen Zeiten nicht mehr verspürt hatte. Nicole hatte ihn die letzten Tage verstohlen beobachtet. Schließlich war er schwer zu übersehen, da er beinahe jeden wachen Moment in diesem verdammten Whirlpool verbrachte, und das quasi nackt. Außerdem hätte sie die Frau sehen wollen, die es fertigbrachte, ihn nicht zu beobachten – das war einfach unmöglich, er sah so umwerfend aus mit seinem dichten schwarzen Haar und den blauen Augen und dem Grübchen. Ganz zu schweigen von dem Waschbrettbauch, der praktisch darum bettelte, gestreichelt und liebkost zu werden …

Okay, sie geriet allmählich aus der Spur. Aber wie hätte ich das auch nicht tun sollen, sagte sie sich. Wenn Griffin King keinen halben Meter entfernt vor ihr stand, tropfnass, die Badeshorts so weit nach unten gerutscht, dass sie sich fragte, was passieren würde, wenn sie ein bisschen daran zupfte und …

Himmel.

„Sind Sie jetzt in Trance oder was?“, fragte Griffin.

„Hm? Was?“ Na super, Nicole.Hat er dich dabei erwischt, wie du ihn in Gedanken angehimmelt hast. Toll. „Nein, alles in Ordnung. Hab nur viel zu tun.“

„Ja, ist mir aufgefallen.“ Er rieb sich die Brust, und ihr Blick folgte seiner Bewegung.

Verdammt! Es war, als würde man von Testosteron hypnotisiert.

„Setzen Sie sich nie einfach nur in den Schatten?“, erkundigte er sich und reckte sich träge. Seine Brustmuskeln bewegten sich, seine Shorts rutschten noch ein Stückchen tiefer.

Nicole schluckte hart, schloss kurz die Augen und erwiderte dann: „Keine Zeit.“ Allein es zu sagen, erinnerte sie daran, wie viel sie zu tun hatte.

Ein eigenes Unternehmen zu führen hieß, dass sie meist morgens arbeitete und am Nachmittag all die vielen Dinge erledigte, die im Haus anfielen. Doch irgendwie hatte sie am Wochenende trotzdem immer alle Hände voll zu tun. Erstaunlich, wie schnell so ein Arbeitsberg wuchs. Und dann war da ja auch noch Connor. Sie schaute zu ihrem wunderschönen Kind und lächelte. Sie war nicht nur mit dem Haus beschäftigt, denn sie verbrachte auch Zeit mit Connor. Ihr Sohn sollte wissen, dass er für sie der wichtigste Mensch der Welt war.

Ihre Tage waren wirklich vollgepackt, im Gegensatz zu irgendwelchen Kings, die in Whirlpools herumlagen.

„Connor gräbt.“

„Natürlich. Das passiert, wenn man einen kleinen Jungen mit einer Schaufel und Dreck zusammenbringt.“

„Sie sind eine gute Mom.“

Überrascht blickte sie ihn an. „Danke. Ich gebe mir Mühe.“

„Das sieht man.“

Sie standen da und sahen sich in die Augen. Ein paar vibrierende Augenblicke vergingen, bis Nicole schließlich als Erste den Blick abwandte.

„Also, ich mache mich besser wieder an die Arbeit.“

„Blumen pflanzen“, vermutete er.

„Ja, aber zuerst will ich die Leuchtstoffröhre in der Küche austauschen.“ Sie drehte sich nach Connor und dann wieder zu dem Mann um, der viel zu dicht neben ihr stand. „Wären Sie so nett, auf ihn aufzupassen, während ich die Leiter aus der Garage hole?“

„Die Leiter?“ Er runzelte die Stirn.

„Küchenlampe? Decke?“

Er nickte. „Sie passen auf Connor auf. Und ich hole die Leiter.“

Im nächsten Moment war er auf dem Weg in die Garage, und sie rief ihm nach: „Sie brauchen das nicht zu tun, ich kann …“

Er hob eine Hand, um zu zeigen, dass er sie gehört hatte, und rief: „Dieses Gespräch hatten wir schon, wissen Sie noch? Es ist kein Problem.“

„Kein Problem“, murmelte sie.

Es war nicht so, dass sie die Hilfe nicht zu schätzen gewusst hätte. Doch Nicole war schon eine ganze Weile auf sich gestellt. Sie war keine zarte Blüte. Sie wusste, wie man verstopfte Toiletten und tropfende Wasserhähne in Ordnung brachte, sie brachte den Müll hinaus und killte ihre Spinnen selbst.

Sie brauchte keine männliche Hilfe.

Doch eine innere Stimme flüsterte ihr zu, ob es wirklich so schlimm war, sie ab und zu bekommen.

„Na, schön.“ Sie sah zu, wie Griffin von der Garage zur Hintertür ging. Er balancierte die alte Holzleiter auf einer Schulter, und diese verflixten Badeshorts waren noch ein Stückchen nach unten gewandert. „Er hilft mir, und dann geht er nach Hause“, versicherte sie sich.

Dann könnte sie ihn wieder beobachten. Aus sicherer Entfernung.

„Wo ist die neue Leuchtstofflampe?“

„Auf der Arbeitsplatte. Griffin …“

Er warf ihr noch einmal dieses rasche, unglaubliche Lächeln zu. „Bin gleich fertig.“

Unwahrscheinlich. Wie der Rest des kleinen Hauses, das ihre Großmutter ihr hinterlassen hatte, war die Küche alt und abgewohnt. Die Leuchtstofflampe war etwa einen Meter lang und schwer aus der uralten Fassung herauszubringen, wenn man nicht die kleinen Tricks kannte. Sie würde ihm helfen müssen.

Sie sah zu ihrem Sohn. Er war vollauf mit seiner Schaufel beschäftigt. Genau wie die Piraten in seinem Lieblingsbuch suchte er vermutlich nach vergrabenen Schätzen. Sie würde ihn von der Küche aus im Blick haben. „Connor, mein Schatz, bleib bitte genau hier, okay?“

„Okay.“

Nicole lief Griffin in die Küche nach. Er hatte die Leiter schon unter der kaputten Leuchtstoffröhre aufgestellt. Als er den Fuß auf die erste Sprosse setzte, schwankte die Leiter, und er sah erstaunt auf Nicole hinunter.

