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Beiträge zur Hochschulentwicklung E-Book

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Beschreibung

Die vorliegende Ausgabe besteht komplett aus freien Beiträgen, da für dieses Heft ein themenoffener Call for Papers erfolgte. Ein Novum für die ZFHE, die durch die deutliche Zunahme der Einreichungen für freie Beiträge in den letzten Jahren möglich wurde. Die insgesamt 15 Artikel können gleichwohl grob drei inhaltlichen Clustern zugeordnet werden, nach denen das Heft strukturiert ist: "Individualisierung, Kompetenzorientierung und neue Lehr- und Lernformen", "Soziale und akademische Inklusion" sowie "Qualifizierung und Förderung des Personals". Aufgrund dieser thematischen Breite und Vielfalt von Forschungs- und Entwicklungsbeiträgen hoffen wir, dass jede*r einen anregenden Beitrag finden wird.

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Seitenzahl: 343

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Ähnliche


Inhalt

Vorwort

Editorial: Beiträge zur Hochschulentwicklung

René Krempkow, Elena Wilhelm & Olaf Zawacki-Richter

Soziales Kapital als Wegweiser in der Studieneingangsphase internationaler Studierender

Susanne Falk & Michelle Helmkamp

Hybride, blended synchronous und Hyflex-Lehre – Chancen, Risiken und Gelingensbedingungen

Tamara Rachbauer & Ulrike Hanke

Literaturanalyse zur Identifikation und Kategorisierung von Ansätzen der Studiengangsentwicklung

Florian Härer & Georg Herzwurm

Die Varianz im Studierverhalten

Rolf Schulmeister

Neue Wege in der akademischen Weiterbildung. Modulares Studieren ohne Curriculum

Juliane Reichel, Maria Schloßstein & Mike Krzywik-Gross

Studienerfolgsmanagement an Hochschulen – kompetenzorientiert zur Professionalisierung

Tanja P. Schnoz-Schmied & Gian-Paolo Curcio

Neue Studienangebote im Brennpunkt des digitalen Wandels: Beobachtungen aus der Schweiz

Christian Leder & Luca Tratschin

Soziale und akademische Integration beim Studieneinstieg in einem digitalen Semester

Anna Ebert & Karl-Heinz Stammen

Anwendungspraxis vs. Wissenschaft am Beispiel der Informatik an HAWs

Dominikus Herzberg

Folgen der digitalen Transformation für das Personal und die Raumgestaltung an Hochschulen. Ein Blick in die Zukunft

Christian Wassmer

Die Förderung von Open Educational Resources (OER) in der Hochschule

Daniel Otto

Erfahrungen im Gründen und Führen von Unternehmen. Eine Befragung des wissenschaftlichen Personals an Schweizer Fachhochschulen

Pietro Morandi [, Richard Blaese & Brigitte Liebig]

Wissenschaftskommunikation als Verständigung: Chance für die Hochschulentwicklung?!

Tobias Jenert & Ingrid Scharlau

Verbleib in der Wissenschaft von weiblichen Promovierenden – Eine Frage der Betreuung?

Carolin Kunz & Kolja Briedis

Gleichstellung in der Nachwuchsförderung: Teilnahmemotivation für Mentoring-Programme

Hannah Holischka, Kathrin Schlemmer, Louisa Söllner & Elisabeth Kals

Vorwort

Als wissenschaftliches Publikationsorgan des Vereins Forum Neue Medien in der Lehre Austria kommt der Zeitschrift für Hochschulentwicklung besondere Bedeutung zu. Zum einen, weil sie aktuelle Themen der Hochschulentwicklung in den Bereichen Studien und Lehre aufgreift und somit als deutschsprachige, vor allem aber auch österreichische Plattform zum Austausch für Wissenschafter:innen, Praktiker:innen, Hochschulentwickler:innen und Hochschuldidaktiker:innen dient. Zum anderen, weil die ZFHE als Open-Access-Zeitschrift konzipiert und daher für alle Interessierten als elektronische Publikation frei und kostenlos verfügbar ist.

Ca. 3.000 Besucher:innen schauen sich im Monat die Inhalte der Zeitschrift an. Das zeigt die hohe Beliebtheit und Qualität der Zeitschrift sowie auch die große Reichweite im deutschsprachigen Raum. Gleichzeitig hat sich die Zeitschrift mittlerweile einen fixen Platz unter den gern gelesenen deutschsprachigen Wissenschaftspublikationen gesichert.

Dieser Erfolg ist einerseits dem international besetzten Editorial Board sowie den wechselnden Herausgeberinnen und Herausgebern zu verdanken, die mit viel Engagement dafür sorgen, dass jährlich mindestens vier Ausgaben erscheinen. Andererseits gewährleistet das österreichische Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft durch seine kontinuierliche Förderung das langfristige Bestehen der Zeitschrift. Im Wissen, dass es die Zeitschrift ohne diese finanzielle Unterstützung nicht gäbe, möchten wir uns dafür besonders herzlich bedanken.

Zur Ausgabe: Die vorliegende Ausgabe besteht komplett aus freien Beiträgen, da für dieses Heft ein themenoffener Call for Papers erfolgte. Ein Novum für die ZFHE, die durch die deutliche Zunahme der Einreichungen für freie Beiträge in den letzten Jahren möglich wurde. Die insgesamt 15 Artikel können gleichwohl grob drei inhaltlichen Clustern zugeordnet werden, nach denen das Heft strukturiert ist: „Individualisierung, Kompetenzorientierung und neue Lehr- und Lernformen“, „Soziale und akademische Inklusion“ sowie „Qualifizierung und Förderung des Personals“. Aufgrund dieser thematischen Breite und Vielfalt von Forschungs- und Entwicklungsbeiträgen hoffen wir, dass jede*r einen anregenden Beitrag finden wird.

Seit der Ausgabe 9/3 ist die ZFHE auch in gedruckter Form erhältlich und beispielsweise über Amazon beziehbar. Als Verein Forum Neue Medien in der Lehre Austria freuen wir uns, das Thema „Hochschulentwicklung“ durch diese gelungene Ergänzung zur elektronischen Publikation noch breiter in der wissenschaftlichen Community verankern zu können.

In diesem Sinn wünschen wir Ihnen viel Freude bei der Lektüre der vorliegenden Ausgabe!

Martin Ebner und Hans-Peter Steinbacher Präsidenten des Vereins Forum Neue Medien in der Lehre Austria

René KREMPKOW1 (Berlin), Elena WILHELM2 (Zürich) & Olaf ZAWACKI-RICHTER3 (Oldenburg)

Editorial: Beiträge zur Hochschulentwicklung

1. Zu diesem offenen Heft – anstelle eines Themenschwerpunktes

Mit diesem Heft betritt die ZFHE Neuland. Denn dies ist die erste Ausgabe, die komplett aus freien Beiträgen besteht (d. h. Einreichungen außerhalb der in den Calls skizzierten Schwerpunkte). Hintergrund ist die deutliche Zunahme der Einreichungen für freie Beiträge in den letzten Jahren, die dies erst möglich machte. Zudem gab es im vergangenen Jahr durch das Editorial Board eine Neukonzeption der Rubriken, die seit diesem Jahr als freie Beiträge nicht mehr nur die Einreichung von Forschungsbeiträgen, sondern in allen Rubriken ermöglicht (also Forschungsbeiträge, Forschungsgeleitete Entwicklungsbeiträge und Entwicklungsbeiträge, zu den Kriterien hierfür siehe: https://zfhe.at/index.php/zfhe/zur_zfhe).

Insgesamt gab es 53 Einreichungen, sodass die Auswahl der Beiträge sich recht kompetitiv gestalten musste und nur eine geringe Annahmequote der Einreichungen aufgrund des nun einmal begrenzten Platzes eines solchen Heftes von vornherein unvermeidlich war. Die Themen der Einreichungen waren erwartungsgemäß sehr breit gefächert und reichten von Hybrid- bzw. Hyflex-Lehre über Studienverhalten, Studienerfolgsmanagement, Folgen der digitalen Transformation für das Personal, Gleichstellung in der Nachwuchsförderung bis Wissenschaftskommunikation – um nur exemplarisch einige herauszugreifen.

