Bauphysik-Kalender 2013 -  - E-Book

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Beschreibung

Aspekte der Nachhaltigkeit bestimmen die Richtung zukunftweisender Gebäudekonzepte. Dabei werden die Zukunftsfähigkeit und Ressourcenschonung insbesondere an der Energieeffizienz gemessen. Die Mitgliedsländer der Europäischen Union müssen ihre Regeln an die EU-Richtlinie für energieeffiziente Gebäude 2010 anpassen. Diese erlaubt ab 2020 nur noch Passiv- und Nullenergie-Neubauten und fordert energieeffiziente Sanierungen im Bestand. Deutschland wird die Energieeinsparverordnung EnEV 2009 zur EnEV 2014 novellieren. Der Referentenentwurf liegt vor und wird nach Anhörung, Kabinettsbeschluss, Annahme in Bundesrat und Bundestag schließlich in Brüssel bestätigt und voraussichtlich Mitte 2013 verkündet werden, um zum 1.1.2014 inkraftzutreten. Seit April 2012 gibt es das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen für Bundesgebäude (BNB) für den Neubau von Büro- und Verwaltungsgebäuden. Hierfür hatte das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e. V. (DGNB) und wissenschaftlich begleitet durch das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) einen Kriterienkatalog zur ganzheitlichen Betrachtung und Bewertung von Nachhaltigkeitsaspekten für Gebäude entwickelt. Für die Gesamtbewertung werden außerdem verschiedene energetische Gebäudestandards herangezogen, die im Bauphysik-Kalender 2013 erläutert und verglichen werden. Die wichtigsten in Deutschland jetzt schon verwendeten Zertifizierungssysteme zur Nachhaltigkeitsbeurteilung sind DGNB (Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen), LEED (Leadership in Energy and Environmental Design/ U.S. Green Building Council) und BREEAM (Building Research Establishment's Environmental Assessment Method/ UK). Das Instrumentarium für Entwurf und Bemessung energetischer Konzepte unter Einbeziehung der licht- und wärmedurchlässigen Gebäudehülle sowie der Heizungs- und Klimatechnik, Beleuchtung und stromerzeugenden Anlagen liefert DIN V 18599 "Energetische Bewertung von Gebäuden - Berechnung des Nutz-, End- und Primärenergiebedarfs für Heizung, Kühlung, Lüftung, Trinkwarmwasser und Beleuchtung" Teile 1 bis 10 in der aktuellen Fassung von Dezember 2011. Alle zehn Normteile werden aus erster Hand für die Praxis kommentiert. An die Planungspraxis werden also hohe Anforderungen gestellt, daher zeigen Ausführungsbeispiele z. B. nachhaltige Energiekonzepte für Nichtwohngebäude, energetische Sanierung mit vorgefertigten Bauteilen und energetische Stadtsanierung. Das Kompendium der Wärmedämmstoffe sowie ein aktueller Beitrag über lastabtragende Wärmedämmungen sind Planungsgrundlagen für die tägliche Praxis. Auf aktuellem Stand sind außerdem die Materialtechnischen Tabellen.

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Seitenzahl: 1150

Veröffentlichungsjahr: 2014

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Inhaltsübersicht

A Allgemeines und Regelwerke

A 1 Nachhaltiges Bauen – Beitrag des Bauwesens zur Nachhaltigkeit

1 Grundlagen und Instrumente des Nachhaltigen Bauens im Bundesbau

2 Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen des Bundes

3 Weiterentwicklung des Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen

4 Nachhaltigkeitsanforderungen an zukünftige Baustoffe

5 Nachhaltigkeitsindikator Energie

6 Maßnahmen zur praktischen Umsetzung von BNB und Leitfaden Nachhaltiges Bauen

7 Ausblick

8 Literatur

A 2 Von der Energieeffizienzbewertung zur Nachhaltigkeitsbeurteilung

1 Einführung

2 Energieeffizienz im Wandel der Sichtweisen

3 Energetische Bewertung von Gebäuden

4 Nutzerkomfort und -zufriedenheit in energieeffizienten Gebäuden

5 Ökonomische Bewertung

6 Ökologische Bewertung

7 Zusammenfassung

8 Literatur

A 3 Lebenszyklusorientierte Planung – Grundlagen, Methoden und Fallstudien

1 Allgemeines

2 Einführung – Planungskultur im Wandel

3 Lebenszyklusbasierte Bewertungsmethoden

4 Fallstudie Bürogebäude

5 Fallstudie Wohngebäude

6 Zusammenfassung

7 Ausblick

8 Literatur

A 4 Nachhaltige Energieversorgung – das Potenzial der Windenergie

1 Einleitung

2 Klimawandel und Peak Oil

3 Erneuerbare Energien – verfügbare Ressourcen und Modelle zur Transition

4 Die Rolle der Windenergie in Deutschland – das 2%-Szenario und die Windenergienutzung auf See

5 Technologische Entwicklungen on- und offshore

6 Offshore-Technologien – komplexe Standorte, spezialisierte Anlagenkonzepte und Tragstrukturen

7 Alternative Konzepte

8 Ausblicke

9 Literatur

A 5 Anwendung nationaler und internationaler Nachhaltigkeitsbewertungssysteme in Deutschland

1 Einleitung

2 Der Begriff der Nachhaltigkeit

3 Vorstellung von Nachhaltigkeitszertifizierungssystemen in Deutschland

4 Gegenüberstellung der nationalen und internationalen Systeme

5 Anwendung der Nachhaltigkeitsbewertungssysteme in Deutschland

6 Rechtliche Aspekte der Nachhaltigkeitsbewertung

7 Zusammenfassung

8 Literatur

B Materialtechnische Grundlagen

B 1 Dämmstoffe im Bauwesen

1 Physikalische Grundlagen

2 Dämmstoffe im Bauwesen

3 Beschreibung von Dämmstoffen

4 Literatur

B 2 Lastabtragende Wärmedämmungen aus Polystyrol-Hartschaumstoffen

1 Einleitung

2 Einsatzmöglichkeiten der Wärme-dämmung im Erdreich als lastabtragende Wärmedämmung

3 Bestimmungen für Entwurf und Bemessung

4 Beschreibung des Trag- und Verformungsverhaltens von lastabtragenden Polystyrol-Hartschaumstoffen

5 Versuchsreihen zur Untersuchung des Tragverhaltens von lastabtragenden Polystyrol-Hartschaumplatten

6 Beurteilungskriterien für das Kriechverhalten von Polystyrol-Hartschaumstoffen

7 Untersuchung der Mikrostruktur der Dämmstoffplatten aus extrudiertem Polystyrol-Hartschaumstoff (XPS) mit Röntgen-Computertomographie

8 Zusammenfassung

9 Literatur

C Bauphysikalische Planungs- und Nachweisverfahren

C 1 Bilanzierungsverfahren nach der neuen Din V18599 (Din V 18599-1)

1 Einführung

2 Energetische Bilanzierung

3 Beispielhafte Anwendung

4 Details zur Neuausgabe der Norm

5 Vornormenreihe DIN V 18599 im internationalen Vergleich

C 2 Nutzenergiebedarf für Heizen und Kühlen (Din V 18599-2)

1 Einleitung

2 Übersicht über Neuerungen in DIN V 18599-2:2011-12

3 Begriffe

4 Grundlagen der Wärmebilanz

5 Raumtemperaturen

6 Bestimmung der Transmissions wärmesenken und -quellen

7 Behandlung der Lüftung bei der Bestimmung des Nutzenergiebedarfs

8 Wärmequellen infolge Solarstrahlung

9 Interne Wärme- und Kältequellen

10 Beispielberechnungen

11 Zusammenfassung

12 Literatur

C 3 Nutzenergie der thermischen Luftaufbereitung – Neuausgabe der Din V18599-3 (2011)

1 Einleitung

2 Indirekte Verdunstungskühlung

3 Sorptionsgestützte Kühlung/DEC-Technik – Kühlung und Entfeuchtung ohne konventionelle Kältetechnik

4 Literatur

C 4 Nutz- und Endenergiebedarf für Beleuchtung (Din V 18599-4)

1 Einleitung

2 Grundlagen der Methodik

3 Kunstlicht

4 Tageslicht

5 Beispielhafte Listung beleuchtungstechnischer Ausstattungen

6 Aufwandszahlen für Beleuchtungszwecke

7 Zusammenfassung und Ausblick

8 Literatur

C 5 Endenergiebedarf für Heizsysteme und Warmwasserbereitungssysteme (Din V 18599-5 und 8)

1 Einführung

2 Überblick über die Bilanzierung nach DIN V 18599

3 Bewertung der Heizung nach DIN V 18599-5

4 Bewertung der Trinkwarmwasserbereitung nach DIN V 18599-8

5 Zusammenfassung und Ausblick

6 Literatur

C 6 Endenergiebedarf von Lüftungsanlagen, Luftheizungsanlagen und Kühlsystemen für den Wohnungsbau (Din V 18599-6)

1 Einführung

2 Lüftungs- und Kühlkonzepte

3 Bilanzierung

4 Fazit

5 Literatur

C 7 Endenergiebedarf von Raumlufttechnik und Klimasystemen für den Nichtwohnungsbau (Din V 18599-7)

1 Einführung

2 Leistungsregelung in Kaltwassersystemen

3 Kälteverteilung zu den Verbrauchern

4 Kälteerzeugung

5 Freie Kühlung über Rückkühlwerke

6 Geothermische Kühlung und Grundwasserkühlung

7 Bedarfsgeregelte Lüftung

8 Zusammenfassung

9 Literatur

C 8 Ermittlung des End- und Primärenergieverbrauchs bei Kraft-Wärme-gekoppelten Systemen (Din V 18599-9)

1 Einführung

2 Primärenergiefaktoren

3 Primärenergetische Bewertung von KWK-Anlagen

4 End- und Primärenergiebedarf fernwärmebeheizter Gebäude

5 End- und Primärenergiebedarf für die Planung von KWK-Systemen oder für KWK-Systeme im Gebäude

6 EEWärme-Gesetz und KWK

7 Einige Beispiele

8 Literatur

C 9 Nutzungsrandbedingungen, Klimadaten (Din V 18599-10)

1 Einleitung

2 Übersicht über Neuerungen in DIN V 18599-10:2011-12

3 Nutzungsrandbedingungen für Wohngebäude

4 Nutzungsrandbedingungen für Nichtwohngebäude

5 Klimarandbedingungen

6 Beispiel für die Erstellung eines Nutzungsprofils

7 Zusammenfassung

8 Literatur

C 10 Wärmebrücken: Berechnung – Bewertung – Vermeidung

1 Einführung

2 Randbedingungen für numerische Berechnungen

3 Zusammenstellung von ψ-Werten für ausgewählte Anschlussdetails verschiedener Bauweisen

4 Wärmebrückenminimiertes Konstruieren

5 Einfluss punktueller Wärmebrücken

6 Literatur

D Konstruktive Ausbildung von Bauteilen und Bauwerken

D 1 Nachhaltigkeit – Vergleich verschiedener energetischer Gebäudestandards

1 Einleitung

2 Untersuchung

3 Neubaugebäude

4 Bestandsgebäude

5 Zusammenfassung und Ausblick

6 Literatur

D 2 Nachhaltige Energiekonzepte für Nichtwohngebäude: Forschungsprojekt geothermisches Monitoring

1 Einleitung

2 Forschungsziele

3 Thermisches Monitoring für Anlagen der oberflächennahen Geothermie

4 Projekterfahrungen: Hinweise für die Planung und den Betrieb

5 Zusammenfassung

6 Literatur

D 3 Leichte Dreifach-Verglasungen mit sommerlichem Überhitzungsschutz

1 Einleitung

2 Stand der Technik

3 Systembeschreibung

4 Energetisches Verhalten

5 Aspekte der Gebrauchstauglichkeit

6 Zusammenfassung

7 Literatur

D 4 Minimalinvasive Sanierung mit vorgefertigten, multifunktionalen Fassadenmodulen

1 Einleitung

2 Stand der Technik – Sanierung mit vorgefertigten Bauteilen

3 Analyse bisheriger Sanierungen mit vorgefertigten Elementen

4 Elementierungsprinzip mit Kleinelementen

5 Zusammenfassung

6 Literatur

D 5 Energetische Stadtsanierung und Klimaschutz

1 Einleitung

2 Die postfossile Stadt

3 Methodik der Energie- und Klimamodelle für Städte

4 Beispiele der energetischen Stadtsanierung

5 Ausblick

6 Literatur

E Materialtechnische Tabellen

E Materialtechnische Tabellen

1 Vorbemerkungen

2 Wärme- und feuchtetechnische Kennwerte

3 Schallschutztechnische und akustische Kennwerte

4 Literatur

Stichwortverzeichnis

Hinweis des Verlages

Die Recherche zum Bauphysik-Kalender ab Jahrgang 2001 steht im Internet zur Verfügung unter www.ernst-und-sohn.de

Titelbild: Nach DGNB-Gold zertifiziertes Bürogebäude in Stuttgart Architektur/Innenarchitektur: Blocher Blocher Partners, Stuttgart

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2013 Wilhelm Ernst & Sohn,Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG,Rotherstraße 21, 10245 Berlin, Germany

Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form – durch Fotokopie, Mikrofilm oder irgendein anderes Verfahren – reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden.

