Basst scho - Ulrike Vögl - E-Book
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Ulrike Vögl

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Beschreibung

Obacht Mord – ein weiterer, spannender Fall für unsere Augschburger Kommissarinnen
Der unterhaltsame Cosy Krimi mit viel Humor und bayrischem Charme

Kriminalhauptkommissarin Franzi genießt einen ruhigen Sommerabend in ihrem geliebten Augschburg, ihrer Heimat. Dann passiert das Entsetzliche: in ihrer Nachbarschaft bricht ein Feuer aus. Franzi zögert nicht lange und versucht ihre Freundin Marie aus den Flammen zu retten. Doch zu spät. Lediglich ihr Dackel überlebt. Die Feuerwehr schließt auf Eigenverschulden, doch Franzi fällt es schwer, das zu glauben. Als dann auch noch Maries Sohn einen Unfall hat, versteht sie die Welt nicht mehr. Wie viel Pech kann eine Familie eigentlich haben? Oder steckt etwas anderes dahinter? Franzi beginnt zu ermitteln, an ihrer Seite ihre Kollegin Helena Hansen. Doch ein wenig abgelenkt ist Helena schon, da ihr Lebensgefährte Nick sich irgendwie seltsam benimmt …

Erste Leser:innenstimmen
„Meine liebsten Detektivinnen ermitteln wieder, ich habe den Krimi sofort verschlungen!“
„Ein packender Regiokrimi, nicht nur, aber auch für Augsburger.“
„Weder Spannung noch Humor kommen zu kurz, hat mir sehr gut gefallen!“
„Für Liebhaber von Cosy Crimes uneingeschränkt zu empfehlen.“

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Seitenzahl: 276

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Über dieses E-Book

Kriminalhauptkommissarin Franzi genießt einen ruhigen Sommerabend in ihrem geliebten Augschburg, ihrer Heimat. Dann passiert das Entsetzliche: in ihrer Nachbarschaft bricht ein Feuer aus. Franzi zögert nicht lange und versucht ihre Freundin Marie aus den Flammen zu retten. Doch zu spät. Lediglich ihr Dackel überlebt. Die Feuerwehr schließt auf Eigenverschulden, doch Franzi fällt es schwer, das zu glauben. Als dann auch noch Maries Sohn einen Unfall hat, versteht sie die Welt nicht mehr. Wie viel Pech kann eine Familie eigentlich haben? Oder steckt etwas anderes dahinter? Franzi beginnt zu ermitteln, an ihrer Seite ihre Kollegin Helena Hansen. Doch ein wenig abgelenkt ist Helena schon, da ihr Lebensgefährte Nick sich irgendwie seltsam benimmt …

Impressum

Erstausgabe August 2023

Copyright © 2024 dp Verlag, ein Imprint der dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH Made in Stuttgart with ♥ Alle Rechte vorbehalten

E-Book-ISBN: 978-3-98778-291-6 Taschenbuch-ISBN: 978-3-98778-371-5

Covergestaltung: Anne Gebhardt unter Verwendung von Motiven von stock.adobe.com: © jljusseau shutterstock.com: © Alexey V Smirnov, © Fine Art Studio, © Jagodka, © pukach, © oxinoxi elements.envato.com: © PixelSquid360 Lektorat: Katrin Gönnewig

E-Book-Version 07.03.2024, 08:55:52.

Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Sämtliche Personen und Ereignisse dieses Werks sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen, ob lebend oder tot, wären rein zufällig.

Abhängig vom verwendeten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

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Basst scho

Meinen lieben Schwiegereltern Marianne und Peter

(Nicht verwandt und doch verschwägert …)

1.

„Ah geh, Waschtl, schau, dass’d weitergehsch!“

Frustriert zerrte Franzi an seinem Halsband, doch ihr riesiger Hund, der ihr bis an die Hüfte reichte, schnüffelte weiter ungerührt an den Hinterlassenschaften, die ein anderer Vierbeiner großzügig am Rand des Gehwegs hinterlassen hatte.

„Jetzt komm halt!“, schimpfte sie und schaffte es endlich, den Hund zum Weitergehen zu animieren.

„So isch er brav.“ Franzi strich ihm liebevoll über das verfilzte Fell. Sie würde bald mal wieder mit der Schere ranmüssen. Es war ein Wunder, dass Waschtl überhaupt noch etwas sehen konnte, wo ihm doch lauter Zotteln in die Augen hingen.

„Haben Sie des Mordsvieh da an der Leine?“

Franzi sah auf und seufzte, als sie eine ältere Frau auf sich zukommen sah. Die hatte ihr gerade noch gefehlt!

„Natürlich, Frau Klein, wie immer.“

Sie bückte sich und befestigte heimlich die Leine an Waschtls Halsband.

„Das ist aber auch ein Riesenmonstrum!“

„Der Waschtl isch doch kei Monschtrum“, erwiderte Franzi empört und funkelte die Frau wütend an. „Des isch a ganz a lieber, mei Waschtl!“

„Ja, so schaut er aus.“ Frau Klein schnaubte und hielt sich so weit wie möglich am Rand des Gehwegs, um Franzi und ihrem Hund auszuweichen.

„Vors…!“

Franzis Warnung kam zu spät.

„Ja, Herrschaftszeiten nochamal!“ Frau Kleins Gesicht lief puterrot an. „Jetzt schauen Sie sich doch mal die Bescherung hier an!“

Demonstrativ hob sie ihren Fuß an, damit Franzi den braunen Halbschuh, an dessen Sohle Hundehinterlassenschaften klebten, sehen konnte.

