Barrieren - Andreas Winkelmann - E-Book

Barrieren E-Book

Andreas Winkelmann

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Beschreibung

David schlägt sich als Autor von Fantasyromanen und Gruselgeschichten durch – leider nur mehr schlecht als recht, er hat einfach keine guten Ideen mehr. Seine Frau Lydia muss die Kreditlast für den alten Bauernhof, den die beiden gekauft haben, allein tragen. Für David eine frustrierende Situation, auch wenn er immerhin handwerklich einiges beisteuern kann. Doch in letzter Zeit ist ihm etwas Merkwürdiges aufgefallen: Immer, wenn er das Lasermessgerät einsetzt, scheint der winzige rote Lichtpunkt mitten im Raum stehen zu bleiben. Als gäbe es dort eine unsichtbare Barriere, die den Laserstrahl nicht durchlässt. Aber das kann doch nicht sein?! David fühlt sich immer mehr von Barrieren umgeben, von Hindernissen, die jemand in seinem Haus aufgestellt haben muss. Unüberwindbare Grenzen aus scharfem Stacheldraht, in denen er sich verfängt, die ihm die Haut vom Leib reißen, wenn er sie zu überwinden versucht. Aber wer hat sie aufgestellt? Wer versucht, seine Freiheit zu beschneiden? Etwa – seine Frau Lydia, mit der die Beziehung in letzter Zeit auf einem Tiefpunkt angelangt ist? In der Therapie mit Dr. Gärtner, einem Psychiater, versucht David, seinen Dämonen auf den Grund zu kommen – den Dämonen, die ihn dazu getrieben haben, eine fürchterliche Tat zu begehen …

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Seitenzahl: 61

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Andreas Winkelmann

Barrieren

 

 

 

Über dieses Buch

David schlägt sich als Autor von Fantasyromanen und Gruselgeschichten durch – leider nur mehr schlecht als recht, er hat einfach keine guten Ideen mehr. Seine Frau Lydia muss die Kreditlast für den alten Bauernhof, den die beiden gekauft haben, allein tragen. Für David eine frustrierende Situation, auch wenn er immerhin handwerklich einiges beisteuern kann. Doch in letzter Zeit ist ihm etwas Merkwürdiges aufgefallen: Immer, wenn er das Lasermessgerät einsetzt, scheint der winzige rote Lichtpunkt mitten im Raum stehen zu bleiben. Als gäbe es dort eine unsichtbare Barriere, die den Laserstrahl nicht durchlässt. Aber das kann doch nicht sein?!

David fühlt sich immer mehr von Barrieren umgeben, von Hindernissen, die jemand in seinem Haus aufgestellt haben muss. Unüberwindbare Grenzen aus scharfem Stacheldraht, in denen er sich verfängt, die ihm die Haut vom Leib reißen, wenn er sie zu überwinden versucht.

Aber wer hat sie aufgestellt? Wer versucht, seine Freiheit zu beschneiden? Etwa – seine Frau Lydia, mit der die Beziehung in letzter Zeit auf einem Tiefpunkt angelangt ist?

 

In der Therapie mit Dr. Gärtner, einem Psychiater, versucht David, seinen Dämonen auf den Grund zu kommen – den Dämonen, die ihn dazu getrieben haben, eine fürchterliche Tat zu begehen …

Impressum

Originalausgabe

Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, Dezember 2016

Copyright © 2016 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt, jede Verwertung bedarf der Genehmigung des Verlages

Umschlaggestaltung Hafen Werbeagentur, Hamburg

Umschlagabbildung © Cyrille Gibot/Getty Images

Schrift Droid Serif Copyright © 2007 by Google Corporation

Schrift Open Sans Copyright © by Steve Matteson, Ascender Corp

Satz CPI books GmbH, Leck, Germany

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen

ISBN 978-3-644-20009-8

www.rowohlt.de

Ich hielt die Löschtaste gedrückt, sah jeden einzelnen Buchstaben verschwinden, den ich mir in den letzten Stunden abgerungen hatte, und spürte die vielen kleine Tode wie Nadelstiche im Inneren meines Schädels. Dort lösten sie Kopfschmerzen aus, wieder einmal. Als der letzte Buchstabe eliminiert war, schob ich mich vom Schreibtisch weg und rieb mir mit den Fingerknöcheln die Augen, drückte kräftig zu, um die Schmerzen zu vertreiben.

Es war spät, weit nach dreiundzwanzig Uhr, die Dunkelheit lag wie ein fester Block ums Haus, kapselte es von der Welt dadraußen ab, und ich fühlte mich wie der einzige Mensch auf Erden. Der Wind blies kräftig aus West, und wie immer, wenn er aus dieser Richtung kam, rüttelte er an den Schieferplatten, mit denen der Giebel des Hauses verkleidet war. Mittlerweile hatte ich mich an dieses Geräusch gewöhnt, behauptete vor Freunden leichthin, das Haus würde auf diese Weise mit mir sprechen, aber diese Leichtigkeit war gespielt, wie so oft, wenn wir Humor als Waffe gegen die Angst benutzen.