All rights reserved (including this of translation into other languages). No part of this book may be reproduced in any form – by photoprint, microfilm, or any other means – nor transmitted or translated into a machine language without written permission from the publisher.

Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen oder sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige gesetzlich geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche markiert sind.

ISBN 978-3-433-03019-6ISSN 01617-2205

O-book ISBN 978-3-433-60319-2

Vorwort

Der Bauphysik-Kalender 2013 widmet sich dem Thema des Nachhaltigen Bauens sowie der Energieeffizienz von Gebäuden. Ein Thema von außerordentlicher Bedeutung, da die Aspekte der Nachhaltigkeit die Richtung zukunftweisender Gebäudekonzepte bestimmen. Dabei werden Zukunftsfähigkeit und Ressourcenschonung insbesondere an der Energieeffizienz gemessen.

Seit April 2012 gibt es das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen für Bundesgebäude (BNB) für den Neubau von Büro- und Verwaltungsgebäuden. Hierfür hatte das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e. V. (DGNB) und wissenschaftlich begleitet durch das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) einen Kriterienkatalog zur ganzheitlichen Betrachtung und Bewertung von Nachhaltigkeitsaspekten für Gebäude entwickelt.

Für die Gesamtbewertung werden außerdem verschiedene energetische Gebäudestandards herangezogen, die im Bauphysik-Kalender 2013 erläutert und verglichen werden.

Die Mitgliedsländer der Europäischen Union müssen weiterhin ihre Regeln an die EU-Richtlinie für energieeffiziente Gebäude 2010 anpassen. Diese erlaubt ab 2020 nur noch Niedrigst- und Nullenergie-Neubauten und fordert energieeffiziente Sanierungen im Bestand. Deutschland wird die Energieeinsparverordnung EnEV 2009 zur voraussichtlichen EnEV 2014 novellieren. Der Referentenentwurf liegt vor und wird nach Anhörung, Kabinettsbeschluss sowie der Annahme in Bundesrat und Bundestag schließlich in Brüssel bestätigt und voraussichtlich Mitte 2013 verkündet werden, um zum 1. Januar 2014 in Kraft zu treten.

Das Instrumentarium für Entwurf und Bemessung energetischer Konzepte unter Einbeziehung der licht- und wärmedurchlässigen Gebäudehülle sowie der Heizungs- und Klimatechnik, Beleuchtung und stromerzeugenden Anlagen liefert die DIN V 18599 „Energetische Bewertung von Gebäuden – Berechnung des Nutz-, End- und Primärenergiebedarfs für Heizung, Kühlung, Lüftung, Trinkwarmwasser und Beleuchtung“, Teile 1 bis 10, in der aktuellen Fassung von Dezember 2011. Alle zehn Normteile werden aus erster Hand im Bauphysik-Kalender 2013 für die Praxis kommentiert.

Es hat sich gezeigt, dass die Erstellung von nachhaltigen und energetisch sinnvollen Konzepten für Gebäude unter Einbeziehung aller relevanten Parameter von den an Entwurf, Planung und Ausführung Beteiligten ein hohes Maß an Fachkenntnis über den aktuellen Stand aller wichtigen Bereiche verlangt. Der vorliegende Bauphysik-Kalender soll daher für die Planung und Ausführung von Neubauten sowie im Bestand eine aktuelle, verlässliche und praxisgerechte Arbeitsgrundlage schaffen. Folgende Inhalte werden vermittelt:

– Kommentierung/Erläuterung aktueller Verordnungen, Vorschriften, Leitfäden, Richtlinien und Normen,
– Beiträge zu aktuellen Fragestellungen und Problemen zur Nachhaltigkeit, zu alternativen bzw. erneuerbaren Energien, Energieeffizienz und energetischer Sanierung im Bestand,
– Beiträge zu gebräuchlichen und innovativen Baustoffen sowie -konstruktionen,
– aktueller Stand der materialtechnischen Tabellen.

Mit seinen vielfältigen Beiträgen stellt der Bauphysik-Kalender 2013 eine solide Arbeitsgrundlage sowie ein aktuelles Nachschlagewerk nicht nur für die Praxis, sondern auch für Lehre und Forschung dar. Für kritische Anmerkungen sind die Autoren, der Herausgeber und der Verlag dankbar.

Der Herausgeber möchte an dieser Stelle allen Autoren für ihre Mitarbeit und dem Verlag für die angenehme Zusammenarbeit herzlichst danken.

Hannover, im Februar 2013

N. A. Fouad

AAllgemeines und Regelwerke

A 1

Nachhaltiges Bauen – Beitrag des Bauwesens zur Nachhaltigkeit

Andreas Rietz, Nicolas Kerz, Tanja Brockmann, Olaf Böttcher

Dipl.-Ing. Andreas Rietz, Architekt BDBBundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)Straße des 17. Juni 112, 10623 Berlin
 
Studium der Architektur an der TU Braunschweig, 1988 Abschluss als Dipl.-Ing. 1989 bis 1992 Tätigkeit als angestellter Architekt in der privaten Wohnungswirtschaft in Berlin. 1992 bis 2008 wissenschaftlicher Mitarbeiter/Referatsleiter im Institut für Erhaltung und Modernisierung von Bauwerken e.V. an der TU Berlin (IEMB), mit den Themenschwerpunkten Bau- und Wohnungswirtschaft sowie Nachhaltiges Bauen. Seit Januar 2009 Leiter des Referats Nachhaltiges Bauen im BBSR.
Dipl.-Ing. Nicolas KerzBundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)Straße des 17. Juni 112, 10623 Berlin
 
Jahrgang 1969, Studium des Bauingenieurswesens an der TU Berlin, Diplom 1998. Von 1998 bis Ende 2008 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Erhaltung und Modernisierung von Bauwerken e. V. an der TU Berlin, Abteilung Nachhaltiges Bauen/Baukonstruktionen/Baustoffwesen. Seit 2008 Leiter der Geschäftsstelle Nachhaltiges Bauen für das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und seit 2009 stellvertretender Referatsleiter im Referat Nachhaltiges Bauen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung.
Dr.-Ing. Tanja BrockmannBundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)Straße des 17. Juni 112, 10623 Berlin
 
Studium des Bauingenieurwesens an der TU Braunschweig mit Auslandsjahr in Liverpool (UK). Promotion am Institut für Bauforschung (ibac), RWTH Aachen (2006). Tätigkeit beim Deutschen Beton- und Bautechnik-Verein und der Gemeinschaft für Überwachung im Bauwesen in Berlin von 2006 bis 2008. Seit 2008 Referatsleiterin Bauen und Umwelt beim BBSR mit den Themenschwerpunkten Nachhaltiges Bauen, Forschung Innovative Baustoffe und Bautechnik, baufachliche Richtlinien, barrierefreies Bauen, klimaangepasstes Bauen und Ressourceneffizienz, Bauprodukte. Seit 2012 Lehrtätigkeit an der Beuth Hochschule Berlin (Umweltingenieur-Bau, Baustoffe und Nachhaltigkeitsaspekte).
Dr.-Ing. Olaf BöttcherBundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)Straße des 17. Juni 112, 10623 Berlin
 
Geb. 1970, Studium der Energietechnik an der TU Berlin, nach dem Diplom 1998 Arbeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Berlin (Hermann-Rietschel-Institut für Heiz- und Raumlufttechnik, 2003 Promotion), seit 2006 am Institut für Erhaltung und Modernisierung von Bauwerken e. V. (IEMB), seit 2009 Leiter des Referates „Energieoptimiertes Bauen“ im Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung. Im November 2008 Bestellung zum Bundes-Energiebeauftragten durch das BMVBS.
Inhaltsverzeichnis

1 Grundlagen und Instrumente des Nachhaltigen Bauens im Bundesbau

1.1 Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung

1.2 Geschäftsstelle Nachhaltiges Bauen

1.3 Leitfaden Nachhaltiges Bauen

1.3.1 Neufassung des Leitfadens Nachhaltiges Bauen

1.3.2 Struktur des Leitfadens

2 Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen des Bundes

2.1 Grundlagen

2.2 Lebenszyklusbetrachtung

2.3 Bewertungsmethodik

2.4 Werkzeuge und Arbeitshilfen

3 Weiterentwicklung des Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen

3.1 Entwicklung weiterer Systemvarianten

3.2 Module für die Nutzungsphase

3.3 Nachhaltigkeit in Wettbewerbsverfahren

4 Nachhaltigkeitsanforderungen an zukünftige Baustoffe

4.1 Rolle der Baustoffe im BNB

4.1.1 Überblick

4.1.2 Wirkungen auf die globale und lokale Umwelt

4.1.3 Beurteilung des Risikopotenzials für die Umweltmedien Grundwasser, Oberflächenwasser, Boden und Außenluft

4.1.4 Nachhaltige Materialgewinnung/Holz

4.1.5 Innenraumhygiene

4.1.6 Technische Materialanforderungen

4.1.7 Ökonomische Materialanforderungen

4.2 WECOBIS

5 Nachhaltigkeitsindikator Energie

6 Maßnahmen zur praktischen Umsetzung von BNB und Leitfaden Nachhaltiges Bauen

6.1 Arbeit und Ausbildung des BNB-Nachhaltigkeitskoordinators

6.2 Netzwerk Nachhaltiger Bundesbau

6.3 Aktuelle Bauprojekte mit BNB-Relevanz

6.3.1 BNB-Projekte

6.3.2 Nachhaltigkeitskoordinierung Umweltbundesamt Berlin

7 Ausblick

8 Literatur

1 Grundlagen und Instrumente des Nachhaltigen Bauens im Bundesbau

1.1 Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung

Als größter öffentlicher Bauherr in Deutschland bekennt sich der Bund seit Langem zu seiner Vorbildfunktion im nachhaltigen und energieeffizienten Bauen. Mit dem umfassend überarbeiteten Leitfaden Nachhaltiges Bauen [1] unterzieht der Bund seine Gebäude von der ersten Planung an einer „Nachhaltigkeitsüberprüfung“ und definiert Mindestanforderungen in der Umsetzung. Mit der verpflichtenden Einführung des Leitfadens für die Bundesbauverwaltung mit Erlass vom März 2011 [2] setzt das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) nachhaltiges Bauen in konkretes Verwaltungshandeln um. Mit dem Erlass vom 14. Mai 2012 [3] sind diese Mindestanforderungen nunmehr bei allen großen Neubaumaßnahmen von Büro- und Verwaltungsgebäuden, also mit Investitionskosten über 2 Mio. Euro, die entsprechend der Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes (RBBau) [4] als „große“ Neu-, Um- und Erweiterungsbauten erstellt werden, einzuhalten. Der Nachweis ist auf Grundlage des Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen des Bundes (BNB) zu führen, das in Abschn. 2 im Detail vorgestellt wird.

