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Krimi von Thomas West
Der Umfang dieses Buchs entspricht 109 Taschenbuchseiten.
Mr. Belucci, genannt der Indio, will das organisierte Verbrechen in New York unter seine Kontrolle bekommen. Auf dem Weg dorthin gibt es jedoch einige Schwierigkeiten. Ausgerechnet sein Sohn sorgt bei einer Schutzgelderpressung für ein Blutbad – und das FBI hat auch etwas gegen diese Übernahme. Als ein gänzlich Unbeteiligter in Notwehr Belucci junior erschießt, eskaliert die Sache. Trevellian und Tucker müssen alles daran setzen, eine ganze Familie zu schützen.
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Veröffentlichungsjahr: 2018
Krimi von Thomas West
Der Umfang dieses Buchs entspricht 109 Taschenbuchseiten.
Mr. Belucci, genannt der Indio, will das organisierte Verbrechen in New York unter seine Kontrolle bekommen. Auf dem Weg dorthin gibt es jedoch einige Schwierigkeiten. Ausgerechnet sein Sohn sorgt bei einer Schutzgelderpressung für ein Blutbad – und das FBI hat auch etwas gegen diese Übernahme. Als ein gänzlich Unbeteiligter in Notwehr Belucci junior erschießt, eskaliert die Sache. Trevellian und Tucker müssen alles daran setzen, eine ganze Familie zu schützen.
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker.
© by Author
© dieser Ausgabe 2017 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Alle Rechte vorbehalten.
www.AlfredBekker.de
Von der anderen Seite des Hauses hörte sie Ronnys laute Stimme. Er riss irgendeinen Witz, und die Leute lachten. Danach knallten Autotüren, Motoren sprangen an, und schließlich rasselte das Rolltor. Irgendjemand hupte.
Die Fete war vorbei. Edith ließ sich in die Hollywoodschaukel fallen. Der Vollmond schien so hell, dass er sich im Pool spiegelte. Und daneben glitzerte ein Stern auf der Wasseroberfläche. Edith hob den Kopf und blickte in den Nachthimmel. „Die Venus‟, murmelte sie. „Ist die Nacht schon vorbei ...?‟
Zwei Schatten lösten sich von den Rhododendronbüschen an der Rückseite des Grundstücks, etwa sechzig Schritte von der Hollywoodschaukel entfernt. Edith blickte gedankenverloren in den Himmel. Ein Fehler – sie sah die Schatten nicht.
Und als die Haustür knallte und Ronnys Schritte durchs Haus schallten, verschwammen die Schatten sofort wieder mit der dunklen Wand des Buschwerks.
Edith konnte hören, wie Ronny vor sich hin summte. Dann trat er auf die Terrasse – ein bulliger, untersetzter Endfünfziger mit grauen Locken und braunem Teint. Er trug ein weißes Hemd und eine weiße Hose. „Eine Party, wie aus dem Bilderbuch!‟
Ronny rieb sich die fleischigen Hände und strahlte die blonde Edith an. „Und du bist wirklich geblieben, Baby ...!‟ Er ließ sich neben sie auf die Hollywoodschaukel fallen.
„Um ein paar geschäftliche Dinge mit dir zu besprechen.‟ Als wollte Edith ihm drohen, hob sie den Zeigefinger. „Einzig und allein, um ein paar geschäftliche Dinge zu regeln.‟ Sie arbeitete seit einem Monat im größten von Ronnys Nachtclubs. „Danach frühstücken wir, und ich steig in meinen Wagen ...‟
Der Hund schlug an.
Edith verstummte. Ronny saß auf einmal kerzengerade in der Hollywoodschaukel und lauschte in die Dunkelheit. „Was ist mit Sergeant los?‟ Sein Geflüster brachte Ediths Fantasie erst richtig auf Touren. Die Angst schnürte ihr die Kehle zu.
„Sergeant?!‟ Ronny riss sich zusammen und versuchte, seine Stimme gleichgültig klingen zu lassen. „Sergeant!‟
Sergeant – so nannte Ronny Poldinger seinen Rottweiler. Das Gebell des Sergeants klang nicht so, als hätte er einfach nur eine Ratte oder ein Karnickel aufgestöbert. Erregt klang es, und angriffslustig.