„Sie steigen tatsächlich auf das Ding? Haben Sie Todessehnsucht?“

„Für mich ist sie genau richtig“, erwiderte Nicole. Irgendwie hatte sie das Gefühl, sie müsste die Leiter ihres verstorbenen Großvaters verteidigen. Sie war sich ziemlich sicher, dass sie so alt wie das Haus war, aber sie war immer noch einwandfrei. „Sie wiegen einfach mehr als ich.“

„Wenn Sie das sagen“, brummte er und stieg noch höher. Wieder schwankte die Leiter. „Ich habe die Röhre im Handumdrehen ausgetauscht.“

„Es ist nicht ganz einfach“, erklärte sie. „Sie müssen links ein wenig rütteln, dann rechts, und dann noch einmal links.“

„Es ist eine Leuchtstoffröhre, kein Zahlenschloss.“

„Das glauben Sie“, entgegnete Nicole und versuchte, den Blick von seinem flachen Bauch loszureißen. Es ist einfach schon viel zu lange her, dachte Nicole, kein Wunder, wenn ich in Griffin Kings Nähe weiche Knie kriege.

Verdammt, sie wusste es besser. Wie alle anderen Kings war auch Griffin ein Frauenheld. Ein Meister im Flirten und Verführen. Klingt interessant, flüsterte eine innere Stimme.

„Ich hab sie“, verkündete er und riss Nicole aus ihren Gedanken, dem Himmel sei Dank.

„Seien Sie vorsichtig.“ Stirnrunzelnd sah sie zu ihm auf, aber er war zu beschäftigt, um sie zu bemerken. „Vergessen Sie nicht, erst ein wenig auf der linken Seite zu rütteln.“

„Es ist doch nur eine Leuchtstoffröhre!“ Er riss die kaputte Röhre heraus und reckte sie triumphierend in die Höhe. „Ha!“

In dem Moment kam ein kleiner, blonder Wirbelwind durch die offene Hintertür geschossen. Und Connor war so schnell, dass er die Leiter erst bemerkte, als er in sie hineingerannt war.

Nicole ließ die Leiter los, um ihren Sohn festzuhalten.

Die Leiter schwankte scharf nach rechts.

Griffin verlor das Gleichgewicht und streckte die freie Hand nach der Leuchte aus, um sich festzuhalten.

Und er zog sie direkt aus der Decke.

Nicole keuchte.

Putz rieselte auf sie herunter.

Connor heulte auf.

Die Leiter neigte sich weiter nach rechts.

Griffin kippte zur Seite und sprang ab, wobei er immer noch die Leuchte umklammerte, die er herausgerissen hatte.

Plopp. Plopp. Plopp.

Drei kleine Geräusche.

Nicole blickte auf, sah den Rauch und die ersten Flammen. „O Gott!“

„Alles raus!“ Griffin ließ die Röhre fallen, packte Nicole und Connor und brachte sie aus der Hintertür in Sicherheit.

2. KAPITEL

Die Feuerwehrleute waren sehr nett.

Sie erlaubten Connor, einen Helm aufzusetzen und sich in den großen Wagen zu setzen, während ein älterer Feuerwehrmann aufpasste.

Nicole war dankbar dafür. Sie brauchte einen Augenblick. Vielleicht auch zwei. Oder dreißig. Seufzend ließ sie den Blick von ihrem Sohn zu ihrem verwüsteten Haus wandern. Feuerwehrschläuche lagen auf dem Rasen, der von all dem Wasser und dem Getrampel schlammig geworden war. Nachbarn standen herum, um das Spektakel zu betrachten – sogar Mr. Hannity, der ungefähr hundertzehn sein musste, hatte sich von seiner Veranda losgerissen, um besser sehen zu können. Und Griffin redete mit einem der Feuerwehrleute, als wären sie alte Freunde.

Nicole stand allein am Ende der Auffahrt und hörte halbherzig auf die Gespräche und den Lärm ringsum. In ihren Ohren war ein Rauschen, möglicherweise Ausdruck der Panik.

Sie war immer noch ein bisschen wackelig auf den Beinen, und ihr Magen zog sich hin und wieder zusammen, vermutlich noch Nachwirkungen der Aufregung. Griffin hatte ihr Connor aus den Armen gerissen, sie am Arm gepackt und aus der Küche gezogen. Zum Glück hatte sie ihr Handy in der Tasche gehabt. Sie hatte die Feuerwehr gerufen, sobald sie aus dem Haus gewesen waren.

Ihrem Haus.

Sie war seither noch nicht wieder drin gewesen, wusste nicht mal, ob sie überhaupt reingehen wollte, um sich ihre verwüstete Küche anzusehen. Nicole konnte sich nur vorstellen, was sie vorfinden würde. Und zu diesen bedrückenden Gedanken gesellten sich immer neue.

Die Versicherung.

Das Haus war natürlich versichert, doch der Selbstbehalt war riesig – damit die Beiträge bezahlbar blieben. Wenn sie jetzt daran dachte, wie sie den Selbstbehalt aufbringen sollte, lief es ihr kalt den Rücken herunter, trotz der heiß herabbrennenden Sonne.

Wie sollte sie das alles nur bezahlen?

Wie könnte sie es nicht bezahlen?

„Jim, sagt, alles in allem sei es nicht so schlimm.“

„Hm? Was?“ Nicole sah zu Griffin auf, überrascht, ihn direkt vor sich zu haben. Sie war wirklich in trübseligen Gedanken gefangen, wenn sie nicht einmal bemerkte, dass er sich genähert hatte.

Er legte den Kopf schief und musterte sie. „Schon wieder eine Trance? Oder stehen Sie unter Schock? Vielleicht sollten Sie sich setzen.“

„Ich will mich nicht setzen“, erwiderte sie. In diesem Moment hätte sie sich am liebsten ins Gras geworfen und eine Weile um sich geschlagen und geschrien. Stattdessen fragte sie: „Ich möchte wissen, in welchem Zustand mein Haus ist, und mich vergewissern, dass es sicher ist.“

„Jim sagt, ja.“

„Der Feuerwehrmann, mit dem Sie geredet haben?“

„Ja.“ Griffin zuckte mit den Schultern. „Kriegen Sie jetzt keinen feministischen Anfall. Ich habe ihn nicht beiseitegezogen, um Informationen aus ihm herauszuholen. Ich bin mit ihm in die Schule gegangen. Jim Murphy. Er ist jetzt Feuerwehrhauptmann. Verheiratet, mit einer Million Kindern …“

„Schön für Jim“, sagte Nicole angespannt. „Und was hat er über meine Küche gesagt?“

„Oh.“ Sein Lächeln erlosch. „Er kommt gleich rüber, um mit Ihnen zu reden. Er prüft nur noch alles, ehe sie hier zusammenpacken.“

„Dann ist das Feuer gelöscht.“

„Auf jeden Fall“, versicherte er ihr und legte ihr kurz die Hand auf die Schulter. „Elektrisch, aber das wussten Sie ja.“

Ja. Die Reihe von Knalls würde sie wohl noch wochenlang im Traum hören.