Das Leitbild der Bundesregierung geht zurück auf den Zukunftsbericht „Our Common Future“ (Brundtland-Report) der UN-Weltkommission für Umwelt und Entwicklung (WCED) aus dem Jahr 1987, der eine allgemeingültige Definition einer nachhaltigen Entwicklung begründete. Grundlage ist, dass diese „den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeit zukünftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen“ [5]. Von dem Ansatz ausgehend, entwickelte sich die grundsätzliche Forderung nach einer gleichberechtigten Integration sozialer und ökologischer Aspekte, an denen sich die wirtschaftliche Entwicklung orientieren sollte. Damit war die Grundlage für eine gleichberechtigte Betrachtung der drei Säulen der Nachhaltigkeit „Ökologie“, „Ökonomie“ sowie „sozio-kulturelle Aspekte“ geschaffen, wie sie bereits 2001 im ersten Leitfaden Nachhaltiges Bauen [6] zu Grunde gelegt wird.

Basierend auf den „Zielen und Rahmenbedingungen einer nachhaltigen zukunftsverträglichen Entwicklung“ – formuliert von der vom Deutschen Bundestag eingesetzten Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ –, setzt die Bundesregierung 2001 in Weiterführung ihrer nationalen Nachhaltigkeitsstrategie erstmalig den „Rat für Nachhaltige Entwicklung“ ein. Dieser soll einen kritischen Dialog mit den Akteuren aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft führen und mit der Formulierung von Zielen und Indikatoren zur Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsstrategie beitragen und insbesondere konkrete Handlungsfelder und Projekte für die Umsetzung vorschlagen. So wurden erstmals quantifizierbare Nachhaltigkeitsziele definiert und methodische Ansätze entwickelt, diese durch Indikatoren überprüfbar zu machen. In den folgenden Aktionsfeldern konnten konkrete Handlungsempfehlungen entwickelt werden:

– zur Energieeffizienz und -forschung,
– zur Verminderung der Flächeninanspruchnahme,
– gegen die unkontrollierte Nutzung natürlich vorkommender Ressourcen,
– zur Modernisierung des öffentlichen Beschaffungswesens und
– zur unternehmerischen Verantwortung in einer globalisierten Welt.

Der Rat für Nachhaltige Entwicklung wirkt damit sowohl beratend in die Politik wie auch in die breite Öffentlichkeit, indem er Nachhaltigkeitspolitik vermittelt [7].

Die Bundesregierung hat darüber hinaus mit dem „Staatssekretärsausschuss für Nachhaltige Entwicklung“ – Green Cabinet – unter Leitung des Chefs des Bundeskanzleramtes ein zentrales Steuerungselement geschaffen, dessen Aufgabe es ist, die nationale Nachhaltigkeitsstrategie umzusetzen, inhaltlich weiterzuentwickeln und deren Umsetzung regelmäßig zu überprüfen. Er entwickelte u.a. Empfehlungen für den Bereich „Bauen und Wohnen“. Demnach soll „Nachhaltigkeit von Gebäuden vermehrt über den gesamten Lebenszyklus – also von der Rohstoffgewinnung über die Errichtung bis zum Rückbau – durch Einbeziehung ökologischer, ökonomischer wie auch sozialer Aspekte transparent, messbar und überprüfbar ausgewiesen werden – bei gleichzeitiger Beachtung der gestalterischen, städtebaulichen, technischen und funktionalen Qualität. Die Beurteilung soll sich dabei auf wissenschaftlich anerkannte Methoden der Ökobilanzierung und Lebenszykluskostenrechnung stützen“ [8].

Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung hat bereits im Dezember 2001 den „Runden Tisch Nachhaltiges Bauen“ als Gremium zu seiner Unterstützung bei der Umsetzung des Nachhaltigen Bauens eingerichtet. Seine Mitglieder setzen sich aus Vertretern von Verbänden der Bauwirtschaft, der Industrie und der Planer sowie der wesentlichen Bauverwaltungen und der Wissenschaft zusammen. Im Rahmen der Forschungsinitiative Zukunft Bau wurde der Runde Tisch in begleitenden Forschungsvorhaben intensiv wissenschaftlich unterstützt. Die am Runden Tisch eingerichteten Arbeitsgruppen leisteten in den Jahren 2007 und 2008 einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung sowie Fortschreibung der Kriterien und Berechnungsmethoden des Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen und begleiteten die Aktualisierung des Leitfadens Nachhaltiges Bauen.

1.2 Geschäftsstelle Nachhaltiges Bauen

Zur fachlichen und organisatorischen Unterstützung hat das BMVBS im Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Referat Nachhaltiges Bauen die Geschäftsstelle Nachhaltiges Bauen im Sinne eines Kompetenzzentrums für Fragen zum nachhaltigen Bauen eingerichtet. Das Referat ist neben der eigenständigen wissenschaftlichen Bearbeitung des Themenfeldes Nachhaltiges Bauen u.a. für die Koordinierung der Forschungsaktivitäten zum Cluster Nachhaltiges Bauen und Bauqualität im Rahmen der Forschungsinitiative „Zukunft BAU“ sowie die Politikberatung und Unterstützung in der Öffentlichkeitsarbeit des BMVBS verantwortlich.

Bild 1. Informationsportal Nachhaltiges Bauen www.nachhaltigesbauen.de

Die Geschäftsstelle Nachhaltiges Bauen unterstützt das BMVBS fachlich und organisatorisch, insbesondere bei der Umsetzung und Fortschreibung des Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen, aber auch durch die Vertretung in Gremien, die Durchführung von öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen sowie die Pflege des Informationsportals Nachhaltiges Bauen (www.nachhaltigesbauen.de).

Das Informationsportal bündelt wesentliche Informationen, die zum nachhaltigen Bauen erarbeitet wurden. Zu den angebotenen Informationen zählen neben allgemeinen Erläuterungen und Hinweisen zum nachhaltigen Bauen insbesondere die Leitfäden und Arbeitshilfen des Bundes, Angaben zum Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen sowie umfangreiche Datengrundlagen zur Nachhaltigkeitsbewertung. Ergänzt wird dieses Angebot durch Hinweise zu Forschungsthemen, aktuelle Veranstaltungen und die Darstellung von guten Beispielen für das Nachhaltige Bauen.

Aufgrund des breiten Informationsspektrums bildet dieses Portal eine nationale und zukünftig auch internationale Schnittstelle für alle Akteure des nachhaltigen Bauens (Bauverwaltungen von Bund, Ländern und Kommunen, Planer, Bauherren, Zertifizierer und andere Interessierte).

1.3 Leitfaden Nachhaltiges Bauen

Bereits 2001 setzte das BMVBS mit den formulierten Zielen und Anforderungen im ersten Leitfaden Nachhaltiges Bauen (s. Abschn. 1.1) in der Fachöffentlichkeit deutliche Impulse im Sinne des nachhaltigen Bauens. Für die Bundesbauverwaltung wurde der Leitfaden als Arbeitshilfe für die Planung, das Bauen, die Bauunterhaltung, den Betrieb und die Nutzung von Liegenschaften und Gebäuden eingeführt. Mit einer überwiegend qualitativen Beschreibung der Anforderungen erfüllte der Leitfaden seine Aufgabe als Planungshilfe und adressierte erstmalig die Themen der ganzheitlichen Betrachtungsweise hinsichtlich einer „Ökologischen Tiefenbewertung“ und der monetären Lebenszyklusbetrachtung.

1.3.1 Neufassung des Leitfadens Nachhaltiges Bauen

Die angestrebte Weiterentwicklung zu einem Instrument der Qualitätskontrolle bedingte allerdings – auf Grund des weitgehenden Fehlens quantifizierbarer Kriterien – verstärkte wissenschaftliche Anstrengungen zur Entwicklung von kriterienbasierten Bewertungshilfen für das nachhaltige Bauen. In Folge wurde der „Leitfaden Nachhaltiges Bauen“ auf Grundlage verschiedener wissenschaftlicher Vorhaben im Rahmen der Forschungsinitiative Zukunft Bau des BMVBS umfassend aktualisiert und durch ein ganzheitliches quantitatives Bewertungsverfahren für nachhaltige Gebäude ergänzt. Das BMVBS hat den Leitfaden im März 2011 in der aktualisierten Fassung herausgegeben. Diese Neufassung des Leitfadens beschreibt Methoden und Verfahren zur Umsetzung von Nachhaltigkeitsaspekten im Bauwesen. Darüber hinaus formuliert der Leitfaden einzuhaltende Zielvorgaben für die Gebäudeplanung von Neubauvorhaben und Erweiterungsbauten im Regelungsbereich der Bundesbauverwaltung bzw. der Richtlinien für die Durchführung von Baumaßnahmen des Bundes [4]. Mit der vorgesehenen Ergänzung um die Teile Empfehlungen für das nachhaltige „Nutzen und Betreiben von Gebäuden“ und „Bauen im Bestand“ liegt dann mit dem überarbeiteten Leitfaden eine komplexe Handlungsanleitung zum nachhaltigen Bauen vor. Als zeitbezogene Systemgrenze wird im Sinne der DIN EN 15643-2:2011-05 Nachhaltigkeit von Bauwerken – Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden – Teil 2: Rahmenbedingungen für die Bewertung der umweltbezogenen Qualität [9] der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes betrachtet, als räumliche Systemgrenze wird im Rahmen des Leitfadens das Gebäude selbst bewertet.

Allgemein basiert der klassische Ansatz der Nachhaltigkeit auf den drei Dimensionen Ökologie, Ökonomie und Soziokultur, die als gleichwertig und über einen langfristigen Zeithorizont zu betrachten sind. Ziel ist es, möglichst über die gesamte Nutzungsdauer eines Gebäudes – die umgangssprachlich auch Lebensdauer genannt wird – die Betrachtungen und Bewertungen zu führen. Für die konkreten Lebenszyklusbetrachtungen wird ein definiertes Abbild der ersten 50 Jahre eines Gebäudes in den Berechnungen simuliert.

Aus den allgemeinen Schutzgütern wurden für die Nachhaltigkeitsbetrachtung von Gebäuden Schutzziele abgeleitet, die dann in einzelnen Kriterien konkretisiert wurden.

Neben den klassischen und schon beschriebenen Nachhaltigkeitsbereichen musste ein Weg gefunden werden, damit die hohen technischen Standards der Gebäude in Deutschland angemessen bewertet und ausgewiesen werden können. Somit wurde die Technische Qualität als Querschnittsqualität neu eingeführt. Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung des nachhaltigen Bauens ist eine intensive Begleitung der Planung und Bauausführung. Bereits in der frühen Planungsphase werden die Weichen für die spätere Nachhaltigkeitsqualität eines Gebäudes gestellt. Eine Optimierung des Planungsprozesses im Hinblick auf die Aspekte der Nachhaltigkeit ist daher aus heutiger Sicht unerlässlich. Diese Aspekte müssen in allen Planungs-, Bau- und Bewirtschaftungsprozessen berücksichtigt werden, um einerseits die Qualität des Gebäudes herzustellen (Neubau), andererseits aufrechtzuerhalten (Betrieb) bzw. zu verbessern (Bauen im Bestand). Die ebenfalls neu aufgenommene Prozessqualität schafft darüber hinaus die Möglichkeit, dies über entsprechende Kriterien zu bewerten.

Bild 2. Herleitung der Schutzziele des nachhaltigen Bauens (BBSR)

Bild 3. Nachhaltigkeitsqualitäten – Hauptkriteriengruppen (BBSR)

Eine ganzheitliche Betrachtung der Nachhaltigkeit eines Gebäudes ist ohne die Berücksichtigung des Standortes aus wissenschaftlicher Sicht nicht vollständig, da die Standortauswahl und die Standortbedingungen wesentlichen Einfluss auf die Gebäude und deren Ausführung haben. Andererseits sind bei einem vorgegebenen Standort die Rahmenbedingungen für den Bauherrn und die Planer nur sehr bedingt beeinflussbar. Aus diesen Gründen wurde am Runden Tisch entschieden, den Standort nicht direkt zu bewerten, sondern die Standortmerkmale getrennt auszuweisen und nicht in die eigentliche Gebäudebewertung einzubeziehen.

1.3.2 Struktur des Leitfadens

Der Leitfaden Nachhaltiges Bauen soll einerseits die allgemeingültigen Grundlagen des nachhaltigen Bauens vermitteln, andererseits eine Handlungsanleitung für die obersten Bauverwaltungen des Bundes darstellen. In diesem Sinne gliedert sich der Leitfaden wie folgt:

– Allgemeiner Teil mit dem Regelungsbereich zum Leitfaden,
– Teil A Grundsätze,
– Teil B Neubau,
– Teil C Empfehlungen für das nachhaltige Nutzen und Betreiben von Gebäuden,
– Teil D Bauen im Bestand.