„Und wie das stinkt! Pfui deifel!“, keifte Frau Klein, während sie energisch versuchte, ihren Schuh am Randstein abzuwischen.

Franzi wollte ihr gerade raten, den Schuh auf dem Grünstreifen gegenüber sauber zu reiben, als Frau Klein sie anfuhr: „Das war doch sicher Ihr Köter, oder etwa net? Ich hab den schließlich gerade vorhin da herumstehen sehen, dieses Riesenvieh!“

„Jetzt reicht’s aber, Frau Klein!“, knurrte Franzi empört. „Mei Waschtl macht so was net und wenn doch, bin i für alle Fälle ausg’rüschtet!“ Sie tippte zum Beweis auf den kleinen blauen Plastikbeutel, den sie an der Leine befestigt hatte.

„Pah, dass ich nicht lache! In das kleine Säckle soll die Kacke von dem Monstrum reinpassen! Das können’S sonst wem erzählen!“

Sie fuhr weiter mit ihrer Schuhsohle am Randstein entlang, in dem vergeblichen Versuch, ihren Schuh wieder sauber zu kriegen. Franzi wusste aus Erfahrung, dass sie auf diese Weise den Hundekot immer schön weiter in die Rillen der Schuhsohle verteilen würde.

„Ihnen auch noch einen schönen Tag“, flötete Franzi zuckersüß und ließ die wütende Frau stehen. Das Gezeter in ihrem Rücken ignorierte sie und beschloss stattdessen, den Spaziergang mit Waschtl einfach zu genießen. Sie bog in einen schmalen Kiesweg ab. Es war ein herrlich warmer Frühsommertag und die Luft war erfüllt vom Summen der Bienen, die auf den Wildblumen am Rand des Weges ihrer Arbeit nachgingen, und von dem hellen Zwitschern der Vögel. Die neben dem Weg verlaufende Singold plätscherte munter vor sich hin, und es roch intensiv nach frisch umgegrabener Erde von den nahe gelegenen Krautgärten.

Franzi atmete tief durch. Sie liebte den Frühsommer mit all seinen Gerüchen und Farben und seinem verlockenden Versprechen auf gemütliche Abende, die man endlich wieder auf der Terrasse verbringen konnte. Letztes Jahr hatte Franzi oft mit ihrer Kollegin und besten Freundin Helena bei Wein und Brotzeit auf ihrer Terrasse gesessen und mit ihr über Gott und die Welt geredet. Sie hoffte sehr, dass sich weiterhin öfter die Gelegenheit für solche Treffen ergeben würde, auch jetzt, wo Helena mit ihrem Nick zusammengezogen war. Franzi hoffte es von ganzem Herzen, auch wenn sie der Freundin ihr Glück natürlich gönnte. Aber wenigstens bei der Arbeit im Präsidium würden sie sich ja weiterhin täglich zu sehen bekommen, versuchte sie sich zu trösten. Doch sie konnte die Stimme, die ihr das Gegenteil weismachen wollte, nicht überhören.

Seit Helena vor ein paar Jahren aus Hamburg nach Augsburg gezogen war, ging Franzi noch lieber zur Arbeit. Sie war mit Leib und Seele Kommissarin, doch es war schon etwas anderes, mit jemandem zusammenzuarbeiten, den man gernhatte und dem man bedingungslos vertraute. Genauso erging es ihr mit Lena und daher vermisste sie die Kollegin sehr, die momentan für zwei Wochen in ihrer alten Heimat weilte, um ihre Familie zu besuchen. Wenigstens hatte sie über die Hälfte der Zeit bereits hinter sich, sodass sie Helena schon in wenigen Tagen wiedersehen würde.

Tief in Gedanken versunken, schlenderte Franzi weiter den schmalen Kiesweg entlang. Waschtl lief ausnahmsweise einmal brav neben ihr her und schien den Spaziergang ebenso zu genießen wie Franzi. Ganz entgegen seinem Naturell ignorierte er sogar das Entenpaar, das sich gemütlich auf der Singold vorbeitragen ließ.

Der Weg mündete in einer kleinen Nebenstraße und Franzi bog auf den Gehweg ein. Sie grüßte ein paar ferne Bekannte mit Kopfnicken, überquerte die Straße und blieb schließlich vor einem Einfamilienhaus, das mit einem Holzzaun abgegrenzt war, stehen.

„Griaß di, Marie!“, rief sie fröhlich in den Garten hinein. Sie hatte die Frau bereits erspäht, die mit Gartenhandschuhen, Eimer und Schaufel bewaffnet über ihr Beet gebeugt war.

„Ja, mei, die Franzi!“, rief Marie lächelnd, während sie sich ächzend aufrichtete. „Was für eine schöne Überraschung! Hast du ein wenig Zeit?“ Sie streifte die Handschuhe ab und ließ sie achtlos in den Eimer fallen, den sie neben dem Beet abgestellt hatte.

„Freilich, aber nur, wenn i di net bei der Arbeit störe.“

„Ach was.“ Marie winkte ab. „Das Unkraut kann warten.“ Verschmitzt lächelte sie Franzi an und lief zur Gartentür. Wie immer ging sie leicht gebeugt, was ihrem Ischias zu verdanken war, wie Franzi wusste.

Sie öffnete die Tür und ließ Franzi herein.