„Anscheinend sind Ihre Leitungen marode“, meinte Griffin.

„Bis heute hat alles prima funktioniert“, wandte sie ein, obwohl sie wusste, dass er recht hatte. Die Leitungen waren in der Tat alt, die Installationen uralt. Aber irgendwie hatte sie nie genug Geld gehabt, um alles reparieren zu lassen. Natürlich hatte sie Pläne gemacht. Große Pläne, für einen kompletten Küchenumbau, für einen riesigen Badanbau an ihrem Schlafzimmer. Vielleicht eine Sonnenterrasse vor der Küche … aber das waren nur Pläne. Luftschlösser, hätte ihre Großmutter gesagt.

„Ja, und das ist mir wirklich äußerst unangenehm“, gab Griffin zu. „Wenn ich nicht an der Leuchte gezogen hätte …“

Einesteils hätte sie gern zugestimmt. Eine zornige, verzweifelte Stimme in ihr hätte gern gerufen: Ich hab Ihnen doch gesagt, dass ich keine Hilfe brauche! Aber leider würde ihr Zorn überhaupt nichts ändern. Sie schüttelte den Kopf und winkte ab. „So was kommt vor. Jetzt können wir ohnehin nichts mehr ändern.“

Eigentlich konnte sie von Glück sagen, dass Griffin nicht von der Leiter gefallen war und sich den Schädel aufgeschlagen hatte. Dann hätte sie es jetzt nicht nur mit dem Brandschaden zu tun, sondern auch mit Arztrechnungen.

„Außerdem“, fügte sie hinzu und sah zu Connor, der sie unter dem riesigen Feuerwehrhelm hervor anstrahlte, „haben wir uns alle retten können. Und das ist es, was zählt.“

„Gute Einstellung“, stellte Griffin fest und wandte sich Jim Murphy zu, der in diesem Augenblick zu ihnen trat.

„Ms. Baxter“, sagte er und schüttelte ihr die Hand. „Sie können das Haus jetzt wieder betreten, aber ich rate Ihnen ab, hier zu wohnen, ehe Sie alle Leitungen von einem Elektriker haben prüfen lassen.“

„In Ordnung“, murmelte sie. „Das Feuer ist aber gelöscht, nicht? Es wird nicht wieder aufflackern, oder?“

Er lächelte. „Nein. Die Sicherungen in der Küche sind abgeschaltet. Zur Sicherheit würde ich alles vom Elektriker durchchecken lassen, ehe Sie den Strom wieder einschalten.“

Natürlich. Handwerker. Elektriker. Profis. Dann Stuckateure, Maler … vor ihrem inneren Auge sah Nicole lauter Dollarscheine aus dem Fenster fliegen, und wieder hätte sie am liebsten laut geschrien und um sich geschlagen. Sie schob die Sorgen beiseite, rang sich ein Lächeln ab und sagte: „Danke. Ich weiß es zu schätzen, dass Sie so schnell hergekommen sind.“

„Wir sind froh, wenn wir helfen können“, beteuerte der Mann und schaute zum Haus. „Es ist gut gebaut. Diese alten Häuser sind meist grundsolide. Es hätte viel schlimmer kommen können. Sobald Sie die Sache repariert haben, ist alles in Ordnung. Das Gebäude hat keinen Schaden genommen.“

Glück im Unglück, dachte Nicole.

„Danke, Jim“, sagte Griffin und schüttelte dem Mann die Hand. „Schön, dich zu sehen. Grüß Kathy von mir, ja?“

„Geht klar.“ Er wandte sich zum Feuerwehrwagen, und Griffin folgte ihm. „Vielleicht könnten wir mal zusammen zu Abend essen, hm?“

Die Feuerwehrleute waren immer noch zugange, rollten Schläuche auf, plauderten, lachten. Die meisten Nachbarn wandten sich zum Gehen, nur die neugierigsten blieben noch ein wenig. Jim und Griffin brachten sich immer noch auf den neuesten Stand, und Connor „lenkte“ inzwischen das Feuerwehrauto, ein entzücktes Grinsen im Gesicht.

Nicole hatte abgeschaltet. Sollten sich die zwei alten Freunde doch zu Bier und Burgern verabreden. Sollte doch ihr Sohn in seinen Kleine-Jungs-Träumen schwelgen. Ihre Gedanken galten im Augenblick eher der Frage, was sie als Nächstes tun wollte. Leider hatte sie keine Ahnung.

„Alles in Ordnung?“

Sie blickte auf und stellte überrascht fest, dass Griffin wieder vor ihr stand. „Nicht so sehr.“

„Ja, das kann ich verstehen, aber Sie sind doch versichert, oder?“

„Natürlich bin ich versichert“, fuhr sie ihn an und biss sich dann auf die Lippe. Es war nicht seine Schuld, dass sie so in der Klemme saß. Nun ja, theoretisch war es vielleicht schon seine Schuld, weil er die Leuchte aus der Decke gerissen hatte, aber es war nicht so, als hätte er ihre Küche absichtlich niedergebrannt.

„Dann entspannen Sie sich doch ein bisschen“, riet er ihr. „Sie sind in Sicherheit. Connor ist in Sicherheit. Das Haus kann repariert werden.“

„Ich weiß“, sagte sie entschlossen, mehr um sich selbst zu überzeugen als ihn. Es stimmte schließlich. Irgendwie würde sie einen Weg finden. Sie könnte eine Hypothek aufnehmen, obwohl ihr das wirklich unangenehm wäre. Das Haus war abbezahlt, und sie war wirklich dankbar, dass keine monatlichen Tilgungsraten anfielen. Aber sie hatte nicht allzu viele Optionen. Außerdem wollte sie darüber nicht mit Griffin reden.

„Sie haben recht. Wir sind alle in Sicherheit. Der Rest wird sich finden. Und jetzt …“, sie sah zum Feuerwehrwagen und ihrem Sohn, „… muss ich wohl Connor da rausholen, ehe er als blinder Passagier mitfährt und ich ihn nie wiedersehe.“

„Okay, wollen Sie dann reingehen und sich das Ganze ansehen?“

„Eigentlich nicht“, gestand sie.

„Wird schon okay sein“, versicherte Griffin.