Mit Erlass des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung vom März 2011 wurden in einem ersten Schritt die Teile A und B für die Bundesbauverwaltung verbindlich eingeführt. Der Leitfaden nimmt dabei direkt Bezug auf das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen, zur Zeit vorrangig auf die Systemvariante Neubau Büro- und Verwaltungsbau, da diese bei der Einführung des Leitfadens zur Anwendung zur Verfügung stand.

Die derzeit in der Entwicklung befindlichen Teile C „Empfehlungen für das nachhaltige Nutzen und Betreiben von Gebäuden“ und Teil D „Bauen im Bestand“ werden Anfang 2013 nachgeführt. Zeitgleich stehen auch die zugehörigen Bewertungsmodule mit den entsprechenden Kriteriensteckbriefen zur Verfügung.

Der Teil A des Leitfadens bietet eine allgemeine Einführung zu den Grundsätzen des nachhaltigen Bauens. Neben der Beschreibung der Prinzipien, Dimensionen und Qualitäten des nachhaltigen Bauens werden allgemeine Handlungsanweisungen zur Nachhaltigkeitsbewertung erläutert. Die dargestellten Planungsstrategien und Bewertungsmethoden gelten für alle Bauvorhaben, unabhängig davon, ob diese von der öffentlichen Hand oder der Privatwirtschaft durchgeführt werden.

Im Teil B Neubau wird die Umsetzung der Nachhaltigkeitsanforderungen orientiert an der chronologischen Abfolge der Planungsphasen bei Neubaumaßnahmen nach den Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes bzw. den Leistungsphasen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) dargestellt. Damit soll das Bewertungssystems als Instrument für eine ganzheitliche Qualitätssicherung über den gesamten Planungs- und Bauprozess angewendet werden.

Einerseits sind für jedes Teilkriterium Mindestanforderungen zu erfüllen. Andererseits können durch eine ganzheitliche Betrachtung über alle Nachhaltigkeitskriterien die gegenseitigen Wechselwirkungen frühzeitig in die Planungsentscheidungen einbezogen werden. Damit wird über den gesamten Prozess eine laufende Optimierung im Sinne der Nachhaltigkeit erreicht. Mit der Sicherstellung einer hohen Nachhaltigkeitsqualität können die Gebäude des Bundes darüber hinaus Vorbildwirkung für andere Bauherren entfalten. Durch eine laufende Dokumentation kann der Prozess insgesamt transparent gestaltet werden.

In Verbindung mit dem Bewertungssystem BNB steht der Leitfaden damit als Werkzeug für die Planung und Errichtung nachhaltiger Gebäude zur Verfügung und bietet gleichzeitig ein Instrument zur Überprüfung der beschriebenen Nachhaltigkeitsaspekte im Sinne der Qualitätssicherung bis hin zu einer abschließenden Bewertung und Auszeichnung der erreichten Qualität.

Neben den dargestellten Textteilen werden die Anlagen zum Leitfaden, u.a. das energetische Muster-Pflichtenheft, Zielvereinbarungen, Checklisten oder Dokumentationshilfen über das Informationsportal Nachhaltiges Bauen aktuell zur Verfügung gestellt.

2 Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen des Bundes

2.1 Grundlagen

Aufbauend auf den Erfahrungen mit den ersten weltweit vorhandenen Gebäudebewertungs- und -zertifizierungssystemen, war es das Ziel, in Deutschland ein Zertifizierungssystem der „zweiten Generation“ zu entwickeln. Die Systeme der ersten Generation, wie z.B. BREEAM (Building Research Establishment Environmental Assessment Method) in Großbritannien oder LEED (Leadership in Energy and Environmental Design) in den USA bewerten in der Regel jeweils ausgewählte Aspekte der Nachhaltigkeit auf sehr hohem Niveau. Sie weisen jedoch deutliche Unterschiede in der systematischen Herangehensweise, den methodischen und datentechnischen Grundlagen sowie den verwendeten Kriterien und Indikatoren auf. Bestimmte Aspekte der Nachhaltigkeit, wie z.B. eine lebenszyklusorientierte Kostenbetrachtung, werden nicht in allen Systemen adressiert. Die deutsche Systematik sollte bewusst die Möglichkeit bieten, die Nachhaltigkeit von Gebäuden mittels eines ganzheitlichen Betrachtungsansatzes umfassend zu bewerten und so dazu beitragen, energieeffiziente und ökologische Entwicklungen voranzutreiben.

Für die Beschreibung und Bewertung nachhaltiger Wirkungen von Gebäuden wurden Regelungen zugrunde gelegt, die aus den gleichzeitigen Aktivitäten im Rahmen der nationalen (DIN), europäischen (CEN) und internationalen (ISO) Normung hervorgingen. In Übereinstimmung mit den dort entwickelten ganzheitlichen Ansätzen wurde das Bewertungssystem auf die in Bild 3 dargestellten fünf Nachhaltigkeitsqualitäten abgestellt. Hierfür sind unter anderem die Normungsvorhaben im Rahmen von ISO/TC 59/CS 17 „Nachhaltiges Bauen“ von Bedeutung, die ihrerseits die Grundlage für das europäische Normungsvorhaben unter CEN/TC 350 „Nachhaltigkeit von Gebäuden“ bilden. Der Normenausschuss NA 005-01-31 AA Nachhaltiges Bauen spiegelt für Deutschland die genannten internationalen Gremien.

Das Bewertungssystem spiegelt damit einerseits den internationalen Stand der Normung zum Nachhaltigen Bauen wider, andererseits wurden bei der Entwicklung der Bewertungsgrundlagen und Methoden die nationalen Rahmenbedingungen, wie Planungs- und Bauverfahren, Gesetzeswerke, Normen, Leitfäden etc. herangezogen. Wesentliche Grundlagen bildeten dabei zahlreiche Forschungsprojekte, die durch die Forschungsinitiative „Zukunft Bau“ des BMVBS finanziert wurden.

Nach einer zweijährigen Kooperationsphase des BMVBS mit der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) konnte der Fachöffentlichkeit ein erster Satz nationaler Nachhaltigkeitskriterien einschließlich einer Berechnungs- und Bewertungsmethodik vorgestellt werden. Er zeichnet sich durch die umfassende Betrachtung des gesamten Lebenszyklus von Gebäuden unter Berücksichtigung der ökologischen, ökonomischen, soziokulturellen Qualität sowie der technischen und prozessualen Aspekte und durch ein transparentes, objektiv nachvollziehbares Bewertungssystem aus. Der Verwendungsbereich des Bewertungssystems beschränkte sich dabei vorerst auf den Neubau von Büro- und Verwaltungsgebäuden.

Das Bewertungssystem folgt einem ganzheitlichen Bewertungsansatz unter Berücksichtigung des Lebenszyklus eines Gebäudes sowie einer umfassenden Quantifizierung. Neben einer abschließenden Bewertung eines Gebäudes, soll mit dem Bewertungssystem, beginnend mit der Planung über die Bauausführung, die Nutzung, die Wartung, die Instandhaltung bis hin zu Hinweisen zum Umgang mit dem Abbruch und den baulichen Anlagen im Sinne der Weiternutzung von im Gebäude gespeicherten „Wertstoffen“, eine hohe Bauqualität erreicht werden.

Für den Regelungsbereich der Bundesbauten wurde daraus das „Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen des Bundes“ (BNB) abgeleitet und für die besonderen Anforderungen der öffentlichen Hand als Bauherr weiterentwickelt.

Mit dem BNB steht dem Bund erstmalig ein wissenschaftlich fundiertes und planungsbasiertes Bewertungssystem zur Umsetzung und Bewertung der Anforderungen aus dem Leitfaden Nachhaltiges Bauen zur Verfügung. Im Gegensatz zur Bundesbauverwaltung bleibt die Anwendung des Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen zur Beschreibung und Bewertung der Nachhaltigkeitsqualität von Gebäuden und baulichen Anlagen für andere, insbesondere private Bauherren freiwillig. Seitens einiger Bundesländer besteht jedoch Interesse an einer Einführung für ihre Landesbauvorhaben, ggf. auch für kommunale Projekte. Das BNB ist über das Internetportal www.nachhaltigesbauen.de öffentlich zugänglich.

2.2 Lebenszyklusbetrachtung

Da Gebäude üblicherweise über sehr lange Zeiträume genutzt werden, kann erst die Betrachtung über den gesamten Lebenszyklus Aufschluss über die tatsächliche Qualität eines Gebäudes geben. Der Lebenszyklus eines Gebäudes setzt sich insbesondere aus den folgenden Phasen zusammen:

– Planung, Rohstoffgewinnung (Vorstufen),
– Herstellung, Errichtung,
– Nutzung einschließlich Instandhaltung und Modernisierung sowie
– Rückbau, Verwertung und Entsorgung.

Ziel des nachhaltigen Bauens ist es, ein Gebäude über dessen gesamten Lebenszyklus zu optimieren. Es geht darum, den Energie- und Ressourcenverbrauch zu minimieren, Umweltbelastungen zu verringern und die Gesamtwirtschaftlichkeit zu verbessern. Die konventionelle Planung von Gebäuden beschränkt sich bisher auf die Betrachtung von Einzelaspekten, ohne mögliche Wechselwirkungen zu berücksichtigen. Die integrale Planung bezieht hingegen den gesamten Lebenszyklus des Bauwerkes „von der Wiege bis zur Bahre“ ein und die Planungsbestandteile werden mit Blick auf ihre Wechselwirkung verknüpft und sinnvoll ergänzt.

Darüber hinausgehendes Ziel ist es, zu einer objektivierenden und quantifizierenden Bewertungsmethode für den Variantenvergleich unterschiedlicher Gebäudeentwürfe zu gelangen, um eine möglichst hohe Gebäudequalität mit möglichst geringen Auswirkungen auf die Umwelt zu erreichen. Weiter- oder Umnutzungen bieten dabei gegenüber dem Neubau von Gebäuden und Liegenschaften den Vorteil, dass in der Regel deutlich geringere Energie- und Stoffströme im Bereich der eingesetzten Baumaterialien anfallen. Den Bestand weiter zu nutzen und durch gezielte Instandhaltung und Modernisierung an die Nutzeranforderungen anzupassen, minimiert den Ressourcenverbrauch und schont die Umwelt. Für die wirtschaftliche Bewertung werden einmalige Investitionskosten und laufende Nutzungskosten in einer Lebenszykluskostenrechnung (Life cycle costing, LCC), bezogen auf den ausgewählten Betrachtungszeitraum, berechnet.

Alle aus dem Lebenszyklus eines Gebäudes resultierenden Umweltwirkungen, wie Ressourcenverbrauch, Emissionen und Flächeninanspruchnahme, werden in einer Ökobilanzierung (Life cycle assessment, LCA), dargestellt – standardisiert nach DIN EN ISO 14040 „Umweltmanagement-Ökobilanz“ [10] – und somit bewertbar gemacht.

2.3 Bewertungsmethodik

Im Zuge einer Bewertung nach dem BNB werden die fünf Hauptkriteriengruppen des Nachhaltigen Bauens, die ökologische Qualität, die ökonomische Qualität, die soziokulturelle und funktionale Qualität, die technische Qualität und die Prozessqualität, anhand verschiedener Einzelkriterien quantitativ abgebildet. Obgleich die fünf Qualitäten der Nachhaltigkeit in enger Wechselwirkung zueinander stehen, werden sie jeweils getrennt bewertet und mit festgelegter Gewichtung zu einer Gesamtnote verrechnet. Dies bietet die Möglichkeit, herausragende Qualitäten in ein oder mehreren Teilbereichen auch gesondert darzustellen. Mit Hilfe der Gesamtnote kann die Nachhaltigkeit von Gebäuden objektiv dargestellt und quantifiziert werden, sodass zukünftig Vergleiche zwischen bewerteten bzw. zertifizierten Gebäuden möglich sind. Die Standortmerkmale, auf die die Planung nur bedingt Einfluss nehmen kann, werden getrennt von den Objektqualitäten bewertet und als zusätzliche Information ausgewiesen.