Auffällig war – aber für uns aufgrund der Erfahrungen in den letzten zwei Jahren nicht ganz überraschend –, dass sich relativ viele Einreichungen mit der Situation und den jüngeren Entwicklungen in der Lehre an Hochschulen befassten, u. a. bezüglich neuer Studien-, Lehr- und Lernformen, Kompetenzorientierung und Individualisierung der Lehre. Dies spiegelt deren Reflektion wider und zeigt, dass die ZFHE offenbar als Forum für Beiträge mit praktischer Relevanz zu aktuellen Fragen der Hochschulentwicklung wahrgenommen wird, und entspricht auch ihrem Anliegen, Hochschulentwicklungen und Entwicklungstendenzen in wissenschaftlicher Auseinandersetzung diskursiv zu begleiten und zu fundieren.4

Nach Begutachtung und Überarbeitung der inhaltlich passfähigen Beiträge haben wir die zur Annahme empfohlenen Beiträge gesichtet und kamen zu der Einschätzung, dass die letztlich 15 zur Veröffentlichung Vorgesehenen (davon zwei Entwicklungsbeiträge und ein forschungsgeleiteter Entwicklungsbeitrag) sich obgleich der immer noch vorhandenen großen thematischen Breite zu drei inhaltlichen Clustern gruppieren lassen (die zumindest teilweise auch der Aufgabenteilung in Einrichtungen an Hochschulen entsprechen):

Individualisierung, Kompetenzorientierung und neue Studien-, Lehr- und Lernformen,

Soziale und akademische Inklusion, und

Qualifizierung und Förderung des Personals.

Nachfolgend stellen wir die einzelnen Beiträge in dieser Gruppierung kurz vor.

2. Individualisierung, Kompetenzorientierung und neue Studien-, Lehr- und Lernformen

Susanne FALK und Michelle HELMKAMP fokussieren in ihrem Forschungsbeitrag internationale Studierende, die bei Studienbeginn vor besonderen Herausforderungen stehen. Im Rahmen der von ihnen vorgestellten Studie wird der Frage nachgegangen, von welchen Faktoren es abhängt, ob internationale Studierende die Angebote zur Erleichterung des Studienstarts in Anspruch nehmen. Ihre Analysen machen deutlich, dass das vor Studienbeginn über Familienmitglieder, Freund*innen und Bekannte erworbene soziale Kapital keinen signifikanten Effekt auf die Wahrscheinlichkeit hat, an Angeboten teilzunehmen. Dagegen hat das soziale Kapital der Studierenden, das über Lehrende in Schulen und Hochschulen und Personen aus studienrelevanten Berufen erworben wurde, die Wahrscheinlichkeit erhöht, an Studienvorbereitungskursen, wissenschaftlichen Unterstützungsangeboten und Tutorien teilzunehmen. Sie leiten daraus u. a. ab, dass Studierende bei Studienbeginn via Peers und soziale Medien über die Angebote informiert werden sollten.

Tamara RACHBAUER und Ulrike HANKE thematisieren in ihrem Entwicklungsbeitrag die viele Hochschulen beschäftigende Rückkehr zur Präsenzlehre auf der einen Seite und den Wunsch nach Flexibilität bei der Teilnahme an Lehrveranstaltungen auf der anderen Seite. Oft sei jedoch nicht klar, wie hybride Lehre funktionieren kann und was genau darunter verstanden werde. In ihrem Beitrag stellen sie dar, unter welcher Begrifflichkeit hybride Lehre diskutiert und beforscht wird, und unterbreiten mit Blended-Synchronous und Hyflex-Lehre Vorschläge für möglicherweise besser geeignete Begriffe. Zudem zeigen sie Chancen und Risiken auf und stellen konkrete Ideen zur Umsetzung vor.

Florian HÄRER und Georg HERZWURM rücken in ihrem als Literaturüberblick angelegten Forschungsbeitrag die Studiengangsentwicklung in den Mittelpunkt. Da eine Vielzahl von unterschiedlichen Ansätzen zur Entwicklung von Studiengängen existiert, ist es ihr Ziel, den aktuellen Literaturstand der Ansätze zur Studiengangsentwicklung über alle wichtigen Wissenschaftsdisziplinen hinweg zu identifizieren und zu kategorisieren. Sie runden ihren Beitrag mit Praxisimplikationen und einem Forschungsausblick ab.

Kenntnisse über die Charakteristika und das Verhalten der Studierenden liefern wertvolle Hinweise zur Weiterentwicklung von Studienstrukturen, Betreuungs- und Beratungsangeboten. Rolf SCHULMEISTER beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Studierverhalten und Zeitbudget von Studierenden und analysiert in dem vorliegenden Forschungsbeitrag die Varianz im Zeiteinsatz je nach Studienaktivität (z. B. Anwesenheit in Lehrveranstaltungen, Selbststudium) im Hinblick auf den Studienerfolg. Pointiert stellt Schulmeister dar, dass der Workload keinen nennenswerten Zusammenhang zum Prüfungserfolg aufweist und dass die zeitlichen Anforderungen im Bachelor zu hoch seien. Die Schlussfolgerungen legen nahe, dass ein subjektives Belastungsempfinden im individuellen Lern- und Studierverhalten zu finden ist.

Die Leuphana Universität Lüneburg bietet Studieninteressierten die Möglichkeit, sich aus über 20 berufsbegleitenden Studiengängen ein Zertifikatsstudium frei zusammenzustellen. Juliane REICHEL, Maria SCHLOSSSTEIN und Mike KRZWIK-GROß stellen in ihrem Entwicklungsbeitrag die Genese und anspruchsvolle Implementierung dieses Angebots vor. Anders als die meisten bisherigen angebotsorientierten wissenschaftlichen Weiterbildungen, ist die Weiterbildung „PS Individuale“ konsequent nachfrageorientiert. Damit wird ein neuer Weg für die wissenschaftliche Weiterbildung eröffnet. Die Einführung eines modularisierten und individualisierbaren Zertifikatsstudiums in einer Hochschule ist allerdings sehr anspruchsvoll. Die Herausforderungen liegen vor allem im Hochschulrecht, in anzupassenden Verwaltungsabläufen sowie in einer technischen und datenschutzkonformen Realisierung eines digitalen Buchungssystems für über 200 Studienmodule. Neben dem einwandfreien Funktionieren von Administration und Technik sind vor allem die vielen Schnittstellen relevant, die bei einem studiengangübergreifenden Angebot reibungslos ineinandergreifen müssen. Ein kompetenzorientiertes Studienerfolgsmanagement kann Hochschulen bei der Professionalisierung ihrer Studierenden während der Ausbildung und durch Weiterbildungsangebote nach dem Berufseinstieg unterstützen.

Tanja P. SCHNOZ-SCHMIED und Gian-Paolo CURCIO arbeiten die Integration von kompetenzorientierten Elementen in die Lehrevaluation theoretisch auf und führen sie konkret an einem Beispiel der Ausbildung von Lehrpersonen aus. Es zeigt sich, dass die Konfrontation mit dem Berufsalltag nach der Ausbildung zu einer Verschiebung der Bewertung des eigenen Kompetenzniveaus führt. In der Konzeption des Studienerfolgsmanagements sollten insbesondere langfristig zu planende Themenbereiche und die institutionenübergreifende Zusammenarbeit besonders beachtet werden. Und idealerweise wird die individualisierte Arbeit an den Ausbildungsstandards in der Berufseinstiegsphase weitergeführt.