Sie schaute ihn an. „Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass die Leute das vor allem sagen, wenn etwas absolut nicht okay ist?“

„Da ist was dran. Aber nicht hinzusehen, hilft Ihnen auch nicht weiter.“

„Da ist allerdings auch was dran.“ Sie seufzte schwer und ging dann nach einem kurzen Blick auf das Haus zum Einsatzfahrzeug. Dort holte sie ihren Sohn von dem Feuerwehrmann ab, der inzwischen sein neuer bester Freund geworden war. Als sie zu Griffin zurückkam, den schmollenden Connor auf der Hüfte, erklärte sie: „Sie brauchen nicht mit reinzukommen.“

Er sah sie nur kurz an, und seinem Blick entnahm sie überdeutlich, dass er nicht die Absicht hatte, irgendwo andershin zu gehen. Sie wusste nicht, ob sie erleichtert oder genervt sein sollte.

„Doch.“ Er winkte den Feuerwehrleuten zu und folgte ihr dann ums Haus zum Hintereingang.

Komisch, erst vor zwei Stunden war sie ungestört ihrer Arbeit nachgegangen, hatte hin und wieder zu dem spärlich bekleideten Griffin im Whirlpool hinübergelinst. Nun standen sie gemeinsam davor, den Schauplatz völliger Verwüstung zu inspizieren.

Ihr drehte sich der Magen um vor Nervosität und Sorgen und vermutlich noch aus anderen Gründen. Griffins Nähe machte sie noch nervöser, als sie es unter normalen Umständen gewesen wäre. Nicole konnte ihn hinter sich spüren. Es fühlte sich beinahe so an, als würde die Luft vor Spannung knistern.

O Gott! Elektrische Spannung.

Elektrische Leitungen.

Feuer.

Jetzt war wirklich nicht der richtige Zeitpunkt für eine Hormonflut.

Sie bog um die Hausecke, sah, dass die Hintertür offen stand und wappnete sich gegen das, was sie innen erwartete. Dann stieg sie die drei Stufen hinauf und ging hinein.

Die Küche sah aus, als wäre ein Hurrikan hindurchgefegt. Überall Wasser. Rußflecken auf Decke und Wänden. Die Decke war völlig hinüber. Der Putz, der auf sie herabgerieselt war, als Griffin die Leuchte herausgerissen hatte, war nichts im Vergleich zu dem, was die Feuerwehrleute beim Löschen angerichtet hatten.

Klaffende Löcher starrten sie an, als sie nach oben blickte, als würde das Haus selbst sie anklagend anschauen. Staub und Wasser vereinten sich auf Boden und Arbeitsplatte zu einer dicken Paste.

„O Gott!“

Am liebsten hätte sie geweint. Und geschrien. Und sich Schaufel und Besen gegriffen und ihre Welt wieder in Ordnung gebracht. Doch als sie die Überreste der Decke näher in Augenschein nahm, wurde ihr klar, dass mehr als Muskelkraft gefragt war, um diese Aufgabe zu erledigen.

„Haus dreckig!“, rief Connor und klatschte in die Hände.

Instinktiv umfasste sie ihren Sohn fester.

„Das ist ja nur noch eine Ruine“, meinte Griffin unnötigerweise.

Nicole drehte sich langsam im Kreis, um das gesamte Ausmaß der Zerstörung zu betrachten.

„Ich weiß nicht mal, wo ich anfangen soll, um hier aufzuräumen“, murmelte sie und sah durch die offene Tür ins Wohnzimmer. Der Raum war auch nicht ganz unversehrt geblieben. Die Möbel waren zur Seite gerückt, auf dem Holzfußboden stand das Wasser.

Einen Augenblick dachte sie an die letzte Überschwemmung in ihrem Haus, als die Rohrleitung leck gewesen war. Katie war herübergeeilt, um ihr zu helfen, und brachte Rafe King mit. Damals war sie ihm zum ersten Mal begegnet. Und nun stand sie hier, ihr Haus stand voll Wasser, und neben sich hatte sie nun einen weiteren King.

„Sie brauchen das nicht sauber zu machen“, sagte Griffin hinter ihr.

„Sehen Sie irgendwen, der sich um diese Aufgabe reißt?“ Ich werde Stunden dafür brauchen, dachte sie.

„Bestellen wir doch eine Putzkolonne“, schlug er vor.

„Kann ich mir nicht leisten“, wandte sie ein.

„Nun, allein schaffen Sie es nicht, und ich mache es nicht“, erklärte er.

„Wer hat Sie denn um Hilfe gebeten?“ Nicole verlor allmählich die Beherrschung.

„Sie nicht“, sagte Griffin und verschränkte die Arme vor der Brust. Kopfschüttelnd platzte er heraus: „Sie würden ja nicht mal um Hilfe bitten, wenn Sie bis zum Hals in Treibsand steckten, oder?“

„Wenn Sie glauben, mich damit beleidigen zu können, täuschen Sie sich. Ich kann auf mich selbst aufpassen. Tue ich schon seit Jahren.“

„Und nur weil Sie es können, müssen Sie es auch tun?“

Connor wand sich in ihrem Griff, und statt ihn weiter festzuhalten, stakste sie an Griffin vorbei und ging, von Connor gefolgt, hinaus in den Garten. Dort war sie wenigstens nicht von den Überresten ihres Heims umgeben. Dort wurde sie nicht vom nassen Rauch erdrückt. Und sie war nicht so in Versuchung, sich auf den Boden zu setzen und zu heulen.

Sie sah zu, wie Connor zum Blumenbeet und seiner geliebten Schaufel lief. Die Sonne glänzte auf seinem blonden Haar.

Griffin folgte ihr, doch Nicole schaute ihn nicht einmal an. „Ich weiß, dass Sie mir helfen wollen, aber es wäre wirklich das Beste, wenn Sie jetzt nach Hause gingen.“

Er baute sich vor ihr auf, zwang sie so, ihn anzusehen. Er fixierte sie mit seinen blauen Augen, forderte sie heraus, den Blick abzuwenden. Was sie natürlich nicht tat. „Sie glauben wirklich, dass ich jetzt nach Hause gehe und mich wieder in den Whirlpool setze? Abenteuer vorüber, das war’s?“

„Warum nicht?“

Er lachte kurz auf. „Ich glaube, das war jetzt eine Beleidigung, aber lassen wir das für den Moment. Was ich nicht recht erkennen kann: Sind Sie wirklich so störrisch, oder spielen Sie nur mir etwas vor?“

Fassungslos blickte sie ihn an. „Warum sollte ich Ihnen etwas vorspielen wollen, Griffin?“

„Frag ich mich auch“, brummelte er. „Aber wenn es Ihnen ernst ist damit, ist das genauso verrückt. Ich lasse Sie doch jetzt nicht mit einem Dreijährigen in all diesem Chaos allein.“

Sie wusste nicht genau, warum er sich so aufregte. In seinem Haus hatte es schließlich nicht gebrannt. „Das ist nicht Ihre Entscheidung.“

„Na, dann sollten Sie so entscheiden. Wie wollen Sie denn zurechtkommen ohne Strom? Ohne Küche?“

Darauf hatte Nicole keine Antwort. Noch nicht. Irgendetwas würde sie sich schon einfallen lassen. Wie immer. Ihr Blick wanderte zu Connor, der Erde aus dem Blumenbeet auf den Rasen häufelte. Alles in ihr wurde weich und gleichzeitig knallhart. Sie würde tun, was sie tun musste. Für ihren Sohn. „Ich wohne hier, Griffin. Wohin sollte ich denn gehen?“

„Nach nebenan, zu mir.“

„Was?“ Verblüfft sah sie ihn an.