„Und den Waschtl hast du auch mitgebracht“, bemerkte Marie erfreut. „Da wird sich der Herr Gustav aber freuen!“ Sie rief in den Garten hinein. „Herr Gustav! Wo steckst du denn nur wieder? Herr Guuustav!“

Franzi vernahm ein Rascheln aus dem Gebüsch und kurz darauf kam ein kleiner, brauner Kurzhaardackel unter der Hecke hervor. Er lief eigentümlich holprig, was daran lag, dass dem Hund vor einigen Jahren ein Hinterbein amputiert werden musste, nachdem er von einem Auto angefahren worden war.

Sie beugte sich nach unten und kraulte den kleinen Hund ausgiebig, was der sich hoheitsvoll gefallen ließ.

„Ja, grüß dich, Herr Guschtav! Dir geht’s aber gut hier in dem großen Garten, gell?“

Waschtl zog fest an seiner Leine, um seinem Frauchen energisch mitzuteilen, dass er sofort losgemacht werden wollte. Er hatte seinen Freund Herrn Gustav längst erspäht und konnte es gar nicht erwarten, mit ihm zu spielen. Franzi beeilte sich, den Karabiner von Waschtls Halsband zu lösen, woraufhin der flugs mit dem aufgeregten Dackel im Schlepptau um die Ecke sauste.

„Magst du dich ein wenig zu mir setzen?“, fragte Marie, die sorgfältig das Gartentürchen hinter ihrem Besuch verschloss. „Ich hab gerade vorhin den Tisch und die Gartenstühle aus dem Keller geholt und sauber sind sie auch schon.“ Sie deutete auf die kleine Sitzgruppe unter der riesigen Kiefer.

„Mensch, Marie!“ Tadelnd sah Franzi ihr Gegenüber an. „Du weißsch doch, dass du net so schwer schleppen sollsch! Und des bei deim Kreuz!“

„So weit kommt’s noch!“ Marie lachte. „Wenn ich nicht mehr in der Lage bin, die paar leichten Möbel zu tragen, kannst du mich gleich zum Friedhof runterfahren.“ Sie zwinkerte Franzi zu und deutete auf die Sitzgruppe.

„Setz dich hin. Ich mach uns schnell einen Kaffee.“

Franzi nickte und ließ sich folgsam auf dem Gartenstuhl mit dem dicken Polster nieder, in das sie leicht einsank. Sie sah Marie nach, die gerade in ihrem Haus verschwand. Die Besuche bei ihrer Freundin genoss Franzi immer in vollen Zügen. Marie lebte mit ihren einundachtzig Jahren ganz allein in dem Einfamilienhaus und versorgte ihr riesiges Grundstück komplett selbstständig. Während Franzi in ihrem Garten eher das Modell „naturbelassen“ verfolgte, war Maries picobello sauber und ordentlich. Wo Franzi mehr Moos als Rasen hatte, wuchs Maries Rasen in einem satten Grün, ohne auch nur das kleinste Hälmchen Unkraut dazwischen. Wie sie das nur immer hinkriegte? Maries Mann war seit vielen Jahrzehnten tot. Sie hatte ihren gemeinsamen Sohn praktisch allein großgezogen. Der lebte nun schon seit über zehn Jahren in Stuttgart und kam zu Maries Leidwesen nur äußerst selten zu Besuch. Er war immerhin auch schon an die sechzig, geschieden und hatte nur einen Sohn, Eduard. Franzi kannte Eddie gut. Er war inzwischen Ende dreißig und in seiner Jugend ein begnadeter Fußballspieler gewesen. Ganz Göggingen hatte ihm zugejubelt, wenn er den Ball ein ums andere Mal im Kreuzeck versenkt hatte. Den „Maradona von Göggingen“ hatte man ihn genannt! Wo sich Eddie momentan rumtrieb, wusste Franzi nicht so genau. Sie vermied es, mit Marie über ihn zu reden. Sie konnte gar nicht mehr zählen, wie oft sich Marie ihre Sorgen über den einzigen Enkel von der Seele geredet hatte, weil er wieder mal seinen Job verloren hatte, und wollte ihrer Freundin den Kummer ersparen.

Franzi kannte Marie schon seit ihrer Kindheit. Sie war eine Freundin von Franzis Oma gewesen und daher bei allen Familienfeiern eingeladen gewesen. Sie liebte die liebenswürdige alte Frau, die seit dem Tod ihrer Oma vor fünfzehn Jahren so etwas wie eine Ersatz-Oma für sie geworden war.

Plötzlich vernahm Franzi ein lautes Rascheln aus der mächtigen Buchenhecke, die den Garten umrahmte. Sie drehte sich um und sah die Hecke erzittern. Ihr schwante Böses.

„Pfui, Waschtl!“, rief sie laut. „Wirsch du wohl aus der Hecke rauskommen? Da pasch du doch gar net nei, du Doldi!“

„Lass ihn doch“, erwiderte Marie lachend, die gerade mit einem Tablett aus dem Haus kam. „Die beiden spielen doch so gern miteinander!“

Sie stellte das Tablett auf dem Tisch ab und verteilte zwei bauchige, geblümte Tassen und dazu passende Teller darauf. Dazwischen stellte sie ein bunt getupftes Milchkännchen und eine weiße Porzellanschale mit Würfelzucker.