Ronny sprang auf. Die Terrassenbeleuchtung blendete ihn. Das Buschwerk um Terrasse und Pool war weiter nichts als eine dunkle Wand. „Gott, Ronny ...‟ Edith zog die Beine auf die Hollywoodschaukel und schlang die Arme um ihre Knie. „… ruf die Polizei ...‟
Es raschelte, das Gebell des Hundes näherte sich. Ronny riss sein Handy aus der Brusttasche des Hemds. Er schaukelte zur offenen Glasfront des Hauses. Der Waffenschrank stand im Schlafzimmer, zwei Türen weiter. Mit dem Daumen drückte er gleichzeitig die 911 in die Tastatur.
Sergeant bellte, als hätten Pumas ihn umzingelt. Aber es gab keine Pumas in Coney Island. Davon abgesehen, pflegten Pumas allein zu jagen.
„Lass mich nicht allein!‟ Edith rutschte aus der Hollywoodschaukel. „Gott ...! Ich will nicht allein hier draußen ...!‟
Ein seltsames Geräusch hallte aus der Dunkelheit, als hätten die Nachbarn eine Sektflasche entkorkt. Schlagartig verstummte der Rottweiler.
Auf nackten Sohlen huschte Edith am Poolrand entlang, lief über die Terrasse und wollte an ihm vorbei ins Haus huschen. Ihre Handtasche hing an der Garderobe. Und in ihrer Handtasche steckte eine Pistole.
Ronny hielt sie fest. Beide wagten sie nicht zu atmen, beide starrten sie in den dunklen Garten.
Eine Frauenstimme quäkte aus Ronnys Handy. „… nennen Sie Ihren Namen, Ihre Adresse und den Anlass ihres Notrufs. Beschreiben Sie genau, in welcher Notlage Sie sich ...‟
„Weg mit dem Handy!‟ Lichter flammten auf, zwei Männer traten aus den Rhododendronbüschen auf die Marmorplatten am Rande des Pools. Ronny und Edith schlossen geblendet die Augen. „Mach schon, Poldinger!‟ Edith sah nur Schatten, hörte rasche Schritte, hörte keuchende Atemstöße.
Ronny riss das Handy hoch. „Überfall!‟, brüllte er. Das nächste Wort riss ihm ein Fausthieb von den Lippen. Die Wucht des Schlages warf ihn auf Edith, beide stürzten sie rücklings auf die Steinplatten. Ronnys Körper presste Edith die Luft aus den Lungen.
Etwas knirschte neben ihr – sie sah einen roten Cowboystiefel. Sein Absatz zertrat Ronnys Handy. Ronny rollte von ihr herunter, sie schnappte nach Luft.
„Okay, Poldinger!‟, zischte eine Männerstimme. „Genug Faxen für heute! Raus mit der Kohle!‟ Die Stablampen wurden ausgeknipst. Zwei Männer standen breitbeinig über Edith und Ronny. Ein dritter schritt am Rande des Pools entlang auf die Terrasse zu. „Der Indio wartet nicht gern auf sein Geld.‟
Edith blinzelte zu den beiden Männern hinauf. Sie waren in dunkle Anzüge gehüllt, und obwohl es Nacht war, trugen sie Sonnenbrillen. Ihr pomadiges Haar – schwarz und kurz – war nach hinten gekämmt. Einer hielt eine Pistole mit Schalldämpfer auf Ronny gerichtet.
„Nichts schuld′ ich Belucci!‟, fauchte der. „Keinen Cent!‟
„Das sieht der Indio aber ganz anders.‟ Der Unbewaffnete nahm seine Sonnenbrille ab. Sein rechtes Auge war ein Glasauge, und sein Grinsen kalt und gehässig. Nicht etwa Ronny grinste er an, sondern Edith. Kalte Schauer rieselten durch ihren Körper. Sie setzte sich auf und versuchte sich den viel zu kurzen Rock über die Schenkel zu streifen.
„Er hat sogar seinen Stellvertreter mitgeschickt, um dich an deine Schulden zu erinnern.‟ Mit einer lässigen Bewegung seiner Linken deutete er auf den kleinwüchsigen Mann, der am Beckenrand entlang schlenderte. Keinen Moment ließ er Edith aus den Augen dabei. „Netten Besuch hast du, Poldinger, alle Wetter, richtig niedlichen Besuch ...‟
„Garcia, du Schweinehund ...‟, zischte Ronny. Ein Fußtritt des schweigsamen Mannes mit der Pistole brachte ihn zum Verstummen.