Er fuhr sich durchs Haar, doch diesmal war Nicole von ihrer Umgebung so abgelenkt, dass ihr gar nicht auffiel, wie die Badeshorts bei der Bewegung noch ein Stückchen herunterrutschte.

„Ich bin schuld an dem Brand.“

„Stimmt“, sagte sie und schüttelte den Kopf, als er das Gesicht verzog. „Ich meine, nein. Nicht ganz.“

Er hob eine Augenbraue, und sie fragte sich beiläufig, wie die Leute das fertigbrachten. Dann seufzte sie. „Sie haben nur versucht zu helfen.“

„Und habe Ihre Küche niedergebrannt.“

Sie lächelte ihn ironisch an. „Ich habe nicht gesagt, dass Sie geholfen haben. Ich habe gesagt, Sie hätten es versucht.“

Er lächelte ebenfalls. „Rafes und Katies Haus ist riesig.“

„Ich weiß“, entgegnete Nicole. „Seit ihrer Heirat klagt Katie darüber, dass sie nie weiß, wie ihr Haus am nächsten Tag aussehen wird. Rafe baut ständig etwas an oder reißt etwas ein, nur um es durch etwas Größeres zu ersetzen …“

Sie hatte Katie nie um die finanzielle Sicherheit beneidet, die sich durch ihre Hochzeit erlangt hatte. Aber spätnachts, wenn sie allein war, musste Nicole sich insgeheim eingestehen, dass sie neidisch war auf die Liebe, die ihre Freundin gefunden hatte. Die Gewissheit, die sie nun hatte, dass nicht alles auf den eigenen Schultern lastete. Die beiden waren ein so tolles Paar, dass Nicole nicht umhin konnte, sich zu wünschen, auch sie würde eines Tages eine solche Liebe finden.

Da sich ihre eigene romantische Geschichte eher wie eine griechische Tragödie las, hatte sie allerdings akzeptiert, dass die Chancen bei ihr eher gering waren.

Aber, so hatte sie sich immer getröstet, sie hatte ja ihren Sohn. Ihr Geschäft. Ihr Zuhause.

Bis heute hatte sie ein Zuhause gehabt. Sie sah sich zu dem Haus um, das wochenlang nicht bewohnbar sein würde.

„Nicole, Sie wissen, dass es das Beste wäre. Das Haus ist so groß, da laufen wir uns nicht über den Weg.“ Griffin kam näher. „Hier können Sie nicht bleiben. Es ist nicht sicher. Weder für Sie, noch für Connor.“

„Wahrscheinlich nicht …“

„Wollen Sie während der Renovierung wirklich ins Hotel ziehen?“, fragte er ein bisschen entnervt.

Nein, wirklich nicht. Sie fand nicht nur die Vorstellung erschöpfend, ihren beinahe dreijährigen Sohn in einem winzigen Hotelzimmer bei Laune zu halten, auch die Kosten mussten in Betracht gezogen werden. Sie konnte es sich nicht leisten, die Küche renovieren zu lassen und in einem Hotel zu leben.

„Außerdem“, fügte Griffin hinzu, „können Sie so während der Renovierung in der Nähe sein und die Sache im Auge behalten.“

Das stimmte. Aber sie hasste es, jemandem verpflichtet zu sein. Auf jemanden angewiesen zu sein, sich von jemandem Gefälligkeiten erweisen zu lassen, davon wollte Nicole nichts wissen. Nicht mehr. Nicht seit ihr Exmann ihr auf die harte Tour beigebracht hatte, dass die einzige Person, auf die sie sich verlassen konnte, sie selbst war.

Sie sah zu Griffin auf und biss sich auf die Lippe. Er wirkte so selbstsicher, dass sie wieder wütend wurde. Hauptsächlich deswegen, weil sie genau wusste, dass ihr gar nichts anderes übrig blieb, und das war ihr wirklich zuwider.

Aber, überlegte sie, wenn Katie und Rafe zu Hause gewesen wären, hätte Katie darauf bestanden, dass ich und Connor zu ihnen ziehen. Also war es doch nicht viel anders, wenn Griffin sie dazu einlud, oder?

Ihr Verstand lachte sie aus wegen dieser lächerlichen Rechtfertigung. Ein glücklich verheiratetes Paar bot ihr an, bei sich zu wohnen, oder ein umwerfend attraktiver, unverheirateter Mann, der ihre Hormone zum Boogietanzen brachte. Klar. Genau dieselbe Situation.

Stirnrunzelnd schob sie den Gedanken beiseite.

Das Boogietanzen hatte leider nicht zum Angebot gehört.

Außerdem, führte sie sich vor Augen, hatte Griffin doch den Brand in ihrer Küche ausgelöst.

„Sie wissen, dass es die einzige Lösung ist“, beharrte er.

„Ja, ist es.“ Sie nickte, warf noch einen Blick zurück zu ihrer Küche und versuchte nicht daran zu denken, wie es dort aussah. Stattdessen stellte sie sie sich nach Abschluss der Renovierungsarbeiten vor. Vielleicht könnte sie ja ein paar Verbesserungen veranlassen, wenn es nicht zu teuer wurde. Vielleicht stellte sich das Ganze noch als Segen heraus.

Dann wanderte ihr Blick zu Griffin, der sie mit seinen strahlend blauen Augen beobachtete. Seine gebräunte, muskulöse Brust erregte für einen wilden Augenblick lang ihre Aufmerksamkeit. Wenn er schon nebenan die reinste Versuchung war … wie wäre es da, wenn sie mit ihm zusammenwohnte?

Es war ein Albtraum.

Am nächsten Morgen rieb Griffin sich die müden Augen und sagte sich, dass er sich besser daran gewöhnen sollte. Rafes und Katies Haus war wirklich groß, aber er hatte ein wenig übertrieben, als er Nicole versichert hatte, für sie alle sei jede Menge Platz.

Er hatte vergessen, dass die Schlafzimmer alle auf denselben Flur hinausgingen. Sein Zimmer lag Nicoles direkt gegenüber, und er hätte schwören können, dass er jede ihrer nächtlichen Bewegungen gehört hatte.