Die fünf Hauptkriteriengruppen sind in der BNB Version 2011_1 mit derzeit 46 Kriteriensteckbriefen (vgl. Bild 4) genau definiert und lassen sich anhand von quantifizierbaren Größen messen bzw. bewerten. Eine Gewichtung der Kriterien innerhalb der übergeordneten Hauptkriteriengruppen erfolgt nach deren Relevanz für die Schutzziele mit Hilfe eines Bedeutungsfaktors von 1 bis 3 (geringe bis hohe Bedeutung). Die Festlegung der Bedeutungsfaktoren erfolgte in enger Abstimmung mit den Arbeitsgruppen des Runden Tisches Nachhaltiges Bauen sowie dem BMVBS.

Die Steckbriefe – quasi die Handlungsanweisungen für die Bewertung der Einzelkriterien – sind im Wesentlichen gegliedert nach:

(A) Beschreibung des Einzelkriteriums

Relevanz und Zielsetzungen,

Beschreibung und Kommentar,

Bewertung,

Datengrundlagen und

Rechenhilfen sowie

Beziehungen zu weiteren Kriterien;

(B) Bewertungsmaßstab
(C) Anlagen

Nutzungskostentabellen,

Gesetzesgrundlagen,

Begriffsklärungen,

Checklisten.

Für die einzelnen Kriterien werden nach festgelegten Regeln Punkte vergeben. Insgesamt kann in jedem Kriterium eine maximale Bewertung von 100 Punkten entsprechend der jeweiligen Berechnungsvorschrift erreicht werden, wobei der Wert 100 immer der Zielwertdefinition entspricht. Die Hauptkriteriengruppen werden jeweils getrennt bewertet und mit festgelegter Gewichtung zu einem Gesamterfüllungsgrad und damit zu einer Endnote zusammengeführt. In der Urkunde zum Bewertungsergebnis werden das Gebäude vorgestellt und sowohl die Einzelwerte wie auch das Gesamtergebnis dargestellt. In Abhängigkeit vom erreichten Gesamterfüllungsgrad können die Gebäude mit einem Zertifikat in den Qualitätsstufen Bronze (≥ 50%), Silber (≥ 65%) oder Gold (≥ 85%) ausgezeichnet werden. Die Bewertung erfolgt durch einen Auditor und wird jeweils einer Konformitätsprüfung unterzogen. Die kontinuierliche Fortschreibung des Systems wird sichergestellt durch die Anpassung des Kriterienkatalogs an aktuelle Forschungsergebnisse sowie an Änderungen gesetzlicher Regelungen, Normungen, ministerieller Erlasse etc. Die Veröffentlichung erfolgt über den Runden Tisch Nachhaltiges Bauen sowie über das Informationsportal Nachhaltiges Bauen. Dort werden auch Ansprechpartner sowie Regelungen zur Durchführung von BNB-Bewertungen, zur Konformitätsprüfung und zur Dokumentation der Zertifizierung und Modalitäten zur Auditorenausbildung zur Verfügung gestellt.

Bild 4. Übersicht der Kriterien im Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen für Bundesgebäude (BBSR)

Bild 5. Bewertungsstufen in Gold, Silber und Bronze (BNB)

2.4 Werkzeuge und Arbeitshilfen

Zur Unterstützung der Anwender des Bewertungssystems BNB, insbesondere für die komplexen Berechnung der LCC und LCA, werden über das Informationsportal Nachhaltiges Bauen eine Reihe von Werkzeugen, Arbeitshilfen und Datengrundlagen bereitgestellt. Eine wesentliche Grundlage für die Ökobilanzierung bildet eine dynamische Baustoff-Datenbank ÖKOBAU.DAT, die im wesentlichen Datensätze zu den globalen Umweltwirkungen aus Baustoffen zur Verfügung stellt (siehe Abschnitt 4.1).

Das Informationssystem WECOBIS – webbasiertes ökologisches Baustoffinformationssystem (siehe Abschnitt 4.2) – liefert für den Planungsprozess weitere Informationen zu ökologischen Gesichtspunkten ausgewählter Produktgruppen. Eine Tabelle mit Nutzungsdauern für ausgewählte Bauteile ermöglicht die notwendige Abschätzung der Erneuerungszyklen innerhalb des Betrachtungszeitraums von 50 Jahren und damit der Kosten und ökologischen Wirkungen für den Austausch im Rahmen der Lebenszyklusbetrachtung. Für verschiedene Steckbriefe werden Berechnungstools angeboten. Mit diesen Instrumenten kann eine einheitliche und umfassende Dokumentation sichergestellt werden.

3 Weiterentwicklung des Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen

3.1 Entwicklung weiterer Systemvarianten

Im Rahmen der Forschungsinitiative Zukunft Bau hat das BMVBS die vorhandenen Instrumente und Arbeitshilfen stetig fortentwickeln lassen. Es liegen derzeit Systemvarianten für den Neubau von Verwaltungsgebäuden in den Versionen 2009_4 und 2011_1 und für Außenanlagen vor. Zudem haben bereits Systemerprobungen für die Bewertungssystemvarianten „Neubau von Unterrichtsgebäuden“ und „Forschungs- und Laborbauten“ begonnen. Nach einer abschließenden Überprüfung der Steckbriefe soll die Einführung stufenweise im Jahr 2013 beginnen. Für die Gebäudekategorie „Überbetriebliche Ausbildungsstätten“ wird noch in diesem Jahr ein Systemvorschlag erwartet, der im Anschluss ebenfalls in eine Erprobung geht und nach Feststellung der Anwendungsreife voraussichtlich Ende 2013 zur Verfügung gestellt werden kann.

3.2 Module für die Nutzungsphase

Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeiten lag dabei auf der Erweiterung des Anwendungsbereichs des Leitfadens Nachhaltiges Bauen für den Gebäudebestand, verbunden mit notwendigen Anpassungen der Bewertungskriterien und -regeln mit abschließender Erprobung des Bewertungssystems. Das neu erarbeitete Modul „Nutzen und Betreiben“ beschreibt den nachhaltigen Gebäudebetrieb. Das dahinter liegende Bewertungssystem führt zu einer erstmaligen Bewertung des Gebäudebetriebs rund drei Jahre nach der Fertigstellung. Grundsätzlich wird dabei davon ausgegangen, dass für das Gebäude eine Planungs- und Baubegleitung mit dem Leitfaden beziehungsweise mit dem Bewertungssystem für Neubauten stattgefunden hat. Das Modul „Komplettmaßnahmen im Bestand“ beschreibt die nachhaltige Fortentwicklung bestehender Gebäude im Zuge von Umbau- oder Erweiterungsmaßnahmen sowie umfangreicheren Modernisierungen. Das Bewertungssystem stellt analog zum Neubausystem eine Bewertung des Planungs- und Bauprozesses während der Maßnahme dar. Die schrittweise Einführung dieser Teile des Leitfadens ist für die erste Hälfte des Jahres 2013 geplant.

3.3 Nachhaltigkeit in Wettbewerbsverfahren

Weitere Handlungsempfehlungen, zum Beispiel um Nachhaltigkeitsaspekte einheitlich in Wettbewerbsverfahren im Sinne der Richtlinien für Planungswettbewerbe (RPW 2008) zu verankern oder zum barrierefreien Bauen, sind in der Abstimmung.

Zukünftig werden bereits in das Wettbewerbsverfahren – neben den bisher üblichen Fragestellungen zu städtebaulichen und gestalterischen Qualitäten – auch die ökologischen, ökonomischen, soziokulturellen und funktionalen Aspekte sowie die technische Qualität und die Prozessqualität einbezogen. Ebenso sind Abschätzungen zu Ökobilanzierung und Lebenszykluskostenrechnung sowie soziokulturelle Fragen als verbindliche Anforderungen im Planungswettbewerb zu definieren. Im Leitfaden werden Kernkriterien für die Berücksichtigung im Wettbewerb definiert, anhand derer die Umsetzung der Anforderungen an die Nachhaltigkeit in einer solch frühen Phase geprüft werden kann. Die spätere Kontrolle der Umsetzung der im Wettbewerb festgelegten Anforderungen ist mittels der angebotenen und ausgeführten Leistungen zu gewährleisten, die Ergebnisse sind entsprechend zu dokumentieren. Wichtige Aspekte sind dabei die Gewichtungen von einzelnen Wettbewerbskriterien zueinander sowie die Zusammensetzung des Preisgerichtes hinsichtlich der Vorkenntnisse zu den genannten Nachhaltigkeitsqualitäten. Im Bereich der Bundesbaumaßnahmen planen und realisieren die zuständigen Bundesbauverwaltungen die Wettbewerbe.

4 Nachhaltigkeitsanforderungen an zukünftige Baustoffe

In zahlreichen politischen Initiativen, auf globaler, europäischer und nationaler Ebene werden politische Ziele formuliert, die im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeit zu sehen sind, beispielsweise Energieeffizienz, Ressourceneffizienz, Verringerung der Treibhausgasemissionen. Es gibt unterschiedliche politische Programme, die mit verschiedenen Einzelaspekten der Nachhaltigkeit befasst sind. Programme, in denen das Bauwesen angesprochen wird, sind z.B. die nationale Nachhaltigkeitsstrategie (Bundesregierung, April 2002) [11], die Deutsche Anpassungsstrategie (DAS) (Bundeskabinett, Dezember 2008) [12], das Deutsche Ressourceneffizienzprogramm (Prog Ress) (Bundeskabinett Februar 2012) [13].

Häufig sind die für das Bauwesen relevanten Themen mit Anforderungen an Baumaterialien und Bauprodukte verknüpft. In der Deutschen Anpassungsstrategie werden im Bereich Bauwesen zukünftig erforderliche Anpassungen an den Klimawandel genannt, beispielsweise Anpassungen der Gebäude an häufiger auftretende feuchte Winter oder intensive Sonneneinstrahlung im Sommer – hierfür sind ggf. Baumaterialien anders als bisher zu bewerten oder neue Materialien zu entwickeln.

Im Ressourceneffizienzprogramm wird u.a. die Frage nach Stoffströmen und erhöhten Recyclingquoten gestellt. Hierbei können energiesparende Materialien und Produkte, Material sparende Bauweisen, Erhöhung der Dauerhaftigkeit, Umnutzungsfähigkeit von Gebäuden etc. eine wichtige Rolle spielen.

In der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie werden für eine nachhaltige Entwicklung in Deutschland konkrete Aufgaben und Ziele definiert. In den entsprechenden Maßnahmenprogrammen wurden konkret Ziele wie die Halbierung der CO2-Emissionen der Bundesregierung bis 2020 (gegenüber 1990) oder die Erarbeitung eines energetischen Sanierungsfahrplans für alle bestehenden Bundesgebäude beschlossen. Für den Bundesbau spielt die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie eine besonders wichtige Rolle, da im Maßnahmenprogramm die „Ausrichtung von Bundesbauten an den Anforderungen des BNB“ beschlossen und im Nachgang die Anwendung des BNB für den Neubau von Büro- und Verwaltungsgebäuden per Erlass durch das BMVBS am 3. März 2011 [2] verbindlich eingeführt wurde.

Durch die verbindliche Einführung des BNB nimmt Deutschland bezüglich des Nachhaltigen Bauens in Europa eine Vorreiterrolle ein. Es ist eines der wenigen Länder, in denen der Staat für seine öffentlichen Gebäude (Bundesbauvorhaben) eine Nachhaltigkeitsbewertung verbindlich einfordert. In den meisten europäischen Ländern werden derartige Zertifizierungssysteme, wenn überhaupt, freiwillig angewendet. Zudem sind die deutschen Bewertungssysteme, BNB ebenso wie das privatwirtschaftlich eingesetzte Zertifizierungssystem der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e.V., in Europa diejenigen Systeme, die die meisten überhaupt definierten und bewerteten Nachhaltigkeitskriterien abdecken.

Bei der Anwendung des BNB werden über die umfassenden Nachhaltigkeitskriterien viele der in den zuvor genannten politischen Initiativen genannten Nachhaltigkeitsaspekte bereits berücksichtigt: beispielsweise Rückbaubarkeit eines Gebäudes; Recyclingfähigkeit von Bauprodukten; globale Umweltwirkungen mit dem Treibhauspotenzial als wesentlichem Faktor; umwelt- und gesundheitsrelevante Auswirkungen auf Boden, Wasser und Luft; Innenraumluftqualität und weitere Aspekte.