„Ich komme gleich wieder. Der Kaffee dürfte jetzt fertig sein.“

Marie drehte sich um und verschwand mit dem leeren Tablett wieder im Haus. Kurze Zeit später kehrte sie zurück, eine große Porzellankanne mit Kaffee und einen Teller voller Kuchenstücke auf dem Tablett balancierend.

„Komm, i helf dir“, rief Franzi und sprang auf. Sie nahm Marie das schwere Tablett ab und stellte die Sachen auf den Tisch.

„Danke dir, meine Liebe.“

Schwer atmend ließ sich Marie auf ihrem Gartenstuhl nieder. Besorgt fragte sich Franzi, wie diese wohl die sperrigen Stühle und den Klapptisch allein aus dem Keller gehievt hatte, wenn das Tablett sie schon außer Atem brachte.

„Greif zu.“ Marie deutete auf den Teller mit Streuselblechkuchen, der verlockend duftete.

Bereitwillig kam Franzi der Aufforderung nach und legte auch ein ordentliches Stück auf Maries Teller. Dann schenkte sie sich und ihrer Freundin Kaffee in die Tassen.

„Ich trinke meinen schwarz“, sagte Marie und hielt ihre Hand über die Tasse, als Franzi sie mit dem Milchkännchen in der Hand auffordernd ansah. „Ich vertrag Milch nicht mehr so recht.“

Franzi gab sich selbst einen ordentlichen Schuss Milch in den dampfenden Kaffee und warf noch zwei Würfelzucker hinein, bevor sie kräftig umrührte.

Sie genossen ihren Kaffee und Franzi ließ sich das kräftige Aroma des heißen Getränks auf der Zunge zergehen. Sie nahm sogar noch ein zweites Stück von dem leckeren Kuchen an, der ihr ausgezeichnet schmeckte. Die Hunde tollten um sie rum und nur einmal hätte es um ein Haar einen Unfall gegeben, als Waschtl seinem Freund Herrn Gustav unter den Tisch gefolgt war. Franzi hatte die Kaffeekanne noch rechtzeitig aufgefangen, als der riesige Hund den Tisch um ein paar Zentimeter angehoben hatte, und ihn schnellstmöglich wieder hinausbeordert.

Franzi und Marie unterhielten sich über Gott und die Welt und genossen das friedliche Beisammensein.

„Muss schön sein, wenn man nichts zu tun hat und am helllichten Tag im Garten herumsitzen kann!“, keifte unvermittelt eine Stimme von der Straße her.

Franzi fuhr herum und war gerade im Begriff aufzubrausen, als Marie ihr mit einem Zeichen zu verstehen gab, Ruhe zu bewahren.

„Grüß Gott, Frau Klein“, sagte sie betont freundlich zu der Unruhestifterin.

Die reagierte nicht auf den Gruß, sondern reckte sich, um möglichst viel Einblick in das Grundstück zu erhalten. In dem Moment lief Herr Gustav bellend durch den Garten, von einem hechelnden Waschtl verfolgt.

„Dass Sie das Vieh immer noch nicht von seinem Leiden erlöst haben, ist wirklich nicht zu fassen!“, empörte sich Frau Klein postwendend. „Das ist doch kein Leben, so mit drei Beinen!“

„Jetzt hört sich aber alles auf!“, rief Franzi wütend. Marie, die inzwischen ebenfalls aufgestanden war, legte ihr beschwichtigend eine Hand auf den Arm.

„Meinem Hund geht es bestens, Frau Klein. Danke der Nachfrage.“ Sie blickte die Frau lange an, die nach einiger Zeit ihren Blick abwandte.

„Können wir sonst noch etwas für Sie tun? Sie sehen ja“, Marie legte ihren Arm um Franzi, „ich habe gerade lieben Besuch.“

Frau Klein winkte ab und entfernte sich grußlos. Franzi konnte sehen, wie sie zu ihrem Haus ging, das direkt neben Maries stand und von ihrem Mann hereingelassen wurde. Den Blicken und Gesten nach zu urteilen, ließ sie sich dabei kräftig über ihre Nachbarin und deren Besucherin aus.

„Wie du des mit der Hexe neben dir nur aushältsch!“ Franzi stöhnte und ließ sich auf ihren Stuhl fallen.

Marie setzte sich ebenfalls und nahm einen großen Schluck aus ihrer Kaffeetasse.

„Ach weißt du, die Frau Klein ist schon immer so gewesen, seit ich sie kenne. Irgendwie muss sie einem doch leidtun! So grantig, wie sie den lieben langen Tag ist, kann ihr Leben doch nicht sehr erfüllend sein.“

„Aber sie ist doch nicht allein! Immerhin hat sie ihren Mann an ihrer Seite!“

Marie zuckte mit den Schultern.

„Man kann nicht in die Menschen hineinblicken. Wissen wir, wie die beiden miteinander harmonieren?“ Sie blickte verträumt in die Zweige der großen Kiefer über ihrem Kopf. „Als mein Hans noch lebte, haben wir uns manchmal fürchterlich gestritten. Über die nichtigsten Sachen! Das kann man heute nicht mehr verstehen! Doch wir wussten immer, dass wir zueinander gehören, der Hans und ich! Und obwohl uns nur eine kurze Zeit zusammen vergönnt war, gibt mir unsere Liebe heute noch Kraft. Die Verbindung zu ihm besteht weiter, noch über den Tod hinaus. Unser Martin kann sich nicht einmal mehr an seinen Vater erinnern. Er war gerade einmal ein halbes Jahr alt, als Hans starb.“

Marie stockte und atmete tief durch. Obwohl der Tod ihres Mannes, der bereits im Alter von vierzig Jahren urplötzlich einem Herzinfarkt erlegen war, schon viele Jahrzehnte her war, ging ihr das immer noch sehr nah.