Christian LEDER und Luca TRATSCHIN geben in ihrem Forschungsbeitrag einen Überblick über aktuelle Entwicklungen in der Schweiz und stellen aus strategischer Perspektive dar, wie die Hochschulen den digitalen Wandel zur inhaltlichen Profilierung ihrer Studienangebote nutzen. Insbesondere sind die Studienangebote mit „Digitalbezug“ in den verschiedenen Fächern, Studiengängen und in der wissenschaftlichen Weiterbildung Gegenstand ihrer Analyse. Die Ergebnisse ihrer landesweiten Inventur zeigen, dass sich die Hochschulen in der Schweiz in einer beeindruckenden Dynamik der Themen des digitalen Wandels angenommen haben und bereits ein reiches Angebot mit diesem Profil besteht.

3. Soziale und akademische Inklusion

Anna EBERT und Karl-Heinz STAMMEN befassen sich in ihrem Forschungsbeitrag – ausgehend von der Prämisse, dass gelungene soziale und akademische Integration die Wahrscheinlichkeit eines Studienabbruchs verringern kann – mit einer Frage, die in den vergangenen zwei Jahren noch wichtiger wurde als zuvor schon: Was ist nötig, damit sich Studierende in ihrem ersten Semester erfolgreich in die Hochschule und den akademischen Kontext integrieren? Mithilfe befragungsbasierter Daten von Studienanfänger*innen der Universität Duisburg-Essen stellen sie ein Modell und Analysen vor, die sich Bedingungsfaktoren sozialer und akademischer Integration beim Studieneinstieg in einem digitalen Semester widmen. Im Ergebnis wird die Bedeutung von Kommunikation, Interaktion und Information für Studienanfänger*innen noch einmal bekräftigt. Als Desiderat formulieren sie eine längsschnittliche Beobachtung von Studienanfänger*innen, um die weitere akademische und soziale Integration im Studienverlauf zu analysieren.

Dominik HERZBERG thematisiert in seinem Entwicklungsbeitrag das Verhältnis von Anwendungspraxis und Wissenschaft an Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAWs). Diese zeichnen sich durch ihre Ausrichtung an Anwendung und Praxis aus. Bei einigen Studienfächern hat das ihm zufolge den Effekt, dass die Bezugnahme zur Wissenschaft unklar wird. Er legt dies am Beispiel der HAW-Informatik anhand von Indizien an: Deutschlandweit nehmen Informatik-Studiengänge an HAWs in ihren Modulhandbüchern kaum explizit Bezug auf Wissenschaft, und die exemplarisch untersuchten Abschlussarbeiten stellen in ihren Literaturverzeichnissen selten einen Wissenschaftsbezug her. Er leitet daraus die These ab, dass es nötig ist, einen wissenschaftstheoretischen Diskurs zu führen, der hilft, die Anwendungspraxis in einen produktiven Wissenschaftsbezug zu stellen.

4. Qualifizierung und Förderung des Personals

Die Digitalisierung ermöglicht auch die Entwicklung neuer Angebotsformate, die sich je nach Zielgruppe und Inhalten in unterschiedlichen Abstufungen mehr oder weniger synchron/asynchron bzw. mit Präsenz- und Onlineanteilen konzipieren lassen. Die ermöglichte raum-zeitliche Flexibilisierung stellt die Hochschulen gerade jetzt im Übergang zum New Normal (siehe RAPANTA et al., 2021) nach einem hoffentlich baldigen Ende der Pandemie vor ganz konkrete Herausforderungen auch im Hinblick auf die physische und räumliche Infrastruktur. Die Flexibilisierung betrifft zudem auch die veränderte Arbeitswelt des Hochschulpersonals nach den Erfahrungen mit Homeoffice und mobiler Arbeit. Christian WASSMER plädiert in seinem forschungsgeleiteten Entwicklungsbeitrag dafür, nun die Ausgestaltung der Ressourcennutzung stärker in den Blick zu nehmen, und spricht hiermit ein sehr relevantes Thema der Hochschulentwicklung in den kommenden Jahren an.

Vor dem Hintergrund der Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen und den Empfehlungen zu Open Educational Resources (OER) der UNESCO als Beitrag für eine qualitative hochwertige Bildung stellt sich die Frage nach den Gründen für die bisher geringe Verbreitung von offenen Bildungsressourcen in Studium und Lehre. Daniel OTTO untersucht in seinem Forschungsbeitrag, wie sich die Nutzung von OER gezielt fördern ließe, und berichtet in seinem Beitrag über die Ergebnisse einer Expertenbefragung und Fokusgruppendiskussion.

Pietro MORANDI, Richard BLAESE und Brigitte LIEBIG erkunden in ihrem Forschungsbeitrag, inwieweit die Erfahrungen im Gründen und Führen von Unternehmen bei Dozierenden und Mitarbeiter*innen an Fachhochschulen im Sinne eines „doppelten“ Kompetenzprofils verfügbar sind und welche Eigenschaften die von den Hochschulangehörigen gegründeten Unternehmen diesbezüglich charakterisieren. Die Analyse basiert auf Daten, die in einer Online-Befragung des wissenschaftlichen Personals der sieben öffentlich-rechtlichen schweizerischen Fachhochschulen erhoben wurden.

Tobias JENERT und Ingrid SCHARLAU befassen sich in ihrem Forschungsbeitrag mit dem akademischen Diskurs um Wissenschaftskommunikation, der sich ihnen zufolge von vermittelnden hin zu stärker dialogorientierten Modellen entwickelt. Wobei es nach wie vor im Kern darum gehe, wie sich Wissenschaft gegenüber der nichtwissenschaftlichen Öffentlichkeit mitteilen kann. Ihnen geht es aber stärker um die Frage nach der Bedeutung von Wissenschaftskommunikation für die Reflexion und Transformation von Wissenschaft, die oft weitgehend ausgeklammert werde. Sie betonen daher die Doppelseitigkeit und gehen davon aus, dass Kommunikationsprozesse von Wissenschaftler*innen mit der nichtwissenschaftlichen Öffentlichkeit ein wichtiges Moment für die Reflexion und die Transformation von Wissenschaft bieten.

Carolin KUNZ und Kolja BRIEDIS werfen in ihrem Forschungsbeitrag das Thema auf, ob der Verbleib in der Wissenschaft von weiblichen Promovierenden eine Frage der Betreuung sei. Ausgehend davon, dass in der Wissenschaft Frauen auf höheren Positionen (nach wie vor) deutlich unterrepräsentiert sind, untersuchen sie die Verbleibsintentionen in der Wissenschaft während der Promotion, die maßgeblich durch Betreuungspersonen beeinflusst sein könnten. Die Untersuchung erfolgt auf Basis einer Befragung der Promovierenden der Universität Bielefeld. Insgesamt unterscheidet sich die Verbleibsintention zwischen den Geschlechtern nur geringfügig. Anhand einer latenten Klassenanalyse können sie allerdings unterschiedliche Betreuungstypen identifizieren. Doktorandinnen werden dabei doppelt so häufig in ein schlechtes Betreuungsverhältnis klassifiziert als Doktoranden. Eine sehr gute Betreuung der Promotion wiederum steht mit einer höheren Verbleibsintention in Verbindung. Im Ergebnis stellt Betreuung somit eine wichtige Stellschraube dar, um Verbleib von Frauen in der Wissenschaft zu fördern, der auch insgesamt für die Diversität von Wissenschaftler*innen ein zentraler Aspekt ist (vgl. auch z. B. JACOB, 2014; JACOB & KREMPKOW, 2020).

Hannah HOLISCHKA, Kathrin SCHLEMMER, Louisa SÖLLNER und Elisabeth KALS untersuchen in ihrem Forschungsbeitrag einen weiteren Aspekt, der den Verbleib von Frauen in der Wissenschaft fördern und ihren Anteil in Leitungspositionen erhöhen kann, nämlich deren Teilnahme an Mentoringprogrammen. In ihrer Studie analysieren sie mittels einer quantitativen Online-Befragung die Motive und entsprechende Engagements für die (geplante) Teilnahme an einem Mentoring-Programm. Im Einklang mit der Theorie der Mentoring-Funktionen sind sowohl karriereorientierte als auch psychosoziale Faktoren relevant, die durch Engagementbereitschaften flankiert werden. Für die Etablierung und Weiterentwicklung zielgruppenspezifischer Mentoring-Programme an Hochschulen wird herausgearbeitet, dass insbesondere psychosoziale Fähigkeiten und Peer-Netzwerke wichtig sind, und dabei konkret v. a. „Reflexion persönlicher Zielsetzungen“ und „Mentorin als Vorbild erleben“. Das Programm – und hier speziell die Herausforderung des Matchings von Mentee und Mentorin – sollte daher so gestaltet sein, dass beide Ziele erfüllt werden.