„Lasst doch gut sein, Gentlemen!‟, rief der dritte Fremde vom Beckenrand aus. Dort – fünf, sechs Schritte entfernt – war er stehengeblieben, hatte die Hände in den Hosentaschen versenkt, und sah gelangweilt herüber zu Edith und Ronny.
„Lass gut sein, Garcia, und du, Stewart, steck die Pistole weg. Jeder weiß doch, dass Ronald Poldinger ein vernünftiger Mann ist – in fünf Minuten ist das Missverständnis geklärt, und Mr. Poldinger hat seine Schulden beglichen.‟ Keine Miene verzog er. „So ist es doch, Ronny, hab ich Recht?‟
Der Mann trug einen Strohhut und einen weißen Anzug, Edith schätzte ihn auf höchstens dreißig. Er hatte ein weiches Kindergesicht. Edith musste an Buster Keaton denken. Nur großflächiger als dessen Gesicht war das des Kleinen. Seine sanfte Stimme beruhigte sie etwas. Aber nur für wenige Sekunden.
„Mich kriegt ihr nicht klein!‟, schrie Ronny. „Mich nicht! Ich kriech′ deinem Alten nicht in den Arsch, Rosco! Richte ihm das aus! Keinen Cent sieht er von mir ...!‟
„Du hast sechs Nachtclubs, und bist drei Monate im Rückstand.‟ Der Kleine kam langsam näher. „Du hast also sechs mal zehn Prozent deiner Umsätze zu bezahlen.‟ Er zuckte mit den Schultern. „Und das für drei Monate. Plus einer Mahngebühr selbstverständlich – ein wenig aufgerundet macht das alles in allem hundertzwanzigtausend Dollar.‟
„Du kannst mich mal!‟, brüllte Ronny. „Sag deinem Alten, dass er ein gottverdammter Blutsauger ...‟
Ein Fußtritt des Mannes, den der Kleine Garcia genannt hatte, warf ihn zurück auf die Steinplatten. Der Mann in Weiß nickte kurz, und Garcia begann Ronny mit Fausthieben und Tritten zu bearbeiten. Edith sah, wie der Kleine mit dem Strohhut sich abwandte und das Haus betrat.
Unfähig, sich zu bewegen und stocksteif hockte Edith auf den Steinplatten. Ihr Blick flog zwischen dem jungen Burschen mit der Pistole und dem prügelnden Garcia hin und her. Ohne erkennbare Leidenschaft trat und schlug er auf Ronny ein. Als müsste er eine lästige Pflicht hinter sich bringen. Der Nachtclubbetreiber krümmte sich zusammen und versuchte Kopf und Gesicht mit den Armen zu schützen.
„Hör auf‟, flüsterte Edith. „Um Gottes Willen – hört auf ...!‟ Sie schrie. „Du schlägst ihn noch tot ...!‟
Der, den Ronny Rosco genannt hatte, erschien wieder in der offenen Glasfront zum Haus. Er trug ein paar Sachen bei sich, die Edith nicht sofort erkannte, weil sie durch den Tränenschleier alles nur noch verschwommen sah. Wieder ein Kopfnicken, und Garcia hörte auf zu treten und zu prügeln.
„Und?‟, sagte der kleine Mann in dem weißen Anzug.
„Keinen Cent‟, stöhnte Ronny.
Garcia rieb sich die Fingerknöchel. „Du bist Geschäftsmann, Poldinger, und du wirst verstehen, dass der Indio Bankrott ginge, wenn er auch nur einen einzigen wie dich durchgehen lassen würde ...‟
„Keinen Cent ...‟
Mit einer Kopfbewegung deutete der Kleine in dem weißen Anzug auf Edith. Das Blut gefror ihr in Kehle und Bauch. Der Bewaffnete bückte sich zu ihr hinunter, packte sie am Arm und riss sie hoch.
„Du zahlst, oder dein niedlicher Besuch wird hässliche Dinge erleben.‟ Garcias Grinsen erschien Edith eiskalt. Plötzlich schossen ihr Bilder durch den Kopf, die ihr als Kind den Schlaf geraubt hatten: Bilder des Teufels selbst, wie sie ihn in einem Comic-Heft gezeichnet gesehen hatte.