„Doch Martin half mir damals über die schwere Zeit hinweg. Je älter er wurde, desto mehr erinnerte er mich an seinen Vater. Er sieht ihm so ähnlich!“ Marie strahlte. „Ich bin so dankbar, dass ich ihn habe!“

Sie sah zum Nachbarhaus hinüber, ihr Blick wurde nachdenklich.

„Frau Klein hat ihren Mann noch, das stimmt. Doch ob ihre Ehe glücklich ist, können wir von außen sicher nicht beurteilen. Die Kleins haben keine Kinder. Warum, weiß ich nicht. Frau Klein ist nicht der Typ Frau, mit der man über so etwas Persönliches sprechen könnte. Vielleicht ist sie unglücklich und kompensiert das damit, dass sie alles um sich herum schlecht macht.“ Sie wandte sich an Franzi. „Meine Liebe, das Leben ist doch viel zu kurz, um sich zu ärgern! Findest du nicht auch? Schau, wir zwei Hübschen sitzen gemütlich hier im Garten und genießen den schönen Nachmittag. Man muss einfach jeden Augenblick zu schätzen wissen, nicht wahr?“

Franzi lachte. „Siehsch du, des mag ich so an dir! Du siehsch das Leben immer positiv, auch wenn es dir jede Menge Steine in den Weg wirft! Du versuchsch sogar, noch an so ’ner Bissgurke wie der Frau Klein was Gutes zu finden!“

Sie hob die Tasse und prostete Marie mit einem Augenzwinkern zu.

Als es langsam kühler wurde, verabschiedete sich Franzi. Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte es auch Waschtl geschafft, sich von Herrn Gustav zu trennen, der sie, genau wie sein Frauchen, zur Gartentür begleitet hatte. Nachdem Franzi Marie versprochen hatte, bald mal wieder vorbeizuschauen, zog sie mit Waschtl an der Leine weiter. Sie beschloss, auf dem Nachhauseweg durch die nahe gelegenen Krautgärten zu spazieren. Obwohl es bereits dämmerte, war dort noch einiges los. Franzi liebte die Krautgärten, die wie ein Relikt aus alter Zeit anmuteten. Im Gegensatz zu gewöhnlichen Schrebergärten wurde hier vor allem Obst und Gemüse angebaut. Kleinere Parzellen reihten sich aneinander, von einfachen Zäunen oder Hecken voneinander abgegrenzt. Jedes Grundstück verfügte über mehr oder weniger große Felder, auf denen fleißig gewerkelt wurde. Franzi atmete tief ein. Die Luft roch würzig nach aufgebrochener Erde. Die Hobbygärtner hatten ihre Felder längst bestellt und wachten mit Argusaugen über das Unkraut, dem sie sofort mit der Hacke den Garaus machten, sobald es sich zwischen ihren wertvollen Gemüsepflanzen blicken ließ. Es gab fast nichts, was hier nicht angebaut wurde: Kartoffeln, Salate, Zucchini, Kohl … Franzi träumte heimlich davon, irgendwann einmal einen eigenen Krautgarten zu bewirtschaften, aber sie wusste genau, dass mit ihrem zeitintensiven Beruf nicht daran zu denken war. Sie kam ja kaum mit ihrem eigenen Garten klar!

„Sag mal, Waschtl, was soll denn des jetzt wieder?“ Der Hund zog kräftig an der Leine, die sie ihm angelegt hatte, da auf dem Weg häufig Radfahrer fuhren. „Geh i eigentlich mit dir spazieren oder du mit mir?“

Waschtl bellte.

„Ah, jetzt versteh i! Du hasch Durscht! Sag des doch glei!“

Franzi ließ Waschtl von der Leine, woraufhin er schnurstracks zu dem kleinen Seitenarm der Singold lief, der zu Bewässerungszwecken durch die Krautgartenanlage verlief. Nachdem er ausgiebig gesoffen hatte, sprang er mit einem Satz ins Wasser.

„Geh, du Saubär“, kreischte Franzi, die einen ordentlichen Schwall Wasser abbekommen hatte. „Schau, dass du da rausgehsch!“

Waschtl ignorierte Franzi und jagte fröhlich ein paar Wasserläufern hinterher. Erst nach einer ganzen Weile bequemte er sich, auf Franzis Rufe zu reagieren und seinen nassen Spielplatz zu verlassen. Kaum stand er neben ihr, schüttelte er sich kräftig. Wassertropfen und Haare flogen nur so um die Wette, und Franzi versuchte, sich mit einem Sprung in Sicherheit zu bringen. Aber es war zu spät! Sie rutschte aus und landete mit einem Bein im Bächlein. Erschrocken sog sie die Luft ein. War das kalt! Ihre Birkenstock-Sandale versank tief im Matsch und sie hatte alle Mühe, sich zu befreien. Als sie endlich wieder schnaufend auf dem Weg stand, sah sie kopfschüttelnd an sich hinab.

„Jetzt schau dir des nur an!“, schimpfte sie. „Alles voller Schlamm!“

Sie bemühte sich, mit der Hand den gröbsten Dreck von ihrem nackten Fuß und dem Hosenbein zu wischen, mit dem Ergebnis, dass sie den Schmutz nur noch weiter verteilte.