Erst war sie auf und ab gegangen, dann hatte sie sich mit einem verräterischen Quietschen aufs Bett gesetzt. Schließlich hatte sie wieder angefangen, auf und ab zu gehen. Mehrmals hatte sie die Tür geöffnet und war die vier Schritte zu Connors Zimmer gelaufen. Sie hatte die Tür geöffnet, das Zimmer betreten, innegehalten. Schließlich war sie in ihr Zimmer zurückgekehrt.

Eigentlich hatten ihn weniger die Geräusche wach gehalten – Gott, einmal hatte er ein ganzes Feuerwerk verschlafen – als die Vorstellung, wie Nicole mit zerzaustem blondem Haar barfuß über den Gang tappte. Er fragte sich, was sie nachts anhatte. Ein Nachthemd? Ein T-Shirt? Nichts? Aufgrund der Tanktops und Shorts hatte er genug von ihrem Körper gesehen, um zu wissen, dass er mehr haben wollte.

Zu wissen, dass das nicht ging, war wirklich ärgerlich.

Aber er würde es hinkriegen. Den Ritter in schimmernder Rüstung spielen. Ihr eine Zuflucht bieten, eine Unterkunft, und das, ohne sie zu verführen. Klang zwar nicht besonders spannend, aber er würde es schaffen.

Lieber Himmel, sie war Mutter. Und dann musste er ja auch noch Katies Drohung in Betracht ziehen. Außerdem war er jetzt dreiunddreißig. Das war die magische Zahl. Das Alter, mit dem er seine Karriere als Frauenheld beenden wollte. Das Alter, mit dem er endlich reif werden würde, ob er nun wollte oder nicht.

„Und ich will wirklich nicht.“

„Reden Sie mit sich selbst?“

Er sah auf, als Nicole in die Küche kam, Connor auf der Hüfte. Sie trug weiße Shorts und ein pinkfarbenes Tanktop, ihre Zehennägel waren passend lackiert. Sie hatte sich das Haar hinter die Ohren gesteckt, silberne Kreolen blitzten hervor.

„Was? Nein.“ Er schüttelte den Kopf und konzentrierte sich auf die Tasse Kaffee in seinen Händen. „Ich denke nur nach.“

„Wow, Sie denken ziemlich laut nach.“

„Runter!“, rief Connor.

Griffin verzog das Gesicht. Es war noch zu früh für Gespräche und viel zu früh für gute Laune.

„Magst du ein Glas Milch, mein Schatz?“, fragte Nicole.

Griffin hätte beinahe Nein, danke gesagt.

„Milch! Und Kekse!“, schrie Connor.

Nicole lachte. „Zum Frühstück gibt es keine Kekse.“

Griffin sah den Kleinen an. So ein süßer Kerl. Ob es wohl falsch wäre, ihm den Mund zuzukleben?

Nicole gab Connor etwas Milch, holte Eier aus dem Kühlschrank und eine Pfanne aus dem Schrank. Sie war in Katies Küche ebenso zu Hause wie in ihrer eigenen. „Kann ich etwas für Sie zubereiten?“

„Nein, ich frühstücke nie“, erwiderte er und konzentrierte sich auf seinen Kaffee. Koffein. Das Geheimnis zum Überleben.

„Frühstück Connors Lieblingsmahlzeit“, sagte sie, verquirlte die Eier, stellte die Pfanne auf den Herd und veranstaltete allgemein so viel Lärm, dass Griffin die Stirn runzelte.

„Ich habe beschlossen, die Situation als Geschenk zu betrachten“, erklärte Nicole vom Herd aus.

„Wirklich?“ Griffin nahm Connor den Löffel ab, mit dem der Kleine auf die Tischplatte gehauen hatte. Daraufhin verzog der Junge das Gesicht und schob die Unterlippe vor, und seine blauen Augen füllten sich mit Tränen. Griffin seufzte und gab ihm den Löffel zurück.

Trink ja weiter deinen Kaffee, sagte er sich und stand auf, um sich nachzuschenken.

„Also, wie Sie festgestellt haben“, fuhr Nicole fort, „muss ich ohnehin alles renovieren lassen, daher sehe ich das eher als Erneuerung denn als Reparatur.“

„Vermutlich eine gute Idee“, räumte er ein und setzte sich hin. Connor grinste ihn an und drosch mit der Inbrunst eines Schlagzeugers auf den Tisch ein.

Griffin war kein Morgenmensch. Ihm waren Unterhaltungen bei einem späten Abendessen mit jeder Menge Wein lieber. Mit den Frauen, mit denen er sich … traf, verbrachte er nie die Nacht, daher hatten Gespräche am Morgen danach bei ihm nie auf dem Programm gestanden. Und nun musste er nicht nur mit einer Frau reden, sondern auch noch einen Dreijährigen ertragen.

Normalerweise begrüßte er den Morgen mit derselben Begeisterung, mit der ein Todgeweihter seinem Henker begegnete. Heute war es noch schlimmer.

Nicole stellte die Rühreier vor Connor hin, und der Junge aß mit den Fingern, während er weiter mit dem Löffel auf den Tisch schlug. Griffin seufzte und fragte sich dann, seit wann er ein so alter Miesepeter war.

„Connor muss in den Kindergarten“, sagte Nicole. „Ich bringe ihn schnell hin, dann komme ich zurück und rufe die Versicherung und eine Baufirma an …“

„Kümmern Sie sich um die Versicherung, ich rufe King Construction an“, bot Griffin ihr an. „Die erledigen alles für Sie, und das zu einem besseren Preis, als Sie anderswo bekommen würden.“

Er bemerkte, dass sie schon ablehnen wollte, doch dann nickte sie. „Danke, ich weiß das zu schätzen.“

Auch wenn sie es zu schätzen wusste, gefiel es ihr nicht, eine Gefälligkeit anzunehmen. Das konnte er verstehen, obwohl er sich über ihre Weigerung hinweggesetzt hätte, wenn sie Einwände erhoben hätte.

„Kein Problem. Wozu hat man Familie, wenn man sie nicht um Hilfe bitten kann? Da Rafe nicht da ist, rede ich mit Lucas. Wahrscheinlich kann er gleich heute vorbeischauen, um sich alles anzusehen.“

„Okay.“ Sie reichte Connor einen Becher Milch, gerade als Griffin dem Jungen den Löffel aus der Hand nahm.

„Sie sind Kinder nicht gewohnt, was?“, fragte sie mit einem schiefen Lächeln.