Nun wünschen wir Ihnen eine anregende Lektüre und hoffen, dass aufgrund der thematischen Vielfalt der freien Beiträge in diesem Heft für jede*n von Ihnen etwas Interessantes dabei ist.

5. Literatur

Jacob, A. K. (2014). Diversität unter Wissenschaftler/innen an deutschen Hochschulen. In R. Krempkow, N. Huber & P. Pohlenz (Hrsg.), Diversity Management und Diversität in der Wissenschaft (S. 249–270). Bielefeld: Universitaetsverlag Webler.

Jacob, A. K. & Krempkow, R. (2020). Diversität und Bestenauswahl in der Wissenschaft Deutschlands. Jahrestagung des Netzwerkes Wissenschaftsmanagement „Wissenschaftsmanagement braucht Personalmanagement: Herausforderungen, Best practice und Zukunftsvisionen“, Osnabrück, 27.–28.02.2020.

Mieg, H., Schnell, C. & Zimmermann, R. E. (Hg.) (2021). Wissenschaft als Beruf. In Wissenschaftsforschung Jahrbuch 2020 (S. 29–44). Berlin: Wissenschaftlicher Verlag Berlin.

Rapanta, C., Botturi, L., Goodyear, P., Guàrdia, L. & Koole, M. (2021). Balancing Technology, Pedagogy and the New Normal: Post-pandemic Challenges for Higher Education. Postdigital Science and Education, 3(3), 715–742. https://doi.org/10.1007/s42438-021-00249-1

Herausgeber*innen

Dr. René KREMPKOW || Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin || Treskowallee 8, D-10318 Berlin

www.hu-berlin.de/hu/verwaltung/qm

[email protected]

Prof. Dr. Elena WILHELM || Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften || Gertrudstrasse 15, CH-8401 Winterthur

www.elenawilhelm.com

[email protected]

Prof. Dr. Olaf ZAWACKI-RICHTER || Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Institut für Pädagogik, Center for Open Education Research (COER) || Ammerländer Heerstraße 136, D-26111 Oldenburg

https://uol.de/coer/coer-members/dr-olaf-zawacki-richter

[email protected]

1 E-Mail: [email protected]

2 E-Mail: [email protected]

3 E-Mail: [email protected]

4 Nur wenige Beiträge mussten von vornherein aufgrund mangelnder inhaltlicher Passung zum Profil der ZFHE abgelehnt werden. Dies betraf v. a. einige sehr eng auf ein Fach, einen Abschluss oder eine einzelne Wissenschaftsorganisation ausgerichtete Einreichungen ohne ersichtliche Transferüberlegungen (bei Werkstattberichten bzw. Entwicklungsbeiträgen) oder Einreichungen, die grundlegenden formalen und wissenschaftlichen Anforderungen nicht entsprachen (v. a. Umfang, Zitation).

Susanne FALK5 & Michelle HELMKAMP (München)

Soziales Kapital als Wegweiser in der Studieneingangsphase internationaler Studierender6

Zusammenfassung

Internationale Studierende stehen bei Studienbeginn vor besonderen Herausforderungen. Zur Erleichterung des Studienstarts bieten viele Hochschulen in Deutschland fachliche und außerfachliche Angebote in der Studieneingangsphase an. Im Rahmen dieser Studie wird der Frage nachgegangen, von welchen Faktoren es abhängt, ob internationale Studierende diese Angebote in Anspruch nehmen. Die Analysen machen deutlich, dass das soziale Kapital der Studierenden, das über Lehrende in Schulen und Hochschulen und Personen aus studienrelevanten Berufen erworben wurde, die Wahrscheinlichkeit erhöht, an Studienvorbereitungskursen, wissenschaftlichen Unterstützungsangeboten und Tutorien teilzunehmen. Das schulische Leistungsniveau erwies sich nur bei der Teilnahme an wissenschaftlichen Unterstützungsangeboten als signifikant.

Schlüsselwörter

Internationale Studierende, Studieneingangsphase, soziales Kapital, fachliche und außerfachliche Angebote

Social capital as a guide for international students in their first year of higher education

Abstract

International students are confronted with various challenges in their initial phase of studying abroad. To ease their way, many higher education institutions provide a range of study-related services for first-year students. This paper analyses the factors that determine whether students use these services. The analysis make it clear that the social capital students acquire from teachers in schools and universities, as well as people from professions relevant to their studies, increases their probability of attending study preparation courses, courses on academic skills and tutorial programmes. Academic performance during school proved tobe significant only concerning attending courses on academic skills.

Keywords

international students, introductory phase, social capital, first-year courses

1 Einleitung

Die Studieneingangsphase internationaler Studierender ist von zentraler Bedeutung für ein erfolgreiches Studium, weil in den ersten beiden Semestern der Grundstein für eine gelungene soziale und akademische Integration in die Hochschule gelegt wird (TINTO, 1988; MAMISEISHVILI, 2012). Als internationale Studierende werden im Folgenden Studierende mit ausländischer Staatsangehörigkeit bezeichnet, die ihre Hochschulzugangsberechtigung im Ausland oder an einer deutschen Schule im Ausland erworben haben. Sie stehen bei Studienbeginn vor der Herausforderung, sich an eine andere Kultur und Sprache anpassen und sich mit den Besonderheiten des Hochschulsystems im jeweiligen Gastland vertraut machen zu müssen (GARCIA, GARZA & YEATON-HROMADA, 2019; KOVTUN, 2011; ZIMMERMANN et al., 2021). So weisen beim Studienstart ein Viertel der internationalen Studierenden in Deutschland Schwierigkeiten mit der Orientierung im Studiensystem auf (APOLINARSKI & BRANDT, 2018).

Zur Erleichterung des Studienstarts haben viele Hochschulen in Deutschland in den letzten Jahren ihre Angebote für internationale Studierende in der Studieneingangsphase ausgeweitet (z. B. RESTEL, 2019; HRK, 2021; PINEDA & RECH, 2020). Im Unterschied zum amerikanischen Hochschulsystem, in dem ein Großteil der Studierenden an first-year seminars teilnimmt (CULVER & BOWMAN, 2020), existiert an deutschen Hochschulen in der Regel keine strukturierte Studieneingangsphase. Stattdessen werden einzelne fachliche und außerfachliche Angebote (z. B. Orientierungsveranstaltungen, Kurse zum wissenschaftlichen Arbeiten) zu Studienbeginn in unterschiedlicher Ausgestaltung angeboten (BARGEL, 2015; APOLINARSKI & BRANDT, 2018). Bislang wurden bei internationalen Studierenden das Angebot, die Teilnahme und die Bewertung von studienbegleitenden Angeboten in den Blick genommen (APOLINARSKI & BRANDT, 2018). Offen ist die Frage, von welchen Faktoren es abhängt, ob und welche Angebote internationale Studierende in der Studieneingangsphase nutzen.

Unter Rückgriff auf den Ansatz des sozialen Kapitals (COLEMAN, 1988; NUÑEZ, 2009) wird im Folgenden untersucht, ob das vor Studienbeginn erworbene soziale Kapital der Studierenden über Eltern und (Hochschul-)Lehrende bzw. Personen aus dem beruflichen Umfeld, die schulischen Leistungen und die Sprachkenntnisse im Zusammenhang mit der Teilnahme an Angeboten in der Studieneingangsphase stehen. Datengrundlage ist das International Student Survey, eine Panelbefragung von internationalen Studierenden, die im Wintersemester 2017/2018 ihr Studium an einer Hochschule in Deutschland aufgenommen haben. Die vorliegenden Ergebnisse sind insbesondere für Verantwortliche in Hochschulen und in den akademischen Auslandsämtern relevant.