Weder war ich der einzige Mensch auf Erden, wenngleich die nächsten Nachbarn auch außer Sichtweite waren, noch war ich allein im Haus. Meine Frau schlief im Untergeschoss in einem Raum, in dem sie unbehelligt blieb von den Störungen, die meine nächtliche Arbeit mit sich brachte. Toilettengänge, eine frische Kanne Tee kochen, Süßigkeiten aus dem Fach im Wirtschaftsraum holen, in dem sie kühl, trocken und vor Mäusen geschützt untergebracht waren; ich mochte sie nur kühl, warme Schokolade war mir zuwider.

Es gab Nächte, da nahm meine Frau jedes noch so kleine Geräusch wahr und beschwerte sich am nächsten Morgen, sie würde nicht den Schlaf bekommen, den sie benötigte. Wir schliefen schon lange nicht mehr zusammen in einem Raum, da ich schnarchte. Zwar vermisste ich diese Zweisamkeit, konnte Lydias Gründe für meine Ausquartierung aber nachvollziehen. Lydia war sehr empfindlich, was Geräusche betraf, mitunter zu empfindlich, wie ich fand. Früher war das nicht so gewesen, aber früher hatte ich auch nicht geschnarcht, außerdem hatten wir früher viermal die Woche Sex gehabt, und danach schlief man einfach besser.

Jetzt kroch ich irgendwann nach Mitternacht in ein kaltes Bett und lauschte nicht mehr dem Atem meiner Frau, sondern den vielfältigen Geräuschen dieses alten Hauses. Dabei dachte ich über Dinge nach, über die niemand nachdenken sollte. Dinge, über die ich mit niemandem reden konnte.

Da meine Konzentration ohnehin zerstört war, nahm ich das kleine Gerät zur Hand, das auf meinem Schreibtisch neben dem Bild meiner Frau lag. Es war grün, zehn Zentimeter lang und drei Zentimeter breit. Die Firma Bosch hatte es gebaut, in Korea, wie ich vermutete, die genaue Bezeichnung lautete PLR 15. Ein silberner Schiebeschalter war der einzige Bedienmechanismus, darüber befand sich ein schwarzes Sichtfeld. Schob man den Schalter nach unten, erwachte das Gerät zum Leben, doch das tat ich nicht. Ich hatte Angst davor. Der PLR 15 war dazu gedacht, Räume zu vermessen. Es sandte einen Laserstrahl aus, der Entfernungen bis zu fünfzehn Meter auf drei Stellen hinter dem Komma genau vermaß, und ersetzte den guten alten Zollstock. Ich hatte den kleinen Helfer oft benutzt im vergangenen Jahr.

Mein Arbeitsraum unter dem Dach des Bauernhauses war ein umgebauter Heuboden und entsprechend groß. Bis zu dem deckenhohen Bücherregal auf der anderen Seite des Raumes würde der Laserstrahl ungebrochen eine Strecke von zehn Metern zurücklegen – vielleicht. Und dieses Vielleicht war es, was mich davon abhielt, ihn einzuschalten. Stattdessen ließ ich meinen Blick durch den Raum gleiten auf der Suche nach … was auch immer. Außer dem Bildschirm meines Laptops gab es nur eine weitere Lichtquelle, eine kleine Lampe mit einer matten Glaskugel als Schirm und einem wie ein Drache geformten Ständer. Deren diffuses Licht ließ den Schatten in den Ecken ihren Lebensraum. Ich könnte das Deckenlicht einschalten, es war viel heller, und ein paarmal, als die Angst zu groß geworden war, hatte ich genau das auch getan, aber dann war ich mir vorgekommen wie ein Idiot und Feigling zugleich, wie eine der absonderlichen Figuren, die ich in meinen Geschichten erfand, damit man sich über sie lustig machte oder sie hasste.

Das war kein gutes Gefühl.

Lydia sagte, manchmal, wenn ich tief in meinen Geschichten steckte, benähme ich mich wie meine Figuren. Aber nie wie die Helden, sondern immer wie diese jämmerlichen Nebenfiguren.

Lydia konnte zynisch sein. Deswegen hatte ich ihr bisher nichts erzählt von den Dingen, über die man nicht sprechen durfte. Sie würde mir nicht glauben, würde es auf meine krankhafte Phantasie schieben und mir nahelegen, öfter mal den PC auszuschalten, in den Garten hinauszugehen, Unkraut zu jäten oder den Rasen zu mähen. Dinge zu tun, die normal waren, die Männer eben taten. Es war ja auch nicht so, dass ich dergleichen nicht gern tat. Aber wie sollte ich mich darauf konzentrieren, wenn gleichzeitig im Haus dieses andere passierte? Oder in der Scheune. Oder in der Werkstatt. Oder im Kriechkeller.

Überall. Ich hatte es überall beobachtet.

Seit ich davon wusste, schrieb ich nicht mehr. Jedenfalls nicht so wie früher. Ich setzte mich weiterhin jeden Abend an den Schreibtisch mit der Absicht, dem neuesten Werk zehn Seiten hinzuzufügen, aber selten wurden es mehr als drei, und selbst mit denen war ich nicht zufrieden. Bevor wir dieses Haus gekauft und renoviert hatten, war Schreiben für mich Leidenschaft und Erfüllung gewesen, nie hatte mir die Inspiration gefehlt. Heute war es Qual und Schmerz. Es lag nicht am Haus, das wusste ich, ich fühlte mich wohl hier, Ruhe und Abgeschiedenheit waren perfekt für kreative Arbeit. Es lag an den Barrieren. Sie waren überall, ich kam nicht an ihnen vorbei.