„So a Sauerei! Und mei Schuh isch au weg!“

Sie stöhnte frustriert.

„Brauchen Sie vielleicht Hilfe?“

Franzi fuhr herum und sah einen bärtigen Riesen mit schulterlangen, lockigen Haaren, der breit grinsend mit überkreuzten Armen am Zaun eines Krautgartens lehnte und sie beobachtete.

„I komm prima allein z’recht“, erwiderte sie abweisend.

„Das seh ich“, sagte der Mann schmunzelnd und deutete mit seinem Kopf auf Franzis nackten, schlammbraunen Fuß.

„Ham Sie vielleicht nix Besseres zu tun, als fremde Leit anzugaffen?“ Franzi funkelte ihn erbost an.

Lachend hob er die Hände. „Schon gut, schon gut! Ich tu Ihnen doch nix. Wollte ja nur nett sein!“

„Wie g’sagt, i brauch keine Hilfe!“

Franzi drehte sich wieder um und suchte in dem Wasser nach einem Anzeichen ihrer Sandale. Dass das ganze Bächlein von einem dichten Teppich von Wasserlinsen bedeckt war, half ihr dabei nicht wirklich. Seufzend rollte sie ihren Ärmel hoch und kniete sich hin. Vorsichtig fischte sie in dem trüben Wasser, doch ihren Schuh fand sie nicht.

„Warten Sie, ich hab eine Idee.“

Bevor Franzi wusste, wie ihr geschah, tauchte ein Rechen neben ihr ins Wasser. Sie richtete sich auf und beobachtete mürrisch, wie der Kleingärtner von eben sich unaufgefordert abmühte, ihren Schuh zu finden. Sie schätzte den Mann auf etwa Mitte bis Ende dreißig. Er trug eine graue Arbeitshose und ein weißes T-Shirt voller Erdflecken, das schon mal bessere Zeiten erlebt hatte. Sein braunes Haar war verstrubbelt und stand wirr von seinem Kopf ab. Waschtl wich dem Mann nicht von der Seite. Offenbar war er sehr an dem Rechen interessiert.

„Da ist er doch“, rief der Mann nach einiger Zeit lachend und tatsächlich baumelte am Ende seines Rechens Franzis schlammige Sandale. Waschtl bellte aufgeregt. Der Mann nahm vorsichtig den Schuh und wusch ihn in dem Bächlein aus, bevor er ihn Franzi reichte.

„Hier, bitte sehr.“

„Danke.“

Franzi war der Vorfall unglaublich peinlich. Sie nahm den Schuh entgegen und schlüpfte hinein. Ihr Fuß machte dabei ein schmatzendes Geräusch, was den Mann wiederum zum Lachen brachte.

„Zu Ihrer Information: Des hätt i au allein hinbekommen!“

Franzi funkelte den Mann wütend an. Was bildete sich der Kerl eigentlich ein? Sie war keines dieser hilflosen Püppchen, die sie nur aus Filmen kannte und die ohne ihren Prinzen aufgeschmissen waren. Oh nein! Sie war äußerst selbstständig! So gut wie alles, was zu Hause anfiel, erledigte sie selbst, sei es die Reparatur ihres Fahrrads oder wenn der Rasenmäher mal wieder den Geist aufgab. Sogar ihre Waschmaschine hatte sie selbst hinbekommen, als die ausfiel! Und da kam auf einmal so ein neunmalkluger Typ daher und fühlte sich wie der Prinz aus Aschenputtel, der dem armen Mädchen den gläsernen Schuh reichte! Franzi musste unwillkürlich grinsen. Ihre Sandale sah nun wirklich nicht aus wie ein gläserner Pantoffel! Und der schmuddelige Gärtner war auch nicht gerade Prinzenmaterial.

„Was ist denn so lustig?“

Franzi richtete sich auf. Der Mann kniete neben Waschtl und kraulte ihm ausgiebig das nasse Fell, was der Verräter sich auch noch genüsslich gefallen ließ.

„Des geht Sie gar nix an“, erwiderte sie knapp. Sie befestigte die Leine an Waschtls Halsband. „Komm, Waschtl, wir geh’n!“

Ein kräftiges Ziehen an der Leine motivierte den zotteligen Bären weiterzugehen.

„Man sieht sich“, verabschiedete sich der Gärtnerprinz mit einem Lächeln.

„Hoffentlich nicht“, knurrte Franzi und ignorierte sein amüsiertes Lachen in ihrem Rücken, als sie rasch wegging.

Die Straße, in der Franzis Haus lag und die sie nach wenigen Minuten erreichten, war wie immer voller Kinder. Freundlich grüßte Franzi deren Eltern und ließ es zu, dass die Kleinen Waschtl lebhaft begrüßten. Der Hund war eine Seele von einem Tier und Franzi wusste, dass er trotz der herumwuselnden, lärmenden Nachbarskinder Ruhe bewahren würde. Als sie in ihren Garten ging, nahm sie Waschtl von der Leine. Sie holte aus dem Gartenhäuschen ein altes Handtuch und trocknete den nassen Hund erst mal gründlich ab. Dann besah sie sich seufzend ihren immer noch schmutzigen Schuh und wusch ihn in ihrem Gartenbrunnen noch einmal aus. Anschließend schrubbte sie mit einer Bürste gründlich den Dreck von ihrem Fuß und trocknete ihn mit demselben Handtuch von eben. Als sie die Haustür öffnete, klingelte das Telefon. Sie beeilte sich reinzugehen und schaffte es gerade noch, den Anruf entgegenzunehmen, bevor sich der Anrufbeantworter einschaltete.