2 Soziales Kapital als Wegweiser in der Studieneingangsphase

Soziales Kapital umfasst nach COLEMAN (1988) im weitesten Sinne Ressourcen, die durch die Beziehungen zwischen Menschen akkumuliert werden. Das soziale Kapital kann sich in sozialen Netzwerken manifestieren, die Zugriffsmöglichkeit zu bestimmten Ressourcen erlauben (BURT, 1992). Diese Ressourcen können die Form von nützlichen Informationen, persönlichen Beziehungen oder der Fähigkeit, Gruppen zu organisieren, annehmen (PAXTON, 1999).

Innerhalb des Hochschulkontexts kann soziales Kapital in Anlehnung an BOURDIEU (1986) und STANTON-SALAZAR (2001) definiert werden als „capacity for social networks to facilitate educational advancement“ (NUÑEZ, 2009, S. 25). Nach STANTON-SALAZAR (2001) existieren verschiedene Quellen und Formen sozialen Kapitals, die den Übergang von Schülerinnen bzw. Schülern in das Studium unterstützen. Dazu gehören der Wissensfundus, als Repertoire an Informationen und Verhalten, die einen durch das Bildungssystem navigieren, und die emotionale und moralische Unterstützung bei (hoch-)schulischen Belangen (STANTONSALAZAR, 2001). Es wird angenommen, dass insbesondere Eltern, Freundinnen bzw. Freunde sowie Lehrerinnen bzw. Lehrer und Personen aus beruflichen Netzwerken Personengruppen im sozialen und familialen Umfeld von Schülerinnen bzw. Schülern und Studieninteressierten darstellen, denen eine tragende Rolle im beruflichen Orientierungsprozess zukommt. Eine besondere Bedeutung haben dabei Personen aus studienrelevanten Berufen (z. B. Lehrerinnen bzw. Lehrer), die als „institutional agents“ (STANTON-SALAZAR, 2011) ihr studienrelevantes Wissen und ihre Erfahrungen an Schülerinnen bzw. Schüler und Studieninteressierte weitergeben.

Die für die Studienentscheidung genutzten Informationsquellen, insbesondere jene aus der Familie, von Freundinnen bzw. Freunden oder Bekannten sowie von Personen aus dem (hoch-)schulischen oder beruflichen Umfeld, dürften mit einem höheren sozialen Kapital der Studierenden einhergehen. Relevant dürfte in diesem Zusammenhang nicht die Zahl der Kontakte, sondern das Wissen dieser Personengruppen als Ratgebende bei der Studienentscheidung sein. Wie bisherige Studien für Deutschland zeigen, nutzt etwa die Hälfte der internationalen Bachelorstudierenden Familienmitglieder, Freundinnen bzw. Freunde und Bekannte und etwa ein Drittel Personen aus Schule und Hochschule im Heimatland als Informationsquelle für die Studienmöglichkeiten in Deutschland (APOLINARSKI & BRANDT, 2018). Das Nutzen dieser Personengruppen als Informationsquelle dürfte dazu beitragen, dass internationale Studierende besser informiert sind über die organisatorischen und fachlichen Anforderungen eines Studiums in Deutschland, als internationale Studierende, die keine dieser Informationsquellen heranziehen.

3 Forschungsstand und Hypothesen

In US-amerikanischen Studien wurde die Bedeutung von first year seminars für den Studienerfolg sowie die akademische, soziale und kulturelle Integration internationaler Studierender hervorgehoben (ANDRADE, 2009). First year seminars verfolgen das Ziel, den Übergang von der Schule in die Hochschule abzufedern, indem sie über spezifische fachliche und außerfachliche Kursangebote Studierenden helfen, sich an der Hochschule zurechtzufinden und ihre akademischen Fähigkeiten zu verbessern (KOVTUN, 2011).

Für Deutschland liegen Ergebnisse zur Nutzung von Angeboten in der Studieneingangsphase vor (APOLINARSKI & BRANDT, 2018). Am häufigsten nehmen internationale Studierende an Welcome-Veranstaltungen (66%), Deutschkursen und Tutorien teil (jeweils 52%). Etwas seltener werden Kurse zur Einführung in Lern- und Arbeitstechniken und Brückenkurse mit 38 bzw. 22% der Studierenden in Anspruch genommen (APOLINARSKI & BRANDT, 2018, S. 68). Während zur Wirkung von Brückenkursen und schulischen Informationsangeboten auf den Studienerfolg einige Studien für Studierende im Allgemeinen vorliegen (TIEBEN, 2019; FALK & MARSCHALL, 2021), ist diese Frage für internationale Studierende bislang nicht untersucht worden.

Die Rolle von sozialem Kapital beim Übergang von der Schule in die Hochschule wurde in einer Reihe von Studien für einheimische Studierende untersucht (z. B. KIM & SCHNEIDER, 2005). Ein hohes soziales Kapital bei Studienbeginn (gemessen über das Bildungsniveau der Eltern und die Übereinstimmung der Bildungsaspirationen von Eltern und Kindern) beeinflusst den Übergang von Schule in die Hochschule bei einheimischen Studierenden in den USA positiv (KIM & SCHNEIDER, 2005).

Es ist anzunehmen, dass Studieninteressierte, die als Informationsquellen für die Studienentscheidung mehrheitlich Eltern und Freundinnen bzw. Freunde genutzt haben, über soziale Unterstützungsnetzwerke verfügen, mittels derer studienrelevantes Wissen und Erfahrungen weitergegeben werden. Daher sollten Studierende, die diese persönlichen Unterstützungsnetzwerke bei der Studienentscheidung in Anspruch genommen haben, eine höhere Wahrscheinlichkeit aufweisen, Angebote in der Studieneingangsphase zu besuchen, als Studierende, die diese Informationsquellen nicht genutzt haben (Hypothese 1).

Bisherige Studien betonen die Bedeutung von sozialem Kapital für die Bildungsverläufe von Schülerinnen bzw. Schülern und Studieninteressierten, das durch institutionelle Akteure wie Lehrerinnen bzw. Lehrer und Studienberaterinnen bzw. Studienberater erworben wurde (STANTON-SALAZAR, 2001; 2011). Auf Basis einer Untersuchung von mexikanisch-stämmigen Schülerinnen und Schülern in den USA gelangen STANTON-SALAZAR und DORNBUSCH (1995) zu dem Ergebnis, dass das über institutionelle Agentinnen bzw. Agenten erworbene soziale Kapital einen positiven Einfluss auf die Noten und bildungsbezogenen Erwartungen der Schülerinnen bzw. Schüler hat. Übertragen auf internationale Studierende kann angenommen werden, dass Studierende, die für die Studienentscheidung auf Informationen von Personen aus studienrelevanten Berufen sowie Lehrerinnen bzw. Lehrer und Hochschullehrerinnen bzw. -lehrer zurückgegriffen haben, über die Nützlichkeit dieser Angebote informiert sind und daher eine höhere Wahrscheinlichkeit aufweisen, diese Angebote zu besuchen, als Studierende, die diese Informationsquellen nicht genutzt haben (Hypothese 2).