Dass die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten in Europa und für Bauprodukte aktuell an Bedeutung gewinnt, wird u.a. durch die europäische Bauproduktenverordnung deutlich, die seit dem 24. April 2011 in Kraft getreten ist (die für Bauprodukthersteller wesentlichen Artikel werden allerdings erst zum 1. Juli 2013 wirksam). Erstmals wird das Thema Nachhaltigkeit im Zusammenhang mit Bauprodukten direkt formuliert in der wesentlichen Grundanforderung 7 „Nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen“ [14].

4.1 Rolle der Baustoffe im BNB

4.1.1 Überblick

Im Folgenden wird die Rolle der Baustoffe/-produkte im BNB erläutert. Vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeitsentwicklung wird immer wieder die Nennung sogenannter „ökologischer“ oder „nachhaltiger“ Bauprodukte gefordert. Da im BNB die Nachhaltigkeit eines Gebäudes unter Berücksichtigung aller Nachhaltigkeitskriterien im Bereich der ökologischen, ökonomischen, soziokulturellen, technischen Qualität und Prozessqualität erfolgt, werden auch die Bauprodukte auf Gebäudeebene innerhalb der jeweiligen Hauptkriteriengruppen in der Bewertung berücksichtigt. Die Bauprodukte werden nicht als einzelnes Produkt bewertet, sondern im Gebäudekontext berücksichtigt. Bauprodukte müssen die unterschiedlichsten Anforderungen erfüllen, hinsichtlich technischer Aspekte (z.B. Festigkeiten, Brandschutz, Dauerhaftigkeit), aber auch hinsichtlich umwelt- und gesundheitsrelevanter Aspekte (z.B. Gefahren für die Umwelt; Gefahren für den Anwender während der Verarbeitung oder während der Gebäudenutzung) sowie wirtschaftlicher Aspekte (Kosten). Die Beurteilung, ob die Bauprodukte in einem Gebäude nachhaltig eingesetzt werden, hängt daher vom Kontext des betrachteten Gebäudes und somit von unterschiedlichen Nachhaltigkeitskriterien ab. Im Grunde spielen die Eigenschaften der Bauprodukte in allen Nachhaltigkeitsbereichen eine Rolle: ökologische Qualität (Ökobilanzierung, Umwelt, Material), ökonomische Qualität (Lebenszykluskosten), soziokulturelle Qualität (z.B. Innenraumhygiene), technische Qualität und Prozessqualität. Daher findet im BNB eine Beurteilung der Baustoffe indirekt und anteilig in verschiedenen Kriteriensteckbriefen statt – generell unter Berücksichtigung des Lebenszyklus in dem gewählten Betrachtungszeitraum von 50 Jahren.

Insbesondere im Bereich der Ökologischen Qualität, in dem Wirkungen auf die globale und lokale Umwelt berücksichtigt werden, fließen die Bauprodukte wesentlich in die Gesamtbewertung ein. Hervorzuheben sind hierbei die folgenden Nachhaltigkeitskriterien.

4.1.2 Wirkungen auf die globale und lokale Umwelt

Hinter den folgenden Kriteriensteckbriefen (1.1.1 „Treibhauspotenzial“, 1.1.2 „Ozonschichtabbaupotenzial“, 1.1.3 „Ozonbildungspotenzial“, 1.1.4 „Versauerungspotenzial“, 1.1.5 „Überdüngungspotenzial“) verbirgt sich im BNB die Ökobilanzierung auf Gebäudeebene für die genannten Umweltindikatoren. Der Beitrag des Gebäudes zum Treibhauseffekt – über das Treibhauspotenzial ermittelt – ist unter den genannten Umweltindikatoren der bedeutungsvollste und wird stärker gewichtet als die anderen Umweltindikatoren. Neben dem Treibhauseffekt werden die vorgenannten Umwelteinwirkungen berücksichtigt, die u.a. Ozonloch, Smog, sauren Regen und Überdüngung verursachen mit den entsprechenden Folgewirkungen auf die Gesundheit des Menschen und das ökologische System inklusive Flora und Fauna. Bei der Ökobilanzierung wird der Beitrag des Gebäudes zum jeweils betrachteten Umweltindikator für den im BNB gewählten Betrachtungszeitraum von 50 Jahren berechnet. Hierbei werden die Phasen Gebäudeerstellung, Nutzung und Entsorgung berücksichtigt.

Für die Phase Herstellung sind sämtliche im Bauwerk verwendete Materialien gegliedert nach den Kostengruppen 300 und 400 gemäß DIN 276 [15] mengenmäßig zu berücksichtigen. Für die im Bauwerk verwendeten Baustoffe und Bauprodukte liefert die vom Bund über das Informationsportal Nachhaltiges Bauen kostenfrei zum Download bereitgestellte Datenbank ÖKOBAU.DAT [16] die notwendigen Basisdaten. Für die Bauprodukte werden produktneutrale oder für einige Bauprodukte herstellerspezifische Werte für Treibhaus-, Ozonschichtabbau-, Ozonbildungs-, Versauerungs- und Überdüngungspotenzial geliefert, in der Regel bezogen auf eine Einheitsgröße wie z.B. m2, m3, Stück. Diese Daten stammen aus Ökobilanzierungen, die u.a. im Rahmen von Umweltproduktdeklarationen für die Bauprodukte erstellt werden. In diesen Daten sind die für die Produktherstellung verwendeten Ausgangsstoffe, die Rohstoffgewinnung und Produktionsprozesse berücksichtigt (Herstellung bis Werktor). Es handelt sich um Ökobilanzdaten der Bauprodukte, die in die Ökobilanzierung auf Gebäudeebene einfließen.

Neben den produktbezogenen Basisdaten fließen für die betrachtete Phase Nutzung des Gebäudes Daten für die Gebäude- und Anlagentechnik, z.B. für die Energie- und Wasserversorgung, ein. Auch diese Daten werden in der ÖKOBAU.DAT bereitgestellt. In der Nutzungsphase sind weiterhin planmäßige Instandsetzungen zu berücksichtigen. Die vom Bund im Informationsportal zur Verfügung gestellte Nutzungsdauertabelle [17] gibt an, welche Bauteile innerhalb der betrachteten 50 Jahre auszutauschen sind – diese sind entsprechend mit den dafür zu verwendenden Materialien in der Ökobilanzierung zu berücksichtigen.

Für die Phase der Entsorgung ist prinzipiell zwischen den Entsorgungs- bzw. Verwertungswegen Recycling/Verwertung, Thermische Verwertung und Entsorgung auf Deponie zu unterschieden. Auch hier bietet die ÖKOBAU.DAT für die jeweiligen Baumaterialien Basisdaten für die jeweiligen Entsorgungswege. Alle diese Daten fließen in die Ökobilanzierung auf Gebäudeebene ein. Ökobilanzierungen werden von Fachexperten in der Regel mit Hilfe geeigneter Softwaretools durchgeführt. Häufig generieren diese Tools zusätzlich Daten für die lebenszyklusbezogenen Kosten (relevant für Kriteriensteckbrief 2.1.1 „Gebäudebezogene Kosten im Lebenszyklus“). Am Ende werden die gebäudebezogenen Werte der Umweltindikatoren geliefert, die je nach Anforderungsniveau zu der Bewertung im entsprechenden Kriteriensteckbrief führen. Ziel ist es, für eine positive Bewertung die Materialien so zu wählen, dass die negativen Beiträge zu den Umweltwirkungen möglichst gering ausfallen.

In der Datenbank finden sich generische Basisdaten, die für die Baumaterialien geeignete Durchschnittswerte der Umweltindikatoren liefern, sowie auch produktspezifische Werte, die im Rahmen von Umweltproduktdeklarationen ermittelt werden. Je nach Datenlage oder Planungsphase ist es sinnvoll, generische bzw. produktspezifische Daten einzusetzen.

Als derzeit aktuelle Version wird die ÖKOBAU.DAT 2011 (Vorgängerversion ÖKOBAU.DAT 2009) zur Verfügung gestellt. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass voraussichtlich in 2013 eine Folgeversion der ÖKOBAU.DAT veröffentlicht wird, die den Anforderungen der europäischen Norm DINEN 15804 [18] entsprechen wird.

4.1.3 Beurteilung des Risikopotenzials für die Umweltmedien Grundwasser, Oberflächenwasser, Boden und Außenluft

Während über die Ökobilanzierung im Wesentlichen sogenannte globale Umwelteinflüsse (z.B. Treibhauspotenzial) berücksichtigt werden, werden in dem Kriteriensteckbrief 1.1.6 „Risiken für die lokale Umwelt“ Bauprodukte hinsichtlich ihres lokalen Risikopotenzials für Grund- und Oberflächenwasser, Boden und Außenluft bezüglich Umwelt- und Gesundheitsgefahren bewertet.

Ziel ist es, die Verwendung von Materialien zu reduzieren bzw. zu vermeiden, die aufgrund ihrer stofflichen Eigenschaften oder Rezepturbestandteile während ihrer Verarbeitung auf der Baustelle oder durch längerfristige Bewitterung (Außenbauteile) ein Risikopotenzial für die o. g. Medien enthalten. Folgende Stoffgruppen werden betrachtet:

– halogenierte und teilhalogenierte Kälte- und Treibmittel,
– Schwermetalle,
– Stoffe und Produkte, die unter die Biozid-Richtlinie [19] fallen,
– besonders besorgniserregende Stoffe gemäß CLP-/REACH-Verordnung [20],
– organische Lösemittel (VOC – volatile organic compounds),
– Freisetzung gefährlicher Stoffe (Boden und Grundwasser).

Die erforderlichen Informationen sind derzeit meist unübersichtlich in verschiedenen Informationsquellen zu finden (technische Merkblätter; Sicherheitsdatenblätter; produktbezogene Informationen der Berufsgenossenschaften (GISCODE); Stofflisten und Stoffinformationen gemäß gültiger Verordnungen, Richtlinien und Regelwerke; technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS); Umwelt(produkt-)deklarationen; branchenbezogene Regelwerke und Gütezeichen bzw. Zertifizierungen; öffentliche Ausschreibungsempfehlungen des Umweltbundesamtes und sonstige).

Aufgrund der Vielzahl an zu berücksichtigenden Umwelt- und Gesundheitsparametern sowie der entsprechend hohen Anzahl an verschiedenen Informationsquellen wird derzeit für das BNB ein anwenderfreundliches Bewertungstool (accessbasiert) entwickelt. In dem Tool werden zunächst die allgemeinen Projektdaten und Zielwerte eingegeben (d.h., es wird angegeben, welche Bewertungsstufe in dem Kriteriensteckbrief insgesamt erreicht werden soll); und schließlich werden für das Gebäude strukturiert über Bauteile gemäß DIN 276 [15] (analog zur Ökobilanzierung) die verwendeten Bauproduktgruppen und Bauprodukte mit den entsprechenden Hersteller- und Mengenangaben aufgeführt. Eine Umsortierung nach Leistungsbereichen ermöglicht einen Abgleich mit den Positionen im Leistungsverzeichnis. Hinter jedem verwendeten Produkt werden Informationen darüber geliefert, welche möglichen Risikopotenziale bestehen, welche Nachweise vorzulegen sind und ob das avisierte Qualitätsniveau in der Bewertung überhaupt erreicht werden kann. Das Tool erlaubt sowohl für die Planungsphase (z. T. unter Verwendung produktunabhängiger Umweltinformationen aus WECOBIS, vgl. Abschnitt 4.2) als auch schließlich für das realisierte Gebäude – unter Angabe der produktspezifischen Umweltinformationen – die Eingabe der gesundheits- und umweltrelevanten Daten und Nachweise. Zudem sind erläuternde Texte, Informationen zu den Baumaterialien und Hinweise, an welchen Quellen die geforderten Produktdaten zu finden sind, eingestellt.

Ausnahmen von den Anforderungen werden zugelassen, wenn aus technischen oder funktionalen Gründen (z.B. aufgrund der geringen verbauten Mengen, in Ermangelung eines funktional gleichwertigen Produktes oder einer Konstruktionsalternative) die Umweltanforderungen für das Produkt nicht erfüllbar sind.