„Danner?“, keuchte sie atemlos in den Hörer.

„Sag mal, was atmest du denn so heftig?“

„Lena! Schön, dich zu hören!“ Franzi strahlte. „Wie geht’s dir denn?“

„Gut geht’s mir“, erwiderte Helena. „Wie soll es einem auch anders gehen im Urlaub?“ Sie lachte.

„Des freut mi aber! Bald isch es wieder rum mit der Faulenzerei!“

Helena seufzte. „Ich weiß … Aber weißt du, Franzi, irgendwie vermisse ich die Arbeit auch.“

„Des will i aber au hoffen!“, sagte Franzi gespielt entrüstet. „Vermisscht du mi am Ende gar net?“

„Und wie!“ Helena lachte auf. „Ich kann es gar nicht erwarten, dich wiederzusehen!“

„Was machsch du denn so den lieben langen Tag?“

Franzi klemmte den Telefonhörer zwischen Schulter und Ohr und zog, auf einem Bein hüpfend, ihre beschmutzte Hose aus, während Helena ihr von ihrem Urlaub im hohen Norden berichtete, wo sie mit ihrem Freund Nick ihre Familie besuchte.

„Stell dir vor, Nick hat doch tatsächlich einen langen Spaziergang mit Papa gemacht! Und das, obwohl ich ihn sonst kaum dazu bewegen kann, mit mir spazieren zu gehen!“

„Des isch doch gut! Wenn sich die Männer in deim Leben miteinander verstehn, isch des doch prima, oder etwa net?“ Endlich hatte sie es geschafft, ihre Hose auszuziehen und tapste mit dem nassen Kleidungsstück in der Hand barfuß und in Unterhose die Treppe in den Keller hinab.

„Ja, schon. Aber seltsam fand ich es doch. Aber sag mal, wo kommst du denn jetzt gerade her? Ich hab’s vorhin schon mal probiert.“

Franzi berichtete ihr von ihrem Nachmittag bei Marie und nach kurzem Zögern auch von ihrem kleinen Unfall im Krautgarten, während sie die Hose in die Waschmaschine schmiss.

Helena musste kräftig lachen. „Sag mal, was machst du denn für Sachen! Kaum bin ich weg, angelst du dir einen gut aussehenden Gärtner!“

Franzi schnaubte empört. „Erschtens war der net gut aussehend, und zweitens hab net i den geangelt, sondern der meinen Schuh.“

Sie kramte eine Jogginghose aus der Wäschetruhe und beschloss, dass die für heute schon noch gehen würde, also streifte sie sie schnell über und lief wieder nach oben. Dort ließ sie sich mit dem Telefon in der Hand auf der Couch im Wohnzimmer nieder.

„Meine Franzi, wie sie leibt und lebt!“ Helena kicherte. „Ich freue mich schon so sehr, dich bald wiederzusehen! Und ich bring dir auch was Schönes mit, versprochen!“

„Nur keinen Fisch bitte“, erwiderte Franzi hastig.

Helena hatte ihr letztes Mal einen geräucherten Aal aus Hamburg mitgebracht und gemeint, dass sie ihrer Freundin damit einen Gefallen tat. Doch Franzi mochte Fisch – wenn überhaupt – nur in Stäbchenform. Als sie das Päckchen geöffnet und der Fischgeruch sich so richtig schön verbreitet hatte, war sie grün um die Nase geworden, was Helena natürlich nicht entgangen war.

„Keine Sorge! Das tu ich dir kein zweites Mal an!“

„Dann bin i ja beruhigt! Grüß deine Eltern von mir! Und Nick natürlich au!“

„Mach ich! Bis bald, Franzi.“

„Ich freu mich schon. Tschüss!“

Franzi blieb noch eine Weile sitzen. Sie freute sich schon so auf Lena! Allein war es richtig langweilig im Präsidium! Sie hatte zwar das ganze Büro für sich, aber niemanden zum Reden. Egal, nur noch wenige Tage und Lena saß ihr wieder gegenüber!

Inzwischen war es draußen dunkel geworden. Waschtl starrte sie mit großen Augen an und winselte.

„Jetzt hab i doch glatt vergessen, dass du Hunger hasch, du Armer!“, rief sie lachend und sprang auf. „Komm in die Küche. I mach dir schnell was!“

Zur Entschädigung gab sie ihm eine extra große Portion in den Napf, der er sich umgehend widmete. Dann besah sie ihren Kühlschrank und stellte fest, dass sie morgen dringend einkaufen gehen musste. Zum Glück fand sich ganz hinten noch ein Päckchen Schupfnudeln, die sie sich in einer Pfanne anröstete, während sie gleichzeitig in einem Topf eine kleine Portion Sauerkraut zubereitete.

Anschließend mischte sie beides miteinander, nahm sich ein kleines Bier aus dem Kühlschrank und setzte sich mit dem Teller auf dem Schoß auf die Couch. Im Fernsehen fing gerade ein Krimi an. Das passte doch ausgezeichnet! Gespannt verfolgte sie die Geschichte, auch wenn sie manchmal über die unkonventionellen Ermittlungsmethoden der TV-Kommissare den Kopf schütteln musste.