Bisherige Studien für Studierende im Allgemeinen zeigen, dass die Teilnahme an Brückenkursen Selektionsprozessen unterliegt (HEUBLEIN et al., 2017; BERNDT, 2019). Insbesondere das mathematische Vorwissen der Studierenden und die Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung (HZB) beeinflussen die Teilnahmewahrscheinlichkeit an Brückenkursen (HEUBLEIN et al., 2017; BERNDT, 2019). Studienanfängerinnen und -anfänger mit einer schlechteren HZB-Note nehmen seltener an Brückenkursen für Mathematik teil als jene mit besserer HZBNote (HEUBLEIN et al., 2017). Darüber hinaus sind hohe kognitive Fähigkeiten und gute vorherige Leistungen wesentliche Merkmale erfolgreicher Studierender (SCHNEIDER & PRECKEL, 2017). Es wird daher angenommen, dass leistungsstarke Studierende aufgrund ihrer höheren Motivation und kognitiven Fähigkeiten eher Unterstützungsangebote wie z. B. Studienvorbereitungskurse, wissenschaftsunterstützende Kurse und Tutorien wahrnehmen als leistungsschwächere Studierende. So sollte eine bessere Note der HZB dazu führen, dass Studierende eine höhere Wahrscheinlichkeit aufweisen, an fachlichen Unterstützungsangeboten teilzunehmen, als leistungsschwächere Studierende (Hypothese 3).

Bisherige Studien für Deutschland auf Basis des Studierendensurveys zeigen, dass sich 82% der internationalen Studierenden ihre Deutschkenntnisse vor Beginn des Studiums angeeignet haben; nur 18 % verfügten demgegenüber über keine Deutschkenntnisse bei Studienbeginn, wobei die Zahlen deutlich zwischen den Abschlussarten variieren (APOLINARSKI & BRANDT, 2018).7 Die Sprachkompetenzen von internationalen Studierenden stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Studienerfolg in der Studieneingangsphase, da hohe Sprachkompetenzen einen positiven Einfluss auf die im ersten Studiensemester erworbenen Leistungspunkte haben (WISNIEWSKI, MÖHRING, LENHARD & SEEGER, 2020). Es ist anzunehmen, dass sich Studierende mit besseren Sprachkenntnissen in der Sprache des Studiengangs (Englisch oder Deutsch) über Angebote in der Studieneingangsphase gezielter informieren und niedrigere (sprachliche) Hürden aufweisen, an diesen Veranstaltungen teilzunehmen. Umgekehrt ist auch denkbar, dass gerade Studierende mit schlechteren Sprachkenntnissen eher an fachlichen Unterstützungsangeboten in der Studieneingangsphase teilnehmen, weil sich ihnen eine Gelegenheit zur Weiterentwicklung ihrer (Sprach-)Kenntnisse bietet. Da aber die meisten Hochschulen Sprachkurse für internationale Studierende anbieten, ist es wahrscheinlicher anzunehmen, dass Studierende mit sprachlichen Defiziten beim Studienstart eher Sprachkurse bevorzugen anstelle von fachlichen Unterstützungsangeboten. So sollten Studierende mit besseren Sprachkenntnissen in der jeweiligen Studiengangssprache eine höhere Wahrscheinlichkeit aufweisen, an Angeboten in der Studieneingangsphase teilzunehmen, als Studierende mit schlechteren Sprachkenntnissen (Hypothese 4).

4 Datengrundlage und Operationalisierung

4.1 Datengrundlage und methodisches Vorgehen

Grundlage der vorliegenden Analysen ist das International Student Survey (vgl. FALK et al., 2021), das im Rahmen des gemeinsam mit dem DAAD und der Fernuniversität in Hagen durchgeführten Verbundprojekts „Studienerfolg und Studienabbruch bei Bildungsausländerinnen und -ausländern in Deutschland im Bachelor- und Masterstudium“ (SeSaBa) erhoben wurde.8 In die über drei Jahre angelegte Panelbefragung wurden Bachelor- und Masterstudierende einbezogen und im Abstand von sechs Monaten zu Studienfortschritt und gegebenenfalls Studienabbruch befragt. Einbezogen wurden ausschließlich Bildungsausländerinnen und -ausländer, die ihr Studium in Deutschland im Wintersemester 2017/18 an einer Fachhochschule oder Universität (ausgenommen Musik- und Kunsthochschulen) aufgenommen haben.

Insgesamt konnten 125 Hochschulen in Deutschland als Kooperationspartner gewonnen werden. Die Zahl der registrierten Studierenden (4.751) entspricht einem Rücklauf von 14% (siehe FALK et al., 2021). Die nachfolgenden Analysen beziehen sich auf die erste und zweite Erhebungswelle zum Wintersemester 2017/18 sowie den ursprünglichen Registrierungsfragebogen.

Für alle deskriptiven Statistiken sowie die logistische Regression wurden Fälle mit fehlenden Werten in der betreffenden Variable ausgeschlossen (6,7%), weshalb es zu einer Veränderung der Fallzahlen für die jeweiligen Auswertungen kommt. Die logistische Regression bezieht sich nur auf Studierende, die am ersten Befragungszeitpunkt teilgenommen haben (86,2%) und noch aktiv studieren (97,0%). Ausgeschlossen werden auch Studierende, die an keinem der Unterstützungsangebote der Studieneingangsphase teilgenommen haben (57,17%). Insgesamt verbleiben 1.931 Beobachtungen im Sample.

4.2 Operationalisierung

Insgesamt wurde die Teilnahme an 15 unterschiedlichen Unterstützungsangeboten in der Studieneingangsphase erfasst (siehe Abbildung 3). Davon wurden als abhängige Variablen für die multivariaten Modelle vier ausgewählt, die einerseits die Orientierung beim Studienstart erleichtern (Einführungs-/Orientierungsveranstaltungen) und andererseits auf eine fachliche Unterstützung der Studierenden zielen (Studienvorbereitungskurse, wissenschaftliche Unterstützungsangebote sowie Tutorien). Das soziale Kapital wurde über das Informationsverhalten der Studierenden mittels der Frage operationalisiert, von welchen Personen und Medien sie hilfreiche Informationen für ihre Studienentscheidung und -planung erhalten haben. Es standen acht Kategorien zur Auswahl, die als Mehrfachnennungen beantwortet werden konnten (siehe Abbildung 1). Die deskriptiven Ergebnisse werden für Bachelor- und Masterstudierende getrennt dargestellt, um den unterschiedlichen Studienphasen und ihren Anforderungen gerecht zu werden.

Die von den Studierenden berichtete Note der Hochschulzugangsberechtigung (HZB) wurde z-standardisiert anhand der Notenverteilung der Herkunftsregion bzw. des Studienkollegs.9 Die subjektive Einschätzung des Sprachniveaus der Studierenden zur Bewältigung des Studiums wurde zum Zeitpunkt von Welle 1 mit aufgenommen. Sie wurden in die Kategorien „unzureichende Sprachkenntnisse“, „mittlere Sprachkenntnisse“ und „gute Sprachkenntnisse“ klassifiziert. Die soziale Integration zum Zeitpunkt von Welle 1 misst die Integration in die Gruppe der Mitstudierenden und basiert auf einem Index, der folgende vier Variablen umfasst: Ich fühle mich von meinen Mitstudierenden anerkannt; Mit meinen Mitstudierenden komme ich gut zurecht; Die meisten Mitstudierenden behandeln mich fair; Meine Mitstudierenden interessieren sich für das, was ich zu sagen habe.

Darüber hinaus wurden die Fächergruppe nach der Hochschulstatistik (STATISTISCHES BUNDESAMT, 2020), die Art der Hochschule, die Studiengangssprache (binär codiert) sowie eine Reihe soziodemografischer Variablen in die Modelle aufgenommen: das Geschlecht (binär codiert), das Alter in Jahren zum Zeitpunkt der ersten Welle (2018), die Herkunftsregion gegliedert in Weltregionen nach der Systematik des DAAD (DAAD & DZHW, 2020), ein vorheriger Aufenthalt in Deutschland von mindestens einem Monat (binär codiert) sowie der Bildungsstatus der Eltern, codiert in „kein Universitätsabschluss“, „einer oder beide Elternteile mit Universitätsabschluss“ und „keine Information“.