Generell ist zu beobachten, dass die im BNB abgefragten gesundheits- und umweltrelevanten Aspekte immer häufiger auch an anderen Stellen abgefragt werden und an Bedeutung gewinnen. Die Bewertungen im hier beschriebenen Nachhaltigkeitskriterium können bei der Zielvorgabe hoher Qualitätsniveaus durchaus zum Ausschluss von bestimmten Bauprodukten/Bauproduktgruppen führen. Dieses Kriterium hat daher für die Bauprodukte eine besonders hohe Bedeutung. Generell haben die Produkthersteller ein Interesse daran, dass die Produkte in den Bewertungssystemen der Nachhaltigkeit positiv abschneiden, so dass das BNB in gewisser Weise eine Motivation für die Entwicklung von Bauprodukten mit niedrigem Risikopotenzial für die hier angesprochenen Umwelt- und Gesundheitsgefahren sein kann.

4.1.4 Nachhaltige Materialgewinnung/Holz

Wälder haben eine herausragende Bedeutung für die Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen und für die Bewahrung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt. Ziel ist es daher, eine nachhaltige Waldbewirtschaftung und legalen Holzeinschlag zu fördern. Das Bewertungskriterium 1.1.7 „Nachhaltige Materialgewinnung / Holz“ bildet insofern im Rahmen des BNB eine Ausnahme, da hier für eine Materialgruppe explizite Anforderungen gestellt werden. Jedoch wird nicht das Material Holz an sich bevorzugt bewertet, sondern es wird über die Forderung von Zertifikaten die Verwendung von Holz und Holzwerkstoffen, für die eine geregelte, nachhaltige Bewirtschaftung des Herkunftsforstes nachgewiesen ist, befördert und positiv angerechnet. Damit wird einem gemeinsamen Erlass des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi), des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV), des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) sowie des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) vom 22. Dezember 2010 Rechnung getragen. Danach sind für alle Hölzer und Holzprodukte Zertifikate wie PEFC – Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes, FSC – Forest Stewardship Council sowie vergleichbare Zertifikate oder entsprechende Einzelnachweise vorzulegen.

4.1.5 Innenraumhygiene

Im Bereich der soziokulturellen Qualität (Gesundheit, Behaglichkeit und Nutzerzufriedenheit) ist das Nachhaltigkeitskriterium der Innenraumhygiene hervorzuheben (BNB-Kriteriensteckbrief 3.1.3), mit dem die Luftqualität im Innenraum bewertet wird. Konkret werden im fertig gestellten Gebäude (4 Wochen nach Erstellung) die Innenraumluftkonzentration flüchtiger organischer Stoffe (TVOC – total volatile organic compounds) und die Formaldehydemission bestimmt. Weiterhin werden die vorgesehen Lüftungsraten bewertet, die z.B. über die Auslegung der zu öffnenden Fensterflächen oder andere Methoden beeinflusst werden.

4.1.6 Technische Materialanforderungen

Im Bereich der technischen Qualität (technische Ausführung) spielen die technischen Eigenschaften der Materialien im Zusammenhang mit der Konstruktion eine Rolle, z.B. Schall-, Wärme- und Tauwasserschutz. Im Zusammenhang mit den Forderungen nach einem schonenden Umgang mit Ressourcen ist die Betrachtung der Verwertungs- und Recyclingfähigkeit des Gebäudes bzw. der verwendeten Materialien das wesentliche Nachhaltigkeitskriterium, in dem die Bauprodukte berücksichtigt werden (BNB-Kriteriensteckbrief 4.1.4 „Rückbau, Trennung und Verwertung“).

4.1.7 Ökonomische Materialanforderungen

Im Bereich der ökonomischen Qualität fließen die Kosten der Bauprodukte entsprechend in die Gesamtkosten (Lebenszykluskosten) und somit die Gesamtbewertung ein. Da die Baustoffe an verschiedenen Stellen in die Bewertung einfließen und u.a. nach den oben genannten, sehr unterschiedlichen Kriterien auszuwählen sind, ist eine geeignete Auswahl der zu verwendenden Baumaterialien und Bauprodukte für ein Gebäude äußerst schwierig. Es gibt zahlreiche Informationen zu Baustoffen, die jedoch in der Regel nur Informationen zu bestimmten Eigenschaften liefern und daher an sehr unterschiedlichen Informationsquellen zu finden sind (z.B. technische Eigenschaften im technischen Datenblatt oder Lieferblatt; Arbeitsschutzhinweise im Sicherheitsdatenblatt, umweltrelevante Informationen über verschiedene Labels oder in Umweltproduktdeklarationen; Abfallschlüsselnummern in entsprechenden Katalogen). Dies macht die Baustoffauswahl sehr komplex.

4.2 WECOBIS

Eine sinnvolle Hilfestellung bietet die WECOBIS. Die Internetplattform www.wecobis.de wird seit 2010 gemeinsam vom BMVBS und der Bayerischen Architektenkammer betrieben und über die Geschäftsstelle im Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) geführt. Der Bund bietet über die Internetplattform WECOBIS kostenfrei umfassende Informationen zu umwelt- und gesundheitsrelevanten Aspekten von Baumaterialien für unterschiedliche Lebenszyklusphasen an. Berücksichtigt werden die Rohstoffe, die Herstellung, Verarbeitung, Nutzung und Nachnutzung der Bauprodukte und Materialien. WECOBIS richtet sich an Planer und Architekten und bietet ein Hilfsmittel für die Auswahl von geeigneten Baumaterialien und -produkten unter Berücksichtigung von umwelt- und gesundheitsrelevanten Fragestellungen. Da die Informationen sämtlich produktneutral angeboten werden, geht es zunächst darum, beispielsweise herauszufinden, ob es in bestimmten Bauproduktgruppen überhaupt schadstoffarme oder schadstofffreie Produkte gibt. So ist es möglich, bei bestimmten Produktgruppen (z.B. Kleber, Farben und Lacke) herauszufinden, dass sowohl lösemittelfreie als auch lösemittelhaltige Produkte auf dem Markt verfügbar sind. Diese Information kann eine Hilfe für die weitere Produktwahl sein, je nachdem, welche weiteren Anforderungen für die entsprechende Anwendung in dem Gebäude/Bauwerk zu erfüllen sind. Es kann durchaus sein, dass für bestimmte Anwendungen aufgrund der geforderten technischen Eigenschaften (z.B. Brandschutz) bestimmte Inhaltsstoffe mit den entsprechenden Umweltwirkungen in Kauf genommen werden. WECOBIS bietet insofern eine Hilfestellung, als dass darauf hingewiesen wird, welche Risikopotenziale überhaupt möglicherweise zu beachten sind. Je nach Lebenszyklusphase kann das unterschiedlich sein: einige Bauprodukte emittieren beispielsweise während der Herstellung umwelt- und gesundheitsrelevante Gase – diese Auswirkungen können zumeist über einen geeigneten Arbeitsschutz abgefangen werden –, sind aber während der Anwendungs- und Nutzungsphase unkritisch.

Über eine nachhaltige Anwendung von Bauprodukten entscheidet schließlich das komplexe Zusammenspiel der vielfältigen Anforderungen an die Bauprodukte in der jeweiligen Anwendung im Gebäude/Bauwerk. Hierbei spielen u.a. die oben erwähnten Nachhaltigkeitskriterien (Ökobilanz, Kosten, Risiken für die lokale Umwelt, Innenraumhygiene, Verwertung/Entsorgung/Recyclingfähigkeit und weitere) eine Rolle. Die Bewertung über eine nachhaltige Anwendung erfolgt somit im Rahmen der Zertifizierung auf Gebäudeebene.

WECOBIS ist kein Tool zur Beurteilung einzelner Bauprodukte, sondern gibt hilfreiche und umfassende Erstinformationen, um mögliche umwelt- oder gesundheitsrelevante Aspekte der betrachteten Bauproduktgruppen aufzuzeigen. In den jeweiligen Kategorien werden dann weiterführende Informationen geliefert. Es wird zudem zahlreich auf weiterführende Internetseiten verlinkt, auf denen dann produktbezogene Informationen zu finden sind.

Bild 6. Internetplattform WECOBIS – Gliederung der Bauproduktgruppen (Beispiel Holz und Holzwerkstoffe)

In WECOBIS sind verschiedenste Bauproduktgruppen bzw. Grundstoffe erfasst. Bild 6 zeigt beispielhaft die Auflistung der Untergruppen für Holz und Holzwerkstoffe.

Nach Auswahl einer entsprechenden spezifischen Untergruppe der Bauproduktgruppe gliedern sich die weiterführenden Informationen in die Bereiche „Allgemeines“ und „Lebenszyklus“. Generell werden für jede spezifizierte Bauproduktgruppe bzw. für jeden dargestellten Grundstoff die in Tabelle 1 aufgeführten Informationen geliefert.

Sämtliche aktuellen Entwicklungen im Bereich der Nachhaltigkeit zeigen, dass die Beurteilung von Bauprodukten hinsichtlich möglicher umwelt- und gesundheitsrelevanter Auswirkungen deutlich an Bedeutung zunimmt. So gibt es derzeit unterschiedliche Überlegungen, ob an verschiedenen Stellen, an denen bereits jetzt Informationen über die Bauprodukte geliefert werden, auch die für die Beurteilung im Sinne der beschriebenen Bewertungssysteme (BNB, DGNB) erforderlichen Kriterien geliefert werden können, beispielsweise in den Umweltproduktdeklarationen. Derartige Entwicklungen verfolgt der Bund aufmerksam.

Tabelle 1. Übersicht der Grundinformationen in WECOBIS für jede spezifizierte Bauproduktgruppe

5 Nachhaltigkeitsindikator Energie

In der Vergangenheit wurde das Thema „Nachhaltigkeit“ oftmals auf den Bereich „Energie“ reduziert. Dabei lag das Hauptaugenmerk zudem nahezu ausschließlich auf dem Energieeinsatz für den Betrieb von Gebäuden. Ein Grund hierfür ist sicherlich auch dessen klare ökonomische Bewertbarkeit. Mit der Entwicklung von Bewertungssystemen für die Nachhaltigkeit von Gebäuden kamen und kommen deutlich mehr Aspekte in den Fokus, die es zu berücksichtigen gilt, wenn ein nachhaltiges Gebäude gebaut, saniert oder betrieben werden soll. Gleichwohl hat das Thema „Energie“ nach wie vor einen starken Einfluss bei einer Nachhaltigkeitsbewertung.

Die Bundesregierung hat vor etwa 20 Jahren im Zusammenhang mit der Entscheidung der Verlegung des Regierungssitzes von Bonn nach Berlin den Beschluss gefasst, für die neu zu errichtenden sowie die herzurichtenden Gebäude in Berlin einen Energiebeauftragten zu berufen, der für eine einheitlich hohe energetische Güte bei den jeweiligen Baumaßnahmen sorgen sollte. Mitte der 90er Jahre nahm der Energiebeauftragte für die umzugsbedingten Bauten des Bundes in Berlin, so die offizielle Bezeichnung, seine Tätigkeit auf. Einige der wesentlichen grundsätzlichen Prinzipien, die für alle von ihm begleiteten Baumaßnahmen galten, lauteten:

– Es ist ein hohes Maß an winterlichem und sommerlichem Wärmeschutz zu erreichen.
– Auf die Kühlung von Räumen mit „normaler“ Nutzung ist zu verzichten.
– Die Tageslichtnutzung ist zu maximieren.
– Es soll eine weitgehende Nutzung erneuerbarer Energien erfolgen.
– Die Warmwasserbereitstellung ist auf wenige ausgewählte Bereiche zu beschränken.

Anhand der vorgenannten Leitprinzipien ist bereits erkennbar, dass sowohl bauliche als auch anlagentechnische Parameter bei der energetischen Optimierung von Gebäuden zu betrachten sind. Dabei sollten zunächst erst alle baulichen Möglichkeiten zur Senkung des Energiebedarfs eines Gebäudes ausgeschöpft und darauf aufbauend ein optimales Konzept zur Deckung des verbleibenden Energiebedarfs entwickelt werden.