„Nicht im Morgengrauen“, gab er zu und verspürte leise Schuldgefühle, weil er Connor den Löffel schon wieder weggenommen hatte. Resigniert gab er ihn zurück.

„Es ist acht Uhr.“

„Sag ich doch.“ Als in seiner Welt noch nicht das Unterste zuoberst gekehrt war, hatte er sich um diese Zeit zu seiner ersten Tasse Kaffee hingesetzt. Dann saß er draußen auf dem Balkon, blickte hinaus aufs Meer und genoss die Stille, ehe er duschte und sich anzog. Kurz nach neun war er dann bei King Security eingetroffen.

Welche Ironie, dachte er, dass mir mein Arbeitsalltag plötzlich weitaus erholsamer vorkommt als mein Urlaub.

Nicole schüttelte den Kopf und widmete sich ihrem Sohn. Griffin beobachtete sie mit dem Jungen, sah, wie ihre Augen interessiert und amüsiert aufblitzten, während Connor vor sich hin brabbelte, halb verständlich, halb in irgendeiner merkwürdigen Babysprache, die Nicole anscheinend verstand. Die Morgensonne schien auf den Tisch und brachte Nicoles Haar zum Leuchten. Etwas Heißes, Hartes setzte sich in seiner Magengrube fest – und wanderte tiefer. Eine Frau, die ihn früh am Morgen so berührte, war gefährlich.

Na klar. Das Zusammenleben wird einwandfrei funktionieren, sagte er sich und seufzte schwer.

Am besten rief er sofort bei King Construction an. Je schneller Nicole aus seiner Nähe verschwand, desto besser.

Für sie alle.

3. KAPITEL

„Mannomann, die Hütte hast du ja ordentlich verwüstet.“ Am Spätnachmittag ging Lucas King durch Nicoles Küche, um den Schaden einzuschätzen. Seinem geübten Auge entging nichts. Der Strom war immer noch abgestellt, auch das hatte Lucas nachgeprüft. Er verließ sich auf niemanden.

„Ich habe nicht direkt eine Fackel drangehalten“, wandte Griffin ein und lehnte sich an die verkohlte Arbeitsplatte.

„Hättest du aber genauso gut tun können.“ Lucas’ Stimme klang gedämpft: Er stand auf der Leiter und hatte den Kopf durch das Loch in der Decke gesteckt, während er alles mit der Taschenlampe ausleuchtete.

Griffin überlegte, ob er der Leiter einen Stoß versetzen sollte, schon aus Prinzip. Andererseits war die Leiter seines Cousins weitaus stabiler als die, von der er gefallen war, also würde das nichts bringen.

„Das alles hast du geschafft, indem du von der Leiter gefallen bist?“

„Ja“, antwortete Griffin angespannt. Er hörte die Belustigung in Lucas’ Stimme und wusste genau, dass er die Geschichte brühwarm in der Familie herumerzählen würde. „Ich habe die Leuchte gepackt, um das Gleichgewicht zu halten, aber stattdessen …“

Lucas prustete los. „Hast du sie direkt aus der Decke gezogen, was?“

„Mal ernsthaft“, sagte Griffin und warf dem Rücken seines Cousins einen wütenden Blick zu, „ich hab dich nicht hergeholt, dass du dich über mich lustig machst. Schau dir einfach nur die Küche an.“

„Ja, schon gut“, erwiderte Lucas. „Mich über dich lustig zu machen ist einfach die Dreingabe.“

„Immer gern zu Diensten“, meinte Griffin. Sein Ton verriet, dass es keineswegs gern geschehen war. „Wie schlimm ist es?“

„Hier oben sieht es aus wie in einem Horrorfilm. Ein Wunder, dass das Haus nicht schon vor Jahren Feuer gefangen hat.“

Bei der Vorstellung lief es Griffin kalt den Rücken herunter. Nicole und ihr Sohn wohnten allein hier. Was, wenn es mitten in der Nacht zu einem Elektrobrand gekommen wäre? Trotz Feuermelder gab es keinerlei Garantie dafür, dass sie es rechtzeitig nach draußen geschafft hätten. Beunruhigt fuhr er sich mit der Hand übers Gesicht.

„Wir können dir wohl nicht die ganze Schuld zuschieben“, erklärte Lucas, als er die Leiter herunterkam.

Er blinzelte in der Sonne, die durch das Fenster über dem Spülbecken hereinströmte. „Die elektrischen Leitungen in diesem Haus stehen alle kurz vor dem Wusch.“

Griffin schüttelte den Kopf. „Dem Wusch?“

„Ein Fachbegriff.“ Lucas grinste. „So klingt es, wenn ein Feuer auflodert.“

„Toll. Schwarzer Humor.“ Griffin fand das nicht komisch. Er hatte dieses Geräusch gehört, kurz nach den drei Plopps. Er erinnerte sich auch an den Rauchgeruch und versuchte, diese Eindrücke wegzuschieben. Die Küche war ruiniert, aber sie waren heil davongekommen. Das war das Wichtigste. Und anscheinend konnten sie noch von Glück sagen, dass nicht das ganze Haus über ihnen eingestürzt war.

Griffin steckte die Hände in die Taschen und sah sich in dem Raum um. Er entdeckte Dinge, die ihm vorher gar nicht aufgefallen waren: Fotos von Connor am Kühlschrank, auf dem Herd ein Teekessel in Form eines Hahns. Kleine grüne Glasvasen, die nun auf der Arbeitsplatte verstreut lagen, daneben vertrocknete Blumen.

Das ist nicht nur irgendein Raum, dachte er, es ist Nicoles Zuhause, ein weitaus besseres Zuhause, als ich es habe. Seine Wohnung benutzte er hauptsächlich als Schlafstätte und als Ort, wo er seine Kleider aufbewahrte. Er empfand leise Gewissensbisse. Sie hatte so viel verloren, und er besaß mehr, als er brauchte oder nutzte.

Für ihn spielte es keine Rolle, dass die Leitungen laut Lucas jederzeit hätten Feuer fangen können. Er hatte nun mal die Leitungen herausgerissen, er war für den Brand verantwortlich. Nicole und ihr Sohn hatten durch ihn ihr Heim verloren, er war derjenige, der das wieder in Ordnung bringen musste.

Ob es Nicole nun gefiel oder nicht.

„Was willst du jetzt unternehmen?“, fragte Lucas, während er sich Notizen auf einem Tablet-PC machte.