5 Informationsverhalten und Teilnahme an Angeboten in der Studieneingangsphase

5.1 Informationsverhalten internationaler Studierender vor Studienbeginn

Bei der Studienentscheidung und -planung hat die überwiegende Mehrheit der internationalen Studierenden auf Informationsmaterial der Hochschulen und Medien zurückgegriffen (siehe Abbildung 1). Darüber hinaus waren Freundinnen und Freunde aus Deutschland und dem Herkunftsland (40% bzw. 43% bei Master- und 36% bzw. 32% bei Bachelorstudierenden) sowie Familienmitglieder (für 24% der Master- und 35% der Bachelorstudierenden) eine wichtige Informationsquelle für die Studienentscheidung und -planung.

(Hochschul-)Lehrerinnen und -lehrer sowie Personen in studienrelevanten Berufen wurden ebenfalls häufig in die Studienentscheidung und -planung einbezogen. So gaben etwa 30% der Bachelor- und Masterstudierenden an, dass sie Personen mit studienrelevanten Berufen in den Entscheidungsprozess einbezogen haben; Lehrende an Hochschulen waren bei 25% der Bachelor- und 28% der Masterstudierenden in den Prozess der Studienentscheidung eingebunden.

Abb. 1: Genutzte Informationsquellen bei der Studienentscheidung und -planung10

5.2 Teilnahme an Unterstützungsangeboten

47% der Bachelor- und knapp 55% der Masterstudierenden haben im ersten Semester Angebote der Hochschule wahrgenommen (vgl. Abbildung 2). Insbesondere bei Bachelorstudierenden ist der Anteil der Studierenden hoch (ca. ein Drittel), die angegeben haben, dass sie diese Angebote der Hochschule nicht wahrnehmen wollten oder konnten. Über die Gründe für deren Nicht-Teilnahme, wie z. B. die zeitliche Überschneidung mit anderen Veranstaltungen oder ein fehlender Bedarf vonseiten der Studierenden, können keine Aussagen getroffen werden.

Abb. 2: Teilnahme an Unterstützungsangeboten im ersten Hochschulsemester bei internationalen Studierenden11

Einführungs- und Orientierungsveranstaltungen werden von 60% bzw. 73% der Bachelor- bzw. Masterstudierenden besucht. Die verschiedenen fachlichen Unterstützungsangebote im ersten Semester werden von den Studierenden in unterschiedlichem Maße genutzt (vgl. Abbildung 3). Die Teilnahme schwankt zwischen 34% bzw. 20% bei Studienvorbereitungskursen, 14% und 18% bei wissenschaftlichen Unterstützungsangeboten und 17% bzw. 8% bei Tutorien.

Von den außerfachlichen Angeboten – wie Beratungsangebote für internationale Studierende, Deutschkurse, Hilfen bei der Einschreibung – werden insbesondere Deutschkurse von der Mehrheit der Master- und einem Großteil der Bachelorstudierenden in Anspruch genommen. Buddy-/Mentoringprogramme, kulturelle und sportliche Angebote sowie Veranstaltungen zur deutschen Kultur werden seltener besucht. Generell fällt die Akzeptanz der Angebote bei Masterstudierenden fast durchweg deutlich höher aus als bei Bachelorstudierenden. Eine Ausnahme stellen Studienvorbereitungskurse, allgemeine Studienberatung und Tutorien dar, die häufiger von Bachelorstudierenden besucht werden.

Abb. 3: Nutzung spezifischer Angebote im ersten Hochschulsemester bei internationalen Studierenden im Bachelor- und Masterstudium12

6 Determinanten der Teilnahme an Unterstützungsangeboten in der Studieneingangsphase

Die Ergebnisse der logistischen Regressionsanalysen beziehen sich auf die Teilnahme an Einführungs-/Orientierungsveranstaltungen sowie an fachlichen Unterstützungsangeboten, wie Studienvorbereitungs-/Brückenkurse, wissenschaftliche Unterstützungsangebote sowie Tutorien (vgl. Tabelle 1).

Familienmitglieder und Freundinnen bzw. Freunde als Informationsquellen der Studienentscheidung und -planung haben keinen signifikanten Effekt auf die Wahrscheinlichkeit, an Angeboten in der Studieneingangsphase teilzunehmen. Insofern kann Hypothese 1 nicht bestätigt werden. Wurden (Hochschul-)Lehrende und Personen aus studienrelevanten Berufen als Informationsquelle für die Studienentscheidung genutzt, dann erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, an Studienvorbereitungskursen, wissenschaftlichen Unterstützungsangeboten und Tutorien teilzunehmen. Für Einführungs- und Orientierungsveranstaltungen zeigt sich kein signifikanter Effekt. Damit bestätigt sich Hypothese 2 für drei der untersuchten Angebote. Das durch (Hochschul-)Lehrende und Personen aus studienrelevanten Berufen erworbene soziale Kapital vor Studienbeginn führt zu einer höheren Wahrscheinlichkeit, an Angeboten in der Studieneingangsphase teilzunehmen. Zudem zeigt sich ein signifikanter Effekt des Absolvierens eines Online Self Assessment-Tests auf die Teilnahmewahrscheinlichkeit an Brückenkursen und wissenschaftlichen Unterstützungsangeboten. Studierende, die solche Instrumente genutzt haben, dürften besser über den Studiengang und dessen studienbegleitende Angebote informiert sein als Studierende, die solche Instrumente nicht genutzt haben.

Die HZB-Note erweist sich nur in dem Modell zur Erklärung der Teilnahme an wissenschaftlichen Unterstützungsangeboten als signifikant. Eine HZB-Note im mittleren Drittel erhöht die Teilnahme an wissenschaftlichen Unterstützungsangeboten im Vergleich zum unteren Drittel. Der in Hypothese 3 vermutete Zusammenhang, dass insbesondere leistungsstärkere Studierende eine höhere Wahrscheinlichkeit aufweisen, an fachlichen Unterstützungsangeboten teilzunehmen, kann daher teilweise bestätigt werden. Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangte eine Studie für Studierende im Allgemeinen, wonach ein besseres schulisches Vorwissen die Wahrscheinlichkeit der Teilnahme an Brückenkursen erhöhte (HEUBLEIN et al., 2017).

Entgegen der in Hypothese 4 formulierten Annahme führt ein hohes Niveau an Sprachkenntnissen in der jeweiligen Studiengangssprache nicht zu einer höheren Wahrscheinlichkeit, an Angeboten in der Studieneingangsphase teilzunehmen.

Bei den Kontrollvariablen Abschlussart, Alter, Geschlecht, Hochschulart, soziale Integration, vorheriger Aufenthalt in Deutschland, Fächergruppe und Herkunftsregion zeigen sich ebenfalls interessante Effekte. Masterstudierende haben eine signifikant geringere Wahrscheinlichkeit, an Studienvorbereitungskursen und Tutorien teilzunehmen, als Bachelorstudierende. Bei Einführungs- und Orientierungsveranstaltungen hingegen ist die Wahrscheinlichkeit zur Teilnahme für Masterstudierende signifikant erhöht. Bei wissenschaftlichen Unterstützungsangeboten ist der Einfluss der Abschlussart nicht signifikant.

Das Alter hat einen signifikanten Effekt auf die Teilnahme an Tutorien, d. h. ältere Studierende nehmen eher an diesen teil als jüngere. Frauen nehmen im Vergleich zu Männern mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit an Studienvorbereitungskursen teil. Studierende an einer Universität haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, an Einführungs- und Orientierungsveranstaltungen teilzunehmen, jedoch eine geringere Wahrscheinlichkeit, an Tutorien teilzunehmen, im Vergleich zu Studierenden an Fachhochschulen. Darüber hinaus korreliert die soziale Integration mit der Wahrscheinlichkeit an Einführungs- und Orientierungsveranstaltungen teilzunehmen. Studierende, die eine hohe soziale Integration berichteten, nehmen mit höherer Wahrscheinlichkeit an diesen Veranstaltungen teil als Studierende, die schwächer integriert waren. Da beide Variablen in der ersten Welle erhoben wurden, ist die Richtung der Kausalität offen; auch der Besuch von Einführung- und Orientierungsveranstaltungen könnte dazu beigetragen haben, dass Studierende ihre soziale Integration höher einschätzen. Studierende, die bereits vorher in Deutschland gelebt haben, weisen eine erhöhte Wahrscheinlichkeit auf, Studienvorbereitungskurse zu besuchen.