Das wohl bekannteste und in seiner Dimension wohl auch größte Energiekonzept der damaligen Baumaßnahmen des Bundes wurde für den Spreebogen in Berlin entwickelt. Zur Versorgung der Gebäude des Deutschen Bundestages und des Bundeskanzleramtes wurde ein Energieverbund geschaffen, in dem die von Blockheiz-kraftwerken (BHKW) erzeugte Energie zwischen den Gebäuden optimal verteilt werden kann. Zur Zwischenspeicherung von Wärme und Kälte wurden zwei Aquiferspeicher in verschiedenen Tiefen (etwa 60 m Tiefe für Kältespeicherung, etwa 300 m Tiefe für Wärmespeicherung) angelegt. Als ökologische Komponente der Energieversorgung des Spreebogens ist im Wesentlichen der Einsatz von Rapsöl für die BHKW vorgesehen. Zudem wurden einige Gebäude mit Photovoltaikanlagen ausgestattet. Insgesamt wurden 357 kWPeak PV-Leistung auf einer Dachfläche von 5 230 m2 installiert. Dabei handelt es sich sowohl um Module aus monokristallinem Silizium (1 990 m2) als auch um Module aus amorphem Silizium (3 240 m2).

Bild 7. Ergebnis der Energiebedarfsberechnung gemäß EnEV 2007 für ausgewählte Bundesbauten

Die praktischen Erfahrungen aus den vom Energiebeauftragten begleiteten Baumaßnahmen flossen bereits in den ersten Leitfaden Nachhaltiges Bauen ein, der im Jahr 2001 veröffentlicht wurde. Eine einheitliche Bewertung der verschiedenen Baumaßnahmen, in denen der Energiebeauftragte tätig war, wurde in den Jahren 2007–2009 vorgenommen, als nämlich für die Gebäude der Obersten Bundesbehörden und für ausgewählte Gebäude des Deutschen Bundestages in Berlin Energiebedarfsausweise nach den Regeln der Energieeinsparverordnung 2007 (EnEV 2007) erstellt wurden. Das Ergebnis dieser Berechnungen für ausgewählte Bundesgebäude zeigt Bild 7.

Im Durchschnitt aller betrachteten Gebäude ergibt sich, dass die Anforderungen aus der EnEV 2007 an sanierte Bestandsbauten bezüglich des Jahres-Primärenergiebedarfs (Qp) um 46% bzw. bzgl. des spezifischen Transmissionswärmetransferkoeffizienten (HT’) um 39% unterschritten wurden. Für die errichteten Neubauten weisen die Berechnungen Unterschreitungen von 50% bei Qp und 58% bei HT’ aus.

Vergleicht man die Ergebnisse für die Neubauten mit den Neubauanforderungen der EnEV 2007, so werden immer noch durchschnittliche Unterschreitungen von 30% in Bezug auf den Jahres-Primärenergiebedarf und 41% in Bezug auf den spezifischen Transmissionswärmetransferkoeffizienten erreicht. Dies belegt eindrucksvoll den Erfolg der Bestrebungen hinsichtlich eines Energie sparenden und ressourcenschonenden Bauens.

Wegen der nachgewiesenen Erfolge wurde das Wirkungsgebiet des Energiebeauftragten nach dem offiziellen Abschluss des Umzuges der Bundesregierung ausgedehnt und seine Erfahrungen auch in Baumaßnahmen außerhalb von Berlin genutzt. Erster Meilenstein dieser Aufgabenerweiterung war die Errichtung des neuen Dienstsitzes des Umweltbundesamtes in Dessau für ca. 800 Mitarbeiter. Auch hier gab es ambitionierte energetische Zielstellungen, die mit der Planung umzusetzen waren. Beispielsweise sollte der Jahres-Primärenergiebedarf des Gebäudes 100 kWh/(m2NGF.a) nicht übersteigen. Zur Erreichung der Zielstellungen wurde eine Gebäudehülle gewählt, deren energetische Qualität vergleichbar mit dem Passivhausstandard ist, und ein Versorgungskonzept umgesetzt, dass eine hohe Ausnutzung erneuerbarer Energien vorsieht. Dieses Konzept ist in Bild 8 dargestellt. Besonderheiten des Konzeptes sind die solare Kälteerzeugung, bei der die für den Kälteerzeugungsprozess in der Adsorptions-Kältemaschine erforderliche Wärme zum Teil über thermische Solarkollektoren gewonnen wird, und die Einbindung eines Erdwärmetauschers mit etwa 5 000 m2 Wärmetauscherfläche zur Vortemperierung der Außenluft für die mechanische Bürolüftung. Das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten des Energieversorgungskonzeptes in der Praxis erwies sich als schwierig. So musste beispielsweise die Betriebsführung von Erdwärmetauscher und Wärmerückgewinnung, beide Bauteile sind im Anlagenaufbau der raumlufttechnischen Anlagen in Serie geschaltet, erst im Laufe des Gebäudebetriebs auf der Basis der gesammelten Messwerte optimiert werden.

Erst im Jahr 2008 – und damit erst im dritten Jahr nach Inbetriebnahme des Gebäudes im Mai 2005 – konnte messtechnisch nachgewiesen werden, dass der angestrebte primärenergetische Zielwert tatsächlich eingehalten werden kann. Seither allerdings wird die Marke von 100 kWh/(m2NGFa), trotz einer stetig wachsenden Installationsdichte und längeren Betriebszeiten, stabil unterschritten.

Bild 8. Energieversorgungskonzept Umweltbundesamt in Dessau (EWT – Erdwärmetauscher, FW – Fernwärme, WRG – Wärmerückgewinnung, PV – Photovoltaik, RKW – Rückkühlwerk/freie Kühlung, AdKM – Adsorptions-Kältemaschine, KKM – Kompressions-Kältemaschine); Foto: Busse

Mit der Ausweitung des Tätigkeitsgebietes des Energiebeauftragten wurden auch dessen Aufgaben vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) neu definiert. Die wesentlichen Aufgaben sind nunmehr:

Fachliche Begleitung von ausgewählten Bundes-Baumaßnahmen (Neubau und Sanierung)

– Definition der spezifischen energetischen Ziele einer Baumaßnahme
– (regelmäßige) Teilnahme an Projektbesprechungen während der Planungsphase
– Begleitung während der Bauphase durch die fachliche Bewertung von Maßnahmen zur Qualitätssicherung (Luftdichtheitstest, Infrarot-Thermografie)

Bewertung bzw. Erstellung von Energiebedarfsausweisen

Durchführung eines energetischen Monitorings in den ersten Jahren nach Inbetriebnahme eines Gebäudes

Erstellung des Energie- und CO2-Berichts der Bundesregierung

Konzeptionelle Arbeiten im Bereich des Energie sparenden und ressourcenschonenden Bundesbaus

– Neubau-Standard „Niedrigstenergiegebäude Bundesbau“
– Energetischer Sanierungsfahrplan für den Bundesbau

Vorbereitung der fachlichen Inhalte zu Erlassen des BMVBS (z.B. „Vorbildwirkung Bundesbau“)

Beratung des BMVBS in Fragen des Energie sparenden und ressourcenschonenden Bauens sowie im Bereich Technische Gebäudeausrüstung

Wissenschaftliche Begleitung von Energieeinsparprogrammen im Bundesbau

– Grundlagenermittlung zur Aufstellung der Förderrichtlinien
– Wiss. Begleitung der Umsetzung bzw. Auswertung des Programmerfolgs

Fachliche Betreuung des Themas „Energie“ im Leitfaden nachhaltiges Bauen des BMVBS

Wissenschaftliche Begleitung des Einsatzes von innovativen Technologien im Bereich Hochbau (z.B. Phasenwechselmaterialien, Vakuumisolierung etc.) sowie im Bereich Technische Gebäudeausrüstung (z.B. LED-Beleuchtung, Brennstoffzelle etc.)

Vertretung des BMVBS in Gremien

Unterstützung des BMVBS bei Öffentlichkeitsarbeit

Die Definition der energetischen Ziele in einer konkreten Baumaßnahme erfolgt über ein energetisches Pflichtenheft. Hierin wird auf die einzuhaltenden Rahmenbedingungen (thermische Behaglichkeit, Luftqualität, Beleuchtungsstärken etc.) sowie energetischen Kenngrößen eingegangen, zudem werden die Anforderungen an die energetische Güte der zu entwickelnden Technikkonzepte formuliert. Außerdem werden in dem Pflichtenheft die Verantwortlichkeiten innerhalb des Projektes benannt sowie die jeweiligen Nachweismethoden und -zeitpunkte aufgeführt. Das Instrument eines energetischen Pflichtenheftes hat sich in der Vergangenheit sehr gut bewährt. Deshalb und weil sich die Tätigkeit des Bundes-Energiebeauftragten aus Kapazitätsgründen auf ausgewählte Baumaßnahmen des Bundes beschränkt, wurde ein energetisches Muster-Pflichtenheft in den Anhang des Leitfadens Nachhaltiges Bauen aufgenommen. In Anlage 4 des Leitfadens ist nunmehr eine Vorlage enthalten, auf deren Basis ein energetisches Pflichtenheft für jede Bundes-Baumaßnahme erstellt werden kann. Mit dem energetischen Pflichtenheft werden wesentliche Kennwerte für eine bestimmte Baumaßnahme vorgegeben, die es in der Planung zu berücksichtigen gilt und an denen sich die Planung messen lassen muss. Dabei wird im Regelfall mit Grenzwerten, die in jedem Fall eingehalten werden müssen, und mit Zielwerten gearbeitet. Die Zielwerte zeigen das Potenzial auf, in welchem Maß die Planung optimiert werden sollte. Die wesentlichen Kennwerte sind insbesondere:

– Jahres-Primärenergiebedarf,
– energetische Qualität der Bauteile der wärmeübertragenden Umfassungsfläche,
– Jahres-Elektroenergiebedarf.

Die Anforderungen an die beiden erstgenannten Kriterien richten sich an den jeweils aktuellen energetischen Zielstellungen der Bundesregierung aus. Derzeit ist diesbezüglich ein Erlass des BMVBS (B-12-8133.2/3 vom 03.03.2011) in Kraft. Darin werden folgende Anforderungen formuliert (Tabelle 2):

Bezüglich der Anwendung der Anforderungen aus Tabelle 2 heißt es im Erlass (B-12-8133.2/3): “Die Anforderungswerte […] gelten im Falle von Neubauten sowie bei Änderung, Erweiterung und Ausbau sowie größeren Sanierungen von Bestandsgebäuden, wenn die Erfüllung der EnEV-Anforderungen über den Nachweis der Einhaltung des Jahres-Primärenergiebedarfs und der Wärmedurchgangskoeffizienten der wärmeübertragenden Umfassungsfläche erfolgt (EnEV 2009, § 9, Absatz 1, Satz 2). Erfolgt der Nachweis der Erfüllung der EnEV-Anforderungen im Falle der Änderung, der Erweiterung und des Ausbaus sowie bei größeren Sanierungen von Bestandsgebäuden anhand der Höchstwerte der Wärmedurchgangskoeffizienten bei erstmaligem Einbau, Ersatz und Erneuerung von Bauteilen (EnEV 2009, Anlage 3, Tabelle 1), so sind die dort genannten Werte zu unterschreiten, soweit wirtschaftlich vertretbar ist.“

Die energetischen Kennwerte für den Elektroenergiebedarf werden im Rahmen des energetischen Muster-Pflichtenheftes auf der Basis von Teilenergiekennwerten ermittelt. Dabei werden sowohl der Energiebedarf für die EnEV-relevanten Prozesse, wie Heizung, Lüftung, Kühlung, Beleuchtung und Warmwasserbereitung, als auch der nutzerbedingte Elektroenergiebedarf, bspw. für Computer, Teeküchen etc., betrachtet. Somit ist bereits während der Planungsphase darstellbar, welchen Anteil der Nutzer mit seinem Handeln und seiner Beschaffungsstrategie am gesamten Elektroenergiebedarf eines Gebäudes haben wird. Hierüber gelingt es zunehmend, auch den Nutzer in die Bemühungen zur Reduzierung des Energiebedarfs einzubeziehen.

Tabelle 2. Auszug aus dem Erlass (B-12-8133.2/3) zur energetischen Vorbildwirkung Bundesbau