„Ich will, dass hier alles in Ordnung gebracht wird.“

„Das können wir machen“, versicherte sein Cousin ihm. „Demnach ist sie versichert?“

„Sagt sie. Aber ich vermute, dass der Selbstbehalt ziemlich hoch ist.“

„Vermutlich.“ Lucas nickte nachdenklich. „Alleinerziehende Mütter haben für gewöhnlich nicht viel Geld übrig.“

„Das glaube ich auch.“ Griffin schaute zum Nachbarhaus, wo Nicole im Esszimmer saß und arbeitete – ihr Laptop war glücklicherweise unbeschädigt. Sie wusste, dass Lucas hier war, hatte jedoch nicht schon wieder ihre zerstörte Küche betreten wollen. Sie würde mit Lucas reden, wenn dieser mit der Inspektion fertig war.

„Um den Selbstbehalt und alle Extrakosten kümmere ich mich“, erklärte Griffin.

Lucas hob die Augenbrauen. „Tatsächlich?“

Griffin bemerkte den interessierten Blick seines Cousins und warnte ihn: „Komm bloß nicht auf dumme Gedanken. Zwischen mir und Nicole läuft nichts. Ich habe das hier verursacht. Das Mindeste, was ich tun kann, ist, es wieder in Ordnung zu bringen.“

„Das wird ihr nicht gefallen.“

„Sie braucht es ja nicht zu erfahren.“

Lucas lachte auf. „Mann, du glaubst doch nicht etwa, dass Nicole nicht herausfindet, was du vorhast?“

„Bitte.“ Griffin verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich bin im Sicherheitsgeschäft, schon vergessen? Wir wissen, wie man ein Geheimnis wahrt.“

„Nicht vor einer Frau.“ Lucas schüttelte den Kopf. „Es ist richtig unheimlich. Jedes Mal, wenn ich Rose ein Schnippchen schlagen will, kommt sie mir auf die Schliche. Es muss eine Art weiblicher Radar sein, eingebaut ins doppelte X-Chromosom oder so.“

Griffin starrte ihn nur an. „Du spinnst.“

„Nein, ich bin verheiratet.“

„Ist doch dasselbe.“

„Du bist ein armer Sack“, sagte Lucas grinsend.

„Klar“, gab Griffin zurück und lächelte selbstzufrieden. „Ich Ärmster. Jede Woche eine andere Frau. Niemand, der Forderungen an mich stellt. Sex, wann immer ich will.“

„Ähm, hallo?“ Lucas warf ihm einen finsteren Blick zu. „Ich bekomme auch Sex, wann immer ich will, weißt du. Und ich muss dazu nicht mal aus dem Haus.“

„Ach ja?“ Griffin lachte. „Wie ist dein Sexleben heutzutage denn so?“

Lucas’ Frau war mit ihrem zweiten Kind schwanger. Wie die meisten Kings hatte auch Lucas sich von einem Frauenhelden zum Ehemann und Vater gewandelt. Die Kings fielen, einer nach dem anderen.

Doch trotz seines Gehabes wusste Griffin, dass sein Cousin irgendwo recht hatte. In den letzten Monaten hatte Griffin sich immer weniger für den Lebensstil begeistern können, dem er jahrelang gefrönt hatte. Die verschiedensten Frauen waren durch sein Leben gezogen und hatten kaum einen Eindruck hinterlassen. Verschiedenste. Das entlockte ihm ein Lachen, denn auch wenn sich die Namen und Gesichter änderten, waren sie im Grunde doch alle gleich.

Schön und langweilig.

Allein schon der Versuch, ein Gespräch anzufangen. Nach fünf Minuten war er in Gedanken weit weg und hörte kaum noch hin, während sie von den heißesten Clubs, den angesagtesten Designern oder den besten Bräunungsstudios sprachen.

Aber er war ja auch nicht mit ihnen zusammen, weil sie so interessant über Kunst und Literatur plaudern konnten, oder? Alles, was er von ihnen gewollt hatte, war, mit ihnen ins Bett zu gehen. Daher brauchte er sich jetzt wirklich nicht zu beklagen, oder?

Verdammt. Dieses ganze Reifwerden war total nervtötend.

„Wann sollen wir anfangen?“, wollte Lucas wissen.

„Ginge heute Nachmittag?“

Lucas lachte. „Von mir aus. Du hast es ja echt eilig.“ Er nickte und machte noch ein paar Notizen auf seinem Tablet. „Im Augenblick sind wir ein wenig unterbesetzt – wir haben mindestens ein halbes Dutzend Aufträge, ganz zu schweigen davon, dass ich nach Feierabend in Dannys Zimmer Regale einbauen soll. Aber zwei Aufträge stehen kurz vor dem Abschluss.“

„Und Rafe macht Urlaub, wenn ihr so viel zu tun habt?“ Das sah einem King nicht ähnlich, fand Griffin.

„Ach, na ja.“ Lucas zuckte mit den Schultern. „Die Dinge ändern sich, wenn man eine Frau hat und ein Leben. Außerdem wollte Rafe mit Katie auf die große Europatour, solange sie sich dem Reisen noch gewachsen fühlt.“

„Katie?“ Angst schnürte ihm die Kehle zu. „Warum, ist irgendetwas mit Katie? Warum weiß die Familie nichts davon?“

„Verdammt.“ Lucas hob eine Hand. „Beruhige dich. Katie fehlt nichts, sie ist bloß schwanger. Und eigentlich soll es noch keiner wissen, also halt bloß die Klappe. Katie und Rafe wollen ein Familienfest feiern, wenn sie wieder zurück sind, und es allen erzählen.“

Griffin atmete erleichtert auf. „Ich habe dir schon gesagt, dass ich weiß, wie man etwas geheim hält.“

„Klar.“ Lucas nickte. „Jedenfalls wollte Rafe, dass sie noch etwas Zeit miteinander haben, ehe es in ihrem Leben richtig rundgeht. Nichts hält einen so auf Trab wie Kinder.“

Noch ein King, der Vater wurde. Der neuen Sinn in seinem Leben fand. Griffin wusste nicht, ob er ihn je finden würde und ob er ihn, wenn er ihn denn fände, auch wollte. Was genau sagte das über ihn aus? Griffin runzelte die Stirn.

„Noch ein King, der dran glauben muss“, brummte er, um die Gefühle zu überspielen, die so unverhofft auf ihn einstürmten.

„Nenn es, wie du willst“, sagte Lucas ein wenig defensiv. „Wir jedenfalls sehen es nicht so.“

„Früher schon“, erinnerte Griffin ihn. „Ich kann mich noch gut an ein Gespräch vor ein paar Jahren erinnern, als Adam und Travis geheiratet haben. Du hast gesagt …“

Lucas stieß die Luft aus. „Ich erinnere mich.“

„Du hast gesagt“, fuhr Griffin fort, „dass eine Heirat wie eine Beerdigung ist, nur dass man nicht so klug ist, sich hinzulegen und zu sterben.“