Und plötzlich erkannte sie auch die Gegenstände in den Händen des Kleinen, den Garcia als Stellvertreter des Indios bezeichnet hatte: Ein elektrisches Küchenmesser und eine Geflügelschere …
Der Anruf aus der Zentrale erreichte uns auf dem Broadway, knapp eine halbe Meile vor der Federal Plaza. Es war an einem jener Tage, in denen die Luft wie flüssiges Gummi in den Straßenschluchten des Big Apples stand. Und auch so ähnlich roch. Milo knallte das Rotlicht aufs Dach meines Sportwagens, und ich trat aufs Gas.
Unsere Sirene gellte durch die viel zu heiße Vormittagsluft. Die Leute auf dem Bürgersteig drehten sich nicht einmal um. Nur langsam reagierten die Fahrer vor uns – nach und nach rollten die Fahrzeuge an den Straßenrand und den Mittelstreifen. Wie ein blecherner Reißverschluss öffnete sich die Wagenkolonne.
Das Fenster auf der Beifahrerseite schloss sich viel zu langsam. Milo fuhr sich mit dem Hemdsärmel über die Stirn und drehte an der Klimaanlage herum.
August in Manhattan. Es gib Schöneres, ganz ehrlich. Kein Tourist, der seinen Reiseführer einigermaßen gründlich gelesen hatte, wagte sich um diese Zeit nach New York City. Und welcher Manhattie auch immer die Möglichkeit hatte, machte um diese Zeit Urlaub.
Milo und ich hatten sie nicht. Leider.
An der Federal Plaza vorbei bohrten wir uns durch die morgendliche Rushhour Richtung East River. Milo neben mir löste seinen Krawattenknoten und setzte die Sonnenbrille auf. Noch nicht einmal halb zehn und schon unerträglich heiß. Die Zentrale hatte uns nach Coney Island geschickt.
Urlaub war bis auf Weiteres gestrichen im FBI District Office von New York City. Über die Hälfte des Teams hatte sich an die Spur einer organisierten Mobster-Bande geheftet. Und die anderen hatten alle Hände voll mit dem alltäglichen Unsinn zu tun.
Milo und ich gehörten zur Mehrheit, die sich in diesem Sommer mit dem organisierten Verbrechen beschäftigen musste. Abgesehen von der Urlaubssperre nichts Außergewöhnliches.
„Zwei Leichen in Poldingers Villa ...‟ Milo seufzte. „Ich will mich nicht beklagen, aber viel schlechter könnte der Tag nicht anfangen.‟
„Doch‟, sagte ich, „drei Leichen in Poldingers Villa.‟
Viel mehr Worte wechselten wir nicht nach dem Telefonat mit der Zentrale. Den ganzen Weg von Lower Manhattan über die Brooklyn Bridge bis nach Coney Island nicht. Jedenfalls kann mich nicht daran erinnern. Jeder von uns wusste, dass der Anruf der Zentrale nichts Gutes bedeuten konnte.
Wir waren auf dem Weg zum morgendlichen Briefing gewesen, als mein Autotelefon läutete. Clive Caravaggio war in der Leitung gewesen. „Die Kollegen von der City Police haben angerufen‟, hatte er gesagt. „Jemand hat die Poldingers Wochenendhaus überfallen. Es hat zwei Tote gegeben. Der Chef will, dass ihr sofort hinfahrt.‟
Poldinger …
Eine schillernde Figur des Manhattaner Nachtlebens. Sie bot Stoff ohne Ende für eine Anklageschrift: Drogenhandel, illegale Prostitution, Steuerhinterziehung, Beschäftigung illegal eingewanderter Frauen, und so weiter, und so weiter.
All das interessierte uns nicht. Poldinger – der Edelganove – war ins Visier von Leuten geraten, die ein bis zwei Nummern größer waren, als er selbst. Diese Leute interessierten uns. Südamerikaner, die sich mit einem russischen Kartell verbündet hatten. Wir kannten die Hintermänner noch nicht.
Aber wir hatten es geschafft, einen Maulwurf in Poldingers Nähe zu platzieren, einen Undercover-Agenten. Und nun diese Hiobsbotschaft: Tote in Poldingers Wochenendvilla …
Das Wochenendhaus lag nicht mal eine halbe Meile vom Strand entfernt. Vor der Grundstückseinfahrt das übliche Bild: Streifenwagen, Ambulanzfahrzeuge, zivile PKW des New York City Police Departments, und der Aufnahmewagen irgendeines Fernsehsenders. Und eben ein Leichenwagen. Man gewöhnt sich an alles. Oder an fast alles.