Um halb elf wachte Franzi auf, als ihr mit einem lauten Scheppern die Fernbedienung aus der Hand fiel. Schade, der Krimi war längst aus und jetzt hatte sie verpasst, wer der Mörder war! Franzi gähnte kräftig, während sie sich ausgiebig streckte. Sie beschloss, es für heute gut sein zu lassen und schaltete den Fernseher aus. Waschtl erhob sich von seinem fransigen Fell in der Ecke und trottete zur Tür. Wie gewohnt ließ Franzi ihn noch kurz raus, damit er sich erleichtern konnte, bevor sie mit ihm zusammen nach oben ging.

2.

Im Bett las Franzi noch eine ganze Weile. Sie liebte es, im Liegen zu lesen und dabei immer schläfriger zu werden. Zugegeben, hin und wieder fiel ihr einer ihrer dicken Wälzer beim Einschlafen schon mal ins Gesicht, was echt schmerzhaft war, aber zum Glück geschah das nicht allzu häufig. Waschtl schlief bereits tief und fest in seinem Körbchen in der Ecke, wie sein durchaus eindrucksvolles Schnarchen verriet. Als Franzi das Kapitel beendet hatte, zeigte ihre Uhr bereits kurz vor Mitternacht. Höchste Zeit, schlafen zu gehen! Sie stand auf, um das Dachfenster zu öffnen. Sie schlief am liebsten bei geöffnetem Fenster, nur wenn sie las, ließ sie es meistens geschlossen, um keine stechfreudigen Mücken anzulocken.

Als sie das Fenster aufzog, hielt sie erstaunt inne. Es roch durchdringend nach Rauch! Bestimmt hatte wieder einer der Nachbarn Gäste und saß mit ihnen gemütlich um eine Feuerschale im Garten. Gerade wollte sie das Fenster resigniert wieder schließen, als sie aus den Augenwinkeln einen Lichtschein bemerkte. Franzi beugte sich so weit wie möglich nach vorne, um sehen zu können, woher er kam. Plötzlich bellte Waschtl und sprang um ihre Beine.

„Pscht, Waschtl, willsch du wohl still sein! Du wecksch uns ja no die ganze Nachbarschaft auf!“ Doch der Hund ließ sich nicht beruhigen. Er hüpfte an ihr hoch und bellte weiter.

Franzi sah noch mal nach draußen. Ohne Zweifel, da war ein heller Lichtschein zu sehen! Was war da los? Sie beschloss nachzusehen. Waschtl gebärdete sich inzwischen wie wild und rannte kläffend vor der geschlossenen Schlafzimmertür hin und her.

Schnell zog Franzi ihre Jogginghose über und schlüpfte in eine Kapuzenjacke. Kaum dass sie die Tür geöffnet hatte, raste Waschtl die Treppe hinunter und sprang bellend an der Haustür hoch. So hatte Franzi ihren Hund noch nie erlebt! Was brachte ihn nur derart aus der Fassung? Sie beeilte sich, die Leine an seinem Halsband zu befestigen, und schlüpfte in ihre Gartenclogs. Als sie die Tür öffnete, wurde der Rauchgestank intensiver. Rasch lief sie mit Waschtl los, dem Lichtschein entgegen. Die Luft war inzwischen rauchgeschwängert und Franzi schwante Übles. Das war definitiv keine Feuerschale, die da brannte! Jetzt rannte Franzi, Waschtl dicht neben sich. Sie spurtete durch den engen Kiesweg, durch den sie heute Nachmittag erst gegangen war. Als sie das Ende des Weges erreichte, stockte ihr der Atem. Maries Haus brannte lichterloh! Der Dachstuhl des alten Hauses stand bereits in Flammen und auch im ersten Stock konnte sie Feuer hinter den Fenstern ausmachen. Einige Scheiben waren schon geborsten. Franzi sah ein paar Leute aus den umliegenden Häusern auf die Straße laufen.

„Rufen Sie sofort die Feuerwehr!“, schrie sie ihnen zu. Ein Mann im Bademantel nickte und rannte zurück in sein Haus.

Franzi suchte hektisch nach der Gestalt ihrer Freundin im Garten, konnte sie aber in dem dichten Rauch um das Haus nicht ausmachen. Hoffentlich war Marie da rausgekommen! Sie beschloss, sich näher an das Inferno heranzuwagen. Das Gartentürchen war wie immer abgesperrt, hielt aber Franzis kräftigem Tritt nicht stand. Geistesgegenwärtig warf sie Waschtls Leine über einen Zaunpfahl und lief auf das Haus zu. Es fühlte sich an, als würde sie gegen eine Wand aus unbändiger Hitze anlaufen. Der Rauch nahm ihr sofort die Luft zum Atmen. Kurz entschlossen zog Franzi ihre Jacke aus und tauchte sie in Maries Brunnentrog. Dann zog sie das triefende Kleidungsstück wieder an und bedeckte ihren Kopf mit der nassen Kapuze. Mit einer Hand hielt sie den Stoff vor Nase und Mund zusammen und lief zum Hauseingang. Zum Glück wusste sie, wo Marie ihren Ersatzschlüssel aufbewahrte. Schnell fand sie ihn unter einem umgedrehten Blumentopf und sperrte die alte Holztür auf. Dichter Rauch quoll ihr entgegen.

„Marie!“

Das Brausen der Flammen erstickte jedes Geräusch.