Tab. 1: Logistische Regression zur Teilnahme an Angeboten (AME)13

Darüber hinaus zeigen sich Effekte für die Herkunftsregionen: Studierende aus der Region Asien und Pazifik haben eine höhere Wahrscheinlichkeit für die Teilnahme an wissenschaftlichen Unterstützungsangeboten und Tutorien im Vergleich zu Westeuropäerinnen und -europäern. Studierende aus der Region Osteuropa und Zentralasien weisen ebenfalls eine höhere Wahrscheinlichkeit auf, an Tutorien teilzunehmen, als Westeuropäerinnen und -europäer. Studierende aus Nordamerika hingegen berichten eine geringere Wahrscheinlichkeit, an Studienvorbereitungskursen teilzunehmen, als Westeuropäerinnen bzw. -europäer.

Schließlich zeigen sich Fächereffekte, wonach Studierende der Geisteswissenschaften sowie der Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften eine höhere Wahrscheinlichkeit besitzen, an wissenschaftlichen Unterstützungsangeboten teilzunehmen, im Vergleich zu Studierenden der Ingenieurwissenschaften.

7 Fazit

Internationale Studierende, die ihr Studium in Deutschland aufnehmen, stehen bei Studienbeginn vor großen Herausforderungen, die durch fachliche und außerfachliche Angebote in der Studieneingangsphase aufgefangen werden können. Offen war die Frage, von welchen Faktoren es abhängt, ob internationale Studierende diese Angebote auch in Anspruch nehmen. Dies wurde exemplarisch am Beispiel von Studienvorbereitungskursen, Einführungs-/Orientierungsveranstaltungen, wissenschaftlichen Unterstützungsangeboten und Tutorien untersucht.

Es wurde argumentiert, dass internationale Studierende bereits im Herkunftsland soziales Kapital über Familienmitglieder, Freundinnen bzw. Freunde und Bekannte sowie von Personen im (hoch-)schulischen und beruflichen Umfeld erwerben, das als Informationsquelle für die Studienentscheidung genutzt wird. Unter Rückgriff auf Ansätze des sozialen Kapitals (COLEMAN, 1988; NUÑEZ, 2009) wurde die Frage untersucht, ob dieses soziale Kapital bei Studienbeginn zu einem Informationsvorteil führt und dazu beiträgt, dass internationale Studierende eher an Angeboten in der Studieneingangsphase teilnehmen.

Die multivariaten Analysen haben deutlich gemacht, dass das durch Familienmitglieder, Freundinnen bzw. Freunde und Bekannte erworbene soziale Kapital vor Studienbeginn keinen signifikanten Effekt auf die Wahrscheinlichkeit hat, an Angeboten in der Studieneingangsphase teilzunehmen. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass Personen aus familialen Netzwerken im Heimatland nicht mit den Strukturen des deutschen Hochschulsystems vertraut sind. Demgegenüber zeigte sich ein Einfluss von sozialem Kapital, das über Lehrende in Schulen und Hochschulen und Personen aus studienrelevanten Berufen erworben wurde. Stand dieser Personenkreis als Informationsquelle für die Studienentscheidung zur Verfügung, dann erhöhte sich die Wahrscheinlichkeit, an Studienvorbereitungskursen, wissenschaftlichen Unterstützungsangeboten und Tutorien teilzunehmen. Diese Ergebnisse unterstreichen die Rolle von sozialen Unterstützungssystemen beim Studienstart von internationalen Studierenden durch Personen in Schulen, Hochschulen und studienrelevanten Berufen, die als „institutional agents“ (STANTON-SALAZAR, 2011) Studieninteressierten im Heimatland studienrelevantes Wissen vermitteln.

Das schulische Leistungsniveau erwies sich nur bei der Teilnahme an wissenschaftlichen Unterstützungsangeboten als signifikant, und zwar nur für Studierende, deren HZB-Note im mittleren Leistungsdrittel lag. Das Niveau an Sprachkenntnissen in der jeweiligen Studiengangssprache hatte demgegenüber keinen Einfluss auf die Teilnahmewahrscheinlichkeit an Angeboten in der Studieneingangsphase. Darüber hinaus zeigten sich Unterschiede nach Abschlussart und Herkunftsregion. Zukünftige Studien sollten stärker die Ursachen für die Nicht-Teilnahme an Angeboten in der Studieneingangsphase in den Blick nehmen.

Der Aussagekraft der vorliegenden Studie sind dahingehend Grenzen gesetzt, als nicht bekannt ist, ob auch alle Studierenden im Sample an ihren Hochschulen ein entsprechendes Angebot an Unterstützungsmaßnahmen vorgefunden haben und ob sich das Angebot zwischen Hochschultypen und Fächergruppen unterscheidet. So sind Brückenkurse im Wesentlichen in den Natur- und Ingenieurwissenschaften anzutreffen (HEUBLEIN et al., 2017).

Für die Verantwortlichen an Hochschulen stellt sich die Frage, wie sie die Teilnahmebereitschaft an Unterstützungsangeboten von internationalen Studierenden steigern können. Nur etwa jede/r zehnte Studierende berichtete explizit, dass sie/ er nicht an diesen Angeboten teilnehmen wollte, bei weiteren 30% bis 40% sprachen fehlende Informationen oder persönliche Gründe gegen eine Teilnahme. Den zuletzt genannten Gründen könnte mit einem besseren Informationsverhalten der Hochschule (z. B. bei der Immatrikulation) und einer flexibleren Organisation (z. B. alternative Termine) begegnet werden. Studierende sollten daher bei Studienbeginn über Peers und soziale Medien über die Unterstützungsangebote in ihrem Studiengang informiert werden. Zudem könnte die Teilnahme an ausgewählten Einführungsangeboten mit dem Besuch bestimmter Lehrveranstaltungen kombiniert und curricular verankert werden (z. B. im Falle von Tutorien). Ein niedrigschwelliges Angebot könnten sogenannte Buddys sein, bei denen einem/einer internationalen Studierenden ein/e erfahrene/r einheimische/r Studierende/r zur Seite gestellt wird, die/der in fachlichen und außerfachlichen Fragen in den ersten beiden Semestern als Ansprechpartner/in zur Verfügung steht (z. B. die Buddy-Programme an der Technischen Universität München).14 Schließlich dürfte auch eine gezielte Information von Studieninteressierten im Heimatland durch den Deutschen Akademischen Austauschdienst oder die Goethe-Institute ein wichtiger Ansatz sein, um die Studierenden auf die Anforderungen des Studiums in Deutschland und deren mögliche Unterstützungsangebote vorzubereiten.

8 Literaturverzeichnis

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Apolinarski, B. & Brandt, T. (2018). Ausländische Studierende in Deutschland 2016. Ergebnisse der Befragung bildungsausländischer Studierender im Rahmen der 21. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks durchgeführt vom Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung. Berlin.

Bargel, T. (2015). Studieneingangsphase und heterogene Studentenschaft. Neue Angebote und ihr Nutzen. Konstanz: Arbeitsgruppe Hochschulforschung.

Berndt, S. (2019). Selbstselektionseffekte bei der Teilnahme an Unterstützungsmaßnahmen am Beispiel von MINT-Vorkursen bzw. -Brückenkursen. In W. Schubarth, S. Mauermeister, F. Schulze-Reichelt & A. Seidel (Hrsg.), Alles auf Anfang.

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Bourdieu, P. (1986). The forms of capital. In J. Karabel & J. Richardson (Hrsg.), Handbook of theory and research for the sociology of education (S. 241–258). New York: Greenwood.

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Deutscher Akademischer Austauschdienst (DAAD) & Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) (2020). Wissenschaft weltoffen. Daten und Fakten zur Internationalität von Studium und Forschung in

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