„Zwei Tote‟, sagte ein ziviler Detective, der uns vor der Haustür begrüßte. „Drei, wenn man den Hund mitrechnet. Zweimal Schussverletzungen, und einmal ....‟
Der Mann winkte ab. „… nun ja, schauen Sie sich′s selbst an.‟ Er drehte sich um und betrat die Villa. Jetzt erst erfuhren wir, dass er Sergeant eines Brooklyner Morddezernats war und Ford hieß.
„Ungewöhnlicher Name‟, brummte Milo. Der Mann hörte es glücklicherweise nicht. Vermutlich hörte er auch nicht zu, als wir uns vorstellten. Er kam mir vor, als wäre er heilfroh, den Fall so schnell wieder los zu werden.
Wir folgten dem Detective durch eine Küche und einen großen Salon, dessen offene Glasfront zur Terrasse hinausführte.
Wohin man schaute – überall leere Gläser und Flaschen, Teller und Schüsseln, überquellende Aschenbecher und feuchte Tabletts. „Sieht nach kleiner Geselligkeit aus.‟ Milos Blick flog über das Chaos. Vermutlich zählte er die Gläser und Teller.
„Der Hausbesitzer hat in der vergangenen Nacht seinen vierundvierzigsten Geburtstag gefeiert.‟ Ford stand schon auf der Terrasse. Hinter ihm kniete ein Polizeiarzt vor einer Leiche und streifte sich eben die Latexhandschuhe ab. „Es sollen mindestens siebzig Leute hier gewesen sein. Wir haben mit den Nachbarn gesprochen.‟
„Irgendwelche Namen?‟ Ich trat zu ihm auf die Terrasse. Milo hinter mir zückte sein Notizbuch. Ich sah es aus den Augenwinkeln, während ich neben dem Toten in die Hocke ging.
„Ein Dutzend.‟ Ford reichte Milo eine Bogen Notizpapier. „Ruft sie an – wen der eine nicht kennt, wird der andere kennen. Vermutlich war′s einer von den Partygästen.‟
Ford schien zu den Leuten zu gehören, für die sich die Welt gern einfach darstellt.
„Warum hat er den Hund erschossen, wenn er doch schon im Haus war?‟, sagte Milo.
„Vielleicht, als er durch den Garten flüchtete.‟ Ford zuckte mit den Schultern. Die Sache war ihm gleichgültig. Nicht mehr sein Fall, und fertig.
„Er ist höchstens sechs Stunden tot.‟ Der Doc klappte seine Tasche zu und stand auf. Ich kannte ihn flüchtig, aber sein Name wollte mir nicht einfallen. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass hier nur einer am Werk war.‟ Er zuckte mit den Schultern. „Aber ich will mich nicht in euren Job mischen.‟
Ich betrachtete den Toten. Ein violettes Venengeflecht zog sich unter fahler Haut über die Wangen. In der breiten Stirn klaffte ein Loch, nicht besonders groß und kreisrund. Schwaden geronnenen Blutes klebten in den grauen Locken.
Milo trat hinter mich. „Ist es Poldinger?‟ Wir kannten sein Gesicht nur von ein paar Fotos.
„Sieht so aus.‟ Die Graulocken, der kurze Hals und die stämmige Gestalt sprachen dafür. „Wir müssen Angehörige auftreiben, die ihn zweifelsfrei identifizieren können.‟
Ford stellte sich neben Milo. „Es ist Poldinger. Den Kerl kenn′ ich besser als die meisten meiner Nachbarn. Ich hab ihn erst vor drei Monaten wegen eines Mordes in einem seiner Nachtclubs vernommen.‟
Er drehte sich zum Schwimmbecken um. „Und die Lady wird eine seiner Edelnutten gewesen sein.‟
Acht oder neun Mitarbeiter vom Erkennungsdienst suchten rund um den Pool und zwischen den angrenzenden Büschen nach Spuren. Am Rande des Beckens lag ein geschlossener Leichensack.
„Der zweite Tote ist eine Frau?‟ Milos Stimme klang alarmiert. Mir schwoll ein heißer Knoten im Bauch. Ich sprang auf und lief zu dem Leichensack. Das Wasser im Becken war blutig.
„Ja.‟ Ford steckte die Hände in die Hosentaschen und runzelte die Stirn. „Seid ihr nicht zuständig für Frauenleichen, oder was ist los?‟